Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 22. Sept. 2017 - 2 BvR 455/17

ECLI:ECLI:DE:BVerfG:2017:rk20170922.2bvr045517
22.09.2017

Tenor

Der Beschluss des Landgerichts Bochum vom 29. September 2016 - V StVK 52/16 - und der Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 10. Januar 2017 - III - 1 Vollz (Ws) 541/16 - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes. Die Beschlüsse werden aufgehoben. Die Sache wird an das Landgericht Bochum zurückverwiesen.

Der Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 24. Januar 2017 - III - 1 Vollz (Ws) 541/16 - wird damit gegenstandslos.

Das Land Nordrhein-Westfalen hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen zu erstatten. Damit erledigt sich der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft den fachgerichtlichen Rechtsschutz gegen die kurzfristige Verlegung des in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebrachten Beschwerdeführers in einen Kriseninterventionsraum der Klinik sowie den drei Tage andauernden Einschluss darin.

I.

2

1. Der Beschwerdeführer ist gemäß § 63 StGB in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht. Seit dem 22. April 2013 befand er sich in einer Klinik in Herne; am 12. August 2016 wurde er in eine Psychiatrie in Lippstadt verlegt.

3

2. Am 16. März 2016 erhielt die Leitung der Klinik in Herne Kenntnis davon, dass die Außenscheibe des doppeltverglasten Fensters im Wohnraum des Beschwerdeführers beschädigt war und einer Reparatur bedurfte. Da nach Angabe der Klinikleitung andere geeignete Räumlichkeiten nicht zur Verfügung standen, wurde der Beschwerdeführer für die Dauer der Reparatur der Scheibe vom 16. bis zum 18. März 2016 in einen Kriseninterventionsraum verlegt. Der Beschwerdeführer konnte dorthin persönliche Gegenstände mitnehmen; seine Gemeinschaftszeit wurde durch die Verlegung zunächst nicht beschränkt.

4

3. Mit einem auf den 16. März 2016 datierten - laut gerichtlichem Eingangsstempel am 24. März 2016 eingegangenen - Schriftstück stellte der Beschwerdeführer beim Landgericht Bochum einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel der Aufhebung der Unterbringung in der Absonderungszelle. Es handele sich bei dem Kriseninterventionsraum um einen gefliesten Raum mit einer Matratze auf dem Boden, einem Stuhl-WC und Kameras, wobei letztere - angeblich - nicht angeschaltet seien. Gründe für eine Verlegung gebe es nicht: Die Außenscheibe des Fensters in seiner Zelle sei bereits seit seinem Einzug kaputt gewesen; durch eine fortgesetzte Benutzung seines Wohnraums wäre eine Gefährdung tatsächlich nicht zu erwarten gewesen. Insbesondere bestehe die Möglichkeit, das innere Fenster abzuschließen, sodass ihm ein Zugriff auf die äußere Scheibe nicht mehr möglich gewesen wäre.

5

4. Am Abend des 16. März 2016 kam es zwischen dem Beschwerdeführer und einem Mitpatienten zu einer verbalen Auseinandersetzung; nach Angabe der Klinikleitung habe der Beschwerdeführer den Mitpatienten zudem angespuckt. Daraufhin wurde gegen den Beschwerdeführer durch die therapeutische Leitung der Klinik gemäß § 21 Abs. 1, Abs. 2 in Verbindung mit § 29 Abs. 5 Halbsatz 1 des Nordrhein-Westfälischen Maßregelvollzugsgesetzes (MRVG NRW) die Absonderung angeordnet. Vom Abend des 16. März 2016 bis zum 18. März 2016 befand sich der Beschwerdeführer in dem Kriseninterventionsraum unter Einschluss; am 18. März 2016 wurde er - zunächst unter Fortsetzung der Absonderung - auf seine zuvor bewohnte Zelle zurückverlegt.

6

5. Mit Schreiben vom 22. März 2016 setzte der Beschwerdeführer das Landgericht Bochum über die am Abend des 16. März 2016 angeordnete vollständige Absonderung in Kenntnis. Zugleich teilte er mit, dass auch diese Maßnahme nunmehr beendet sei.

7

6. Der Stellungnahme der Klinikleitung zufolge war die Absonderung am 24. März 2016 vollständig beendet. Dass der Beschwerdeführer während der Reparatur des Fensters aus Kapazitätsgründen für wenige Tage in den Kriseninterventionsraum habe umziehen müssen, begegne keinen rechtlichen Bedenken. Vor dem Hintergrund der Belegungssituation sei nur der Kriseninterventionsraum als kurzfristiges Ausweichzimmer verblieben. Unter Berücksichtigung der dem Beschwerdeführer eröffneten Möglichkeit, eigene Sachen mitzunehmen, und der weiterhin offenen Tür, und damit einer fehlenden weiteren Freiheitsbeschränkung, sei die vorübergehend geplante Maßnahme rechtmäßig, insbesondere keinesfalls unverhältnismäßig gewesen.

8

Vor allem aber sei auch die ebenfalls am 16. März 2016 angeordnete Absonderungsmaßnahme rechtmäßig gewesen. Aufgrund des Verhaltens des Beschwerdeführers gegenüber dem Mitpatienten sei eine Störung des Zusammenlebens eingetreten, die eine weitere aggressive Eskalation ernstlich habe besorgen lassen. Die Voraussetzungen des § 21 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 MRVG NRW hätten vorgelegen.

9

7. Am 7. April 2016 wies das Gericht den Beschwerdeführer darauf hin, dass angesichts der laut der Stellungnahme der Klinik eingetretenen Erledigung des Eilantrags das Verfahren nunmehr "im Rahmen des üblichen Geschäftsgangs" behandelt werde. In einer weiteren Stellungnahme trat der Beschwerdeführer sowohl der Sachverhaltsdarstellung als auch der rechtlichen Einschätzung der Klinikleitung entgegen.

10

8. Mit angegriffenem Beschluss vom 29. September 2016 verwarf das Landgericht Bochum den Antrag des Beschwerdeführers, welcher sinngemäß auf die Aussetzung der angefochtenen Maßnahme sowie hilfsweise auf die Feststellung von deren Rechtswidrigkeit gerichtet sei, als unzulässig. Die angegriffene Unterbringungsmaßnahme habe sich zwischenzeitlich erledigt, das für die gerichtliche Prüfung der Rechtmäßigkeit erforderliche Feststellungsinteresse liege nicht vor.

11

In der Rechtsprechung hätten sich drei Fallgruppen herausgebildet, bei denen ein solches Feststellungsinteresse bejaht werden könne: bei einem Rehabilitationsinteresse aufgrund des diskriminierenden Charakters der Maßnahme, bei konkreter Wiederholungsgefahr sowie zur Vorbereitung eines Amtshaftungsprozesses. Anhaltspunkte für ein Rehabilitationsinteresse seien nicht anzunehmen; eine Grundrechtsverletzung sei nicht ersichtlich. Ein Präjudizinteresse liege ebenfalls nicht vor.

12

Eine konkrete Wiederholungsgefahr sei weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich. Ein mit der drohenden Wiederholung begründetes berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Maßnahme setze nämlich die hinreichend bestimmte Gefahr voraus, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen Umständen eine gleichartige Konstellation erneut eintreten werde. Der Beschwerdeführer sei am 12. August 2016 nach Lippstadt verlegt worden. Es sei auch nicht konkret absehbar, dass er zurückverlegt werde. Anhaltspunkte dafür, dass sich eine ähnliche Auseinandersetzung zwischen dem Beschwerdeführer und der Klinikleitung wiederholen werde, lägen nicht vor. Der Eintritt einer vergleichbaren Lage sei daher höchstens abstrakt denkbar.

13

9. Der Beschwerdeführer legte gegen die Entscheidung des Landgerichts Rechtsbeschwerde ein, welche er unter anderem damit begründete, das Gericht habe ihn in seinem Recht aus Art. 19 Abs. 4 GG verletzt, weil nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auch bei Vorliegen eines schwerwiegenden Grundrechtseingriffs ein Feststellungsinteresse bestehe. Die Verneinung des Rechtsschutzbedürfnisses insgesamt stelle unabhängig von allen weiteren Mängeln der Entscheidung eine Verletzung des Anspruchs auf die Gewährung effektiven Rechtsschutzes dar.

14

10. Mit angegriffenem Beschluss vom 10. Januar 2017 verwarf das Oberlandesgericht Hamm die Rechtsbeschwerde mangels Vorliegens der Zulassungsvoraussetzungen des § 116 Abs. 1 StVollzG als unzulässig.

15

Insbesondere seien die Grundsätze, nach denen ein Feststellungsinteresse in Fällen eines Rehabilitationsinteresses aufgrund des diskriminierenden Charakters der beanstandeten Maßnahme, der konkreten Wiederholungsgefahr oder der Vorbereitung eines Amtshaftungsprozesses zu bestimmen sei, obergerichtlich geklärt. Der Fall biete damit keinen Anlass, weitere Leitsätze für die Auslegung gesetzlicher Vorschriften aufzustellen.

16

Zudem seien die vorgenannten Grundsätze von der Strafvollstreckungskammer zutreffend erkannt und ausdrücklich berücksichtigt worden, weshalb die Zulassung der Rechtsbeschwerde auch nicht zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung geboten sei. Zwar könne hier trotz des Umstands, dass nicht jegliche Grundrechtsverletzung ein Feststellungsinteresse begründe, sondern dies insbesondere bei schwerwiegenden Grundrechtseingriffen anzunehmen sei, fraglich sein, ob die Ablehnung eines diesbezüglichen Feststellungsinteresses durch die Strafvollstreckungskammer im Ergebnis zutreffend sei. Es handele sich insoweit jedoch ersichtlich allenfalls um einen Fehler im Einzelfall, von dem eine Gefahr für die Einheitlichkeit der Rechtsprechung nicht ausgehe.

17

11. Die dagegen gerichtete Anhörungsrüge des Beschwerdeführers verwarf das Oberlandesgericht mit angegriffenem Beschluss vom 24. Januar 2017, dem Beschwerdeführer zugegangen am 2. Februar 2017, als unbegründet.


II.

18

1. Mit seiner am 1. März 2017 eingegangenen Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung zahlreicher Grundrechte, unter anderem Art. 19 Abs. 4 GG, sowie der Charta der Grundrechte der Europäischen Union sowie der Europäischen Menschenrechtskonvention und beruft sich zur Begründung auf sein Vorbringen im Ausgangsverfahren. Zudem beantragt er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe.

19

2. Dem Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen hat mitgeteilt, von einer Stellungnahme abzusehen.

20

3. Die Akten des Ausgangsverfahrens haben dem Bundesverfassungsgericht vorgelegen.

III.

21

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an. Dies ist zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 19 Abs. 4 GG angezeigt (vgl. § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen sind durch das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden worden. Demnach ist die zulässige Verfassungsbeschwerde offensichtlich begründet (vgl. § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG).

22

Sowohl der Beschluss des Landgerichts Bochum vom 29. September 2016 als auch der Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 10. Januar 2017 verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz gemäß Art. 19 Abs. 4 GG.

23

1. Art. 19 Abs. 4 GG enthält ein Grundrecht auf effektiven und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (BVerfGE 67, 43<58>; BVerfG, Beschlüsse der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1206/13 -, juris, Rn. 19, vom 30. November 2016 - 2 BvR 1519/14 -, juris, Rn. 33, und vom 12. Juni 2017 - 2 BvR 1160/17 -, juris, Rn. 16; stRspr). Die in Art. 19 Abs. 4 GG verbürgte Effektivität des Rechtsschutzes wird in erster Linie von den Prozessordnungen gesichert (BVerfG, Beschlüsse der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1206/13 -, juris, Rn. 19, und vom 30. November 2016 - 2 BvR 1519/14 -, juris, Rn. 33). Sie treffen Vorkehrungen dafür, dass der Einzelne seine Rechte auch tatsächlich wirksam durchsetzen kann und die Folgen staatlicher Eingriffe im Regelfall nicht ohne fachgerichtliche Prüfung zu tragen hat (vgl. BVerfGE 94, 166 <213>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. November 2016 - 2 BvR 1519/14 -, juris, Rn. 33).

24

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält einer verfassungsrechtlichen Überprüfung unter Berücksichtigung der Maßgaben, welche sich aus Art. 19 Abs. 4 GG für die Bestimmung des Feststellungsinteresses im Falle der Erledigung des angegriffenen Hoheitsaktes ergeben, nicht stand.

25

a) Art. 19 Abs. 4 GG verpflichtet die Gerichte bei der Auslegung und Anwendung des Prozessrechts, das Ziel der Gewährleistung eines wirkungsvollen Rechtsschutzes zu verfolgen (vgl. BVerfGE 77, 275 <284>) und den Zugang zu den den Rechtsuchenden eingeräumten Instanzen nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren (vgl. BVerfGE 44, 302 <305>; 69, 381 <385>; 77, 275 <284>; 134, 106 <117 Rn. 34>). Mit dem Gebot, effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten, ist es zwar grundsätzlich vereinbar, wenn die Gerichte ein Rechtsschutzinteresse nur so lange als gegeben ansehen, wie ein gerichtliches Verfahren dazu dienen kann, eine gegenwärtige Beschwer auszuräumen, einer Wiederholungsgefahr zu begegnen oder eine fortwirkende Beeinträchtigung durch einen an sich beendeten Eingriff zu beseitigen (vgl. BVerfGE 96, 27 <39 f.>; 104, 220 <232 f.>; 110, 77 <85>).

26

Das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz gebietet aber darüber hinaus, die Möglichkeit einer gerichtlichen Klärung in Fällen gewichtiger, allerdings in tatsächlicher Hinsicht überholter Grundrechtseingriffe zu eröffnen, wenn die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene eine gerichtliche Entscheidung kaum erlangen kann (vgl. BVerfGE 81, 138 <140 f.>; 96, 27 <40>; 104, 220 <233 ff.>; 110, 77 <86>; stRspr), etwa beim sofortigen Vollzug einer Disziplinarmaßnahme im Strafvollzug (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 8. Juli 1993 - 2 BvR 213/93 -, juris, Rn. 7). Das Bundesverfassungsgericht geht dementsprechend in solchen Fällen in ständiger Rechtsprechung vom Fortbestand eines Rechtsschutzinteresses aus (vgl. BVerfGE 96, 27 <39>; 104, 220 <232 f.>; 110, 77 <85 f.>; 117, 71 <123>; 117, 244 <268>; BVerfG, Beschlüsse der 3. Kammer des Ersten Senats vom 31. Januar 2017 - 1 BvR 1259/16 -, juris, Rn. 14, und vom 13. März 2017 - 1 BvR 563/12 -, juris, Rn. 16).

27

b) Das Landgericht hat bei der Prüfung der Zulässigkeit des Feststellungsantrags die dargelegten Maßstäbe insofern verkannt, als es die in der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung anerkannte Fallgruppe eines fortbestehenden Rechtsschutzbedürfnisses bei gewichtigen Grundrechtseingriffen, bei denen sich die direkte Belastung durch den Hoheitsakt typischerweise bis zur Erlangung einer gerichtlichen Entscheidung bereits erledigt hat, nicht berücksichtigt und dementsprechend überhaupt nicht geprüft hat, ob es sich insbesondere bei dem Einschluss des Beschwerdeführers in dem Kriseninterventionsraum um eine solche Fallgestaltung handelte. Das Gericht hat lediglich festgestellt, dass "eine Grundrechtsverletzung […] nicht ersichtlich" sei, ohne dies indes näher zu begründen.

28

Ausgehend von dem Vortrag des Beschwerdeführers wäre eine solche Prüfung jedoch angezeigt gewesen: Zwar hat das Bundesverfassungsgericht den Einschluss im Maßregelvollzug lediglich als eine Form des Vollzugs der bereits bestehenden, richterlich angeordneten Freiheitsentziehung angesehen, die den Schutzbereich von Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG nicht betreffe (vgl. BVerfGE 130, 76 <111>). Ungeachtet dessen stand jedoch ein schwerwiegender Eingriff in das Grundrecht des Beschwerdeführers auf die freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 GG) im Raum, da er durch die Absonderung etwa daran gehindert war, die ihm üblicherweise zustehende Gemeinschaftszeit in Anspruch zu nehmen, geschweige denn die Absonderungszelle überhaupt zu verlassen (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 8. Juli 1993 - 2 BvR 213/93 -, juris, Rn. 10 m.w.N.). Der angegriffenen Maßnahme des Einschlusses ist zudem immanent, dass der von ihr Betroffene während ihres Vollzugs daran gehindert ist, um gerichtlichen Rechtsschutz nachzusuchen.

29

3. Die Rechtsbeschwerdeentscheidung wird den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen des § 116 Abs. 1 StVollzG nicht gerecht und verletzt den Beschwerdeführer damit ebenfalls in seinem Recht auf die Gewährung effektiven Rechtsschutzes.

30

a) Art. 19 Abs. 4 GG fordert zwar keinen Instanzenzug (BVerfGE 87, 48<61>; 92, 365 <410>; BVerfG, Beschlüsse der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1206/13 -, juris, Rn. 19, und vom 30. November 2016 - 2 BvR 1519/14 -, juris, Rn. 33; stRspr); eröffnet das Prozessrecht aber eine weitere Instanz, so gewährleistet Art. 19 Abs. 4 GG dem Bürger in diesem Rahmen die Effektivität des Rechtsschutzes im Sinne eines Anspruchs auf eine wirksame gerichtliche Kontrolle (BVerfGE 40, 272<274 f.>; 54, 94 <96 f.>; BVerfG, Beschlüsse der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1206/13 -, juris, Rn. 19, und vom 30. November 2016 - 2 BvR 1519/14 -, juris, Rn. 33). Das Rechtsmittelgericht darf ein von der jeweiligen Rechtsordnung eröffnetes Rechtsmittel daher nicht ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer "leerlaufen" lassen (BVerfGE 78, 88 <99>; 96, 27 <39>; 104, 220 <231 f.>; BVerfG, Beschlüsse der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1206/13 -, juris, Rn. 19, und vom 30. November 2016 - 2 BvR 1519/14 -, juris, Rn. 33; stRspr).

31

Gegen gerichtliche Entscheidungen der Strafvollstreckungskammern ist gemäß § 116 Abs. 1 StVollzG die Rechtsbeschwerde zulässig, wenn es geboten ist, die Nachprüfung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen (vgl. BVerfGK 13, 438 <440>). Dabei ist anerkannt, dass es auch in Fällen, in denen die Strafvollstreckungskammer ihre Entscheidung ausdrücklich oder implizit auf eine unzutreffende oder von der Rechtsprechung anderer Gerichte abweichende Rechtsauffassung gestützt hat, an der Erforderlichkeit der Nachprüfung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung fehlen kann, weil nicht zu erwarten ist, dass der Rechtsfehler in weiteren Fällen Bedeutung erlangen wird, weil also keine Wiederholungsgefahr besteht (BVerfGK 13, 438 <441> m.w.N.). Die Zulässigkeit einer Rechtsbeschwerde kann danach insbesondere dann verneint werden, wenn die Strafvollstreckungskammer ihren Rechtsfehler nachträglich erkannt und dies aktenkundig gemacht oder wenn das Oberlandesgericht in anderer Sache zu der Rechtsfrage Stellung genommen und sie anders beantwortet hat als die Strafvollstreckungskammer, diese das aber bei der Entscheidung noch nicht wissen konnte (BVerfGK 13, 438 <441> m.w.N.; vgl. ferner BVerfGK 17, 420 <428>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. November 2016 - 2 BvR 1519/14 -, juris, Rn. 34).

32

Die Annahme, die Strafvollstreckungskammer werde einen bestimmten Fehler nicht wiederholen, setzt vor dem Hintergrund des Art. 19 Abs. 4 GG allerdings voraus, dass tatsächliche Umstände eine solche Prognose rechtfertigen. Könnte bei im Übrigen erfüllten Zulässigkeitsvoraussetzungen die Erforderlichkeit obergerichtlicher Nachprüfung allein mit dem Ausspruch der Erwartung verneint werden, das Ausgangsgericht werde einen festgestellten Rechtsfehler künftig vermeiden, so wäre für den Rechtsschutzsuchenden nicht mehr erkennbar, in welchen Fällen er überhaupt noch mit einer Behandlung seiner Rechtsbeschwerde als zulässig rechnen dürfte (BVerfGK 13, 438 <442>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. November 2016 - 2 BvR 1519/14 -, juris, Rn. 34).

33

b) Diesen Maßstäben hat das Oberlandesgericht nicht Rechnung getragen.

34

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts verstößt gegen Art. 19 Abs. 4 GG, weil sie das durch § 116 Abs. 1 StVollzG eröffnete Rechtsmittel ineffektiv macht. Nach Maßgabe der dargelegten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts durfte das Oberlandesgericht die Rechtsbeschwerde nicht ohne Weiteres mit der Begründung verwerfen, die Strafvollstreckungskammer habe die bei der Bestimmung des Feststellungsinteresses zu berücksichtigenden Grundsätze zutreffend erkannt, weshalb es sich bei der Entscheidung ersichtlich allenfalls um einen Fehler im Einzelfall handeln könnte. Das Oberlandesgericht hat Anhaltspunkte dafür, dass es sich lediglich um einen solchen Fehler gehandelt hat, allerdings nicht benannt und damit seine Entscheidung auf eine bloße Vermutung gestützt.

35

In dieser Weise konnte die Verwerfung der Rechtsbeschwerde aber nicht ohne Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG begründet werden, denn damit würden die gesetzlichen Zulassungsgründe in einer Weise ausgelegt und angewendet, die jede Vorhersehbarkeit zunichtemachen würde und die Möglichkeit der Rechtsbeschwerde im Ergebnis leerlaufen ließe (vgl. BVerfGK 13, 438 <441 f.>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 22. Mai 2012 - 2 BvR 2207/10 -, juris, Rn. 5; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. November 2016 - 2 BvR 1519/14 -, juris, Rn. 35).

36

4. Beide Entscheidungen beruhen auf dem festgestellten Grundrechtsverstoß. Insbesondere ist nicht ausgeschlossen, dass das Landgericht bei Beachtung der sich aus Art. 19 Abs. 4 GG ergebenden Anforderungen an die Bestimmung des Feststellungsinteresses zu einer Sachentscheidung zugunsten des Beschwerdeführers gelangt wäre.

IV.

37

Im Umfang der festgestellten Grundrechtsverletzungen, auf denen die Beschlüsse beruhen, werden der Beschluss des Landgerichts Bochum vom 29. September 2016 und der Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 10. Januar 2017 aufgehoben; die Sache wird an das Landgericht Bochum zurückverwiesen (§ 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG). Der Beschluss des Oberlandesgerichts vom 24. Januar2017 -III -1 Vollz(Ws) 541/16 -, mit dem das Oberlandesgericht die Anhörungsrüge des Beschwerdeführers zurückgewiesen hat, wird damit gegenstandslos.

V.

38

Die Entscheidung über die Erstattung der notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfassungsbeschwerdeverfahren erledigt sich dadurch, dass das Land Nordrhein-Westfalen zur Kostenerstattung verpflichtet wird (vgl. zur Prozesskostenhilfe BVerfGE 105, 239 <240>).

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(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Gegen die gerichtliche Entscheidung der Strafvollstreckungskammer ist die Rechtsbeschwerde zulässig, wenn es geboten ist, die Nachprüfung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen.

(2) Die Rechtsbeschwerde kann nur darauf gestützt werden, daß die Entscheidung auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe. Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

(3) Die Rechtsbeschwerde hat keine aufschiebende Wirkung. § 114 Abs. 2 gilt entsprechend.

(4) Für die Rechtsbeschwerde gelten die Vorschriften der Strafprozeßordnung über die Beschwerde entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Liegen die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 Buchstabe b vor und ist die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgebliche verfassungsrechtliche Frage durch das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden, kann die Kammer der Verfassungsbeschwerde stattgeben, wenn sie offensichtlich begründet ist. Der Beschluß steht einer Entscheidung des Senats gleich. Eine Entscheidung, die mit der Wirkung des § 31 Abs. 2 ausspricht, daß ein Gesetz mit dem Grundgesetz oder sonstigem Bundesrecht unvereinbar oder nichtig ist, bleibt dem Senat vorbehalten.

(2) Auf das Verfahren finden § 94 Abs. 2 und 3 und § 95 Abs. 1 und 2 Anwendung.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Gründe

I.

1

1. Der wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu einer siebenjährigen Gesamtfreiheitsstrafe verurteilte, mittlerweile entlassene Beschwerdeführer war von 2010 bis 2014 in der Justizvollzugsanstalt Lübeck inhaftiert. Aufgrund seiner HIV- und Hepatitis C-Infizierung bedurfte er regelmäßiger ärztlicher Behandlung und wurde in Abständen von drei bis sechs Monaten in das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein ausgeführt. Ende 2012 erfolgte eine solche Ausführung erstmals nicht allein, sondern in Begleitung eines anderen Strafgefangenen. Beide wurden gemeinsam in den Wartebereich der immunologischen Ambulanz gebracht, um sich dann einzeln derselben behandelnden Ärztin vorzustellen; im Anschluss wurde ihnen Blut abgenommen. Auf der Rückfahrt fragte der andere Strafgefangene den Beschwerdeführer, seit wann dieser HIV-positiv sei.

2

Auf eine im Anschluss an den Arztbesuch vom Beschwerdeführer begehrte Auskunft über die Verantwortlichkeit für Koordinierung und Durchführung des Arztbesuchs teilte die Justizvollzugsanstalt mit, dass es unabdingbar sei, mehrere Gefangene zusammen einem Facharzt vorzustellen. Es habe dem Beschwerdeführer freigestanden, auf die Arztvorführung zu verzichten.

3

2. Daraufhin beantragte der Beschwerdeführer beim Landgericht festzustellen, dass sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung und sein allgemeines Persönlichkeitsrecht durch die Handlungsweise der Justizvollzugsanstalt verletzt und er hierdurch diskriminiert und stigmatisiert worden sei. Er habe den in einem anderen Hafthaus untergebrachten Gefangenen noch nie zuvor gesehen und sich ihm gegenüber nicht offenbart. Eine Einzelverbringung in die Klinik sei der Justizvollzugsanstalt offensichtlich möglich, da sie bisher immer in dieser Weise erfolgt sei. Jedenfalls hätte er im Vorfeld über die gemeinsame Verbringung informiert werden müssen.

4

Die Justizvollzugsanstalt beantragte, den Antrag als unbegründet zurückzuweisen, da bereits kein nach § 115 Abs. 3 StVollzG erforderliches Feststellungsinteresse bestehe. Soweit in dem gemeinsamen Transport überhaupt ein Grundrechtseingriff gesehen werden könne, sei dieser jedenfalls verhältnismäßig. Die personelle Ausstattung lasse eine Einzelvorführung nur in besonderen Ausnahmefällen, insbesondere aus Gründen der Sicherheit und Ordnung zu, die beim Beschwerdeführer nicht vorlägen. Bei einer Facharztvorstellung sei immer davon auszugehen, dass entsprechend wartende Patienten ähnliche Leiden hätten, dies treffe auch auf nicht inhaftierte Patienten zu, die sich im Wartezimmer einer Facharztpraxis befänden. Zudem lasse die gemeinsame Vorstellung bei einem Facharzt keinerlei Rückschlüsse zu; in der Immunologie würden nicht nur an HIV Erkrankte, sondern auch an anderen Immunerkrankungen leidende Gefangene vorgestellt.Dem Beschwerdeführer sei es zuzumuten gewesen, auf die Nachfrage des Mitgefangenen nicht einzugehen; ebenso habe es ihm freigestanden, die Facharztausführung zu verweigern

5

Mit Beschluss vom 5. März 2013 verwarf das Landgericht den Antrag als unzulässig. Die Zulässigkeit des Feststellungsantrages erfordere die vorherige Beanstandung der durch Vollzug erledigten Maßnahme. § 115 Abs. 3 StVollzG betreffe nach seiner systematischen Stellung den Fall der Erledigung eines zuvor nach § 109 Abs. 1 StVollzG gestellten Antrags während des gerichtlichen Verfahrens. Selbst soweit sich der Anwendungsfall der Norm nicht hierauf beschränke, ergebe sich die Unzulässigkeit daraus, dass der Beschwerdeführer die Maßnahme vor gerichtlicher Antragstellung gegenüber der Justizvollzugsanstalt nicht beanstandet habe. Es sei ihm ohne weiteres möglich gewesen, bei Beginn des gemeinsamen Transports in die Klinik gegenüber der Justizvollzugsanstalt deutlich zu machen, dass er - wie in der Vergangenheit geschehen - auf eine alleinige Verbringung zum Arzt bestehe.

6

Die Anträge seien im Übrigen unbegründet. Ein Eingriff in das sich aus Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG ergebende allgemeine Persönlichkeitsrecht in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung liege nicht vor. Der Beschwerdeführer behaupte selbst nicht, dass die Justizvollzugsanstalt Informationen über seine Krankheit an Mitgefangene weitergegeben habe. Er rüge allein, dass aus seiner Vorstellung bei der Ärztin im Bereich der Immunologie der Rückschluss auf seine HIV-Erkrankung gezogen worden sei. Zwar könne der Mitgefangene diesen Rückschluss tatsächlich gezogen haben, da er selbst offenbar auch HIV-positiv sei, der Schluss sei jedoch nicht zwingend, da sich Immunologie auch mit verschiedenen anderen Krankheiten beschäftige. Dem Beschwerdeführer sei es unbenommen gewesen, seinem Mitgefangenen schlicht nicht zu antworten oder seine Frage zu verneinen. Dass dieser die Information über die Krankheit des Beschwerdeführers gewonnen habe, habe somit nicht die Justizvollzugsanstalt, sondern er selbst zu verantworten.

7

3. Gegen den Beschluss des Landgerichts legte der Beschwerdeführer zu Protokoll der Geschäftsstelle Rechtsbeschwerde ein und beantragte, den Beschluss aufzuheben und im Sinne seines Feststellungsantrags zu entscheiden. Das Landgericht habe einen unzutreffenden Maßstab angelegt; ein Verstoß gegen das Selbstbestimmungsrecht liege vor, da der Mithäftling aufgrund der gesamten Umstände (gemeinsame Vorstellung bei der Immunologie, Blutabnahme, Vorstellung bei derselben Ärztin) die entsprechenden Rückschlüsse habe ziehen können, was auf der Veranlassung des gemeinsamen Transports durch die Justizvollzugsanstalt beruhe. Man habe ihn über den gemeinsam vorgesehenen Transport nicht informiert und ihn so zum Objekt des Vollzuges degradiert. Auf die Mutmaßungen des Mithäftlings sei er nicht eingegangen. Durch dessen Rückschlüsse werde er im Vollzug vernachlässigt, Mitgefangene mieden und redeten schlecht über ihn. Sein Antrag auf gerichtliche Entscheidung sei zulässig gewesen. Es bestehe ein Feststellungsinteresse, da die erledigte Maßnahme ungünstige Auswirkungen auf seinen weiteren Vollzug habe.

8

Mit Beschluss vom 18. April 2013 verwarf das Oberlandesgericht die Rechtsbeschwerde als unzulässig im Sinne des § 116 Abs. 1 StVollzG. Das Landgericht habe die Anträge mit einer sich im Rahmen der Rechtsprechung des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts haltenden Begründung als unzulässig verworfen. Die isolierten Feststellungsanträge des Beschwerdeführers seien nach dieser Rechtsprechung in Verfahren nach dem Strafvollzugsgesetz unzulässig. Im Rahmen des § 109 StVollzG könne immer nur eine konkrete Maßnahme entweder angefochten oder beantragt werden. Eine Feststellungsklage sei nur unter den Voraussetzungen des § 115 Abs. 3 StVollzG zulässig, also in Form der so genannten Fortsetzungsfeststellungklage nach vorangegangener Beantragung und Erledigung einer Maßnahme. Da die Strafvollstreckungskammer ihre Entscheidung bereits hierauf zu Recht gegründet habe, müsse auf die nicht tragenden Hilfsüberlegungen zur Unbegründetheit nicht eingegangen werden.

II.

9

1. Mit seiner Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Beschlüsse des Landgerichts und Oberlandesgerichts und rügt eine Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 1, 2, 3 und Art. 19 Abs. 4 GG.

10

Die in § 115 Abs. 3 StVollzG genannte Fallgestaltung sei nicht der einzige Anwendungsfall des Feststellungsantrags; die dort vorausgesetzte Erledigung könne bereits vor Antragstellung eintreten, auch habe er ein Feststellungsinteresse.

11

Die Justizvollzugsanstalt habe ihm absichtlich nicht mitgeteilt, dass die Vorführung zur Ärztin in Begleitung eines anderen Gefangenen geschehen werde. Auch aus dem Umstand, dass der andere Gefangene mit im Fahrzeug gesessen habe, habe er dies nicht schließen können; in der Vergangenheit seien andere Gefangene trotz gemeinsamer Fahrzeugnutzung zu anderen Ausführungsorten verbracht worden. Der Justizvollzugsanstalt sei bekannt, dass er aufgrund seiner offen gelebten Homosexualität "besonders haftempfindlich" und "erheblichen Diskriminierungen ausgesetzt" sei. Um die Diskriminierungen nicht zu verschärfen, sei es für ihn entscheidend, dass Mitgefangene keine Kenntnis über seine HIV- und Hepatitis C-Infektion erhielten. Sein Recht, allein über die Preisgabe seiner persönlichen Daten zu entscheiden, habe die Justizvollzugsanstalt verletzt, ob vorsätzlich oder fahrlässig, könne bei der jedenfalls offensichtlich bestehenden Kausalität dahinstehen.

12

Die Verwerfung seiner Rechtsbeschwerde als unzulässig sei rechtswidrig. Ausführungen zum Facharzt seien Maßnahmen nach § 109 StVollzG, die sich mit dem Ende der Ausführung erledigten; so verhalte es sich auch mit zahlreichen anderen Maßnahmen. In all diesen Fällen sei einzig der Feststellungsantrag zulässig. Nach der Auffassung des Oberlandesgerichts würde ihm Rechtsschutz gegen die Art der Ausführung grundsätzlich verwehrt.

13

2. Das Ministerium für Justiz, Kultur und Europa des Landes Schleswig-Holstein hat von einer Stellungnahme abgesehen.

14

3. Die Akten des fachgerichtlichen Verfahrens wurden beigezogen.

III.

15

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Eine grundsätzliche Bedeutung (§ 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG) kommt ihr nicht zu. Ihre Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung der als verletzt gerügten Grundrechte angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Soweit sich der Beschwerdeführer gegen den Beschluss des Landgerichts wendet, ist die Verfassungsbeschwerde unbegründet. Soweit sich der Beschwerdeführer gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts wendet, ist die Annahme jedenfalls deshalb nicht angezeigt, weil abzusehen ist, dass er auch im Fall der Zurückverweisung im Ergebnis keinen Erfolg haben würde (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 3. August 2009 - 1 BvR 369/08 -, juris, Rn. 9).

16

1. Soweit der Beschluss des Landgerichts die Feststellungsanträge für unzulässig erklärt, begegnet dies zwar im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung ist insoweit jedoch nicht angezeigt, als der Beschluss auf diesem Verfassungsverstoß nicht beruht. Das Landgericht hat zusätzlich die Begründetheit der vom Beschwerdeführer gestellten Anträge geprüft. Diese den Beschluss selbstständig tragende Begründung wird verfassungsrechtlichen Anforderungen gerecht.

17

Die Feststellung und Würdigung des Tatbestandes, die Auslegung des einfachen Rechts und seine Anwendung auf den einzelnen Fall sind allein Sache der dafür allgemein zuständigen Gerichte und der Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht entzogen, sofern nicht Auslegungsfehler sichtbar werden, die die Grenze zur Willkür überschreiten oder auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung eines Grundrechts beruhen (BVerfGE 18, 85 <92 f.>; 134, 242 <353>; stRspr). Diesen fachgerichtlichen Spielraum hat das Landgericht nicht überschritten. Der die gemeinsame Ausführung als rechtmäßig bestätigende Beschluss ist weder willkürlich noch lässt er eine grundsätzlich unrichtige Anschauung von der Bedeutung der Grundrechte erkennen; insbesondere ist nicht ersichtlich, dass das Landgericht die Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Beschwerdeführers grundsätzlich verkannt hat. In der vorliegenden Konstellation war es auf der Grundlage des vom Beschwerdeführer vor dem Landgericht Vorgetragenen verfassungsrechtlich nicht geboten, dessen gemeinsame Ausführung mit einem anderen Gefangenen zur Immunologin als ungerechtfertigten Eingriff in sein Allgemeines Persönlichkeitsrecht zu werten. Das Landgericht durfte ohne Verstoß gegen Grundrechte des Beschwerdeführers davon ausgehen, dass die Justizvollzugsanstalt jedenfalls verfassungsrechtlich nicht dazu verpflichtet war, ihn ausschließlich per Einzeltransport zur Immunologie zu verbringen.

18

2. a) Der Beschluss des Oberlandesgerichts verletzt den Beschwerdeführer in seinem Anspruch aus Art. 19 Abs. 4 GG.

19

aa) Art. 19 Abs. 4 GG enthält ein Grundrecht auf effektiven und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (vgl. BVerfGE 67, 43 <58>; stRspr). Die in Art. 19 Abs. 4 GG verbürgte Effektivität des Rechtsschutzes wird in erster Linie von den Prozessordnungen gesichert. Sie treffen Vorkehrungen dafür, dass der Einzelne seine Rechte auch tatsächlich wirksam durchsetzen kann und die Folgen staatlicher Eingriffe im Regelfall nicht ohne fachgerichtliche Prüfung zu tragen hat (vgl. BVerfGE 94, 166 <213>). Dabei fordert Art. 19 Abs. 4 GG zwar keinen Instanzenzug (vgl. BVerfGE 87, 48 <61>; 92, 365 <410>; stRspr). Eröffnet das Prozessrecht aber eine weitere Instanz, so gewährleistet Art. 19 Abs. 4 GG dem Bürger in diesem Rahmen die Effektivität des Rechtsschutzes im Sinne eines Anspruchs auf eine wirksame gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerfGE 40, 272 <274 f.>; 54, 94 <96 f.>). Das Rechtsmittelgericht darf ein von der jeweiligen Rechtsordnung eröffnetes Rechtsmittel daher nicht ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer "leerlaufen" lassen (vgl. BVerfGE 78, 88 <99>).

20

bb) Mit der Annahme, auf die Erwägungen des Landgerichts zur Unbegründetheit der Anträge nicht eingehen zu müssen, da bereits die Erwägungen zur Zulässigkeit die Entscheidung trügen und isolierte Feststellungsanträge im Strafvollzugsverfahren grundsätzlich unzulässig seien, verkennt das Oberlandesgericht diese verfassungsrechtlichen Anforderungen.

21

Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Fortbestehen des Rechtsschutzinteresses soll sicherstellen, dass der möglicherweise von einer Grundrechtsverletzung Betroffene nicht allein deshalb rechtsschutzlos bleibt, weil sich der Eingriff, gegen den er um Rechtsschutz nachsucht, bereits vor der Entscheidung über das Rechtsschutzgesuch oder sogar bereits vor Antragstellung erledigt hat (vgl. grundlegend BVerfGE 96, 27 <39 ff.>; 104, 220 <233>; vgl. für die Zulässigkeit isolierter Feststellungsanträge im Strafvollzug BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 14. November 2000 - 2 BvR 1931/00 -, juris, Rn. 4 und Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 12. September 2003 - 2 BvR 1220/03 -, NStZ-RR 2004, S. 59 <60>).

22

In Übereinstimmung mit dieser Rechtsprechung und im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG ist auch in der obergerichtlichen Rechtsprechung einhellig anerkannt, dass im Strafvollzugsverfahren ein allgemeiner Feststellungsantrag trotz vorprozessualer Erledigung zulässig ist, obwohl das Strafvollzugsgesetz - anders als die Verwaltungsgerichtsordnung - einen solchen nicht ausdrücklich regelt (vgl. nur Oberlandesgericht Dresden, Beschluss vom 28. Juli 2006 - 2 Ws 624/05 -, NStZ 2007, S. 707 <708>; Thüringer Oberlandesgericht, Beschlüsse vom 19. August 2003 - 1 Ws 205/03 -, NStZ 2004, S. 229 und vom 20. August 2003 - 1 Ws 220/03 -, OLG-NL 2003, S. 235 <236>; Oberlandesgericht Frankfurt a.M., Beschlüsse vom 18. Juli 2003 - 3 Ws 578/03 (StVollz) -, NJW 2003, S. 2843 <2844> und - 3 Ws 606/03 -, NStZ-RR 2004, S. 29 <29>; Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 25. Oktober 1982 - 7 Vollz (Ws) 111/82 -, NStZ 1983, S. 240; vgl. auch dazu, dass in diesen Fällen ein Vorschaltverfahren nicht erforderlich ist, Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 13. Juni 1989 - 1 Vollz (Ws) 376/88 -, juris, Rn. 12; vgl. zur Zulässigkeit eines isolierten Feststellungsantrages in entsprechender Anwendung des § 115 Abs. 3 StVollzG übereinstimmend auch die Kommentarliteratur, Bachmann, in: LNNV, StVollzG, 12. Aufl. 2015, Abschn. P Rn. 31 und 78; Euler, in: Graf, Beckscher Online Kommentar zum StVollzG (Juli 2014), § 115 Rn. 15; Laubenthal, in: Schwind/Böhm/Jehle/Laubenthal, StVollzG, 6. Aufl. 2013, § 115 Rn. 17; Kamann/ Spaniol, in: Feest/Lesting, StVollzG, 6. Aufl. 2012, § 109 Rn. 32 und § 115 Rn. 77; Arloth, StVollzG, 3. Aufl. 2011, § 109 Rn. 5 und § 115 Rn. 10; Calliess/Müller-Dietz, StVollzG, 11. Aufl. 2008, § 115 Rn. 16).

23

Der Beschluss des Oberlandesgerichts erklärt demgegenüber mit bloßem Hinweis auf die eigene Rechtsprechungspraxis isolierte Feststellungsanträge im Strafvollzugsverfahren allein aufgrund des Wortlauts des § 115 Abs. 3 StVollzG - unabhängig von der Frage eines fortbestehenden Rechtsschutzinteresses - für generell unzulässig. Damit versagt es dem Beschwerdeführer die zur Sicherung effektiven Rechtsschutzes notwendige Prüfung.

24

b) Insoweit ist die Verfassungsbeschwerde jedoch nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil nicht ersichtlich ist, dass der Beschwerdeführer im Fall der Aufhebung der angegriffenen oberlandesgerichtlichen Entscheidung im Ergebnis eine ihm günstigere Entscheidung erreichen könnte (vgl. hierzu BVerfGE 90, 22 <25 f.>; 119, 292 <301 f.>; BVerfGK 18, 360 <364>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 23. Oktober 2013 - 2 BvR 1541/13 -, juris, Rn. 1; 9). Der Beschluss des Landgerichts ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. oben unter 1.). Insoweit ist absehbar, dass das Oberlandesgericht die Rechtsbeschwerde aus den zutreffenden Gründen der angegriffenen Entscheidung des Landgerichts als unbegründet verwerfen und der Beschwerdeführer auch im Fall einer stattgebenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts mit seinem Rechtsschutzanliegen letztlich keinen Erfolg haben würde.

