Bundesgerichtshof Beschluss, 14. März 2012 - XII ZB 502/11

bei uns veröffentlicht am14.03.2012
vorgehend
Amtsgericht Brake (Unterweser), 5a XVII 135/10, 18.02.2011
Landgericht Oldenburg (Oldenburg), 8 T 593/11, 31.08.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 502/11
vom
14. März 2012
in der Betreuungssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Stimmt der Betroffene der Einrichtung einer Betreuung nicht zu, ist neben der Notwendigkeit
einer Betreuung stets zu prüfen, ob die Ablehnung durch den Betroffenen
auf einem freien Willen beruht. Das gilt auch dann, wenn eine Betreuung für den Betroffenen
objektiv vorteilhaft wäre (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 9. Februar
2011 - XII ZB 526/10 - FamRZ 2011, 630 f.).
BGH, Beschluss vom 14. März 2012 - XII ZB 502/11 - LG Oldenburg
AG Brake
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. März 2012 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Weber-Monecke, Dose,
Dr. Klinkhammer und Dr. Günter

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 1 wird der Beschluss der 8. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg vom 31. August 2011 aufgehoben. Das Verfahren wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen. Beschwerdewert: 3.000 €

Gründe:


I.

1
Der Beteiligte zu 1 wendet sich gegen die Einrichtung einer Betreuung für seine Mutter.
2
Die Betroffene leidet an einer Demenz vom Typ Alzheimer. Im Januar 2009 erteilte sie ihrer Tochter und dem Beteiligten zu 1 eine umfassende Vorsorgevollmacht. Diese Vollmacht wurde im September 2009 von der Betroffenen widerrufen. Gleichzeitig erteilte sie dem Beteiligten zu 1 eine umfassende Vorsorgevollmacht , die auf den 18. Februar 2009 rückdatiert wurde.
3
Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens und der persönlichen Anhörung der Betroffenen hat das Amtsgericht zunächst den Beteiligten zu 2 zum Kontrollbetreuer bestellt. Nachdem Zweifel an der Wirksamkeit der zugunsten des Beteiligten zu 1 bestellten Vollmacht aufgekommen waren, hat das Amtsgericht am 16. Februar 2011 den Beteiligten zu 3 zum Verfahrenspfleger bestellt und am selben Tag eine erneute Anhörung der Betroffenen in deren Wohnung durchgeführt, bei der neben weiteren Personen auch ein Amtsarzt anwesend waren. Auf Anordnung des Gerichts hat der Amtsarzt die Betroffene noch während des Anhörungstermins untersucht und anschließend ein auf den 17. Februar 2011 datiertes "Amtsärztliches Zeugnis" zur Betreuungsbedürftigkeit der Betroffenen vorgelegt.
4
Mit Beschluss vom 18. Februar 2011 hat das Amtsgericht die Kontrollbetreuung aufgehoben, für die Betroffene eine Betreuung mit den Aufgabenkreisen Vermögenssorge, Aufenthaltsbestimmungsrecht, Wohnungsangelegenheiten , Rechts-, Antrags- und Behördenangelegenheiten, Gesundheitsfürsorge und Postangelegenheiten angeordnet und die Beteiligte zu 4 zur Betreuerin bestellt.
5
Gegen diesen Beschluss haben die Betroffene und der Beteiligte zu 1 Beschwerde eingelegt. Ihre Rechtsmittel sind jedoch ohne Erfolg geblieben. Mit der allein vom Beteiligten zu 1 eingelegten Rechtsbeschwerde möchte dieser die Aufhebung der Betreuung erreichen.

II.

