Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 03. Mai 2012 - 2 BvR 2355/10, 2 BvR 1443/11

published on 03/05/2012 00:00
Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 03. Mai 2012 - 2 BvR 2355/10, 2 BvR 1443/11
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Tenor

Die Verfassungsbeschwerdeverfahren 2 BvR 2355/10 und 2 BvR 1443/11 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

Der Beschluss des Landgerichts Kassel vom 9. September 2010 - 4 StVK 333/10 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes.

Der Beschluss des Landgerichts Kassel vom 24. Januar 2011 - 4 StVK 333/10 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes.

Der Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 25. Mai 2011 - 3 Ws 241/11 (StVollz) - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes. Die Beschlüsse werden aufgehoben und die Sachen an das Landgericht Kassel zurückverwiesen.

...

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerden betreffen die Ablösung des strafgefangenen Beschwerdeführers von seiner Arbeit.

I.

2

1. a) Der Beschwerdeführer war seit Juni 2008 in der sogenannten kalten Küche der Justizvollzugsanstalt K. beschäftigt. Am 24. August 2010 wurde ihm mündlich eröffnet, dass er ab dem 1. September 2010 von seiner Arbeitsstelle abgelöst werden solle. In der Folge wurde ihm mitgeteilt, die Ablösung sei aufgrund eines Runderlasses des hessischen Ministeriums der Justiz vom 26. August 2005 und einer Verfügung des Leiters der Justizvollzugsanstalt K. vom 15. Februar 2006 erfolgt, die jeweils die Befristung von Hilfstätigkeiten im Sinne des § 41 Abs. 1 StVollzG vorsähen.

3

b) Hiergegen beantragte der Beschwerdeführer bei der zuständigen Strafvollstreckungskammer gerichtliche Entscheidung sowie den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel, die Justizvollzugsanstalt zu verpflichten, ihn bis zur Hauptsacheentscheidung weiter in der kalten Küche zu beschäftigen. Die Ablösung von der Arbeit oder der Entzug eines Arbeitsplatzes sei nur unter den Voraussetzungen möglich, die § 49 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG für den Widerruf rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakte formuliere. Die vorgesehene Befristung der Beschäftigung sei mit den Regelungen des Strafvollzugsgesetzes nicht vereinbar. Die mit dem Verlust des Arbeitsplatzes für ihn einhergehenden Nachteile seien immens; er verliere sein Einkommen und der ratenweise Abtrag seiner Schulden werde verhindert. Dass der Arbeitsplatz befristet sei, sei ihm nicht mitgeteilt worden. Eine nachträgliche Befristung sei unzulässig.

4

c) Die Justizvollzugsanstalt nahm dahingehend Stellung, dass dem Beschwerdeführer zugemutet werden könne, den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abzuwarten, und dass der Beschwerdeführer zu Recht von seinem Arbeitsplatz abgelöst worden sei. Die zeitliche Befristung des Arbeitseinsatzes in Hilfstätigkeiten entspreche dem Grundgedanken des § 41 StVollzG. In Anbetracht verschiedener Gründe, die dies sinnvoll erscheinen ließen, werde die Beschäftigungszeit von Gefangenen in Hilfstätigkeiten grundsätzlich befristet. Dem Beschwerdeführer sei in der Vollzugsplankonferenz vom 12. August 2010 deutlich gemacht worden, dass er in Kürze mit der Beendigung seiner Arbeit in der kalten Küche rechnen müsse.

5

2. Mit Beschluss vom 9. September 2010 wies die Strafvollstreckungskammer den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurück. Die Voraussetzungen für den Erlass einer solchen Anordnung nach §§ 114 Abs. 2 Satz 2 StVollzG, 123 Abs. 1 VwGO lägen nicht vor. Dem Beschwerdeführer könne zugemutet werden, den Ausgang des ordentlichen Verfahrens abzuwarten, weil für eine besondere Eilbedürftigkeit keine Anhaltspunkte bestünden und die beantragte Entscheidung zudem einer Vorwegnahme der Hauptsache gleichkomme.

