Bundesverfassungsgericht Nichtannahmebeschluss, 14. März 2012 - 2 BvR 2405/11

ECLI:ECLI:DE:BVerfG:2012:rk20120314.2bvr240511
bei uns veröffentlicht am14.03.2012

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen strafgerichtliche Entscheidungen. Der Beschwerdeführer beanstandet, dass wegen einer Sicherheitsverfügung des Gerichtspräsidenten die Öffentlichkeit des Verfahrens nicht gewährleistet gewesen sei.

A.

I.

2

Die Staatsanwaltschaft Potsdam erhob gegen den Beschwerdeführer sowie zwei andere Beschuldigte Anklage und legte ihnen zur Last, als Mitglied einer örtlichen Führungsebene, als "Member" (Vollmitglied) und als "Prospect" (Anwärter auf eine Vollmitgliedschaft) des Hells Angels Motorcycle Club verschiedene Straftaten begangen zu haben.

3

1. Der Beschwerdeführer und die Mitangeschuldigten sollen die Betreiber eines Tätowierstudios gezwungen haben, mit den Hells Angels "zusammenzuarbeiten" und ihnen zunächst regelmäßig einen Teil der Einnahmen sowie später Einrichtungsgegenstände zu überlassen. Dabei sollen zahlreiche Bedrohungen ausgesprochen worden sein. Einer der Mitangeschuldigten soll zur Überprüfung der Buchführung und zur Entgegennahme der Zahlungen regelmäßig im Tätowierstudio erschienen sein und dabei einen Hammer an seinem Hosengürtel bei sich geführt haben. Einer der Betreiber soll aufgefordert worden sein, an seine Familie zu denken; einem anderen sei gedroht worden, ihm den Kopf abzureißen. Im weiteren Verlauf soll ein Betreiber in eine Schlägerei verwickelt und mit einem Messer an einer Hand verletzt worden sein. Danach soll ihm einer der Mitangeschuldigten des Beschwerdeführers ein gerade getötetes Schaf vor die Wohnungstür gelegt haben.

4

Ein Mitangeschuldigter des Beschwerdeführers soll außerdem einen Geschädigten aufgefordert haben, zum Ausgleich für eine belastende Aussage bei der Polizei seine Anstellung zu kündigen und eine von ihm vermittelte Arbeit anzunehmen, von der er 900 Euro behalten dürfe und den Rest abzuliefern habe. Anderenfalls werde er bereits existierende Fotos von ihm "an Araber weitergeben", was als Morddrohung gemeint und aufgefasst worden sein soll. Er werde "sich eine Drahtschlinge nehmen und ihm die Eier abschneiden", wenn wegen der Aussage jemand zur Polizei müsse. Die Geduld der Hells Angels solle nicht überstrapaziert werden; unter denen gebe es Leute, die wesentlich inhumaner seien.

5

2. Im wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen ist ausgeführt, dass es sich bei den Hells Angels um eine weltweit verzweigte und in "Charter" gegliederte Gruppierung handle. Deren Vollmitglieder gäben sich durch Motorradwesten ("Kutten") zu erkennen. In Deutschland seien bislang drei Charter als kriminelle Vereinigung vereinsrechtlich verboten worden. Kämpfe mit konkurrierenden Vereinigungen würden seit Jahren auch öffentlich mit Waffengewalt ausgetragen. So sei im Jahr 2009 in Berlin ein zu einer anderen Gruppierung "übergelaufenes" früheres Mitglied erschossen worden. Die in der Anklage genannten Geschädigten seien vom Beschwerdeführer und seinen Mitbeschuldigten unter Druck gesetzt worden und hätten ihre Aussagen zeitweilig zurückgenommen.

II.

6

1. Der Präsident des Landgerichts Potsdam hielt in einem Vermerk fest, dass anlässlich der bevorstehenden Hauptverhandlung eine Sicherheitskonferenz unter Beteiligung von Mitarbeitern der Gerichtsverwaltung, Berufsrichtern der für das Verfahren zuständigen Strafkammer, der Staatsanwaltschaft, der Polizei (Zeugenschutz, "Ermittlungsgruppe Rocker") und des Justizvollzugs stattgefunden habe. In diesem Zusammenhang sei Rücksprache mit Geschäftsleitern verschiedener Landgerichte zu Erfahrungen anlässlich vergleichbarer Strafverfahren gehalten worden.

7

Der Landgerichtspräsident erließ für den ersten Hauptverhandlungstag eine Sicherheitsverfügung, wonach im Justizzentrum Waffen und andere gefährliche Werkzeuge zur Mitnahme nicht zugelassen sowie "das Tragen von Kutten, die die Zugehörigkeit zu einem Motorradclub demonstrieren, untersagt" sind. "Die Kutten sind in eigener Verantwortung außerhalb des Gebäudes zu deponieren." Eine entsprechende Verfügung erging für die folgenden Hauptverhandlungstage. Durch weitere Sicherheitsverfügungen wurde das Verbot auf "das Tragen von Bekleidungsgegenständen, die die Zugehörigkeit zu einem Motorradclub oder zur Brigade 81 demonstrieren", erstreckt.

8

Der Verteidiger des Beschwerdeführers beanstandete die Sicherheitsverfügungen als nicht erforderliche sowie unverhältnismäßige Beschränkung der Öffentlichkeit und beantragte deren Aufhebung. Dies lehnte der Landgerichtspräsident ab. Das Verbot sei auf Anraten von Staatsanwaltschaft und Polizei erfolgt, die über genaue Kenntnisse der Szene verfügten. Ein massenhaftes Tragen szenetypischer Kleidung stelle eine nicht hinnehmbare Machtdemonstration dar, die bei der Öffentlichkeit ein Gefühl der Unsicherheit und Bedrohung hervorrufen sowie Verfahrensbeteiligte einschüchtern und beeinflussen könne. Es sei seine Aufgabe, auf dem Gerichtsgelände für eine angstfreie Atmosphäre zu sorgen. Untersagt werde lediglich das Tragen bestimmter Kleidung. Der daraufhin vom Verteidiger des Beschwerdeführers gestellte Antrag auf Unterbrechung der Hauptverhandlung wurde abgelehnt.

9

2. Ein anderer Rechtsanwalt beantragte im Namen eines zurückgewiesenen Zuschauers, diesem Zugang zum Gerichtsgebäude zu gewähren. Ihm sei der Zugang zum Justizzentrum versagt worden, "weil er eine Motorradkutte mit einem Hells Angels-MC-Abzeichen trug beziehungsweise in Freizeitkleidung mit entsprechenden Abzeichen erschien". Es bestehe kein verständlicher Anlass für die Maßnahme. Hilfsweise bestehe Bereitschaft, die Motorradkutte im Gerichtsgebäude auszuziehen und über dem Arm zu tragen. Diesen Antrag lehnte der Landgerichtspräsident ab und ordnete die sofortige Vollziehung der Sicherheitsverfügung an. Der Antrag des zurückgewiesenen Zuschauers auf vorläufigen verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz blieb ohne Erfolg (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20. Dezember 2010 - 10 S 51/10 -, NJW 2011, S. 1093).