25

3. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 93d Abs. 1Satz 3 BVerfGG).

26

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Tenor

1. Der Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 18. Juni 2014 - III - 1 Vollz (Ws) 283/14 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes, soweit er die Rechtsbeschwerde des Beschwerdeführers gegen seine Verlegung als unzulässig verwirft. Der Beschluss des Landgerichts Bochum vom 7. April 2014 - V StVK 99/13 - verletzt den Beschwerdeführer in seinen Grundrechten aus Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes sowie Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes, soweit er den Antrag auf gerichtliche Entscheidung des Beschwerdeführers gegen seine Verlegung als unbegründet zurückweist.

2. Die Beschlüsse werden in diesem Umfang und im Kostenausspruch aufgehoben. Die Sache wird an das Landgericht Bochum zurückverwiesen.

3. Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.

4. Das Land Nordrhein-Westfalen hat dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerdeverfahren zu erstatten.

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Verlegung des Beschwerdeführers von der Justizvollzugsanstalt Bochum in die Justizvollzugsanstalt Werl sowie die Fertigstellung und Verwertung eines Gutachtens über die Gewährung von Vollzugslockerungen durch die Justizvollzugsanstalten.

2

1. Der Beschwerdeführer, ein Diabetiker, verbüßt eine lebenslange Freiheitsstrafe in Nordrhein-Westfalen. Seitdem der Beschwerdeführer im Jahr 2005 in die Justizvollzugsanstalt Bochum verlegt wurde, erhielt er auf Anordnung des dortigen Anstaltsarztes morgens und abends eine Gabe von Protaphane-Insulin sowie bei Bedarf Actrapid-Insulin am Mittag.

Die Behandlung durch den Anstaltsarzt war bereits Gegenstand eines Verfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht, in dem der Beschwerdeführer unter anderem begehrte, eine Neueinstellung seiner Insulinversorgung vorzunehmen sowie eine Untersuchung seines Augenhintergrundes im sechsmonatigen Abstand zu veranlassen. Nachdem das Landgericht Bochum und das Oberlandesgericht Hamm den Antrag des Beschwerdeführers als unzulässig verworfen hatten, hob die 3. Kammer des Zweiten Senats die beiden Entscheidungen mit Beschluss vom 10. Oktober 2012 auf, da diese den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG verletzten (vgl. BVerfGK 20, 84 ff.). Das Landgericht habe, so die Kammer, dem Beschwerdeführer jegliche sachliche Prüfung seiner medizinischen Behandlung mit der Begründung verweigert, dass es sich bei dieser Behandlung, soweit er sie im Hinblick auf ihre medizinische Richtigkeit überprüft wissen wolle, nicht um eine Maßnahme im Sinne des § 109 des Gesetzes über den Vollzug der Freiheitsstrafe und der freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung (Strafvollzugsgesetz vom 16. März 1976 , im Folgenden: StVollzG) handele. Dabei habe das Gericht nicht ausreichend berücksichtigt, dass eine nicht fachgerechte medizinische Behandlung oder Nichtbehandlung eines Strafgefangenen dessen Rechte - insbesondere das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG - verletzen könne und dass Art. 19 Abs. 4 GG daher eine Auslegung des Maßnahmebegriffs des § 109 Abs. 1 Satz 1 StVollzG verbiete, die die Angemessenheit der medizinischen Behandlung von Strafgefangenen der gerichtlichen Überprüfung entziehe (BVerfGK 20, 84<89>).

3

Nach der Zurückverweisung durch die Kammer holte das erneut mit dem Verfahren befasste Landgericht ein Sachverständigengutachten zu der Frage ein, ob der Beschwerdeführer fehlerhaft behandelt worden sei. Der Sachverständige stellte fest, dass die durchgeführte Behandlung in keiner Weise den Anforderungen an eine adäquate Insulintherapie entsprochen habe, und schlug in einem vom Landgericht ebenfalls angeforderten Ergänzungsgutachten eine andere medikamentöse Behandlung für den Beschwerdeführer vor. Mit Beschluss vom 30. Juli 2013 (III StVK 1162/10) verpflichtete das Landgericht die Justizvollzugsanstalt Bochum dazu, den Beschwerdeführer gemäß den Vorgaben des ergänzenden Sachverständigengutachtens zu behandeln. In dem Beschluss heißt es, dass eine Verpflichtung zur Behandlung in dem tenorierten Umfang anzuordnen und die bloße Verpflichtung zur Neubescheidung der Justizvollzugsanstalt nicht ausreichend gewesen sei, da der Anstalt spätestens seit Mai 2013 in Folge des erstellten Sachverständigengutachtens die Falschbehandlung des Beschwerdeführers bekannt gewesen, diese aber im Laufe dieser zwei Monate nicht umgestellt worden sei. Zur Neuausrichtung der medizinischen Behandlung an den Vorgaben des Beschlusses wurde der Beschwerdeführer am 9. August 2013 in das Justizvollzugskrankenhaus Fröndenberg verlegt; seine Behandlung war zuvor in der Justizvollzugsanstalt Bochum nicht umgestellt worden. Dort wurde ihm am 26. August 2013 mitgeteilt, dass er in die Justizvollzugsanstalt Werl verlegt werde.

4

2. Über den Beschwerdeführer sollte von der Justizvollzugsanstalt Bochum ein Gutachten über die Gewährung von Vollzugslockerungen erstellt werden. Dazu wurde er zunächst von einem anstaltsexternen Psychologen begutachtet. Dieser erstellte im November 2010 einen abschließenden Behandlungsbericht. Da der Psychologe selbstständige Lockerungen beziehungsweise die Verlegung in den offenen Vollzug empfohlen hatte, beantragte der Beschwerdeführer dies bei der Justizvollzugsanstalt. Die anstaltsinternen Gespräche zur Erstellung des Lockerungsgutachtens waren im Oktober 2012 abgeschlossen, und die Justizvollzugsanstalt Bochum stellte dem Beschwerdeführer ein positives Lockerungsgutachten bis zum Jahresende in Aussicht. Da die Fertigstellung entgegen dieser Ankündigung nicht erfolgte, richtete der Beschwerdeführer insgesamt sieben Anträge an die Anstalt (am 26. November 2012, 20. Januar, 28. Mai, 18. Juni, 26. Juni, 9. Juli und schließlich am 4. August 2013). Diese reagierte auf seine Anträge allerdings nicht.

5

3. Am 26. August 2013 wandte sich der Beschwerdeführer mit einem Antrag auf gerichtliche Entscheidung an das Landgericht Bochum. Er beantragte erstens Rechtsschutz gegen die geplante Verlegung und zweitens, die Justizvollzugsanstalt Bochum zur Fertigstellung des Lockerungsgutachtens zu verpflichten. Die Verlegung nach Werl sei ermessensfehlerhaft und überdies unvereinbar mit dem Resozialisierungsgebot. Er befinde sich seit acht Jahren in der Justizvollzugsanstalt Bochum und habe dort gute Kontakte zu anderen Gefangenen, dem Personal und dem Psychologischen Dienst. Überdies übe er eine Arbeit aus, die der höchsten Lohngruppe zugeordnet sei und mit der nahezu höchsten Leistungszulage vergütet werde. Auch sein ehrenamtlicher Betreuer werde im Falle einer Verlegung einen längeren Anfahrtsweg haben. Es verstoße zudem gegen sein Freiheitsrecht, dass die Justizvollzugsanstalt das Gutachten über die Gewährung von Vollzugslockerungen noch nicht gefertigt habe und es dafür keine nachvollziehbaren Gründe gebe.

6

4. Der Beschwerdeführer wurde am 13. September 2013 in die Justizvollzugsanstalt Werl verlegt.

7

5. Mit Schreiben vom 26. September 2013 nahm die Justizvollzugsanstalt Bochum zunächst allein zu der Verlegung Stellung. Zur Begründung führte sie aus, dass das Verhältnis zwischen dem Beschwerdeführer und dem Anstaltsarzt als nachhaltig gestört anzusehen sei und durch die Verlegung eine Basis für eine störungsfreie Behandlung geschaffen werden solle. Ein weiterer Aufenthalt in der Justizvollzugsanstalt Bochum erscheine aus Gründen der Förderung der Behandlung, zur Erreichung des Vollzugszieles sowie im Rahmen der Pflicht zur Gesundheitsfürsorge nicht mehr zuträglich.

8

6. Dem trat der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 9. Oktober 2013 entgegen. Die strikte Weigerung des Anstaltsarztes, sich an gutachterlichen und gerichtlichen Feststellungen zu orientieren, dürfe nicht dazu führen, dass ein Gefangener gegen seinen Willen verlegt werde. Außerdem sei das Verhältnis bereits seit seiner Verlegung in die Justizvollzugsanstalt Bochum im Jahr 2005 gestört gewesen, da der Anstaltsarzt bereits zu diesem Zeitpunkt eine angemessene Behandlung verweigert habe.

9

7. Zu der Fertigstellung des Gutachtens hieß es in einem weiteren Schreiben der Justizvollzugsanstalt Bochum vom 14. Oktober 2013, dass sich diese auf Grund von unbesetzten Stellen sowie Langzeiterkrankungen im Fachbereich des Psychologischen Dienstes erheblich verzögert habe. Zudem habe man die Fertigstellung des Gutachtens Anfang 2013 ausgesetzt, da befürchtet worden sei, dass der Beschwerdeführer auf Grund seines "subkulturellen Verhaltens" den Anforderungen an einen offenen Vollzug nicht genüge, denn er habe sich bei anderen Diabetikern unerlaubt Insulin beschafft. Diese eigenmächtige Beschaffung sei auch der Grund für die nachhaltige Störung des Arzt-Patienten-Verhältnisses und rechtfertige daher die Verlegung in die Justizvollzugsanstalt Werl. Das Gutachten werde aber trotz der Verlegung des Beschwerdeführers und des damit verbundenen Zuständigkeitswechsels nunmehr bevorzugt bearbeitet.

10

8. Mit Schreiben vom 17. Januar 2014 teilte die Justizvollzugsanstalt Bochum mit, dass das Lockerungsgutachten gefertigt und mit Schreiben vom selben Tag an die Justizvollzugsanstalt Werl übersandt worden sei. Der Beschwerdeführer erklärte daraufhin seinen Antrag auf Fertigstellung des Gutachtens mit Schreiben vom 30. Januar 2014 für erledigt und beantragte in einem weiteren Schreiben vom 6. Februar 2014, die "Justizvollzugsanstalt Bochum zu verpflichten, das gefertigte Lockerungsgutachten gegenüber den hinzuziehenden Institutionen zu vertreten, damit eine Neuauflage des Lockerungsgutachtens verhindert" werde. Mit einem Schreiben vom 27. Januar 2014 wies er zudem darauf hin, dass der Vortrag der Anstalt zur Begründung der erheblichen Verzögerung des Lockerungsgutachtens von dem Landgericht dahingehend zu überprüfen sei, ob diese Umstände eine derartige Verzögerung rechtfertigen könnten.

11

9. Mit Schreiben vom 4. März 2014 erwiderte die Justizvollzugsanstalt Bochum auf den Antrag des Beschwerdeführers. Die Zuständigkeit für die Entscheidung über die Gewährung von Lockerungen liege nach der Verlegung des Beschwerdeführers bei der Justizvollzugsanstalt Werl. Ob das von der Justizvollzugsanstalt Bochum gefertigte Gutachten in die Entscheidung über die Lockerungen miteinbezogen werde, sei nicht bekannt. Es sei aber verständlich, wenn die Justizvollzugsanstalt Werl die Entscheidung über Lockerungen nicht allein auf der Grundlage eines Gutachtens der Justizvollzugsanstalt Bochum treffen wolle, zumal die Anamnese und Tests aus dem Jahr 2012 stammten.

12

10. Mit angegriffenem Beschluss vom 7. April 2014 wies das Landgericht Bochum beide Anträge des Beschwerdeführers zurück. Der Antrag sei, soweit er die Verlegungsentscheidung angreife, unbegründet. Rechtsgrundlage für eine solche sei § 8 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 StVollzG. Danach könne ein Gefangener abweichend vom Vollstreckungsplan in eine andere für den Vollzug der Freiheitsstrafe zuständige Anstalt verlegt werden, wenn die Behandlung des Gefangenen hierdurch gefördert werde. Der Anstalt stehe bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzung ein Ermessen zu, der Beschwerdeführer habe lediglich einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung. Durch die Verlegung werde die Behandlung des Beschwerdeführers gefördert. Das Vertrauensverhältnis zwischen dem Anstaltsarzt der Justizvollzugsanstalt Bochum und dem Beschwerdeführer sei zerrüttet und es erscheine möglich, dass die ärztliche Versorgung des Beschwerdeführers durch ein vertrauensvolleres, unbelastetes Verhältnis zu einem anderen Arzt gebessert werde. Die Entscheidung sei zudem ermessensfehlerfrei ergangen. Insbesondere habe die Anstalt die besondere Situation des Beschwerdeführers im Hinblick auf sein bisheriges, beanstandungsfreies Vollzugs- und Arbeitsverhalten und die bestehenden sozialen Kontakte in der Justizvollzugsanstalt Bochum berücksichtigt, seiner gesundheitlichen Versorgung jedoch eine höhere Bedeutung beigemessen. Es bestehe zu Gunsten des Beschwerdeführers kein Vertrauensschutz, da die Anstalt dem Beschwerdeführer gegenüber nicht den Eindruck erweckt habe, er könne in der Justizvollzugsanstalt Bochum verbleiben.

13

Der Antrag im Hinblick auf die Vertretung des Lockerungsgutachtens durch die Justizvollzugsanstalt Bochum gegenüber anderen Institutionen sei unzulässig. Die begehrte Handlung weise keinen Regelungscharakter und keine Außenwirkung auf. Der Antrag sei überdies unbegründet, da keine Anspruchsgrundlage zu Gunsten des Beschwerdeführers existiere.

14

Im Hinblick auf den für erledigt erklärten Antrag zur Fertigstellung des Gutachtens wurden der Landeskasse die Kosten auferlegt. Die Anstalt habe dem Beschwerdeführer jedenfalls die Fertigstellung des Gutachtens auch im Falle der Verlegung zugesichert.

15

11. Gegen diesen Beschluss legte der Beschwerdeführer am 30. April 2014 Rechtsbeschwerde ein. Der kurzen Niederschrift der Geschäftsstelle war ein Schriftsatz des Beschwerdeführers beigefügt. In diesem schilderte er zunächst den Sachverhalt und den Inhalt der vielen Schreiben im Vorfeld des angegriffenen Beschlusses des Landgerichts. Sodann beanstandete er insbesondere, dass seine Argumente gegen eine Verlegung vom Gericht nicht aufgegriffen worden seien.

16

12. Mit angegriffenem Beschluss vom 18. Juni 2014 verwarf das Oberlandesgericht Hamm die Rechtsbeschwerde als unzulässig, da es nicht geboten sei, die Nachprüfung des angefochtenen Beschlusses zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen. Der Senat merkte an, dass man daran zweifeln könne, ob eine Verlegung nach § 8 StVollzG mit einer Zerrüttung des Arzt-Patienten-Verhältnisses begründet werden könne, wenn eine Fehlbehandlung des Arztes im Raum stehe. Jedoch habe das Landgericht die tatbestandlichen Voraussetzungen zutreffend erkannt und lediglich im Einzelfall die Ermessenfehlerfreiheit gegebenenfalls falsch beurteilt. Soweit der Beschwerdeführer die Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs erhebe, sei auch dahingehend eine Zulassung nicht geboten. Die Entscheidung des Landgerichts mache an mehreren Stellen deutlich, dass sie den Vortrag des Beschwerdeführers zur Kenntnis genommen habe.

II.

17

Mit seiner rechtzeitig erhobenen Verfassungsbeschwerde vom 30. Juni 2014 macht der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Grundrechte und grundrechtsgleichen Rechte aus Art. 1, Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1, Art. 2, Art. 19 Abs. 4, Art. 20 Abs. 3, Art. 103 und schließlich Art. 104 GG geltend.

18

1. Er trägt vor, aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ergebe sich, dass die Verlegung in eine andere Justizvollzugsanstalt in sein Grundrecht aus Art. 2 GG beziehungsweise in Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 GG eingreife. Die Verlegung sei für ihn wegen der verlorenen sozialen Kontakte, der Kontakte zu den Fachdiensten und des verlorenen, gut vergüteten Arbeitsplatzes besonders schwerwiegend. In der Justizvollzugsanstalt Werl sei ihm nie ein Arbeitsplatz angeboten worden, er verfüge nunmehr allein über das Taschengeld. Zudem habe er seinen Anspruch auf Arbeitslosengeld I durch den Wegfall des Arbeitsplatzes verloren. Jedenfalls dürfe die Weigerung des Anstaltsarztes, ihm eine ausreichende medizinische Versorgung zu gewährleisten, nicht dazu führen, dass er gegen seinen Willen verlegt werde. Durch die Anstalt sei niemals auf den Anstaltsarzt eingewirkt worden. Im Hinblick auf das Lockerungsgutachten wies er darauf hin, dass der Behandlungsbericht aus dem Jahr 2010 die Möglichkeit eröffnet habe, Lockerungen zu gewähren, durch die verzögerte Fertigstellung des Anstaltsgutachtens sei dies aber unterblieben.

19

2. Mit Schreiben vom 5. April 2015 teilt der Beschwerdeführer mit, dass er am 23. März 2015 wieder in die Justizvollzugsanstalt Bochum zurückverlegt worden sei und dort die Medikamente erhalte, die ihm auf Grund des Beschlusses des Landgerichts Bochum vom 30. Juli 2013 verabreicht werden sollten. Das Rechtsschutzbedürfnis sei aber nicht entfallen, da er für anderthalb Jahre seinen Arbeitsplatz verloren habe und seine Vollzugslockerungen sich erheblich verzögert hätten.

20

3. Das Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen hat von einer Stellungnahme abgesehen.

21

4. Die Akten des fachgerichtlichen Verfahrens haben der Kammer vorgelegen.

III.

22

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zur Entscheidung an, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung (§ 93c Abs. 1 BVerfGG) liegen im Hinblick auf die Entscheidung über die Verlegung vor. Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Grundsätze sind in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt. Nach diesen Grundsätzen ist die Verfassungsbeschwerde in einem die Zuständigkeit der Kammer begründenden Sinn offensichtlich begründet.

23

1. Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig. Der Zulässigkeit steht im Hinblick auf die Verlegung nicht entgegen, dass der Beschwerdeführer nach Erhebung der Verfassungsbeschwerde wieder in die Justizvollzugsanstalt Bochum zurückverlegt wurde. Das Bundesverfassungsgericht hat im Falle der Erledigung des mit der Verfassungsbeschwerde verfolgten Begehrens die entscheidenden Kriterien für das Fortbestehen eines Rechtsschutzbedürfnisses darin gesehen, dass entweder die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage von grundsätzlicher Bedeutung andernfalls unterbliebe und der gerügte Grundrechtseingriff besonders belastend erscheint, eine Wiederholung der angegriffenen Maßnahme zu besorgen ist oder die aufgehobene oder gegenstandslos gewordene Maßnahme den Beschwerdeführer noch weiterhin beeinträchtigt (vgl. BVerfGE 81, 138 <140> unter Verweis auf BVerfGE 33, 247 <257 f.>; 69, 161 <168>). Das Bundesverfassungsgericht ist in Fällen besonders tiefgreifender und folgenschwerer Grundrechtsverstöße vom Fortbestehendes Rechtsschutzbedürfnisses auch dann ausgegangen, wenn die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene nach dem regelmäßigen Geschäftsgang eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts kaum erlangen konnte (BVerfGE 81, 138 <140 f.>). Der Grundrechtsschutz des Beschwerdeführers würde sonst in unzumutbarer Weise verkürzt (BVerfGE 81, 138 <141> unter Verweis auf BVerfGE 34, 165 <180>; 41, 29 <43>; 49, 24 <51 f.>). Der Umstand, dass die Fachgerichte und das Bundesverfassungsgericht oft außer Stande sind, schwierige Fragen in kurzer Zeit zu entscheiden, darf nicht dazu führen, dass eine Verfassungsbeschwerde allein wegen des vom Beschwerdeführer nicht zu vertretenden Zeitablaufs als unzulässig verworfen wird (BVerfGE 81, 138 <141> unter Verweis auf BVerfGE 74, 163 <172 f.>; 76, 1 <38 f.>). Hier besteht das Rechtsschutzbedürfnis jedenfalls auf Grund des in Rede stehenden tiefgreifenden und folgenschweren Grundrechtsverstoßes fort. Durch die Verlegung wurde das verfassungsrechtliche Resozialisierungsgebot in besonders erheblicher Weise berührt, da der Beschwerdeführer dadurch seine Kontakte in der Anstalt und seinen Arbeitsplatz für einen Zeitraum von anderthalb Jahren verlor. Zudem wurde die Entscheidung über Vollzugslockerungen offensichtlich wesentlich verzögert und erschwert.

24

2. Die Verfassungsbeschwerde ist im Hinblick auf die Verlegungsentscheidung teilweise begründet.

25

a) Zwar verletzen die angegriffenen Beschlüsse des Landgerichts und des Oberlandesgerichts, soweit sie die Vertretung des Lockerungsgutachtens gegenüber der Justizvollzugsanstalt Werl betreffen, den Beschwerdeführer nicht in seinem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG. Zu Recht hat das Landgericht das Vorliegen einer Maßnahme im Sinne des § 109 StVollzG verneint und das Oberlandesgericht die dagegen gerichtete Rechtsbeschwerde als unzulässig verworfen. Die Verfassungsbeschwerde ist insoweit unbegründet und nicht zur Entscheidung anzunehmen.

26

b) Der angegriffene Beschluss des Landgerichts verletzt den Beschwerdeführer aber in seinen Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 GG sowie Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG, soweit er den Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen die Verlegung des Beschwerdeführers als unbegründet zurückweist.

27

aa) Wird ein Strafgefangener gegen seinen Willen in eine andere Justizvollzugsanstalt verlegt, greift dies in sein Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG ein (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1857/14, 2 BvR 22 BvR 2810/14 -, juris, Rn. 28 unter Verweis auf BVerfGK 6, 260 <264>; 8, 307 <309>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 26. August 2008 - 2 BvR 679/07 -, juris, Rn. 20; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 23. Oktober 2013 - 2 BvQ 42/13 -, juris, Rn. 6). Die Verlegung kann für den Gefangenen mit schwerwiegenden Beeinträchtigungen verbunden sein (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1857/14, 2 BvR 22 BvR 2810/14 -, juris, Rn. 28). Insoweit ist insbesondere in den Blick zu nehmen, dass sämtliche in der Justizvollzugsanstalt entwickelten sozialen Beziehungen praktisch abgebrochen werden und der schwierige Aufbau eines persönlichen Lebensumfelds in einer anderen Anstalt von neuem begonnen werden muss (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1857/14, 2 BvR 22 BvR 2810/14 -, juris, Rn. 28 unter Verweis auf BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 28. Februar 1993 - 2 BvR 196/92 -, juris, Rn. 11). Darüber hinaus kann eine Verlegung - nicht nur aus den genannten Gründen - auch die Resozialisierung des Strafgefangenen beeinträchtigen und somit dessen durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG vermittelten Anspruch auf einen Strafvollzug, der auf das Ziel der Resozialisierung ausgerichtet ist, berühren (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1857/14, 2 BvR 22 BvR 2810/14 -, juris, Rn. 28 unter Verweis auf BVerfGK 6, 260 <264>; 8, 307 <309>). Verlegungen, die nicht ihrerseits durch Resozialisierungsgründe bestimmt sind, bedürfen daher einer Rechtfertigung (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1857/14, 2 BvR 22 BvR 2810/14 -, beck, Rn. 28). Eine zusätzliche erhebliche Beeinträchtigung ergibt sich, wenn der Wechsel der Anstalt mit dem Verlust einer Arbeitsmöglichkeit verbunden ist (BVerfGK 6, 260 <264>).

28

bb) Vor diesem Hintergrund bestehen gegen den Beschluss des Landgerichts durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken. Art. 2 Abs. 1 GG sowie Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG verbieten eine Verlegung eines Strafgefangenen mit der Begründung, das Verhältnis zwischen diesem und dem Anstaltsarzt sei zerrüttet, wenn zuvor gerichtlich festgestellt wurde, dass der Anstaltsarzt den Strafgefangenen über Jahre hinweg in einer Weise medizinisch behandelte, die nicht den Regeln ärztlicher Kunst entsprach.

29

(1) Das Bundesverfassungsgericht hat bereits deutlich gemacht, dass die Verlegung eines Gefangenen nur im Falle des Vorliegens besonderer Umstände in Betracht kommt, wenn ein Fehlverhalten Dritter zur Begründung der Entscheidung herangezogen wird (BVerfGK 8, 307 <311>). Zudem muss in einer solchen Konstellation zunächst auf denjenigen, der die Regel bricht, eingewirkt werden, diesen Verstoß zu unterlassen, bevor derjenige, der von diesem regelwidrigen Verhalten betroffen ist, mit einer Verlegung belastet wird (vgl. BVerfGK 6, 260 <265 f.>).

30

(2) Das Landgericht erachtete § 8 Abs. 1 Nr. 1 StVollzG als taugliche Eingriffsgrundlage für die Entscheidung über die Verlegung des Beschwerdeführers. Diese Norm lässt eine Verlegung zu, wenn die Behandlung des Gefangenen dadurch gefördert wird. Ungeachtet der einfach-gesetzlichen Fragen, ob § 65 Abs. 1 Alt. 2 StVollzG, wonach ein kranker Gefangener in eine für die Behandlung seiner Krankheit besser geeignete Vollzugsanstalt verlegt werden kann, eine abschließende Spezialregelung zur Verlegung eines kranken Gefangenen enthält und die Auslegung des Begriffs "Behandlung" in § 8 Abs. 1 Nr. 1 StVollzG auch die medizinische Behandlung erfasst, muss bei der Ausübung des Ermessens, das der Justizvollzugsanstalt durch § 8 Abs. 1 Nr. 1 StVollzG eröffnet wird, jedenfalls der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet werden (vgl. zum Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Kontext von Entscheidungen über die Verlegung von Strafgefangenen BVerfGK 6, 260 <265 f.>; 8, 307 <311 f.>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 4. Februar 2009 - 2 BvR 1533/08 -, juris, Rn. 10). Die Auslegung und Anwendung von § 8 Abs. 1 Nr. 1 StVollzG durch das Landgericht stellt sich als unverhältnismäßig dar. Es wäre in dieser besonderen Sachverhaltskonstellation durch die Strafvollstreckungskammer insbesondere festzustellen gewesen, ob die unzureichende medizinische Behandlung des Beschwerdeführers nicht durch eine geeignete Einwirkung der Anstaltsleitung auf den Anstaltsarzt als milderes Mittel hätte unterbunden werden können (vgl. BVerfGK 6, 260 <265 f.>; 8, 307 <311>). Bei der Entscheidung über die Verlegung des Beschwerdeführers galt es insbesondere zu beachten, dass die schwerwiegende Falschbehandlung allein in die Verantwortungssphäre des Anstaltsarztes fiel. Es ist unvereinbar mit den Grundsätzen rechtsstaatlicher Zurechnung, wenn das rechtswidrige Verhalten des Anstaltsarztes, der den Beschwerdeführer entgegen den Vorgaben des landgerichtlichen Beschlusses nicht fachgerecht behandelt hat, nicht diesem zugerechnet und nach Möglichkeit durch ihm gegenüber zu ergreifende Maßnahmen abgewehrt wird, sondern ein Dritter - der Beschwerdeführer - zum Objekt eingreifender Maßnahmen gemacht wird (vgl. BVerfGK 8, 307 <311> m.w.N.). Rechtsstaatliche Zurechnung muss darauf ausgerichtet sein, nicht rechtswidriges, sondern rechtmäßiges Verhalten zu begünstigen (BVerfGK 8, 307 <311> unter Verweis auf BVerfGE 116, 24 <49 f.>). Dem läuft es grundsätzlich zuwider, wenn, wie im vorliegenden Fall, Maßnahmen zur Abwehr drohenden rechtswidrigen Verhaltens nicht vorrangig gegen den Störer, sondern ohne Weiteres - und schwerwiegend in Grundrechte eingreifend - gegen den von solchem rechtswidrigen Verhalten potentiell Betroffenen ergriffen werden (BVerfGK 8, 307 <311>).

31

(3) Ferner hat das Gericht bei der Überprüfung der Entscheidung über die Verlegung außer Acht gelassen, dass durch den so begründeten Zuständigkeitswechsel von der Justizvollzugsanstalt Bochum auf die Justizvollzugsanstalt Werl die bereits seit dem Jahr 2012 im Raum stehende Gewährung von Vollzugslockerungen zu Gunsten des Beschwerdeführers wesentlich erschwert wurde und es somit zu einer weiteren Beeinträchtigung der Grundrechte des Beschwerdeführers kam.

32

c) Der angegriffene Beschluss des Oberlandesgerichts verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG, soweit er die Rechtsbeschwerde gegen seine Verlegung als unzulässig verwirft.

33

aa) Art. 19 Abs. 4 GG enthält ein Grundrecht auf effektiven und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1206/13 -, juris, Rn. 19 unter Verweis auf BVerfGE 67, 43 <58>; stRspr). Die in Art. 19 Abs. 4 GG verbürgte Effektivität des Rechtsschutzes wird in erster Linie von den Prozessordnungen gesichert (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1206/13 -, juris, Rn. 19). Sie treffen Vorkehrungen dafür, dass der Einzelne seine Rechte auch tatsächlich wirksam durchsetzen kann und die Folgen staatlicher Eingriffe im Regelfall nicht ohne fachgerichtliche Prüfung zu tragen hat (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1206/13 -, juris, Rn. 19 unter Verweis auf BVerfGE 94, 166 <213>). Dabei fordert Art. 19 Abs. 4 GG zwar keinen Instanzenzug (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1206/13 -, juris, Rn. 19 unter Verweis auf BVerfGE 87, 48 <61>; 92, 365 <410>; stRspr). Eröffnet das Prozessrecht aber eine weitere Instanz, so gewährleistet Art. 19 Abs. 4 GG dem Bürger in diesem Rahmen die Effektivität des Rechtsschutzes im Sinne eines Anspruchs auf eine wirksame gerichtliche Kontrolle (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1206/13 -, juris, Rn. 19 unter Verweis auf BVerfGE 40, 272 <274 f.>; 54, 94 <96 f.>). Das Rechtsmittelgericht darf ein von der jeweiligen Rechtsordnung eröffnetes Rechtsmittel daher nicht ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer "leerlaufen" lassen (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1206/13 -, juris, Rn. 19 unter Verweis auf BVerfGE 78, 88 <99>).

34

bb) Gegen gerichtliche Entscheidungen der Strafvollstreckungskammern ist gemäß § 116 Abs. 1 StVollzG die Rechtsbeschwerde zulässig, wenn es geboten ist, die Nachprüfung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen. Zwar ist anerkannt, dass es auch in Fällen, in denen die Strafvollstreckungskammer ihre Entscheidung ausdrücklich oder implizit auf eine unzutreffende oder von der Rechtsprechung anderer Gerichte abweichende Rechtsauffassung gestützt hat, an der Erforderlichkeit der Nachprüfung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung fehlen kann, weil nicht zu erwarten ist, dass der Rechtsfehler in weiteren Fällen Bedeutung erlangen wird, weil also keine Wiederholungsgefahr besteht (BVerfGK 13, 438 <441> m.w.N.). Die Zulässigkeit einer Rechtsbeschwerde kann danach insbesondere dann verneint werden, wenn die Strafvollstreckungskammer ihren Rechtsfehler nachträglich erkannt und dies aktenkundig gemacht oder wenn das Oberlandesgericht in anderer Sache zu der Rechtsfrage Stellung genommen und sie anders beantwortet hat als die Strafvollstreckungskammer, diese das aber bei der Entscheidung noch nicht wissen konnte (BVerfGK 13, 438 <441> m.w.N.; vgl. ferner BVerfGK 17, 420 <428>; Bachmann, in: Laubenthal/Nestler/Neubacher/Verrel , StVollzG, 12. Auflage 2015, Abschnitt P, § 116 Rn. 93). Die Annahme, die Strafvollstreckungskammer werde einen bestimmten Fehler nicht wiederholen, setzt vor dem Hintergrund des Art. 19 Abs. 4 GG allerdings voraus, dass tatsächliche Umstände eine solche Prognose rechtfertigen. Könnte bei im Übrigen erfüllten Zulässigkeitsvoraussetzungen die Erforderlichkeit obergerichtlicher Nachprüfung allein mit dem Ausspruch der Erwartung verneint werden, das Ausgangsgericht werde einen festgestellten Rechtsfehler künftig vermeiden, so wäre für den Rechtsschutzsuchenden nicht mehr erkennbar, in welchen Fällen er überhaupt noch mit einer Behandlung seiner Rechtsbeschwerde als zulässig rechnen dürfte (BVerfGK 13, 438 <442>).

35

cc) Demnach durfte das Oberlandesgericht die Rechtsbeschwerde jedenfalls nicht ohne Weiteres mit der Begründung verwerfen, die Strafvollstreckungskammer habe die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 8 StVollzG zutreffend erkannt und lediglich im Einzelfall die Ermessensfehlerfreiheit unter Umständen falsch beurteilt. Das Oberlandesgericht hat Anhaltspunkte dafür, dass es sich allenfalls um einen Fehler im Einzelfall gehandelt hat, gerade nicht benannt. Mit einer solchen bloßen Vermutung kann die Verwerfung der Rechtsbeschwerde aber nicht ohne Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG begründet werden, denn damit würden die gesetzlichen Zulassungsgründe in einer Weise ausgelegt und angewendet, die jede Vorhersehbarkeit zunichtemachen würde und die Möglichkeit der Rechtsbeschwerde im Ergebnis leerlaufen ließe (vgl. BVerfGK 13, 438 <441 f.>).

36

d) Ob durch die angegriffenen Entscheidungen weitere Grundrechte des Beschwerdeführers verletzt worden sind, kann angesichts der dargelegten Verstöße offenbleiben.

IV.

37

Im Umfang der festgestellten Grundrechtsverletzungen, auf denen die Beschlüsse beruhen, werden der Beschluss des Landgerichts Bochum vom 7. April 2014 und der Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 18. Juni 2014 aufgehoben; die Sache wird an das Landgericht Bochum zurückverwiesen (§ 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2, § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG).

V.

38

Dem Beschwerdeführer sind, da er sein Rechtsschutzziel im Wesentlichen erreicht hat, gemäß § 34a Abs. 2 und Abs. 3 BVerfGG die notwendigen Auslagen für das Verfahren der Verfassungsbeschwerde zu erstatten (vgl. BVerfGE 32, 1 <39>; 79, 372 <378>; 86, 90 <122>; 104, 220 <238>; 114, 1 <72>).

Tenor

Der Beschluss des Landgerichts Cottbus vom 17. Februar 2017 - 21 StVK 0001/17 - und der Beschluss des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 2. Mai 2017 - 2 Ws (Vollz) 50/17 - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes.

Die Beschlüsse werden aufgehoben. Die Sache wird an das Landgericht Cottbus zurückverwiesen.

Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Das Land Brandenburg hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen zu erstatten.

Gründe

1

Gegenstand der mit einem Eilantrag verbundenen Verfassungsbeschwerde ist der Rechtsschutz gegen die Durchführung von Haftraumdurchsuchungen im Strafvollzug.

I.

2

1. Der strafgefangene Beschwerdeführer verbüßt derzeit eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten wegen Eigentums- und Vermögensdelikten sowie wegen Trunkenheit im Verkehr, welche seit dem 19. Oktober 2016 in der Justizvollzugsanstalt Cottbus-Dissenchen vollstreckt wird.

3

2. Mit einem an das Landgericht Cottbus gerichteten Antrag auf gerichtliche Entscheidung wandte sich der Beschwerdeführer gegen die Durchführung von Durchsuchungen in seinem Haftraum in der Zeit vom 1. November bis zum 31. Dezember 2016. Diese seien rechtswidrig gewesen. Insbesondere die Anzahl der Durchsuchungen, welche täglich stattfänden, sehe er als unverhältnismäßig an.

4

3. Dem trat die Justizvollzugsanstalt in ihrer Stellungnahme unter Verweis auf § 86 Abs. 1 des Brandenburgischen Justizvollzugsgesetzes (BbgJVollzG) entgegen. Danach dürften die Gefangenen, ihre Sachen und Hafträume mit technischen Mitteln oder sonstigen Hilfsmitteln abgesucht und durchsucht werden. Gemäß Verwaltungsvorschriften Abs. 1 Satz 1 zu § 86 BbgJVollzG hätten sich die Bediensteten im geschlossenen Vollzug durch unangekündigte Durchsuchungen laufend davon zu überzeugen, dass die Räume, die von Gefangenen benutzt würden, und ihre Einrichtungsgegenstände unbeschädigt seien, dass nichts vorhanden sei, was die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährden könnte, vor allem keine Vorbereitungen zu Angriffen oder Entweichungen getroffen würden.

5

Die zulässige Anzahl von Durchsuchungen des Haftraums eines Gefangenen ergebe sich aus diesen Vorschriften nicht.Die Festlegung dieser Anzahl stehe deshalb im Ermessen der Vollzugsbehörde. Die Anzahl der im Haftraum des Beschwerdeführers durchgeführten Durchsuchungen sei ermessensfehlerfrei. Bei dem Beschwerdeführer seien in dem Zeitraum vom 1. November bis 31. Dezember 2016 - entsprechend den Vorgaben des Ministeriums der Justiz und für Europa und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg - wöchentliche Haftraumdurchsuchungen durchgeführt worden. Diese Anzahl der Durchsuchungen - zu der die Justizvollzugsanstalt sogar verpflichtet sei - sei verhältnismäßig.

6

Der Vortrag des Beschwerdeführers, bei ihm seien täglich Durchsuchungen des Haftraums durchgeführt worden, sei unzutreffend.

7

4. Mit angegriffenem Beschluss vom 17. Februar 2017 wies das Landgericht Cottbus den Antrag als unbegründet zurück. Die durchgeführten Haftraumdurchsuchungen seien aufgrund des der Justizvollzugsanstalt zustehenden Ermessens nur eingeschränkt überprüfbar; die Strafvollstreckungskammer habe nur zu überprüfen, ob die Vollzugsbehörde bei ihrer Entscheidung von einem zutreffend und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen sei. Wörtlich hieß es in dem Beschluss sodann:

"Diese Prüfung hat ergeben, dass die Haftraumkontrollen im oben angegebenen Zeitraum in rechtmäßiger Weise vollzogen worden sind, da die Antragsgegnerin die hierfür zugrundeliegenden tatsächlichen Grundlagen vollständig und richtig ermittelt und bei der gesetzlich gebotenen Abwägung […] alle relevanten Umstände berücksichtigt hat.

Insoweit folgt die Kammer dem Sach- und Rechtsvortrag der Antragsgegnerin und schließt sich deren Argumentation vollumfänglich an."

8

5. Gegen den Beschluss legte der Beschwerdeführer Rechtsbeschwerde ein. Die Durchsuchungen hätten täglich stattgefunden und dauerten noch an. Das Landgericht habe lediglich die Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt abgeschrieben und sich dieser angeschlossen.

9

6. Mit angegriffenem Beschluss vom 2. Mai 2017 verwarf das Brandenburgische Oberlandesgericht die Rechtsbeschwerde als unzulässig, da deren Zulassung weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten sei.

II.

10

1. Mit seiner am 19. Mai 2017 fristgemäß eingegangenen Verfassungsbeschwerde, die er mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verbindet, wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Beschlüsse des Landgerichts Cottbus und des Brandenburgischen Oberlandesgerichts und rügt eine Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 19 Abs. 4 GG, Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 34 GG sowie Art. 104 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG.

11

Zur Begründung führt er aus, es fänden seit dem 19. Oktober 2016 täglich mehrstündige Haftraumkontrollen ohne Rechtsgrundlage und ohne Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes statt; dies sei willkürlich und unzumutbar.

12

2. Dem Ministerium der Justiz und für Europa und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. Das Ministerium hat mitgeteilt, von einer Stellungnahme abzusehen.

13

3. Die Akten des Ausgangsverfahrens haben dem Bundesverfassungsgericht vorgelegen.

III.

14

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an. Dies ist zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 19 Abs. 4 GG angezeigt (vgl. § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen sind durch das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden worden. Demnach ist die zulässige Verfassungsbeschwerde offensichtlich begründet (vgl. § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG).

15

1. Die Entscheidung des Landgerichts verstößt gegen Art. 19 Abs. 4 GG.

16

a) Art. 19 Abs. 4 GG enthält ein Grundrecht auf effektiven und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (BVerfGE 67, 43<58>; BVerfG, Beschlüsse der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1206/13 -, juris, Rn. 19 und vom 30. November 2016 - 2 BvR 1519/14 -, juris, Rn. 33; stRspr). Dabei gewährleistet Art. 19 Abs. 4 GG nicht nur das formelle Recht und die theoretische Möglichkeit, die Gerichte anzurufen, sondern gibt dem Rechtsschutzsuchenden Anspruch auf eine tatsächlich wirksame gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerfGE 35, 382 <401 f.>; 37, 150 <153>; 101, 397 <407>; stRspr).

17

b) Der verfassungsgerichtlichen Prüfung nach diesen Maßstäben hält die angegriffene Entscheidung des Landgerichts nicht stand.

18

aa) Grundrechte dürfen nur durch Gesetz oder aufgrund Gesetzes und nur unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit eingeschränkt werden; dies gilt auch für Gefangene (vgl. BVerfGE 33, 1 <11>; 89, 315 <322 f.>). Die Durchsuchung des Haftraums eines Gefangenen ist im brandenburgischen Landesrecht in § 86 Abs. 1 Satz 1 BbgJVollzG geregelt, welcher die Anordnung der Maßnahme grundsätzlich in das Ermessen der Vollzugbehörde stellt, ohne dass das Gesetz über die Beachtung der Grundrechte, des Übermaß- und Willkürverbots und der allgemeinen Vollzugsgrundsätze hinaus (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Mai 1996 - 2 BvR 727/94, 2 BvR 82 BvR 884/94 -, juris, Rn. 13; OLG Nürnberg, Beschluss vom 24. Oktober 1996 - Ws 753/96 -, juris, Rn. 16; Ullenbruch, in: Schwind/Böhm/Jehle/Laubenthal, StVollzG, 6. Auflage 2013, § 84 Rn. 3; Arloth/Krä, StvollzG, 4. Auflage 2017, § 84 Rn. 3; Goerdeler, in: Feest/ Lesting/Lindemann, StVollzG, 7. Auflage 2017, Teil II § 74 Rn. 6) Einschränkungen vorsieht.

