Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 20. Jan. 2015 - 1 BvR 665/14

ECLI:ECLI:DE:BVerfG:2015:rk20150120.1bvr066514
bei uns veröffentlicht am20.01.2015

Tenor

1. Die Beschlüsse des Landgerichts Bayreuth vom 19. September 2013 - 42 T 109/13 - und des Bundesgerichtshofs vom 12. Februar 2014 - XII ZB 520/13 - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes.

2. Die Beschlüsse des Landgerichts Bayreuth vom 19. September 2013 - 42 T 109/13 - und des Bundesgerichtshofs vom 12. Februar 2014 - XII ZB 520/13 - werden aufgehoben und die Sache an das Landgericht Bayreuth zurückverwiesen.

3. Die Anordnung der Betreuung des Beschwerdeführers durch den Beschluss des Amtsgerichts Bayreuth vom 26. März 2013 - 7 XVII 854/12 - wird bis zu einer erneuten Entscheidung des Landgerichts Bayreuth ausgesetzt.

4. Die Bundesrepublik Deutschland und der Freistaat Bayern haben dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen je zur Hälfte zu ersetzen.

5. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit wird für das Verfassungsbeschwerdeverfahren auf 15.000 Euro (in Worten: fünfzehntausend Euro) und für das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auf 7.500 Euro (in Worten: siebentausendfünfhundert Euro) festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen Entscheidungen eines Amtsgerichts, eines Landgerichts sowie des Bundesgerichtshofs, aufgrund derer er unter Betreuung gestellt wurde.

2

1. Der Beschwerdeführer wurde durch den angegriffenen Beschluss des Amtsgerichts unter Betreuung gestellt und aufgrund weiterer, nicht verfahrensgegenständlicher Beschlüsse, untergebracht.

3

Die angeordnete Betreuung umfasst folgende Aufgabenkreise:

· Aufenthaltsbestimmung bezogen auf die Abhängigkeitserkrankung

· Wohnungsangelegenheiten

· Gesundheitsfürsorge bezogen auf die Abhängigkeitserkrankung

· Vermögenssorge

· Entgegennahme, Öffnen und Anhalten der Post im Rahmen der übertragenen Aufgabenkreise

4

Der Beschwerdeführer sei aufgrund einer Alkohol- und Benzodiazepinabhängigkeit nicht in der Lage, die Angelegenheiten ausreichend zu besorgen, die zum genannten Aufgabenkreis gehörten. Die Betreuung sei erforderlich, weil die Regelung der Angelegenheiten des Beschwerdeführers anderweitig nicht erfolgen könne.

5

Dies folge aus dem Ergebnis der gerichtlichen Ermittlungen, insbesondere aus dem Sachverständigengutachten des Landgerichtsarztes, der Stellungnahme der Betreuerin sowie dem unmittelbaren Eindruck, den sich das Gericht anlässlich der Anhörung des Beschwerdeführers verschafft habe. Daher sei die Betreuung anzuordnen gewesen.

6

2. Die vom Beschwerdeführer eingelegte Beschwerde, in der er erstmals ausdrücklich sein Einverständnis mit der Betreuung verweigerte, wies das Landgericht mit dem ebenfalls angegriffenen Beschluss zurück.

7

Der Beschluss des Amtsgerichts sei inhaltlich nicht zu beanstanden. Die Voraussetzungen einer Betreuung lägen vor.

8

Zwar sei Alkoholismus für sich gesehen keine psychische Krankheit beziehungsweise geistige oder seelische Behinderung. Vorliegend gehe das Gericht aber davon aus, dass nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen das Ausmaß des Alkoholismus beim Beschwerdeführer das eines geistigen Gebrechens erreicht habe und dadurch eine freie Willensbestimmung beim Beschwerdeführer nicht mehr vorliege. Die Kammer schließe sich insoweit den schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen an.

9

Die Anordnung der Betreuung sei auch im Sinne des § 1896 Abs. 2 BGB erforderlich, weil eine Betreuungsbedürftigkeit in Bezug auf die Aufgabenkreise bestehe. Auch hierzu könne vollumfänglich auf das Sachverständigengutachten verwiesen werden.

10

Von einer erneuten Anhörung sehe das Gericht gemäß § 68 Abs. 3 FamFG ab. Der Beschwerdeführer sei durch das Amtsgericht ausführlich angehört worden. Zudem habe das Beschwerdegericht den Beschwerdeführer durch den erkennenden Einzelrichter bereits im Rahmen der Anordnung der Unterbringung persönlich angehört. Weitere Erkenntnisse seien von einer erneuten Anhörung nicht zu erwarten.

11

3. Der Bundesgerichtshof hat die Rechtsbeschwerde mit ebenfalls angegriffenem Beschluss zurückgewiesen, weil die Entscheidung nicht zu beanstanden sei und hat von einer weiteren Begründung abgesehen.

II.

12

Der Beschwerdeführer rügt mit seiner mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verbundenen Verfassungsbeschwerde die Verletzung seiner Rechte aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1, Art. 10 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG.

13

1. Die angegriffenen Beschlüsse genügten den verfassungsrechtlichen Maßstäben aus Art. 2 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG nicht, da eine Betreuung eingerichtet worden sei, ohne dass die Voraussetzungen dafür vorgelegen hätten. Zudem sei sein freier Wille entgegen § 1896 Abs. 1 Buchstabe a BGB übergangen worden.

14

Weder das Amtsgericht, noch das Landgericht seien der Verpflichtung nachgekommen, das Sachverständigengutachten einer hinreichend kritischen Überprüfung zu unterziehen, sondern hätten dessen Ergebnisse kritiklos übernommen. Im vorliegenden Fall hätten die Gerichte aus der Zusammenschau von Gutachten, Vorbringen des Beschwerdeführers und eigenem unmittelbaren Eindruck zu einer differenzierten eigenen Würdigung kommen und diese in ihren wesentlichen Inhalten schriftlich niederlegen müssen.

15

Gemäß § 1896 Abs. 1 Buchstabe a BGB dürfe zudem gegen den freien Willen des Beschwerdeführers ein Betreuer nicht bestellt werden. In seiner Beschwerde habe der Beschwerdeführer seine ablehnende Haltung deutlich zum Ausdruck gebracht. Das Landgericht habe diesen Ausführungen keine Bedeutung beigemessen und zudem von einer Anhörung abgesehen. Damit habe es verkannt, dass ihm aufgrund der im Beschwerdeverfahren erstmals geäußerten Ablehnung der Betreuung eine erhöhte Pflicht zur Aufklärung über den Willen des Beschwerdeführers zukomme.

16

2. Durch die Übertragung des Aufgabenkreises "Entgegennahme, Öffnen und Anhalten der Post im Rahmen der übertragenen Aufgabenkreise" werde er in seinen Rechten aus Art. 10 Abs. 1 GG und wegen der mit der Betreuung verbundenen Kosten in seinen Rechten aus Art. 14 Abs. 1 GG verletzt.

III.

17

Dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz sowie dem Bayerischen Staatsministerium der Justiz wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Sie haben jeweils von einer Stellungnahme abgesehen.

IV.

18

Die Verfassungsbeschwerde ist zur Entscheidung anzunehmen, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers geboten ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Zu dieser Entscheidung ist die Kammer berufen, weil die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen durch das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden sind und die Verfassungsbeschwerde, soweit sie zulässig ist, offensichtlich begründet ist (§ 93c Abs. 1 BVerfGG).

19

1. Die Verfassungsbeschwerde ist nur teilweise zulässig.

20

a) Soweit der Beschwerdeführer die Verletzung von Art. 10 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG rügt, ist seine Verfassungsbeschwerde unzulässig, da sein hierauf bezogenes Vorbringen nicht den Anforderungen der § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG genügt.

21

b) Mit der Rüge einer Verletzung von Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG ist die Verfassungsbeschwerde zulässig.

22

2. Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen die Beschlüsse des Landgerichts und des Bundesgerichtshofs richtet, ist sie auch begründet. Einer Entscheidung über den Beschluss des Amtsgerichts bedarf es daneben nicht.