III.

10

Das Landgericht Potsdam verurteilte den Beschwerdeführer am 30. Dezember 2010 wegen Beihilfe zur räuberischen Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sprach ihn im Übrigen frei. Die Mitangeklagten des Beschwerdeführers wurden wegen schwerer räuberischer Erpressung, Beihilfe zur räuberischen Erpressung, räuberischer Erpressung und versuchter räuberischer Erpressung in Tateinheit mit Diebstahl und Tötung eines Wirbeltieres ohne vernünftigen Grund zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten sowie wegen räuberischer Erpressung und Bedrohung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt.

IV.

11

1. Mit seiner Revision gegen das Urteil des Landgerichts Potsdam beanstandete der Beschwerdeführer auch einen Verstoß gegen den Öffentlichkeitsgrundsatz (§ 169 Satz 1 GVG, § 338 Nr. 6 StPO).

12

2. Der Generalbundesanwalt beantragte, die Revision des Beschwerdeführers als unbegründet zu verwerfen. Eine Verletzung des Grundsatzes der Öffentlichkeit liege nicht vor. Der Grundsatz der Öffentlichkeit könne auch durch gesetzlich nicht erfasste unabweisbare Bedürfnisse der Rechtspflege modifiziert werden. Dazu gehöre die Notwendigkeit, durch geeignete vorbeugende Maßnahmen für eine sichere und ungestörte Durchführung der Verhandlung zu sorgen. Eine ungestörte Verhandlung sei ebenso wesentlich wie ihre Kontrolle durch die Allgemeinheit. Daraus folge die Zulässigkeit von Maßnahmen, die den Zugang zu Gerichtsverhandlungen nur unwesentlich erschwerten und dabei eine Auswahl der Zuhörerschaft nach bestimmten persönlichen Merkmalen vermieden, wenn für sie ein die Sicherheit oder den ungestörten Ablauf des Dienstbetriebs im Gerichtsgebäude berührender verständlicher Anlass bestehe. Worin solche Maßnahmen im Einzelfall bestehen müssten, bleibe dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichtspräsidenten überlassen, der das Hausrecht ausübe.

13

Danach liege keine ungesetzliche Beschränkung der Öffentlichkeit vor. Jede Person habe ohne die in der Sicherheitsverfügung angeführten Bekleidungsstücke das Gerichtsgebäude betreten können. Maßgebend sei nicht die Zugehörigkeit zu einem Motorradclub gewesen, sondern allein das Tragen von Kleidungsstücken, die eine solche Zugehörigkeit demonstrierten. Auch eine über dem Arm getragene Kutte dokumentiere diese Zugehörigkeit. Es sei eine plausible Befürchtung, dass ein demonstratives Auftreten von Mitgliedern der Hells Angels oder vergleichbarer Gruppierungen grundsätzlich geeignet sein könne, dritte Personen zu beunruhigen. Der Gerichtspräsident habe die Aufgabe, im gesamten Gerichtsgebäude für eine angstfreie Atmosphäre zu sorgen. Ein Widerspruch zu den sitzungspolizeilichen Befugnissen der Strafkammervorsitzenden liege nicht vor; diese sei in die sicherheitsrelevanten Überlegungen einbezogen gewesen und habe die Sicherheitsverfügungen des Gerichtspräsidenten gekannt. Durch die Maßnahme sei es nur zu einer geringfügigen Erschwerung des Zugangs gekommen. Es habe sich um eine präventive Maßnahme gehandelt; die Anforderungen an die Einschätzung einer Gefahr dürften nicht überspannt werden.

14

3. Der Bundesgerichtshof verwarf die Revision des Beschwerdeführers durch Beschluss vom 28. September 2011 als unbegründet. Die Begründung des Beschlusses geht auf die Rüge der Verletzung der Öffentlichkeit des Verfahrens nicht ein.

B.

15

Der Beschwerdeführer greift mit seiner Verfassungsbeschwerde das Urteil des Landgerichts Potsdam und den Beschluss des Bundesgerichtshofs an. Er rügt die Verletzung von "Art. 2 Abs. 1, Art. 2 Abs. 2 S. 2 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG (faires Verfahren) sowie Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG (willkürfreie Rechtsanwendung)".

16

Das Recht des Beschwerdeführers auf ein faires Verfahren umfasse auch die Öffentlichkeit der Hauptverhandlung. Für die Sicherheitsverfügungen des Landgerichtspräsidenten bestehe schon keine Rechtsgrundlage. Sie seien auch willkürlich und unverhältnismäßig. Allein die Möglichkeit, dass sich Dritte durch ein "demons-tratives" Auftreten von Mitgliedern der Hells Angels beunruhigt fühlen könnten, reiche nicht aus, um dem Beschwerdeführer die Öffentlichkeit der Hauptverhandlung ohne Verstoß gegen Verfassungsrecht teilweise zu versagen. Hypothetische Einschüchterungslagen erreichten nicht das erforderliche Gewicht. Die Maßnahmen knüpften an ein empfundenes Unbehagen, nicht jedoch an eine real bestehende Gefahr an. Sitzungspolizeiliche Mittel wären ausreichend gewesen. Nach dem ersten störungsfrei verlaufenen Sitzungstag hätten einzelne Personen oder Personengruppen aus dem Sitzungssaal entfernt werden können. Spätestens zur Urteilsverkündung hätte die Beschränkung aufgehoben werden müssen. Der Sachverhalt sei einseitig gewürdigt worden. Angesichts der fehlenden Erforderlichkeit sei unerheblich, dass es sich um eine geringfügige Beschränkung gehandelt habe.

C.

17

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Der Verfassungsbeschwerde kommt weder grundsätzliche Bedeutung zu, noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt (vgl. BVerfGE 90, 22 <24 ff.>; 96, 245 <248 ff.>).

18

Es liegt kein Verstoß gegen das Willkürverbot vor (I.). Der Beschwerdeführer ist auch nicht in seinem Recht auf ein faires Strafverfahren verletzt (II.).

I.

19

Es liegt kein Verstoß gegen das Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG) vor.

20

1. Die Auslegung des Gesetzes und seine Anwendung auf den einzelnen Fall sind Sache der dafür zuständigen Fachgerichte und daher der Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht entzogen. Ein verfassungsgerichtliches Eingreifen gegenüber Entscheidungen der Fachgerichte unter dem Gesichtspunkt der Verletzung des Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) in seiner Bedeutung als Willkürverbot kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht. Willkürlich ist ein Richterspruch nur dann, wenn er unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass er auf sachfremden Erwägungen beruht. Das ist anhand objektiver Kriterien festzustellen. Schuldhaftes Handeln des Richters ist nicht erforderlich. Fehlerhafte Rechtsanwendung allein macht eine Gerichtsentscheidung nicht willkürlich. Willkür liegt vielmehr erst vor, wenn eine offensichtlich einschlägige Norm nicht berücksichtigt oder der Inhalt einer Norm in krasser Weise missgedeutet wird (vgl. BVerfGE 74, 102 <127>; 87, 273 <278 f.>; 96, 189 <203>; 112, 185 <215 f.>).

