Bundessozialgericht Urteil, 30. Nov. 2017 - B 3 KR 11/16 R

ECLI:ECLI:DE:BSG:2017:301117UB3KR1116R0
30.11.2017

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 19. November 2015 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Im Streit steht ein Anspruch auf Freistellung von Kosten für häusliche Krankenpflege.

2

Die Klägerin ist die Tochter des am 6.10.2012 verstorbenen Versicherten, der bei der beklagten Krankenkasse versichert war. Sie war auch seine Betreuerin für die Aufgabenkreise Gesundheitsfürsorge und Aufenthaltsbestimmung. Der Versicherte erlitt am 22.6.2012 einen akuten Hinterwandinfarkt mit bleibendem Hirnschaden und apallischem Syndrom. Zunächst wurde er bei fortdauernder maschineller Beatmungsnotwendigkeit und künstlicher Ernährung in einer Klinik in V. stationär behandelt. Eine anschließende Rückkehr in den zuvor mit seiner Ehefrau gemeinsam bewohnten Haushalt in K. war nicht möglich. Am 20.8.2012 wurde für den Versicherten unter Vorlage der ärztlichen Verordnung vom 15.8.2012 ein Antrag auf Gewährung häuslicher Krankenpflege ("24h-Intensiv/Krankenpflege") ab 28.8.2012 gestellt. Weitere ärztliche Verordnungen für eine "Rund-um-die-Uhr-Krankenpflege" (mit Beatmung, Absaugen, Vitalparameterkontrolle, Monitorisierung und Tracheostomaversorgung) folgten für die Zeit bis 30.12.2012.

3

Die Klägerin schloss für den Versicherten zum 28.8.2012 mit der S. GmbH K. (seit Juli 2013 firmierend als I. GmbH) einen Wohnungs-Mietvertrag auf unbestimmte Zeit über ein Zimmer in einem Zwei-Zimmer-Appartement mit Nutzung von Gemeinschaftsräumen (Küche und Bad) in der Seniorenresidenz in N. Der Versicherte lebte dort nach seiner Entlassung aus der Klinik in V. ab 4.9.2012 in dem angemieteten Zimmer, wo er bis zum Tag seines Ablebens am 6.10.2012 rund um die Uhr (24 Stunden) von dem Pflegedienst I.-Ambulant GmbH versorgt wurde; die Gesellschaftsanteile dieser GmbH hielt zu 50 vH die S. GmbH. Ein am 13.9.2012 durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) vor Ort erstelltes sozialmedizinisches Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass der Versicherte bereits ab August 2012 in die Pflegestufe III (aF) einzustufen sei.

4

Die Beklagte lehnte den Antrag auf häusliche Krankenpflege ab, weil der Versicherte keinen eigenen Haushalt iS von § 37 Abs 2 SGB V habe. Es liege vielmehr eine heimähnliche stationäre Versorgung vor (Bescheid vom 31.8.2012). Der Widerspruch, mit dem die Klägerin einwandte, dass die Pflegesituation dem Wunsch ihres Vaters entspreche, auf keinen Fall in ein Pflegeheim zu müssen, und dass die neue Wohnung seine "Häuslichkeit" sei, blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 6.12.2012).