6
Die Rechtsbeschwerde ist ohne Zulassung statthaft (§ 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FamFG) und auch im Übrigen zulässig.
7
Die Beschwerdebefugnis des Beteiligten zu 1, der bereits im ersten Rechtszug an dem Verfahren beteiligt war, ergibt sich aus § 303 Abs. 2 Nr. 1 FamFG.
8
Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angegriffenen Entscheidung und zur Zurückverweisung des Verfahrens an das Landgericht.
9
1. Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, die Betroffene sei krankheitsbedingt nicht in der Lage, die im Beschluss genannten Angelegenheiten selbst zu besorgen. Dies ergebe sich aus dem amtsärztlichen Gutachten vom 17. Februar 2011, dem früheren vom Betreuungsgericht eingeholten Sachverständigengutachten, der Krankheitsgeschichte der Betroffenen sowie den aussagekräftig dokumentierten Anhörungen der Betroffenen durch das erstinstanzliche Gericht. Eine Anhörung der Betroffenen im Beschwerdeverfahren sei entbehrlich gewesen, weil das Amtsgericht die Betroffene mehrfach angehört und die Ergebnisse jeweils detailliert dokumentiert habe und neue Erkenntnisse bei einer Anhörung durch das Beschwerdegericht nicht zu erwarten gewesen seien.
10
Die von der Betroffenen erteilten Vollmachten stünden der Einrichtung einer Betreuung nicht entgegen, da die Angelegenheiten der Betroffenen nicht ebenso gut durch die Bevollmächtigten wie durch einen Betreuer geregelt werden könnten. Die dem Beteiligten zu 1 erteilte Vollmacht sei mit einiger Sicherheit unwirksam. Zudem bestehe noch eine weitere Vollmacht zugunsten des Beteiligten zu 1 und dessen Schwester. Bruder und Schwester stünden zudem im Streit. Es fehle daher an einem zweifelsfrei legitimierten Bevollmächtigten. Außerdem sei der Gebrauch der Vollmacht durch den Beteiligten zu 1 durch den fortdauernden Streit mit seiner Schwester belastet, die darauf bestehe, dass die zunächst für beide Kinder erteilte Vollmacht maßgeblich sei.
11
Schließlich sei auch die Auswahl des Betreuers nicht zu beanstanden. Zwar habe die Betroffene bei ihrer Anhörung vor dem Betreuungsgericht den Wunsch geäußert, dass der Beteiligte zu 1 zum Betreuer bestellt werde. Diesem Wunsch habe das Amtsgericht jedoch zu Recht unter Hinweis auf das Wohl der Betroffenen nicht entsprochen.
12
2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
13
a) Die Rechtsbeschwerde rügt zu Recht einen Verstoß gegen § 1896 Abs. 1 a BGB. Nach dieser Vorschrift darf gegen den freien Willen des Volljährigen ein Betreuer nicht bestellt werden. Wenn der Betroffene - wie hier - der Einrichtung einer Betreuung nicht zustimmt, ist neben der Notwendigkeit einer Betreuung stets zu prüfen, ob die Ablehnung durch den Betroffenen auf einem freien Willen beruht (Senatsbeschluss vom 9. Februar 2011 - XII ZB 526/10 - FamRZ 2011, 630 Rn. 3). Das fachärztlich beratene Gericht hat daher festzustellen , ob der Betroffene trotz seiner Erkrankung noch zu einer freien Willensbestimmung fähig ist (Senatsbeschluss vom 9. Februar 2011 - XII ZB 526/10 - FamRZ 2011, 630 Rn. 8).
14