21

2. Danach ist die Auslegung und Anwendung der § 169 Satz 1 GVG, § 338 Nr. 6 StPO nicht willkürlich.

22

a) Der Bundesgerichtshof hat seine Entscheidung hinsichtlich des vom Beschwerdeführer beanstandeten Verstoßes gegen die Öffentlichkeit des Verfahrens nicht begründet. Daher kann davon ausgegangen werden, dass sich der Bundesgerichtshof insoweit der Begründung des Verwerfungsantrags des Generalbundesanwalts angeschlossen hat (vgl. BVerfGK 5, 269 <285 f.>).

23

b) Diese Begründung begegnet unter dem Gesichtspunkt des Willkürverbots keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

24

aa) Der rechtliche Ausgangspunkt entspricht der bisherigen obergerichtlichen Rechtsprechung und wird auch in der Literatur vertreten. Danach kann der Grundsatz der Öffentlichkeit (§ 169 Satz 1 GVG) außer durch ausdrückliche Regelungen auch durch gesetzlich nicht erfasste unabweisbare Bedürfnisse der Rechtspflege modifiziert werden. Dazu gehört die Notwendigkeit, durch geeignete vorbeugende Maßnahmen für eine sichere und ungestörte Durchführung der Verhandlung zu sorgen. Maßnahmen, die den Zugang zu einer Gerichtsverhandlung nur unwesentlich erschweren und dabei eine Auswahl der Zuhörerschaft nach bestimmten persönlichen Merkmalen vermeiden, sind zulässig, wenn für sie ein verständlicher Anlass besteht (vgl. BGHSt 27, 13 <15>; Wickern, in: Löwe-Rosenberg, StPO, Bd. 10, 26. Aufl. 2010, § 169 GVG Rn. 33; Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl. 2011, § 169 GVG Rn. 5). Es bleibt dem pflichtgemäßen Ermessen des das Hausrecht ausübenden Gerichtspräsidenten überlassen, worin solche Maßnahmen im Einzelfall bestehen. Das Hausrecht des Gerichtspräsidenten ist Rechtsgrundlage für alle Maßnahmen im Gerichtsgebäude, die außerhalb des Sitzungsbereichs erfolgen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Mai 2011 - 7 B 17/11 -, NJW 2011, S. 2530 <2531>; Wickern, in: Löwe-Rosenberg, StPO, Bd. 10, 26. Aufl. 2010, § 176 GVG Rn. 3; Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl. 2011, § 176 GVG Rn. 3, jeweils m.w.N.; zur Abgrenzung von Hausrecht und Sitzungspolizei BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 11. Mai 1994 - 1 BvR 733/94 -, NJW 1996, S. 310 <310>; BGHSt 24, 329 <330 f.>; 30, 350 <353 ff.>).

25

Diese Erwägungen sind nicht unvertretbar oder sachfremd. Insbesondere ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die Aufrechterhaltung der Ordnung im gerichtlichen Verfahren auch den störungsfreien äußeren Ablauf der Sitzung und die ungehinderte Entscheidungsfindung umfasst (vgl. BVerfGE 91, 125 <137>; 103, 44 <64>; 119, 309 <322>, jeweils zu § 176 GVG).

26

bb) Die Anwendungen der danach bestehenden Befugnisse im Einzelfall unterliegt nur eingeschränkter verfassungsrechtlicher Überprüfung (vgl. BVerfGE 48, 118 <123>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 29. September 1997 - 2 BvR 1676/97 -, NJW 1998, S. 296 <297>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 5. Januar 2006 - 2 BvR 2/06 -, NJW 2006, S. 1500 <1500 f.>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 8. Mai 2006 - 2 BvQ 27/06 -, juris, Rn. 3, 6 f.; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 27. Juni 2006 - 2 BvR 677/05 -, NJW 2007, S. 56 <57>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 6. Februar 2007 - 1 BvR 218/07 -, NJW-RR 2007, S. 1053 <1054>, jeweils zu § 176 GVG). Daran gemessen legt die Begründung der Verfassungsbeschwerde nicht dar und ist auch sonst nicht ersichtlich, dass Einschätzung und Bewertung sowohl einer möglichen Beeinträchtigung der Hauptverhandlung durch das Tragen bestimmter Kleidung oder Abzeichen als auch der zur Abwehr dieser Gefahr geeigneten und erforderlichen Maßnahmen verfassungsrechtlich bedenklich wären.

II.

27

Der Beschwerdeführer ist auch nicht in seinem Recht auf ein faires Strafverfahren (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG) verletzt.

28

1. Das Recht auf ein faires Verfahren hat seine Wurzeln im Rechtsstaatsprinzip in Verbindung mit den Freiheitsrechten und Art. 1 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 57, 250 <274 f.>; 86, 288 <317>; 118, 212 <231>; 122, 248 <271>) und gehört zu den wesentlichen Grundsätzen eines rechtsstaatlichen Verfahrens (vgl. BVerfGE 38, 105 <111>; 46, 202 <210>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 7. Dezember 2011 - 2 BvR 2500/09 u.a. -, juris, Rn. 111). Am Recht auf ein faires Verfahren ist die Ausgestaltung des Strafprozesses zu messen, wenn und soweit keine spezielle verfassungsrechtliche Gewährleistung existiert (vgl. BVerfGE 57, 250 <274 f.>; 109, 13 <34>; 122, 248 <271>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 7. Dezember 2011 - 2 BvR 2500/09 u.a. -, juris, Rn. 111).

29

Das Recht auf ein faires Verfahren enthält keine in allen Einzelheiten bestimmten Ge- oder Verbote; vielmehr bedarf es der Konkretisierung je nach den sachlichen Gegebenheiten. Eine Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren liegt erst vor, wenn eine Gesamtschau auf das Verfahrensrecht auch in seiner Auslegung und Anwendung durch die Fachgerichte ergibt, dass rechtsstaatlich zwingende Folgerungen nicht gezogen worden sind oder rechtsstaatlich Unverzichtbares preisgegeben worden ist (vgl. BVerfGE 57, 250 <275 f.>; 63, 45 <61>; 64, 135 <145 f.>; 70, 297 <308 f.>; 86, 288 <317 f.>; 122, 248 <272>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 7. Dezember 2011 - 2 BvR 2500/09 u.a. -, juris, Rn. 112). Im Rahmen dieser Gesamtschau sind nicht nur die Rechte des Beschuldigten, insbesondere prozessuale Rechte und Möglichkeiten mit der erforderlichen Sachkunde wahrnehmen und Übergriffe der staatlichen Stellen oder anderer Verfahrensbeteiligter angemessen abwehren zu können, sondern auch die Erfordernisse einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege in den Blick zu nehmen (vgl. BVerfGE 122, 248 <272 f.>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 7. Dezember 2011 - 2 BvR 2500/09 u.a. -, juris, Rn. 113).