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Die I.-Ambulant GmbH stellte der Beklagten für erbrachte Pflegeleistungen im Zeitraum vom 4.9.2012 bis zum 6.10.2012 insgesamt 20 910,59 Euro in Rechnung. Das SG hat die auf Freistellung von den Kosten in dieser Höhe gerichtete Klage abgewiesen (Urteil vom 13.11.2014). Auf die Berufung der Klägerin hat das LSG das Urteil des SG und den angefochtenen Bescheid aufgehoben. Es hat die Beklagte verurteilt, die Erben des Versicherten von den Kosten der häuslichen Krankenpflege in voller Höhe freizustellen, weil der Versicherte einen entsprechenden Sachleistungsanspruch gehabt habe. Die Klägerin sei berechtigt, den Anspruch für die Erbengemeinschaft geltend zu machen. Der Leistungsanspruch bestehe nach § 37 Abs 2 S 1 SGB V iVm der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) über die Verordnung häuslicher Krankenpflege in der vertragsärztlichen Versorgung (HKP-RL). Die erforderliche häusliche Krankenpflege sei an einem geeigneten Ort iS dieser Vorschriften erbracht worden. Einschränkungen des Aufenthaltsorts ergäben sich - abgesehen von der hier vorliegenden Geeignetheit der räumlichen Verhältnisse - lediglich aus § 1 Abs 6 HKP-RL, dh für die Zeit des Aufenthalts in Einrichtungen, wenn dort Anspruch auf Behandlungspflege durch die Einrichtung bestehe. Die Seniorenresidenz sei weder ein "verdecktes Pflegeheim" noch eine stationäre Pflegeeinrichtung iS von § 71 Abs 2 SGB XI. Die von der Klägerin als Betreuerin gewählte Wohnform des sog Service-Wohnens widerspreche insbesondere nicht dem Landesrecht (Landesgesetz über Wohnformen und Teilhabe des Landes Rheinland-Pfalz vom 22.12.2009, GVBl 399). Der Versicherte, der in einem abgeschlossenen Wohnraum versorgt worden sei, habe Unterstützungsleistungen, wie die Vermittlung von Dienst- oder Pflegeleistungen, Hausmeisterdienst oder Notrufeinrichtungen, anbieterfrei wählen können. Wohnformen mit lediglich allgemeinen Unterstützungsleistungen (Service-Wohnen) unterlägen nicht dem Geltungsbereich des Landesgesetzes (Urteil vom 19.11.2015).

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Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten. Sie rügt die Verletzung materiellen Rechts und die Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG). Das LSG habe § 37 Abs 2 S 1 SGB V iVm § 1 Abs 2 HKP-RL sowie die allgemeinen Grundsätze der Vertragsauslegung(§§ 133, 157, § 242 BGB) im Hinblick auf das Tatbestandsmerkmal "sonst an einem geeigneten Ort" unzutreffend ausgelegt. Der Klägerin stehe daher kein Kostenfreistellungsanspruch zu. Dem Berufungsurteil fehlten notwendige Abgrenzungen zur stationären Unterbringung. Mit der Änderung von § 37 Abs 2 S 1 SGB V(idF des GKV-WSG zum 1.4.2007) habe der Gesetzgeber keine schrankenlose Erweiterung der "geeigneten Orte" bezweckt. Jedenfalls scheide ein Anspruch auf häusliche Krankenpflege aus, wenn eine stationäre Unterbringung des Versicherten erforderlich sei. Das LSG habe auch nicht hinreichend berücksichtigt, dass eine Konstruktion zur Umgehung der rechtlichen Anforderungen an eine stationäre Pflegeeinrichtung gewählt worden sei. Dadurch habe es an der freien Wählbarkeit eines Leistungserbringers für die häusliche Krankenpflege gefehlt. Das "Service-Wohnen" sei nicht aus medizinisch-pflegerischen Gründen, sondern wegen der Erbringung der ambulanten häuslichen Krankenpflege durch den mit dem Einrichtungsträger gesellschaftsrechtlich verwobenen ambulanten Pflegedienst erfolgt. Das LSG sei unzutreffend von der fehlenden Anwendbarkeit von § 3 LWTG ausgegangen; denn die gesellschaftsrechtlichen Verflechtungen zwischen der Vermieterin des Wohnraums und dem ambulanten Pflegedienst hätten dem Versicherten keine Wahlfreiheit im Hinblick auf den Leistungserbringer ermöglicht. Das "Service-Wohnen" sei faktisch eine stationäre Pflegeeinrichtung ohne erforderliche Zulassung. Das LSG habe die Umstände dazu näher aufklären müssen. Hilfsweise beruft sich die Beklagte auf die zwischenzeitlich eingetretene Verjährung der Forderung, von der die Klägerin Freistellung verlangt.