19

Aus der systematischen Stellung der Vorschrift im 13. Abschnitt des Gesetzes - Sicherheit und Ordnung - folgt, dass es sich dabei nicht um eine Blanketterlaubnis für die Anordnung von Durchsuchungen handelt, sondern diese ausschließlich zur Gewährleistung der Sicherheit und Ordnung in der Anstalt zulässig ist (vgl. Ullenbruch, in: Schwind/Böhm/Jehle/Laubenthal, StVollzG, 6. Auflage 2013, § 84 Rn. 1; Goerdeler, in: Feest/Lesting/Lindemann, StVollzG, 7. Auflage 2017, Teil II § 74 Rn. 4). Ein konkreter Anlass für die einzelne Durchsuchung ist nicht erforderlich. Vielmehr sind auch Routinedurchsuchungen zulässig (zutreffend OLG Nürnberg, Beschluss vom 24. Oktober 1996 - Ws 753/96 -, juris, Rn. 24; KG Berlin, Beschluss vom 12. Mai 2005 - 5 Ws 166/05 Vollz -, juris, Rn. 6; Calliess/Müller-Dietz, Strafvollzugsgesetz, 11. Auflage 2008, § 84 Rn. 3; Verrel in: Laubenthal/Nestler/ Neubacher/Verrel, Strafvollzugsgesetze, 12. Auflage 2015, M Rn. 42; Arloth/Krä, StvollzG, 4. Auflage 2017, § 84 Rn. 3; Goerdeler, in: Feest/Lesting/Lindemann, StVollzG, 7. Auflage 2017, Teil II § 74 Rn. 6). Die Zulässigkeit allgemeiner Anordnungen entbindet die Vollzugsbehörde allerdings nicht von der Ausübung des ihr gesetzlich eingeräumten Ermessens.

20

bb) Die Justizvollzugsanstalt lässt in ihrer Stellungnahme nicht erkennen, welche Ermessenserwägungen sie bei der Anordnung wöchentlicher Haftraumdurchsuchungen angestellt hat. So betont sie einerseits, dass ihr Ermessen hinsichtlich der Anzahl der Kontrollen zustehe, sieht sich andererseits jedoch durch Vorgaben des Ministeriums zu wöchentlichen Durchsuchungen verpflichtet. So wird nicht erkennbar, ob sie schematisch den Verwaltungsvorschriften des Ministeriums gefolgt ist oder darüber hinaus eigene Ermessenserwägungen angestellt hat. Die Vollzugsbehörde hätte zumindest im Ansatz deutlich machen müssen, dass sie die durchgeführten Haftraumdurchsuchungen zur Gewährleistung von Sicherheit und Ordnung in der Anstalt für erforderlich hält.

21

cc) Das Landgericht hat die unterbliebene Ermessensausübung nicht beanstandet, sondern vielmehr festgestellt, dass die Justizvollzugsanstalt im Rahmen der gesetzlich gebotenen Abwägung "alle relevanten Umstände berücksichtigt hat". Das Gericht begründet diese Überzeugung nicht. Stattdessen nimmt es lediglich Bezug auf die Argumentation der Justizvollzugsanstalt und macht sich diese zu eigen. Im Übrigen setzt sich das Gericht auch nicht mit dem offensichtlichen Widerspruch zwischen dem Vortrag des Beschwerdeführers und der Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt hinsichtlich der Häufigkeit der durchgeführten Durchsuchungen auseinander. Damit hat das Landgericht die Anordnung der Justizvollzugsanstalt nicht der gebotenen gerichtlichen Überprüfung zugeführt und das durch den Beschwerdeführer eingelegte Rechtsmittel ineffektiv gemacht.

22

dd) Ob weitere Grundrechte des Beschwerdeführers verletzt sind, kann angesichts der festgestellten Verletzung von Art. 19 Abs. 4 GG dahinstehen.

23

2. Die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde durch das Oberlandesgericht wird den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Gewährung effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG ebenfalls nicht gerecht.

24

a) Art. 19 Abs. 4 GG fordert zwar keinen Instanzenzug (BVerfGE 87, 48<61>; 92, 365 <410>; BVerfG, Beschlüsse der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1206/13 -, juris, Rn. 19 und vom 30. November 2016 - 2 BvR 1519/14 -, juris, Rn. 33; stRspr). Eröffnet das Prozessrecht aber eine weitere Instanz, so gewährleistet Art. 19 Abs. 4 GG dem Bürger in diesem Rahmen die Effektivität des Rechtsschutzes im Sinne eines Anspruchs auf eine wirksame gerichtliche Kontrolle (BVerfGE 40, 272<274 f.>; 54, 94 <96 f.>; BVerfG, Beschlüsse der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1206/13 -, juris, Rn. 19 und vom 30. November 2016 - 2 BvR 1519/14 -, juris, Rn. 33).

25

Die Rechtsmittelgerichte dürfen ein von der jeweiligen Rechtsordnung eröffnetes Rechtsmittel nicht durch die Art und Weise, in der sie die gesetzlichen Voraussetzungen für den Zugang zu einer Sachentscheidung auslegen und anwenden, ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer leerlaufen lassen; der Zugang zu den in der Verfahrensordnungeingeräumten Instanzen darf nicht von unerfüllbaren oder unzumutbaren Voraussetzungen abhängig gemacht oder in einer durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 96, 27 <39>; 117, 244 <268>; 122, 248 <271>; stRspr).

26

b) § 119 Abs. 3 StVollzG erlaubt dem Strafsenat, von einer Begründung der Rechtsbeschwerdeentscheidung abzusehen, wenn er die Beschwerde für unzulässig oder offensichtlich unbegründet erachtet. Da der Strafsenat von dieser Möglichkeit, deren Einräumung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist (vgl. BVerfGE 50, 287 <289 f.>; 71, 122 <135>; 81, 97 <106>), Gebrauch gemacht hat, liegen über die Feststellung im Beschlusstenor hinaus, dass die in § 116 Abs. 1 StVollzG genannte Voraussetzung der Zulässigkeit einer Rechtsbeschwerde - Erforderlichkeit der Nachprüfung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung - nicht vorläge, Entscheidungsgründe, die das Bundesverfassungsgericht einer verfassungsrechtlichen Prüfung unterziehen könnte, nicht vor. Daraus folgt jedoch nicht, dass der Beschluss selbst sich verfassungsrechtlicher Prüfung entzöge oder die Maßstäbe der Prüfung zu lockern wären. Vielmehr ist in einem solchen Fall die Entscheidung bereits dann aufzuheben, wenn an ihrer Vereinbarkeit mit Grundrechten des Beschwerdeführers erhebliche Zweifel bestehen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 25. Februar 1993 - 2 BvR 251/93 -, juris, Rn. 4; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 12. März 2008 - 2 BvR 378/05 -, juris, Rn. 33; Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 26. Oktober 2011 - 2 BvR 1539/09 -, juris, Rn. 28 und vom 29. Februar 2012 - 2 BvR 368/10 -, juris, Rn. 47; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 5. November 2016 - 2 BvR 6/16 -, juris, Rn. 43).

27

c) Da der Beschluss des Landgerichts offenkundig von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Aufklärungspflicht abweicht (zur Bedeutung einer solchen Abweichung für die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde vgl. OLG Celle, Beschluss vom 7. Juli 2006 - 1 Ws 288/06 (StrVollz) -, juris, Rn. 7 ff.), das Oberlandesgericht von einer Begründung gleichwohl abgesehen hat, ist dies hier anzunehmen.

IV.

28

Im Umfang der festgestellten Grundrechtsverletzungen, auf denen die Beschlüsse beruhen, werden der Beschluss des Landgerichts Cottbus vom 17. Februar 2017 und der Beschluss des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 2. Mai 2017 aufgehoben; die Sache wird an das Landgericht Cottbus zurückverwiesen (§ 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2, § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG).

V.

29

Die Entscheidung über die Erstattung der notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Gründe

I.

1

1. Der wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu einer siebenjährigen Gesamtfreiheitsstrafe verurteilte, mittlerweile entlassene Beschwerdeführer war von 2010 bis 2014 in der Justizvollzugsanstalt Lübeck inhaftiert. Aufgrund seiner HIV- und Hepatitis C-Infizierung bedurfte er regelmäßiger ärztlicher Behandlung und wurde in Abständen von drei bis sechs Monaten in das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein ausgeführt. Ende 2012 erfolgte eine solche Ausführung erstmals nicht allein, sondern in Begleitung eines anderen Strafgefangenen. Beide wurden gemeinsam in den Wartebereich der immunologischen Ambulanz gebracht, um sich dann einzeln derselben behandelnden Ärztin vorzustellen; im Anschluss wurde ihnen Blut abgenommen. Auf der Rückfahrt fragte der andere Strafgefangene den Beschwerdeführer, seit wann dieser HIV-positiv sei.

2

Auf eine im Anschluss an den Arztbesuch vom Beschwerdeführer begehrte Auskunft über die Verantwortlichkeit für Koordinierung und Durchführung des Arztbesuchs teilte die Justizvollzugsanstalt mit, dass es unabdingbar sei, mehrere Gefangene zusammen einem Facharzt vorzustellen. Es habe dem Beschwerdeführer freigestanden, auf die Arztvorführung zu verzichten.

3

2. Daraufhin beantragte der Beschwerdeführer beim Landgericht festzustellen, dass sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung und sein allgemeines Persönlichkeitsrecht durch die Handlungsweise der Justizvollzugsanstalt verletzt und er hierdurch diskriminiert und stigmatisiert worden sei. Er habe den in einem anderen Hafthaus untergebrachten Gefangenen noch nie zuvor gesehen und sich ihm gegenüber nicht offenbart. Eine Einzelverbringung in die Klinik sei der Justizvollzugsanstalt offensichtlich möglich, da sie bisher immer in dieser Weise erfolgt sei. Jedenfalls hätte er im Vorfeld über die gemeinsame Verbringung informiert werden müssen.

4

Die Justizvollzugsanstalt beantragte, den Antrag als unbegründet zurückzuweisen, da bereits kein nach § 115 Abs. 3 StVollzG erforderliches Feststellungsinteresse bestehe. Soweit in dem gemeinsamen Transport überhaupt ein Grundrechtseingriff gesehen werden könne, sei dieser jedenfalls verhältnismäßig. Die personelle Ausstattung lasse eine Einzelvorführung nur in besonderen Ausnahmefällen, insbesondere aus Gründen der Sicherheit und Ordnung zu, die beim Beschwerdeführer nicht vorlägen. Bei einer Facharztvorstellung sei immer davon auszugehen, dass entsprechend wartende Patienten ähnliche Leiden hätten, dies treffe auch auf nicht inhaftierte Patienten zu, die sich im Wartezimmer einer Facharztpraxis befänden. Zudem lasse die gemeinsame Vorstellung bei einem Facharzt keinerlei Rückschlüsse zu; in der Immunologie würden nicht nur an HIV Erkrankte, sondern auch an anderen Immunerkrankungen leidende Gefangene vorgestellt.Dem Beschwerdeführer sei es zuzumuten gewesen, auf die Nachfrage des Mitgefangenen nicht einzugehen; ebenso habe es ihm freigestanden, die Facharztausführung zu verweigern

5

Mit Beschluss vom 5. März 2013 verwarf das Landgericht den Antrag als unzulässig. Die Zulässigkeit des Feststellungsantrages erfordere die vorherige Beanstandung der durch Vollzug erledigten Maßnahme. § 115 Abs. 3 StVollzG betreffe nach seiner systematischen Stellung den Fall der Erledigung eines zuvor nach § 109 Abs. 1 StVollzG gestellten Antrags während des gerichtlichen Verfahrens. Selbst soweit sich der Anwendungsfall der Norm nicht hierauf beschränke, ergebe sich die Unzulässigkeit daraus, dass der Beschwerdeführer die Maßnahme vor gerichtlicher Antragstellung gegenüber der Justizvollzugsanstalt nicht beanstandet habe. Es sei ihm ohne weiteres möglich gewesen, bei Beginn des gemeinsamen Transports in die Klinik gegenüber der Justizvollzugsanstalt deutlich zu machen, dass er - wie in der Vergangenheit geschehen - auf eine alleinige Verbringung zum Arzt bestehe.

6

Die Anträge seien im Übrigen unbegründet. Ein Eingriff in das sich aus Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG ergebende allgemeine Persönlichkeitsrecht in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung liege nicht vor. Der Beschwerdeführer behaupte selbst nicht, dass die Justizvollzugsanstalt Informationen über seine Krankheit an Mitgefangene weitergegeben habe. Er rüge allein, dass aus seiner Vorstellung bei der Ärztin im Bereich der Immunologie der Rückschluss auf seine HIV-Erkrankung gezogen worden sei. Zwar könne der Mitgefangene diesen Rückschluss tatsächlich gezogen haben, da er selbst offenbar auch HIV-positiv sei, der Schluss sei jedoch nicht zwingend, da sich Immunologie auch mit verschiedenen anderen Krankheiten beschäftige. Dem Beschwerdeführer sei es unbenommen gewesen, seinem Mitgefangenen schlicht nicht zu antworten oder seine Frage zu verneinen. Dass dieser die Information über die Krankheit des Beschwerdeführers gewonnen habe, habe somit nicht die Justizvollzugsanstalt, sondern er selbst zu verantworten.

7

3. Gegen den Beschluss des Landgerichts legte der Beschwerdeführer zu Protokoll der Geschäftsstelle Rechtsbeschwerde ein und beantragte, den Beschluss aufzuheben und im Sinne seines Feststellungsantrags zu entscheiden. Das Landgericht habe einen unzutreffenden Maßstab angelegt; ein Verstoß gegen das Selbstbestimmungsrecht liege vor, da der Mithäftling aufgrund der gesamten Umstände (gemeinsame Vorstellung bei der Immunologie, Blutabnahme, Vorstellung bei derselben Ärztin) die entsprechenden Rückschlüsse habe ziehen können, was auf der Veranlassung des gemeinsamen Transports durch die Justizvollzugsanstalt beruhe. Man habe ihn über den gemeinsam vorgesehenen Transport nicht informiert und ihn so zum Objekt des Vollzuges degradiert. Auf die Mutmaßungen des Mithäftlings sei er nicht eingegangen. Durch dessen Rückschlüsse werde er im Vollzug vernachlässigt, Mitgefangene mieden und redeten schlecht über ihn. Sein Antrag auf gerichtliche Entscheidung sei zulässig gewesen. Es bestehe ein Feststellungsinteresse, da die erledigte Maßnahme ungünstige Auswirkungen auf seinen weiteren Vollzug habe.

8

Mit Beschluss vom 18. April 2013 verwarf das Oberlandesgericht die Rechtsbeschwerde als unzulässig im Sinne des § 116 Abs. 1 StVollzG. Das Landgericht habe die Anträge mit einer sich im Rahmen der Rechtsprechung des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts haltenden Begründung als unzulässig verworfen. Die isolierten Feststellungsanträge des Beschwerdeführers seien nach dieser Rechtsprechung in Verfahren nach dem Strafvollzugsgesetz unzulässig. Im Rahmen des § 109 StVollzG könne immer nur eine konkrete Maßnahme entweder angefochten oder beantragt werden. Eine Feststellungsklage sei nur unter den Voraussetzungen des § 115 Abs. 3 StVollzG zulässig, also in Form der so genannten Fortsetzungsfeststellungklage nach vorangegangener Beantragung und Erledigung einer Maßnahme. Da die Strafvollstreckungskammer ihre Entscheidung bereits hierauf zu Recht gegründet habe, müsse auf die nicht tragenden Hilfsüberlegungen zur Unbegründetheit nicht eingegangen werden.

II.

9

1. Mit seiner Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Beschlüsse des Landgerichts und Oberlandesgerichts und rügt eine Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 1, 2, 3 und Art. 19 Abs. 4 GG.

10

Die in § 115 Abs. 3 StVollzG genannte Fallgestaltung sei nicht der einzige Anwendungsfall des Feststellungsantrags; die dort vorausgesetzte Erledigung könne bereits vor Antragstellung eintreten, auch habe er ein Feststellungsinteresse.

11

Die Justizvollzugsanstalt habe ihm absichtlich nicht mitgeteilt, dass die Vorführung zur Ärztin in Begleitung eines anderen Gefangenen geschehen werde. Auch aus dem Umstand, dass der andere Gefangene mit im Fahrzeug gesessen habe, habe er dies nicht schließen können; in der Vergangenheit seien andere Gefangene trotz gemeinsamer Fahrzeugnutzung zu anderen Ausführungsorten verbracht worden. Der Justizvollzugsanstalt sei bekannt, dass er aufgrund seiner offen gelebten Homosexualität "besonders haftempfindlich" und "erheblichen Diskriminierungen ausgesetzt" sei. Um die Diskriminierungen nicht zu verschärfen, sei es für ihn entscheidend, dass Mitgefangene keine Kenntnis über seine HIV- und Hepatitis C-Infektion erhielten. Sein Recht, allein über die Preisgabe seiner persönlichen Daten zu entscheiden, habe die Justizvollzugsanstalt verletzt, ob vorsätzlich oder fahrlässig, könne bei der jedenfalls offensichtlich bestehenden Kausalität dahinstehen.

12

Die Verwerfung seiner Rechtsbeschwerde als unzulässig sei rechtswidrig. Ausführungen zum Facharzt seien Maßnahmen nach § 109 StVollzG, die sich mit dem Ende der Ausführung erledigten; so verhalte es sich auch mit zahlreichen anderen Maßnahmen. In all diesen Fällen sei einzig der Feststellungsantrag zulässig. Nach der Auffassung des Oberlandesgerichts würde ihm Rechtsschutz gegen die Art der Ausführung grundsätzlich verwehrt.

13

2. Das Ministerium für Justiz, Kultur und Europa des Landes Schleswig-Holstein hat von einer Stellungnahme abgesehen.

14

3. Die Akten des fachgerichtlichen Verfahrens wurden beigezogen.

III.

15

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Eine grundsätzliche Bedeutung (§ 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG) kommt ihr nicht zu. Ihre Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung der als verletzt gerügten Grundrechte angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Soweit sich der Beschwerdeführer gegen den Beschluss des Landgerichts wendet, ist die Verfassungsbeschwerde unbegründet. Soweit sich der Beschwerdeführer gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts wendet, ist die Annahme jedenfalls deshalb nicht angezeigt, weil abzusehen ist, dass er auch im Fall der Zurückverweisung im Ergebnis keinen Erfolg haben würde (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 3. August 2009 - 1 BvR 369/08 -, juris, Rn. 9).

16

1. Soweit der Beschluss des Landgerichts die Feststellungsanträge für unzulässig erklärt, begegnet dies zwar im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung ist insoweit jedoch nicht angezeigt, als der Beschluss auf diesem Verfassungsverstoß nicht beruht. Das Landgericht hat zusätzlich die Begründetheit der vom Beschwerdeführer gestellten Anträge geprüft. Diese den Beschluss selbstständig tragende Begründung wird verfassungsrechtlichen Anforderungen gerecht.

17

Die Feststellung und Würdigung des Tatbestandes, die Auslegung des einfachen Rechts und seine Anwendung auf den einzelnen Fall sind allein Sache der dafür allgemein zuständigen Gerichte und der Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht entzogen, sofern nicht Auslegungsfehler sichtbar werden, die die Grenze zur Willkür überschreiten oder auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung eines Grundrechts beruhen (BVerfGE 18, 85 <92 f.>; 134, 242 <353>; stRspr). Diesen fachgerichtlichen Spielraum hat das Landgericht nicht überschritten. Der die gemeinsame Ausführung als rechtmäßig bestätigende Beschluss ist weder willkürlich noch lässt er eine grundsätzlich unrichtige Anschauung von der Bedeutung der Grundrechte erkennen; insbesondere ist nicht ersichtlich, dass das Landgericht die Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Beschwerdeführers grundsätzlich verkannt hat. In der vorliegenden Konstellation war es auf der Grundlage des vom Beschwerdeführer vor dem Landgericht Vorgetragenen verfassungsrechtlich nicht geboten, dessen gemeinsame Ausführung mit einem anderen Gefangenen zur Immunologin als ungerechtfertigten Eingriff in sein Allgemeines Persönlichkeitsrecht zu werten. Das Landgericht durfte ohne Verstoß gegen Grundrechte des Beschwerdeführers davon ausgehen, dass die Justizvollzugsanstalt jedenfalls verfassungsrechtlich nicht dazu verpflichtet war, ihn ausschließlich per Einzeltransport zur Immunologie zu verbringen.

18

2. a) Der Beschluss des Oberlandesgerichts verletzt den Beschwerdeführer in seinem Anspruch aus Art. 19 Abs. 4 GG.

19

aa) Art. 19 Abs. 4 GG enthält ein Grundrecht auf effektiven und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (vgl. BVerfGE 67, 43 <58>; stRspr). Die in Art. 19 Abs. 4 GG verbürgte Effektivität des Rechtsschutzes wird in erster Linie von den Prozessordnungen gesichert. Sie treffen Vorkehrungen dafür, dass der Einzelne seine Rechte auch tatsächlich wirksam durchsetzen kann und die Folgen staatlicher Eingriffe im Regelfall nicht ohne fachgerichtliche Prüfung zu tragen hat (vgl. BVerfGE 94, 166 <213>). Dabei fordert Art. 19 Abs. 4 GG zwar keinen Instanzenzug (vgl. BVerfGE 87, 48 <61>; 92, 365 <410>; stRspr). Eröffnet das Prozessrecht aber eine weitere Instanz, so gewährleistet Art. 19 Abs. 4 GG dem Bürger in diesem Rahmen die Effektivität des Rechtsschutzes im Sinne eines Anspruchs auf eine wirksame gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerfGE 40, 272 <274 f.>; 54, 94 <96 f.>). Das Rechtsmittelgericht darf ein von der jeweiligen Rechtsordnung eröffnetes Rechtsmittel daher nicht ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer "leerlaufen" lassen (vgl. BVerfGE 78, 88 <99>).

20

bb) Mit der Annahme, auf die Erwägungen des Landgerichts zur Unbegründetheit der Anträge nicht eingehen zu müssen, da bereits die Erwägungen zur Zulässigkeit die Entscheidung trügen und isolierte Feststellungsanträge im Strafvollzugsverfahren grundsätzlich unzulässig seien, verkennt das Oberlandesgericht diese verfassungsrechtlichen Anforderungen.

21

Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Fortbestehen des Rechtsschutzinteresses soll sicherstellen, dass der möglicherweise von einer Grundrechtsverletzung Betroffene nicht allein deshalb rechtsschutzlos bleibt, weil sich der Eingriff, gegen den er um Rechtsschutz nachsucht, bereits vor der Entscheidung über das Rechtsschutzgesuch oder sogar bereits vor Antragstellung erledigt hat (vgl. grundlegend BVerfGE 96, 27 <39 ff.>; 104, 220 <233>; vgl. für die Zulässigkeit isolierter Feststellungsanträge im Strafvollzug BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 14. November 2000 - 2 BvR 1931/00 -, juris, Rn. 4 und Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 12. September 2003 - 2 BvR 1220/03 -, NStZ-RR 2004, S. 59 <60>).

22

In Übereinstimmung mit dieser Rechtsprechung und im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG ist auch in der obergerichtlichen Rechtsprechung einhellig anerkannt, dass im Strafvollzugsverfahren ein allgemeiner Feststellungsantrag trotz vorprozessualer Erledigung zulässig ist, obwohl das Strafvollzugsgesetz - anders als die Verwaltungsgerichtsordnung - einen solchen nicht ausdrücklich regelt (vgl. nur Oberlandesgericht Dresden, Beschluss vom 28. Juli 2006 - 2 Ws 624/05 -, NStZ 2007, S. 707 <708>; Thüringer Oberlandesgericht, Beschlüsse vom 19. August 2003 - 1 Ws 205/03 -, NStZ 2004, S. 229 und vom 20. August 2003 - 1 Ws 220/03 -, OLG-NL 2003, S. 235 <236>; Oberlandesgericht Frankfurt a.M., Beschlüsse vom 18. Juli 2003 - 3 Ws 578/03 (StVollz) -, NJW 2003, S. 2843 <2844> und - 3 Ws 606/03 -, NStZ-RR 2004, S. 29 <29>; Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 25. Oktober 1982 - 7 Vollz (Ws) 111/82 -, NStZ 1983, S. 240; vgl. auch dazu, dass in diesen Fällen ein Vorschaltverfahren nicht erforderlich ist, Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 13. Juni 1989 - 1 Vollz (Ws) 376/88 -, juris, Rn. 12; vgl. zur Zulässigkeit eines isolierten Feststellungsantrages in entsprechender Anwendung des § 115 Abs. 3 StVollzG übereinstimmend auch die Kommentarliteratur, Bachmann, in: LNNV, StVollzG, 12. Aufl. 2015, Abschn. P Rn. 31 und 78; Euler, in: Graf, Beckscher Online Kommentar zum StVollzG (Juli 2014), § 115 Rn. 15; Laubenthal, in: Schwind/Böhm/Jehle/Laubenthal, StVollzG, 6. Aufl. 2013, § 115 Rn. 17; Kamann/ Spaniol, in: Feest/Lesting, StVollzG, 6. Aufl. 2012, § 109 Rn. 32 und § 115 Rn. 77; Arloth, StVollzG, 3. Aufl. 2011, § 109 Rn. 5 und § 115 Rn. 10; Calliess/Müller-Dietz, StVollzG, 11. Aufl. 2008, § 115 Rn. 16).

23

Der Beschluss des Oberlandesgerichts erklärt demgegenüber mit bloßem Hinweis auf die eigene Rechtsprechungspraxis isolierte Feststellungsanträge im Strafvollzugsverfahren allein aufgrund des Wortlauts des § 115 Abs. 3 StVollzG - unabhängig von der Frage eines fortbestehenden Rechtsschutzinteresses - für generell unzulässig. Damit versagt es dem Beschwerdeführer die zur Sicherung effektiven Rechtsschutzes notwendige Prüfung.

24

b) Insoweit ist die Verfassungsbeschwerde jedoch nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil nicht ersichtlich ist, dass der Beschwerdeführer im Fall der Aufhebung der angegriffenen oberlandesgerichtlichen Entscheidung im Ergebnis eine ihm günstigere Entscheidung erreichen könnte (vgl. hierzu BVerfGE 90, 22 <25 f.>; 119, 292 <301 f.>; BVerfGK 18, 360 <364>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 23. Oktober 2013 - 2 BvR 1541/13 -, juris, Rn. 1; 9). Der Beschluss des Landgerichts ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. oben unter 1.). Insoweit ist absehbar, dass das Oberlandesgericht die Rechtsbeschwerde aus den zutreffenden Gründen der angegriffenen Entscheidung des Landgerichts als unbegründet verwerfen und der Beschwerdeführer auch im Fall einer stattgebenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts mit seinem Rechtsschutzanliegen letztlich keinen Erfolg haben würde.

25

3. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 93d Abs. 1Satz 3 BVerfGG).

26

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Tenor

1. Der Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 18. Juni 2014 - III - 1 Vollz (Ws) 283/14 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes, soweit er die Rechtsbeschwerde des Beschwerdeführers gegen seine Verlegung als unzulässig verwirft. Der Beschluss des Landgerichts Bochum vom 7. April 2014 - V StVK 99/13 - verletzt den Beschwerdeführer in seinen Grundrechten aus Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes sowie Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes, soweit er den Antrag auf gerichtliche Entscheidung des Beschwerdeführers gegen seine Verlegung als unbegründet zurückweist.

2. Die Beschlüsse werden in diesem Umfang und im Kostenausspruch aufgehoben. Die Sache wird an das Landgericht Bochum zurückverwiesen.

3. Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.

4. Das Land Nordrhein-Westfalen hat dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerdeverfahren zu erstatten.

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Verlegung des Beschwerdeführers von der Justizvollzugsanstalt Bochum in die Justizvollzugsanstalt Werl sowie die Fertigstellung und Verwertung eines Gutachtens über die Gewährung von Vollzugslockerungen durch die Justizvollzugsanstalten.

2

1. Der Beschwerdeführer, ein Diabetiker, verbüßt eine lebenslange Freiheitsstrafe in Nordrhein-Westfalen. Seitdem der Beschwerdeführer im Jahr 2005 in die Justizvollzugsanstalt Bochum verlegt wurde, erhielt er auf Anordnung des dortigen Anstaltsarztes morgens und abends eine Gabe von Protaphane-Insulin sowie bei Bedarf Actrapid-Insulin am Mittag.

Die Behandlung durch den Anstaltsarzt war bereits Gegenstand eines Verfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht, in dem der Beschwerdeführer unter anderem begehrte, eine Neueinstellung seiner Insulinversorgung vorzunehmen sowie eine Untersuchung seines Augenhintergrundes im sechsmonatigen Abstand zu veranlassen. Nachdem das Landgericht Bochum und das Oberlandesgericht Hamm den Antrag des Beschwerdeführers als unzulässig verworfen hatten, hob die 3. Kammer des Zweiten Senats die beiden Entscheidungen mit Beschluss vom 10. Oktober 2012 auf, da diese den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG verletzten (vgl. BVerfGK 20, 84 ff.). Das Landgericht habe, so die Kammer, dem Beschwerdeführer jegliche sachliche Prüfung seiner medizinischen Behandlung mit der Begründung verweigert, dass es sich bei dieser Behandlung, soweit er sie im Hinblick auf ihre medizinische Richtigkeit überprüft wissen wolle, nicht um eine Maßnahme im Sinne des § 109 des Gesetzes über den Vollzug der Freiheitsstrafe und der freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung (Strafvollzugsgesetz vom 16. März 1976 , im Folgenden: StVollzG) handele. Dabei habe das Gericht nicht ausreichend berücksichtigt, dass eine nicht fachgerechte medizinische Behandlung oder Nichtbehandlung eines Strafgefangenen dessen Rechte - insbesondere das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG - verletzen könne und dass Art. 19 Abs. 4 GG daher eine Auslegung des Maßnahmebegriffs des § 109 Abs. 1 Satz 1 StVollzG verbiete, die die Angemessenheit der medizinischen Behandlung von Strafgefangenen der gerichtlichen Überprüfung entziehe (BVerfGK 20, 84<89>).

3

Nach der Zurückverweisung durch die Kammer holte das erneut mit dem Verfahren befasste Landgericht ein Sachverständigengutachten zu der Frage ein, ob der Beschwerdeführer fehlerhaft behandelt worden sei. Der Sachverständige stellte fest, dass die durchgeführte Behandlung in keiner Weise den Anforderungen an eine adäquate Insulintherapie entsprochen habe, und schlug in einem vom Landgericht ebenfalls angeforderten Ergänzungsgutachten eine andere medikamentöse Behandlung für den Beschwerdeführer vor. Mit Beschluss vom 30. Juli 2013 (III StVK 1162/10) verpflichtete das Landgericht die Justizvollzugsanstalt Bochum dazu, den Beschwerdeführer gemäß den Vorgaben des ergänzenden Sachverständigengutachtens zu behandeln. In dem Beschluss heißt es, dass eine Verpflichtung zur Behandlung in dem tenorierten Umfang anzuordnen und die bloße Verpflichtung zur Neubescheidung der Justizvollzugsanstalt nicht ausreichend gewesen sei, da der Anstalt spätestens seit Mai 2013 in Folge des erstellten Sachverständigengutachtens die Falschbehandlung des Beschwerdeführers bekannt gewesen, diese aber im Laufe dieser zwei Monate nicht umgestellt worden sei. Zur Neuausrichtung der medizinischen Behandlung an den Vorgaben des Beschlusses wurde der Beschwerdeführer am 9. August 2013 in das Justizvollzugskrankenhaus Fröndenberg verlegt; seine Behandlung war zuvor in der Justizvollzugsanstalt Bochum nicht umgestellt worden. Dort wurde ihm am 26. August 2013 mitgeteilt, dass er in die Justizvollzugsanstalt Werl verlegt werde.

4

2. Über den Beschwerdeführer sollte von der Justizvollzugsanstalt Bochum ein Gutachten über die Gewährung von Vollzugslockerungen erstellt werden. Dazu wurde er zunächst von einem anstaltsexternen Psychologen begutachtet. Dieser erstellte im November 2010 einen abschließenden Behandlungsbericht. Da der Psychologe selbstständige Lockerungen beziehungsweise die Verlegung in den offenen Vollzug empfohlen hatte, beantragte der Beschwerdeführer dies bei der Justizvollzugsanstalt. Die anstaltsinternen Gespräche zur Erstellung des Lockerungsgutachtens waren im Oktober 2012 abgeschlossen, und die Justizvollzugsanstalt Bochum stellte dem Beschwerdeführer ein positives Lockerungsgutachten bis zum Jahresende in Aussicht. Da die Fertigstellung entgegen dieser Ankündigung nicht erfolgte, richtete der Beschwerdeführer insgesamt sieben Anträge an die Anstalt (am 26. November 2012, 20. Januar, 28. Mai, 18. Juni, 26. Juni, 9. Juli und schließlich am 4. August 2013). Diese reagierte auf seine Anträge allerdings nicht.

5

3. Am 26. August 2013 wandte sich der Beschwerdeführer mit einem Antrag auf gerichtliche Entscheidung an das Landgericht Bochum. Er beantragte erstens Rechtsschutz gegen die geplante Verlegung und zweitens, die Justizvollzugsanstalt Bochum zur Fertigstellung des Lockerungsgutachtens zu verpflichten. Die Verlegung nach Werl sei ermessensfehlerhaft und überdies unvereinbar mit dem Resozialisierungsgebot. Er befinde sich seit acht Jahren in der Justizvollzugsanstalt Bochum und habe dort gute Kontakte zu anderen Gefangenen, dem Personal und dem Psychologischen Dienst. Überdies übe er eine Arbeit aus, die der höchsten Lohngruppe zugeordnet sei und mit der nahezu höchsten Leistungszulage vergütet werde. Auch sein ehrenamtlicher Betreuer werde im Falle einer Verlegung einen längeren Anfahrtsweg haben. Es verstoße zudem gegen sein Freiheitsrecht, dass die Justizvollzugsanstalt das Gutachten über die Gewährung von Vollzugslockerungen noch nicht gefertigt habe und es dafür keine nachvollziehbaren Gründe gebe.

6

4. Der Beschwerdeführer wurde am 13. September 2013 in die Justizvollzugsanstalt Werl verlegt.

7

5. Mit Schreiben vom 26. September 2013 nahm die Justizvollzugsanstalt Bochum zunächst allein zu der Verlegung Stellung. Zur Begründung führte sie aus, dass das Verhältnis zwischen dem Beschwerdeführer und dem Anstaltsarzt als nachhaltig gestört anzusehen sei und durch die Verlegung eine Basis für eine störungsfreie Behandlung geschaffen werden solle. Ein weiterer Aufenthalt in der Justizvollzugsanstalt Bochum erscheine aus Gründen der Förderung der Behandlung, zur Erreichung des Vollzugszieles sowie im Rahmen der Pflicht zur Gesundheitsfürsorge nicht mehr zuträglich.

8

6. Dem trat der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 9. Oktober 2013 entgegen. Die strikte Weigerung des Anstaltsarztes, sich an gutachterlichen und gerichtlichen Feststellungen zu orientieren, dürfe nicht dazu führen, dass ein Gefangener gegen seinen Willen verlegt werde. Außerdem sei das Verhältnis bereits seit seiner Verlegung in die Justizvollzugsanstalt Bochum im Jahr 2005 gestört gewesen, da der Anstaltsarzt bereits zu diesem Zeitpunkt eine angemessene Behandlung verweigert habe.

9

7. Zu der Fertigstellung des Gutachtens hieß es in einem weiteren Schreiben der Justizvollzugsanstalt Bochum vom 14. Oktober 2013, dass sich diese auf Grund von unbesetzten Stellen sowie Langzeiterkrankungen im Fachbereich des Psychologischen Dienstes erheblich verzögert habe. Zudem habe man die Fertigstellung des Gutachtens Anfang 2013 ausgesetzt, da befürchtet worden sei, dass der Beschwerdeführer auf Grund seines "subkulturellen Verhaltens" den Anforderungen an einen offenen Vollzug nicht genüge, denn er habe sich bei anderen Diabetikern unerlaubt Insulin beschafft. Diese eigenmächtige Beschaffung sei auch der Grund für die nachhaltige Störung des Arzt-Patienten-Verhältnisses und rechtfertige daher die Verlegung in die Justizvollzugsanstalt Werl. Das Gutachten werde aber trotz der Verlegung des Beschwerdeführers und des damit verbundenen Zuständigkeitswechsels nunmehr bevorzugt bearbeitet.

10

8. Mit Schreiben vom 17. Januar 2014 teilte die Justizvollzugsanstalt Bochum mit, dass das Lockerungsgutachten gefertigt und mit Schreiben vom selben Tag an die Justizvollzugsanstalt Werl übersandt worden sei. Der Beschwerdeführer erklärte daraufhin seinen Antrag auf Fertigstellung des Gutachtens mit Schreiben vom 30. Januar 2014 für erledigt und beantragte in einem weiteren Schreiben vom 6. Februar 2014, die "Justizvollzugsanstalt Bochum zu verpflichten, das gefertigte Lockerungsgutachten gegenüber den hinzuziehenden Institutionen zu vertreten, damit eine Neuauflage des Lockerungsgutachtens verhindert" werde. Mit einem Schreiben vom 27. Januar 2014 wies er zudem darauf hin, dass der Vortrag der Anstalt zur Begründung der erheblichen Verzögerung des Lockerungsgutachtens von dem Landgericht dahingehend zu überprüfen sei, ob diese Umstände eine derartige Verzögerung rechtfertigen könnten.

11

9. Mit Schreiben vom 4. März 2014 erwiderte die Justizvollzugsanstalt Bochum auf den Antrag des Beschwerdeführers. Die Zuständigkeit für die Entscheidung über die Gewährung von Lockerungen liege nach der Verlegung des Beschwerdeführers bei der Justizvollzugsanstalt Werl. Ob das von der Justizvollzugsanstalt Bochum gefertigte Gutachten in die Entscheidung über die Lockerungen miteinbezogen werde, sei nicht bekannt. Es sei aber verständlich, wenn die Justizvollzugsanstalt Werl die Entscheidung über Lockerungen nicht allein auf der Grundlage eines Gutachtens der Justizvollzugsanstalt Bochum treffen wolle, zumal die Anamnese und Tests aus dem Jahr 2012 stammten.

12

10. Mit angegriffenem Beschluss vom 7. April 2014 wies das Landgericht Bochum beide Anträge des Beschwerdeführers zurück. Der Antrag sei, soweit er die Verlegungsentscheidung angreife, unbegründet. Rechtsgrundlage für eine solche sei § 8 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 StVollzG. Danach könne ein Gefangener abweichend vom Vollstreckungsplan in eine andere für den Vollzug der Freiheitsstrafe zuständige Anstalt verlegt werden, wenn die Behandlung des Gefangenen hierdurch gefördert werde. Der Anstalt stehe bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzung ein Ermessen zu, der Beschwerdeführer habe lediglich einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung. Durch die Verlegung werde die Behandlung des Beschwerdeführers gefördert. Das Vertrauensverhältnis zwischen dem Anstaltsarzt der Justizvollzugsanstalt Bochum und dem Beschwerdeführer sei zerrüttet und es erscheine möglich, dass die ärztliche Versorgung des Beschwerdeführers durch ein vertrauensvolleres, unbelastetes Verhältnis zu einem anderen Arzt gebessert werde. Die Entscheidung sei zudem ermessensfehlerfrei ergangen. Insbesondere habe die Anstalt die besondere Situation des Beschwerdeführers im Hinblick auf sein bisheriges, beanstandungsfreies Vollzugs- und Arbeitsverhalten und die bestehenden sozialen Kontakte in der Justizvollzugsanstalt Bochum berücksichtigt, seiner gesundheitlichen Versorgung jedoch eine höhere Bedeutung beigemessen. Es bestehe zu Gunsten des Beschwerdeführers kein Vertrauensschutz, da die Anstalt dem Beschwerdeführer gegenüber nicht den Eindruck erweckt habe, er könne in der Justizvollzugsanstalt Bochum verbleiben.

13

Der Antrag im Hinblick auf die Vertretung des Lockerungsgutachtens durch die Justizvollzugsanstalt Bochum gegenüber anderen Institutionen sei unzulässig. Die begehrte Handlung weise keinen Regelungscharakter und keine Außenwirkung auf. Der Antrag sei überdies unbegründet, da keine Anspruchsgrundlage zu Gunsten des Beschwerdeführers existiere.

14

Im Hinblick auf den für erledigt erklärten Antrag zur Fertigstellung des Gutachtens wurden der Landeskasse die Kosten auferlegt. Die Anstalt habe dem Beschwerdeführer jedenfalls die Fertigstellung des Gutachtens auch im Falle der Verlegung zugesichert.

15

11. Gegen diesen Beschluss legte der Beschwerdeführer am 30. April 2014 Rechtsbeschwerde ein. Der kurzen Niederschrift der Geschäftsstelle war ein Schriftsatz des Beschwerdeführers beigefügt. In diesem schilderte er zunächst den Sachverhalt und den Inhalt der vielen Schreiben im Vorfeld des angegriffenen Beschlusses des Landgerichts. Sodann beanstandete er insbesondere, dass seine Argumente gegen eine Verlegung vom Gericht nicht aufgegriffen worden seien.

16

12. Mit angegriffenem Beschluss vom 18. Juni 2014 verwarf das Oberlandesgericht Hamm die Rechtsbeschwerde als unzulässig, da es nicht geboten sei, die Nachprüfung des angefochtenen Beschlusses zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen. Der Senat merkte an, dass man daran zweifeln könne, ob eine Verlegung nach § 8 StVollzG mit einer Zerrüttung des Arzt-Patienten-Verhältnisses begründet werden könne, wenn eine Fehlbehandlung des Arztes im Raum stehe. Jedoch habe das Landgericht die tatbestandlichen Voraussetzungen zutreffend erkannt und lediglich im Einzelfall die Ermessenfehlerfreiheit gegebenenfalls falsch beurteilt. Soweit der Beschwerdeführer die Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs erhebe, sei auch dahingehend eine Zulassung nicht geboten. Die Entscheidung des Landgerichts mache an mehreren Stellen deutlich, dass sie den Vortrag des Beschwerdeführers zur Kenntnis genommen habe.

II.

17

Mit seiner rechtzeitig erhobenen Verfassungsbeschwerde vom 30. Juni 2014 macht der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Grundrechte und grundrechtsgleichen Rechte aus Art. 1, Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1, Art. 2, Art. 19 Abs. 4, Art. 20 Abs. 3, Art. 103 und schließlich Art. 104 GG geltend.

18

1. Er trägt vor, aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ergebe sich, dass die Verlegung in eine andere Justizvollzugsanstalt in sein Grundrecht aus Art. 2 GG beziehungsweise in Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 GG eingreife. Die Verlegung sei für ihn wegen der verlorenen sozialen Kontakte, der Kontakte zu den Fachdiensten und des verlorenen, gut vergüteten Arbeitsplatzes besonders schwerwiegend. In der Justizvollzugsanstalt Werl sei ihm nie ein Arbeitsplatz angeboten worden, er verfüge nunmehr allein über das Taschengeld. Zudem habe er seinen Anspruch auf Arbeitslosengeld I durch den Wegfall des Arbeitsplatzes verloren. Jedenfalls dürfe die Weigerung des Anstaltsarztes, ihm eine ausreichende medizinische Versorgung zu gewährleisten, nicht dazu führen, dass er gegen seinen Willen verlegt werde. Durch die Anstalt sei niemals auf den Anstaltsarzt eingewirkt worden. Im Hinblick auf das Lockerungsgutachten wies er darauf hin, dass der Behandlungsbericht aus dem Jahr 2010 die Möglichkeit eröffnet habe, Lockerungen zu gewähren, durch die verzögerte Fertigstellung des Anstaltsgutachtens sei dies aber unterblieben.