30

2. Es bedarf im vorliegenden Zusammenhang keiner Entscheidung, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Verstoß gegen den Öffentlichkeitsgrundsatz einen Angeklagten in seinem Recht auf ein faires Strafverfahren verletzen kann (siehe dazu Wickern, in: Löwe-Rosenberg, StPO, Bd. 10, 26. Aufl. 2010, Vor § 169 GVG Rn. 6 m.w.N.; Grabenwarter/Pabel, in: EMRK/GG Konkordanzkommentar, 2006, Kap. 14 Rn. 109). Der Grundsatz der Öffentlichkeit mündlicher Verhandlungen wurde gewahrt (a). Abweichendes ergibt sich nicht aus der Europäischen Menschenrechtskonvention (b).

31

a) Der Grundsatz der Öffentlichkeit mündlicher Verhandlungen wurde gewahrt.

32

aa) Der im Gerichtsverfassungsrecht enthaltene Grundsatz der Öffentlichkeit mündlicher Verhandlungen ist ein Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips (BVerfGE 103, 44 <63 f.>). Die rechtsstaatliche Komponente der Gerichtsöffentlichkeit zielt darauf, die Einhaltung des formellen und materiellen Rechts zu gewährleisten und zu diesem Zweck Einblick in die Funktionsweise der Rechtsordnung zu ermöglichen (BVerfGE 103, 44 <65>). Dies soll zur Gewährleistung von Verfahrensgerechtigkeit beitragen (BVerfGE 103, 44 <64>).

33

Der Verfassungsgrundsatz der Öffentlichkeit gilt nicht ausnahmslos (BVerfGE 103, 44 <63>). Einer unbegrenzten Öffentlichkeit der Verhandlung vor dem erkennenden Gericht stehen gewichtige Interessen gegenüber. Zu den entgegenstehenden Belangen gehören die Funktionstüchtigkeit der Rechtspflege, insbesondere die ungestörte Wahrheits- und Rechtsfindung (BVerfGE 103, 44 <64, 68 ff.>; 119, 309 <322, 324 f.>). Der Grundsatz der Öffentlichkeit besagt noch nichts zu den Modalitäten, unter denen die Öffentlichkeit zugelassen wird (BVerfGE 103, 44 <63>). Darüber hinaus kann die Öffentlichkeit aus zwingenden Gründen des Gemeinwohls auch dort ganz oder teilweise ausgeschlossen werden, wo sie nach der Verfassung grundsätzlich geboten ist (BVerfGE 103, 44 <63>).

34

bb) Danach wurde der Öffentlichkeitsgrundsatz gewahrt. Die dem Grunde nach gerechtfertigte (s. oben I. 2. b) bb)) Sicherheitsverfügung legte ausschließlich Zugangsmodalitäten fest, deren Befolgung ohne weiteres möglich und zumutbar war. Sie führte weder ausdrücklich noch faktisch zum Ausschluss der Öffentlichkeit insgesamt oder auch nur einzelner Personengruppen oder Personen.

35

b) Die Sicherheitsverfügung widerspricht schließlich nicht den Anforderungen an eine öffentliche Verhandlung nach der Europäischen Menschenrechtskonvention (vgl. zu deren Berücksichtigung BVerfGE 111, 307 <315 ff.>; 128, 326 <366 ff.>).

36

aa) Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK gewährleistet das Recht auf eine öffentliche Verhandlung. Nach Art. 6 Abs. 1 Satz 2 2. Halbsatz EMRK kann die Öffentlichkeit während des ganzen oder eines Teils des Verfahrens ausgeschlossen werden - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält -, wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.

37

Die durch Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK garantierte Öffentlichkeit des Verfahrens schützt die Rechtsunterworfenen vor einer Geheimjustiz, die sich öffentlicher Kontrolle entzieht. Sie ist außerdem ein Mittel, um das Vertrauen in die Gerichtsbar-keit zu sichern (vgl. EGMR, Urteil vom 8. Dezember 1983 - 8273/78 -, Axen/Deutschland, Tz. 25, EGMR-E 2, 321 <325 f.>; EGMR, Urteil vom 22. Februar 1984 - 8209/78 -, Sutter/Schweiz, Tz. 26, EGMR-E 2, 345 <349>; EGMR, Urteil vom 14. November 2000 - 35115/97 -, Riepan/Österreich, Tz. 27; EGMR, Urteil vom 7. Juni 2007 - 66941/01 -, Zagorodnikov/Russland, Tz. 20; EGMR, Urteil vom 4. Dezember 2007 - 64056/00 -, Volkov/Russland, Tz. 25; EGMR, Urteil vom 4. Dezember 2008 - 28617/03 -, Belashev/Russland, Tz. 79).

38

Eine Verhandlung entspricht den an die Öffentlichkeit zu stellenden Anforderungen, wenn die Allgemeinheit Informationen über deren Zeit sowie Ort erhalten kann und wenn dieser Ort einfach zugänglich ist (vgl. EGMR, Urteil vom 29. November 2007 - 9852/03, 13413/04 -, Hummatov/Aserbaidschan, Tz. 144). Zwar können tatsächliche Hindernisse ebenso gegen ein Konventionsrecht verstoßen wie rechtliche Beschränkungen. Daher kann es bei erheblichen tatsächlichen Zugangshindernissen erforderlich sein, zur Gewährleistung der Öffentlichkeit Ausgleichsmaßnahmen zu treffen (vgl. EGMR, Urteil vom 14. November 2000 - 35115/97 -, Riepan/Österreich, Tz. 27 ff.; EGMR, Urteil vom 29. November 2007 - 9852/03, 13413/04 -, Hummatov/Aserbaidschan, Tz. 143 f.). Allerdings wird der öffentliche Charakter einer Verhandlung nicht schon dadurch berührt, dass sich mögliche Zuschauer etwa bestimmten Identitätsüberprüfungen und möglichen Sicherheitsüberprüfungen unterziehen müssen (vgl. EGMR, Urteil vom 14. November 2000 - 35115/97 -, Riepan/Österreich, Tz. 28; EGMR, Urteil vom 29. November 2007 - 9852/03, 13413/04 -, Hummatov/Aserbaidschan, Tz. 143).