Dabei ist der Begriff der freien Willensbestimmung im Sinne des § 1896 Abs. 1 a BGB und des § 104 Nr. 2 BGB im Kern deckungsgleich. Die beiden entscheidenden Kriterien sind dabei die Einsichtsfähigkeit des Betroffenen und dessen Fähigkeit, nach dieser Einsicht zu handeln. Fehlt es an einem dieser beiden Elemente, liegt kein freier, sondern nur ein natürlicher Wille vor. Einsichtsfähigkeit setzt die Fähigkeit des Betroffenen voraus, im Grundsatz die für und wider eine Betreuerbestellung sprechenden Gesichtspunkte zu erkennen und gegeneinander abzuwägen. Dabei dürfen jedoch keine überspannten Anforderun- gen an die Auffassungsgabe des Betroffenen gestellt werden. Auch der an einem Gebrechen im Sinne des § 1896 Abs. 1 BGB leidende Betroffene kann in der Lage sein, einen freien Willen zu bilden und ihn zu äußern. Abzustellen ist jeweils auf das Krankheitsbild des Betroffenen. So vermag ein an einer Psychose erkrankter Betroffener das Wesen und die Bedeutung einer Betreuung im Detail eher zu begreifen als der an einer Demenz leidende Betroffene. Wichtig ist das Verständnis, dass ein gesetzlicher Vertreter (§ 1902 BGB) bestellt wird, der eigenständige Entscheidungen in den ihm übertragenen Aufgabenbereichen treffen kann. Der Betroffene muss Grund, Bedeutung und Tragweite einer Betreuung intellektuell erfassen können (BT-Drucks. 15/2494 S. 28).
15
Die Einsichtsfähigkeit in den Grund der Betreuung setzt dabei denknotwendig voraus, dass der Betroffene seine Defizite wenigstens im Wesentlichen zutreffend einschätzen kann. Nur dann ist es ihm nämlich möglich, die für und gegen eine Betreuung sprechenden Umstände gegeneinander abzuwägen (Senatsbeschluss vom 9. Februar 2011 - XII ZB 526/10 - FamRZ 2011, 630 Rn. 8 mwN).
16
b) Diesen Anforderungen wird die angegriffene Entscheidung nicht gerecht. Das Beschwerdegericht verhält sich zu den Voraussetzungen des § 1896 Abs. 1 a BGB nicht. Insoweit fehlt es auch an den erforderlichen Feststellungen. Insbesondere ergibt sich aus dem vom Beschwerdegericht zur Begründung seiner Entscheidung in Bezug genommenen Gutachten der Sachverständigen Dr. D. und dem "Amtsärztlichen Zeugnis" vom 17. Februar 2011 nicht, ob die Betroffene zur Bildung eines freien Willens in der Lage ist.
17
Die Sachverständige Dr. D. kam in ihrem ärztlichen Betreuungsgutachten vom 9. Januar 2010 zwar zu dem Ergebnis, dass die Betroffene aufgrund ihrer Demenzerkrankung umfassender Hilfe in den Bereichen Gesundheitsfürsorge, Aufenthaltsbestimmung, Vertretung vor Ämtern und Behörden sowie Vermögenssorge bedürfe. Die vom Betreuungsgericht gestellte Frage, ob andere Hilfsmöglichkeiten eine Betreuung ganz oder teilweise entbehrlich machen würde , beantwortete die Sachverständige jedoch nur dahingehend, dass sie in Anbetracht der vorhandenen familiären Konfliktsituation trotz der bestehenden Vorsorgevollmacht für die Einsetzung eines gesetzlich bestellten Betreuers plädiere. Dass die Betroffene wegen ihrer Erkrankung nicht mehr in der Lage ist, einen freien Willen zu bilden und die Bedeutung der Einrichtung einer Betreuung für ihre Lebensgestaltung zu erkennen, hat die Sachverständige indes nicht festgestellt.
18
Gleiches gilt für das amtsärztliche Zeugnis vom 17. Februar 2011. Auch darin finden sich keine Ausführungen zu der Frage, ob die Betroffene noch zu einer freien Willensbildung in der Lage ist. Der Amtsarzt Dr. S. führt in dem amtsärztlichen Zeugnis nur aus, dass bei der Auswahl des Betreuers zu bedenken sei, dass die Betroffene aufgrund ihres Gesundheitszustandes nicht mehr in der Lage sei, komplexere Zusammenhänge zu verstehen. Sie überblicke insbesondere nicht die in Frage stehende finanzielle Situation und den damit verbundenen Regelungsbedarf. Sie sei somit auch nicht in der Lage, aufgrund eigener Überlegungen zu vernünftigen Entscheidungen zu kommen. Mit diesen Ausführungen hat der Sachverständige lediglich Schlussfolgerungen aus seinen Untersuchungsergebnissen gezogen, die einen Betreuungsbedarf im Bereich der Vermögenssorge begründen können. Aus ihnen lässt sich jedoch nicht schließen , dass die Betroffene zum Zeitpunkt der Untersuchung nicht mehr zu einer freien Willensbildung iSv § 1896 Abs. 1 a BGB fähig war.