19

2. Mit Schreiben vom 5. April 2015 teilt der Beschwerdeführer mit, dass er am 23. März 2015 wieder in die Justizvollzugsanstalt Bochum zurückverlegt worden sei und dort die Medikamente erhalte, die ihm auf Grund des Beschlusses des Landgerichts Bochum vom 30. Juli 2013 verabreicht werden sollten. Das Rechtsschutzbedürfnis sei aber nicht entfallen, da er für anderthalb Jahre seinen Arbeitsplatz verloren habe und seine Vollzugslockerungen sich erheblich verzögert hätten.

20

3. Das Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen hat von einer Stellungnahme abgesehen.

21

4. Die Akten des fachgerichtlichen Verfahrens haben der Kammer vorgelegen.

III.

22

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zur Entscheidung an, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung (§ 93c Abs. 1 BVerfGG) liegen im Hinblick auf die Entscheidung über die Verlegung vor. Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Grundsätze sind in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt. Nach diesen Grundsätzen ist die Verfassungsbeschwerde in einem die Zuständigkeit der Kammer begründenden Sinn offensichtlich begründet.

23

1. Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig. Der Zulässigkeit steht im Hinblick auf die Verlegung nicht entgegen, dass der Beschwerdeführer nach Erhebung der Verfassungsbeschwerde wieder in die Justizvollzugsanstalt Bochum zurückverlegt wurde. Das Bundesverfassungsgericht hat im Falle der Erledigung des mit der Verfassungsbeschwerde verfolgten Begehrens die entscheidenden Kriterien für das Fortbestehen eines Rechtsschutzbedürfnisses darin gesehen, dass entweder die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage von grundsätzlicher Bedeutung andernfalls unterbliebe und der gerügte Grundrechtseingriff besonders belastend erscheint, eine Wiederholung der angegriffenen Maßnahme zu besorgen ist oder die aufgehobene oder gegenstandslos gewordene Maßnahme den Beschwerdeführer noch weiterhin beeinträchtigt (vgl. BVerfGE 81, 138 <140> unter Verweis auf BVerfGE 33, 247 <257 f.>; 69, 161 <168>). Das Bundesverfassungsgericht ist in Fällen besonders tiefgreifender und folgenschwerer Grundrechtsverstöße vom Fortbestehendes Rechtsschutzbedürfnisses auch dann ausgegangen, wenn die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene nach dem regelmäßigen Geschäftsgang eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts kaum erlangen konnte (BVerfGE 81, 138 <140 f.>). Der Grundrechtsschutz des Beschwerdeführers würde sonst in unzumutbarer Weise verkürzt (BVerfGE 81, 138 <141> unter Verweis auf BVerfGE 34, 165 <180>; 41, 29 <43>; 49, 24 <51 f.>). Der Umstand, dass die Fachgerichte und das Bundesverfassungsgericht oft außer Stande sind, schwierige Fragen in kurzer Zeit zu entscheiden, darf nicht dazu führen, dass eine Verfassungsbeschwerde allein wegen des vom Beschwerdeführer nicht zu vertretenden Zeitablaufs als unzulässig verworfen wird (BVerfGE 81, 138 <141> unter Verweis auf BVerfGE 74, 163 <172 f.>; 76, 1 <38 f.>). Hier besteht das Rechtsschutzbedürfnis jedenfalls auf Grund des in Rede stehenden tiefgreifenden und folgenschweren Grundrechtsverstoßes fort. Durch die Verlegung wurde das verfassungsrechtliche Resozialisierungsgebot in besonders erheblicher Weise berührt, da der Beschwerdeführer dadurch seine Kontakte in der Anstalt und seinen Arbeitsplatz für einen Zeitraum von anderthalb Jahren verlor. Zudem wurde die Entscheidung über Vollzugslockerungen offensichtlich wesentlich verzögert und erschwert.

24

2. Die Verfassungsbeschwerde ist im Hinblick auf die Verlegungsentscheidung teilweise begründet.

25

a) Zwar verletzen die angegriffenen Beschlüsse des Landgerichts und des Oberlandesgerichts, soweit sie die Vertretung des Lockerungsgutachtens gegenüber der Justizvollzugsanstalt Werl betreffen, den Beschwerdeführer nicht in seinem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG. Zu Recht hat das Landgericht das Vorliegen einer Maßnahme im Sinne des § 109 StVollzG verneint und das Oberlandesgericht die dagegen gerichtete Rechtsbeschwerde als unzulässig verworfen. Die Verfassungsbeschwerde ist insoweit unbegründet und nicht zur Entscheidung anzunehmen.

26

b) Der angegriffene Beschluss des Landgerichts verletzt den Beschwerdeführer aber in seinen Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 GG sowie Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG, soweit er den Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen die Verlegung des Beschwerdeführers als unbegründet zurückweist.

27

aa) Wird ein Strafgefangener gegen seinen Willen in eine andere Justizvollzugsanstalt verlegt, greift dies in sein Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG ein (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1857/14, 2 BvR 22 BvR 2810/14 -, juris, Rn. 28 unter Verweis auf BVerfGK 6, 260 <264>; 8, 307 <309>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 26. August 2008 - 2 BvR 679/07 -, juris, Rn. 20; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 23. Oktober 2013 - 2 BvQ 42/13 -, juris, Rn. 6). Die Verlegung kann für den Gefangenen mit schwerwiegenden Beeinträchtigungen verbunden sein (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1857/14, 2 BvR 22 BvR 2810/14 -, juris, Rn. 28). Insoweit ist insbesondere in den Blick zu nehmen, dass sämtliche in der Justizvollzugsanstalt entwickelten sozialen Beziehungen praktisch abgebrochen werden und der schwierige Aufbau eines persönlichen Lebensumfelds in einer anderen Anstalt von neuem begonnen werden muss (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1857/14, 2 BvR 22 BvR 2810/14 -, juris, Rn. 28 unter Verweis auf BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 28. Februar 1993 - 2 BvR 196/92 -, juris, Rn. 11). Darüber hinaus kann eine Verlegung - nicht nur aus den genannten Gründen - auch die Resozialisierung des Strafgefangenen beeinträchtigen und somit dessen durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG vermittelten Anspruch auf einen Strafvollzug, der auf das Ziel der Resozialisierung ausgerichtet ist, berühren (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1857/14, 2 BvR 22 BvR 2810/14 -, juris, Rn. 28 unter Verweis auf BVerfGK 6, 260 <264>; 8, 307 <309>). Verlegungen, die nicht ihrerseits durch Resozialisierungsgründe bestimmt sind, bedürfen daher einer Rechtfertigung (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1857/14, 2 BvR 22 BvR 2810/14 -, beck, Rn. 28). Eine zusätzliche erhebliche Beeinträchtigung ergibt sich, wenn der Wechsel der Anstalt mit dem Verlust einer Arbeitsmöglichkeit verbunden ist (BVerfGK 6, 260 <264>).

28

bb) Vor diesem Hintergrund bestehen gegen den Beschluss des Landgerichts durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken. Art. 2 Abs. 1 GG sowie Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG verbieten eine Verlegung eines Strafgefangenen mit der Begründung, das Verhältnis zwischen diesem und dem Anstaltsarzt sei zerrüttet, wenn zuvor gerichtlich festgestellt wurde, dass der Anstaltsarzt den Strafgefangenen über Jahre hinweg in einer Weise medizinisch behandelte, die nicht den Regeln ärztlicher Kunst entsprach.

29

(1) Das Bundesverfassungsgericht hat bereits deutlich gemacht, dass die Verlegung eines Gefangenen nur im Falle des Vorliegens besonderer Umstände in Betracht kommt, wenn ein Fehlverhalten Dritter zur Begründung der Entscheidung herangezogen wird (BVerfGK 8, 307 <311>). Zudem muss in einer solchen Konstellation zunächst auf denjenigen, der die Regel bricht, eingewirkt werden, diesen Verstoß zu unterlassen, bevor derjenige, der von diesem regelwidrigen Verhalten betroffen ist, mit einer Verlegung belastet wird (vgl. BVerfGK 6, 260 <265 f.>).

30

(2) Das Landgericht erachtete § 8 Abs. 1 Nr. 1 StVollzG als taugliche Eingriffsgrundlage für die Entscheidung über die Verlegung des Beschwerdeführers. Diese Norm lässt eine Verlegung zu, wenn die Behandlung des Gefangenen dadurch gefördert wird. Ungeachtet der einfach-gesetzlichen Fragen, ob § 65 Abs. 1 Alt. 2 StVollzG, wonach ein kranker Gefangener in eine für die Behandlung seiner Krankheit besser geeignete Vollzugsanstalt verlegt werden kann, eine abschließende Spezialregelung zur Verlegung eines kranken Gefangenen enthält und die Auslegung des Begriffs "Behandlung" in § 8 Abs. 1 Nr. 1 StVollzG auch die medizinische Behandlung erfasst, muss bei der Ausübung des Ermessens, das der Justizvollzugsanstalt durch § 8 Abs. 1 Nr. 1 StVollzG eröffnet wird, jedenfalls der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet werden (vgl. zum Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Kontext von Entscheidungen über die Verlegung von Strafgefangenen BVerfGK 6, 260 <265 f.>; 8, 307 <311 f.>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 4. Februar 2009 - 2 BvR 1533/08 -, juris, Rn. 10). Die Auslegung und Anwendung von § 8 Abs. 1 Nr. 1 StVollzG durch das Landgericht stellt sich als unverhältnismäßig dar. Es wäre in dieser besonderen Sachverhaltskonstellation durch die Strafvollstreckungskammer insbesondere festzustellen gewesen, ob die unzureichende medizinische Behandlung des Beschwerdeführers nicht durch eine geeignete Einwirkung der Anstaltsleitung auf den Anstaltsarzt als milderes Mittel hätte unterbunden werden können (vgl. BVerfGK 6, 260 <265 f.>; 8, 307 <311>). Bei der Entscheidung über die Verlegung des Beschwerdeführers galt es insbesondere zu beachten, dass die schwerwiegende Falschbehandlung allein in die Verantwortungssphäre des Anstaltsarztes fiel. Es ist unvereinbar mit den Grundsätzen rechtsstaatlicher Zurechnung, wenn das rechtswidrige Verhalten des Anstaltsarztes, der den Beschwerdeführer entgegen den Vorgaben des landgerichtlichen Beschlusses nicht fachgerecht behandelt hat, nicht diesem zugerechnet und nach Möglichkeit durch ihm gegenüber zu ergreifende Maßnahmen abgewehrt wird, sondern ein Dritter - der Beschwerdeführer - zum Objekt eingreifender Maßnahmen gemacht wird (vgl. BVerfGK 8, 307 <311> m.w.N.). Rechtsstaatliche Zurechnung muss darauf ausgerichtet sein, nicht rechtswidriges, sondern rechtmäßiges Verhalten zu begünstigen (BVerfGK 8, 307 <311> unter Verweis auf BVerfGE 116, 24 <49 f.>). Dem läuft es grundsätzlich zuwider, wenn, wie im vorliegenden Fall, Maßnahmen zur Abwehr drohenden rechtswidrigen Verhaltens nicht vorrangig gegen den Störer, sondern ohne Weiteres - und schwerwiegend in Grundrechte eingreifend - gegen den von solchem rechtswidrigen Verhalten potentiell Betroffenen ergriffen werden (BVerfGK 8, 307 <311>).

31

(3) Ferner hat das Gericht bei der Überprüfung der Entscheidung über die Verlegung außer Acht gelassen, dass durch den so begründeten Zuständigkeitswechsel von der Justizvollzugsanstalt Bochum auf die Justizvollzugsanstalt Werl die bereits seit dem Jahr 2012 im Raum stehende Gewährung von Vollzugslockerungen zu Gunsten des Beschwerdeführers wesentlich erschwert wurde und es somit zu einer weiteren Beeinträchtigung der Grundrechte des Beschwerdeführers kam.

32

c) Der angegriffene Beschluss des Oberlandesgerichts verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG, soweit er die Rechtsbeschwerde gegen seine Verlegung als unzulässig verwirft.

33

aa) Art. 19 Abs. 4 GG enthält ein Grundrecht auf effektiven und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1206/13 -, juris, Rn. 19 unter Verweis auf BVerfGE 67, 43 <58>; stRspr). Die in Art. 19 Abs. 4 GG verbürgte Effektivität des Rechtsschutzes wird in erster Linie von den Prozessordnungen gesichert (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1206/13 -, juris, Rn. 19). Sie treffen Vorkehrungen dafür, dass der Einzelne seine Rechte auch tatsächlich wirksam durchsetzen kann und die Folgen staatlicher Eingriffe im Regelfall nicht ohne fachgerichtliche Prüfung zu tragen hat (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1206/13 -, juris, Rn. 19 unter Verweis auf BVerfGE 94, 166 <213>). Dabei fordert Art. 19 Abs. 4 GG zwar keinen Instanzenzug (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1206/13 -, juris, Rn. 19 unter Verweis auf BVerfGE 87, 48 <61>; 92, 365 <410>; stRspr). Eröffnet das Prozessrecht aber eine weitere Instanz, so gewährleistet Art. 19 Abs. 4 GG dem Bürger in diesem Rahmen die Effektivität des Rechtsschutzes im Sinne eines Anspruchs auf eine wirksame gerichtliche Kontrolle (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1206/13 -, juris, Rn. 19 unter Verweis auf BVerfGE 40, 272 <274 f.>; 54, 94 <96 f.>). Das Rechtsmittelgericht darf ein von der jeweiligen Rechtsordnung eröffnetes Rechtsmittel daher nicht ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer "leerlaufen" lassen (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1206/13 -, juris, Rn. 19 unter Verweis auf BVerfGE 78, 88 <99>).

34

bb) Gegen gerichtliche Entscheidungen der Strafvollstreckungskammern ist gemäß § 116 Abs. 1 StVollzG die Rechtsbeschwerde zulässig, wenn es geboten ist, die Nachprüfung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen. Zwar ist anerkannt, dass es auch in Fällen, in denen die Strafvollstreckungskammer ihre Entscheidung ausdrücklich oder implizit auf eine unzutreffende oder von der Rechtsprechung anderer Gerichte abweichende Rechtsauffassung gestützt hat, an der Erforderlichkeit der Nachprüfung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung fehlen kann, weil nicht zu erwarten ist, dass der Rechtsfehler in weiteren Fällen Bedeutung erlangen wird, weil also keine Wiederholungsgefahr besteht (BVerfGK 13, 438 <441> m.w.N.). Die Zulässigkeit einer Rechtsbeschwerde kann danach insbesondere dann verneint werden, wenn die Strafvollstreckungskammer ihren Rechtsfehler nachträglich erkannt und dies aktenkundig gemacht oder wenn das Oberlandesgericht in anderer Sache zu der Rechtsfrage Stellung genommen und sie anders beantwortet hat als die Strafvollstreckungskammer, diese das aber bei der Entscheidung noch nicht wissen konnte (BVerfGK 13, 438 <441> m.w.N.; vgl. ferner BVerfGK 17, 420 <428>; Bachmann, in: Laubenthal/Nestler/Neubacher/Verrel , StVollzG, 12. Auflage 2015, Abschnitt P, § 116 Rn. 93). Die Annahme, die Strafvollstreckungskammer werde einen bestimmten Fehler nicht wiederholen, setzt vor dem Hintergrund des Art. 19 Abs. 4 GG allerdings voraus, dass tatsächliche Umstände eine solche Prognose rechtfertigen. Könnte bei im Übrigen erfüllten Zulässigkeitsvoraussetzungen die Erforderlichkeit obergerichtlicher Nachprüfung allein mit dem Ausspruch der Erwartung verneint werden, das Ausgangsgericht werde einen festgestellten Rechtsfehler künftig vermeiden, so wäre für den Rechtsschutzsuchenden nicht mehr erkennbar, in welchen Fällen er überhaupt noch mit einer Behandlung seiner Rechtsbeschwerde als zulässig rechnen dürfte (BVerfGK 13, 438 <442>).

35

cc) Demnach durfte das Oberlandesgericht die Rechtsbeschwerde jedenfalls nicht ohne Weiteres mit der Begründung verwerfen, die Strafvollstreckungskammer habe die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 8 StVollzG zutreffend erkannt und lediglich im Einzelfall die Ermessensfehlerfreiheit unter Umständen falsch beurteilt. Das Oberlandesgericht hat Anhaltspunkte dafür, dass es sich allenfalls um einen Fehler im Einzelfall gehandelt hat, gerade nicht benannt. Mit einer solchen bloßen Vermutung kann die Verwerfung der Rechtsbeschwerde aber nicht ohne Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG begründet werden, denn damit würden die gesetzlichen Zulassungsgründe in einer Weise ausgelegt und angewendet, die jede Vorhersehbarkeit zunichtemachen würde und die Möglichkeit der Rechtsbeschwerde im Ergebnis leerlaufen ließe (vgl. BVerfGK 13, 438 <441 f.>).

36

d) Ob durch die angegriffenen Entscheidungen weitere Grundrechte des Beschwerdeführers verletzt worden sind, kann angesichts der dargelegten Verstöße offenbleiben.

IV.

37

Im Umfang der festgestellten Grundrechtsverletzungen, auf denen die Beschlüsse beruhen, werden der Beschluss des Landgerichts Bochum vom 7. April 2014 und der Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 18. Juni 2014 aufgehoben; die Sache wird an das Landgericht Bochum zurückverwiesen (§ 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2, § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG).

V.

38

Dem Beschwerdeführer sind, da er sein Rechtsschutzziel im Wesentlichen erreicht hat, gemäß § 34a Abs. 2 und Abs. 3 BVerfGG die notwendigen Auslagen für das Verfahren der Verfassungsbeschwerde zu erstatten (vgl. BVerfGE 32, 1 <39>; 79, 372 <378>; 86, 90 <122>; 104, 220 <238>; 114, 1 <72>).

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Tenor

1. Der Beschluss des Landgerichts Berlin vom 18. Januar 2016 - 534 Qs 4/16 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Grundgesetzes, soweit das Landgericht die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Amtsgerichts Tiergarten vom 23. Februar 2015 - 254 Ds 21/15 - als unzulässig verworfen hat. Der Beschluss wird insoweit aufgehoben und die Sache an das Landgericht Berlin zurückverwiesen.

2. Das Land Berlin hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerdeverfahren zu erstatten.

3. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 25.000 € (in Worten: fünfundzwanzigtausend Euro) festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die gerichtliche Gewährung von Einsicht in die Akten eines gegen ihn geführten Strafverfahrens an die Bevollmächtigte der Nebenklägerin sowie gegen die Verwerfung seiner hiergegen gerichteten Beschwerde durch das Landgericht.

2

Im April 2014 erstattete die Bevollmächtigte der - damals sechzehnjährigen - leiblichen Tochter des Beschwerdeführers (und späteren Nebenklägerin) Strafanzeige gegen den Beschwerdeführer wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen (§ 174 StGB) zu deren Nachteil. Zugleich ließ diese unter Berufung auf ihre Nebenklageberechtigung die Gewährung von Akteneinsicht beantragen, die die Staatsanwaltschaft mit Verfügung vom 24. September 2014 ohne Anhörung des Beschwerdeführers gewährte.

3

Nach Eingang einer umfangreichen Stellungnahme des Verteidigers des Beschwerdeführers, in der dieser dessen persönliche Entwicklung seit seinem 7. Lebensjahr - einschließlich von Einzelheiten zu seiner Beziehung zur Kindsmutter - darlegte und er seine Sicht der ihm vorgeworfenen Geschehnisse schilderte, erhob die Staatsanwaltschaft im Januar 2015 Anklage wegen des Vorwurfs des sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in zwei Fällen.

4

1. Mit nicht begründetem Beschluss vom 23. Februar 2015 gewährte das Amtsgericht der Bevollmächtigten der Nebenklägerin auf deren Antrag hin ergänzende Akteneinsicht, wovon diese telefonisch in Kenntnis gesetzt wurde.

5

Mit Schreiben vom 13. März 2015 beantragte der Verteidiger des Beschwerdeführers, die Eröffnung des Hauptverfahrens abzulehnen und etwaige Anträge der Nebenklägerin auf Gewährung von Akteneinsicht abzulehnen, da die Gewährung von Akteneinsicht an die Nebenklägerin in einer "Aussage gegen Aussage"-Konstellation den Untersuchungszweck gefährde. Erst bei erneuter Einsichtnahme in die Verfahrensakte am 20. Mai 2015 erhielt der Verteidiger des Beschwerdeführers von den Schriftsätzen der Nebenklagevertreterin und der Gewährung von Akteneinsicht durch die Staatsanwaltschaft beziehungsweise den Strafrichter Kenntnis.

6

Mit - nicht rechtskräftigem - Urteil des Amtsgerichts vom 2. Juli 2015 wurde der Beschwerdeführer wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in zwei Fällen zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.

7

Am 18. September 2015 erhob der Verteidiger des Beschwerdeführers Beschwerde gegen die Gewährung von Akteneinsicht an die Nebenklagevertreterin durch die Staatsanwaltschaft sowie durch das Amtsgericht.

8

2. Mit Beschluss vom 18. Januar 2016 verwarf das Landgericht die Beschwerde als unzulässig. Soweit die Beschwerde gegen die Gewährung von Akteneinsicht durch die Staatsanwaltschaft gerichtet sei, sei sie unzulässig, weil der Beschwerdeführer den zunächst erforderlichen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen die Gewährung von Akteneinsicht durch die Staatsanwaltschaft (§ 406e Abs. 4 Satz 2 StPO) nicht gestellt habe. Soweit die Beschwerde sich gegen die Gewährung von Akteneinsicht durch das Amtsgericht richte, sei sie prozessual überholt, da die Gewährung von Akteneinsicht nicht ungeschehen gemacht werden könne und ein "tiefgreifender Grundrechtseingriff", der - wie bei Wohnungsdurchsuchungen, Eingriffen in die körperliche Unversehrtheit oder die persönliche Freiheit - einen Fortsetzungsfeststellungsanspruch begründen könne, bei der nach § 406e Abs. 1 StPO in der Regel gebotenen Gewährung von Akteneinsicht an die Nebenklage offensichtlich nicht gegeben sei.

9

Am 19. Februar 2016 hat der Beschwerdeführer Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 23. Februar 2015 (254 Ds 21/15) und den Beschluss des Landgerichts vom 18. Januar 2016 (254 Qs 4/16) - gegen letzteren nur insoweit, als dieser die Gewährung von Akteneinsicht durch das Amtsgericht betrifft - erhoben. Er rügt die Verletzung seiner Grundrechte auf Informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG), rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) sowie des Gleichheitssatzes durch das Amtsgericht sowie seiner Grundrechte auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) und auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) durch die landgerichtliche Entscheidung im Beschwerdeverfahren.

II.

10

Das Land Berlin hatte Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Akten des Ausgangsverfahrens wurden beigezogen.

III.

11

Die Verfassungsbeschwerde wird zur Entscheidung angenommen, weil dies zur Durchsetzung der Rechte des Beschwerdeführers angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist in dem im Tenor bezeichneten Umfang offensichtlich begründet. Die für die Beurteilung maßgeblichen Fragen hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG).

12

1. Die Entscheidung des Landgerichts vom 18. Januar 2016, mit der dieses die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen die Entscheidung des Amtsgerichts vom 23. Februar 2015, dem Akteneinsichtsgesuch der Nebenklägerin zu entsprechen, wegen prozessualer Überholung als unzulässig zurückgewiesen hat, verletzt den Beschwerdeführer in seinem Recht auf Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG).

13

a) Art. 19 Abs. 4 GG enthält ein Grundrecht auf effektiven und möglichst lückenlosen gerichtlichen Schutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (vgl. BVerfGE 8, 274 <326>; 67, 43 <58>; 104, 220 <231>; 129, 1 <20>; BVerfGE 138, 33 <39 Rn. 17>; stRspr). Als öffentliche Gewalt im Sinne des Art. 19 Abs. 4 GG werden auch die Gerichte eingeordnet, wenn sie außerhalb ihrer spruchrichterlichen Tätigkeit aufgrund eines ausdrücklich normierten Richtervorbehalts tätig werden (vgl. BVerfGE 96, 27 <39 ff.>; 104, 220 <231 ff.>; 107, 395 <406>). Auch außerhalb des unmittelbaren Anwendungsbereichs des Art. 19 Abs. 4 GG sichert der allgemeine Justizgewährleistungsanspruch den Zugang zu Gerichten, die Prüfung des Streitbegehrens in einem förmlichen Verfahren sowie die verbindliche gerichtliche Entscheidung (BVerfGE 108, 341<347 f.>). Der Bürger hat einen Anspruch auf eine möglichst wirksame gerichtliche Kontrolle in allen ihm von der Prozessordnung zur Verfügung gestellten Instanzen (vgl. BVerfGE 40, 272 <275>; 113, 273 <310>; 129, 1 <20>). Das Rechtsmittelgericht darf ein in der jeweiligen Rechtsordnung eröffnetes Rechtsmittel daher nicht ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer "leer laufen" lassen (vgl. BVerfGE 96, 27 <39>; 104, 220 <232>; 117, 244 <268>). Im Zweifel verdient diejenige Interpretation eines Gesetzes den Vorzug, die Rechtsuchenden den Zugang zu den Gerichten eröffnet (vgl. BVerfGE 15, 275 <281 f.>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 3. März 2014 - 1 BvR 3606/13 -, NVwZ 2014, S. 785 <786>; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 16. Juli 2015 - 1 BvR 625/15 -, juris, Rn. 15 f.).

14

b) Mit dem Gebot, effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten, ist es zwar grundsätzlich vereinbar, wenn die Gerichte ein Rechtsschutzinteresse nur so lange als gegeben ansehen, wie ein gerichtliches Verfahren dazu dienen kann, eine gegenwärtige Beschwer auszuräumen, einer Wiederholungsgefahr zu begegnen oder eine fortwirkende Beeinträchtigung durch einen an sich beendeten Eingriff zu beseitigen. Darüber hinaus ist ein Rechtsschutzinteresse aber auch in Fällen tief greifender Grundrechtseingriffe gegeben, in denen die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene die gerichtliche Entscheidung in der von der Prozessordnung gegebenen Instanz kaum erlangen kann. Effektiver Grundrechtsschutz gebietet es in diesen Fällen, dass der Betroffene Gelegenheit erhält, die Berechtigung des schwerwiegenden - wenn auch tatsächlich nicht mehr fortwirkenden - Grundrechtseingriffs gerichtlich klären zu lassen. Das Bundesverfassungsgericht geht dementsprechend in solchen Fällen auch bei der Verfassungsbeschwerde in ständiger Rechtsprechung vom Fortbestand eines Rechtsschutzinteresses aus (vgl. BVerfGE 96, 27 <39 f.>; 104, 220 <232 ff.>; 110, 77 <85 f.>; 117, 71 <122 f.>; 117, 244 <268>).

15

c) Gemessen daran hat das Landgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf effektiven Rechtsschutz verletzt, indem es seine Beschwerde als unzulässig verworfen hat. Das Landgericht hat zwar nicht verkannt, dass ein Rechtsschutzbedürfnis hinsichtlich der gerichtlichen Überprüfung einer hoheitlichen Maßnahme in Ansehung ihrer prozessualer Überholung fortbestehen kann, wenn die als rechtswidrig beanstandete Maßnahme einen schwerwiegenden Grundrechtseingriff darstellt. Es hat im Ausgangspunkt auch zu Recht darauf abgestellt, dass die Gewährung von Akteneinsicht in die Ermittlungsakten an eine Nebenklägerin - ungeachtet ihres Bezuges zum Recht auf informationelle Selbstbestimmung beziehungsweise zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Beschwerdeführers - nicht ohne Weiteres einen Grundrechtseingriff darstellt, der aus sich heraus unabhängig von den Umständen des Einzelfalls eine mit Eingriffen in die Unverletzlichkeit der Wohnung, in die körperliche Unversehrtheit oder in die persönliche Freiheit des Betroffenen vergleichbare Intensität aufweist (vgl. zum Fortbestehen eines Feststellungsinteresses in diesen Fällen BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 16. Juli 2015 - 1 BvR 625/15 -, juris, Rn. 17 m.w.N.). Ob die in vorliegendem Fall erfolgte Gewährung von Akteneinsicht bezogen auf diesen Einzelfall einen schwerwiegenden Grundrechtseingriff darstellt, hat das Landgericht jedoch nicht hinreichend geprüft. Es hat insbesondere den von der Akteneinsicht konkret betroffenen Akteninhalt, der unter anderem Einlassungen des Angeklagten, die neben dem ihm vorgeworfenen Tatgeschehen auch Einzelheiten seiner Beziehung zur Kindsmutter betreffen, nicht gewürdigt. Es hat darüber hinaus nicht hinreichend berücksichtigt, dass das Amtsgericht - wie zuvor auch schon die Staatsanwaltschaft vor Gewährung der erstmaligen Akteneinsicht im September 2014 - die Entscheidung über die Gewährung von Akteneinsicht an die Nebenklägerin ohne Anhörung des Beschwerdeführers getroffen hatte und sich die Maßnahme unmittelbar im Zusammenhang mit der tatsächlichen Gewährung von Akteneinsicht erledigte, so dass der Beschwerdeführer die von ihm substantiiert erhobenen Einwendungen gegen die Gewährung von Akteneinsicht an die Nebenklägerin letztlich weder im Vorfeld der Maßnahme noch - nach erstmaliger Kenntniserlangung von der bereits erfolgten Gewährung von Akteneinsicht im Mai 2015 - in dem der Gewährung von Akteneinsicht nachfolgenden Beschwerdeverfahren geltend machen konnte. Dieser Umstand kann bei der Bewertung der Intensität des Grundrechtseingriffs im Einzelfall, die auch von den Möglichkeiten des hiergegen gegebenen Rechtsschutzes abhängen kann (BVerfGE 133, 277 <366> Rn. 207) und durch eine ohne Kenntnis des Betroffenen erfolge Durchführung des Eingriffs regelmäßig vertieft wird (vgl. BVerfGE 120, 378 <402 f.>), jedoch nicht außer Betracht bleiben (vgl. LG Stralsund, Beschluss vom 10. Januar 2005 - 22 Qs 475/04 -, juris, Rn. 3 [zu § 406e StPO]; LG Dresden, Beschluss vom 6. Oktober 2005 - 3 AR 8/05 - StV 2006, S. 11 f. [zu § 475 StPO]).

16

Die Entscheidung des Landgerichts, die Beschwerde wegen prozessualer Überholung als unzulässig zu verwerfen, verletzt den Beschwerdeführer daher in seinem Anspruch auf effektiven Rechtsschutz. Der mit der Verfassungsbeschwerde unmittelbar angegriffene Beschluss des Landgerichts war deshalb aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht zu verweisen.

17

2. Soweit die Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts gerichtet ist, bedarf es keiner Entscheidung der Kammer, weil infolge der Aufhebung des angegriffenen Beschlusses des Landgerichts der Rechtsweg vor den Fachgerichten wieder eröffnet ist (vgl. BVerfGE 129, 1 <37>; 134, 106 <121>). Dieses wird daher zu berücksichtigen haben, dass die Gewährung von Akteneinsicht im Strafverfahren an Dritte regelmäßig die vorherige Anhörung des Beschuldigten erfordert (vgl. dazu BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 30. Oktober 2016 - 1 BvR 1766/14 -, juris, Rn. 5; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 26. Oktober 2006 - 2 BvR 67/06 -, NJW 2007, S. 1052; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 15. April 2005 - 2 BvR 465/05 -, juris, Rn. 12). Zugleich wird es gegebenenfalls zu prüfen haben, ob und inwieweit die Gewährung von Akteneinsicht an die Nebenklageberechtigte als einzige Tatzeugin eine Gefährdung des Untersuchungszwecks darstellt, die nach § 406e Abs. 2 Satz 2 StPO die Versagung der begehrten Akteneinsicht rechtfertigen oder gebieten kann.

IV.

18

Die Auslagenentscheidung folgt aus § 34a Abs. 2 BVerfGG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 37 Abs. 2, § 14 Abs. 1 RVG.

Tenor

1. Der Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 28. Dezember 2011 - 9 VA 9/10 - verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Grundgesetzes sowie in ihrem Grundrecht auf rechtliches Gehör aus Artikel 103 Absatz 1 des Grundgesetzes. Der Beschluss wird aufgehoben und die Sache an das Oberlandesgericht München zurückverwiesen.

2. Der Freistaat Bayern hat der Beschwerdeführerin ihre notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerdeverfahren zu erstatten.

3. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 25.000 € (in Worten: fünfundzwanzigtausend Euro) festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen eine Entscheidung des Oberlandesgerichts in einem Rechtsstreit über die Rechtmäßigkeit der Versendung von Verfahrensakten durch den Vorsitzenden eines Familiensenats des Oberlandesgerichts. Sie rügt die Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4 und Art. 103 Abs. 1 GG, da das Oberlandesgericht das Vorliegen eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses verkannt und ihre hierzu vorgetragenen Argumente nicht zur Kenntnis genommen habe.

2

1. a) Seit dem Jahr 2008 war die Beschwerdeführerin in einen über mehrere Instanzen geführten Rechtsstreit um das Sorgerecht für ihre Tochter verstrickt. Im Rahmen dieses Rechtsstreits hatte das Amtsgericht A. ein Sachverständigengutachten über ihre Erziehungsfähigkeit eingeholt. Da die Beschwerdeführerin die Ansicht vertrat, dass eine Auskunftsperson in diesem Zusammenhang ehrenrührige und vorsätzlich falsche Tatsachenbehauptungen aufgestellt habe, nahm sie diese vor dem Amtsgericht K. auf Widerruf und Unterlassung der gegenüber dem Gutachter getätigten Behauptungen in Anspruch. Im August 2010 ordnete das Amtsgericht K. nach Anhörung der Beschwerdeführerin und entgegen ihrem Widerspruch die Beiziehung der Akten des mittlerweile vor dem Oberlandesgericht anhängigen Sorgerechtsverfahrens an. Diese sei erforderlich, um den Kontext der Äußerungen, der entscheidungserheblich sein könnte, festzustellen. Nach Angaben der Beschwerdeführerin enthält die Akte neben psychiatrischen Gutachten unter anderem Angaben zu einer von der Beschwerdeführerin erlittenen Vergewaltigung sowie zu Anschuldigungen des Jugendamts gegen die Beschwerdeführerin.

3

b) Der Vorsitzende des 4. Familiensenats des Oberlandesgerichts München veranlasste daraufhin mit Verfügung vom 18. August 2010 die Übersendung der Akten an das Amtsgericht K. Hierzu sei das Oberlandesgericht verpflichtet; Rechtsgrundlage seien Art. 35 Abs. 1 GG und §§ 156 ff. GVG.

4

c) Mit Antrag vom 3. September 2010 stellte die Beschwerdeführerin Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß §§ 23 ff. EGGVG gegen die Entscheidung des Vorsitzenden vom 18. August 2010. Zugleich beantragte sie, im Wege einer einstweiligen Anordnung die Rückgabe und Sperrung der Akten zu veranlassen. Nach telefonischer Mitteilung des Berichterstatters am Oberlandesgericht, dass der Erlass einer einstweiligen Anordnung in Betracht komme, teilte der zuständige Richter am Amtsgericht K. dem Oberlandesgericht mit, dass er die Akten dem Oberlandesgericht zurückleiten und von einer Verwertung im gerichtlichen Verfahren absehen werde. Das Oberlandesgericht sah daraufhin vom Erlass einer einstweiligen Anordnung ab, woraufhin die Beschwerdeführerin das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung für erledigt erklärte.

5

d) Nach Abschluss des gegen die Auskunftsperson gerichteten Unterlassungs- und Widerrufsverfahrens durch gerichtlichen Vergleich wies das Oberlandesgericht die Beschwerdeführerin im September 2011 darauf hin, dass die angefochtene Maßnahme durch den Vergleich gegenstandslos geworden sei. Vorsorglich sei darauf hinzuweisen, dass ein Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der angegriffenen Maßnahme voraussichtlich keinen Erfolg haben könne, da ein berechtigtes Feststellungsinteresse nicht gegeben sei. Ob Akten übersandt werden dürften, müsse jeweils im Einzelfall geklärt werden.

6

e) Daraufhin beantragte die Beschwerdeführerin gemäß § 28 Abs. 1 Satz 4 EGGVG die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Verfügung des Vorsitzenden vom 18. August 2010, wobei sie ausführlich und unter Angabe konkreter Rechtsprechungs- und Literaturnachweise zum Vorliegen eines berechtigten Feststellungsinteresses vortrug. Ein Feststellungsinteresse ergebe sich insbesondere aus dem Vorliegen eines tiefgreifenden Grundrechtseingriffs, der etwa bei substantiiert dargetanen Verletzungen spezifischer Verfassungsgewährleistungen - wie hier des allgemeinen Persönlichkeitsrechts beziehungsweise des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung - gegeben sei. Das Oberlandesgericht Köln habe daher in einem Parallelfall die Annahme eines tiefgreifenden Grundrechtseingriffs befürwortet, die Frage aber letztlich wegen ohnehin bestehender Wiederholungsgefahr offen gelassen (OLG Köln, Beschluss vom 3. Januar 1994 - 7 VA 6 - 7/93 -, NJW 1994, S. 1075). Ein schwerwiegender Grundrechtseingriff liege vor, weil die Justizbehörde eine - unter anderem auch durch § 203 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 StGB geschützte - Sorgerechtsakte herausgegeben und mindestens zwei namentlich benannten Personen - dem Direktor des Amtsgerichts sowie dessen Sekretärin - inhaltlich offenbart habe. Dies sei unabhängig von einer möglichen Verwertung des Akteninhalts im gerichtlichen Verfahren ein schwerwiegender Grundrechtseingriff, weil die Akte intimste Daten - unter anderem psychiatrische Gutachten, Angaben zu einer erlittenen Vergewaltigung sowie Anschuldigungen des Jugendamts - enthalte. Ob dieser (schwerwiegende) Grundrechtseingriff in der Sache gerechtfertigt sei, sei Gegenstand der Begründetheitsprüfung. Ein Feststellungsinteresse folge auch aus dem Interesse des Betroffenen, sich die "Früchte" des bereits anhängigen Verfahrens für ein zukünftiges Amtshaftungsverfahren zu bewahren. Dabei sei es nach maßgeblichen Stimmen in der Kommentarliteratur unerheblich, ob dem Betroffenen tatsächlicher Aufwand entstanden ist, das konkrete Verfahren schon "Früchte" erbracht beziehungsweise ob sich das Gericht schon mit der anhängigen Rechtsfrage befasst hat, da insoweit eine abstrakte Betrachtung geboten sei. Entscheidend sei vielmehr, dass der Anfechtungsantrag vor Eintritt der Erledigung rechtshängig gemacht worden sei.

7

2. Mit Beschluss vom 28. Dezember 2011 wies der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts den Antrag der Beschwerdeführerin zurück.

8

a) Der ursprünglich gestellte Antrag, die Rechtmäßigkeit der verfügten Aktenübersendung überprüfen zu lassen, sei gemäß §§ 23, 26 EGGVG statthaft und zulässig gewesen, da die Entscheidung über die Übersendung der Akten im Wege der Amts- oder Rechtshilfe keine originäre richterliche Tätigkeit darstelle, die der richterlichen Unabhängigkeit unterliege und der Nachprüfung nach §§ 23 ff. EGGVG entzogen sei. Aufgrund des im Ausgangsverfahren geschlossenen Vergleichs und der Rückgabe der Akten sei die angefochtene Maßnahme jedoch gegenstandslos geworden.

9

b) Der nunmehr gestellte Antrag, die Rechtswidrigkeit der verfügten Übersendung festzustellen, sei unbegründet, da die Beschwerdeführerin kein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung habe. Sie weise zwar zu Recht daraufhin, dass erhebliche Grundrechtseingriffe ein Feststellungsinteresse rechtfertigen können. Im vorliegenden Fall hätte bei der Frage nach der Rechtmäßigkeit der Maßnahme jedoch eine Abwägung zwischen den schützenswerten Interessen des Beklagten im Rechtsstreit um die Unterlassung von Äußerungen und dem schützenswerten Interessen der Beschwerdeführerin stattfinden müssen. Selbst wenn die Abwägung zugunsten der Beschwerdeführerin ausgefallen wäre, hätte dies keinen erheblichen Grundrechtseingriff dargestellt, da auf beiden Seiten widerstreitende Persönlichkeitsrechte zu berücksichtigen gewesen wären. Die Absicht, einen Amtshaftungsprozess führen zu wollen, begründe hingegen kein Feststellungsinteresse, da der sofortige Zugang zu den ordentlichen Gerichten offenstehe. Es bestehe kein schützenswertes Interesse, zur Verwirklichung eines Anspruchs zwei Gerichte in Anspruch zu nehmen (Verweis auf OLG Dresden, Beschluss vom 11. Oktober 2001 - 6 VA 5/01 -, NJW-RR 2002, S. 718).

10

3. Eine gegen den Beschluss vom 28. Dezember 2011 gerichtete Anhörungsrüge der Beschwerdeführerin wies das Oberlandesgericht mit Beschluss vom 25. Januar 2012 zurück. Sämtliche Schreiben der Beschwerdeführerin seien bei Entscheidungsfindung berücksichtigt worden.

11

4. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 19 Abs. 4 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 und Art. 1 Abs. 1 GG sowie aus Art. 103 Abs. 1 GG.

II.

12

Das Bayerische Staatsministerium der Justiz hat von der ihm eingeräumten Gelegenheit zur Stellungnahme keinen Gebrauch gemacht. Die Akten des Ausgangsverfahrens haben dem Bundesverfassungsgericht vorgelegen.

III.

13

Die Verfassungsbeschwerde wird zur Entscheidung angenommen, weil dies zur Durchsetzung der Rechte der Beschwerdeführerin angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich begründet. Die für die Beurteilung maßgeblichen Fragen hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG).

14

1. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts vom 28. Dezember 2011, mit der dieses den Antrag der Beschwerdeführerin auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Verfügung des Oberlandesgerichts München - 4. Familiensenat - vom 18. August 2010 über die Übersendung von Verfahrensakten an das Amtsgericht K. zurückgewiesen hat, verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG).

15

a) Art. 19 Abs. 4 GG enthält ein Grundrecht auf effektiven und möglichst lückenlosen gerichtlichen Schutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (vgl. BVerfGE 8, 274 <326>; 67, 43 <58>; 104, 220 <231>; 129, 1 <20>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 2. Dezember 2014 - 1 BvR 3106/09 -, NJW 2015, S. 610; stRspr). Als öffentliche Gewalt im Sinne des Art. 19 Abs. 4 GG werden auch die Gerichte eingeordnet, wenn sie außerhalb ihrer spruchrichterlichen Tätigkeit aufgrund eines ausdrücklich normierten Richtervorbehalts (vgl. BVerfGE 96, 27 <39 ff.>; 104, 220 <231 ff.>; 107, 395 <406>) oder im Rahmen der Übermittlung von Aktenbestandteilen oder Auskünften aus einem laufenden Verfahren gegenüber Dritten (vgl. BVerfGE 138, 33 <39ff.>) tätig werden.