23

Die Entscheidungen des Landgerichts und des Bundesgerichtshofs verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht auf Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG.

24

a) Durch die Einrichtung einer Betreuung wird der Betreute in seiner Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG ganz oder teilweise in den vom Gericht bestimmten Angelegenheiten eingeschränkt. An seiner Stelle entscheidet innerhalb des vom Gericht angeordneten Aufgabenkreises der Betreuer. Je nach Aufgabenkreis kann es auch in höchstpersönlichen Angelegenheiten zu Entscheidungen gegen den ausdrücklichen Willen des Betreuten kommen (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 2. Juli 2010 - 1 BvR 2579/08 -, NJW 2010, S. 3360).

25

Der mit einer Betreuung verbundene Eingriff in die Handlungsfreiheit des Betroffenen ist schwerwiegend und schränkt je nach Gegenstand und Umfang der erfassten Aufgabenkreise das Grundrecht des Betreuten aus Art. 2 Abs. 1 GG massiv ein. Gleichwohl kann der Eingriff auf gesetzlicher Grundlage und unter strikter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsprinzips zulässig sein. Dem trägt § 1896 Abs. 1 und 2 BGB auch einfachrechtlich Rechnung (vgl. BTDrucks 11/4528, S. 58).

26

Die Bestellung eines Betreuers gegen den Willen des zu Betreuenden setzt voraus, dass der Betreute tatsächlich seinen Willen nicht frei bestimmen kann (vgl. § 1896 Abs. 1 Buchstabe a BGB). Der Staat hat von Verfassung wegen nicht das Recht, seine erwachsenen und zur freien Willensbestimmung fähigen Bürger in ihrer Freiheit zu beschränken, ohne dass sie sich selbst oder andere gefährden. Die Bestellung eines Betreuers gegen den Willen des Betroffenen, ohne dass hinreichende Tatsachen für eine Beeinträchtigung des freien Willens vorliegen, verletzt deshalb das Grundrecht des Betroffenen aus Art. 2 Abs. 1 GG (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 2. Juli 2010 - 1 BvR 2579/08 -, NJW 2010, S. 3360).

27

Jedenfalls in den Fällen, in denen ein Betroffener gegen seinen Willen unter Betreuung gestellt wird, unterliegen die dies anordnenden Gerichtsentscheidungen angesichts des Gewichts des damit verbundenen Grundrechtseingriffs einer strengen, über die bloße Prüfung der grundsätzlichen Verkennung der Grundrechtsrelevanz der angegriffenen Maßnahmen (zu diesem Regelfall vgl. BVerfGE 18, 85 <92 f.>; stRspr) hinausgehenden verfassungsgerichtlichen Kontrolle. Diese erfasst insbesondere auch die Frage, ob die festgestellten Tatsachen die Entscheidung tragen und ohne wesentlichen Verstoß gegen Verfahrensrecht gewonnen wurden. Hat der Betroffene sein Einverständnis mit der Bestellung eines Betreuers verweigert, ist eine persönliche Anhörung des Betroffenen im betreuungsrechtlichen Verfahren auch von Verfassungs wegen regelmäßig unerlässlich.

28

b) Gemessen an diesen Anforderungen verletzen die Entscheidungen des Landgerichts (aa) und des Bundesgerichtshofs (bb) das Grundrecht des Beschwerdeführers aus Art. 2 Abs. 1 GG, da sie keine ausreichende Prüfung der Voraussetzung der Betreuerbestellung und ihrer Erforderlichkeit erkennen lassen. Vor diesem Hintergrund bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob auch der Beschluss des Amtsgerichts (cc) die Handlungsfreiheit des Beschwerdeführers verletzt.

29

aa) Das Landgericht hat bei der Auslegung und Anwendung des § 1896 Abs. 1 Buchstabe a BGB die Bedeutung des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 1 GG verkannt, indem es für die Frage, ob die Ablehnung der Betreuung durch den Beschwerdeführer auf seinem freien Willen beruhte, allein auf seine mangelnde Steuerungsfähigkeit in Bezug auf den Konsum von Alkohol abgestellt und damit einen falschen sachlichen Bezugspunkt gewählt (1) und zudem ohne eigene Anhörung darüber entschieden hat (2). Mit den besonderen Anforderungen einer Betreuungsanordnung gegen den Willen des Betroffenen musste sich das Landgericht auseinandersetzen, ohne insoweit ohne Weiteres auf das Verfahren vor dem Amtsgericht und dessen Feststellungen zurückgreifen zu können, weil der Beschwerdeführer erstmals im Beschwerdeverfahren seinen der Betreuung entgegenstehenden Willen geäußert hat.

30

(1) Mit der Einfügung von § 1896 Abs. 1 Buchstabe a BGB wollte der Gesetzgeber die Selbstbestimmung des Betroffenen ausdrücklich stärken. Eine Bestellung gegen den freien Willen des Betroffenen stelle - so die Gesetzesbegründung - einen Eingriff in die Würde des Betroffenen dar, der zu unterlassen oder zu beseitigen sei (BTDrucks 15/2494, S. 28).

31

Die vom Gesetzgeber gewollte und von Verfassung wegen gebotene Rücksicht auf die Selbstbestimmung des Betroffenen liefe ins Leere, wenn - wie vom Landgericht angenommen - ein mangelnder freier Wille des zu Betreuenden allein mit dem von ihm nicht steuerbaren Genuss von Alkohol begründet werden könnte. Denn eine Alkoholabhängigkeit ist regelmäßig gerade dadurch gekennzeichnet, dass der daran Leidende seinen Alkoholkonsum nicht steuern kann. Sofern Alkoholismus überhaupt als psychische Krankheit oder körperliche, geistige oder seelische Behinderung im Sinne des § 1896 Abs. 1 BGB angesehen werden kann (vgl. BTDrucks 15/2494, S. 17; BayObLG vom 22. Juli 1993 - 3 Z BR 83/93 -, FamRZ 1993, S. 1489; Schwab, in: MünchKomm BGB, 6. Aufl. 2012, § 1896, Rn. 11), vermag dies allein - soll der auch verfassungsrechtlich fundierte Schutzzweck des § 1896 Abs. 1 Buchstabe a BGB nicht leer laufen - nicht ohne Weiteres auch die Unbeachtlichkeit eines der Betreuung entgegenstehenden Willens bedeuten. Die Ausführungen des Landgerichts lassen nicht erkennen, warum hier ausnahmsweise etwas anderes gelten sollte.

32

(2) Das Landgericht hätte außerdem den Beschwerdeführer persönlich anhören müssen. Es hätte klären müssen, ob er im Grundsatz in der Lage ist, die für und wider die Bestellung eines Betreuers sprechenden Gesichtspunkte zu erkennen und gegeneinander abzuwägen sowie Grund, Bedeutung und Tragweite einer Betreuung intellektuell zu erfassen (vgl. BTDrucks 15/2494, S. 28; BGH, Beschluss vom 9. Februar 2011 - XII ZB 526/10 -, FamRZ 2011, S. 630 und Beschluss vom 14. März 2012 - XII ZB 502/11 -, FamRZ 2012, S. 869). Hierfür wäre es zur Wahrung des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 1 GG auch von Verfassungs wegen geboten gewesen, den Beschwerdeführer persönlich anzuhören, nachdem dieser im Beschwerdeverfahren erstmals ausdrücklich sein Einverständnis mit einer Betreuung verweigerte. Von der Notwendigkeit einer persönlichen Anhörung in diesen Fällen geht auch der Bundesgerichtshof aus (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Mai 2012 - XII ZB 454/11 -, FamRZ 2012, S. 1207 und Beschluss vom 7. August 2013 - XII ZB 188/13 -, FamRZ 2013, S. 1800). Es ist nicht erkennbar, dass das Landgericht die notwendigen Erkenntnisse über die Unfähigkeit des Beschwerdeführers, einen freien Willen hinsichtlich der Anordnung seiner Betreuung zu bilden, hier durch die von ihm in Bezug genommene Anhörung des Beschwerdeführers im fachgerichtlichen Beschwerdeverfahren gegen die Anordnung der Unterbringung gewonnen hat.