19
c) Da die Betroffene bei ihren Anhörungen mehrmals geäußert hat, dass sie eine Wahrnehmung ihrer Angelegenheiten durch den von ihr bevollmächtigten Betroffenen zu 1 möchte, durfte ohne entsprechende Feststellungen zu § 1896 Abs. 1 a BGB gegen ihren ausdrücklich erklärten Willen keine Betreuung angeordnet werden. Das gilt auch dann, wenn eine Betreuung für den Betroffenen objektiv vorteilhaft wäre (MünchKommBGB/Schwab 6. Aufl. § 1896 Rn. 35; Palandt/Diederichsen BGB 71. Aufl. § 1896 BGB Rn. 4).
20
3. Die Entscheidung ist daher insgesamt aufzuheben und, weil die Sache in tatsächlicher Hinsicht noch nicht ausreichend aufgeklärt ist, an das Landgericht zurückzuverweisen (§ 74 Abs. 6 Satz 2 FamFG).
21
4. Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass im Beschwerdeverfahren eine erneute Anhörung der Betroffenen geboten sein dürfte.
22
Gemäß § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG kann das Beschwerdegericht zwar von der Durchführung eines Termins, einer mündlichen Verhandlung oder einzelner Verfahrenshandlungen absehen, wenn diese bereits im ersten Rechtszug vorgenommen wurden und von einer erneuten Vornahme keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind (Senatsbeschlüsse vom 11. August 2010 - XII ZB 171/10 - FamRZ 2010, 1650 Rn. 7 und vom 2. März 2011 - XII ZB 346/10 - FamRZ 2011, 805 Rn. 12 f.). Dies gilt jedoch nicht für Verfahrenshandlungen , bei denen das Gericht des ersten Rechtszugs zwingende Verfahrensvorschriften verletzt hat. In diesem Fall muss das Beschwerdegericht den betreffenden Teil des Verfahrens nachholen (Senatsbeschluss vom 2. März 2011 - XII ZB 346/10 - FamRZ 2011, 805 Rn. 14).
23
Ein solcher Verfahrensverstoß durch das Betreuungsgericht ist hier nicht auszuschließen.
24
Die Verwertung eines Sachverständigengutachtens als Entscheidungsgrundlage setzt gemäß § 37 Abs. 2 FamFG voraus, dass das Gericht den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt hat. Insoweit ist das Gutachten mit seinem vollen Wortlaut grundsätzlich auch dem Betroffenen persönlich im Hinblick auf dessen Verfahrensfähigkeit (§ 275 FamFG) zur Verfügung zu stellen (Senatsbeschlüsse vom 11. August 2010 - XII ZB 138/10 - BtPrax 2010, 275 und vom 6. Juli 2010 - XII ZB 616/10 - FamRZ 2011, 1574 Rn. 11 jeweils mwN). Davon kann nur unter den Voraussetzungen des § 288 Abs. 1 FamFG abgesehen werden (Keidel/Budde FamFG 16. Aufl. § 281 Rn. 11).
25
Aus den vom Beschwerdegericht getroffenen Feststellungen ist nicht zu entnehmen, ob der Betroffenen vor der Entscheidung über die Betreuerbestellung der Inhalt des "Amtsärztlichen Zeugnisses" vom 17. Februar 2011 zur Kenntnis gebracht worden ist und sie sich hierzu äußern konnte. Sollte dies nicht der Fall gewesen sein, wird das Beschwerdegericht vor einer erneuten Entscheidung dies nachholen müssen.
Hahne Weber-Monecke Dose Klinkhammer Günter Vorinstanzen:
AG Brake, Entscheidung vom 18.02.2011 - 5a XVII 135/10 -
LG Oldenburg, Entscheidung vom 31.08.2011 - 8 T 593/11 -