16

b) Art. 19 Abs. 4 GG verpflichtet die Gerichte bei der Auslegung und Anwendung des Prozessrechts, das Ziel der Gewährleistung eines wirkungsvollen Rechtsschutzes zu verfolgen (vgl. BVerfGE 77, 275 <284>) und den Zugang zu den den Rechtsuchenden eingeräumten Instanzen nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren (vgl. BVerfGE 44, 302 <305>; 69, 381 <385>; 77, 275 <284>; 134, 106 <117 Rn. 34>). Mit dem Gebot, effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten, ist es zwar grundsätzlich vereinbar, wenn die Gerichte ein Rechtsschutzinteresse nur so lange als gegeben ansehen, wie ein gerichtliches Verfahren dazu dienen kann, eine gegenwärtige Beschwer auszuräumen, einer Wiederholungsgefahr zu begegnen oder eine fortwirkende Beeinträchtigung durch einen an sich beendeten Eingriff zu beseitigen. Darüber hinaus ist ein Rechtsschutzinteresse aber auch in Fällen tief greifender Grundrechtseingriffe gegeben, in denen die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene die gerichtliche Entscheidung in der von der Prozessordnung gegebenen Instanz kaum erlangen kann. Effektiver Grundrechtsschutz gebietet es in diesen Fällen, dass der Betroffene Gelegenheit erhält, die Berechtigung des schwerwiegenden - wenn auch tatsächlich nicht mehr fortwirkenden - Grundrechtseingriffs gerichtlich klären zu lassen. Das Bundesverfassungsgericht geht dementsprechend in solchen Fällen bei der Verfassungsbeschwerde in ständiger Rechtsprechung vom Fortbestand eines Rechtsschutzinteresses aus (vgl. BVerfGE 96, 27 <39 f.>; 104, 220 <232 ff.>; 110, 77 <85 f.>; 117, 71 <122 f.>; 117, 244 <268>).

17

c) Gemessen daran hat das Oberlandesgericht den Anspruch der Beschwerdeführerin auf effektiven Rechtsschutz verletzt. Denn das Oberlandesgericht hat zwar nicht verkannt, dass die Erheblichkeit eines Grundrechtseingriffs für sich genommen die Annahme eines Feststellungsinteresses gebieten kann. Es hat das Vorliegen eines erheblichen Grundrechtseingriffs jedoch mit einer Begründung verneint, die der Funktion des Anspruchs auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes nicht gerecht wird. Denn das Oberlandesgericht hat seine Annahme, dass die Übersendung der Sorgerechtsakten an das Amtsgericht keinen schwerwiegenden Grundrechtseingriff darstelle, alleine auf den Umstand gestützt, dass bei der Entscheidung über die Gewährung von Akteneinsicht beziehungsweise über die Übersendung von Akten im Wege der Amtshilfe auf beiden Seiten widerstreitende Persönlichkeitsrechte - im hier betroffenen Fall die jeweiligen Interessen der am Ausgangsrechtsstreit Beteiligten - zu berücksichtigen wären. Es gibt damit dem in § 28 Abs. 1 Satz 4 EGGVG einfachrechtlich vorgegebenen Begriff des "berechtigten Interesses" eine Auslegung, die verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht standhält. Denn nach der Begründung des Oberlandesgerichts ist eine nachträgliche Überprüfung der Rechtmäßigkeit eines im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung erledigten Grundrechtseingriffs schon allein deshalb ausgeschlossen, weil dessen Rechtmäßigkeit von einer Interessenabwägung im Einzelfall abhängt, ohne dass es noch auf das Ergebnis dieser Abwägung ankommt. Eine individuelle Prüfung, ob die Veranlassung der Übersendung der streitbefangenen Sorgerechtsakten an das Prozessgericht etwa aufgrund der möglicherweise höchstpersönlichen Natur ihres Inhalts (vgl. BVerfGE 27, 344 <351 f.>, 138, 33 <43>) oder der Umstände der Aktenversendung - etwa ihrer Veranlassung durch das Oberlandesgericht ohne vorherige Anhörung der Beschwerdeführerin (vgl. BVerfGE 138, 33 <43>) - als schwerwiegender Grundrechtseingriff verstanden werden musste, wird mit dieser Argumentation von vorneherein vermieden. Dies ist mit der Funktion des Grundrechts auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes nicht vereinbar und verletzt die Beschwerdeführerin daher in ihrem Recht aus Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes. Der mit der Verfassungsbeschwerde angegriffene Beschluss ist deshalb aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Oberlandesgericht zu verweisen.

18

2. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts vom 28. Dezember 2011 verletzt die Beschwerdeführerin zugleich in ihrem Recht auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG).

19

a) Das Gebot des rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (BVerfGE 46, 315, <319>; 105, 279 <311>; stRspr). Um dem Anspruch auf rechtliches Gehör gerecht zu werden, ist zugleich geboten, dass das Gericht die wesentlichen Rechtsausführungen der prozessführenden Parteien zur Kenntnis nimmt (vgl. BVerfGE 60, 175 <210>; 86, 133 <144>).

20

b) Diesen Anforderungen wird die angegriffene Entscheidung des Oberlandesgerichts nicht gerecht. Denn das Oberlandesgericht ist dem Vortrag der Beschwerdeführerin, dass ihre konkrete Absicht zur Erhebung einer Amtshaftungsklage ein berechtigtes Feststellungsinteresse begründe, zwar unter Hinweis auf das Fehlen eines schützenswerten Interesses an der Inanspruchnahme mehrerer Gerichte entgegengetreten. Mit dem Kern des Vorbringens der Beschwerdeführerin, dass die Fortführung des Anfechtungsverfahrens im Wege des Feststellungsbegehrens bei der gebotenen abstrakten Betrachtung jedenfalls dann der Sicherung der "Prozessfrüchte" des Anfechtungsverfahrens diene, wenn dieses vor Erledigung der Maßnahme rechtshängig geworden sei, hat sich das Oberlandesgericht jedoch nicht auseinandergesetzt. Dies wird insbesondere daran erkennbar, dass das Oberlandesgericht zur Begründung der von ihm vertretenen Rechtsauffassung allein auf eine oberlandesgerichtliche Entscheidung verweist, die die Beschwerdeführerin ebenfalls zum Beleg der von ihr vertretenen Rechtsauffassung angeführt hatte. Diese verneint zwar das Vorliegen eines Feststellungsinteresses im Fall der Erledigung vor Stellung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung (vgl. OLG Dresden, Beschluss vom 11. Oktober 2001 - 6 VA 5/01 -, NJW-RR 2002, S. 718 <718>), stützt im Übrigen aber die auch von der Beschwerdeführerin vertretene Rechtsauffassung, dass prozessökonomische Gründe im Fall der Erledigung nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Antrags auf gerichtliche Entscheidung für die Annahme eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses streiten. Hieraus wird offenkundig, dass das Oberlandesgericht die im Mittelpunkt der rechtlichen Auseinandersetzung stehenden Rechtsausführungen der Beschwerdeführerin entweder nicht zur Kenntnis genommen oder jedenfalls nicht in Erwägung gezogen hat.

21

c) Die Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs setzt sich in dem Beschluss über die Zurückweisung der Anhörungsrüge fort, der eine sachliche Auseinandersetzung mit den Rechtsausführungen der Beschwerdeführerin nicht erkennen lässt.

22

d) Der Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG ist auch entscheidungserheblich.

23

3. Der Beschluss des Oberlandesgerichts vom 28. Dezember 2011 ist wegen des Verstoßes gegen Art. 103 Abs. 1 GG und gegen Art. 19 Abs. 4 GG gemäß § 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben und die Sache an das Oberlandesgericht München zurückzuverweisen. Der Beschluss vom 25. Januar 2012 wird damit gegenstandslos.

IV.

24

Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG; die Festsetzung des Gegenstandswerts folgt aus § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG und den Grundsätzen für die Festsetzung des Gegenstandswerts im verfassungsgerichtlichen Verfahren (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>).

25

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Gegen die gerichtliche Entscheidung der Strafvollstreckungskammer ist die Rechtsbeschwerde zulässig, wenn es geboten ist, die Nachprüfung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen.

(2) Die Rechtsbeschwerde kann nur darauf gestützt werden, daß die Entscheidung auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe. Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

(3) Die Rechtsbeschwerde hat keine aufschiebende Wirkung. § 114 Abs. 2 gilt entsprechend.

(4) Für die Rechtsbeschwerde gelten die Vorschriften der Strafprozeßordnung über die Beschwerde entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Gründe

I.

1

1. Der wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu einer siebenjährigen Gesamtfreiheitsstrafe verurteilte, mittlerweile entlassene Beschwerdeführer war von 2010 bis 2014 in der Justizvollzugsanstalt Lübeck inhaftiert. Aufgrund seiner HIV- und Hepatitis C-Infizierung bedurfte er regelmäßiger ärztlicher Behandlung und wurde in Abständen von drei bis sechs Monaten in das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein ausgeführt. Ende 2012 erfolgte eine solche Ausführung erstmals nicht allein, sondern in Begleitung eines anderen Strafgefangenen. Beide wurden gemeinsam in den Wartebereich der immunologischen Ambulanz gebracht, um sich dann einzeln derselben behandelnden Ärztin vorzustellen; im Anschluss wurde ihnen Blut abgenommen. Auf der Rückfahrt fragte der andere Strafgefangene den Beschwerdeführer, seit wann dieser HIV-positiv sei.

2

Auf eine im Anschluss an den Arztbesuch vom Beschwerdeführer begehrte Auskunft über die Verantwortlichkeit für Koordinierung und Durchführung des Arztbesuchs teilte die Justizvollzugsanstalt mit, dass es unabdingbar sei, mehrere Gefangene zusammen einem Facharzt vorzustellen. Es habe dem Beschwerdeführer freigestanden, auf die Arztvorführung zu verzichten.

3

2. Daraufhin beantragte der Beschwerdeführer beim Landgericht festzustellen, dass sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung und sein allgemeines Persönlichkeitsrecht durch die Handlungsweise der Justizvollzugsanstalt verletzt und er hierdurch diskriminiert und stigmatisiert worden sei. Er habe den in einem anderen Hafthaus untergebrachten Gefangenen noch nie zuvor gesehen und sich ihm gegenüber nicht offenbart. Eine Einzelverbringung in die Klinik sei der Justizvollzugsanstalt offensichtlich möglich, da sie bisher immer in dieser Weise erfolgt sei. Jedenfalls hätte er im Vorfeld über die gemeinsame Verbringung informiert werden müssen.

4

Die Justizvollzugsanstalt beantragte, den Antrag als unbegründet zurückzuweisen, da bereits kein nach § 115 Abs. 3 StVollzG erforderliches Feststellungsinteresse bestehe. Soweit in dem gemeinsamen Transport überhaupt ein Grundrechtseingriff gesehen werden könne, sei dieser jedenfalls verhältnismäßig. Die personelle Ausstattung lasse eine Einzelvorführung nur in besonderen Ausnahmefällen, insbesondere aus Gründen der Sicherheit und Ordnung zu, die beim Beschwerdeführer nicht vorlägen. Bei einer Facharztvorstellung sei immer davon auszugehen, dass entsprechend wartende Patienten ähnliche Leiden hätten, dies treffe auch auf nicht inhaftierte Patienten zu, die sich im Wartezimmer einer Facharztpraxis befänden. Zudem lasse die gemeinsame Vorstellung bei einem Facharzt keinerlei Rückschlüsse zu; in der Immunologie würden nicht nur an HIV Erkrankte, sondern auch an anderen Immunerkrankungen leidende Gefangene vorgestellt.Dem Beschwerdeführer sei es zuzumuten gewesen, auf die Nachfrage des Mitgefangenen nicht einzugehen; ebenso habe es ihm freigestanden, die Facharztausführung zu verweigern

5

Mit Beschluss vom 5. März 2013 verwarf das Landgericht den Antrag als unzulässig. Die Zulässigkeit des Feststellungsantrages erfordere die vorherige Beanstandung der durch Vollzug erledigten Maßnahme. § 115 Abs. 3 StVollzG betreffe nach seiner systematischen Stellung den Fall der Erledigung eines zuvor nach § 109 Abs. 1 StVollzG gestellten Antrags während des gerichtlichen Verfahrens. Selbst soweit sich der Anwendungsfall der Norm nicht hierauf beschränke, ergebe sich die Unzulässigkeit daraus, dass der Beschwerdeführer die Maßnahme vor gerichtlicher Antragstellung gegenüber der Justizvollzugsanstalt nicht beanstandet habe. Es sei ihm ohne weiteres möglich gewesen, bei Beginn des gemeinsamen Transports in die Klinik gegenüber der Justizvollzugsanstalt deutlich zu machen, dass er - wie in der Vergangenheit geschehen - auf eine alleinige Verbringung zum Arzt bestehe.

6

Die Anträge seien im Übrigen unbegründet. Ein Eingriff in das sich aus Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG ergebende allgemeine Persönlichkeitsrecht in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung liege nicht vor. Der Beschwerdeführer behaupte selbst nicht, dass die Justizvollzugsanstalt Informationen über seine Krankheit an Mitgefangene weitergegeben habe. Er rüge allein, dass aus seiner Vorstellung bei der Ärztin im Bereich der Immunologie der Rückschluss auf seine HIV-Erkrankung gezogen worden sei. Zwar könne der Mitgefangene diesen Rückschluss tatsächlich gezogen haben, da er selbst offenbar auch HIV-positiv sei, der Schluss sei jedoch nicht zwingend, da sich Immunologie auch mit verschiedenen anderen Krankheiten beschäftige. Dem Beschwerdeführer sei es unbenommen gewesen, seinem Mitgefangenen schlicht nicht zu antworten oder seine Frage zu verneinen. Dass dieser die Information über die Krankheit des Beschwerdeführers gewonnen habe, habe somit nicht die Justizvollzugsanstalt, sondern er selbst zu verantworten.

7

3. Gegen den Beschluss des Landgerichts legte der Beschwerdeführer zu Protokoll der Geschäftsstelle Rechtsbeschwerde ein und beantragte, den Beschluss aufzuheben und im Sinne seines Feststellungsantrags zu entscheiden. Das Landgericht habe einen unzutreffenden Maßstab angelegt; ein Verstoß gegen das Selbstbestimmungsrecht liege vor, da der Mithäftling aufgrund der gesamten Umstände (gemeinsame Vorstellung bei der Immunologie, Blutabnahme, Vorstellung bei derselben Ärztin) die entsprechenden Rückschlüsse habe ziehen können, was auf der Veranlassung des gemeinsamen Transports durch die Justizvollzugsanstalt beruhe. Man habe ihn über den gemeinsam vorgesehenen Transport nicht informiert und ihn so zum Objekt des Vollzuges degradiert. Auf die Mutmaßungen des Mithäftlings sei er nicht eingegangen. Durch dessen Rückschlüsse werde er im Vollzug vernachlässigt, Mitgefangene mieden und redeten schlecht über ihn. Sein Antrag auf gerichtliche Entscheidung sei zulässig gewesen. Es bestehe ein Feststellungsinteresse, da die erledigte Maßnahme ungünstige Auswirkungen auf seinen weiteren Vollzug habe.

8

Mit Beschluss vom 18. April 2013 verwarf das Oberlandesgericht die Rechtsbeschwerde als unzulässig im Sinne des § 116 Abs. 1 StVollzG. Das Landgericht habe die Anträge mit einer sich im Rahmen der Rechtsprechung des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts haltenden Begründung als unzulässig verworfen. Die isolierten Feststellungsanträge des Beschwerdeführers seien nach dieser Rechtsprechung in Verfahren nach dem Strafvollzugsgesetz unzulässig. Im Rahmen des § 109 StVollzG könne immer nur eine konkrete Maßnahme entweder angefochten oder beantragt werden. Eine Feststellungsklage sei nur unter den Voraussetzungen des § 115 Abs. 3 StVollzG zulässig, also in Form der so genannten Fortsetzungsfeststellungklage nach vorangegangener Beantragung und Erledigung einer Maßnahme. Da die Strafvollstreckungskammer ihre Entscheidung bereits hierauf zu Recht gegründet habe, müsse auf die nicht tragenden Hilfsüberlegungen zur Unbegründetheit nicht eingegangen werden.

II.

9

1. Mit seiner Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Beschlüsse des Landgerichts und Oberlandesgerichts und rügt eine Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 1, 2, 3 und Art. 19 Abs. 4 GG.

10

Die in § 115 Abs. 3 StVollzG genannte Fallgestaltung sei nicht der einzige Anwendungsfall des Feststellungsantrags; die dort vorausgesetzte Erledigung könne bereits vor Antragstellung eintreten, auch habe er ein Feststellungsinteresse.

11

Die Justizvollzugsanstalt habe ihm absichtlich nicht mitgeteilt, dass die Vorführung zur Ärztin in Begleitung eines anderen Gefangenen geschehen werde. Auch aus dem Umstand, dass der andere Gefangene mit im Fahrzeug gesessen habe, habe er dies nicht schließen können; in der Vergangenheit seien andere Gefangene trotz gemeinsamer Fahrzeugnutzung zu anderen Ausführungsorten verbracht worden. Der Justizvollzugsanstalt sei bekannt, dass er aufgrund seiner offen gelebten Homosexualität "besonders haftempfindlich" und "erheblichen Diskriminierungen ausgesetzt" sei. Um die Diskriminierungen nicht zu verschärfen, sei es für ihn entscheidend, dass Mitgefangene keine Kenntnis über seine HIV- und Hepatitis C-Infektion erhielten. Sein Recht, allein über die Preisgabe seiner persönlichen Daten zu entscheiden, habe die Justizvollzugsanstalt verletzt, ob vorsätzlich oder fahrlässig, könne bei der jedenfalls offensichtlich bestehenden Kausalität dahinstehen.

12

Die Verwerfung seiner Rechtsbeschwerde als unzulässig sei rechtswidrig. Ausführungen zum Facharzt seien Maßnahmen nach § 109 StVollzG, die sich mit dem Ende der Ausführung erledigten; so verhalte es sich auch mit zahlreichen anderen Maßnahmen. In all diesen Fällen sei einzig der Feststellungsantrag zulässig. Nach der Auffassung des Oberlandesgerichts würde ihm Rechtsschutz gegen die Art der Ausführung grundsätzlich verwehrt.

13

2. Das Ministerium für Justiz, Kultur und Europa des Landes Schleswig-Holstein hat von einer Stellungnahme abgesehen.

14

3. Die Akten des fachgerichtlichen Verfahrens wurden beigezogen.

III.

15

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Eine grundsätzliche Bedeutung (§ 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG) kommt ihr nicht zu. Ihre Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung der als verletzt gerügten Grundrechte angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Soweit sich der Beschwerdeführer gegen den Beschluss des Landgerichts wendet, ist die Verfassungsbeschwerde unbegründet. Soweit sich der Beschwerdeführer gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts wendet, ist die Annahme jedenfalls deshalb nicht angezeigt, weil abzusehen ist, dass er auch im Fall der Zurückverweisung im Ergebnis keinen Erfolg haben würde (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 3. August 2009 - 1 BvR 369/08 -, juris, Rn. 9).

16

1. Soweit der Beschluss des Landgerichts die Feststellungsanträge für unzulässig erklärt, begegnet dies zwar im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung ist insoweit jedoch nicht angezeigt, als der Beschluss auf diesem Verfassungsverstoß nicht beruht. Das Landgericht hat zusätzlich die Begründetheit der vom Beschwerdeführer gestellten Anträge geprüft. Diese den Beschluss selbstständig tragende Begründung wird verfassungsrechtlichen Anforderungen gerecht.

17

Die Feststellung und Würdigung des Tatbestandes, die Auslegung des einfachen Rechts und seine Anwendung auf den einzelnen Fall sind allein Sache der dafür allgemein zuständigen Gerichte und der Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht entzogen, sofern nicht Auslegungsfehler sichtbar werden, die die Grenze zur Willkür überschreiten oder auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung eines Grundrechts beruhen (BVerfGE 18, 85 <92 f.>; 134, 242 <353>; stRspr). Diesen fachgerichtlichen Spielraum hat das Landgericht nicht überschritten. Der die gemeinsame Ausführung als rechtmäßig bestätigende Beschluss ist weder willkürlich noch lässt er eine grundsätzlich unrichtige Anschauung von der Bedeutung der Grundrechte erkennen; insbesondere ist nicht ersichtlich, dass das Landgericht die Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Beschwerdeführers grundsätzlich verkannt hat. In der vorliegenden Konstellation war es auf der Grundlage des vom Beschwerdeführer vor dem Landgericht Vorgetragenen verfassungsrechtlich nicht geboten, dessen gemeinsame Ausführung mit einem anderen Gefangenen zur Immunologin als ungerechtfertigten Eingriff in sein Allgemeines Persönlichkeitsrecht zu werten. Das Landgericht durfte ohne Verstoß gegen Grundrechte des Beschwerdeführers davon ausgehen, dass die Justizvollzugsanstalt jedenfalls verfassungsrechtlich nicht dazu verpflichtet war, ihn ausschließlich per Einzeltransport zur Immunologie zu verbringen.

18

2. a) Der Beschluss des Oberlandesgerichts verletzt den Beschwerdeführer in seinem Anspruch aus Art. 19 Abs. 4 GG.

19

aa) Art. 19 Abs. 4 GG enthält ein Grundrecht auf effektiven und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (vgl. BVerfGE 67, 43 <58>; stRspr). Die in Art. 19 Abs. 4 GG verbürgte Effektivität des Rechtsschutzes wird in erster Linie von den Prozessordnungen gesichert. Sie treffen Vorkehrungen dafür, dass der Einzelne seine Rechte auch tatsächlich wirksam durchsetzen kann und die Folgen staatlicher Eingriffe im Regelfall nicht ohne fachgerichtliche Prüfung zu tragen hat (vgl. BVerfGE 94, 166 <213>). Dabei fordert Art. 19 Abs. 4 GG zwar keinen Instanzenzug (vgl. BVerfGE 87, 48 <61>; 92, 365 <410>; stRspr). Eröffnet das Prozessrecht aber eine weitere Instanz, so gewährleistet Art. 19 Abs. 4 GG dem Bürger in diesem Rahmen die Effektivität des Rechtsschutzes im Sinne eines Anspruchs auf eine wirksame gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerfGE 40, 272 <274 f.>; 54, 94 <96 f.>). Das Rechtsmittelgericht darf ein von der jeweiligen Rechtsordnung eröffnetes Rechtsmittel daher nicht ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer "leerlaufen" lassen (vgl. BVerfGE 78, 88 <99>).

20

bb) Mit der Annahme, auf die Erwägungen des Landgerichts zur Unbegründetheit der Anträge nicht eingehen zu müssen, da bereits die Erwägungen zur Zulässigkeit die Entscheidung trügen und isolierte Feststellungsanträge im Strafvollzugsverfahren grundsätzlich unzulässig seien, verkennt das Oberlandesgericht diese verfassungsrechtlichen Anforderungen.

21

Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Fortbestehen des Rechtsschutzinteresses soll sicherstellen, dass der möglicherweise von einer Grundrechtsverletzung Betroffene nicht allein deshalb rechtsschutzlos bleibt, weil sich der Eingriff, gegen den er um Rechtsschutz nachsucht, bereits vor der Entscheidung über das Rechtsschutzgesuch oder sogar bereits vor Antragstellung erledigt hat (vgl. grundlegend BVerfGE 96, 27 <39 ff.>; 104, 220 <233>; vgl. für die Zulässigkeit isolierter Feststellungsanträge im Strafvollzug BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 14. November 2000 - 2 BvR 1931/00 -, juris, Rn. 4 und Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 12. September 2003 - 2 BvR 1220/03 -, NStZ-RR 2004, S. 59 <60>).

22

In Übereinstimmung mit dieser Rechtsprechung und im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG ist auch in der obergerichtlichen Rechtsprechung einhellig anerkannt, dass im Strafvollzugsverfahren ein allgemeiner Feststellungsantrag trotz vorprozessualer Erledigung zulässig ist, obwohl das Strafvollzugsgesetz - anders als die Verwaltungsgerichtsordnung - einen solchen nicht ausdrücklich regelt (vgl. nur Oberlandesgericht Dresden, Beschluss vom 28. Juli 2006 - 2 Ws 624/05 -, NStZ 2007, S. 707 <708>; Thüringer Oberlandesgericht, Beschlüsse vom 19. August 2003 - 1 Ws 205/03 -, NStZ 2004, S. 229 und vom 20. August 2003 - 1 Ws 220/03 -, OLG-NL 2003, S. 235 <236>; Oberlandesgericht Frankfurt a.M., Beschlüsse vom 18. Juli 2003 - 3 Ws 578/03 (StVollz) -, NJW 2003, S. 2843 <2844> und - 3 Ws 606/03 -, NStZ-RR 2004, S. 29 <29>; Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 25. Oktober 1982 - 7 Vollz (Ws) 111/82 -, NStZ 1983, S. 240; vgl. auch dazu, dass in diesen Fällen ein Vorschaltverfahren nicht erforderlich ist, Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 13. Juni 1989 - 1 Vollz (Ws) 376/88 -, juris, Rn. 12; vgl. zur Zulässigkeit eines isolierten Feststellungsantrages in entsprechender Anwendung des § 115 Abs. 3 StVollzG übereinstimmend auch die Kommentarliteratur, Bachmann, in: LNNV, StVollzG, 12. Aufl. 2015, Abschn. P Rn. 31 und 78; Euler, in: Graf, Beckscher Online Kommentar zum StVollzG (Juli 2014), § 115 Rn. 15; Laubenthal, in: Schwind/Böhm/Jehle/Laubenthal, StVollzG, 6. Aufl. 2013, § 115 Rn. 17; Kamann/ Spaniol, in: Feest/Lesting, StVollzG, 6. Aufl. 2012, § 109 Rn. 32 und § 115 Rn. 77; Arloth, StVollzG, 3. Aufl. 2011, § 109 Rn. 5 und § 115 Rn. 10; Calliess/Müller-Dietz, StVollzG, 11. Aufl. 2008, § 115 Rn. 16).

23

Der Beschluss des Oberlandesgerichts erklärt demgegenüber mit bloßem Hinweis auf die eigene Rechtsprechungspraxis isolierte Feststellungsanträge im Strafvollzugsverfahren allein aufgrund des Wortlauts des § 115 Abs. 3 StVollzG - unabhängig von der Frage eines fortbestehenden Rechtsschutzinteresses - für generell unzulässig. Damit versagt es dem Beschwerdeführer die zur Sicherung effektiven Rechtsschutzes notwendige Prüfung.

24

b) Insoweit ist die Verfassungsbeschwerde jedoch nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil nicht ersichtlich ist, dass der Beschwerdeführer im Fall der Aufhebung der angegriffenen oberlandesgerichtlichen Entscheidung im Ergebnis eine ihm günstigere Entscheidung erreichen könnte (vgl. hierzu BVerfGE 90, 22 <25 f.>; 119, 292 <301 f.>; BVerfGK 18, 360 <364>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 23. Oktober 2013 - 2 BvR 1541/13 -, juris, Rn. 1; 9). Der Beschluss des Landgerichts ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. oben unter 1.). Insoweit ist absehbar, dass das Oberlandesgericht die Rechtsbeschwerde aus den zutreffenden Gründen der angegriffenen Entscheidung des Landgerichts als unbegründet verwerfen und der Beschwerdeführer auch im Fall einer stattgebenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts mit seinem Rechtsschutzanliegen letztlich keinen Erfolg haben würde.

25

3. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 93d Abs. 1Satz 3 BVerfGG).

26

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Tenor

1. Der Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 18. Juni 2014 - III - 1 Vollz (Ws) 283/14 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes, soweit er die Rechtsbeschwerde des Beschwerdeführers gegen seine Verlegung als unzulässig verwirft. Der Beschluss des Landgerichts Bochum vom 7. April 2014 - V StVK 99/13 - verletzt den Beschwerdeführer in seinen Grundrechten aus Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes sowie Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes, soweit er den Antrag auf gerichtliche Entscheidung des Beschwerdeführers gegen seine Verlegung als unbegründet zurückweist.

2. Die Beschlüsse werden in diesem Umfang und im Kostenausspruch aufgehoben. Die Sache wird an das Landgericht Bochum zurückverwiesen.

3. Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.

4. Das Land Nordrhein-Westfalen hat dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerdeverfahren zu erstatten.

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Verlegung des Beschwerdeführers von der Justizvollzugsanstalt Bochum in die Justizvollzugsanstalt Werl sowie die Fertigstellung und Verwertung eines Gutachtens über die Gewährung von Vollzugslockerungen durch die Justizvollzugsanstalten.

2

1. Der Beschwerdeführer, ein Diabetiker, verbüßt eine lebenslange Freiheitsstrafe in Nordrhein-Westfalen. Seitdem der Beschwerdeführer im Jahr 2005 in die Justizvollzugsanstalt Bochum verlegt wurde, erhielt er auf Anordnung des dortigen Anstaltsarztes morgens und abends eine Gabe von Protaphane-Insulin sowie bei Bedarf Actrapid-Insulin am Mittag.

Die Behandlung durch den Anstaltsarzt war bereits Gegenstand eines Verfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht, in dem der Beschwerdeführer unter anderem begehrte, eine Neueinstellung seiner Insulinversorgung vorzunehmen sowie eine Untersuchung seines Augenhintergrundes im sechsmonatigen Abstand zu veranlassen. Nachdem das Landgericht Bochum und das Oberlandesgericht Hamm den Antrag des Beschwerdeführers als unzulässig verworfen hatten, hob die 3. Kammer des Zweiten Senats die beiden Entscheidungen mit Beschluss vom 10. Oktober 2012 auf, da diese den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG verletzten (vgl. BVerfGK 20, 84 ff.). Das Landgericht habe, so die Kammer, dem Beschwerdeführer jegliche sachliche Prüfung seiner medizinischen Behandlung mit der Begründung verweigert, dass es sich bei dieser Behandlung, soweit er sie im Hinblick auf ihre medizinische Richtigkeit überprüft wissen wolle, nicht um eine Maßnahme im Sinne des § 109 des Gesetzes über den Vollzug der Freiheitsstrafe und der freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung (Strafvollzugsgesetz vom 16. März 1976 , im Folgenden: StVollzG) handele. Dabei habe das Gericht nicht ausreichend berücksichtigt, dass eine nicht fachgerechte medizinische Behandlung oder Nichtbehandlung eines Strafgefangenen dessen Rechte - insbesondere das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG - verletzen könne und dass Art. 19 Abs. 4 GG daher eine Auslegung des Maßnahmebegriffs des § 109 Abs. 1 Satz 1 StVollzG verbiete, die die Angemessenheit der medizinischen Behandlung von Strafgefangenen der gerichtlichen Überprüfung entziehe (BVerfGK 20, 84<89>).

3

Nach der Zurückverweisung durch die Kammer holte das erneut mit dem Verfahren befasste Landgericht ein Sachverständigengutachten zu der Frage ein, ob der Beschwerdeführer fehlerhaft behandelt worden sei. Der Sachverständige stellte fest, dass die durchgeführte Behandlung in keiner Weise den Anforderungen an eine adäquate Insulintherapie entsprochen habe, und schlug in einem vom Landgericht ebenfalls angeforderten Ergänzungsgutachten eine andere medikamentöse Behandlung für den Beschwerdeführer vor. Mit Beschluss vom 30. Juli 2013 (III StVK 1162/10) verpflichtete das Landgericht die Justizvollzugsanstalt Bochum dazu, den Beschwerdeführer gemäß den Vorgaben des ergänzenden Sachverständigengutachtens zu behandeln. In dem Beschluss heißt es, dass eine Verpflichtung zur Behandlung in dem tenorierten Umfang anzuordnen und die bloße Verpflichtung zur Neubescheidung der Justizvollzugsanstalt nicht ausreichend gewesen sei, da der Anstalt spätestens seit Mai 2013 in Folge des erstellten Sachverständigengutachtens die Falschbehandlung des Beschwerdeführers bekannt gewesen, diese aber im Laufe dieser zwei Monate nicht umgestellt worden sei. Zur Neuausrichtung der medizinischen Behandlung an den Vorgaben des Beschlusses wurde der Beschwerdeführer am 9. August 2013 in das Justizvollzugskrankenhaus Fröndenberg verlegt; seine Behandlung war zuvor in der Justizvollzugsanstalt Bochum nicht umgestellt worden. Dort wurde ihm am 26. August 2013 mitgeteilt, dass er in die Justizvollzugsanstalt Werl verlegt werde.

4

2. Über den Beschwerdeführer sollte von der Justizvollzugsanstalt Bochum ein Gutachten über die Gewährung von Vollzugslockerungen erstellt werden. Dazu wurde er zunächst von einem anstaltsexternen Psychologen begutachtet. Dieser erstellte im November 2010 einen abschließenden Behandlungsbericht. Da der Psychologe selbstständige Lockerungen beziehungsweise die Verlegung in den offenen Vollzug empfohlen hatte, beantragte der Beschwerdeführer dies bei der Justizvollzugsanstalt. Die anstaltsinternen Gespräche zur Erstellung des Lockerungsgutachtens waren im Oktober 2012 abgeschlossen, und die Justizvollzugsanstalt Bochum stellte dem Beschwerdeführer ein positives Lockerungsgutachten bis zum Jahresende in Aussicht. Da die Fertigstellung entgegen dieser Ankündigung nicht erfolgte, richtete der Beschwerdeführer insgesamt sieben Anträge an die Anstalt (am 26. November 2012, 20. Januar, 28. Mai, 18. Juni, 26. Juni, 9. Juli und schließlich am 4. August 2013). Diese reagierte auf seine Anträge allerdings nicht.

5

3. Am 26. August 2013 wandte sich der Beschwerdeführer mit einem Antrag auf gerichtliche Entscheidung an das Landgericht Bochum. Er beantragte erstens Rechtsschutz gegen die geplante Verlegung und zweitens, die Justizvollzugsanstalt Bochum zur Fertigstellung des Lockerungsgutachtens zu verpflichten. Die Verlegung nach Werl sei ermessensfehlerhaft und überdies unvereinbar mit dem Resozialisierungsgebot. Er befinde sich seit acht Jahren in der Justizvollzugsanstalt Bochum und habe dort gute Kontakte zu anderen Gefangenen, dem Personal und dem Psychologischen Dienst. Überdies übe er eine Arbeit aus, die der höchsten Lohngruppe zugeordnet sei und mit der nahezu höchsten Leistungszulage vergütet werde. Auch sein ehrenamtlicher Betreuer werde im Falle einer Verlegung einen längeren Anfahrtsweg haben. Es verstoße zudem gegen sein Freiheitsrecht, dass die Justizvollzugsanstalt das Gutachten über die Gewährung von Vollzugslockerungen noch nicht gefertigt habe und es dafür keine nachvollziehbaren Gründe gebe.

6

4. Der Beschwerdeführer wurde am 13. September 2013 in die Justizvollzugsanstalt Werl verlegt.

7

5. Mit Schreiben vom 26. September 2013 nahm die Justizvollzugsanstalt Bochum zunächst allein zu der Verlegung Stellung. Zur Begründung führte sie aus, dass das Verhältnis zwischen dem Beschwerdeführer und dem Anstaltsarzt als nachhaltig gestört anzusehen sei und durch die Verlegung eine Basis für eine störungsfreie Behandlung geschaffen werden solle. Ein weiterer Aufenthalt in der Justizvollzugsanstalt Bochum erscheine aus Gründen der Förderung der Behandlung, zur Erreichung des Vollzugszieles sowie im Rahmen der Pflicht zur Gesundheitsfürsorge nicht mehr zuträglich.

8

6. Dem trat der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 9. Oktober 2013 entgegen. Die strikte Weigerung des Anstaltsarztes, sich an gutachterlichen und gerichtlichen Feststellungen zu orientieren, dürfe nicht dazu führen, dass ein Gefangener gegen seinen Willen verlegt werde. Außerdem sei das Verhältnis bereits seit seiner Verlegung in die Justizvollzugsanstalt Bochum im Jahr 2005 gestört gewesen, da der Anstaltsarzt bereits zu diesem Zeitpunkt eine angemessene Behandlung verweigert habe.

9

7. Zu der Fertigstellung des Gutachtens hieß es in einem weiteren Schreiben der Justizvollzugsanstalt Bochum vom 14. Oktober 2013, dass sich diese auf Grund von unbesetzten Stellen sowie Langzeiterkrankungen im Fachbereich des Psychologischen Dienstes erheblich verzögert habe. Zudem habe man die Fertigstellung des Gutachtens Anfang 2013 ausgesetzt, da befürchtet worden sei, dass der Beschwerdeführer auf Grund seines "subkulturellen Verhaltens" den Anforderungen an einen offenen Vollzug nicht genüge, denn er habe sich bei anderen Diabetikern unerlaubt Insulin beschafft. Diese eigenmächtige Beschaffung sei auch der Grund für die nachhaltige Störung des Arzt-Patienten-Verhältnisses und rechtfertige daher die Verlegung in die Justizvollzugsanstalt Werl. Das Gutachten werde aber trotz der Verlegung des Beschwerdeführers und des damit verbundenen Zuständigkeitswechsels nunmehr bevorzugt bearbeitet.

10

8. Mit Schreiben vom 17. Januar 2014 teilte die Justizvollzugsanstalt Bochum mit, dass das Lockerungsgutachten gefertigt und mit Schreiben vom selben Tag an die Justizvollzugsanstalt Werl übersandt worden sei. Der Beschwerdeführer erklärte daraufhin seinen Antrag auf Fertigstellung des Gutachtens mit Schreiben vom 30. Januar 2014 für erledigt und beantragte in einem weiteren Schreiben vom 6. Februar 2014, die "Justizvollzugsanstalt Bochum zu verpflichten, das gefertigte Lockerungsgutachten gegenüber den hinzuziehenden Institutionen zu vertreten, damit eine Neuauflage des Lockerungsgutachtens verhindert" werde. Mit einem Schreiben vom 27. Januar 2014 wies er zudem darauf hin, dass der Vortrag der Anstalt zur Begründung der erheblichen Verzögerung des Lockerungsgutachtens von dem Landgericht dahingehend zu überprüfen sei, ob diese Umstände eine derartige Verzögerung rechtfertigen könnten.

11

9. Mit Schreiben vom 4. März 2014 erwiderte die Justizvollzugsanstalt Bochum auf den Antrag des Beschwerdeführers. Die Zuständigkeit für die Entscheidung über die Gewährung von Lockerungen liege nach der Verlegung des Beschwerdeführers bei der Justizvollzugsanstalt Werl. Ob das von der Justizvollzugsanstalt Bochum gefertigte Gutachten in die Entscheidung über die Lockerungen miteinbezogen werde, sei nicht bekannt. Es sei aber verständlich, wenn die Justizvollzugsanstalt Werl die Entscheidung über Lockerungen nicht allein auf der Grundlage eines Gutachtens der Justizvollzugsanstalt Bochum treffen wolle, zumal die Anamnese und Tests aus dem Jahr 2012 stammten.

12

10. Mit angegriffenem Beschluss vom 7. April 2014 wies das Landgericht Bochum beide Anträge des Beschwerdeführers zurück. Der Antrag sei, soweit er die Verlegungsentscheidung angreife, unbegründet. Rechtsgrundlage für eine solche sei § 8 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 StVollzG. Danach könne ein Gefangener abweichend vom Vollstreckungsplan in eine andere für den Vollzug der Freiheitsstrafe zuständige Anstalt verlegt werden, wenn die Behandlung des Gefangenen hierdurch gefördert werde. Der Anstalt stehe bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzung ein Ermessen zu, der Beschwerdeführer habe lediglich einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung. Durch die Verlegung werde die Behandlung des Beschwerdeführers gefördert. Das Vertrauensverhältnis zwischen dem Anstaltsarzt der Justizvollzugsanstalt Bochum und dem Beschwerdeführer sei zerrüttet und es erscheine möglich, dass die ärztliche Versorgung des Beschwerdeführers durch ein vertrauensvolleres, unbelastetes Verhältnis zu einem anderen Arzt gebessert werde. Die Entscheidung sei zudem ermessensfehlerfrei ergangen. Insbesondere habe die Anstalt die besondere Situation des Beschwerdeführers im Hinblick auf sein bisheriges, beanstandungsfreies Vollzugs- und Arbeitsverhalten und die bestehenden sozialen Kontakte in der Justizvollzugsanstalt Bochum berücksichtigt, seiner gesundheitlichen Versorgung jedoch eine höhere Bedeutung beigemessen. Es bestehe zu Gunsten des Beschwerdeführers kein Vertrauensschutz, da die Anstalt dem Beschwerdeführer gegenüber nicht den Eindruck erweckt habe, er könne in der Justizvollzugsanstalt Bochum verbleiben.

13

Der Antrag im Hinblick auf die Vertretung des Lockerungsgutachtens durch die Justizvollzugsanstalt Bochum gegenüber anderen Institutionen sei unzulässig. Die begehrte Handlung weise keinen Regelungscharakter und keine Außenwirkung auf. Der Antrag sei überdies unbegründet, da keine Anspruchsgrundlage zu Gunsten des Beschwerdeführers existiere.

14

Im Hinblick auf den für erledigt erklärten Antrag zur Fertigstellung des Gutachtens wurden der Landeskasse die Kosten auferlegt. Die Anstalt habe dem Beschwerdeführer jedenfalls die Fertigstellung des Gutachtens auch im Falle der Verlegung zugesichert.

15

11. Gegen diesen Beschluss legte der Beschwerdeführer am 30. April 2014 Rechtsbeschwerde ein. Der kurzen Niederschrift der Geschäftsstelle war ein Schriftsatz des Beschwerdeführers beigefügt. In diesem schilderte er zunächst den Sachverhalt und den Inhalt der vielen Schreiben im Vorfeld des angegriffenen Beschlusses des Landgerichts. Sodann beanstandete er insbesondere, dass seine Argumente gegen eine Verlegung vom Gericht nicht aufgegriffen worden seien.

16

12. Mit angegriffenem Beschluss vom 18. Juni 2014 verwarf das Oberlandesgericht Hamm die Rechtsbeschwerde als unzulässig, da es nicht geboten sei, die Nachprüfung des angefochtenen Beschlusses zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen. Der Senat merkte an, dass man daran zweifeln könne, ob eine Verlegung nach § 8 StVollzG mit einer Zerrüttung des Arzt-Patienten-Verhältnisses begründet werden könne, wenn eine Fehlbehandlung des Arztes im Raum stehe. Jedoch habe das Landgericht die tatbestandlichen Voraussetzungen zutreffend erkannt und lediglich im Einzelfall die Ermessenfehlerfreiheit gegebenenfalls falsch beurteilt. Soweit der Beschwerdeführer die Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs erhebe, sei auch dahingehend eine Zulassung nicht geboten. Die Entscheidung des Landgerichts mache an mehreren Stellen deutlich, dass sie den Vortrag des Beschwerdeführers zur Kenntnis genommen habe.

II.