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Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 19. November 2015 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 13. November 2014 zurückzuweisen.

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Die Klägerin beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

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Sie hält das Berufungsurteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision der beklagten Krankenkasse ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG).

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Der Senat kann mangels ausreichender - und von der Beklagten teilweise auch zutreffend gerügter - Feststellungen des LSG nicht abschließend beurteilen, ob und inwieweit die Klägerin als Miterbin - zudem ehemalige Betreuerin - ihres Vaters (dem Versicherten) zu Gunsten der Erbengemeinschaft mit Erfolg einen Kostenerstattungs- bzw Freistellungsanspruch wegen der Versorgung des Versicherten mit häuslicher Krankenpflege geltend machen kann. Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen.

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1. Die Klägerin ist im Rechtsstreit aktivlegitimiert. Sie ist als gemeinschaftliche Erbin des verstorbenen Versicherten seine Rechtsnachfolgerin geworden. Die Klägerin bzw die Miterben waren nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) keine Sonderrechtsnachfolger iS von § 56 SGB I. Der mögliche Kostenerstattungs- bzw Freistellungsanspruch könnte daher nach den Vorschriften des BGB (§ 1922 Abs 1, § 2039) auf die Klägerin bzw die Miterben übergegangen sein (§§ 58, 59 SGB I, vgl dazu BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 10 RdNr 13 ff).

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2. Als Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Kostenfreistellungsanspruch scheidet von vornherein § 6 Abs 6 der Richtlinie über die Verordnung von häuslicher Krankenpflege aus(HKP-RL vom 17.9.2009, BAnz vom 9.2.2010 bzw vom 21.10.2010, BAnz vom 14.1.2011, 339), der Versicherte von den Kosten der Krankenpflege zumindest in einem gewissen Umfang freistellen kann. Nach dieser Vorschrift hat die Krankenkasse zwar bis zur Entscheidung über die Genehmigung die Kosten für die vertragsärztlich verordneten und vom Pflegedienst erbrachten Leistungen entsprechend der vereinbarten Vergütung nach § 132a Abs 2 SGB V zu tragen, wenn die Verordnung spätestens an dem dritten der Ausstellung folgenden Arbeitstag der Krankenkasse vorgelegt wird(vgl dazu näher BSGE 121, 119 = SozR 4-2500 § 37 Nr 14, RdNr 14 ff; BSG SozR 4-2500 § 37 Nr 12 RdNr 12 ff). Nach den insoweit unangegriffenen bindenden Feststelllungen des LSG hatte der Pflegedienst bis zum Zeitpunkt der Ablehnungsentscheidung (31.8.2012) hier aber noch keine Leistungen der häuslichen Krankenpflege erbracht.

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3. Der Senat kann auf der Grundlage der Feststellungen des LSG nicht beurteilen, ob § 37 Abs 4 SGB V(dazu im Folgenden unter a) oder § 13 Abs 3 S 1 SGB V(dazu unter b) als Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Kostenfreistellungsanspruch in Betracht kommen. Diese Anspruchsgrundlagen können nebeneinander zur Anwendung kommen, da sie unterschiedliche Konstellationen betreffen. Beide setzen jedoch einen Sachleistungsanspruch auf häusliche Krankenpflege nach § 37 Abs 1 bis 3 SGB V voraus, dessen Vorliegen der Senat ebenfalls mangels hinreichender Feststellungen des LSG nicht beurteilen kann (dazu 4. bis 9.).