33

bb) Auch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG.

34

Der Bundesgerichtshof stellt lediglich fest, dass die angegriffene Entscheidung nicht zu beanstanden sei und den Angriffen der Rechtsbeschwerde standhalte. Die oben festgestellten Mängel der amts- sowie der landgerichtlichen Entscheidungen hätte der Bundesgerichtshof aber erkennen und korrigieren müssen. Er ist im Rahmen einer zulässigen Rechtsbeschwerde gemäß § 74 Abs. 3 Satz 2 FamFG insbesondere nicht an die Rechtsbeschwerdegründe gebunden, soweit damit eine Rechtsverletzung geltend gemacht wird. Vielmehr hat er im Rahmen der Rechtsbeschwerdeanträge die Rechtmäßigkeit von Amts wegen nach allen Richtungen uneingeschränkt zu prüfen.

35

cc) Mit Rücksicht darauf, dass der Beschwerdeführer nach Ergehen des angegriffenen amtsgerichtlichen Beschlusses durch die ausdrückliche Verweigerung seines Einverständnisses in die Betreuung eine neue, mit § 1896 Abs. 1 Buchstabe a BGB strengeren Regeln folgende Entscheidungsgrundlage geschaffen hat, bedarf es keiner Entscheidung über den insoweit überholten Beschluss des Amtsgerichts mehr. Es kann daher offen bleiben, inwieweit das Gutachten des Sachverständigen die Annahme zu tragen vermag, das Abhängigkeitssyndrom des Beschwerdeführers habe das Ausmaß eines geistigen Gebrechens im Sinne des § 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB. Ebenso können die Zweifel dahinstehen, ob die durch das Amtsgericht angeordnete Betreuung im Aufgabenkreis "Vermögenssorge", hinsichtlich der "Postangelegenheiten" des Beschwerdeführers und hinsichtlich des Aufgabenkreises "Wohnungsangelegenheiten" jeweils auf tragfähigen tatsächlichen Feststellungen beruht.

36

3. Die Beschlüsse des Landgerichts und des Bundesgerichtshofs werden aufgehoben und die Sache gemäß § 95 Abs. 2 BVerfGG an das Landgericht zurückverwiesen.

37

4. Da die Verfassungsbeschwerde hinsichtlich der Entscheidungen des Landgerichts und des Bundesgerichtshofs begründet ist, würde die Ablehnung des Antrags des Beschwerdeführers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und die damit zumindest bis zu einer erneuten Entscheidung des Landgerichts fortbestehende Betreuung einen schweren Nachteil für ihn im Sinne des § 32 Abs. 1 BVerfGG bedeuten (vgl. BVerfGE 111, 147 <153>). Auf seinen Antrag hin war der Beschluss des Amtsgerichts bis zu einer erneuten Entscheidung des Landgerichts daher auszusetzen.

38

5. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG. Die Festsetzung der Gegenstandswerte beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG.

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(2) Das Beschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Beschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(3) Das Beschwerdeverfahren bestimmt sich im Übrigen nach den Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug. Das Beschwerdegericht kann von der Durchführung eines Termins, einer mündlichen Verhandlung oder einzelner Verfahrenshandlungen absehen, wenn diese bereits im ersten Rechtszug vorgenommen wurden und von einer erneuten Vornahme keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind.

(4) Das Beschwerdegericht kann die Beschwerde durch Beschluss einem seiner Mitglieder zur Entscheidung als Einzelrichter übertragen; § 526 der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe entsprechend, dass eine Übertragung auf einen Richter auf Probe ausgeschlossen ist. Zudem kann das Beschwerdegericht die persönliche Anhörung des Kindes durch Beschluss einem seiner Mitglieder als beauftragtem Richter übertragen, wenn es dies aus Gründen des Kindeswohls für sachgerecht hält oder das Kind offensichtlich nicht in der Lage ist, seine Neigungen und seinen Willen kundzutun. Gleiches gilt für die Verschaffung eines persönlichen Eindrucks von dem Kind.

(5) Absatz 3 Satz 2 und Absatz 4 Satz 1 finden keine Anwendung, wenn die Beschwerde ein Hauptsacheverfahren betrifft, in dem eine der folgenden Entscheidungen in Betracht kommt:

1.
die teilweise oder vollständige Entziehung der Personensorge nach den §§ 1666 und 1666a des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
2.
der Ausschluss des Umgangsrechts nach § 1684 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder
3.
eine Verbleibensanordnung nach § 1632 Absatz 4 oder § 1682 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis sind unverletzlich.

(2) Beschränkungen dürfen nur auf Grund eines Gesetzes angeordnet werden. Dient die Beschränkung dem Schutze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder des Bestandes oder der Sicherung des Bundes oder eines Landes, so kann das Gesetz bestimmen, daß sie dem Betroffenen nicht mitgeteilt wird und daß an die Stelle des Rechtsweges die Nachprüfung durch von der Volksvertretung bestellte Organe und Hilfsorgane tritt.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis sind unverletzlich.

(2) Beschränkungen dürfen nur auf Grund eines Gesetzes angeordnet werden. Dient die Beschränkung dem Schutze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder des Bestandes oder der Sicherung des Bundes oder eines Landes, so kann das Gesetz bestimmen, daß sie dem Betroffenen nicht mitgeteilt wird und daß an die Stelle des Rechtsweges die Nachprüfung durch von der Volksvertretung bestellte Organe und Hilfsorgane tritt.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Liegen die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 Buchstabe b vor und ist die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgebliche verfassungsrechtliche Frage durch das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden, kann die Kammer der Verfassungsbeschwerde stattgeben, wenn sie offensichtlich begründet ist. Der Beschluß steht einer Entscheidung des Senats gleich. Eine Entscheidung, die mit der Wirkung des § 31 Abs. 2 ausspricht, daß ein Gesetz mit dem Grundgesetz oder sonstigem Bundesrecht unvereinbar oder nichtig ist, bleibt dem Senat vorbehalten.

(2) Auf das Verfahren finden § 94 Abs. 2 und 3 und § 95 Abs. 1 und 2 Anwendung.

(1) Das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis sind unverletzlich.

(2) Beschränkungen dürfen nur auf Grund eines Gesetzes angeordnet werden. Dient die Beschränkung dem Schutze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder des Bestandes oder der Sicherung des Bundes oder eines Landes, so kann das Gesetz bestimmen, daß sie dem Betroffenen nicht mitgeteilt wird und daß an die Stelle des Rechtsweges die Nachprüfung durch von der Volksvertretung bestellte Organe und Hilfsorgane tritt.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Anträge, die das Verfahren einleiten, sind schriftlich beim Bundesverfassungsgericht einzureichen. Sie sind zu begründen; die erforderlichen Beweismittel sind anzugeben.

(2) Der Vorsitzende oder, wenn eine Entscheidung nach § 93c in Betracht kommt, der Berichterstatter stellt den Antrag dem Antragsgegner, den übrigen Beteiligten sowie den Dritten, denen nach § 27a Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wird, unverzüglich mit der Aufforderung zu, sich binnen einer zu bestimmenden Frist dazu zu äußern.

(3) Der Vorsitzende oder der Berichterstatter kann jedem Beteiligten aufgeben, binnen einer zu bestimmenden Frist die erforderliche Zahl von Abschriften seiner Schriftsätze und der angegriffenen Entscheidungen für das Gericht und für die übrigen Beteiligten nachzureichen.