39

bb) Danach war die Verhandlung im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK öffentlich. Die Sicherheitsverfügungen des Gerichtspräsidenten führten nicht zu einem tatsächlichen Hindernis, als Zuschauer an der Hauptverhandlung teilnehmen zu können. Das Gerichtsgebäude war auch für Träger der in der Sicherheitsverfügung bezeichneten Oberbekleidung nach wie vor einfach zugänglich, da diese nur ausgezogen und außerhalb des Gerichtsgebäudes hätte deponiert werden müssen. Es handelte sich ersichtlich um eine ganz geringfügige Beschränkung, die keine kompensatorischen Maßnahmen erforderlich machte.

40

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

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Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 17. Mai 2011 - 7 B 17/11

bei uns veröffentlicht am 17.05.2011

Gründe I. 1 Der Kläger begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer vom beklagte

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(1) Die Verhandlung vor dem erkennenden Gericht einschließlich der Verkündung der Urteile und Beschlüsse ist öffentlich. Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen zum Zwecke der öffentlichen Vorführung oder Veröffentlichung ihres Inhalts sind unzulässig. Die Tonübertragung in einen Arbeitsraum für Personen, die für Presse, Hörfunk, Fernsehen oder für andere Medien berichten, kann von dem Gericht zugelassen werden. Die Tonübertragung kann zur Wahrung schutzwürdiger Interessen der Beteiligten oder Dritter oder zur Wahrung eines ordnungsgemäßen Ablaufs des Verfahrens teilweise untersagt werden. Im Übrigen gilt für den in den Arbeitsraum übertragenen Ton Satz 2 entsprechend.

(2) Tonaufnahmen der Verhandlung einschließlich der Verkündung der Urteile und Beschlüsse können zu wissenschaftlichen und historischen Zwecken von dem Gericht zugelassen werden, wenn es sich um ein Verfahren von herausragender zeitgeschichtlicher Bedeutung für die Bundesrepublik Deutschland handelt. Zur Wahrung schutzwürdiger Interessen der Beteiligten oder Dritter oder zur Wahrung eines ordnungsgemäßen Ablaufs des Verfahrens können die Aufnahmen teilweise untersagt werden. Die Aufnahmen sind nicht zu den Akten zu nehmen und dürfen weder herausgegeben noch für Zwecke des aufgenommenen oder eines anderen Verfahrens genutzt oder verwertet werden. Sie sind vom Gericht nach Abschluss des Verfahrens demjenigen zuständigen Bundes- oder Landesarchiv zur Übernahme anzubieten, das nach dem Bundesarchivgesetz oder einem Landesarchivgesetz festzustellen hat, ob den Aufnahmen ein bleibender Wert zukommt. Nimmt das Bundesarchiv oder das jeweilige Landesarchiv die Aufnahmen nicht an, sind die Aufnahmen durch das Gericht zu löschen.

(3) Abweichend von Absatz 1 Satz 2 kann das Gericht für die Verkündung von Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in besonderen Fällen Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen zum Zwecke der öffentlichen Vorführung oder der Veröffentlichung ihres Inhalts zulassen. Zur Wahrung schutzwürdiger Interessen der Beteiligten oder Dritter sowie eines ordnungsgemäßen Ablaufs des Verfahrens können die Aufnahmen oder deren Übertragung teilweise untersagt oder von der Einhaltung von Auflagen abhängig gemacht werden.

(4) Die Beschlüsse des Gerichts nach den Absätzen 1 bis 3 sind unanfechtbar.

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wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswidrige Besetzung nur gestützt werden, wenn
a)
das Gericht in einer Besetzung entschieden hat, deren Vorschriftswidrigkeit nach § 222b Absatz 2 Satz 2 oder Absatz 3 Satz 4 festgestellt worden ist, oder
b)
das Rechtsmittelgericht nicht nach § 222b Absatz 3 entschieden hat und
aa)
die Vorschriften über die Mitteilung verletzt worden sind,
bb)
der rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form geltend gemachte Einwand der vorschriftswidrigen Besetzung übergangen oder zurückgewiesen worden ist oder
cc)
die Besetzung nach § 222b Absatz 1 Satz 1 nicht mindestens eine Woche geprüft werden konnte, obwohl ein Antrag nach § 222a Absatz 2 gestellt wurde;
2.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen war;
3.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, nachdem er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt war und das Ablehnungsgesuch entweder für begründet erklärt war oder mit Unrecht verworfen worden ist;
4.
wenn das Gericht seine Zuständigkeit mit Unrecht angenommen hat;
5.
wenn die Hauptverhandlung in Abwesenheit der Staatsanwaltschaft oder einer Person, deren Anwesenheit das Gesetz vorschreibt, stattgefunden hat;
6.
wenn das Urteil auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
7.
wenn das Urteil keine Entscheidungsgründe enthält oder diese nicht innerhalb des sich aus § 275 Abs. 1 Satz 2 und 4 ergebenden Zeitraums zu den Akten gebracht worden sind;
8.
wenn die Verteidigung in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt durch einen Beschluß des Gerichts unzulässig beschränkt worden ist.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Die Verfassungsbeschwerde bedarf der Annahme zur Entscheidung.

(2) Sie ist zur Entscheidung anzunehmen,

a)
soweit ihr grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zukommt,
b)
wenn es zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 genannten Rechte angezeigt ist; dies kann auch der Fall sein, wenn dem Beschwerdeführer durch die Versagung der Entscheidung zur Sache ein besonders schwerer Nachteil entsteht.

(1) Jedermann kann mit der Behauptung, durch die öffentliche Gewalt in einem seiner Grundrechte oder in einem seiner in Artikel 20 Abs. 4, Artikel 33, 38, 101, 103 und 104 des Grundgesetzes enthaltenen Rechte verletzt zu sein, die Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht erheben.

(2) Ist gegen die Verletzung der Rechtsweg zulässig, so kann die Verfassungsbeschwerde erst nach Erschöpfung des Rechtswegs erhoben werden. Das Bundesverfassungsgericht kann jedoch über eine vor Erschöpfung des Rechtswegs eingelegte Verfassungsbeschwerde sofort entscheiden, wenn sie von allgemeiner Bedeutung ist oder wenn dem Beschwerdeführer ein schwerer und unabwendbarer Nachteil entstünde, falls er zunächst auf den Rechtsweg verwiesen würde.

(3) Das Recht, eine Verfassungsbeschwerde an das Landesverfassungsgericht nach dem Recht der Landesverfassung zu erheben, bleibt unberührt.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Die Verhandlung vor dem erkennenden Gericht einschließlich der Verkündung der Urteile und Beschlüsse ist öffentlich. Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen zum Zwecke der öffentlichen Vorführung oder Veröffentlichung ihres Inhalts sind unzulässig. Die Tonübertragung in einen Arbeitsraum für Personen, die für Presse, Hörfunk, Fernsehen oder für andere Medien berichten, kann von dem Gericht zugelassen werden. Die Tonübertragung kann zur Wahrung schutzwürdiger Interessen der Beteiligten oder Dritter oder zur Wahrung eines ordnungsgemäßen Ablaufs des Verfahrens teilweise untersagt werden. Im Übrigen gilt für den in den Arbeitsraum übertragenen Ton Satz 2 entsprechend.