6

3. Mit weiterem Beschluss vom 24. Januar 2011 wies die Strafvollstreckungskammer den Antrag auf gerichtliche Entscheidung in der Hauptsache zurück. Es sei von einem Anfechtungsantrag auszugehen. Der Beschwerdeführer habe deutlich gemacht, dass er sich gegen die Verfügung der Justizvollzugsanstalt zur Wehr setze, die ihn von seiner Tätigkeit abgelöst habe. Nach unbestrittenem Vorbringen sei ihm am 24. August 2010 die Ablösung von der Arbeit zum 31. August 2010 eröffnet worden. Der Antrag müsse aber ohne Erfolg bleiben, weil die Ablösung den Beschwerdeführer nicht in seinen Rechten verletze. Die Befristung einer Hilfstätigkeit sei grundsätzlich zulässig. Der Beschwerdeführer habe keinen Anspruch auf die Zuweisung eines bestimmten Arbeitsplatzes.

7

4. a) Der Beschwerdeführer erhob Rechtsbeschwerde. Das Landgericht gehe von unzutreffenden Voraussetzungen aus. Die Justizvollzugsanstalt sei seiner Angabe, ihm sei zum Antritt des Arbeitsverhältnisses nicht mitgeteilt worden, dass es sich um ein befristetes Arbeitsverhältnis handele, nicht entgegengetreten. Auch aus der Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt könne entnommen werden, dass ihm die Befristung seines Arbeitsverhältnisses erst unmittelbar vor dessen Beendigung mitgeteilt worden sei. Für eine dauerhafte Ablösung von der Arbeit verlange die obergerichtliche Rechtsprechung nicht nur eine ausreichende Sachverhaltsermittlung der Vollzugsbehörde, sondern auch eine Prüfung der Widerrufsvoraussetzungen nach den auch im Strafvollzugsrecht geltenden verwaltungsrechtlichen Grundsätzen über den Widerruf begünstigender Verwaltungsakte. Über den Widerruf habe die Vollzugsbehörde unter Abwägung der Belange der Anstalt und der Interessen des Gefangenen zu entscheiden.

8

b) Mit angegriffenem Beschluss verwarf das Oberlandesgericht die Rechtsbeschwerde. Die Nachprüfung des angefochtenen Beschlusses sei weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten. Eine Befristung von Hilfstätigkeiten sei grundsätzlich zulässig.

9

5. Mit seinen gegen die genannten Beschlüsse gerichteten Verfassungsbeschwerden rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Grundrechte aus Art.3 Abs. 1 GG und Art. 19 Abs. 4 GG sowie einen Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes. Mit seiner Eilentscheidung habe das Landgericht die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum effektiven Rechtsschutz bei beantragter Aussetzung belastender Maßnahmen ignoriert. Im Verfahren der Hauptsache sei mit der gerichtlichen Annahme, eine zeitliche Befristung von Hilfstätigkeiten sei generell zulässig, der Gegenstand des Verfahrens verfehlt, in dem es um die nachträgliche Befristung einer ursprünglich nicht befristet zugewiesenen Beschäftigung gegangen sei. Dem diesbezüglichen Sachverhaltsvortrag des Beschwerdeführers sei die Justizvollzugsanstalt nicht entgegengetreten.

10

6. Die Hessische Staatskanzlei hatte Gelegenheit zur Stellungnahme. Sie hat sich zur Frage der Zulässigkeit und Begründetheit der Verfassungsbeschwerden nicht geäußert.

II.

11

Die Verfassungsbeschwerden werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden. Die Kammer nimmt sie zur Entscheidung an, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung (§ 93c Abs. 1 BVerfGG) liegen vor. Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerden maßgeblichen verfassungsrechtlichen Grundsätze hat das Bundesverfassungsgericht bereits geklärt. Nach diesen Grundsätzen sind die Verfassungsbeschwerden zulässig und in einem die Zuständigkeit der Kammer begründenden Sinne offensichtlich begründet.

12

1. Der Beschluss das Landgerichts vom 9. September 2010 im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes verletzt das Grundrecht des Beschwerdeführers auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG.