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a) Nach § 37 Abs 4 SGB V(idF des Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen vom 20.12.1988, BGBl I 2477) sind den Versicherten die Kosten für eine selbstbeschaffte Kraft in angemessener Höhe zu erstatten, wenn die Krankenkasse keine Kraft für die häusliche Krankenpflege stellen kann (Alt 1) oder Grund besteht, davon abzusehen (Alt 2). Die Norm setzt voraus, dass der Versicherte zunächst einen Antrag auf Gewährung der Sachleistung an die Krankenkasse gerichtet hat. Ist eine der vorgenannten Alternativen erfüllt, wandelt sich der die häusliche Krankenpflege betreffende Sachleistungsanspruch in einen Kostenerstattungsanspruch um (vgl nur BSGE 50, 73, 75 = SozR 2200 § 185 Nr 4 S 8). Die Norm erfasst Fälle, in denen die Krankenkasse die Sachleistung nicht erbringen kann, weil sie zB nach der ersten Alternative über keine ausreichende Anzahl von geeigneten Pflegekräften verfügt, oder wenn nach der zweiten Alternative der Versicherte zB in seiner Person liegende Gründe aufweist, aufgrund derer nur eine spezielle Pflegekraft in Betracht kommt, die auch nicht vertraglich gegenüber der Krankenkasse gebunden sein muss (vgl BSG aaO, vgl auch Padé in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Aufl 2016, § 37 RdNr 77). Ob ein Sachleistungsanspruch der Klägerin aufgrund des am 20.8.2012 unter Vorlage einer ärztlichen Verordnung vom 15.8.2012 gestellten Antrags auf häusliche Krankenpflege nach § 37 Abs 4 SGB V in Betracht kommt, haben weder die Beklagte noch die Vorinstanzen geprüft. Dies wird im wiedereröffneten Berufungsverfahren nachzuholen sein.

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b) Daneben kommt ein Kostenfreistellungsanspruch nach § 13 Abs 3 S 1 SGB V(idF des Gesetzes vom 19.6.2001, BGBl I 1046) in Betracht. Danach wandelt sich der Sachleistungsanspruch in einen Kostenerstattungs- bzw Kostenfreistellungsanspruch um, wenn eine "unaufschiebbare Leistung" nicht rechtzeitig von der Krankenkasse erbracht werden konnte, dh wenn ein Fall vorliegt, der es dem Versicherten unmöglich macht, den mit der Antragstellung beginnenden regelmäßigen Beschaffungsweg zu beschreiten (Alt 1, dazu aa) oder wenn die Krankenkasse einen Antrag des Versicherten auf Gewährung der Sachleistung häusliche Krankenpflege "zu Unrecht abgelehnt" hat (Alt 2, dazu bb) und dem Versicherten dadurch Kosten entstanden sind, weil er sich - hier - gezwungen sah, sich eine Krankenpflegeperson selbst zu beschaffen.

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aa) Ein Anspruch nach § 13 Abs 3 S 1 Alt 1 SGB V scheidet nach den insoweit nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Tatsachenfeststellungen des LSG aus, weil kein Fall der Unaufschiebbarkeit vorlag. Für den Versicherten wurden Leistungen bei der Beklagten am 20.8.2012 beantragt, die die Beklagte schon am 31.8.2012 abgelehnt hatte, bevor der ambulante Pflegedienst ab 4.9.2012 die streitigen häuslichen Krankenpflegeleistungen erbrachte.