(2) Tonaufnahmen der Verhandlung einschließlich der Verkündung der Urteile und Beschlüsse können zu wissenschaftlichen und historischen Zwecken von dem Gericht zugelassen werden, wenn es sich um ein Verfahren von herausragender zeitgeschichtlicher Bedeutung für die Bundesrepublik Deutschland handelt. Zur Wahrung schutzwürdiger Interessen der Beteiligten oder Dritter oder zur Wahrung eines ordnungsgemäßen Ablaufs des Verfahrens können die Aufnahmen teilweise untersagt werden. Die Aufnahmen sind nicht zu den Akten zu nehmen und dürfen weder herausgegeben noch für Zwecke des aufgenommenen oder eines anderen Verfahrens genutzt oder verwertet werden. Sie sind vom Gericht nach Abschluss des Verfahrens demjenigen zuständigen Bundes- oder Landesarchiv zur Übernahme anzubieten, das nach dem Bundesarchivgesetz oder einem Landesarchivgesetz festzustellen hat, ob den Aufnahmen ein bleibender Wert zukommt. Nimmt das Bundesarchiv oder das jeweilige Landesarchiv die Aufnahmen nicht an, sind die Aufnahmen durch das Gericht zu löschen.

(3) Abweichend von Absatz 1 Satz 2 kann das Gericht für die Verkündung von Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in besonderen Fällen Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen zum Zwecke der öffentlichen Vorführung oder der Veröffentlichung ihres Inhalts zulassen. Zur Wahrung schutzwürdiger Interessen der Beteiligten oder Dritter sowie eines ordnungsgemäßen Ablaufs des Verfahrens können die Aufnahmen oder deren Übertragung teilweise untersagt oder von der Einhaltung von Auflagen abhängig gemacht werden.

(4) Die Beschlüsse des Gerichts nach den Absätzen 1 bis 3 sind unanfechtbar.

Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen,

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswidrige Besetzung nur gestützt werden, wenn
a)
das Gericht in einer Besetzung entschieden hat, deren Vorschriftswidrigkeit nach § 222b Absatz 2 Satz 2 oder Absatz 3 Satz 4 festgestellt worden ist, oder
b)
das Rechtsmittelgericht nicht nach § 222b Absatz 3 entschieden hat und
aa)
die Vorschriften über die Mitteilung verletzt worden sind,
bb)
der rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form geltend gemachte Einwand der vorschriftswidrigen Besetzung übergangen oder zurückgewiesen worden ist oder
cc)
die Besetzung nach § 222b Absatz 1 Satz 1 nicht mindestens eine Woche geprüft werden konnte, obwohl ein Antrag nach § 222a Absatz 2 gestellt wurde;
2.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen war;
3.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, nachdem er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt war und das Ablehnungsgesuch entweder für begründet erklärt war oder mit Unrecht verworfen worden ist;
4.
wenn das Gericht seine Zuständigkeit mit Unrecht angenommen hat;
5.
wenn die Hauptverhandlung in Abwesenheit der Staatsanwaltschaft oder einer Person, deren Anwesenheit das Gesetz vorschreibt, stattgefunden hat;
6.
wenn das Urteil auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
7.
wenn das Urteil keine Entscheidungsgründe enthält oder diese nicht innerhalb des sich aus § 275 Abs. 1 Satz 2 und 4 ergebenden Zeitraums zu den Akten gebracht worden sind;
8.
wenn die Verteidigung in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt durch einen Beschluß des Gerichts unzulässig beschränkt worden ist.

(1) Die Verhandlung vor dem erkennenden Gericht einschließlich der Verkündung der Urteile und Beschlüsse ist öffentlich. Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen zum Zwecke der öffentlichen Vorführung oder Veröffentlichung ihres Inhalts sind unzulässig. Die Tonübertragung in einen Arbeitsraum für Personen, die für Presse, Hörfunk, Fernsehen oder für andere Medien berichten, kann von dem Gericht zugelassen werden. Die Tonübertragung kann zur Wahrung schutzwürdiger Interessen der Beteiligten oder Dritter oder zur Wahrung eines ordnungsgemäßen Ablaufs des Verfahrens teilweise untersagt werden. Im Übrigen gilt für den in den Arbeitsraum übertragenen Ton Satz 2 entsprechend.

(2) Tonaufnahmen der Verhandlung einschließlich der Verkündung der Urteile und Beschlüsse können zu wissenschaftlichen und historischen Zwecken von dem Gericht zugelassen werden, wenn es sich um ein Verfahren von herausragender zeitgeschichtlicher Bedeutung für die Bundesrepublik Deutschland handelt. Zur Wahrung schutzwürdiger Interessen der Beteiligten oder Dritter oder zur Wahrung eines ordnungsgemäßen Ablaufs des Verfahrens können die Aufnahmen teilweise untersagt werden. Die Aufnahmen sind nicht zu den Akten zu nehmen und dürfen weder herausgegeben noch für Zwecke des aufgenommenen oder eines anderen Verfahrens genutzt oder verwertet werden. Sie sind vom Gericht nach Abschluss des Verfahrens demjenigen zuständigen Bundes- oder Landesarchiv zur Übernahme anzubieten, das nach dem Bundesarchivgesetz oder einem Landesarchivgesetz festzustellen hat, ob den Aufnahmen ein bleibender Wert zukommt. Nimmt das Bundesarchiv oder das jeweilige Landesarchiv die Aufnahmen nicht an, sind die Aufnahmen durch das Gericht zu löschen.

(3) Abweichend von Absatz 1 Satz 2 kann das Gericht für die Verkündung von Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in besonderen Fällen Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen zum Zwecke der öffentlichen Vorführung oder der Veröffentlichung ihres Inhalts zulassen. Zur Wahrung schutzwürdiger Interessen der Beteiligten oder Dritter sowie eines ordnungsgemäßen Ablaufs des Verfahrens können die Aufnahmen oder deren Übertragung teilweise untersagt oder von der Einhaltung von Auflagen abhängig gemacht werden.

(4) Die Beschlüsse des Gerichts nach den Absätzen 1 bis 3 sind unanfechtbar.

Gründe

I.

1

Der Kläger begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer vom beklagten Präsidenten des Landgerichts im Dezember 1997 anlässlich einer Strafverhandlung erlassenen Hausverfügung sowie der auf der Grundlage dieser Hausverfügung durchgeführten Einlasskontrollen und seiner Verweisung aus dem Dienstgebäude des Amtsgerichts Frankfurt/Oder. Der Kläger war seinerzeit als Rechtsreferendar der Staatsanwaltschaft beim Landgericht Frankfurt/Oder zur Ausbildung zugewiesen und wollte das Gerichtsgebäude im Rahmen der Ausbildung sowie zur Teilnahme an öffentlichen Sitzungen betreten.