In der Begründung der Beschwerde sind das Recht, das verletzt sein soll, und die Handlung oder Unterlassung des Organs oder der Behörde, durch die der Beschwerdeführer sich verletzt fühlt, zu bezeichnen.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 526/10
vom
9. Februar 2011
in der Betreuungssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Nach der zum 1. Juli 2005 eingeführten Vorschrift des § 1896 Abs. 1 a BGB darf
gegen den freien Willen des Volljährigen ein Betreuer nicht bestellt werden. Wenn
der Betroffene der Einrichtung einer Betreuung nicht zustimmt, ist deswegen neben
der Notwendigkeit einer Betreuung stets zu prüfen, ob die Ablehnung durch
den Betroffenen auf einem freien Willen beruht.

b) Zu den Anforderungen an die fachliche Qualifikation eines Sachverständigen nach
§ 280 Abs. 1 FamFG (Abgrenzung zum Senatsbeschluss vom 15. September
2010 - XII ZB 383/10 - FamRZ 2010, 1726 zur Unterbringung).
BGH, Beschluss vom 9. Februar 2011 - XII ZB 526/10 - LG Ansbach
AG Weißenburg
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. Februar 2011 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richterin Weber-Monecke und die Richter
Dose, Schilling und Dr. Günter

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Ansbach vom 23. September 2010 wird zurückgewiesen. Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtsgebührenfrei (§ 131 Abs. 5 Satz 2 KostO). Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

1
Das Amtsgericht hat dem Betroffenen nach Einholung eines Sachverständigengutachtens und persönlicher Anhörung mit Beschluss vom 19. Juli 2010 eine Betreuerin mit den Aufgabenkreisen der Vermögenssorge, der Vertretung gegenüber Behörden, Versicherung, Renten- und Sozialleistungsträgern und für die Entgegennahme und das Öffnen der Post im Rahmen der übertragenen Aufgabenkreise bestellt. Auf die Beschwerde des Betroffenen hat das Landgericht ein Zusatzgutachten zu der Frage eingeholt, ob der Betroffene, der der Einrichtung der Betreuung widerspricht, in der Lage ist, im Rahmen der Wirkungskreise einen freien Willen gemäß § 1896 Abs. 1 a BGB zu bilden. Nach Eingang des Sachverständigengutachtens hat das Landgericht die Be- schwerde des Betroffenen zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen.

II.

2
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 70 Abs. 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist jedoch unbegründet.
3
1. Die Rechtsbeschwerde rügt einen Verstoß gegen § 1896 Abs. 1 a BGB. Nach dieser zum 1. Juli 2005 eingeführten Vorschrift darf gegen den freien Willen des Volljährigen ein Betreuer nicht bestellt werden. Wenn der Betroffene - wie hier - der Einrichtung einer Betreuung nicht zustimmt, ist neben der Notwendigkeit einer Betreuung stets zu prüfen, ob die Ablehnung durch den Betroffenen auf einem freien Willen beruht.
4
a) Die Vorschrift beruht auf der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts , wonach die Einrichtung einer Betreuung den Betreuten ganz oder teilweise in seiner allgemeinen Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG einschränkt. An seiner Stelle kann innerhalb des vom Gericht angeordneten Aufgabenkreises auch der Betreuer entscheiden. Je nach Aufgabenkreis kann es deshalb auch in höchstpersönlichen Angelegenheiten zu Entscheidungen gegen den ausdrücklichen Willen des Betreuten kommen. Die Bestellung eines Betreuers von Amts wegen gegen den Willen des zu Betreuenden setzt deswegen voraus, dass der Betreute seinen Willen nicht frei bestimmen kann. Der Staat hat von Verfassungs wegen nicht das Recht, seine erwachsenen und zur freien Willensbestimmung fähigen Bürger in ihrer Freiheit zu beschränken, ohne dass sie sich selbst oder andere gefährden. Die Bestellung eines Betreuers, ohne dass hinreichende Tatsachen für eine Beeinträchtigung des freien Willens vorliegen, verletzt deshalb das Grundrecht des Betroffenen aus Art. 2 Abs. 1 GG (BVerfG FamRZ 2010, 1624 Rn. 43).
5
Hinzu kommt, dass das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit vor verfälschenden oder entstellenden Darstellungen des eigenen Persönlichkeitsbildes schützt. Die Einrichtung einer Betreuung hat für den Betroffenen stigmatisierende Wirkung. Mit ihr ist die Einschätzung verbunden, der Betreute könne einen freien Willen nicht bilden. Hierdurch wird das Persönlichkeitsbild des Betroffenen negativ geprägt und beeinträchtigt. Ein solcher Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur gerechtfertigt, wenn das zuständige Betreuungsgericht nach angemessener Untersuchung des Sachverhalts davon ausgehen darf, dass die Voraussetzungen für die Einrichtung einer Betreuung tatsächlich gegeben sind. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn die Betreuung im Wege einer einstweiligen Anordnung eingerichtet wird (BVerfG FamRZ 2010, 1624 Rn. 46).
6
Ebenso hat der Gesetzgeber darauf hingewiesen, dass jeder das Recht habe, sein Leben nach seinen Vorstellungen zu gestalten, soweit nicht Rechte Dritter oder andere mit Verfassungsrang ausgestattete Rechtsgüter betroffen sind (Art. 2 Abs. 1 GG). Ist Letzteres nicht der Fall, hat der Staat nicht das Recht, den zur freien Willensbestimmung fähigen Betroffenen zu erziehen, zu bessern oder zu hindern, sich selbst zu schädigen. Soweit der Betroffene zur freien Willensbestimmung fähig ist, darf gegen seinen Willen ein Betreuer nicht bestellt werden. Eine Bestellung gegen den freien Willen des Betroffenen stellt einen Eingriff in die Würde des Betroffenen dar, der zu unterlassen oder zu beseitigen ist (BT-Drucks. 15/2494 S. 28).
7
Dabei ist der Begriff der freien Willensbestimmung im Sinne des § 1896 Abs. 1 a BGB und des § 104 Nr. 2 BGB im Kern deckungsgleich. Die beiden entscheidenden Kriterien sind dabei die Einsichtsfähigkeit des Betroffenen und dessen Fähigkeit, nach dieser Einsicht zu handeln. Fehlt es an einem dieser beiden Elemente, liegt kein freier, sondern ein natürlicher Wille vor. Einsichtsfähigkeit setzt die Fähigkeit des Betroffenen voraus, im Grundsatz die für und wider eine Betreuerbestellung sprechenden Gesichtspunkte zu erkennen und gegeneinander abzuwägen. Dabei dürfen jedoch keine überspannten Anforderungen an die Auffassungsgabe des Betroffenen gestellt werden. Auch der an einem Gebrechen im Sinne des § 1896 Abs. 1 BGB leidende Betroffene kann in der Lage sein, einen freien Willen zu bilden und ihn zu äußern. Abzustellen ist jeweils auf das Krankheitsbild des Betroffenen. So vermag ein an einer Psychose erkrankter Betroffener das Wesen und die Bedeutung einer Betreuung im Detail eher zu begreifen als der an einer Demenz leidende Betroffene. Wichtig ist das Verständnis, dass ein gesetzlicher Vertreter (§ 1902 BGB) bestellt wird, der eigenständige Entscheidungen in den ihm übertragenen Aufgabenbereichen treffen kann. Der Betroffene muss Grund, Bedeutung und Tragweite einer Betreuung intellektuell erfassen können (BT-Drucks. 15/2494 S. 28).
8
Die Einsichtsfähigkeit in den Grund der Betreuung setzt dabei denknotwendig voraus, dass der Betroffene seine Defizite wenigstens im Wesentlichen zutreffend einschätzen kann. Nur dann ist es ihm nämlich möglich, die für und gegen eine Betreuung sprechenden Umstände gegeneinander abzuwägen (OLG Hamm FamRZ 2009, 1436 Rn. 9; OLG Brandenburg FamRZ 2009, 152 Rn. 10; OLG Zweibrücken FamRZ 2006, 1710 Rn. 4; OLG Köln FGPrax 2006, 117 Rn. 5). Diese Voraussetzungen hat das fachärztlich beratene Gericht festzustellen.
9
b) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde sind diese Voraussetzungen hier erfüllt. Das Landgericht hat zu dieser Frage ein Ergänzungsgutachten eingeholt und der Sachverständige hat insoweit festgestellt, dass der Betroffene im Umfang der angeordneten Betreuung nicht zu einer freien Willensbestimmung in der Lage sei. Infolge der extremen Störung seines Kurzzeitgedächtnisses ist es dem Betroffenen nicht möglich, die Diskrepanz zwischen seiner eigenen Wahrnehmung und den von der Betreuungsbehörde ermittelten tatsächlichen Verhältnissen zutreffend einzuschätzen. Dies ist aus rechtlicher Sicht nicht zu beanstanden.
10
2. Soweit die Rechtsbeschwerde die Verwertung des Gutachtens und des Ergänzungsgutachtens rügt, weil sich aus der Akte nicht ergebe, dass der Sachverständige Arzt für Psychiatrie oder Arzt mit Erfahrung auf dem Gebiet der Psychiatrie im Sinne des § 280 Abs. 1 FamFG sei, bleibt ihr der Erfolg versagt , weil § 280 Abs. 1 Satz 2 FamFG insoweit lediglich eine Sollvorschrift enthält.
11
Im Rahmen der Einrichtung einer Betreuung "soll" der Sachverständige Arzt für Psychiatrie oder Arzt mit Erfahrungen auf dem Gebiet der Psychiatrie sein. Nur bei psychischen Krankheiten oder geistig-seelischen Behinderungen "ist grundsätzlich" ein Facharzt für Psychiatrie oder Neurologie zu beauftragen, zumindest aber ein in der Psychiatrie erfahrener Arzt (zum früheren Recht vgl. OLG Brandenburg Beschluss vom 16. Januar 2007 - 11 Wx 66/06 - juris Rn. 7; BayObLG FamRZ 1993, 351, 352). Der Gesetzgeber hat insoweit bewusst eine Sollvorschrift gewählt, um anderen Erkrankungen Rechnung zu tragen, die nicht lediglich aus psychiatrischer Sicht beurteilt werden können. In solchen Fällen sind eine Facharztausbildung oder Erfahrungen auf dem Gebiet der Psychiatrie nicht zwingend erforderlich. Dabei unterscheidet sich diese Vorschrift von § 321 Abs. 1 Satz 4 FamFG, wonach der Gutachter im Rahmen einer Unterbringung Arzt für Psychiatrie sein soll und jedenfalls Erfahrungen auf dem Gebiet der Psychiatrie haben "muss" (vgl. Senatsbeschluss vom 15. September 2010 - XII ZB 383/10 - FamRZ 2010, 1726 Rn. 13 ff.). Im Hinblick auf das vorliegende hirnorganische Psychosyndrom des Betroffenen mit massiver Störung des Kurzzeitgedächtnisses erfüllt der beauftragte Amtsarzt deswegen die Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 Satz 2 FamFG.
12
Die weiteren von der Rechtsbeschwerde erhobenen Verfahrensrügen hat der Senat geprüft, aber nicht für durchgreifend erachtet (§ 74 Abs. 3 Satz 4 FamFG iVm § 564 Satz 1 ZPO).
13
3. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 74 Abs. 7 FamFG abgesehen , weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen. Hahne Weber-Monecke Dose Schilling Günter
Vorinstanzen:
AG Weißenburg, Entscheidung vom 16.07.2010 - XVII 193/10 -
LG Ansbach, Entscheidung vom 23.09.2010 - 4 T 927/10 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 502/11
vom
14. März 2012
in der Betreuungssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Stimmt der Betroffene der Einrichtung einer Betreuung nicht zu, ist neben der Notwendigkeit
einer Betreuung stets zu prüfen, ob die Ablehnung durch den Betroffenen
auf einem freien Willen beruht. Das gilt auch dann, wenn eine Betreuung für den Betroffenen
objektiv vorteilhaft wäre (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 9. Februar
2011 - XII ZB 526/10 - FamRZ 2011, 630 f.).
BGH, Beschluss vom 14. März 2012 - XII ZB 502/11 - LG Oldenburg
AG Brake
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. März 2012 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Weber-Monecke, Dose,
Dr. Klinkhammer und Dr. Günter