13

a) Für die Gerichte ergeben sich aus der verfassungsrechtlichen Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes Anforderungen auch für den vorläufigen Rechtsschutz. Die Auslegung und Anwendung der jeweiligen gesetzlichen Bestimmungen muss darauf ausgerichtet sein, dass der Rechtsschutz sich auch im Eilverfahren nicht in der bloßen Möglichkeit der Anrufung eines Gerichts erschöpft, sondern zu einer wirksamen Kontrolle in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht führt (vgl. BVerfGE 49, 220 <226>; 77, 275 <284>; BVerfGK 1, 201 <204 f.>; 11, 54 <60>). Der Anspruch auf effektiven Rechtsschutz ist verletzt, wenn die Gewährung von Eilrechtsschutz zu Unrecht mit der entscheidungstragenden Begründung abgelehnt wird, sie komme wegen Nichtvorliegens der besonderen Voraussetzungen für eine Vorwegnahme der Hauptsache nicht in Betracht (vgl. BVerfGK 1, 201 <204 f.>; 7, 403 <409>; 11, 54 <60 f.>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 24. März 2009 - 2 BvR 2347/08 -, juris Rn. 12). Eine - nur in Ausnahmefällen zulässige - Vorwegnahme der Hauptsache liegt nur dann vor, wenn die begehrte vorläufige Entscheidung faktisch keine vorläufige wäre, sondern einer endgültigen gleichkäme. Dies ist nicht der Fall, wenn die einstweilige Aussetzung einer Maßnahme begehrt wird, die bei entsprechendem Ausgang des Hauptsacheverfahrens wieder in Geltung gesetzt werden kann. Die bloße Tatsache, dass die vorübergehende Aussetzung als solche nicht wieder rückgängig gemacht werden kann, macht die vorläufige Regelung nicht zu einer faktisch endgültigen. Die vorläufige Aussetzung ist vielmehr, sofern die Voraussetzungen für eine stattgebende Eilentscheidung im Übrigen vorliegen, gerade der typische, vom Gesetzgeber vorgesehene Regelungsgehalt des vorläufigen Rechtsschutzes gegen belastende Maßnahmen (vgl. BVerfG, jew. a.a.O.).

14

b) Danach wird der im Verfahren nach § 114 StVollzG ergangene Beschluss der Strafvollstreckungskammer dem Anspruch des Beschwerdeführers auf effektiven Rechtsschutz nicht gerecht.

15

aa) Der angegriffene Beschluss geht zu Unrecht von einem Anwendungsfall des § 114 Abs. 2 Satz 2 StVollzG in Verbindung mit § 123 Abs. 1 VwGO statt von der nach § 114 Abs. 2 Satz 1 StVollzG zu beurteilenden Konstellation einer beantragten vorläufigen Aussetzung einer belastenden Maßnahme aus (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 24. März 2009 - 2 BvR 2347/08 -, juris Rn. 12).

16

Die Beschäftigung des Beschwerdeführers in der kalten Küche war ihm nach seinem Antragsvorbringen ohne Befristung zugewiesen worden. Offenkundig ist, wie der Beschwerdeführer, so auch das Landgericht - nachvollziehbar - davon ausgegangen, dass die Justizvollzugsanstalt mit ihrer Stellungnahme diesem Vorbringen zum Sachverhalt nicht entgegengetreten war. Gegenteiliges kann schon deshalb nicht angenommen werden, weil auch das Landgericht dieses Vorbringen mit keinem Wort angezweifelt hat. Anderenfalls hätte es im Übrigen nicht ohne Weiteres von der Unrichtigkeit der Sachverhaltsdarstellung des Beschwerdeführers ausgehen dürfen (vgl. BVerfGK 1, 201 <207>; 2, 318 <324 f.>).