17

Mit seiner rechtzeitig erhobenen Verfassungsbeschwerde vom 30. Juni 2014 macht der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Grundrechte und grundrechtsgleichen Rechte aus Art. 1, Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1, Art. 2, Art. 19 Abs. 4, Art. 20 Abs. 3, Art. 103 und schließlich Art. 104 GG geltend.

18

1. Er trägt vor, aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ergebe sich, dass die Verlegung in eine andere Justizvollzugsanstalt in sein Grundrecht aus Art. 2 GG beziehungsweise in Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 GG eingreife. Die Verlegung sei für ihn wegen der verlorenen sozialen Kontakte, der Kontakte zu den Fachdiensten und des verlorenen, gut vergüteten Arbeitsplatzes besonders schwerwiegend. In der Justizvollzugsanstalt Werl sei ihm nie ein Arbeitsplatz angeboten worden, er verfüge nunmehr allein über das Taschengeld. Zudem habe er seinen Anspruch auf Arbeitslosengeld I durch den Wegfall des Arbeitsplatzes verloren. Jedenfalls dürfe die Weigerung des Anstaltsarztes, ihm eine ausreichende medizinische Versorgung zu gewährleisten, nicht dazu führen, dass er gegen seinen Willen verlegt werde. Durch die Anstalt sei niemals auf den Anstaltsarzt eingewirkt worden. Im Hinblick auf das Lockerungsgutachten wies er darauf hin, dass der Behandlungsbericht aus dem Jahr 2010 die Möglichkeit eröffnet habe, Lockerungen zu gewähren, durch die verzögerte Fertigstellung des Anstaltsgutachtens sei dies aber unterblieben.

19

2. Mit Schreiben vom 5. April 2015 teilt der Beschwerdeführer mit, dass er am 23. März 2015 wieder in die Justizvollzugsanstalt Bochum zurückverlegt worden sei und dort die Medikamente erhalte, die ihm auf Grund des Beschlusses des Landgerichts Bochum vom 30. Juli 2013 verabreicht werden sollten. Das Rechtsschutzbedürfnis sei aber nicht entfallen, da er für anderthalb Jahre seinen Arbeitsplatz verloren habe und seine Vollzugslockerungen sich erheblich verzögert hätten.

20

3. Das Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen hat von einer Stellungnahme abgesehen.

21

4. Die Akten des fachgerichtlichen Verfahrens haben der Kammer vorgelegen.

III.

22

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zur Entscheidung an, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung (§ 93c Abs. 1 BVerfGG) liegen im Hinblick auf die Entscheidung über die Verlegung vor. Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Grundsätze sind in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt. Nach diesen Grundsätzen ist die Verfassungsbeschwerde in einem die Zuständigkeit der Kammer begründenden Sinn offensichtlich begründet.

23

1. Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig. Der Zulässigkeit steht im Hinblick auf die Verlegung nicht entgegen, dass der Beschwerdeführer nach Erhebung der Verfassungsbeschwerde wieder in die Justizvollzugsanstalt Bochum zurückverlegt wurde. Das Bundesverfassungsgericht hat im Falle der Erledigung des mit der Verfassungsbeschwerde verfolgten Begehrens die entscheidenden Kriterien für das Fortbestehen eines Rechtsschutzbedürfnisses darin gesehen, dass entweder die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage von grundsätzlicher Bedeutung andernfalls unterbliebe und der gerügte Grundrechtseingriff besonders belastend erscheint, eine Wiederholung der angegriffenen Maßnahme zu besorgen ist oder die aufgehobene oder gegenstandslos gewordene Maßnahme den Beschwerdeführer noch weiterhin beeinträchtigt (vgl. BVerfGE 81, 138 <140> unter Verweis auf BVerfGE 33, 247 <257 f.>; 69, 161 <168>). Das Bundesverfassungsgericht ist in Fällen besonders tiefgreifender und folgenschwerer Grundrechtsverstöße vom Fortbestehendes Rechtsschutzbedürfnisses auch dann ausgegangen, wenn die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene nach dem regelmäßigen Geschäftsgang eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts kaum erlangen konnte (BVerfGE 81, 138 <140 f.>). Der Grundrechtsschutz des Beschwerdeführers würde sonst in unzumutbarer Weise verkürzt (BVerfGE 81, 138 <141> unter Verweis auf BVerfGE 34, 165 <180>; 41, 29 <43>; 49, 24 <51 f.>). Der Umstand, dass die Fachgerichte und das Bundesverfassungsgericht oft außer Stande sind, schwierige Fragen in kurzer Zeit zu entscheiden, darf nicht dazu führen, dass eine Verfassungsbeschwerde allein wegen des vom Beschwerdeführer nicht zu vertretenden Zeitablaufs als unzulässig verworfen wird (BVerfGE 81, 138 <141> unter Verweis auf BVerfGE 74, 163 <172 f.>; 76, 1 <38 f.>). Hier besteht das Rechtsschutzbedürfnis jedenfalls auf Grund des in Rede stehenden tiefgreifenden und folgenschweren Grundrechtsverstoßes fort. Durch die Verlegung wurde das verfassungsrechtliche Resozialisierungsgebot in besonders erheblicher Weise berührt, da der Beschwerdeführer dadurch seine Kontakte in der Anstalt und seinen Arbeitsplatz für einen Zeitraum von anderthalb Jahren verlor. Zudem wurde die Entscheidung über Vollzugslockerungen offensichtlich wesentlich verzögert und erschwert.

24

2. Die Verfassungsbeschwerde ist im Hinblick auf die Verlegungsentscheidung teilweise begründet.

25

a) Zwar verletzen die angegriffenen Beschlüsse des Landgerichts und des Oberlandesgerichts, soweit sie die Vertretung des Lockerungsgutachtens gegenüber der Justizvollzugsanstalt Werl betreffen, den Beschwerdeführer nicht in seinem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG. Zu Recht hat das Landgericht das Vorliegen einer Maßnahme im Sinne des § 109 StVollzG verneint und das Oberlandesgericht die dagegen gerichtete Rechtsbeschwerde als unzulässig verworfen. Die Verfassungsbeschwerde ist insoweit unbegründet und nicht zur Entscheidung anzunehmen.

26

b) Der angegriffene Beschluss des Landgerichts verletzt den Beschwerdeführer aber in seinen Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 GG sowie Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG, soweit er den Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen die Verlegung des Beschwerdeführers als unbegründet zurückweist.

27

aa) Wird ein Strafgefangener gegen seinen Willen in eine andere Justizvollzugsanstalt verlegt, greift dies in sein Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG ein (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1857/14, 2 BvR 22 BvR 2810/14 -, juris, Rn. 28 unter Verweis auf BVerfGK 6, 260 <264>; 8, 307 <309>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 26. August 2008 - 2 BvR 679/07 -, juris, Rn. 20; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 23. Oktober 2013 - 2 BvQ 42/13 -, juris, Rn. 6). Die Verlegung kann für den Gefangenen mit schwerwiegenden Beeinträchtigungen verbunden sein (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1857/14, 2 BvR 22 BvR 2810/14 -, juris, Rn. 28). Insoweit ist insbesondere in den Blick zu nehmen, dass sämtliche in der Justizvollzugsanstalt entwickelten sozialen Beziehungen praktisch abgebrochen werden und der schwierige Aufbau eines persönlichen Lebensumfelds in einer anderen Anstalt von neuem begonnen werden muss (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1857/14, 2 BvR 22 BvR 2810/14 -, juris, Rn. 28 unter Verweis auf BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 28. Februar 1993 - 2 BvR 196/92 -, juris, Rn. 11). Darüber hinaus kann eine Verlegung - nicht nur aus den genannten Gründen - auch die Resozialisierung des Strafgefangenen beeinträchtigen und somit dessen durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG vermittelten Anspruch auf einen Strafvollzug, der auf das Ziel der Resozialisierung ausgerichtet ist, berühren (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1857/14, 2 BvR 22 BvR 2810/14 -, juris, Rn. 28 unter Verweis auf BVerfGK 6, 260 <264>; 8, 307 <309>). Verlegungen, die nicht ihrerseits durch Resozialisierungsgründe bestimmt sind, bedürfen daher einer Rechtfertigung (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1857/14, 2 BvR 22 BvR 2810/14 -, beck, Rn. 28). Eine zusätzliche erhebliche Beeinträchtigung ergibt sich, wenn der Wechsel der Anstalt mit dem Verlust einer Arbeitsmöglichkeit verbunden ist (BVerfGK 6, 260 <264>).

28

bb) Vor diesem Hintergrund bestehen gegen den Beschluss des Landgerichts durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken. Art. 2 Abs. 1 GG sowie Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG verbieten eine Verlegung eines Strafgefangenen mit der Begründung, das Verhältnis zwischen diesem und dem Anstaltsarzt sei zerrüttet, wenn zuvor gerichtlich festgestellt wurde, dass der Anstaltsarzt den Strafgefangenen über Jahre hinweg in einer Weise medizinisch behandelte, die nicht den Regeln ärztlicher Kunst entsprach.

29

(1) Das Bundesverfassungsgericht hat bereits deutlich gemacht, dass die Verlegung eines Gefangenen nur im Falle des Vorliegens besonderer Umstände in Betracht kommt, wenn ein Fehlverhalten Dritter zur Begründung der Entscheidung herangezogen wird (BVerfGK 8, 307 <311>). Zudem muss in einer solchen Konstellation zunächst auf denjenigen, der die Regel bricht, eingewirkt werden, diesen Verstoß zu unterlassen, bevor derjenige, der von diesem regelwidrigen Verhalten betroffen ist, mit einer Verlegung belastet wird (vgl. BVerfGK 6, 260 <265 f.>).

30

(2) Das Landgericht erachtete § 8 Abs. 1 Nr. 1 StVollzG als taugliche Eingriffsgrundlage für die Entscheidung über die Verlegung des Beschwerdeführers. Diese Norm lässt eine Verlegung zu, wenn die Behandlung des Gefangenen dadurch gefördert wird. Ungeachtet der einfach-gesetzlichen Fragen, ob § 65 Abs. 1 Alt. 2 StVollzG, wonach ein kranker Gefangener in eine für die Behandlung seiner Krankheit besser geeignete Vollzugsanstalt verlegt werden kann, eine abschließende Spezialregelung zur Verlegung eines kranken Gefangenen enthält und die Auslegung des Begriffs "Behandlung" in § 8 Abs. 1 Nr. 1 StVollzG auch die medizinische Behandlung erfasst, muss bei der Ausübung des Ermessens, das der Justizvollzugsanstalt durch § 8 Abs. 1 Nr. 1 StVollzG eröffnet wird, jedenfalls der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet werden (vgl. zum Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Kontext von Entscheidungen über die Verlegung von Strafgefangenen BVerfGK 6, 260 <265 f.>; 8, 307 <311 f.>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 4. Februar 2009 - 2 BvR 1533/08 -, juris, Rn. 10). Die Auslegung und Anwendung von § 8 Abs. 1 Nr. 1 StVollzG durch das Landgericht stellt sich als unverhältnismäßig dar. Es wäre in dieser besonderen Sachverhaltskonstellation durch die Strafvollstreckungskammer insbesondere festzustellen gewesen, ob die unzureichende medizinische Behandlung des Beschwerdeführers nicht durch eine geeignete Einwirkung der Anstaltsleitung auf den Anstaltsarzt als milderes Mittel hätte unterbunden werden können (vgl. BVerfGK 6, 260 <265 f.>; 8, 307 <311>). Bei der Entscheidung über die Verlegung des Beschwerdeführers galt es insbesondere zu beachten, dass die schwerwiegende Falschbehandlung allein in die Verantwortungssphäre des Anstaltsarztes fiel. Es ist unvereinbar mit den Grundsätzen rechtsstaatlicher Zurechnung, wenn das rechtswidrige Verhalten des Anstaltsarztes, der den Beschwerdeführer entgegen den Vorgaben des landgerichtlichen Beschlusses nicht fachgerecht behandelt hat, nicht diesem zugerechnet und nach Möglichkeit durch ihm gegenüber zu ergreifende Maßnahmen abgewehrt wird, sondern ein Dritter - der Beschwerdeführer - zum Objekt eingreifender Maßnahmen gemacht wird (vgl. BVerfGK 8, 307 <311> m.w.N.). Rechtsstaatliche Zurechnung muss darauf ausgerichtet sein, nicht rechtswidriges, sondern rechtmäßiges Verhalten zu begünstigen (BVerfGK 8, 307 <311> unter Verweis auf BVerfGE 116, 24 <49 f.>). Dem läuft es grundsätzlich zuwider, wenn, wie im vorliegenden Fall, Maßnahmen zur Abwehr drohenden rechtswidrigen Verhaltens nicht vorrangig gegen den Störer, sondern ohne Weiteres - und schwerwiegend in Grundrechte eingreifend - gegen den von solchem rechtswidrigen Verhalten potentiell Betroffenen ergriffen werden (BVerfGK 8, 307 <311>).

31

(3) Ferner hat das Gericht bei der Überprüfung der Entscheidung über die Verlegung außer Acht gelassen, dass durch den so begründeten Zuständigkeitswechsel von der Justizvollzugsanstalt Bochum auf die Justizvollzugsanstalt Werl die bereits seit dem Jahr 2012 im Raum stehende Gewährung von Vollzugslockerungen zu Gunsten des Beschwerdeführers wesentlich erschwert wurde und es somit zu einer weiteren Beeinträchtigung der Grundrechte des Beschwerdeführers kam.

32

c) Der angegriffene Beschluss des Oberlandesgerichts verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG, soweit er die Rechtsbeschwerde gegen seine Verlegung als unzulässig verwirft.

33

aa) Art. 19 Abs. 4 GG enthält ein Grundrecht auf effektiven und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1206/13 -, juris, Rn. 19 unter Verweis auf BVerfGE 67, 43 <58>; stRspr). Die in Art. 19 Abs. 4 GG verbürgte Effektivität des Rechtsschutzes wird in erster Linie von den Prozessordnungen gesichert (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1206/13 -, juris, Rn. 19). Sie treffen Vorkehrungen dafür, dass der Einzelne seine Rechte auch tatsächlich wirksam durchsetzen kann und die Folgen staatlicher Eingriffe im Regelfall nicht ohne fachgerichtliche Prüfung zu tragen hat (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1206/13 -, juris, Rn. 19 unter Verweis auf BVerfGE 94, 166 <213>). Dabei fordert Art. 19 Abs. 4 GG zwar keinen Instanzenzug (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1206/13 -, juris, Rn. 19 unter Verweis auf BVerfGE 87, 48 <61>; 92, 365 <410>; stRspr). Eröffnet das Prozessrecht aber eine weitere Instanz, so gewährleistet Art. 19 Abs. 4 GG dem Bürger in diesem Rahmen die Effektivität des Rechtsschutzes im Sinne eines Anspruchs auf eine wirksame gerichtliche Kontrolle (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1206/13 -, juris, Rn. 19 unter Verweis auf BVerfGE 40, 272 <274 f.>; 54, 94 <96 f.>). Das Rechtsmittelgericht darf ein von der jeweiligen Rechtsordnung eröffnetes Rechtsmittel daher nicht ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer "leerlaufen" lassen (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1206/13 -, juris, Rn. 19 unter Verweis auf BVerfGE 78, 88 <99>).

34

bb) Gegen gerichtliche Entscheidungen der Strafvollstreckungskammern ist gemäß § 116 Abs. 1 StVollzG die Rechtsbeschwerde zulässig, wenn es geboten ist, die Nachprüfung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen. Zwar ist anerkannt, dass es auch in Fällen, in denen die Strafvollstreckungskammer ihre Entscheidung ausdrücklich oder implizit auf eine unzutreffende oder von der Rechtsprechung anderer Gerichte abweichende Rechtsauffassung gestützt hat, an der Erforderlichkeit der Nachprüfung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung fehlen kann, weil nicht zu erwarten ist, dass der Rechtsfehler in weiteren Fällen Bedeutung erlangen wird, weil also keine Wiederholungsgefahr besteht (BVerfGK 13, 438 <441> m.w.N.). Die Zulässigkeit einer Rechtsbeschwerde kann danach insbesondere dann verneint werden, wenn die Strafvollstreckungskammer ihren Rechtsfehler nachträglich erkannt und dies aktenkundig gemacht oder wenn das Oberlandesgericht in anderer Sache zu der Rechtsfrage Stellung genommen und sie anders beantwortet hat als die Strafvollstreckungskammer, diese das aber bei der Entscheidung noch nicht wissen konnte (BVerfGK 13, 438 <441> m.w.N.; vgl. ferner BVerfGK 17, 420 <428>; Bachmann, in: Laubenthal/Nestler/Neubacher/Verrel , StVollzG, 12. Auflage 2015, Abschnitt P, § 116 Rn. 93). Die Annahme, die Strafvollstreckungskammer werde einen bestimmten Fehler nicht wiederholen, setzt vor dem Hintergrund des Art. 19 Abs. 4 GG allerdings voraus, dass tatsächliche Umstände eine solche Prognose rechtfertigen. Könnte bei im Übrigen erfüllten Zulässigkeitsvoraussetzungen die Erforderlichkeit obergerichtlicher Nachprüfung allein mit dem Ausspruch der Erwartung verneint werden, das Ausgangsgericht werde einen festgestellten Rechtsfehler künftig vermeiden, so wäre für den Rechtsschutzsuchenden nicht mehr erkennbar, in welchen Fällen er überhaupt noch mit einer Behandlung seiner Rechtsbeschwerde als zulässig rechnen dürfte (BVerfGK 13, 438 <442>).

35

cc) Demnach durfte das Oberlandesgericht die Rechtsbeschwerde jedenfalls nicht ohne Weiteres mit der Begründung verwerfen, die Strafvollstreckungskammer habe die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 8 StVollzG zutreffend erkannt und lediglich im Einzelfall die Ermessensfehlerfreiheit unter Umständen falsch beurteilt. Das Oberlandesgericht hat Anhaltspunkte dafür, dass es sich allenfalls um einen Fehler im Einzelfall gehandelt hat, gerade nicht benannt. Mit einer solchen bloßen Vermutung kann die Verwerfung der Rechtsbeschwerde aber nicht ohne Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG begründet werden, denn damit würden die gesetzlichen Zulassungsgründe in einer Weise ausgelegt und angewendet, die jede Vorhersehbarkeit zunichtemachen würde und die Möglichkeit der Rechtsbeschwerde im Ergebnis leerlaufen ließe (vgl. BVerfGK 13, 438 <441 f.>).

36

d) Ob durch die angegriffenen Entscheidungen weitere Grundrechte des Beschwerdeführers verletzt worden sind, kann angesichts der dargelegten Verstöße offenbleiben.

IV.

37

Im Umfang der festgestellten Grundrechtsverletzungen, auf denen die Beschlüsse beruhen, werden der Beschluss des Landgerichts Bochum vom 7. April 2014 und der Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 18. Juni 2014 aufgehoben; die Sache wird an das Landgericht Bochum zurückverwiesen (§ 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2, § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG).

V.

38

Dem Beschwerdeführer sind, da er sein Rechtsschutzziel im Wesentlichen erreicht hat, gemäß § 34a Abs. 2 und Abs. 3 BVerfGG die notwendigen Auslagen für das Verfahren der Verfassungsbeschwerde zu erstatten (vgl. BVerfGE 32, 1 <39>; 79, 372 <378>; 86, 90 <122>; 104, 220 <238>; 114, 1 <72>).

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Gründe

I.

1

1. Der wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu einer siebenjährigen Gesamtfreiheitsstrafe verurteilte, mittlerweile entlassene Beschwerdeführer war von 2010 bis 2014 in der Justizvollzugsanstalt Lübeck inhaftiert. Aufgrund seiner HIV- und Hepatitis C-Infizierung bedurfte er regelmäßiger ärztlicher Behandlung und wurde in Abständen von drei bis sechs Monaten in das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein ausgeführt. Ende 2012 erfolgte eine solche Ausführung erstmals nicht allein, sondern in Begleitung eines anderen Strafgefangenen. Beide wurden gemeinsam in den Wartebereich der immunologischen Ambulanz gebracht, um sich dann einzeln derselben behandelnden Ärztin vorzustellen; im Anschluss wurde ihnen Blut abgenommen. Auf der Rückfahrt fragte der andere Strafgefangene den Beschwerdeführer, seit wann dieser HIV-positiv sei.

2

Auf eine im Anschluss an den Arztbesuch vom Beschwerdeführer begehrte Auskunft über die Verantwortlichkeit für Koordinierung und Durchführung des Arztbesuchs teilte die Justizvollzugsanstalt mit, dass es unabdingbar sei, mehrere Gefangene zusammen einem Facharzt vorzustellen. Es habe dem Beschwerdeführer freigestanden, auf die Arztvorführung zu verzichten.

3

2. Daraufhin beantragte der Beschwerdeführer beim Landgericht festzustellen, dass sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung und sein allgemeines Persönlichkeitsrecht durch die Handlungsweise der Justizvollzugsanstalt verletzt und er hierdurch diskriminiert und stigmatisiert worden sei. Er habe den in einem anderen Hafthaus untergebrachten Gefangenen noch nie zuvor gesehen und sich ihm gegenüber nicht offenbart. Eine Einzelverbringung in die Klinik sei der Justizvollzugsanstalt offensichtlich möglich, da sie bisher immer in dieser Weise erfolgt sei. Jedenfalls hätte er im Vorfeld über die gemeinsame Verbringung informiert werden müssen.

4

Die Justizvollzugsanstalt beantragte, den Antrag als unbegründet zurückzuweisen, da bereits kein nach § 115 Abs. 3 StVollzG erforderliches Feststellungsinteresse bestehe. Soweit in dem gemeinsamen Transport überhaupt ein Grundrechtseingriff gesehen werden könne, sei dieser jedenfalls verhältnismäßig. Die personelle Ausstattung lasse eine Einzelvorführung nur in besonderen Ausnahmefällen, insbesondere aus Gründen der Sicherheit und Ordnung zu, die beim Beschwerdeführer nicht vorlägen. Bei einer Facharztvorstellung sei immer davon auszugehen, dass entsprechend wartende Patienten ähnliche Leiden hätten, dies treffe auch auf nicht inhaftierte Patienten zu, die sich im Wartezimmer einer Facharztpraxis befänden. Zudem lasse die gemeinsame Vorstellung bei einem Facharzt keinerlei Rückschlüsse zu; in der Immunologie würden nicht nur an HIV Erkrankte, sondern auch an anderen Immunerkrankungen leidende Gefangene vorgestellt.Dem Beschwerdeführer sei es zuzumuten gewesen, auf die Nachfrage des Mitgefangenen nicht einzugehen; ebenso habe es ihm freigestanden, die Facharztausführung zu verweigern

5

Mit Beschluss vom 5. März 2013 verwarf das Landgericht den Antrag als unzulässig. Die Zulässigkeit des Feststellungsantrages erfordere die vorherige Beanstandung der durch Vollzug erledigten Maßnahme. § 115 Abs. 3 StVollzG betreffe nach seiner systematischen Stellung den Fall der Erledigung eines zuvor nach § 109 Abs. 1 StVollzG gestellten Antrags während des gerichtlichen Verfahrens. Selbst soweit sich der Anwendungsfall der Norm nicht hierauf beschränke, ergebe sich die Unzulässigkeit daraus, dass der Beschwerdeführer die Maßnahme vor gerichtlicher Antragstellung gegenüber der Justizvollzugsanstalt nicht beanstandet habe. Es sei ihm ohne weiteres möglich gewesen, bei Beginn des gemeinsamen Transports in die Klinik gegenüber der Justizvollzugsanstalt deutlich zu machen, dass er - wie in der Vergangenheit geschehen - auf eine alleinige Verbringung zum Arzt bestehe.

6

Die Anträge seien im Übrigen unbegründet. Ein Eingriff in das sich aus Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG ergebende allgemeine Persönlichkeitsrecht in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung liege nicht vor. Der Beschwerdeführer behaupte selbst nicht, dass die Justizvollzugsanstalt Informationen über seine Krankheit an Mitgefangene weitergegeben habe. Er rüge allein, dass aus seiner Vorstellung bei der Ärztin im Bereich der Immunologie der Rückschluss auf seine HIV-Erkrankung gezogen worden sei. Zwar könne der Mitgefangene diesen Rückschluss tatsächlich gezogen haben, da er selbst offenbar auch HIV-positiv sei, der Schluss sei jedoch nicht zwingend, da sich Immunologie auch mit verschiedenen anderen Krankheiten beschäftige. Dem Beschwerdeführer sei es unbenommen gewesen, seinem Mitgefangenen schlicht nicht zu antworten oder seine Frage zu verneinen. Dass dieser die Information über die Krankheit des Beschwerdeführers gewonnen habe, habe somit nicht die Justizvollzugsanstalt, sondern er selbst zu verantworten.

7

3. Gegen den Beschluss des Landgerichts legte der Beschwerdeführer zu Protokoll der Geschäftsstelle Rechtsbeschwerde ein und beantragte, den Beschluss aufzuheben und im Sinne seines Feststellungsantrags zu entscheiden. Das Landgericht habe einen unzutreffenden Maßstab angelegt; ein Verstoß gegen das Selbstbestimmungsrecht liege vor, da der Mithäftling aufgrund der gesamten Umstände (gemeinsame Vorstellung bei der Immunologie, Blutabnahme, Vorstellung bei derselben Ärztin) die entsprechenden Rückschlüsse habe ziehen können, was auf der Veranlassung des gemeinsamen Transports durch die Justizvollzugsanstalt beruhe. Man habe ihn über den gemeinsam vorgesehenen Transport nicht informiert und ihn so zum Objekt des Vollzuges degradiert. Auf die Mutmaßungen des Mithäftlings sei er nicht eingegangen. Durch dessen Rückschlüsse werde er im Vollzug vernachlässigt, Mitgefangene mieden und redeten schlecht über ihn. Sein Antrag auf gerichtliche Entscheidung sei zulässig gewesen. Es bestehe ein Feststellungsinteresse, da die erledigte Maßnahme ungünstige Auswirkungen auf seinen weiteren Vollzug habe.

8

Mit Beschluss vom 18. April 2013 verwarf das Oberlandesgericht die Rechtsbeschwerde als unzulässig im Sinne des § 116 Abs. 1 StVollzG. Das Landgericht habe die Anträge mit einer sich im Rahmen der Rechtsprechung des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts haltenden Begründung als unzulässig verworfen. Die isolierten Feststellungsanträge des Beschwerdeführers seien nach dieser Rechtsprechung in Verfahren nach dem Strafvollzugsgesetz unzulässig. Im Rahmen des § 109 StVollzG könne immer nur eine konkrete Maßnahme entweder angefochten oder beantragt werden. Eine Feststellungsklage sei nur unter den Voraussetzungen des § 115 Abs. 3 StVollzG zulässig, also in Form der so genannten Fortsetzungsfeststellungklage nach vorangegangener Beantragung und Erledigung einer Maßnahme. Da die Strafvollstreckungskammer ihre Entscheidung bereits hierauf zu Recht gegründet habe, müsse auf die nicht tragenden Hilfsüberlegungen zur Unbegründetheit nicht eingegangen werden.

II.

9

1. Mit seiner Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Beschlüsse des Landgerichts und Oberlandesgerichts und rügt eine Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 1, 2, 3 und Art. 19 Abs. 4 GG.

10

Die in § 115 Abs. 3 StVollzG genannte Fallgestaltung sei nicht der einzige Anwendungsfall des Feststellungsantrags; die dort vorausgesetzte Erledigung könne bereits vor Antragstellung eintreten, auch habe er ein Feststellungsinteresse.

11

Die Justizvollzugsanstalt habe ihm absichtlich nicht mitgeteilt, dass die Vorführung zur Ärztin in Begleitung eines anderen Gefangenen geschehen werde. Auch aus dem Umstand, dass der andere Gefangene mit im Fahrzeug gesessen habe, habe er dies nicht schließen können; in der Vergangenheit seien andere Gefangene trotz gemeinsamer Fahrzeugnutzung zu anderen Ausführungsorten verbracht worden. Der Justizvollzugsanstalt sei bekannt, dass er aufgrund seiner offen gelebten Homosexualität "besonders haftempfindlich" und "erheblichen Diskriminierungen ausgesetzt" sei. Um die Diskriminierungen nicht zu verschärfen, sei es für ihn entscheidend, dass Mitgefangene keine Kenntnis über seine HIV- und Hepatitis C-Infektion erhielten. Sein Recht, allein über die Preisgabe seiner persönlichen Daten zu entscheiden, habe die Justizvollzugsanstalt verletzt, ob vorsätzlich oder fahrlässig, könne bei der jedenfalls offensichtlich bestehenden Kausalität dahinstehen.

12

Die Verwerfung seiner Rechtsbeschwerde als unzulässig sei rechtswidrig. Ausführungen zum Facharzt seien Maßnahmen nach § 109 StVollzG, die sich mit dem Ende der Ausführung erledigten; so verhalte es sich auch mit zahlreichen anderen Maßnahmen. In all diesen Fällen sei einzig der Feststellungsantrag zulässig. Nach der Auffassung des Oberlandesgerichts würde ihm Rechtsschutz gegen die Art der Ausführung grundsätzlich verwehrt.

13

2. Das Ministerium für Justiz, Kultur und Europa des Landes Schleswig-Holstein hat von einer Stellungnahme abgesehen.

14

3. Die Akten des fachgerichtlichen Verfahrens wurden beigezogen.

III.

15

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Eine grundsätzliche Bedeutung (§ 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG) kommt ihr nicht zu. Ihre Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung der als verletzt gerügten Grundrechte angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Soweit sich der Beschwerdeführer gegen den Beschluss des Landgerichts wendet, ist die Verfassungsbeschwerde unbegründet. Soweit sich der Beschwerdeführer gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts wendet, ist die Annahme jedenfalls deshalb nicht angezeigt, weil abzusehen ist, dass er auch im Fall der Zurückverweisung im Ergebnis keinen Erfolg haben würde (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 3. August 2009 - 1 BvR 369/08 -, juris, Rn. 9).

16

1. Soweit der Beschluss des Landgerichts die Feststellungsanträge für unzulässig erklärt, begegnet dies zwar im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung ist insoweit jedoch nicht angezeigt, als der Beschluss auf diesem Verfassungsverstoß nicht beruht. Das Landgericht hat zusätzlich die Begründetheit der vom Beschwerdeführer gestellten Anträge geprüft. Diese den Beschluss selbstständig tragende Begründung wird verfassungsrechtlichen Anforderungen gerecht.

17

Die Feststellung und Würdigung des Tatbestandes, die Auslegung des einfachen Rechts und seine Anwendung auf den einzelnen Fall sind allein Sache der dafür allgemein zuständigen Gerichte und der Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht entzogen, sofern nicht Auslegungsfehler sichtbar werden, die die Grenze zur Willkür überschreiten oder auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung eines Grundrechts beruhen (BVerfGE 18, 85 <92 f.>; 134, 242 <353>; stRspr). Diesen fachgerichtlichen Spielraum hat das Landgericht nicht überschritten. Der die gemeinsame Ausführung als rechtmäßig bestätigende Beschluss ist weder willkürlich noch lässt er eine grundsätzlich unrichtige Anschauung von der Bedeutung der Grundrechte erkennen; insbesondere ist nicht ersichtlich, dass das Landgericht die Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Beschwerdeführers grundsätzlich verkannt hat. In der vorliegenden Konstellation war es auf der Grundlage des vom Beschwerdeführer vor dem Landgericht Vorgetragenen verfassungsrechtlich nicht geboten, dessen gemeinsame Ausführung mit einem anderen Gefangenen zur Immunologin als ungerechtfertigten Eingriff in sein Allgemeines Persönlichkeitsrecht zu werten. Das Landgericht durfte ohne Verstoß gegen Grundrechte des Beschwerdeführers davon ausgehen, dass die Justizvollzugsanstalt jedenfalls verfassungsrechtlich nicht dazu verpflichtet war, ihn ausschließlich per Einzeltransport zur Immunologie zu verbringen.

18

2. a) Der Beschluss des Oberlandesgerichts verletzt den Beschwerdeführer in seinem Anspruch aus Art. 19 Abs. 4 GG.

19

aa) Art. 19 Abs. 4 GG enthält ein Grundrecht auf effektiven und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (vgl. BVerfGE 67, 43 <58>; stRspr). Die in Art. 19 Abs. 4 GG verbürgte Effektivität des Rechtsschutzes wird in erster Linie von den Prozessordnungen gesichert. Sie treffen Vorkehrungen dafür, dass der Einzelne seine Rechte auch tatsächlich wirksam durchsetzen kann und die Folgen staatlicher Eingriffe im Regelfall nicht ohne fachgerichtliche Prüfung zu tragen hat (vgl. BVerfGE 94, 166 <213>). Dabei fordert Art. 19 Abs. 4 GG zwar keinen Instanzenzug (vgl. BVerfGE 87, 48 <61>; 92, 365 <410>; stRspr). Eröffnet das Prozessrecht aber eine weitere Instanz, so gewährleistet Art. 19 Abs. 4 GG dem Bürger in diesem Rahmen die Effektivität des Rechtsschutzes im Sinne eines Anspruchs auf eine wirksame gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerfGE 40, 272 <274 f.>; 54, 94 <96 f.>). Das Rechtsmittelgericht darf ein von der jeweiligen Rechtsordnung eröffnetes Rechtsmittel daher nicht ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer "leerlaufen" lassen (vgl. BVerfGE 78, 88 <99>).

20

bb) Mit der Annahme, auf die Erwägungen des Landgerichts zur Unbegründetheit der Anträge nicht eingehen zu müssen, da bereits die Erwägungen zur Zulässigkeit die Entscheidung trügen und isolierte Feststellungsanträge im Strafvollzugsverfahren grundsätzlich unzulässig seien, verkennt das Oberlandesgericht diese verfassungsrechtlichen Anforderungen.

21

Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Fortbestehen des Rechtsschutzinteresses soll sicherstellen, dass der möglicherweise von einer Grundrechtsverletzung Betroffene nicht allein deshalb rechtsschutzlos bleibt, weil sich der Eingriff, gegen den er um Rechtsschutz nachsucht, bereits vor der Entscheidung über das Rechtsschutzgesuch oder sogar bereits vor Antragstellung erledigt hat (vgl. grundlegend BVerfGE 96, 27 <39 ff.>; 104, 220 <233>; vgl. für die Zulässigkeit isolierter Feststellungsanträge im Strafvollzug BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 14. November 2000 - 2 BvR 1931/00 -, juris, Rn. 4 und Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 12. September 2003 - 2 BvR 1220/03 -, NStZ-RR 2004, S. 59 <60>).

22

In Übereinstimmung mit dieser Rechtsprechung und im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG ist auch in der obergerichtlichen Rechtsprechung einhellig anerkannt, dass im Strafvollzugsverfahren ein allgemeiner Feststellungsantrag trotz vorprozessualer Erledigung zulässig ist, obwohl das Strafvollzugsgesetz - anders als die Verwaltungsgerichtsordnung - einen solchen nicht ausdrücklich regelt (vgl. nur Oberlandesgericht Dresden, Beschluss vom 28. Juli 2006 - 2 Ws 624/05 -, NStZ 2007, S. 707 <708>; Thüringer Oberlandesgericht, Beschlüsse vom 19. August 2003 - 1 Ws 205/03 -, NStZ 2004, S. 229 und vom 20. August 2003 - 1 Ws 220/03 -, OLG-NL 2003, S. 235 <236>; Oberlandesgericht Frankfurt a.M., Beschlüsse vom 18. Juli 2003 - 3 Ws 578/03 (StVollz) -, NJW 2003, S. 2843 <2844> und - 3 Ws 606/03 -, NStZ-RR 2004, S. 29 <29>; Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 25. Oktober 1982 - 7 Vollz (Ws) 111/82 -, NStZ 1983, S. 240; vgl. auch dazu, dass in diesen Fällen ein Vorschaltverfahren nicht erforderlich ist, Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 13. Juni 1989 - 1 Vollz (Ws) 376/88 -, juris, Rn. 12; vgl. zur Zulässigkeit eines isolierten Feststellungsantrages in entsprechender Anwendung des § 115 Abs. 3 StVollzG übereinstimmend auch die Kommentarliteratur, Bachmann, in: LNNV, StVollzG, 12. Aufl. 2015, Abschn. P Rn. 31 und 78; Euler, in: Graf, Beckscher Online Kommentar zum StVollzG (Juli 2014), § 115 Rn. 15; Laubenthal, in: Schwind/Böhm/Jehle/Laubenthal, StVollzG, 6. Aufl. 2013, § 115 Rn. 17; Kamann/ Spaniol, in: Feest/Lesting, StVollzG, 6. Aufl. 2012, § 109 Rn. 32 und § 115 Rn. 77; Arloth, StVollzG, 3. Aufl. 2011, § 109 Rn. 5 und § 115 Rn. 10; Calliess/Müller-Dietz, StVollzG, 11. Aufl. 2008, § 115 Rn. 16).

23

Der Beschluss des Oberlandesgerichts erklärt demgegenüber mit bloßem Hinweis auf die eigene Rechtsprechungspraxis isolierte Feststellungsanträge im Strafvollzugsverfahren allein aufgrund des Wortlauts des § 115 Abs. 3 StVollzG - unabhängig von der Frage eines fortbestehenden Rechtsschutzinteresses - für generell unzulässig. Damit versagt es dem Beschwerdeführer die zur Sicherung effektiven Rechtsschutzes notwendige Prüfung.

24

b) Insoweit ist die Verfassungsbeschwerde jedoch nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil nicht ersichtlich ist, dass der Beschwerdeführer im Fall der Aufhebung der angegriffenen oberlandesgerichtlichen Entscheidung im Ergebnis eine ihm günstigere Entscheidung erreichen könnte (vgl. hierzu BVerfGE 90, 22 <25 f.>; 119, 292 <301 f.>; BVerfGK 18, 360 <364>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 23. Oktober 2013 - 2 BvR 1541/13 -, juris, Rn. 1; 9). Der Beschluss des Landgerichts ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. oben unter 1.). Insoweit ist absehbar, dass das Oberlandesgericht die Rechtsbeschwerde aus den zutreffenden Gründen der angegriffenen Entscheidung des Landgerichts als unbegründet verwerfen und der Beschwerdeführer auch im Fall einer stattgebenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts mit seinem Rechtsschutzanliegen letztlich keinen Erfolg haben würde.

25

3. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 93d Abs. 1Satz 3 BVerfGG).

26

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Tenor

1. Der Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 18. Juni 2014 - III - 1 Vollz (Ws) 283/14 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes, soweit er die Rechtsbeschwerde des Beschwerdeführers gegen seine Verlegung als unzulässig verwirft. Der Beschluss des Landgerichts Bochum vom 7. April 2014 - V StVK 99/13 - verletzt den Beschwerdeführer in seinen Grundrechten aus Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes sowie Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes, soweit er den Antrag auf gerichtliche Entscheidung des Beschwerdeführers gegen seine Verlegung als unbegründet zurückweist.

2. Die Beschlüsse werden in diesem Umfang und im Kostenausspruch aufgehoben. Die Sache wird an das Landgericht Bochum zurückverwiesen.

3. Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.

4. Das Land Nordrhein-Westfalen hat dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerdeverfahren zu erstatten.

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Verlegung des Beschwerdeführers von der Justizvollzugsanstalt Bochum in die Justizvollzugsanstalt Werl sowie die Fertigstellung und Verwertung eines Gutachtens über die Gewährung von Vollzugslockerungen durch die Justizvollzugsanstalten.

2

1. Der Beschwerdeführer, ein Diabetiker, verbüßt eine lebenslange Freiheitsstrafe in Nordrhein-Westfalen. Seitdem der Beschwerdeführer im Jahr 2005 in die Justizvollzugsanstalt Bochum verlegt wurde, erhielt er auf Anordnung des dortigen Anstaltsarztes morgens und abends eine Gabe von Protaphane-Insulin sowie bei Bedarf Actrapid-Insulin am Mittag.

Die Behandlung durch den Anstaltsarzt war bereits Gegenstand eines Verfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht, in dem der Beschwerdeführer unter anderem begehrte, eine Neueinstellung seiner Insulinversorgung vorzunehmen sowie eine Untersuchung seines Augenhintergrundes im sechsmonatigen Abstand zu veranlassen. Nachdem das Landgericht Bochum und das Oberlandesgericht Hamm den Antrag des Beschwerdeführers als unzulässig verworfen hatten, hob die 3. Kammer des Zweiten Senats die beiden Entscheidungen mit Beschluss vom 10. Oktober 2012 auf, da diese den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG verletzten (vgl. BVerfGK 20, 84 ff.). Das Landgericht habe, so die Kammer, dem Beschwerdeführer jegliche sachliche Prüfung seiner medizinischen Behandlung mit der Begründung verweigert, dass es sich bei dieser Behandlung, soweit er sie im Hinblick auf ihre medizinische Richtigkeit überprüft wissen wolle, nicht um eine Maßnahme im Sinne des § 109 des Gesetzes über den Vollzug der Freiheitsstrafe und der freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung (Strafvollzugsgesetz vom 16. März 1976 , im Folgenden: StVollzG) handele. Dabei habe das Gericht nicht ausreichend berücksichtigt, dass eine nicht fachgerechte medizinische Behandlung oder Nichtbehandlung eines Strafgefangenen dessen Rechte - insbesondere das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG - verletzen könne und dass Art. 19 Abs. 4 GG daher eine Auslegung des Maßnahmebegriffs des § 109 Abs. 1 Satz 1 StVollzG verbiete, die die Angemessenheit der medizinischen Behandlung von Strafgefangenen der gerichtlichen Überprüfung entziehe (BVerfGK 20, 84<89>).

3

Nach der Zurückverweisung durch die Kammer holte das erneut mit dem Verfahren befasste Landgericht ein Sachverständigengutachten zu der Frage ein, ob der Beschwerdeführer fehlerhaft behandelt worden sei. Der Sachverständige stellte fest, dass die durchgeführte Behandlung in keiner Weise den Anforderungen an eine adäquate Insulintherapie entsprochen habe, und schlug in einem vom Landgericht ebenfalls angeforderten Ergänzungsgutachten eine andere medikamentöse Behandlung für den Beschwerdeführer vor. Mit Beschluss vom 30. Juli 2013 (III StVK 1162/10) verpflichtete das Landgericht die Justizvollzugsanstalt Bochum dazu, den Beschwerdeführer gemäß den Vorgaben des ergänzenden Sachverständigengutachtens zu behandeln. In dem Beschluss heißt es, dass eine Verpflichtung zur Behandlung in dem tenorierten Umfang anzuordnen und die bloße Verpflichtung zur Neubescheidung der Justizvollzugsanstalt nicht ausreichend gewesen sei, da der Anstalt spätestens seit Mai 2013 in Folge des erstellten Sachverständigengutachtens die Falschbehandlung des Beschwerdeführers bekannt gewesen, diese aber im Laufe dieser zwei Monate nicht umgestellt worden sei. Zur Neuausrichtung der medizinischen Behandlung an den Vorgaben des Beschlusses wurde der Beschwerdeführer am 9. August 2013 in das Justizvollzugskrankenhaus Fröndenberg verlegt; seine Behandlung war zuvor in der Justizvollzugsanstalt Bochum nicht umgestellt worden. Dort wurde ihm am 26. August 2013 mitgeteilt, dass er in die Justizvollzugsanstalt Werl verlegt werde.