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(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig

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(1) Hält das Gericht, dessen Beschluss angefochten wird, die Beschwerde für begründet, hat es ihr abzuhelfen; anderenfalls ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Das Gericht ist zur Abhilfe nicht befugt, wenn die Beschwerde

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 104 Geschäftsunfähigkeit


Geschäftsunfähig ist:1.wer nicht das siebente Lebensjahr vollendet hat,2.wer sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet, sofern nicht der Zustand seiner Natur nach ein vorüberge

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Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 288 Bekanntgabe


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(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in

1.
Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts,
2.
Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie
3.
Freiheitsentziehungssachen.
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 gilt dies nur, wenn sich die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss richtet, der die Unterbringungsmaßnahme oder die Freiheitsentziehung anordnet. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 ist die Rechtsbeschwerde abweichend von Satz 2 auch dann ohne Zulassung statthaft, wenn sie sich gegen den eine freiheitsentziehende Maßnahme ablehnenden oder zurückweisenden Beschluss in den in § 417 Absatz 2 Satz 2 Nummer 5 genannten Verfahren richtet.

(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.

(1) Das Recht der Beschwerde steht der zuständigen Behörde gegen Entscheidungen über

1.
die Bestellung eines Betreuers oder die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts,
2.
Umfang, Inhalt oder Bestand einer in Nummer 1 genannten Maßnahme
zu.

(2) Das Recht der Beschwerde gegen eine von Amts wegen ergangene Entscheidung steht im Interesse des Betroffenen

1.
dessen Ehegatten oder Lebenspartner, wenn die Ehegatten oder Lebenspartner nicht dauernd getrennt leben, sowie den Eltern, Großeltern, Pflegeeltern, Abkömmlingen und Geschwistern des Betroffenen sowie
2.
einer Person seines Vertrauens
zu, wenn sie im ersten Rechtszug beteiligt worden sind.

(3) Das Recht der Beschwerde steht dem Verfahrenspfleger zu.

(4) Der Betreuer oder der Vorsorgebevollmächtigte kann gegen eine Entscheidung, die seinen Aufgabenkreis betrifft, auch im Namen des Betroffenen Beschwerde einlegen. Führen mehrere Betreuer oder Vorsorgebevollmächtigte ihr Amt gemeinschaftlich, kann jeder von ihnen für den Betroffenen selbständig Beschwerde einlegen.

3
1. Die Rechtsbeschwerde rügt einen Verstoß gegen § 1896 Abs. 1 a BGB. Nach dieser zum 1. Juli 2005 eingeführten Vorschrift darf gegen den freien Willen des Volljährigen ein Betreuer nicht bestellt werden. Wenn der Betroffene - wie hier - der Einrichtung einer Betreuung nicht zustimmt, ist neben der Notwendigkeit einer Betreuung stets zu prüfen, ob die Ablehnung durch den Betroffenen auf einem freien Willen beruht.

Geschäftsunfähig ist:

1.
wer nicht das siebente Lebensjahr vollendet hat,
2.
wer sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet, sofern nicht der Zustand seiner Natur nach ein vorübergehender ist.

3
1. Die Rechtsbeschwerde rügt einen Verstoß gegen § 1896 Abs. 1 a BGB. Nach dieser zum 1. Juli 2005 eingeführten Vorschrift darf gegen den freien Willen des Volljährigen ein Betreuer nicht bestellt werden. Wenn der Betroffene - wie hier - der Einrichtung einer Betreuung nicht zustimmt, ist neben der Notwendigkeit einer Betreuung stets zu prüfen, ob die Ablehnung durch den Betroffenen auf einem freien Willen beruht.

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Ergibt die Begründung des angefochtenen Beschlusses zwar eine Rechtsverletzung, stellt sich die Entscheidung aber aus anderen Gründen als richtig dar, ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(3) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Beteiligten gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 71 Abs. 3 und § 73 Satz 2 gerügt worden sind. Die §§ 559, 564 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(4) Auf das weitere Verfahren sind, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts ergeben, die im ersten Rechtszug geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden.