17

Auszugehen war demnach davon, dass das in der Hauptsache verfolgte Begehren sich - unabhängig von der Antragsformulierung, die im wohlverstandenen Interesse des Beschwerdeführers auszulegen war (vgl. BVerfGE 122, 190 <198>;BVerfGK 7, 403 <408>) - der Sache nach auf die Aufhebung einer belastenden Maßnahme, nämlich der Ablösung aus dem Arbeitsverhältnis, richtete (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 9. November 1993 - 2 BvR 2212/93 -, NJW 1994, S. 717 <718 f.> für die Ablösung von der Arbeit; BVerfGK 7, 403 <408 f.> für den Widerruf der Erlaubnis zum Besitz bestimmter Gegenstände; BVerfGK 11, 54 <61> für die Verlegung in eine andere Justizvollzugsanstalt). Dass der Beschwerdeführer im Falle der Aufhebung dieser Ablösungsentscheidung weiter zu beschäftigen wäre, macht aus seinem Begehren kein Verpflichtungsbegehren; vielmehr liegt darin lediglich eine Beseitigung der Vollzugsfolgen (vgl. BVerfGK 11, 54 <61>).

18

Das Antragsbegehren im Eilverfahren war folglich auf die vorläufige Aussetzung der angegriffenen Maßnahme gerichtet. Das Gericht hätte daher, ohne insoweit durch den Gesichtspunkt einer unzulässigen Vorwegnahme der Hauptsache gebunden zu sein (s.o. unter a)), gemäß § 114 Abs. 2 Satz 1 StVollzG prüfen müssen, ob die Gefahr besteht, dass die Verwirklichung eines Rechts des Beschwerdeführers vereitelt oder wesentlich erschwert wird, und ob der Aussetzung ein höher zu bewertendes Interesse an dem sofortigen Vollzug nicht entgegensteht. Dabei kann auch eine Rolle spielen, ob nach einer summarischen Prüfung der Antragsteller mit seinem Rechtsbehelf voraussichtlich Erfolg haben wird (vgl. Arloth, StVollzG, 3. Auflage 2011, § 114 Rn. 3). Indem das Gericht die danach erforderliche Interessenabwägung unterlassen hat, ist es den verfassungsrechtlichen Anforderungen an einen effektiven vorläufigen Rechtsschutz nicht gerecht geworden.

19

bb) Der Ausfall der notwendigen Prüfung als Folge unzutreffend unterstellter Vorwegnahme der Hauptsache ist nicht deshalb unschädlich, weil das Landgericht zur Begründung seiner Entscheidung zusätzlich angeführt hat, der Beschwerdeführer habe zu einer besonderen Eilbedürftigkeit nichts vorgetragen, denn auch diese Erwägung ist nicht geeignet, den Beschluss zu tragen. Abgesehen davon, dass der Beschwerdeführer auf eine besondere Dringlichkeit wegen bestehender finanzieller Verpflichtungen hingewiesen hatte, liegt in der nach § 114 Abs. 2 Satz 1 StVollzG zu beurteilenden Konstellation, in der eine den Betroffenen beeinträchtigende Maßnahme bereits vollzogen wird, die Notwendigkeit sofortigen richterlichen Handelns zur Abwehr eines Eingriffs in dessen Rechtsposition regelmäßig auf der Hand (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 7. September 1994 - 2 BvR 1958/93 -, ZfStrVo 1995, S. 371 <374>).

20

2. Auch der Beschluss des Landgerichts vom 24. Januar 2011 im Hauptsacheverfahren, der im Ansatz zutreffend davon ausgeht, dass mit dem Antrag auf Aufhebung der Ablösungsentscheidung ein Anfechtungsantrag vorliege, hält einer verfassungsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Er verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG.

21

a) Soll eine einmal gewährte Rechtsposition wieder entzogen werden, so ist das - grundrechtlich durch Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip folgende - Gebot des Vertrauensschutzes zu berücksichtigen (vgl. BVerfGE 59, 128 <164 f.> m.w.N.). Dieses fordert nicht, dass jegliche einmal erworbene Rechtsposition Bestand hat; es nötigt aber zu der an den Kriterien der Verhältnismäßigkeit und der Zumutbarkeit ausgerichteten, im Einzelfall vorzunehmenden Prüfung, ob jeweils die Belange des Allgemeinwohls oder das Interesse des Einzelnen am Fortbestand einer Rechtslage, auf die er sich eingerichtet hat und auf die er vertraute, den Vorrang verdienen (vgl. BVerfGE 59, 128 <166>).