4

2. Über den Beschwerdeführer sollte von der Justizvollzugsanstalt Bochum ein Gutachten über die Gewährung von Vollzugslockerungen erstellt werden. Dazu wurde er zunächst von einem anstaltsexternen Psychologen begutachtet. Dieser erstellte im November 2010 einen abschließenden Behandlungsbericht. Da der Psychologe selbstständige Lockerungen beziehungsweise die Verlegung in den offenen Vollzug empfohlen hatte, beantragte der Beschwerdeführer dies bei der Justizvollzugsanstalt. Die anstaltsinternen Gespräche zur Erstellung des Lockerungsgutachtens waren im Oktober 2012 abgeschlossen, und die Justizvollzugsanstalt Bochum stellte dem Beschwerdeführer ein positives Lockerungsgutachten bis zum Jahresende in Aussicht. Da die Fertigstellung entgegen dieser Ankündigung nicht erfolgte, richtete der Beschwerdeführer insgesamt sieben Anträge an die Anstalt (am 26. November 2012, 20. Januar, 28. Mai, 18. Juni, 26. Juni, 9. Juli und schließlich am 4. August 2013). Diese reagierte auf seine Anträge allerdings nicht.

5

3. Am 26. August 2013 wandte sich der Beschwerdeführer mit einem Antrag auf gerichtliche Entscheidung an das Landgericht Bochum. Er beantragte erstens Rechtsschutz gegen die geplante Verlegung und zweitens, die Justizvollzugsanstalt Bochum zur Fertigstellung des Lockerungsgutachtens zu verpflichten. Die Verlegung nach Werl sei ermessensfehlerhaft und überdies unvereinbar mit dem Resozialisierungsgebot. Er befinde sich seit acht Jahren in der Justizvollzugsanstalt Bochum und habe dort gute Kontakte zu anderen Gefangenen, dem Personal und dem Psychologischen Dienst. Überdies übe er eine Arbeit aus, die der höchsten Lohngruppe zugeordnet sei und mit der nahezu höchsten Leistungszulage vergütet werde. Auch sein ehrenamtlicher Betreuer werde im Falle einer Verlegung einen längeren Anfahrtsweg haben. Es verstoße zudem gegen sein Freiheitsrecht, dass die Justizvollzugsanstalt das Gutachten über die Gewährung von Vollzugslockerungen noch nicht gefertigt habe und es dafür keine nachvollziehbaren Gründe gebe.

6

4. Der Beschwerdeführer wurde am 13. September 2013 in die Justizvollzugsanstalt Werl verlegt.

7

5. Mit Schreiben vom 26. September 2013 nahm die Justizvollzugsanstalt Bochum zunächst allein zu der Verlegung Stellung. Zur Begründung führte sie aus, dass das Verhältnis zwischen dem Beschwerdeführer und dem Anstaltsarzt als nachhaltig gestört anzusehen sei und durch die Verlegung eine Basis für eine störungsfreie Behandlung geschaffen werden solle. Ein weiterer Aufenthalt in der Justizvollzugsanstalt Bochum erscheine aus Gründen der Förderung der Behandlung, zur Erreichung des Vollzugszieles sowie im Rahmen der Pflicht zur Gesundheitsfürsorge nicht mehr zuträglich.

8

6. Dem trat der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 9. Oktober 2013 entgegen. Die strikte Weigerung des Anstaltsarztes, sich an gutachterlichen und gerichtlichen Feststellungen zu orientieren, dürfe nicht dazu führen, dass ein Gefangener gegen seinen Willen verlegt werde. Außerdem sei das Verhältnis bereits seit seiner Verlegung in die Justizvollzugsanstalt Bochum im Jahr 2005 gestört gewesen, da der Anstaltsarzt bereits zu diesem Zeitpunkt eine angemessene Behandlung verweigert habe.

9

7. Zu der Fertigstellung des Gutachtens hieß es in einem weiteren Schreiben der Justizvollzugsanstalt Bochum vom 14. Oktober 2013, dass sich diese auf Grund von unbesetzten Stellen sowie Langzeiterkrankungen im Fachbereich des Psychologischen Dienstes erheblich verzögert habe. Zudem habe man die Fertigstellung des Gutachtens Anfang 2013 ausgesetzt, da befürchtet worden sei, dass der Beschwerdeführer auf Grund seines "subkulturellen Verhaltens" den Anforderungen an einen offenen Vollzug nicht genüge, denn er habe sich bei anderen Diabetikern unerlaubt Insulin beschafft. Diese eigenmächtige Beschaffung sei auch der Grund für die nachhaltige Störung des Arzt-Patienten-Verhältnisses und rechtfertige daher die Verlegung in die Justizvollzugsanstalt Werl. Das Gutachten werde aber trotz der Verlegung des Beschwerdeführers und des damit verbundenen Zuständigkeitswechsels nunmehr bevorzugt bearbeitet.

10

8. Mit Schreiben vom 17. Januar 2014 teilte die Justizvollzugsanstalt Bochum mit, dass das Lockerungsgutachten gefertigt und mit Schreiben vom selben Tag an die Justizvollzugsanstalt Werl übersandt worden sei. Der Beschwerdeführer erklärte daraufhin seinen Antrag auf Fertigstellung des Gutachtens mit Schreiben vom 30. Januar 2014 für erledigt und beantragte in einem weiteren Schreiben vom 6. Februar 2014, die "Justizvollzugsanstalt Bochum zu verpflichten, das gefertigte Lockerungsgutachten gegenüber den hinzuziehenden Institutionen zu vertreten, damit eine Neuauflage des Lockerungsgutachtens verhindert" werde. Mit einem Schreiben vom 27. Januar 2014 wies er zudem darauf hin, dass der Vortrag der Anstalt zur Begründung der erheblichen Verzögerung des Lockerungsgutachtens von dem Landgericht dahingehend zu überprüfen sei, ob diese Umstände eine derartige Verzögerung rechtfertigen könnten.

11

9. Mit Schreiben vom 4. März 2014 erwiderte die Justizvollzugsanstalt Bochum auf den Antrag des Beschwerdeführers. Die Zuständigkeit für die Entscheidung über die Gewährung von Lockerungen liege nach der Verlegung des Beschwerdeführers bei der Justizvollzugsanstalt Werl. Ob das von der Justizvollzugsanstalt Bochum gefertigte Gutachten in die Entscheidung über die Lockerungen miteinbezogen werde, sei nicht bekannt. Es sei aber verständlich, wenn die Justizvollzugsanstalt Werl die Entscheidung über Lockerungen nicht allein auf der Grundlage eines Gutachtens der Justizvollzugsanstalt Bochum treffen wolle, zumal die Anamnese und Tests aus dem Jahr 2012 stammten.

12

10. Mit angegriffenem Beschluss vom 7. April 2014 wies das Landgericht Bochum beide Anträge des Beschwerdeführers zurück. Der Antrag sei, soweit er die Verlegungsentscheidung angreife, unbegründet. Rechtsgrundlage für eine solche sei § 8 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 StVollzG. Danach könne ein Gefangener abweichend vom Vollstreckungsplan in eine andere für den Vollzug der Freiheitsstrafe zuständige Anstalt verlegt werden, wenn die Behandlung des Gefangenen hierdurch gefördert werde. Der Anstalt stehe bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzung ein Ermessen zu, der Beschwerdeführer habe lediglich einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung. Durch die Verlegung werde die Behandlung des Beschwerdeführers gefördert. Das Vertrauensverhältnis zwischen dem Anstaltsarzt der Justizvollzugsanstalt Bochum und dem Beschwerdeführer sei zerrüttet und es erscheine möglich, dass die ärztliche Versorgung des Beschwerdeführers durch ein vertrauensvolleres, unbelastetes Verhältnis zu einem anderen Arzt gebessert werde. Die Entscheidung sei zudem ermessensfehlerfrei ergangen. Insbesondere habe die Anstalt die besondere Situation des Beschwerdeführers im Hinblick auf sein bisheriges, beanstandungsfreies Vollzugs- und Arbeitsverhalten und die bestehenden sozialen Kontakte in der Justizvollzugsanstalt Bochum berücksichtigt, seiner gesundheitlichen Versorgung jedoch eine höhere Bedeutung beigemessen. Es bestehe zu Gunsten des Beschwerdeführers kein Vertrauensschutz, da die Anstalt dem Beschwerdeführer gegenüber nicht den Eindruck erweckt habe, er könne in der Justizvollzugsanstalt Bochum verbleiben.

13

Der Antrag im Hinblick auf die Vertretung des Lockerungsgutachtens durch die Justizvollzugsanstalt Bochum gegenüber anderen Institutionen sei unzulässig. Die begehrte Handlung weise keinen Regelungscharakter und keine Außenwirkung auf. Der Antrag sei überdies unbegründet, da keine Anspruchsgrundlage zu Gunsten des Beschwerdeführers existiere.

14

Im Hinblick auf den für erledigt erklärten Antrag zur Fertigstellung des Gutachtens wurden der Landeskasse die Kosten auferlegt. Die Anstalt habe dem Beschwerdeführer jedenfalls die Fertigstellung des Gutachtens auch im Falle der Verlegung zugesichert.

15

11. Gegen diesen Beschluss legte der Beschwerdeführer am 30. April 2014 Rechtsbeschwerde ein. Der kurzen Niederschrift der Geschäftsstelle war ein Schriftsatz des Beschwerdeführers beigefügt. In diesem schilderte er zunächst den Sachverhalt und den Inhalt der vielen Schreiben im Vorfeld des angegriffenen Beschlusses des Landgerichts. Sodann beanstandete er insbesondere, dass seine Argumente gegen eine Verlegung vom Gericht nicht aufgegriffen worden seien.

16

12. Mit angegriffenem Beschluss vom 18. Juni 2014 verwarf das Oberlandesgericht Hamm die Rechtsbeschwerde als unzulässig, da es nicht geboten sei, die Nachprüfung des angefochtenen Beschlusses zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen. Der Senat merkte an, dass man daran zweifeln könne, ob eine Verlegung nach § 8 StVollzG mit einer Zerrüttung des Arzt-Patienten-Verhältnisses begründet werden könne, wenn eine Fehlbehandlung des Arztes im Raum stehe. Jedoch habe das Landgericht die tatbestandlichen Voraussetzungen zutreffend erkannt und lediglich im Einzelfall die Ermessenfehlerfreiheit gegebenenfalls falsch beurteilt. Soweit der Beschwerdeführer die Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs erhebe, sei auch dahingehend eine Zulassung nicht geboten. Die Entscheidung des Landgerichts mache an mehreren Stellen deutlich, dass sie den Vortrag des Beschwerdeführers zur Kenntnis genommen habe.

II.

17

Mit seiner rechtzeitig erhobenen Verfassungsbeschwerde vom 30. Juni 2014 macht der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Grundrechte und grundrechtsgleichen Rechte aus Art. 1, Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1, Art. 2, Art. 19 Abs. 4, Art. 20 Abs. 3, Art. 103 und schließlich Art. 104 GG geltend.

18

1. Er trägt vor, aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ergebe sich, dass die Verlegung in eine andere Justizvollzugsanstalt in sein Grundrecht aus Art. 2 GG beziehungsweise in Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 GG eingreife. Die Verlegung sei für ihn wegen der verlorenen sozialen Kontakte, der Kontakte zu den Fachdiensten und des verlorenen, gut vergüteten Arbeitsplatzes besonders schwerwiegend. In der Justizvollzugsanstalt Werl sei ihm nie ein Arbeitsplatz angeboten worden, er verfüge nunmehr allein über das Taschengeld. Zudem habe er seinen Anspruch auf Arbeitslosengeld I durch den Wegfall des Arbeitsplatzes verloren. Jedenfalls dürfe die Weigerung des Anstaltsarztes, ihm eine ausreichende medizinische Versorgung zu gewährleisten, nicht dazu führen, dass er gegen seinen Willen verlegt werde. Durch die Anstalt sei niemals auf den Anstaltsarzt eingewirkt worden. Im Hinblick auf das Lockerungsgutachten wies er darauf hin, dass der Behandlungsbericht aus dem Jahr 2010 die Möglichkeit eröffnet habe, Lockerungen zu gewähren, durch die verzögerte Fertigstellung des Anstaltsgutachtens sei dies aber unterblieben.

19

2. Mit Schreiben vom 5. April 2015 teilt der Beschwerdeführer mit, dass er am 23. März 2015 wieder in die Justizvollzugsanstalt Bochum zurückverlegt worden sei und dort die Medikamente erhalte, die ihm auf Grund des Beschlusses des Landgerichts Bochum vom 30. Juli 2013 verabreicht werden sollten. Das Rechtsschutzbedürfnis sei aber nicht entfallen, da er für anderthalb Jahre seinen Arbeitsplatz verloren habe und seine Vollzugslockerungen sich erheblich verzögert hätten.

20

3. Das Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen hat von einer Stellungnahme abgesehen.

21

4. Die Akten des fachgerichtlichen Verfahrens haben der Kammer vorgelegen.

III.

22

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zur Entscheidung an, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung (§ 93c Abs. 1 BVerfGG) liegen im Hinblick auf die Entscheidung über die Verlegung vor. Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Grundsätze sind in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt. Nach diesen Grundsätzen ist die Verfassungsbeschwerde in einem die Zuständigkeit der Kammer begründenden Sinn offensichtlich begründet.

23

1. Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig. Der Zulässigkeit steht im Hinblick auf die Verlegung nicht entgegen, dass der Beschwerdeführer nach Erhebung der Verfassungsbeschwerde wieder in die Justizvollzugsanstalt Bochum zurückverlegt wurde. Das Bundesverfassungsgericht hat im Falle der Erledigung des mit der Verfassungsbeschwerde verfolgten Begehrens die entscheidenden Kriterien für das Fortbestehen eines Rechtsschutzbedürfnisses darin gesehen, dass entweder die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage von grundsätzlicher Bedeutung andernfalls unterbliebe und der gerügte Grundrechtseingriff besonders belastend erscheint, eine Wiederholung der angegriffenen Maßnahme zu besorgen ist oder die aufgehobene oder gegenstandslos gewordene Maßnahme den Beschwerdeführer noch weiterhin beeinträchtigt (vgl. BVerfGE 81, 138 <140> unter Verweis auf BVerfGE 33, 247 <257 f.>; 69, 161 <168>). Das Bundesverfassungsgericht ist in Fällen besonders tiefgreifender und folgenschwerer Grundrechtsverstöße vom Fortbestehendes Rechtsschutzbedürfnisses auch dann ausgegangen, wenn die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene nach dem regelmäßigen Geschäftsgang eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts kaum erlangen konnte (BVerfGE 81, 138 <140 f.>). Der Grundrechtsschutz des Beschwerdeführers würde sonst in unzumutbarer Weise verkürzt (BVerfGE 81, 138 <141> unter Verweis auf BVerfGE 34, 165 <180>; 41, 29 <43>; 49, 24 <51 f.>). Der Umstand, dass die Fachgerichte und das Bundesverfassungsgericht oft außer Stande sind, schwierige Fragen in kurzer Zeit zu entscheiden, darf nicht dazu führen, dass eine Verfassungsbeschwerde allein wegen des vom Beschwerdeführer nicht zu vertretenden Zeitablaufs als unzulässig verworfen wird (BVerfGE 81, 138 <141> unter Verweis auf BVerfGE 74, 163 <172 f.>; 76, 1 <38 f.>). Hier besteht das Rechtsschutzbedürfnis jedenfalls auf Grund des in Rede stehenden tiefgreifenden und folgenschweren Grundrechtsverstoßes fort. Durch die Verlegung wurde das verfassungsrechtliche Resozialisierungsgebot in besonders erheblicher Weise berührt, da der Beschwerdeführer dadurch seine Kontakte in der Anstalt und seinen Arbeitsplatz für einen Zeitraum von anderthalb Jahren verlor. Zudem wurde die Entscheidung über Vollzugslockerungen offensichtlich wesentlich verzögert und erschwert.

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2. Die Verfassungsbeschwerde ist im Hinblick auf die Verlegungsentscheidung teilweise begründet.

25

a) Zwar verletzen die angegriffenen Beschlüsse des Landgerichts und des Oberlandesgerichts, soweit sie die Vertretung des Lockerungsgutachtens gegenüber der Justizvollzugsanstalt Werl betreffen, den Beschwerdeführer nicht in seinem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG. Zu Recht hat das Landgericht das Vorliegen einer Maßnahme im Sinne des § 109 StVollzG verneint und das Oberlandesgericht die dagegen gerichtete Rechtsbeschwerde als unzulässig verworfen. Die Verfassungsbeschwerde ist insoweit unbegründet und nicht zur Entscheidung anzunehmen.

26

b) Der angegriffene Beschluss des Landgerichts verletzt den Beschwerdeführer aber in seinen Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 GG sowie Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG, soweit er den Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen die Verlegung des Beschwerdeführers als unbegründet zurückweist.

27

aa) Wird ein Strafgefangener gegen seinen Willen in eine andere Justizvollzugsanstalt verlegt, greift dies in sein Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG ein (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1857/14, 2 BvR 22 BvR 2810/14 -, juris, Rn. 28 unter Verweis auf BVerfGK 6, 260 <264>; 8, 307 <309>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 26. August 2008 - 2 BvR 679/07 -, juris, Rn. 20; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 23. Oktober 2013 - 2 BvQ 42/13 -, juris, Rn. 6). Die Verlegung kann für den Gefangenen mit schwerwiegenden Beeinträchtigungen verbunden sein (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1857/14, 2 BvR 22 BvR 2810/14 -, juris, Rn. 28). Insoweit ist insbesondere in den Blick zu nehmen, dass sämtliche in der Justizvollzugsanstalt entwickelten sozialen Beziehungen praktisch abgebrochen werden und der schwierige Aufbau eines persönlichen Lebensumfelds in einer anderen Anstalt von neuem begonnen werden muss (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1857/14, 2 BvR 22 BvR 2810/14 -, juris, Rn. 28 unter Verweis auf BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 28. Februar 1993 - 2 BvR 196/92 -, juris, Rn. 11). Darüber hinaus kann eine Verlegung - nicht nur aus den genannten Gründen - auch die Resozialisierung des Strafgefangenen beeinträchtigen und somit dessen durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG vermittelten Anspruch auf einen Strafvollzug, der auf das Ziel der Resozialisierung ausgerichtet ist, berühren (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1857/14, 2 BvR 22 BvR 2810/14 -, juris, Rn. 28 unter Verweis auf BVerfGK 6, 260 <264>; 8, 307 <309>). Verlegungen, die nicht ihrerseits durch Resozialisierungsgründe bestimmt sind, bedürfen daher einer Rechtfertigung (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1857/14, 2 BvR 22 BvR 2810/14 -, beck, Rn. 28). Eine zusätzliche erhebliche Beeinträchtigung ergibt sich, wenn der Wechsel der Anstalt mit dem Verlust einer Arbeitsmöglichkeit verbunden ist (BVerfGK 6, 260 <264>).

28

bb) Vor diesem Hintergrund bestehen gegen den Beschluss des Landgerichts durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken. Art. 2 Abs. 1 GG sowie Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG verbieten eine Verlegung eines Strafgefangenen mit der Begründung, das Verhältnis zwischen diesem und dem Anstaltsarzt sei zerrüttet, wenn zuvor gerichtlich festgestellt wurde, dass der Anstaltsarzt den Strafgefangenen über Jahre hinweg in einer Weise medizinisch behandelte, die nicht den Regeln ärztlicher Kunst entsprach.

29

(1) Das Bundesverfassungsgericht hat bereits deutlich gemacht, dass die Verlegung eines Gefangenen nur im Falle des Vorliegens besonderer Umstände in Betracht kommt, wenn ein Fehlverhalten Dritter zur Begründung der Entscheidung herangezogen wird (BVerfGK 8, 307 <311>). Zudem muss in einer solchen Konstellation zunächst auf denjenigen, der die Regel bricht, eingewirkt werden, diesen Verstoß zu unterlassen, bevor derjenige, der von diesem regelwidrigen Verhalten betroffen ist, mit einer Verlegung belastet wird (vgl. BVerfGK 6, 260 <265 f.>).

30

(2) Das Landgericht erachtete § 8 Abs. 1 Nr. 1 StVollzG als taugliche Eingriffsgrundlage für die Entscheidung über die Verlegung des Beschwerdeführers. Diese Norm lässt eine Verlegung zu, wenn die Behandlung des Gefangenen dadurch gefördert wird. Ungeachtet der einfach-gesetzlichen Fragen, ob § 65 Abs. 1 Alt. 2 StVollzG, wonach ein kranker Gefangener in eine für die Behandlung seiner Krankheit besser geeignete Vollzugsanstalt verlegt werden kann, eine abschließende Spezialregelung zur Verlegung eines kranken Gefangenen enthält und die Auslegung des Begriffs "Behandlung" in § 8 Abs. 1 Nr. 1 StVollzG auch die medizinische Behandlung erfasst, muss bei der Ausübung des Ermessens, das der Justizvollzugsanstalt durch § 8 Abs. 1 Nr. 1 StVollzG eröffnet wird, jedenfalls der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet werden (vgl. zum Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Kontext von Entscheidungen über die Verlegung von Strafgefangenen BVerfGK 6, 260 <265 f.>; 8, 307 <311 f.>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 4. Februar 2009 - 2 BvR 1533/08 -, juris, Rn. 10). Die Auslegung und Anwendung von § 8 Abs. 1 Nr. 1 StVollzG durch das Landgericht stellt sich als unverhältnismäßig dar. Es wäre in dieser besonderen Sachverhaltskonstellation durch die Strafvollstreckungskammer insbesondere festzustellen gewesen, ob die unzureichende medizinische Behandlung des Beschwerdeführers nicht durch eine geeignete Einwirkung der Anstaltsleitung auf den Anstaltsarzt als milderes Mittel hätte unterbunden werden können (vgl. BVerfGK 6, 260 <265 f.>; 8, 307 <311>). Bei der Entscheidung über die Verlegung des Beschwerdeführers galt es insbesondere zu beachten, dass die schwerwiegende Falschbehandlung allein in die Verantwortungssphäre des Anstaltsarztes fiel. Es ist unvereinbar mit den Grundsätzen rechtsstaatlicher Zurechnung, wenn das rechtswidrige Verhalten des Anstaltsarztes, der den Beschwerdeführer entgegen den Vorgaben des landgerichtlichen Beschlusses nicht fachgerecht behandelt hat, nicht diesem zugerechnet und nach Möglichkeit durch ihm gegenüber zu ergreifende Maßnahmen abgewehrt wird, sondern ein Dritter - der Beschwerdeführer - zum Objekt eingreifender Maßnahmen gemacht wird (vgl. BVerfGK 8, 307 <311> m.w.N.). Rechtsstaatliche Zurechnung muss darauf ausgerichtet sein, nicht rechtswidriges, sondern rechtmäßiges Verhalten zu begünstigen (BVerfGK 8, 307 <311> unter Verweis auf BVerfGE 116, 24 <49 f.>). Dem läuft es grundsätzlich zuwider, wenn, wie im vorliegenden Fall, Maßnahmen zur Abwehr drohenden rechtswidrigen Verhaltens nicht vorrangig gegen den Störer, sondern ohne Weiteres - und schwerwiegend in Grundrechte eingreifend - gegen den von solchem rechtswidrigen Verhalten potentiell Betroffenen ergriffen werden (BVerfGK 8, 307 <311>).

31

(3) Ferner hat das Gericht bei der Überprüfung der Entscheidung über die Verlegung außer Acht gelassen, dass durch den so begründeten Zuständigkeitswechsel von der Justizvollzugsanstalt Bochum auf die Justizvollzugsanstalt Werl die bereits seit dem Jahr 2012 im Raum stehende Gewährung von Vollzugslockerungen zu Gunsten des Beschwerdeführers wesentlich erschwert wurde und es somit zu einer weiteren Beeinträchtigung der Grundrechte des Beschwerdeführers kam.

32

c) Der angegriffene Beschluss des Oberlandesgerichts verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG, soweit er die Rechtsbeschwerde gegen seine Verlegung als unzulässig verwirft.

33

aa) Art. 19 Abs. 4 GG enthält ein Grundrecht auf effektiven und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1206/13 -, juris, Rn. 19 unter Verweis auf BVerfGE 67, 43 <58>; stRspr). Die in Art. 19 Abs. 4 GG verbürgte Effektivität des Rechtsschutzes wird in erster Linie von den Prozessordnungen gesichert (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1206/13 -, juris, Rn. 19). Sie treffen Vorkehrungen dafür, dass der Einzelne seine Rechte auch tatsächlich wirksam durchsetzen kann und die Folgen staatlicher Eingriffe im Regelfall nicht ohne fachgerichtliche Prüfung zu tragen hat (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1206/13 -, juris, Rn. 19 unter Verweis auf BVerfGE 94, 166 <213>). Dabei fordert Art. 19 Abs. 4 GG zwar keinen Instanzenzug (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1206/13 -, juris, Rn. 19 unter Verweis auf BVerfGE 87, 48 <61>; 92, 365 <410>; stRspr). Eröffnet das Prozessrecht aber eine weitere Instanz, so gewährleistet Art. 19 Abs. 4 GG dem Bürger in diesem Rahmen die Effektivität des Rechtsschutzes im Sinne eines Anspruchs auf eine wirksame gerichtliche Kontrolle (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1206/13 -, juris, Rn. 19 unter Verweis auf BVerfGE 40, 272 <274 f.>; 54, 94 <96 f.>). Das Rechtsmittelgericht darf ein von der jeweiligen Rechtsordnung eröffnetes Rechtsmittel daher nicht ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer "leerlaufen" lassen (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1206/13 -, juris, Rn. 19 unter Verweis auf BVerfGE 78, 88 <99>).

34

bb) Gegen gerichtliche Entscheidungen der Strafvollstreckungskammern ist gemäß § 116 Abs. 1 StVollzG die Rechtsbeschwerde zulässig, wenn es geboten ist, die Nachprüfung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen. Zwar ist anerkannt, dass es auch in Fällen, in denen die Strafvollstreckungskammer ihre Entscheidung ausdrücklich oder implizit auf eine unzutreffende oder von der Rechtsprechung anderer Gerichte abweichende Rechtsauffassung gestützt hat, an der Erforderlichkeit der Nachprüfung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung fehlen kann, weil nicht zu erwarten ist, dass der Rechtsfehler in weiteren Fällen Bedeutung erlangen wird, weil also keine Wiederholungsgefahr besteht (BVerfGK 13, 438 <441> m.w.N.). Die Zulässigkeit einer Rechtsbeschwerde kann danach insbesondere dann verneint werden, wenn die Strafvollstreckungskammer ihren Rechtsfehler nachträglich erkannt und dies aktenkundig gemacht oder wenn das Oberlandesgericht in anderer Sache zu der Rechtsfrage Stellung genommen und sie anders beantwortet hat als die Strafvollstreckungskammer, diese das aber bei der Entscheidung noch nicht wissen konnte (BVerfGK 13, 438 <441> m.w.N.; vgl. ferner BVerfGK 17, 420 <428>; Bachmann, in: Laubenthal/Nestler/Neubacher/Verrel , StVollzG, 12. Auflage 2015, Abschnitt P, § 116 Rn. 93). Die Annahme, die Strafvollstreckungskammer werde einen bestimmten Fehler nicht wiederholen, setzt vor dem Hintergrund des Art. 19 Abs. 4 GG allerdings voraus, dass tatsächliche Umstände eine solche Prognose rechtfertigen. Könnte bei im Übrigen erfüllten Zulässigkeitsvoraussetzungen die Erforderlichkeit obergerichtlicher Nachprüfung allein mit dem Ausspruch der Erwartung verneint werden, das Ausgangsgericht werde einen festgestellten Rechtsfehler künftig vermeiden, so wäre für den Rechtsschutzsuchenden nicht mehr erkennbar, in welchen Fällen er überhaupt noch mit einer Behandlung seiner Rechtsbeschwerde als zulässig rechnen dürfte (BVerfGK 13, 438 <442>).

35

cc) Demnach durfte das Oberlandesgericht die Rechtsbeschwerde jedenfalls nicht ohne Weiteres mit der Begründung verwerfen, die Strafvollstreckungskammer habe die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 8 StVollzG zutreffend erkannt und lediglich im Einzelfall die Ermessensfehlerfreiheit unter Umständen falsch beurteilt. Das Oberlandesgericht hat Anhaltspunkte dafür, dass es sich allenfalls um einen Fehler im Einzelfall gehandelt hat, gerade nicht benannt. Mit einer solchen bloßen Vermutung kann die Verwerfung der Rechtsbeschwerde aber nicht ohne Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG begründet werden, denn damit würden die gesetzlichen Zulassungsgründe in einer Weise ausgelegt und angewendet, die jede Vorhersehbarkeit zunichtemachen würde und die Möglichkeit der Rechtsbeschwerde im Ergebnis leerlaufen ließe (vgl. BVerfGK 13, 438 <441 f.>).

36

d) Ob durch die angegriffenen Entscheidungen weitere Grundrechte des Beschwerdeführers verletzt worden sind, kann angesichts der dargelegten Verstöße offenbleiben.

IV.

37

Im Umfang der festgestellten Grundrechtsverletzungen, auf denen die Beschlüsse beruhen, werden der Beschluss des Landgerichts Bochum vom 7. April 2014 und der Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 18. Juni 2014 aufgehoben; die Sache wird an das Landgericht Bochum zurückverwiesen (§ 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2, § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG).

V.

38

Dem Beschwerdeführer sind, da er sein Rechtsschutzziel im Wesentlichen erreicht hat, gemäß § 34a Abs. 2 und Abs. 3 BVerfGG die notwendigen Auslagen für das Verfahren der Verfassungsbeschwerde zu erstatten (vgl. BVerfGE 32, 1 <39>; 79, 372 <378>; 86, 90 <122>; 104, 220 <238>; 114, 1 <72>).

Gründe

I.

1

1. Der wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu einer siebenjährigen Gesamtfreiheitsstrafe verurteilte, mittlerweile entlassene Beschwerdeführer war von 2010 bis 2014 in der Justizvollzugsanstalt Lübeck inhaftiert. Aufgrund seiner HIV- und Hepatitis C-Infizierung bedurfte er regelmäßiger ärztlicher Behandlung und wurde in Abständen von drei bis sechs Monaten in das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein ausgeführt. Ende 2012 erfolgte eine solche Ausführung erstmals nicht allein, sondern in Begleitung eines anderen Strafgefangenen. Beide wurden gemeinsam in den Wartebereich der immunologischen Ambulanz gebracht, um sich dann einzeln derselben behandelnden Ärztin vorzustellen; im Anschluss wurde ihnen Blut abgenommen. Auf der Rückfahrt fragte der andere Strafgefangene den Beschwerdeführer, seit wann dieser HIV-positiv sei.

2

Auf eine im Anschluss an den Arztbesuch vom Beschwerdeführer begehrte Auskunft über die Verantwortlichkeit für Koordinierung und Durchführung des Arztbesuchs teilte die Justizvollzugsanstalt mit, dass es unabdingbar sei, mehrere Gefangene zusammen einem Facharzt vorzustellen. Es habe dem Beschwerdeführer freigestanden, auf die Arztvorführung zu verzichten.

3

2. Daraufhin beantragte der Beschwerdeführer beim Landgericht festzustellen, dass sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung und sein allgemeines Persönlichkeitsrecht durch die Handlungsweise der Justizvollzugsanstalt verletzt und er hierdurch diskriminiert und stigmatisiert worden sei. Er habe den in einem anderen Hafthaus untergebrachten Gefangenen noch nie zuvor gesehen und sich ihm gegenüber nicht offenbart. Eine Einzelverbringung in die Klinik sei der Justizvollzugsanstalt offensichtlich möglich, da sie bisher immer in dieser Weise erfolgt sei. Jedenfalls hätte er im Vorfeld über die gemeinsame Verbringung informiert werden müssen.

4

Die Justizvollzugsanstalt beantragte, den Antrag als unbegründet zurückzuweisen, da bereits kein nach § 115 Abs. 3 StVollzG erforderliches Feststellungsinteresse bestehe. Soweit in dem gemeinsamen Transport überhaupt ein Grundrechtseingriff gesehen werden könne, sei dieser jedenfalls verhältnismäßig. Die personelle Ausstattung lasse eine Einzelvorführung nur in besonderen Ausnahmefällen, insbesondere aus Gründen der Sicherheit und Ordnung zu, die beim Beschwerdeführer nicht vorlägen. Bei einer Facharztvorstellung sei immer davon auszugehen, dass entsprechend wartende Patienten ähnliche Leiden hätten, dies treffe auch auf nicht inhaftierte Patienten zu, die sich im Wartezimmer einer Facharztpraxis befänden. Zudem lasse die gemeinsame Vorstellung bei einem Facharzt keinerlei Rückschlüsse zu; in der Immunologie würden nicht nur an HIV Erkrankte, sondern auch an anderen Immunerkrankungen leidende Gefangene vorgestellt.Dem Beschwerdeführer sei es zuzumuten gewesen, auf die Nachfrage des Mitgefangenen nicht einzugehen; ebenso habe es ihm freigestanden, die Facharztausführung zu verweigern

5

Mit Beschluss vom 5. März 2013 verwarf das Landgericht den Antrag als unzulässig. Die Zulässigkeit des Feststellungsantrages erfordere die vorherige Beanstandung der durch Vollzug erledigten Maßnahme. § 115 Abs. 3 StVollzG betreffe nach seiner systematischen Stellung den Fall der Erledigung eines zuvor nach § 109 Abs. 1 StVollzG gestellten Antrags während des gerichtlichen Verfahrens. Selbst soweit sich der Anwendungsfall der Norm nicht hierauf beschränke, ergebe sich die Unzulässigkeit daraus, dass der Beschwerdeführer die Maßnahme vor gerichtlicher Antragstellung gegenüber der Justizvollzugsanstalt nicht beanstandet habe. Es sei ihm ohne weiteres möglich gewesen, bei Beginn des gemeinsamen Transports in die Klinik gegenüber der Justizvollzugsanstalt deutlich zu machen, dass er - wie in der Vergangenheit geschehen - auf eine alleinige Verbringung zum Arzt bestehe.

6

Die Anträge seien im Übrigen unbegründet. Ein Eingriff in das sich aus Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG ergebende allgemeine Persönlichkeitsrecht in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung liege nicht vor. Der Beschwerdeführer behaupte selbst nicht, dass die Justizvollzugsanstalt Informationen über seine Krankheit an Mitgefangene weitergegeben habe. Er rüge allein, dass aus seiner Vorstellung bei der Ärztin im Bereich der Immunologie der Rückschluss auf seine HIV-Erkrankung gezogen worden sei. Zwar könne der Mitgefangene diesen Rückschluss tatsächlich gezogen haben, da er selbst offenbar auch HIV-positiv sei, der Schluss sei jedoch nicht zwingend, da sich Immunologie auch mit verschiedenen anderen Krankheiten beschäftige. Dem Beschwerdeführer sei es unbenommen gewesen, seinem Mitgefangenen schlicht nicht zu antworten oder seine Frage zu verneinen. Dass dieser die Information über die Krankheit des Beschwerdeführers gewonnen habe, habe somit nicht die Justizvollzugsanstalt, sondern er selbst zu verantworten.

7

3. Gegen den Beschluss des Landgerichts legte der Beschwerdeführer zu Protokoll der Geschäftsstelle Rechtsbeschwerde ein und beantragte, den Beschluss aufzuheben und im Sinne seines Feststellungsantrags zu entscheiden. Das Landgericht habe einen unzutreffenden Maßstab angelegt; ein Verstoß gegen das Selbstbestimmungsrecht liege vor, da der Mithäftling aufgrund der gesamten Umstände (gemeinsame Vorstellung bei der Immunologie, Blutabnahme, Vorstellung bei derselben Ärztin) die entsprechenden Rückschlüsse habe ziehen können, was auf der Veranlassung des gemeinsamen Transports durch die Justizvollzugsanstalt beruhe. Man habe ihn über den gemeinsam vorgesehenen Transport nicht informiert und ihn so zum Objekt des Vollzuges degradiert. Auf die Mutmaßungen des Mithäftlings sei er nicht eingegangen. Durch dessen Rückschlüsse werde er im Vollzug vernachlässigt, Mitgefangene mieden und redeten schlecht über ihn. Sein Antrag auf gerichtliche Entscheidung sei zulässig gewesen. Es bestehe ein Feststellungsinteresse, da die erledigte Maßnahme ungünstige Auswirkungen auf seinen weiteren Vollzug habe.

8

Mit Beschluss vom 18. April 2013 verwarf das Oberlandesgericht die Rechtsbeschwerde als unzulässig im Sinne des § 116 Abs. 1 StVollzG. Das Landgericht habe die Anträge mit einer sich im Rahmen der Rechtsprechung des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts haltenden Begründung als unzulässig verworfen. Die isolierten Feststellungsanträge des Beschwerdeführers seien nach dieser Rechtsprechung in Verfahren nach dem Strafvollzugsgesetz unzulässig. Im Rahmen des § 109 StVollzG könne immer nur eine konkrete Maßnahme entweder angefochten oder beantragt werden. Eine Feststellungsklage sei nur unter den Voraussetzungen des § 115 Abs. 3 StVollzG zulässig, also in Form der so genannten Fortsetzungsfeststellungklage nach vorangegangener Beantragung und Erledigung einer Maßnahme. Da die Strafvollstreckungskammer ihre Entscheidung bereits hierauf zu Recht gegründet habe, müsse auf die nicht tragenden Hilfsüberlegungen zur Unbegründetheit nicht eingegangen werden.

II.

9

1. Mit seiner Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Beschlüsse des Landgerichts und Oberlandesgerichts und rügt eine Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 1, 2, 3 und Art. 19 Abs. 4 GG.

10

Die in § 115 Abs. 3 StVollzG genannte Fallgestaltung sei nicht der einzige Anwendungsfall des Feststellungsantrags; die dort vorausgesetzte Erledigung könne bereits vor Antragstellung eintreten, auch habe er ein Feststellungsinteresse.

11

Die Justizvollzugsanstalt habe ihm absichtlich nicht mitgeteilt, dass die Vorführung zur Ärztin in Begleitung eines anderen Gefangenen geschehen werde. Auch aus dem Umstand, dass der andere Gefangene mit im Fahrzeug gesessen habe, habe er dies nicht schließen können; in der Vergangenheit seien andere Gefangene trotz gemeinsamer Fahrzeugnutzung zu anderen Ausführungsorten verbracht worden. Der Justizvollzugsanstalt sei bekannt, dass er aufgrund seiner offen gelebten Homosexualität "besonders haftempfindlich" und "erheblichen Diskriminierungen ausgesetzt" sei. Um die Diskriminierungen nicht zu verschärfen, sei es für ihn entscheidend, dass Mitgefangene keine Kenntnis über seine HIV- und Hepatitis C-Infektion erhielten. Sein Recht, allein über die Preisgabe seiner persönlichen Daten zu entscheiden, habe die Justizvollzugsanstalt verletzt, ob vorsätzlich oder fahrlässig, könne bei der jedenfalls offensichtlich bestehenden Kausalität dahinstehen.

12

Die Verwerfung seiner Rechtsbeschwerde als unzulässig sei rechtswidrig. Ausführungen zum Facharzt seien Maßnahmen nach § 109 StVollzG, die sich mit dem Ende der Ausführung erledigten; so verhalte es sich auch mit zahlreichen anderen Maßnahmen. In all diesen Fällen sei einzig der Feststellungsantrag zulässig. Nach der Auffassung des Oberlandesgerichts würde ihm Rechtsschutz gegen die Art der Ausführung grundsätzlich verwehrt.

13

2. Das Ministerium für Justiz, Kultur und Europa des Landes Schleswig-Holstein hat von einer Stellungnahme abgesehen.

14

3. Die Akten des fachgerichtlichen Verfahrens wurden beigezogen.

III.

15

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Eine grundsätzliche Bedeutung (§ 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG) kommt ihr nicht zu. Ihre Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung der als verletzt gerügten Grundrechte angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Soweit sich der Beschwerdeführer gegen den Beschluss des Landgerichts wendet, ist die Verfassungsbeschwerde unbegründet. Soweit sich der Beschwerdeführer gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts wendet, ist die Annahme jedenfalls deshalb nicht angezeigt, weil abzusehen ist, dass er auch im Fall der Zurückverweisung im Ergebnis keinen Erfolg haben würde (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 3. August 2009 - 1 BvR 369/08 -, juris, Rn. 9).

16

1. Soweit der Beschluss des Landgerichts die Feststellungsanträge für unzulässig erklärt, begegnet dies zwar im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung ist insoweit jedoch nicht angezeigt, als der Beschluss auf diesem Verfassungsverstoß nicht beruht. Das Landgericht hat zusätzlich die Begründetheit der vom Beschwerdeführer gestellten Anträge geprüft. Diese den Beschluss selbstständig tragende Begründung wird verfassungsrechtlichen Anforderungen gerecht.

17

Die Feststellung und Würdigung des Tatbestandes, die Auslegung des einfachen Rechts und seine Anwendung auf den einzelnen Fall sind allein Sache der dafür allgemein zuständigen Gerichte und der Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht entzogen, sofern nicht Auslegungsfehler sichtbar werden, die die Grenze zur Willkür überschreiten oder auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung eines Grundrechts beruhen (BVerfGE 18, 85 <92 f.>; 134, 242 <353>; stRspr). Diesen fachgerichtlichen Spielraum hat das Landgericht nicht überschritten. Der die gemeinsame Ausführung als rechtmäßig bestätigende Beschluss ist weder willkürlich noch lässt er eine grundsätzlich unrichtige Anschauung von der Bedeutung der Grundrechte erkennen; insbesondere ist nicht ersichtlich, dass das Landgericht die Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Beschwerdeführers grundsätzlich verkannt hat. In der vorliegenden Konstellation war es auf der Grundlage des vom Beschwerdeführer vor dem Landgericht Vorgetragenen verfassungsrechtlich nicht geboten, dessen gemeinsame Ausführung mit einem anderen Gefangenen zur Immunologin als ungerechtfertigten Eingriff in sein Allgemeines Persönlichkeitsrecht zu werten. Das Landgericht durfte ohne Verstoß gegen Grundrechte des Beschwerdeführers davon ausgehen, dass die Justizvollzugsanstalt jedenfalls verfassungsrechtlich nicht dazu verpflichtet war, ihn ausschließlich per Einzeltransport zur Immunologie zu verbringen.

18

2. a) Der Beschluss des Oberlandesgerichts verletzt den Beschwerdeführer in seinem Anspruch aus Art. 19 Abs. 4 GG.