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 1 wird der Beschluss der 8. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg vom 31. August 2011 aufgehoben. Das Verfahren wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen. Beschwerdewert: 3.000 €

Gründe:


I.

1
Der Beteiligte zu 1 wendet sich gegen die Einrichtung einer Betreuung für seine Mutter.
2
Die Betroffene leidet an einer Demenz vom Typ Alzheimer. Im Januar 2009 erteilte sie ihrer Tochter und dem Beteiligten zu 1 eine umfassende Vorsorgevollmacht. Diese Vollmacht wurde im September 2009 von der Betroffenen widerrufen. Gleichzeitig erteilte sie dem Beteiligten zu 1 eine umfassende Vorsorgevollmacht , die auf den 18. Februar 2009 rückdatiert wurde.
3
Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens und der persönlichen Anhörung der Betroffenen hat das Amtsgericht zunächst den Beteiligten zu 2 zum Kontrollbetreuer bestellt. Nachdem Zweifel an der Wirksamkeit der zugunsten des Beteiligten zu 1 bestellten Vollmacht aufgekommen waren, hat das Amtsgericht am 16. Februar 2011 den Beteiligten zu 3 zum Verfahrenspfleger bestellt und am selben Tag eine erneute Anhörung der Betroffenen in deren Wohnung durchgeführt, bei der neben weiteren Personen auch ein Amtsarzt anwesend waren. Auf Anordnung des Gerichts hat der Amtsarzt die Betroffene noch während des Anhörungstermins untersucht und anschließend ein auf den 17. Februar 2011 datiertes "Amtsärztliches Zeugnis" zur Betreuungsbedürftigkeit der Betroffenen vorgelegt.
4
Mit Beschluss vom 18. Februar 2011 hat das Amtsgericht die Kontrollbetreuung aufgehoben, für die Betroffene eine Betreuung mit den Aufgabenkreisen Vermögenssorge, Aufenthaltsbestimmungsrecht, Wohnungsangelegenheiten , Rechts-, Antrags- und Behördenangelegenheiten, Gesundheitsfürsorge und Postangelegenheiten angeordnet und die Beteiligte zu 4 zur Betreuerin bestellt.
5
Gegen diesen Beschluss haben die Betroffene und der Beteiligte zu 1 Beschwerde eingelegt. Ihre Rechtsmittel sind jedoch ohne Erfolg geblieben. Mit der allein vom Beteiligten zu 1 eingelegten Rechtsbeschwerde möchte dieser die Aufhebung der Betreuung erreichen.

II.