2

Das Verwaltungsgericht - an das das Oberlandesgericht die Streitsache verwiesen hatte - stellte mit Urteil vom 23. November 2007 fest, dass die Klage wegen Nichtbetreibens des Verfahrens nach § 91 Abs. 2 Satz 1 VwGO als zurückgenommen gelte. Das Oberverwaltungsgericht hat auf die Berufung des Klägers die Feststellung der (fiktiven) Rücknahme aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Hausverfügung gerichtete Klage sei mangels Fortsetzungsfeststellungsinteresses bereits unzulässig, weil es an der vom Kläger allein geltend gemachten Wiederholungsgefahr fehle. Abgesehen davon sei die Klage auch unbegründet. Es bestünden keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Hausverfügung. Soweit der Kläger sich gegen die Einzelmaßnahmen der Polizeibediensteten am Verhandlungstag wende (Ausweiskontrolle, Anordnung der Durchsuchung und Verweigerung des Zutritts zum Gebäude), fehle es ebenfalls am Fortsetzungsfeststellungsinteresse. Ein schutzwürdiges Rehabilitations- oder ideelles Interesse könne nur bejaht werden, wenn abträgliche Nachwirkungen fortbestünden oder die Art des Eingriffs es erfordere, dem Betroffenen eine Art Genugtuung für eine rechtswidrige Persönlichkeitsverletzung zu verschaffen. Eine solche Fallgestaltung liege hier nicht vor.

3

Die Revision gegen sein Urteil hat das Oberverwaltungsgericht nicht zugelassen. Dagegen richtet sich die Beschwerde des Klägers.

II.

4

Die Beschwerde bleibt erfolglos.

5

Die Revision ist weder wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (1) noch wegen Divergenz nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (2) oder eines Verfahrensfehlers (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen. Die geltend gemachten Revisionszulassungsgründe liegen, soweit überhaupt den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechend dargelegt, jedenfalls nicht vor.

6

1. Grundsätzlich bedeutsam im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss dargelegt werden (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), d.h. näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des Bundesrechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr; vgl. u.a. Beschluss vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91> = Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 18). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.

7

Eingangs der Beschwerdebegründung wird zwar als grundsätzlich klärungsbedürftig aufgeworfen, ob das Hausrecht des Gerichtspräsidenten die Befugnis umfasst, Ordnungsmaßnahmen zu treffen und eine geeignete Rechtsgrundlage für etwaige Eingriffe in die Rechte der Betroffenen darstellt. Es fehlt aber an tragfähigen Ausführungen dazu, warum diese Frage der grundsätzlichen Klärung in einem Revisionsverfahren bedarf. Allein der Umstand, dass eine Rechtsfrage eine unabsehbare Vielzahl von Verfahren betrifft und höchstrichterlich noch nicht geklärt ist, verleiht ihr noch keine grundsätzliche Bedeutung. Inhaltlich erschöpft sich die Beschwerdebegründung insoweit im Wesentlichen darin, die rechtliche Würdigung des Oberverwaltungsgerichts unter grundsätzlicher Verkennung des Unterschieds zwischen einer Nichtzulassungsbeschwerde und einer Revisionsbegründung nach Art einer Revisionsbegründung als fehlerhaft anzugreifen.

8

Abgesehen davon ist die vorgenannte Frage, ohne dass es dazu der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedürfte, im Sinne des vom Oberverwaltungsgericht eingenommenen Rechtsstandpunktes zu beantworten. Der Präsident eines Gerichts ist aufgrund seines gewohnheitsrechtlich anerkannten Hausrechts befugt, zum Zwecke der Gewährleistung eines ordnungsgemäßen Dienstbetriebs (verhältnismäßige) Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung im Gerichtsgebäude zu ergreifen. Das Hausrecht stellt insoweit die Grundlage für Eingriffe in die Rechte der von den Ordnungsmaßnahmen betroffenen Personen dar. Grenzen für die Ausübung des Hausrechts ergeben sich - auch dies hat das Oberverwaltungsgericht zutreffend ausgeführt - aus dem Grundsatz der Öffentlichkeit (§ 169 GVG) und den sitzungspolizeilichen Befugnissen des Vorsitzenden nach § 176 GVG (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 6. Februar 2007 - 1 BvR 218/07 - NJW-RR 2007, 1053 ff. = juris Rn. 14). Zu weitergehenden Ausführungen gibt das Beschwerdevorbringen keinen Anlass. Dies gilt umso mehr, als die aufgeworfene Rechtsfrage sich in einem Revisionsverfahren entscheidungserheblich nur dann stellen würde, wenn man den Klageantrag zu 1 entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts für zulässig hielte.

9

2. Die Rüge des Klägers, das Oberverwaltungsgericht sei von dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15. Dezember 1983 - 1 BvR 209/83 u.a. - (BVerfGE 65, 1 ff.) abgewichen, greift nicht durch. Der Revisionszulassungsgrund der Abweichung liegt nur vor, wenn die Vorinstanz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift mit einem ihre Entscheidung tragenden Rechtssatz einem ebensolchen Rechtssatz des Bundesverfassungsgerichts (oder eines der anderen in § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO genannten Gerichte) widerspricht (vgl. Beschluss vom 20. Dezember 1995 - BVerwG 6 B 35.95 - = Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 9, NVwZ-RR 1996, 712; stRspr). Daran fehlt es hier. Die Beschwerde entnimmt dem zitierten Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Volkszählung den Rechtssatz, dass Grundrechtsbeschränkungen nach Art. 2 Abs. 1 GG einer (verfassungsmäßigen) gesetzlichen Grundlage bedürfen, aus der sich die Voraussetzungen und der Umfang der Beschränkung klar und für den Bürger erkennbar ergeben und die damit dem rechtsstaatlichen Gebot der Normenklarheit entspricht (Rn. 151). Sie übersieht aber, dass dieser Rechtssatz sich nach dem Kontext, in dem er steht, offensichtlich auf Einschränkungen des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung bezieht, während es vorliegend um Eingriffe in die allgemeine, durch den Widmungszweck des Gerichtsgebäudes von vornherein beschränkte allgemeine Handlungsfreiheit geht.