(5) Soweit die Rechtsbeschwerde begründet ist, ist der angefochtene Beschluss aufzuheben.

(6) Das Rechtsbeschwerdegericht entscheidet in der Sache selbst, wenn diese zur Endentscheidung reif ist. Andernfalls verweist es die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Verfahrens zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht oder, wenn dies aus besonderen Gründen geboten erscheint, an das Gericht des ersten Rechtszugs zurück. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(7) Von einer Begründung der Entscheidung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.

(1) Hält das Gericht, dessen Beschluss angefochten wird, die Beschwerde für begründet, hat es ihr abzuhelfen; anderenfalls ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Das Gericht ist zur Abhilfe nicht befugt, wenn die Beschwerde sich gegen eine Endentscheidung in einer Familiensache richtet.

(2) Das Beschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Beschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(3) Das Beschwerdeverfahren bestimmt sich im Übrigen nach den Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug. Das Beschwerdegericht kann von der Durchführung eines Termins, einer mündlichen Verhandlung oder einzelner Verfahrenshandlungen absehen, wenn diese bereits im ersten Rechtszug vorgenommen wurden und von einer erneuten Vornahme keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind.

(4) Das Beschwerdegericht kann die Beschwerde durch Beschluss einem seiner Mitglieder zur Entscheidung als Einzelrichter übertragen; § 526 der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe entsprechend, dass eine Übertragung auf einen Richter auf Probe ausgeschlossen ist. Zudem kann das Beschwerdegericht die persönliche Anhörung des Kindes durch Beschluss einem seiner Mitglieder als beauftragtem Richter übertragen, wenn es dies aus Gründen des Kindeswohls für sachgerecht hält oder das Kind offensichtlich nicht in der Lage ist, seine Neigungen und seinen Willen kundzutun. Gleiches gilt für die Verschaffung eines persönlichen Eindrucks von dem Kind.

(5) Absatz 3 Satz 2 und Absatz 4 Satz 1 finden keine Anwendung, wenn die Beschwerde ein Hauptsacheverfahren betrifft, in dem eine der folgenden Entscheidungen in Betracht kommt:

1.
die teilweise oder vollständige Entziehung der Personensorge nach den §§ 1666 und 1666a des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
2.
der Ausschluss des Umgangsrechts nach § 1684 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder
3.
eine Verbleibensanordnung nach § 1632 Absatz 4 oder § 1682 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

7
Ferner kann das Beschwerdegericht nach § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG zwar von der persönlichen Anhörung absehen, wenn diese bereits im ersten Rechtszug vorgenommen worden ist und von einer erneuten Anhörung keine neuen Erkenntnisse zu erwarten sind. Auch diese - kumulativ erforderlichen - Voraussetzungen liegen hier jedoch nicht vor. Denn das Amtsgericht hat die Betroffene nicht persönlich angehört.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 346/10
vom
13. Juni 2012
in dem Kostenfestsetzungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
RVG VV Vorbem. 3.2.2, Nr. 6300
Die Vergütung des in einer Unterbringungssache im Wege der Verfahrenskostenhilfe
beigeordneten Rechtsanwalts bestimmt sich nach Nummer 6300 RVG VV (im Anschluss
an BGH Beschluss vom 29. März 2012 - V ZB 309/10 - juris).
BGH, Beschluss vom 13. Juni 2012 - XII ZB 346/10 - LG Lübeck
AG Lübeck
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Juni 2012 durch die
Richter Dose, Schilling, Dr. Günter, Dr. Nedden-Boeger und Dr. Botur

beschlossen:
Die Erinnerung gegen den Beschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Bundesgerichtshofs vom 8. Juli 2011 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

1
Der Senat hat dem Betroffenen für die Rechtsbeschwerde gegen die betreuungsrechtliche Genehmigung der Unterbringung Verfahrenskostenhilfe bewilligt und ihm die Erinnerungsführerin als Verfahrensbevollmächtigte beigeordnet. Nach Abschluss des Rechtsbeschwerdeverfahrens, das zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht führte, hat die Erinnerungsführerin bei dem Bundesgerichtshof beantragt, ihre Vergütung nach Nr. 3208 VV RVG i.V.m. der Vorbemerkung 3.2.2 Nr. 1 b VV RVG festzusetzen. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Bundesgerichtshofs hat den Antrag mit Beschluss vom 8. Juli 2011 teilweise zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Erinnerungsführerin mit der Erinnerung.