22

b) Diesen Grundsätzen, die auch für Maßnahmen im Strafvollzug gelten (vgl. BVerfGK 3, 105 <106 f.> m.w.N.), hat die Strafvollstreckungskammer nicht Rechnung getragen. Sie hat ausschließlich die rechtliche Möglichkeit einer Befristung der Zuteilung einer Hilfstätigkeit im Sinne des § 41 Abs. 1 Satz 2 StVollzG und die Ansprüche eines Gefangenen im Hinblick auf die Zuteilung von Arbeit thematisiert, ohne zu berücksichtigen, dass die Tätigkeit des Beschwerdeführers in der kalten Küche ihm nach seinem Vortrag gerade ohne erkennbare Befristung zugewiesen worden war. Auf der Grundlage des diesbezüglich, soweit ersichtlich, zugrundegelegten Sachverhaltes (s.o. unter II.1.b)aa)) hätte das Landgericht prüfen müssen, ob es für eine nachträgliche Befristung als (Teil-)Widerruf einer den Beschwerdeführer begünstigenden Regelung eine Rechtsgrundlage gab, ob deren Voraussetzungen vorlagen und ob die nachträgliche Befristung den Interessen des Beschwerdeführers unter Berücksichtigung der Grundsätze des Vertrauensschutzes angemessen Rechnung trug (vgl. zur Bedeutung des Vertrauensschutzes bei der Ablösung vom Arbeitsplatz OLG Karlsruhe, Beschlüsse vom 3. August 2005 - 1 Ws 61/05 -, ZfStrVo 2006, S. 302 <302 f.>, und vom 29. Juni 2005 - 1 Ws 291/04 -, NStZ-RR 2005, S. 389 <389 f.>; bei anderen Widerrufsmaßnahmen KG, Beschlüsse vom 20. April 2006 - 5 Ws 598/05 Vollz -, StV 2007, S. 313 <314 f.>, und vom 13. April 2006 - 5 Ws 70/06 Vollz -, NStZ 2006, S. 695 <695 f.>; OLG Hamm, Beschluss vom 24. März 1995  - 1 Vollz (Ws) 226/94 -, NStZ 1996, S. 253 <254>).

23

3. Der Beschluss des Oberlandesgerichts vom 25. Mai 2011 verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG.

24

a) Zwar fordert Art. 19 Abs. 4 GG keinen Instanzenzug. Eröffnet das Prozessrecht aber eine weitere Instanz, so gewährleistet Art. 19 Abs. 4 GG dem Bürger auch insoweit eine wirksame gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerfGE 40, 272 <274 f.>; 54, 94 <96 f.>; 122, 248 <271>; stRspr). Die Rechtsmittelgerichte dürfen ein von der jeweiligen Rechtsordnung eröffnetes Rechtsmittel nicht durch die Art und Weise, in der sie die gesetzlichen Voraussetzungen für den Zugang zu einer Sachentscheidung auslegen und anwenden, ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer leerlaufen lassen; der Zugang zu den in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanzen darf nicht von unerfüllbaren oder unzumutbaren Voraussetzungen abhängig gemacht oder in einer durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 96, 27 <39>; 117, 244 <268>; 122, 248 <271>; stRspr).