6
Die Rechtsbeschwerde ist ohne Zulassung statthaft (§ 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FamFG) und auch im Übrigen zulässig.
7
Die Beschwerdebefugnis des Beteiligten zu 1, der bereits im ersten Rechtszug an dem Verfahren beteiligt war, ergibt sich aus § 303 Abs. 2 Nr. 1 FamFG.
8
Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angegriffenen Entscheidung und zur Zurückverweisung des Verfahrens an das Landgericht.
9
1. Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, die Betroffene sei krankheitsbedingt nicht in der Lage, die im Beschluss genannten Angelegenheiten selbst zu besorgen. Dies ergebe sich aus dem amtsärztlichen Gutachten vom 17. Februar 2011, dem früheren vom Betreuungsgericht eingeholten Sachverständigengutachten, der Krankheitsgeschichte der Betroffenen sowie den aussagekräftig dokumentierten Anhörungen der Betroffenen durch das erstinstanzliche Gericht. Eine Anhörung der Betroffenen im Beschwerdeverfahren sei entbehrlich gewesen, weil das Amtsgericht die Betroffene mehrfach angehört und die Ergebnisse jeweils detailliert dokumentiert habe und neue Erkenntnisse bei einer Anhörung durch das Beschwerdegericht nicht zu erwarten gewesen seien.
10
Die von der Betroffenen erteilten Vollmachten stünden der Einrichtung einer Betreuung nicht entgegen, da die Angelegenheiten der Betroffenen nicht ebenso gut durch die Bevollmächtigten wie durch einen Betreuer geregelt werden könnten. Die dem Beteiligten zu 1 erteilte Vollmacht sei mit einiger Sicherheit unwirksam. Zudem bestehe noch eine weitere Vollmacht zugunsten des Beteiligten zu 1 und dessen Schwester. Bruder und Schwester stünden zudem im Streit. Es fehle daher an einem zweifelsfrei legitimierten Bevollmächtigten. Außerdem sei der Gebrauch der Vollmacht durch den Beteiligten zu 1 durch den fortdauernden Streit mit seiner Schwester belastet, die darauf bestehe, dass die zunächst für beide Kinder erteilte Vollmacht maßgeblich sei.
11
Schließlich sei auch die Auswahl des Betreuers nicht zu beanstanden. Zwar habe die Betroffene bei ihrer Anhörung vor dem Betreuungsgericht den Wunsch geäußert, dass der Beteiligte zu 1 zum Betreuer bestellt werde. Diesem Wunsch habe das Amtsgericht jedoch zu Recht unter Hinweis auf das Wohl der Betroffenen nicht entsprochen.
12
2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
13
a) Die Rechtsbeschwerde rügt zu Recht einen Verstoß gegen § 1896 Abs. 1 a BGB. Nach dieser Vorschrift darf gegen den freien Willen des Volljährigen ein Betreuer nicht bestellt werden. Wenn der Betroffene - wie hier - der Einrichtung einer Betreuung nicht zustimmt, ist neben der Notwendigkeit einer Betreuung stets zu prüfen, ob die Ablehnung durch den Betroffenen auf einem freien Willen beruht (Senatsbeschluss vom 9. Februar 2011 - XII ZB 526/10 - FamRZ 2011, 630 Rn. 3). Das fachärztlich beratene Gericht hat daher festzustellen , ob der Betroffene trotz seiner Erkrankung noch zu einer freien Willensbestimmung fähig ist (Senatsbeschluss vom 9. Februar 2011 - XII ZB 526/10 - FamRZ 2011, 630 Rn. 8).
14
Dabei ist der Begriff der freien Willensbestimmung im Sinne des § 1896 Abs. 1 a BGB und des § 104 Nr. 2 BGB im Kern deckungsgleich. Die beiden entscheidenden Kriterien sind dabei die Einsichtsfähigkeit des Betroffenen und dessen Fähigkeit, nach dieser Einsicht zu handeln. Fehlt es an einem dieser beiden Elemente, liegt kein freier, sondern nur ein natürlicher Wille vor. Einsichtsfähigkeit setzt die Fähigkeit des Betroffenen voraus, im Grundsatz die für und wider eine Betreuerbestellung sprechenden Gesichtspunkte zu erkennen und gegeneinander abzuwägen. Dabei dürfen jedoch keine überspannten Anforderun- gen an die Auffassungsgabe des Betroffenen gestellt werden. Auch der an einem Gebrechen im Sinne des § 1896 Abs. 1 BGB leidende Betroffene kann in der Lage sein, einen freien Willen zu bilden und ihn zu äußern. Abzustellen ist jeweils auf das Krankheitsbild des Betroffenen. So vermag ein an einer Psychose erkrankter Betroffener das Wesen und die Bedeutung einer Betreuung im Detail eher zu begreifen als der an einer Demenz leidende Betroffene. Wichtig ist das Verständnis, dass ein gesetzlicher Vertreter (§ 1902 BGB) bestellt wird, der eigenständige Entscheidungen in den ihm übertragenen Aufgabenbereichen treffen kann. Der Betroffene muss Grund, Bedeutung und Tragweite einer Betreuung intellektuell erfassen können (BT-Drucks. 15/2494 S. 28).
15
Die Einsichtsfähigkeit in den Grund der Betreuung setzt dabei denknotwendig voraus, dass der Betroffene seine Defizite wenigstens im Wesentlichen zutreffend einschätzen kann. Nur dann ist es ihm nämlich möglich, die für und gegen eine Betreuung sprechenden Umstände gegeneinander abzuwägen (Senatsbeschluss vom 9. Februar 2011 - XII ZB 526/10 - FamRZ 2011, 630 Rn. 8 mwN).
16
b) Diesen Anforderungen wird die angegriffene Entscheidung nicht gerecht. Das Beschwerdegericht verhält sich zu den Voraussetzungen des § 1896 Abs. 1 a BGB nicht. Insoweit fehlt es auch an den erforderlichen Feststellungen. Insbesondere ergibt sich aus dem vom Beschwerdegericht zur Begründung seiner Entscheidung in Bezug genommenen Gutachten der Sachverständigen Dr. D. und dem "Amtsärztlichen Zeugnis" vom 17. Februar 2011 nicht, ob die Betroffene zur Bildung eines freien Willens in der Lage ist.
17
Die Sachverständige Dr. D. kam in ihrem ärztlichen Betreuungsgutachten vom 9. Januar 2010 zwar zu dem Ergebnis, dass die Betroffene aufgrund ihrer Demenzerkrankung umfassender Hilfe in den Bereichen Gesundheitsfürsorge, Aufenthaltsbestimmung, Vertretung vor Ämtern und Behörden sowie Vermögenssorge bedürfe. Die vom Betreuungsgericht gestellte Frage, ob andere Hilfsmöglichkeiten eine Betreuung ganz oder teilweise entbehrlich machen würde , beantwortete die Sachverständige jedoch nur dahingehend, dass sie in Anbetracht der vorhandenen familiären Konfliktsituation trotz der bestehenden Vorsorgevollmacht für die Einsetzung eines gesetzlich bestellten Betreuers plädiere. Dass die Betroffene wegen ihrer Erkrankung nicht mehr in der Lage ist, einen freien Willen zu bilden und die Bedeutung der Einrichtung einer Betreuung für ihre Lebensgestaltung zu erkennen, hat die Sachverständige indes nicht festgestellt.
18
Gleiches gilt für das amtsärztliche Zeugnis vom 17. Februar 2011. Auch darin finden sich keine Ausführungen zu der Frage, ob die Betroffene noch zu einer freien Willensbildung in der Lage ist. Der Amtsarzt Dr. S. führt in dem amtsärztlichen Zeugnis nur aus, dass bei der Auswahl des Betreuers zu bedenken sei, dass die Betroffene aufgrund ihres Gesundheitszustandes nicht mehr in der Lage sei, komplexere Zusammenhänge zu verstehen. Sie überblicke insbesondere nicht die in Frage stehende finanzielle Situation und den damit verbundenen Regelungsbedarf. Sie sei somit auch nicht in der Lage, aufgrund eigener Überlegungen zu vernünftigen Entscheidungen zu kommen. Mit diesen Ausführungen hat der Sachverständige lediglich Schlussfolgerungen aus seinen Untersuchungsergebnissen gezogen, die einen Betreuungsbedarf im Bereich der Vermögenssorge begründen können. Aus ihnen lässt sich jedoch nicht schließen , dass die Betroffene zum Zeitpunkt der Untersuchung nicht mehr zu einer freien Willensbildung iSv § 1896 Abs. 1 a BGB fähig war.
19
c) Da die Betroffene bei ihren Anhörungen mehrmals geäußert hat, dass sie eine Wahrnehmung ihrer Angelegenheiten durch den von ihr bevollmächtigten Betroffenen zu 1 möchte, durfte ohne entsprechende Feststellungen zu § 1896 Abs. 1 a BGB gegen ihren ausdrücklich erklärten Willen keine Betreuung angeordnet werden. Das gilt auch dann, wenn eine Betreuung für den Betroffenen objektiv vorteilhaft wäre (MünchKommBGB/Schwab 6. Aufl. § 1896 Rn. 35; Palandt/Diederichsen BGB 71. Aufl. § 1896 BGB Rn. 4).
20
3. Die Entscheidung ist daher insgesamt aufzuheben und, weil die Sache in tatsächlicher Hinsicht noch nicht ausreichend aufgeklärt ist, an das Landgericht zurückzuverweisen (§ 74 Abs. 6 Satz 2 FamFG).
21
4. Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass im Beschwerdeverfahren eine erneute Anhörung der Betroffenen geboten sein dürfte.
22
Gemäß § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG kann das Beschwerdegericht zwar von der Durchführung eines Termins, einer mündlichen Verhandlung oder einzelner Verfahrenshandlungen absehen, wenn diese bereits im ersten Rechtszug vorgenommen wurden und von einer erneuten Vornahme keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind (Senatsbeschlüsse vom 11. August 2010 - XII ZB 171/10 - FamRZ 2010, 1650 Rn. 7 und vom 2. März 2011 - XII ZB 346/10 - FamRZ 2011, 805 Rn. 12 f.). Dies gilt jedoch nicht für Verfahrenshandlungen , bei denen das Gericht des ersten Rechtszugs zwingende Verfahrensvorschriften verletzt hat. In diesem Fall muss das Beschwerdegericht den betreffenden Teil des Verfahrens nachholen (Senatsbeschluss vom 2. März 2011 - XII ZB 346/10 - FamRZ 2011, 805 Rn. 14).
23
Ein solcher Verfahrensverstoß durch das Betreuungsgericht ist hier nicht auszuschließen.
24
Die Verwertung eines Sachverständigengutachtens als Entscheidungsgrundlage setzt gemäß § 37 Abs. 2 FamFG voraus, dass das Gericht den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt hat. Insoweit ist das Gutachten mit seinem vollen Wortlaut grundsätzlich auch dem Betroffenen persönlich im Hinblick auf dessen Verfahrensfähigkeit (§ 275 FamFG) zur Verfügung zu stellen (Senatsbeschlüsse vom 11. August 2010 - XII ZB 138/10 - BtPrax 2010, 275 und vom 6. Juli 2010 - XII ZB 616/10 - FamRZ 2011, 1574 Rn. 11 jeweils mwN). Davon kann nur unter den Voraussetzungen des § 288 Abs. 1 FamFG abgesehen werden (Keidel/Budde FamFG 16. Aufl. § 281 Rn. 11).
25
Aus den vom Beschwerdegericht getroffenen Feststellungen ist nicht zu entnehmen, ob der Betroffenen vor der Entscheidung über die Betreuerbestellung der Inhalt des "Amtsärztlichen Zeugnisses" vom 17. Februar 2011 zur Kenntnis gebracht worden ist und sie sich hierzu äußern konnte. Sollte dies nicht der Fall gewesen sein, wird das Beschwerdegericht vor einer erneuten Entscheidung dies nachholen müssen.
Hahne Weber-Monecke Dose Klinkhammer Günter Vorinstanzen:
AG Brake, Entscheidung vom 18.02.2011 - 5a XVII 135/10 -
LG Oldenburg, Entscheidung vom 31.08.2011 - 8 T 593/11 -