II.

2
Die - nicht fristgebundene (vgl. BT-Drucks. 15/4952, S. 51) - Erinnerung ist gemäß § 56 Abs. 1 RVG zulässig, aber nicht begründet. Zu Recht hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die Vergütung der Erinnerungsführerin nach Nr. 6300 RVG in Höhe von 172 € (zuzüglich Auslagenpauschale und Umsatzsteuer ) festgesetzt.
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1. Entgegen der Auffassung der Erinnerungsführerin bestimmt sich die Vergütung des im Rahmen der Verfahrenskostenhilfe gemäß § 78 Abs. 1 FamFG beigeordneten Rechtsanwalts in Unterbringungssachen nicht nach Nr. 3208 VV RVG i.V.m. der Vorbemerkung 3.2.2 Nr. 1 b VV RVG, sondern nach Nr. 6300 VV RVG.
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Danach beträgt die Verfahrensgebühr für die Tätigkeit eines Rechtsanwalts in Freiheitsentziehungssachen nach § 415 FamFG, in Unterbringungssachen nach § 312 FamFG und bei Unterbringungsmaßnahmen nach § 151 Nr. 6 und 7 FamFG für jeden Rechtszug 172 €. Diese Vergütungsregelung ist auch maßgeblich, wenn ein Rechtsanwalt in einer Unterbringungssache für das Rechtsbeschwerdeverfahren vor dem Bundesgerichtshof beigeordnet wird.
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Für Freiheitsentziehungssachen nach § 415 FamFG hat dies der Bundesgerichtshof bereits entschieden (BGH Beschluss vom 29. März 2012 - V ZB 309/10 - juris). Begründet wurde diese Entscheidung im Wesentlichen damit, dass die Rechtsbeschwerde in Freiheitsentziehungssachen nach § 415 FamFG in der Vorbemerkung 3.2.2 VV RVG nicht erwähnt und insbesondere nicht von Nr. 1 b der Vorbemerkung erfasst werde. Danach sei der Unterabschnitt 2 zwar auch in Verfahren über Rechtsbeschwerden in Familiensachen anzuwenden. Mit dem Begriff "Familiensachen" knüpfe das Gesetz jedoch an § 111 FamFG an, der den Kreis der Familiensachen definiert (vgl. Gerold/Schmidt/MüllerRabe RVG 19. Aufl. VV Vorb. 3.2.2 Rn. 4). Keine Familiensachen seien deshalb die in Buch 3 bis 8 des FamFG geregelten Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit , also auch nicht die in Buch 7 geregelten Freiheitsentziehungssa- chen. Da die Definition des § 111 FamFG auch für andere Gesetze maßgeblich sei, die den Begriff der Familiensache verwenden (BT-Drucks. 16/6308, S. 223), gelte sie ebenfalls im Rahmen der Nr. 1 b der Vorbemerkung 3.2.2 VV RVG. Hätte der Gesetzgeber dort alle Rechtsbeschwerden nach dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und nicht lediglich die Rechtsbeschwerden in Familiensachen erfassen wollen, hätte es nahe gelegen, dies - ebenso wie in den vergleichbaren Fällen der Nr. 1 c bis 1 e der Vorbemerkung 3.2.2 VV RVG - durch die Formulierung "Rechtsbeschwerden nach dem FamFG" zum Ausdruck zu bringen.
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2. Dieser Auffassung schließt sich der Senat für die Vergütung des beigeordneten Rechtsanwalts in Unterbringungssachen nach § 312 FamFG an. Für Unterbringungssachen nach § 312 FamFG enthält Teil 6 des Vergütungsverzeichnisses in Nummer 6300 VV RVG eine Sonderregelung. Entgegen der Auffassung der Erinnerung gilt diese Vergütungsregelung nach ihrem eindeutigen Wortlaut auch für das Rechtsbeschwerdeverfahren in Unterbringungssachen (vgl. BGH Beschluss vom 29. März 2012 - V ZB 309/10 - juris). Denn nach der Anmerkung zu Nummer 6300 RVG VV entsteht die dort geregelte Gebühr für jeden Rechtszug. Eine Einschränkung dahingehend, dass die Rechtsbeschwerde von dieser Vergütungsregelung ausgenommen sein soll, lässt sich der Norm nicht entnehmen (vgl. BGH aaO). Dose Schilling Günter Nedden-Boeger Botur