25

b) Nach diesem Maßstab ist der Beschluss des Oberlandesgerichts mit Art. 19 Abs. 4 GG nicht vereinbar. Der Beschwerdeführer hatte mit seiner Rechtsbeschwerde die Nichtbeachtung der Anforderungen an den Widerruf einer begünstigenden behördlichen Entscheidung gerügt und sogar auf hierzu ergangene Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und eines Oberlandesgerichts hingewiesen. Weshalb damit die besondere Zulässigkeitsvoraussetzung des § 116 Abs. 1 Alt. 2 StVollzG nicht ausreichend dargelegt sein sollte, ist nicht erkennbar. Der mit der Rechtsbeschwerde zur Überprüfung gestellte landgerichtliche Beschluss vom 24. Januar 2011 wich erkennbar von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (zur Bedeutung einer solchen Abweichung für die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde vgl. OLG Celle, Beschluss vom 7. Juli 2006 - 1 Ws 288/06 (StrVollz) -, StV 2007, S. 203 <203>) wie auch von der obergerichtlichen Rechtsprechung zum Vertrauensschutz ab. Anhaltspunkte dafür, dass eine Nachprüfung im Hinblick auf fehlende Erwartbarkeit eines erneuten Auftretens des Fehlers nicht geboten wäre (vgl. BVerfGK 13, 438 <441 f.>; 15, 577 <583 f.>), sind nicht ersichtlich. Unter diesen Umständen überspannt die Annahme des Oberlandesgerichts, die Nachprüfung der angefochtenen landgerichtlichen Entscheidung sei weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten (§ 138 Abs. 3, § 116 Abs. 1 StVollzG), die Anforderungen an die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde in einer mit dem Grundrecht des Beschwerdeführers auf effektiven Rechtsschutz unvereinbaren Weise.

III.

26

1. Die angegriffenen Beschlüsse beruhen auf den festgestellten Grundrechtsverstößen. Gemäß § 95 Abs. 2 BVerfGG sind sie aufzuheben und ist die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen.

27

2. Die notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerdeverfahren sind dem Beschwerdeführer gemäß § 34a Abs. 2 BVerfGG zu erstatten.

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(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver
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published on 03/08/2005 00:00

Tenor 1. Auf die Rechtsbeschwerde des Strafgefangenen werden der Beschluss des Landgerichts -Strafvollstreckungskammer -Karlsruhe vom 21. Februar 2005 und die Verfügung der Justizvollzugsanstalt B. vom 31. Mai 2002 aufgehoben. Es wird festgestellt,
published on 29/06/2005 00:00

Tenor 1. Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Landgerichts - Strafvollstreckungskammer - Y. vom 05. Juli 2004 aufgehoben, soweit der Antrag die Anordnung einer „Roten Karte“ betrifft. Es wird festgestellt, dass die am 0
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Annotations

(1) Der Gefangene ist verpflichtet, eine ihm zugewiesene, seinen körperlichen Fähigkeiten angemessene Arbeit, arbeitstherapeutische oder sonstige Beschäftigung auszuüben, zu deren Verrichtung er auf Grund seines körperlichen Zustandes in der Lage ist. Er kann jährlich bis zu drei Monaten zu Hilfstätigkeiten in der Anstalt verpflichtet werden, mit seiner Zustimmung auch darüber hinaus. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Gefangene, die über 65 Jahre alt sind, und nicht für werdende und stillende Mütter, soweit gesetzliche Beschäftigungsverbote zum Schutz erwerbstätiger Mütter bestehen.

(2) Die Teilnahme an einer Maßnahme nach § 37 Abs. 3 bedarf der Zustimmung des Gefangenen. Die Zustimmung darf nicht zur Unzeit widerrufen werden.

(3)

(1) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist.

(2) Ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt darf, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft nur widerrufen werden,

1.
wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist;
2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat;
3.
wenn die Behörde auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde;
4.
wenn die Behörde auf Grund einer geänderten Rechtsvorschrift berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, soweit der Begünstigte von der Vergünstigung noch keinen Gebrauch gemacht oder auf Grund des Verwaltungsaktes noch keine Leistungen empfangen hat, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde;
5.
um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen.
§ 48 Abs. 4 gilt entsprechend.

(3) Ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden,

1.
wenn die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird;
2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat.
§ 48 Abs. 4 gilt entsprechend.

(4) Der widerrufene Verwaltungsakt wird mit dem Wirksamwerden des Widerrufs unwirksam, wenn die Behörde keinen anderen Zeitpunkt bestimmt.

(5) Über den Widerruf entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zu widerrufende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(6) Wird ein begünstigender Verwaltungsakt in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 3 bis 5 widerrufen, so hat die Behörde den Betroffenen auf Antrag für den Vermögensnachteil zu entschädigen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen schutzwürdig ist. § 48 Abs. 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend. Für Streitigkeiten über die Entschädigung ist der ordentliche Rechtsweg gegeben.