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 188/13
vom
7. August 2013
in der Betreuungssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Gemäß § 280 Abs. 1 Satz 2 FamFG soll der - in einem Betreuungsverfahren mit
der Erstellung eines Gutachtens beauftragte - Sachverständige Arzt für Psychiatrie
oder Arzt mit Erfahrung auf dem Gebiet der Psychiatrie sein. Ergibt sich die Qualifikation
nicht ohne Weiteres aus der Fachbezeichnung des Arztes, ist seine Sachkunde
vom Gericht zu prüfen und in der Entscheidung darzulegen (im Anschluss
an Senatsbeschluss vom 16. Mai 2012 - XII ZB 454/11 - FamRZ 2012, 1207).

b) Von einer erneuten Anhörung im Beschwerdeverfahren sind in der Regel neue
Erkenntnisse im Sinne des § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG zu erwarten, wenn der Betroffene
an seinem in der amtsgerichtlichen Anhörung erklärten Einverständnis mit
einer Betreuung im Beschwerdeverfahren nicht mehr festhält (im Anschluss an
Senatsbeschluss vom 16. Mai 2012 - XII ZB 454/11 - FamRZ 2012, 1207).
BGH, Beschluss vom 7. August 2013 - XII ZB 188/13 - LG Hamburg
AG Hamburg-St. Georg
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. August 2013 durch
den Vorsitzenden Richter Dose, die Richterin Weber-Monecke und die Richter
Schilling, Dr. Nedden-Boeger und Dr. Botur

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen wird der Beschluss der Zivilkammer 9 des Landgerichts Hamburg vom 28. März 2013 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen. Beschwerdewert: 3.000 €

Gründe:

I.

1
Die Betroffene leidet an einer chronifizierten schizoaffektiven Störung mit depressiver Symptomatik. Im Sommer 2011 wurde erstmals die Einrichtung einer Betreuung angeregt. In dem seinerzeit eingeholten Gutachten verneinte die Sachverständige jedoch die Notwendigkeit einer gesetzlichen Betreuung gegen den Willen der Betroffenen. Im Februar 2012 kam es zu einer erneuten Betreuungsanregung. Die Sachverständige erstattete ein weiteres Gutachten, in dem sie eine Besserung des psychopathologischen Zustands feststellte und nach wie vor keine Indikation für die Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung sah. Das Betreuungsgericht stellte daraufhin das Betreuungsverfahren erneut ein.
2
Anlass für die hier gegenständliche Betreuung war die Anregung eines Krankenhauses, in dem die Betroffene wegen einer Schulterfraktur behandelt wurde. Danach hat die Betroffene mehrmals im Beisein der Ärzte geäußert, dass sie schon öfter häusliche Gewalt durch ihren Ehemann und Sohn erlebt habe. Das Amtsgericht hat die Einholung eines medizinischen Gutachtens angeordnet und einen anderen Sachverständigen bestimmt, der sich als "ärztlicher Gutachter" bezeichnet hat.
3
Das Amtsgericht hat für die Betroffene schließlich einen Berufsbetreuer für die Aufgabenkreise Gesundheitssorge, Vertretung gegenüber Behörden, Sozialleistungsträgern, Pflegediensten und Pflegeeinrichtungen sowie Aufenthaltsbestimmung zum Zweck der Heilbehandlung, Kurzzeitpflege und Rehabilitation bestellt. Das Landgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Betroffene mit ihrer Rechtsbeschwerde.

II.