19

aa) Art. 19 Abs. 4 GG enthält ein Grundrecht auf effektiven und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (vgl. BVerfGE 67, 43 <58>; stRspr). Die in Art. 19 Abs. 4 GG verbürgte Effektivität des Rechtsschutzes wird in erster Linie von den Prozessordnungen gesichert. Sie treffen Vorkehrungen dafür, dass der Einzelne seine Rechte auch tatsächlich wirksam durchsetzen kann und die Folgen staatlicher Eingriffe im Regelfall nicht ohne fachgerichtliche Prüfung zu tragen hat (vgl. BVerfGE 94, 166 <213>). Dabei fordert Art. 19 Abs. 4 GG zwar keinen Instanzenzug (vgl. BVerfGE 87, 48 <61>; 92, 365 <410>; stRspr). Eröffnet das Prozessrecht aber eine weitere Instanz, so gewährleistet Art. 19 Abs. 4 GG dem Bürger in diesem Rahmen die Effektivität des Rechtsschutzes im Sinne eines Anspruchs auf eine wirksame gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerfGE 40, 272 <274 f.>; 54, 94 <96 f.>). Das Rechtsmittelgericht darf ein von der jeweiligen Rechtsordnung eröffnetes Rechtsmittel daher nicht ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer "leerlaufen" lassen (vgl. BVerfGE 78, 88 <99>).

20

bb) Mit der Annahme, auf die Erwägungen des Landgerichts zur Unbegründetheit der Anträge nicht eingehen zu müssen, da bereits die Erwägungen zur Zulässigkeit die Entscheidung trügen und isolierte Feststellungsanträge im Strafvollzugsverfahren grundsätzlich unzulässig seien, verkennt das Oberlandesgericht diese verfassungsrechtlichen Anforderungen.

21

Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Fortbestehen des Rechtsschutzinteresses soll sicherstellen, dass der möglicherweise von einer Grundrechtsverletzung Betroffene nicht allein deshalb rechtsschutzlos bleibt, weil sich der Eingriff, gegen den er um Rechtsschutz nachsucht, bereits vor der Entscheidung über das Rechtsschutzgesuch oder sogar bereits vor Antragstellung erledigt hat (vgl. grundlegend BVerfGE 96, 27 <39 ff.>; 104, 220 <233>; vgl. für die Zulässigkeit isolierter Feststellungsanträge im Strafvollzug BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 14. November 2000 - 2 BvR 1931/00 -, juris, Rn. 4 und Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 12. September 2003 - 2 BvR 1220/03 -, NStZ-RR 2004, S. 59 <60>).

22

In Übereinstimmung mit dieser Rechtsprechung und im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG ist auch in der obergerichtlichen Rechtsprechung einhellig anerkannt, dass im Strafvollzugsverfahren ein allgemeiner Feststellungsantrag trotz vorprozessualer Erledigung zulässig ist, obwohl das Strafvollzugsgesetz - anders als die Verwaltungsgerichtsordnung - einen solchen nicht ausdrücklich regelt (vgl. nur Oberlandesgericht Dresden, Beschluss vom 28. Juli 2006 - 2 Ws 624/05 -, NStZ 2007, S. 707 <708>; Thüringer Oberlandesgericht, Beschlüsse vom 19. August 2003 - 1 Ws 205/03 -, NStZ 2004, S. 229 und vom 20. August 2003 - 1 Ws 220/03 -, OLG-NL 2003, S. 235 <236>; Oberlandesgericht Frankfurt a.M., Beschlüsse vom 18. Juli 2003 - 3 Ws 578/03 (StVollz) -, NJW 2003, S. 2843 <2844> und - 3 Ws 606/03 -, NStZ-RR 2004, S. 29 <29>; Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 25. Oktober 1982 - 7 Vollz (Ws) 111/82 -, NStZ 1983, S. 240; vgl. auch dazu, dass in diesen Fällen ein Vorschaltverfahren nicht erforderlich ist, Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 13. Juni 1989 - 1 Vollz (Ws) 376/88 -, juris, Rn. 12; vgl. zur Zulässigkeit eines isolierten Feststellungsantrages in entsprechender Anwendung des § 115 Abs. 3 StVollzG übereinstimmend auch die Kommentarliteratur, Bachmann, in: LNNV, StVollzG, 12. Aufl. 2015, Abschn. P Rn. 31 und 78; Euler, in: Graf, Beckscher Online Kommentar zum StVollzG (Juli 2014), § 115 Rn. 15; Laubenthal, in: Schwind/Böhm/Jehle/Laubenthal, StVollzG, 6. Aufl. 2013, § 115 Rn. 17; Kamann/ Spaniol, in: Feest/Lesting, StVollzG, 6. Aufl. 2012, § 109 Rn. 32 und § 115 Rn. 77; Arloth, StVollzG, 3. Aufl. 2011, § 109 Rn. 5 und § 115 Rn. 10; Calliess/Müller-Dietz, StVollzG, 11. Aufl. 2008, § 115 Rn. 16).

23

Der Beschluss des Oberlandesgerichts erklärt demgegenüber mit bloßem Hinweis auf die eigene Rechtsprechungspraxis isolierte Feststellungsanträge im Strafvollzugsverfahren allein aufgrund des Wortlauts des § 115 Abs. 3 StVollzG - unabhängig von der Frage eines fortbestehenden Rechtsschutzinteresses - für generell unzulässig. Damit versagt es dem Beschwerdeführer die zur Sicherung effektiven Rechtsschutzes notwendige Prüfung.

24

b) Insoweit ist die Verfassungsbeschwerde jedoch nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil nicht ersichtlich ist, dass der Beschwerdeführer im Fall der Aufhebung der angegriffenen oberlandesgerichtlichen Entscheidung im Ergebnis eine ihm günstigere Entscheidung erreichen könnte (vgl. hierzu BVerfGE 90, 22 <25 f.>; 119, 292 <301 f.>; BVerfGK 18, 360 <364>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 23. Oktober 2013 - 2 BvR 1541/13 -, juris, Rn. 1; 9). Der Beschluss des Landgerichts ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. oben unter 1.). Insoweit ist absehbar, dass das Oberlandesgericht die Rechtsbeschwerde aus den zutreffenden Gründen der angegriffenen Entscheidung des Landgerichts als unbegründet verwerfen und der Beschwerdeführer auch im Fall einer stattgebenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts mit seinem Rechtsschutzanliegen letztlich keinen Erfolg haben würde.

25

3. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 93d Abs. 1Satz 3 BVerfGG).

26

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Tenor

1. Der Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 18. Juni 2014 - III - 1 Vollz (Ws) 283/14 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes, soweit er die Rechtsbeschwerde des Beschwerdeführers gegen seine Verlegung als unzulässig verwirft. Der Beschluss des Landgerichts Bochum vom 7. April 2014 - V StVK 99/13 - verletzt den Beschwerdeführer in seinen Grundrechten aus Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes sowie Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes, soweit er den Antrag auf gerichtliche Entscheidung des Beschwerdeführers gegen seine Verlegung als unbegründet zurückweist.

2. Die Beschlüsse werden in diesem Umfang und im Kostenausspruch aufgehoben. Die Sache wird an das Landgericht Bochum zurückverwiesen.

3. Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.

4. Das Land Nordrhein-Westfalen hat dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerdeverfahren zu erstatten.

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Verlegung des Beschwerdeführers von der Justizvollzugsanstalt Bochum in die Justizvollzugsanstalt Werl sowie die Fertigstellung und Verwertung eines Gutachtens über die Gewährung von Vollzugslockerungen durch die Justizvollzugsanstalten.

2

1. Der Beschwerdeführer, ein Diabetiker, verbüßt eine lebenslange Freiheitsstrafe in Nordrhein-Westfalen. Seitdem der Beschwerdeführer im Jahr 2005 in die Justizvollzugsanstalt Bochum verlegt wurde, erhielt er auf Anordnung des dortigen Anstaltsarztes morgens und abends eine Gabe von Protaphane-Insulin sowie bei Bedarf Actrapid-Insulin am Mittag.

Die Behandlung durch den Anstaltsarzt war bereits Gegenstand eines Verfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht, in dem der Beschwerdeführer unter anderem begehrte, eine Neueinstellung seiner Insulinversorgung vorzunehmen sowie eine Untersuchung seines Augenhintergrundes im sechsmonatigen Abstand zu veranlassen. Nachdem das Landgericht Bochum und das Oberlandesgericht Hamm den Antrag des Beschwerdeführers als unzulässig verworfen hatten, hob die 3. Kammer des Zweiten Senats die beiden Entscheidungen mit Beschluss vom 10. Oktober 2012 auf, da diese den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG verletzten (vgl. BVerfGK 20, 84 ff.). Das Landgericht habe, so die Kammer, dem Beschwerdeführer jegliche sachliche Prüfung seiner medizinischen Behandlung mit der Begründung verweigert, dass es sich bei dieser Behandlung, soweit er sie im Hinblick auf ihre medizinische Richtigkeit überprüft wissen wolle, nicht um eine Maßnahme im Sinne des § 109 des Gesetzes über den Vollzug der Freiheitsstrafe und der freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung (Strafvollzugsgesetz vom 16. März 1976 , im Folgenden: StVollzG) handele. Dabei habe das Gericht nicht ausreichend berücksichtigt, dass eine nicht fachgerechte medizinische Behandlung oder Nichtbehandlung eines Strafgefangenen dessen Rechte - insbesondere das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG - verletzen könne und dass Art. 19 Abs. 4 GG daher eine Auslegung des Maßnahmebegriffs des § 109 Abs. 1 Satz 1 StVollzG verbiete, die die Angemessenheit der medizinischen Behandlung von Strafgefangenen der gerichtlichen Überprüfung entziehe (BVerfGK 20, 84<89>).

3

Nach der Zurückverweisung durch die Kammer holte das erneut mit dem Verfahren befasste Landgericht ein Sachverständigengutachten zu der Frage ein, ob der Beschwerdeführer fehlerhaft behandelt worden sei. Der Sachverständige stellte fest, dass die durchgeführte Behandlung in keiner Weise den Anforderungen an eine adäquate Insulintherapie entsprochen habe, und schlug in einem vom Landgericht ebenfalls angeforderten Ergänzungsgutachten eine andere medikamentöse Behandlung für den Beschwerdeführer vor. Mit Beschluss vom 30. Juli 2013 (III StVK 1162/10) verpflichtete das Landgericht die Justizvollzugsanstalt Bochum dazu, den Beschwerdeführer gemäß den Vorgaben des ergänzenden Sachverständigengutachtens zu behandeln. In dem Beschluss heißt es, dass eine Verpflichtung zur Behandlung in dem tenorierten Umfang anzuordnen und die bloße Verpflichtung zur Neubescheidung der Justizvollzugsanstalt nicht ausreichend gewesen sei, da der Anstalt spätestens seit Mai 2013 in Folge des erstellten Sachverständigengutachtens die Falschbehandlung des Beschwerdeführers bekannt gewesen, diese aber im Laufe dieser zwei Monate nicht umgestellt worden sei. Zur Neuausrichtung der medizinischen Behandlung an den Vorgaben des Beschlusses wurde der Beschwerdeführer am 9. August 2013 in das Justizvollzugskrankenhaus Fröndenberg verlegt; seine Behandlung war zuvor in der Justizvollzugsanstalt Bochum nicht umgestellt worden. Dort wurde ihm am 26. August 2013 mitgeteilt, dass er in die Justizvollzugsanstalt Werl verlegt werde.

4

2. Über den Beschwerdeführer sollte von der Justizvollzugsanstalt Bochum ein Gutachten über die Gewährung von Vollzugslockerungen erstellt werden. Dazu wurde er zunächst von einem anstaltsexternen Psychologen begutachtet. Dieser erstellte im November 2010 einen abschließenden Behandlungsbericht. Da der Psychologe selbstständige Lockerungen beziehungsweise die Verlegung in den offenen Vollzug empfohlen hatte, beantragte der Beschwerdeführer dies bei der Justizvollzugsanstalt. Die anstaltsinternen Gespräche zur Erstellung des Lockerungsgutachtens waren im Oktober 2012 abgeschlossen, und die Justizvollzugsanstalt Bochum stellte dem Beschwerdeführer ein positives Lockerungsgutachten bis zum Jahresende in Aussicht. Da die Fertigstellung entgegen dieser Ankündigung nicht erfolgte, richtete der Beschwerdeführer insgesamt sieben Anträge an die Anstalt (am 26. November 2012, 20. Januar, 28. Mai, 18. Juni, 26. Juni, 9. Juli und schließlich am 4. August 2013). Diese reagierte auf seine Anträge allerdings nicht.

5

3. Am 26. August 2013 wandte sich der Beschwerdeführer mit einem Antrag auf gerichtliche Entscheidung an das Landgericht Bochum. Er beantragte erstens Rechtsschutz gegen die geplante Verlegung und zweitens, die Justizvollzugsanstalt Bochum zur Fertigstellung des Lockerungsgutachtens zu verpflichten. Die Verlegung nach Werl sei ermessensfehlerhaft und überdies unvereinbar mit dem Resozialisierungsgebot. Er befinde sich seit acht Jahren in der Justizvollzugsanstalt Bochum und habe dort gute Kontakte zu anderen Gefangenen, dem Personal und dem Psychologischen Dienst. Überdies übe er eine Arbeit aus, die der höchsten Lohngruppe zugeordnet sei und mit der nahezu höchsten Leistungszulage vergütet werde. Auch sein ehrenamtlicher Betreuer werde im Falle einer Verlegung einen längeren Anfahrtsweg haben. Es verstoße zudem gegen sein Freiheitsrecht, dass die Justizvollzugsanstalt das Gutachten über die Gewährung von Vollzugslockerungen noch nicht gefertigt habe und es dafür keine nachvollziehbaren Gründe gebe.

6

4. Der Beschwerdeführer wurde am 13. September 2013 in die Justizvollzugsanstalt Werl verlegt.

7

5. Mit Schreiben vom 26. September 2013 nahm die Justizvollzugsanstalt Bochum zunächst allein zu der Verlegung Stellung. Zur Begründung führte sie aus, dass das Verhältnis zwischen dem Beschwerdeführer und dem Anstaltsarzt als nachhaltig gestört anzusehen sei und durch die Verlegung eine Basis für eine störungsfreie Behandlung geschaffen werden solle. Ein weiterer Aufenthalt in der Justizvollzugsanstalt Bochum erscheine aus Gründen der Förderung der Behandlung, zur Erreichung des Vollzugszieles sowie im Rahmen der Pflicht zur Gesundheitsfürsorge nicht mehr zuträglich.

8

6. Dem trat der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 9. Oktober 2013 entgegen. Die strikte Weigerung des Anstaltsarztes, sich an gutachterlichen und gerichtlichen Feststellungen zu orientieren, dürfe nicht dazu führen, dass ein Gefangener gegen seinen Willen verlegt werde. Außerdem sei das Verhältnis bereits seit seiner Verlegung in die Justizvollzugsanstalt Bochum im Jahr 2005 gestört gewesen, da der Anstaltsarzt bereits zu diesem Zeitpunkt eine angemessene Behandlung verweigert habe.

9

7. Zu der Fertigstellung des Gutachtens hieß es in einem weiteren Schreiben der Justizvollzugsanstalt Bochum vom 14. Oktober 2013, dass sich diese auf Grund von unbesetzten Stellen sowie Langzeiterkrankungen im Fachbereich des Psychologischen Dienstes erheblich verzögert habe. Zudem habe man die Fertigstellung des Gutachtens Anfang 2013 ausgesetzt, da befürchtet worden sei, dass der Beschwerdeführer auf Grund seines "subkulturellen Verhaltens" den Anforderungen an einen offenen Vollzug nicht genüge, denn er habe sich bei anderen Diabetikern unerlaubt Insulin beschafft. Diese eigenmächtige Beschaffung sei auch der Grund für die nachhaltige Störung des Arzt-Patienten-Verhältnisses und rechtfertige daher die Verlegung in die Justizvollzugsanstalt Werl. Das Gutachten werde aber trotz der Verlegung des Beschwerdeführers und des damit verbundenen Zuständigkeitswechsels nunmehr bevorzugt bearbeitet.

10

8. Mit Schreiben vom 17. Januar 2014 teilte die Justizvollzugsanstalt Bochum mit, dass das Lockerungsgutachten gefertigt und mit Schreiben vom selben Tag an die Justizvollzugsanstalt Werl übersandt worden sei. Der Beschwerdeführer erklärte daraufhin seinen Antrag auf Fertigstellung des Gutachtens mit Schreiben vom 30. Januar 2014 für erledigt und beantragte in einem weiteren Schreiben vom 6. Februar 2014, die "Justizvollzugsanstalt Bochum zu verpflichten, das gefertigte Lockerungsgutachten gegenüber den hinzuziehenden Institutionen zu vertreten, damit eine Neuauflage des Lockerungsgutachtens verhindert" werde. Mit einem Schreiben vom 27. Januar 2014 wies er zudem darauf hin, dass der Vortrag der Anstalt zur Begründung der erheblichen Verzögerung des Lockerungsgutachtens von dem Landgericht dahingehend zu überprüfen sei, ob diese Umstände eine derartige Verzögerung rechtfertigen könnten.

11

9. Mit Schreiben vom 4. März 2014 erwiderte die Justizvollzugsanstalt Bochum auf den Antrag des Beschwerdeführers. Die Zuständigkeit für die Entscheidung über die Gewährung von Lockerungen liege nach der Verlegung des Beschwerdeführers bei der Justizvollzugsanstalt Werl. Ob das von der Justizvollzugsanstalt Bochum gefertigte Gutachten in die Entscheidung über die Lockerungen miteinbezogen werde, sei nicht bekannt. Es sei aber verständlich, wenn die Justizvollzugsanstalt Werl die Entscheidung über Lockerungen nicht allein auf der Grundlage eines Gutachtens der Justizvollzugsanstalt Bochum treffen wolle, zumal die Anamnese und Tests aus dem Jahr 2012 stammten.

12

10. Mit angegriffenem Beschluss vom 7. April 2014 wies das Landgericht Bochum beide Anträge des Beschwerdeführers zurück. Der Antrag sei, soweit er die Verlegungsentscheidung angreife, unbegründet. Rechtsgrundlage für eine solche sei § 8 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 StVollzG. Danach könne ein Gefangener abweichend vom Vollstreckungsplan in eine andere für den Vollzug der Freiheitsstrafe zuständige Anstalt verlegt werden, wenn die Behandlung des Gefangenen hierdurch gefördert werde. Der Anstalt stehe bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzung ein Ermessen zu, der Beschwerdeführer habe lediglich einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung. Durch die Verlegung werde die Behandlung des Beschwerdeführers gefördert. Das Vertrauensverhältnis zwischen dem Anstaltsarzt der Justizvollzugsanstalt Bochum und dem Beschwerdeführer sei zerrüttet und es erscheine möglich, dass die ärztliche Versorgung des Beschwerdeführers durch ein vertrauensvolleres, unbelastetes Verhältnis zu einem anderen Arzt gebessert werde. Die Entscheidung sei zudem ermessensfehlerfrei ergangen. Insbesondere habe die Anstalt die besondere Situation des Beschwerdeführers im Hinblick auf sein bisheriges, beanstandungsfreies Vollzugs- und Arbeitsverhalten und die bestehenden sozialen Kontakte in der Justizvollzugsanstalt Bochum berücksichtigt, seiner gesundheitlichen Versorgung jedoch eine höhere Bedeutung beigemessen. Es bestehe zu Gunsten des Beschwerdeführers kein Vertrauensschutz, da die Anstalt dem Beschwerdeführer gegenüber nicht den Eindruck erweckt habe, er könne in der Justizvollzugsanstalt Bochum verbleiben.

13

Der Antrag im Hinblick auf die Vertretung des Lockerungsgutachtens durch die Justizvollzugsanstalt Bochum gegenüber anderen Institutionen sei unzulässig. Die begehrte Handlung weise keinen Regelungscharakter und keine Außenwirkung auf. Der Antrag sei überdies unbegründet, da keine Anspruchsgrundlage zu Gunsten des Beschwerdeführers existiere.

14

Im Hinblick auf den für erledigt erklärten Antrag zur Fertigstellung des Gutachtens wurden der Landeskasse die Kosten auferlegt. Die Anstalt habe dem Beschwerdeführer jedenfalls die Fertigstellung des Gutachtens auch im Falle der Verlegung zugesichert.

15

11. Gegen diesen Beschluss legte der Beschwerdeführer am 30. April 2014 Rechtsbeschwerde ein. Der kurzen Niederschrift der Geschäftsstelle war ein Schriftsatz des Beschwerdeführers beigefügt. In diesem schilderte er zunächst den Sachverhalt und den Inhalt der vielen Schreiben im Vorfeld des angegriffenen Beschlusses des Landgerichts. Sodann beanstandete er insbesondere, dass seine Argumente gegen eine Verlegung vom Gericht nicht aufgegriffen worden seien.

16

12. Mit angegriffenem Beschluss vom 18. Juni 2014 verwarf das Oberlandesgericht Hamm die Rechtsbeschwerde als unzulässig, da es nicht geboten sei, die Nachprüfung des angefochtenen Beschlusses zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen. Der Senat merkte an, dass man daran zweifeln könne, ob eine Verlegung nach § 8 StVollzG mit einer Zerrüttung des Arzt-Patienten-Verhältnisses begründet werden könne, wenn eine Fehlbehandlung des Arztes im Raum stehe. Jedoch habe das Landgericht die tatbestandlichen Voraussetzungen zutreffend erkannt und lediglich im Einzelfall die Ermessenfehlerfreiheit gegebenenfalls falsch beurteilt. Soweit der Beschwerdeführer die Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs erhebe, sei auch dahingehend eine Zulassung nicht geboten. Die Entscheidung des Landgerichts mache an mehreren Stellen deutlich, dass sie den Vortrag des Beschwerdeführers zur Kenntnis genommen habe.

II.

17

Mit seiner rechtzeitig erhobenen Verfassungsbeschwerde vom 30. Juni 2014 macht der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Grundrechte und grundrechtsgleichen Rechte aus Art. 1, Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1, Art. 2, Art. 19 Abs. 4, Art. 20 Abs. 3, Art. 103 und schließlich Art. 104 GG geltend.

18

1. Er trägt vor, aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ergebe sich, dass die Verlegung in eine andere Justizvollzugsanstalt in sein Grundrecht aus Art. 2 GG beziehungsweise in Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 GG eingreife. Die Verlegung sei für ihn wegen der verlorenen sozialen Kontakte, der Kontakte zu den Fachdiensten und des verlorenen, gut vergüteten Arbeitsplatzes besonders schwerwiegend. In der Justizvollzugsanstalt Werl sei ihm nie ein Arbeitsplatz angeboten worden, er verfüge nunmehr allein über das Taschengeld. Zudem habe er seinen Anspruch auf Arbeitslosengeld I durch den Wegfall des Arbeitsplatzes verloren. Jedenfalls dürfe die Weigerung des Anstaltsarztes, ihm eine ausreichende medizinische Versorgung zu gewährleisten, nicht dazu führen, dass er gegen seinen Willen verlegt werde. Durch die Anstalt sei niemals auf den Anstaltsarzt eingewirkt worden. Im Hinblick auf das Lockerungsgutachten wies er darauf hin, dass der Behandlungsbericht aus dem Jahr 2010 die Möglichkeit eröffnet habe, Lockerungen zu gewähren, durch die verzögerte Fertigstellung des Anstaltsgutachtens sei dies aber unterblieben.

19

2. Mit Schreiben vom 5. April 2015 teilt der Beschwerdeführer mit, dass er am 23. März 2015 wieder in die Justizvollzugsanstalt Bochum zurückverlegt worden sei und dort die Medikamente erhalte, die ihm auf Grund des Beschlusses des Landgerichts Bochum vom 30. Juli 2013 verabreicht werden sollten. Das Rechtsschutzbedürfnis sei aber nicht entfallen, da er für anderthalb Jahre seinen Arbeitsplatz verloren habe und seine Vollzugslockerungen sich erheblich verzögert hätten.

20

3. Das Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen hat von einer Stellungnahme abgesehen.

21

4. Die Akten des fachgerichtlichen Verfahrens haben der Kammer vorgelegen.

III.

22

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zur Entscheidung an, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung (§ 93c Abs. 1 BVerfGG) liegen im Hinblick auf die Entscheidung über die Verlegung vor. Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Grundsätze sind in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt. Nach diesen Grundsätzen ist die Verfassungsbeschwerde in einem die Zuständigkeit der Kammer begründenden Sinn offensichtlich begründet.

23

1. Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig. Der Zulässigkeit steht im Hinblick auf die Verlegung nicht entgegen, dass der Beschwerdeführer nach Erhebung der Verfassungsbeschwerde wieder in die Justizvollzugsanstalt Bochum zurückverlegt wurde. Das Bundesverfassungsgericht hat im Falle der Erledigung des mit der Verfassungsbeschwerde verfolgten Begehrens die entscheidenden Kriterien für das Fortbestehen eines Rechtsschutzbedürfnisses darin gesehen, dass entweder die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage von grundsätzlicher Bedeutung andernfalls unterbliebe und der gerügte Grundrechtseingriff besonders belastend erscheint, eine Wiederholung der angegriffenen Maßnahme zu besorgen ist oder die aufgehobene oder gegenstandslos gewordene Maßnahme den Beschwerdeführer noch weiterhin beeinträchtigt (vgl. BVerfGE 81, 138 <140> unter Verweis auf BVerfGE 33, 247 <257 f.>; 69, 161 <168>). Das Bundesverfassungsgericht ist in Fällen besonders tiefgreifender und folgenschwerer Grundrechtsverstöße vom Fortbestehendes Rechtsschutzbedürfnisses auch dann ausgegangen, wenn die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene nach dem regelmäßigen Geschäftsgang eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts kaum erlangen konnte (BVerfGE 81, 138 <140 f.>). Der Grundrechtsschutz des Beschwerdeführers würde sonst in unzumutbarer Weise verkürzt (BVerfGE 81, 138 <141> unter Verweis auf BVerfGE 34, 165 <180>; 41, 29 <43>; 49, 24 <51 f.>). Der Umstand, dass die Fachgerichte und das Bundesverfassungsgericht oft außer Stande sind, schwierige Fragen in kurzer Zeit zu entscheiden, darf nicht dazu führen, dass eine Verfassungsbeschwerde allein wegen des vom Beschwerdeführer nicht zu vertretenden Zeitablaufs als unzulässig verworfen wird (BVerfGE 81, 138 <141> unter Verweis auf BVerfGE 74, 163 <172 f.>; 76, 1 <38 f.>). Hier besteht das Rechtsschutzbedürfnis jedenfalls auf Grund des in Rede stehenden tiefgreifenden und folgenschweren Grundrechtsverstoßes fort. Durch die Verlegung wurde das verfassungsrechtliche Resozialisierungsgebot in besonders erheblicher Weise berührt, da der Beschwerdeführer dadurch seine Kontakte in der Anstalt und seinen Arbeitsplatz für einen Zeitraum von anderthalb Jahren verlor. Zudem wurde die Entscheidung über Vollzugslockerungen offensichtlich wesentlich verzögert und erschwert.

24

2. Die Verfassungsbeschwerde ist im Hinblick auf die Verlegungsentscheidung teilweise begründet.

25

a) Zwar verletzen die angegriffenen Beschlüsse des Landgerichts und des Oberlandesgerichts, soweit sie die Vertretung des Lockerungsgutachtens gegenüber der Justizvollzugsanstalt Werl betreffen, den Beschwerdeführer nicht in seinem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG. Zu Recht hat das Landgericht das Vorliegen einer Maßnahme im Sinne des § 109 StVollzG verneint und das Oberlandesgericht die dagegen gerichtete Rechtsbeschwerde als unzulässig verworfen. Die Verfassungsbeschwerde ist insoweit unbegründet und nicht zur Entscheidung anzunehmen.

26

b) Der angegriffene Beschluss des Landgerichts verletzt den Beschwerdeführer aber in seinen Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 GG sowie Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG, soweit er den Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen die Verlegung des Beschwerdeführers als unbegründet zurückweist.

27

aa) Wird ein Strafgefangener gegen seinen Willen in eine andere Justizvollzugsanstalt verlegt, greift dies in sein Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG ein (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1857/14, 2 BvR 22 BvR 2810/14 -, juris, Rn. 28 unter Verweis auf BVerfGK 6, 260 <264>; 8, 307 <309>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 26. August 2008 - 2 BvR 679/07 -, juris, Rn. 20; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 23. Oktober 2013 - 2 BvQ 42/13 -, juris, Rn. 6). Die Verlegung kann für den Gefangenen mit schwerwiegenden Beeinträchtigungen verbunden sein (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1857/14, 2 BvR 22 BvR 2810/14 -, juris, Rn. 28). Insoweit ist insbesondere in den Blick zu nehmen, dass sämtliche in der Justizvollzugsanstalt entwickelten sozialen Beziehungen praktisch abgebrochen werden und der schwierige Aufbau eines persönlichen Lebensumfelds in einer anderen Anstalt von neuem begonnen werden muss (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1857/14, 2 BvR 22 BvR 2810/14 -, juris, Rn. 28 unter Verweis auf BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 28. Februar 1993 - 2 BvR 196/92 -, juris, Rn. 11). Darüber hinaus kann eine Verlegung - nicht nur aus den genannten Gründen - auch die Resozialisierung des Strafgefangenen beeinträchtigen und somit dessen durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG vermittelten Anspruch auf einen Strafvollzug, der auf das Ziel der Resozialisierung ausgerichtet ist, berühren (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1857/14, 2 BvR 22 BvR 2810/14 -, juris, Rn. 28 unter Verweis auf BVerfGK 6, 260 <264>; 8, 307 <309>). Verlegungen, die nicht ihrerseits durch Resozialisierungsgründe bestimmt sind, bedürfen daher einer Rechtfertigung (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1857/14, 2 BvR 22 BvR 2810/14 -, beck, Rn. 28). Eine zusätzliche erhebliche Beeinträchtigung ergibt sich, wenn der Wechsel der Anstalt mit dem Verlust einer Arbeitsmöglichkeit verbunden ist (BVerfGK 6, 260 <264>).

28

bb) Vor diesem Hintergrund bestehen gegen den Beschluss des Landgerichts durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken. Art. 2 Abs. 1 GG sowie Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG verbieten eine Verlegung eines Strafgefangenen mit der Begründung, das Verhältnis zwischen diesem und dem Anstaltsarzt sei zerrüttet, wenn zuvor gerichtlich festgestellt wurde, dass der Anstaltsarzt den Strafgefangenen über Jahre hinweg in einer Weise medizinisch behandelte, die nicht den Regeln ärztlicher Kunst entsprach.

29

(1) Das Bundesverfassungsgericht hat bereits deutlich gemacht, dass die Verlegung eines Gefangenen nur im Falle des Vorliegens besonderer Umstände in Betracht kommt, wenn ein Fehlverhalten Dritter zur Begründung der Entscheidung herangezogen wird (BVerfGK 8, 307 <311>). Zudem muss in einer solchen Konstellation zunächst auf denjenigen, der die Regel bricht, eingewirkt werden, diesen Verstoß zu unterlassen, bevor derjenige, der von diesem regelwidrigen Verhalten betroffen ist, mit einer Verlegung belastet wird (vgl. BVerfGK 6, 260 <265 f.>).

30

(2) Das Landgericht erachtete § 8 Abs. 1 Nr. 1 StVollzG als taugliche Eingriffsgrundlage für die Entscheidung über die Verlegung des Beschwerdeführers. Diese Norm lässt eine Verlegung zu, wenn die Behandlung des Gefangenen dadurch gefördert wird. Ungeachtet der einfach-gesetzlichen Fragen, ob § 65 Abs. 1 Alt. 2 StVollzG, wonach ein kranker Gefangener in eine für die Behandlung seiner Krankheit besser geeignete Vollzugsanstalt verlegt werden kann, eine abschließende Spezialregelung zur Verlegung eines kranken Gefangenen enthält und die Auslegung des Begriffs "Behandlung" in § 8 Abs. 1 Nr. 1 StVollzG auch die medizinische Behandlung erfasst, muss bei der Ausübung des Ermessens, das der Justizvollzugsanstalt durch § 8 Abs. 1 Nr. 1 StVollzG eröffnet wird, jedenfalls der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet werden (vgl. zum Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Kontext von Entscheidungen über die Verlegung von Strafgefangenen BVerfGK 6, 260 <265 f.>; 8, 307 <311 f.>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 4. Februar 2009 - 2 BvR 1533/08 -, juris, Rn. 10). Die Auslegung und Anwendung von § 8 Abs. 1 Nr. 1 StVollzG durch das Landgericht stellt sich als unverhältnismäßig dar. Es wäre in dieser besonderen Sachverhaltskonstellation durch die Strafvollstreckungskammer insbesondere festzustellen gewesen, ob die unzureichende medizinische Behandlung des Beschwerdeführers nicht durch eine geeignete Einwirkung der Anstaltsleitung auf den Anstaltsarzt als milderes Mittel hätte unterbunden werden können (vgl. BVerfGK 6, 260 <265 f.>; 8, 307 <311>). Bei der Entscheidung über die Verlegung des Beschwerdeführers galt es insbesondere zu beachten, dass die schwerwiegende Falschbehandlung allein in die Verantwortungssphäre des Anstaltsarztes fiel. Es ist unvereinbar mit den Grundsätzen rechtsstaatlicher Zurechnung, wenn das rechtswidrige Verhalten des Anstaltsarztes, der den Beschwerdeführer entgegen den Vorgaben des landgerichtlichen Beschlusses nicht fachgerecht behandelt hat, nicht diesem zugerechnet und nach Möglichkeit durch ihm gegenüber zu ergreifende Maßnahmen abgewehrt wird, sondern ein Dritter - der Beschwerdeführer - zum Objekt eingreifender Maßnahmen gemacht wird (vgl. BVerfGK 8, 307 <311> m.w.N.). Rechtsstaatliche Zurechnung muss darauf ausgerichtet sein, nicht rechtswidriges, sondern rechtmäßiges Verhalten zu begünstigen (BVerfGK 8, 307 <311> unter Verweis auf BVerfGE 116, 24 <49 f.>). Dem läuft es grundsätzlich zuwider, wenn, wie im vorliegenden Fall, Maßnahmen zur Abwehr drohenden rechtswidrigen Verhaltens nicht vorrangig gegen den Störer, sondern ohne Weiteres - und schwerwiegend in Grundrechte eingreifend - gegen den von solchem rechtswidrigen Verhalten potentiell Betroffenen ergriffen werden (BVerfGK 8, 307 <311>).

31

(3) Ferner hat das Gericht bei der Überprüfung der Entscheidung über die Verlegung außer Acht gelassen, dass durch den so begründeten Zuständigkeitswechsel von der Justizvollzugsanstalt Bochum auf die Justizvollzugsanstalt Werl die bereits seit dem Jahr 2012 im Raum stehende Gewährung von Vollzugslockerungen zu Gunsten des Beschwerdeführers wesentlich erschwert wurde und es somit zu einer weiteren Beeinträchtigung der Grundrechte des Beschwerdeführers kam.

32

c) Der angegriffene Beschluss des Oberlandesgerichts verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG, soweit er die Rechtsbeschwerde gegen seine Verlegung als unzulässig verwirft.

33

aa) Art. 19 Abs. 4 GG enthält ein Grundrecht auf effektiven und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1206/13 -, juris, Rn. 19 unter Verweis auf BVerfGE 67, 43 <58>; stRspr). Die in Art. 19 Abs. 4 GG verbürgte Effektivität des Rechtsschutzes wird in erster Linie von den Prozessordnungen gesichert (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1206/13 -, juris, Rn. 19). Sie treffen Vorkehrungen dafür, dass der Einzelne seine Rechte auch tatsächlich wirksam durchsetzen kann und die Folgen staatlicher Eingriffe im Regelfall nicht ohne fachgerichtliche Prüfung zu tragen hat (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1206/13 -, juris, Rn. 19 unter Verweis auf BVerfGE 94, 166 <213>). Dabei fordert Art. 19 Abs. 4 GG zwar keinen Instanzenzug (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1206/13 -, juris, Rn. 19 unter Verweis auf BVerfGE 87, 48 <61>; 92, 365 <410>; stRspr). Eröffnet das Prozessrecht aber eine weitere Instanz, so gewährleistet Art. 19 Abs. 4 GG dem Bürger in diesem Rahmen die Effektivität des Rechtsschutzes im Sinne eines Anspruchs auf eine wirksame gerichtliche Kontrolle (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1206/13 -, juris, Rn. 19 unter Verweis auf BVerfGE 40, 272 <274 f.>; 54, 94 <96 f.>). Das Rechtsmittelgericht darf ein von der jeweiligen Rechtsordnung eröffnetes Rechtsmittel daher nicht ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer "leerlaufen" lassen (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1206/13 -, juris, Rn. 19 unter Verweis auf BVerfGE 78, 88 <99>).

34

bb) Gegen gerichtliche Entscheidungen der Strafvollstreckungskammern ist gemäß § 116 Abs. 1 StVollzG die Rechtsbeschwerde zulässig, wenn es geboten ist, die Nachprüfung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen. Zwar ist anerkannt, dass es auch in Fällen, in denen die Strafvollstreckungskammer ihre Entscheidung ausdrücklich oder implizit auf eine unzutreffende oder von der Rechtsprechung anderer Gerichte abweichende Rechtsauffassung gestützt hat, an der Erforderlichkeit der Nachprüfung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung fehlen kann, weil nicht zu erwarten ist, dass der Rechtsfehler in weiteren Fällen Bedeutung erlangen wird, weil also keine Wiederholungsgefahr besteht (BVerfGK 13, 438 <441> m.w.N.). Die Zulässigkeit einer Rechtsbeschwerde kann danach insbesondere dann verneint werden, wenn die Strafvollstreckungskammer ihren Rechtsfehler nachträglich erkannt und dies aktenkundig gemacht oder wenn das Oberlandesgericht in anderer Sache zu der Rechtsfrage Stellung genommen und sie anders beantwortet hat als die Strafvollstreckungskammer, diese das aber bei der Entscheidung noch nicht wissen konnte (BVerfGK 13, 438 <441> m.w.N.; vgl. ferner BVerfGK 17, 420 <428>; Bachmann, in: Laubenthal/Nestler/Neubacher/Verrel , StVollzG, 12. Auflage 2015, Abschnitt P, § 116 Rn. 93). Die Annahme, die Strafvollstreckungskammer werde einen bestimmten Fehler nicht wiederholen, setzt vor dem Hintergrund des Art. 19 Abs. 4 GG allerdings voraus, dass tatsächliche Umstände eine solche Prognose rechtfertigen. Könnte bei im Übrigen erfüllten Zulässigkeitsvoraussetzungen die Erforderlichkeit obergerichtlicher Nachprüfung allein mit dem Ausspruch der Erwartung verneint werden, das Ausgangsgericht werde einen festgestellten Rechtsfehler künftig vermeiden, so wäre für den Rechtsschutzsuchenden nicht mehr erkennbar, in welchen Fällen er überhaupt noch mit einer Behandlung seiner Rechtsbeschwerde als zulässig rechnen dürfte (BVerfGK 13, 438 <442>).

35

cc) Demnach durfte das Oberlandesgericht die Rechtsbeschwerde jedenfalls nicht ohne Weiteres mit der Begründung verwerfen, die Strafvollstreckungskammer habe die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 8 StVollzG zutreffend erkannt und lediglich im Einzelfall die Ermessensfehlerfreiheit unter Umständen falsch beurteilt. Das Oberlandesgericht hat Anhaltspunkte dafür, dass es sich allenfalls um einen Fehler im Einzelfall gehandelt hat, gerade nicht benannt. Mit einer solchen bloßen Vermutung kann die Verwerfung der Rechtsbeschwerde aber nicht ohne Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG begründet werden, denn damit würden die gesetzlichen Zulassungsgründe in einer Weise ausgelegt und angewendet, die jede Vorhersehbarkeit zunichtemachen würde und die Möglichkeit der Rechtsbeschwerde im Ergebnis leerlaufen ließe (vgl. BVerfGK 13, 438 <441 f.>).

36

d) Ob durch die angegriffenen Entscheidungen weitere Grundrechte des Beschwerdeführers verletzt worden sind, kann angesichts der dargelegten Verstöße offenbleiben.

IV.

37

Im Umfang der festgestellten Grundrechtsverletzungen, auf denen die Beschlüsse beruhen, werden der Beschluss des Landgerichts Bochum vom 7. April 2014 und der Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 18. Juni 2014 aufgehoben; die Sache wird an das Landgericht Bochum zurückverwiesen (§ 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2, § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG).

V.

38

Dem Beschwerdeführer sind, da er sein Rechtsschutzziel im Wesentlichen erreicht hat, gemäß § 34a Abs. 2 und Abs. 3 BVerfGG die notwendigen Auslagen für das Verfahren der Verfassungsbeschwerde zu erstatten (vgl. BVerfGE 32, 1 <39>; 79, 372 <378>; 86, 90 <122>; 104, 220 <238>; 114, 1 <72>).

(1) Gegen die gerichtliche Entscheidung der Strafvollstreckungskammer ist die Rechtsbeschwerde zulässig, wenn es geboten ist, die Nachprüfung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen.

(2) Die Rechtsbeschwerde kann nur darauf gestützt werden, daß die Entscheidung auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe. Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

(3) Die Rechtsbeschwerde hat keine aufschiebende Wirkung. § 114 Abs. 2 gilt entsprechend.

(4) Für die Rechtsbeschwerde gelten die Vorschriften der Strafprozeßordnung über die Beschwerde entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Gegen die gerichtliche Entscheidung der Strafvollstreckungskammer ist die Rechtsbeschwerde zulässig, wenn es geboten ist, die Nachprüfung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen.

(2) Die Rechtsbeschwerde kann nur darauf gestützt werden, daß die Entscheidung auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe. Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

(3) Die Rechtsbeschwerde hat keine aufschiebende Wirkung. § 114 Abs. 2 gilt entsprechend.

(4) Für die Rechtsbeschwerde gelten die Vorschriften der Strafprozeßordnung über die Beschwerde entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Wird der Verfassungsbeschwerde stattgegeben, so ist in der Entscheidung festzustellen, welche Vorschrift des Grundgesetzes und durch welche Handlung oder Unterlassung sie verletzt wurde. Das Bundesverfassungsgericht kann zugleich aussprechen, daß auch jede Wiederholung der beanstandeten Maßnahme das Grundgesetz verletzt.

(2) Wird der Verfassungsbeschwerde gegen eine Entscheidung stattgegeben, so hebt das Bundesverfassungsgericht die Entscheidung auf, in den Fällen des § 90 Abs. 2 Satz 1 verweist es die Sache an ein zuständiges Gericht zurück.

(3) Wird der Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz stattgegeben, so ist das Gesetz für nichtig zu erklären. Das gleiche gilt, wenn der Verfassungsbeschwerde gemäß Absatz 2 stattgegeben wird, weil die aufgehobene Entscheidung auf einem verfassungswidrigen Gesetz beruht. Die Vorschrift des § 79 gilt entsprechend.

(1) Erweist sich der Antrag auf Verwirkung der Grundrechte (§ 13 Nr. 1), die Anklage gegen den Bundespräsidenten (§ 13 Nr. 4) oder einen Richter (§ 13 Nr. 9) als unbegründet, so sind dem Antragsgegner oder dem Angeklagten die notwendigen Auslagen einschließlich der Kosten der Verteidigung zu ersetzen.

(2) Erweist sich eine Verfassungsbeschwerde als begründet, so sind dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen ganz oder teilweise zu erstatten.

(3) In den übrigen Fällen kann das Bundesverfassungsgericht volle oder teilweise Erstattung der Auslagen anordnen.