Vorinstanzen:
AG Lübeck, Entscheidung vom 27.05.2010 - 4 XVII H 15914 -
LG Lübeck, Entscheidung vom 30.06.2010 - 7 T 300/10 -
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bb) Im Beschwerdeverfahren kann allerdings nicht von einer Wiederholung solcher Verfahrenshandlungen abgesehen werden, bei denen das Gericht des ersten Rechtszugs zwingende Verfahrensvorschriften verletzt hat (Keidel/Sternal FamFG 16. Aufl. § 68 Rn. 57). In diesem Fall muss das Beschwerdegericht, vorbehaltlich der Möglichkeiten nach § 69 Abs. 1 Satz 2 und 3 FamFG, den betreffenden Teil des Verfahrens nachholen oder das gesamte Verfahren wiederholen (Keidel/Sternal FamFG 16. Aufl. § 68 Rn. 57; Gutjahr in BeckOK FamFG [Stand: 1. August 2010] § 68 Rn. 40). Dies gilt insbesondere dann, wenn das erstinstanzliche Gericht bei der Anhörung des Betroffenen zwingende Verfahrensvorschriften verletzt hat (Jürgens Betreuungsrecht 4. Aufl. § 68 Rn. 8; vgl. auch OLG Hamm FamRZ 2000, 494, 495 zu §§ 69 i Abs. 6, 69 g Abs. 5 Satz 1, 68 Abs. 1 FGG). Die Anhörung des Betroffenen in Unterbringungsverfahren nach § 319 Abs. 1 FamFG dient der Verwirklichung der in Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG garantierten Rechte eines Betroffenen in Freiheitsentziehungssachen. Danach darf die Freiheit einer Person nur aufgrund eines förmlichen Gesetzes und unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Die Anhörung des Betroffenen nach § 319 Abs. 1 FamFG vor der Entscheidung über die Unterbringung gehört zu den wesentlichen Förmlichkeiten i.S.v. Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG (vgl. Keidel/Budde FamFG 16. Aufl. § 319 Rn. 1). Verfahrensfehler bei der Durchführung der Anhörung verletzen den Betroffenen deshalb nicht nur in seinem Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs aus Art. 103 Abs. 1 GG, sondern auch in seinem grundrechtsgleichen Recht aus Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem gesamten Inhalt des Verfahrens gewonnenen Überzeugung.

(2) Das Gericht darf eine Entscheidung, die die Rechte eines Beteiligten beeinträchtigt, nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse stützen, zu denen dieser Beteiligte sich äußern konnte.

(1) Von der Bekanntgabe der Gründe eines Beschlusses an den Betroffenen kann abgesehen werden, wenn dies nach ärztlichem Zeugnis erforderlich ist, um erhebliche Nachteile für seine Gesundheit zu vermeiden.

(2) Das Gericht hat der zuständigen Behörde den Beschluss über die Bestellung eines Betreuers oder die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts oder Beschlüsse über Umfang, Inhalt oder Bestand einer solchen Maßnahme stets bekannt zu geben. Andere Beschlüsse sind der zuständigen Behörde bekannt zu geben, wenn sie vor deren Erlass angehört wurde.