4
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.
5
Zu Recht rügt die Rechtsbeschwerde, dass die Instanzgerichte die Sachkunde des zuletzt tätigen Gutachters nicht geprüft haben und das Landgericht die Betroffene nicht erneut angehört hat.
6
1. Gemäß § 280 Abs. 1 Satz 2 FamFG soll der - in einem Betreuungsverfahren mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragte - Sachverständige Arzt für Psychiatrie oder Arzt mit Erfahrung auf dem Gebiet der Psychiatrie sein.
Ergibt sich die Qualifikation nicht ohne Weiteres aus der Fachbezeichnung des Arztes, ist seine Sachkunde vom Gericht zu prüfen und in der Entscheidung darzulegen (Senatsbeschluss vom 16. Mai 2012 - XII ZB 454/11 - FamRZ 2012, 1207 Rn. 12 mwN).
7
Dem werden die instanzgerichtlichen Entscheidungen nicht gerecht. Obgleich sich dem vom Amtsgericht zuletzt eingeholten Gutachten lediglich entnehmen lässt, dass der Sachverständige "ärztlicher Gutachter" ist, haben weder Amts- noch Landgericht Feststellungen zur Qualifikation des Sachverständigen getroffen. Von der Prüfung dessen Sachkunde war das Gericht auch nicht etwa deshalb befreit, weil in den früheren - jeweils eingestellten - Betreuungsverfahren bereits eine Ärztin u.a. für Psychiatrie und Psychotherapie als Sachverständige tätig geworden ist. Zwar hat auch sie bei der Betroffenen eine chronische schizophrene Psychose diagnostiziert. Allerdings hat sie in ihren beiden Gutachten im Ergebnis die Anordnung einer Betreuung für nicht indiziert gehalten. Ersichtlich hat das Amtsgericht seine Entscheidung deshalb auch nicht auf diese Gutachten gegründet, sondern die Einholung eines neuen Gutachtens für erforderlich gehalten, um die notwendigen Feststellungen treffen zu können. Wenn aber ein Sachverständigengutachten eingeholt wird und das Gericht seine Entscheidung darauf stützt, muss dieses den formalen Anforderungen des § 280 FamFG auch dann genügen, wenn es verfahrensrechtlich nicht obligatorisch ist (vgl. Senatsbeschluss vom 9. November 2011 - XII ZB 286/11 - FamRZ 2012, 104 Rn. 15 f.).
8
2. Ebenfalls zu Recht rügt die Rechtsbeschwerde, dass das Landgericht von einer erneuten Anhörung der Betroffenen im Beschwerdeverfahren nicht hätte absehen dürfen.
9
Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist eine erneute Anhörung im Beschwerdeverfahren immer dann erforderlich, wenn von ihr neue Erkenntnisse im Sinne des § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG zu erwarten sind, was in der Regel dann der Fall ist, wenn der Betroffene an seinem in der amtsgerichtlichen Anhörung erklärten Einverständnis mit einer Betreuung im Beschwerdeverfahren nicht mehr festhält (vgl. Senatsbeschluss vom 16. Mai 2012 - XII ZB 454/11 - FamRZ 2012, 1207 Rn. 21).
10
Gemessen hieran hätte das Beschwerdegericht die Betroffene selbst anhören müssen. Während sie noch bei ihrer Anhörung im amtsgerichtlichen Verfahren ihr grundsätzliches Einverständnis mit der Bestellung eines Berufsbetreuers erklärt und zum Ausdruck gebracht hat, dass sie nicht von ihrem Sohn betreut werden will, hat sie in ihrer Beschwerde das Gegenteil geäußert. Deswegen hätte sich das Landgericht durch eine Anhörung der Betroffenen selbst einen Eindruck davon verschaffen müssen, ob sie tatsächlich nicht in der Lage ist, einen freien Willen zu bilden (vgl. Senatsbeschluss vom 16. Mai 2012 - XII ZB 454/11 - FamRZ 2012, 1207 Rn. 22).
11
Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 74 Abs. 7 FamFG abgesehen.
12
3. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
13
Sollten die weiteren Ermittlungen ergeben, dass eine Betreuung für die Betroffene anzuordnen ist, spricht im Ergebnis nichts dagegen, ihr einen Berufsbetreuer zu bestellen. Selbst wenn die Bestellung ihres Sohnes zum Betreuer dem Willen der Betroffenen entsprechen sollte, dürfte dies auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen zum gewaltsamen Verhalten des Sohnes seiner Mutter gegenüber dem Wohl der Betroffenen i.S.v. § 1897 Abs. 1 Satz 1 BGB zuwiderlaufen.
Dose Weber-Monecke Schilling Nedden-Boeger Botur
Vorinstanzen:
AG Hamburg-St. Georg, Entscheidung vom 26.02.2013 - 993 XVII P 3651 -
LG Hamburg, Entscheidung vom 28.03.2013 - 309 T 36/13 -

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Ergibt die Begründung des angefochtenen Beschlusses zwar eine Rechtsverletzung, stellt sich die Entscheidung aber aus anderen Gründen als richtig dar, ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(3) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Beteiligten gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 71 Abs. 3 und § 73 Satz 2 gerügt worden sind. Die §§ 559, 564 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(4) Auf das weitere Verfahren sind, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts ergeben, die im ersten Rechtszug geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden.

(5) Soweit die Rechtsbeschwerde begründet ist, ist der angefochtene Beschluss aufzuheben.

(6) Das Rechtsbeschwerdegericht entscheidet in der Sache selbst, wenn diese zur Endentscheidung reif ist. Andernfalls verweist es die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Verfahrens zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht oder, wenn dies aus besonderen Gründen geboten erscheint, an das Gericht des ersten Rechtszugs zurück. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(7) Von einer Begründung der Entscheidung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.

(1) Wird der Verfassungsbeschwerde stattgegeben, so ist in der Entscheidung festzustellen, welche Vorschrift des Grundgesetzes und durch welche Handlung oder Unterlassung sie verletzt wurde. Das Bundesverfassungsgericht kann zugleich aussprechen, daß auch jede Wiederholung der beanstandeten Maßnahme das Grundgesetz verletzt.

(2) Wird der Verfassungsbeschwerde gegen eine Entscheidung stattgegeben, so hebt das Bundesverfassungsgericht die Entscheidung auf, in den Fällen des § 90 Abs. 2 Satz 1 verweist es die Sache an ein zuständiges Gericht zurück.

(3) Wird der Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz stattgegeben, so ist das Gesetz für nichtig zu erklären. Das gleiche gilt, wenn der Verfassungsbeschwerde gemäß Absatz 2 stattgegeben wird, weil die aufgehobene Entscheidung auf einem verfassungswidrigen Gesetz beruht. Die Vorschrift des § 79 gilt entsprechend.

(1) Das Bundesverfassungsgericht kann im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist.

(2) Die einstweilige Anordnung kann ohne mündliche Verhandlung ergehen. Bei besonderer Dringlichkeit kann das Bundesverfassungsgericht davon absehen, den am Verfahren zur Hauptsache Beteiligten, zum Beitritt Berechtigten oder Äußerungsberechtigten Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(3) Wird die einstweilige Anordnung durch Beschluß erlassen oder abgelehnt, so kann Widerspruch erhoben werden. Das gilt nicht für den Beschwerdeführer im Verfahren der Verfassungsbeschwerde. Über den Widerspruch entscheidet das Bundesverfassungsgericht nach mündlicher Verhandlung. Diese muß binnen zwei Wochen nach dem Eingang der Begründung des Widerspruchs stattfinden.

(4) Der Widerspruch gegen die einstweilige Anordnung hat keine aufschiebende Wirkung. Das Bundesverfassungsgericht kann die Vollziehung der einstweiligen Anordnung aussetzen.

(5) Das Bundesverfassungsgericht kann die Entscheidung über die einstweilige Anordnung oder über den Widerspruch ohne Begründung bekanntgeben. In diesem Fall ist die Begründung den Beteiligten gesondert zu übermitteln.

(6) Die einstweilige Anordnung tritt nach sechs Monaten außer Kraft. Sie kann mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen wiederholt werden.

(7) Ist ein Senat nicht beschlußfähig, so kann die einstweilige Anordnung bei besonderer Dringlichkeit erlassen werden, wenn mindestens drei Richter anwesend sind und der Beschluß einstimmig gefaßt wird. Sie tritt nach einem Monat außer Kraft. Wird sie durch den Senat bestätigt, so tritt sie sechs Monate nach ihrem Erlaß außer Kraft.

(1) Erweist sich der Antrag auf Verwirkung der Grundrechte (§ 13 Nr. 1), die Anklage gegen den Bundespräsidenten (§ 13 Nr. 4) oder einen Richter (§ 13 Nr. 9) als unbegründet, so sind dem Antragsgegner oder dem Angeklagten die notwendigen Auslagen einschließlich der Kosten der Verteidigung zu ersetzen.

(2) Erweist sich eine Verfassungsbeschwerde als begründet, so sind dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen ganz oder teilweise zu erstatten.

(3) In den übrigen Fällen kann das Bundesverfassungsgericht volle oder teilweise Erstattung der Auslagen anordnen.

(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kann bei der Bemessung herangezogen werden. Bei Rahmengebühren, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten, ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.

(2) Ist eine Rahmengebühr auf eine andere Rahmengebühr anzurechnen, ist die Gebühr, auf die angerechnet wird, so zu bestimmen, als sei der Rechtsanwalt zuvor nicht tätig gewesen.

(3) Im Rechtsstreit hat das Gericht ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen, soweit die Höhe der Gebühr streitig ist; dies gilt auch im Verfahren nach § 495a der Zivilprozessordnung. Das Gutachten ist kostenlos zu erstatten.