(1) Der Gefangene ist verpflichtet, eine ihm zugewiesene, seinen körperlichen Fähigkeiten angemessene Arbeit, arbeitstherapeutische oder sonstige Beschäftigung auszuüben, zu deren Verrichtung er auf Grund seines körperlichen Zustandes in der Lage ist. Er kann jährlich bis zu drei Monaten zu Hilfstätigkeiten in der Anstalt verpflichtet werden, mit seiner Zustimmung auch darüber hinaus. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Gefangene, die über 65 Jahre alt sind, und nicht für werdende und stillende Mütter, soweit gesetzliche Beschäftigungsverbote zum Schutz erwerbstätiger Mütter bestehen.

(2) Die Teilnahme an einer Maßnahme nach § 37 Abs. 3 bedarf der Zustimmung des Gefangenen. Die Zustimmung darf nicht zur Unzeit widerrufen werden.

(3)

(1) Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keine aufschiebende Wirkung.

(2) Das Gericht kann den Vollzug der angefochtenen Maßnahme aussetzen, wenn die Gefahr besteht, daß die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert wird und ein höher zu bewertendes Interesse an dem sofortigen Vollzug nicht entgegensteht. Das Gericht kann auch eine einstweilige Anordnung erlassen; § 123 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung ist entsprechend anzuwenden. Die Entscheidungen sind nicht anfechtbar; sie können vom Gericht jederzeit geändert oder aufgehoben werden.

(3) Der Antrag auf eine Entscheidung nach Absatz 2 ist schon vor Stellung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung zulässig.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Liegen die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 Buchstabe b vor und ist die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgebliche verfassungsrechtliche Frage durch das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden, kann die Kammer der Verfassungsbeschwerde stattgeben, wenn sie offensichtlich begründet ist. Der Beschluß steht einer Entscheidung des Senats gleich. Eine Entscheidung, die mit der Wirkung des § 31 Abs. 2 ausspricht, daß ein Gesetz mit dem Grundgesetz oder sonstigem Bundesrecht unvereinbar oder nichtig ist, bleibt dem Senat vorbehalten.

(2) Auf das Verfahren finden § 94 Abs. 2 und 3 und § 95 Abs. 1 und 2 Anwendung.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keine aufschiebende Wirkung.

(2) Das Gericht kann den Vollzug der angefochtenen Maßnahme aussetzen, wenn die Gefahr besteht, daß die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert wird und ein höher zu bewertendes Interesse an dem sofortigen Vollzug nicht entgegensteht. Das Gericht kann auch eine einstweilige Anordnung erlassen; § 123 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung ist entsprechend anzuwenden. Die Entscheidungen sind nicht anfechtbar; sie können vom Gericht jederzeit geändert oder aufgehoben werden.

(3) Der Antrag auf eine Entscheidung nach Absatz 2 ist schon vor Stellung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung zulässig.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keine aufschiebende Wirkung.

(2) Das Gericht kann den Vollzug der angefochtenen Maßnahme aussetzen, wenn die Gefahr besteht, daß die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert wird und ein höher zu bewertendes Interesse an dem sofortigen Vollzug nicht entgegensteht. Das Gericht kann auch eine einstweilige Anordnung erlassen; § 123 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung ist entsprechend anzuwenden. Die Entscheidungen sind nicht anfechtbar; sie können vom Gericht jederzeit geändert oder aufgehoben werden.

(3) Der Antrag auf eine Entscheidung nach Absatz 2 ist schon vor Stellung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung zulässig.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Der Gefangene ist verpflichtet, eine ihm zugewiesene, seinen körperlichen Fähigkeiten angemessene Arbeit, arbeitstherapeutische oder sonstige Beschäftigung auszuüben, zu deren Verrichtung er auf Grund seines körperlichen Zustandes in der Lage ist. Er kann jährlich bis zu drei Monaten zu Hilfstätigkeiten in der Anstalt verpflichtet werden, mit seiner Zustimmung auch darüber hinaus. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Gefangene, die über 65 Jahre alt sind, und nicht für werdende und stillende Mütter, soweit gesetzliche Beschäftigungsverbote zum Schutz erwerbstätiger Mütter bestehen.