10

3. Die geltend gemachten Verstöße gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs aus Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO, den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) und die Hinweispflicht (§ 86 Abs. 3 VwGO), sind nicht schlüssig dargelegt. Der Kläger will sie darin erblicken, dass das Oberverwaltungsgericht

- die Klageanträge nicht differenziert zur Kenntnis genommen und erwogen habe (S. 4 und 13 der Beschwerdebegründung),

- sich mit seinem Vorbringen zur Herleitung sowie zu Inhalt und Umfang des Hausrechts nicht auseinander gesetzt habe (S. 7 der Beschwerdebegründung),

- die vermeintliche Zuständigkeit des Landgerichtspräsidenten zur Anordnung der in der Hausverfügung genannten Maßnahmen aus der wirtschaftlichen Einheit der Grundstücke hergeleitet habe (S. 10 der Beschwerdebegründung),

- sich mit seinem Vorbringen zu der aus dem Gesetzesvorbehalt folgenden Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung und zur Zuständigkeit des Spruchkörpervorsitzenden nach § 169 GVG nicht auseinander gesetzt habe (S. 11 der Beschwerdebegründung),

- sich, obwohl entscheidungsunerheblich, mit dem Anlass für die Hausverfügung befasst habe (S. 11 der Beschwerdebegründung),

- Tatsachenbehauptungen eines Beteiligten durch eigene Mutmaßungen ersetzt habe (S. 12 und 14 der Beschwerdebegründung),

- eine Wiederholungsgefahr und die diskriminierende Wirkung der Zugangskontrollen verneint habe (S. 13/14 der Beschwerdebegründung),

- seinen Vortrag, insbesondere zum Feststellungsinteresse, als unzureichend erachtet habe, ohne hierauf zuvor ausdrücklich hinzuweisen (S. 6, 12 und 13 der Beschwerdebegründung) sowie

- Beweiserhebungen nicht vorgenommen, sondern sein Urteil auf Mutmaßungen gestützt habe (S. 11 und 12 der Beschwerdebegründung).

11

Hinsichtlich der gerügten Gehörsverstöße verkennt die Beschwerde schon im Ansatz, dass der Grundsatz des rechtlichen Gehörs das Gericht nur verpflichtet, das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, nicht aber, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen (vgl. BVerfG, Urteile vom 22. November 1983 - 2 BvR 399/81 - BVerfGE 65, 293 <295> und vom 8. Oktober 1985 - 1 BvR 33/83 - BVerfGE 70, 288 <293>). Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein Gericht das von ihm entgegengenommene Vorbringen sowohl zur Kenntnis genommen als auch in seine Erwägungen einbezogen hat, so dass nur bei deutlichen gegenteiligen Anhaltspunkten ein Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs angenommen werden kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. Mai 1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86, 133 <146>). Solche Anhaltspunkte werden von der Beschwerde nicht aufgezeigt. Der Sache nach wendet sich der Kläger vielmehr durchgängig dagegen, dass das Oberverwaltungsgericht den Sachverhalt in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht anders gewürdigt hat, als er es für richtig hält.

12

Der Kläger missversteht insoweit auch den Inhalt der richterlichen Hinweispflicht (§ 86 Abs. 3 VwGO). Die Hinweispflicht konkretisiert den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 108 Abs. 2 VwGO) und zielt mit dieser Funktion insbesondere auf die Vermeidung von Überraschungsentscheidungen (Urteil vom 11. November 1970 - BVerwG 6 C 49.68 - BVerwGE 36, 264 <266 f.> = Buchholz 310 § 86 Abs. 3 VwGO Nr. 11). Ein hiergegen verstoßendes Verhalten des Gerichts läge aber nur vor, wenn das Gericht einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gegeben hätte, mit welcher der unterlegene Beteiligte nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht zu rechnen brauchte. Anhaltspunkte für das Vorliegen einer solchen Überraschungsentscheidung hat die Beschwerde nicht dargetan. Ansonsten besteht nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Grundsatz keine Pflicht des Gerichts, den Beteiligten seine Auffassung jeweils vor dem Ergehen einer Entscheidung zu offenbaren. Ein Gericht muss die Beteiligten grundsätzlich nicht vorab auf seine Rechtsauffassung oder die beabsichtigte Würdigung des Prozessstoffs hinweisen, weil sich die tatsächliche und rechtliche Würdigung regelmäßig erst aufgrund der abschließenden Beratung ergibt (Beschluss vom 29. Januar 2010 - BVerwG 5 B 21.09 - juris Rn. 18 m.w.N.). Namentlich ist es nicht Inhalt der Hinweispflicht des § 86 Abs. 3 VwGO, einen anwaltlich vertretenen Kläger in allen möglichen oder denkbaren materiellen Richtungen zu beraten (Beschluss vom 14. Februar 1984 - BVerwG 3 B 111.81 - Buchholz 310 § 86 Abs. 3 VwGO Nr. 34).

13

Da der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht keine Beweisanträge gestellt hat und sich dem Oberverwaltungsgericht aus seiner materiellrechtlichen Sicht eine Beweisaufnahme nicht aufdrängen musste, sind auch die von der Beschwerde gerügten Verstöße gegen die Aufklärungspflicht nicht gegeben.

14

Der vom Kläger sinngemäß gerügte Verfahrensmangel einer Entscheidung durch Prozessurteil anstatt durch Sachurteil ist hinsichtlich des Klageantrags zu 1 schon deshalb nicht gerechtfertigt, weil das Oberverwaltungsgericht die Klage insoweit auch als unbegründet abgewiesen hat. Im Übrigen stellt eine Entscheidung durch Prozessurteil anstatt durch Sachurteil nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur dann einen Verfahrensfehler dar, wenn sie auf einer fehlerhaften Anwendung der prozessualen Vorschriften beruht, die Vorinstanz etwa die dort verwendeten Begriffe verkannt hat (Beschluss vom 13. August 2009 - BVerwG 7 B 30.09 - juris Rn. 14). Dies legt die Beschwerde nicht dar. Sie wendet sich nur gegen die vom Oberverwaltungsgericht vorgenommene Würdigung der Einzelfallumstände, gegen die nichts zu erinnern ist.

15

Soweit der Kläger schließlich mehrfach rügt, die rechtliche Würdigung des Oberverwaltungsgerichts sei willkürlich, verstoße gegen Denkgesetze und beruhe auf sachfremden Erwägungen (vgl. S. 5, 9,10 der Beschwerdebegründung), werden damit keine Verfahrensfehler dargelegt, sondern Fehler geltend gemacht, die die inhaltliche Richtigkeit der Entscheidung betreffen und nur unter den - hier wie o.a. nicht vorliegenden Voraussetzungen - des § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO zur Zulassung der Revision führen können. Abgesehen davon liegt Willkür erst vor, wenn eine offensichtlich einschlägige Norm nicht berücksichtigt oder ihr Inhalt in krasser Weise missdeutet wird. Von einer willkürlichen Missdeutung kann jedoch nicht gesprochen werden, wenn das Gericht sich - wie hier - mit der Rechtslage eingehend auseinander setzt und seine Auffassung nicht jeder Grundlage entbehrt (Beschluss vom 21. Februar 2003 - BVerwG 9 B 64.02 - juris Rn. 6).

16

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO).

(1) Die Aufrechterhaltung der Ordnung in der Sitzung obliegt dem Vorsitzenden.

(2) An der Verhandlung beteiligte Personen dürfen ihr Gesicht während der Sitzung weder ganz noch teilweise verhüllen. Der Vorsitzende kann Ausnahmen gestatten, wenn und soweit die Kenntlichmachung des Gesichts weder zur Identitätsfeststellung noch zur Beweiswürdigung notwendig ist.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.