(2) Die Teilnahme an einer Maßnahme nach § 37 Abs. 3 bedarf der Zustimmung des Gefangenen. Die Zustimmung darf nicht zur Unzeit widerrufen werden.

(3)

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in einer Entziehungsanstalt richtet sich nach Landesrecht, soweit Bundesgesetze nichts anderes bestimmen. § 51 Abs. 4 und 5 sowie § 75 Abs. 3 gelten entsprechend.

(2) Für die Erhebung der Kosten der Unterbringung gilt § 50 entsprechend mit der Maßgabe, dass in den Fällen des § 50 Abs. 1 Satz 2 an die Stelle erhaltener Bezüge die Verrichtung zugewiesener oder ermöglichter Arbeit tritt und in den Fällen des § 50 Abs. 1 Satz 4 dem Untergebrachten ein Betrag in der Höhe verbleiben muss, der dem Barbetrag entspricht, den ein in einer Einrichtung lebender und einen Teil der Kosten seines Aufenthalts selbst tragender Sozialhilfeempfänger zur persönlichen Verfügung erhält. Bei der Bewertung einer Beschäftigung als Arbeit sind die besonderen Verhältnisse des Maßregelvollzugs zu berücksichtigen. Zuständig für die Erhebung der Kosten ist die Vollstreckungsbehörde; die Landesregierungen können durch Rechtsverordnung andere Zuständigkeiten begründen. Die Kosten werden als Justizverwaltungsabgabe erhoben.

(3) Für das gerichtliche Verfahren gelten die §§ 109 bis 121 entsprechend.

(4) Soweit nach den Vollzugsgesetzen eine Maßnahme der vorherigen gerichtlichen Anordnung oder gerichtlichen Genehmigung bedarf, gelten die §§ 121a und 121b entsprechend.

(1) Gegen die gerichtliche Entscheidung der Strafvollstreckungskammer ist die Rechtsbeschwerde zulässig, wenn es geboten ist, die Nachprüfung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen.

(2) Die Rechtsbeschwerde kann nur darauf gestützt werden, daß die Entscheidung auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe. Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

(3) Die Rechtsbeschwerde hat keine aufschiebende Wirkung. § 114 Abs. 2 gilt entsprechend.

(4) Für die Rechtsbeschwerde gelten die Vorschriften der Strafprozeßordnung über die Beschwerde entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.

(1) Wird der Verfassungsbeschwerde stattgegeben, so ist in der Entscheidung festzustellen, welche Vorschrift des Grundgesetzes und durch welche Handlung oder Unterlassung sie verletzt wurde. Das Bundesverfassungsgericht kann zugleich aussprechen, daß auch jede Wiederholung der beanstandeten Maßnahme das Grundgesetz verletzt.

(2) Wird der Verfassungsbeschwerde gegen eine Entscheidung stattgegeben, so hebt das Bundesverfassungsgericht die Entscheidung auf, in den Fällen des § 90 Abs. 2 Satz 1 verweist es die Sache an ein zuständiges Gericht zurück.

(3) Wird der Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz stattgegeben, so ist das Gesetz für nichtig zu erklären. Das gleiche gilt, wenn der Verfassungsbeschwerde gemäß Absatz 2 stattgegeben wird, weil die aufgehobene Entscheidung auf einem verfassungswidrigen Gesetz beruht. Die Vorschrift des § 79 gilt entsprechend.

(1) Erweist sich der Antrag auf Verwirkung der Grundrechte (§ 13 Nr. 1), die Anklage gegen den Bundespräsidenten (§ 13 Nr. 4) oder einen Richter (§ 13 Nr. 9) als unbegründet, so sind dem Antragsgegner oder dem Angeklagten die notwendigen Auslagen einschließlich der Kosten der Verteidigung zu ersetzen.

(2) Erweist sich eine Verfassungsbeschwerde als begründet, so sind dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen ganz oder teilweise zu erstatten.

(3) In den übrigen Fällen kann das Bundesverfassungsgericht volle oder teilweise Erstattung der Auslagen anordnen.