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bb) Ob ein Anwendungsfall von § 13 Abs 3 S 1 Alt 2 SGB V vorliegt, kann der Senat nicht abschließend beurteilen. Über den ausdrücklich geregelten Anwendungsbereich des Kostenerstattungsanspruchs hinaus ist § 13 Abs 3 S 1 Alt 2 SGB V zwar auch auf Fälle der Kostenfreistellung anzuwenden(stRspr, vgl zB BSGE 113, 241 = SozR 4-2500 § 13 Nr 29, RdNr 10 mwN). Ein Anspruch besteht aber nur dann, wenn zwischen der rechtswidrigen Ablehnung der Sachleistung durch die Krankenkasse und dem Kostennachteil des Versicherten ein Ursachenzusammenhang besteht (stRspr, vgl zB BSGE 96, 161 = SozR 4-2500 § 13 Nr 8, RdNr 23; BSGE 98, 26 = SozR 4-2500 § 13 Nr 12, RdNr 12). An einem solchen Kausalzusammenhang fehlt es, wenn der Versicherte sich unabhängig davon, wie die Entscheidung der Krankenkasse ausfällt, von vornherein auf eine bestimmte Art der Krankenbehandlung durch einen bestimmten Leistungserbringer festgelegt hatte und fest entschlossen war, sich die Leistung selbst dann zu beschaffen, wenn die Krankenkasse den Antrag ablehnen sollte (stRspr, vgl nur BSGE 111, 289 = SozR 4-2500 § 27 Nr 23, RdNr 35; BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 20 RdNr 29). Das LSG hat keine Feststellungen dazu getroffen, wann die Klägerin als seinerzeitige Betreuerin des Versicherten den ambulanten Pflegedienst verbindlich mit der Leistungserbringung beauftragt hatte und ob sie auf diesen konkreten Leistungserbringer von vornherein festgelegt war. Anspruchshindernd wäre insofern bereits ein unbedingtes Verpflichtungsgeschäft im Verhältnis zwischen Versichertem und Leistungserbringer. Denn die Krankenkasse muss zunächst die rein faktische Möglichkeit haben, sich mit dem Leistungsbegehren zu befassen, es zu prüfen und ggf Behandlungsalternativen aufzuzeigen, bevor eine Selbstbeschaffung mit Kostenerstattungsanspruch in Betracht kommt (vgl zum Ganzen näher BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 10 RdNr 22; BSGE 98, 26 = SozR 4-2500 § 13 Nr 12; vgl ferner jüngst BSG Urteil vom 11.5.2017 - B 3 KR 30/15 R - SozR 4-2500 § 13 Nr 34 RdNr 46 f, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen; vgl auch Senatsbeschluss vom 28.9.2017 - B 3 KR 7/17 B - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

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Da der Kostenfreistellungsanspruch nach § 13 Abs 3 S 1 Alt 2 SGB V nicht weiter als ein entsprechender Naturalleistungsanspruch reicht, setzt er voraus, dass die selbstbeschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkasse allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen hat(stRspr, vgl BSGE 79, 125, 126 f = SozR 3-2500 § 13 Nr 11 S 51 f; BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 11; BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 13; BSGE 111, 137 = SozR 4-2500 § 13 Nr 25, RdNr 15).

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4. Der Senat kann - auf der Grundlage der von der Beklagten verfahrensrechtlich einwandfrei und teilweise auch inhaltlich zu Recht mit der Verfahrensrüge der mangelnden Sachaufklärung (§ 103 SGG) angegriffenen Feststellungen des LSG - nicht beurteilen, ob der Versicherte in der streitigen Zeit nach den Umständen Anspruch auf Kostenerstattung bzw -freistellung für eine grundsätzlich dem Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung unterfallende ambulante Leistung der häuslichen Krankenpflege nach § 37 SGB V hatte. Es bedarf insoweit insbesondere unter Berücksichtigung der nachfolgend unter a) und b) dargestellten Regelungen weiterer Ermittlungen dazu, ob der Versicherte in der streitigen Zeit an einem "sonstigen geeigneten Ort" versorgt worden ist.

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a) Nach § 27 Abs 1 S 1 SGB V(idF des Gesetzes vom 21.7.2012, BGBI I 1601) haben Versicherte (nur) Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst nach § 27 Abs 1 S 2 Nr 4 SGB V ua häusliche Krankenpflege und Haushaltshilfe. Nach § 37 Abs 2 S 1 SGB V(hier idF des bis 31.12.2016 geltenden und im Falle der Klägerin noch einschlägigen GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes - vom 26.3.2007, BGBl I 378 - aF) erhalten Versicherte in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen als häusliche Krankenpflege Behandlungspflege, wenn diese zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist (Behandlungssicherungspflege); der Anspruch umfasst verrichtungsbezogene krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen auch in den Fällen, in denen dieser Pflegebedarf bei der Feststellung der Pflegebedürftigkeit nach den §§ 14 und 15 SGB XI aF zu berücksichtigen ist. Die Satzung kann nach § 37 Abs 2 S 4 SGB V(idF des GKV-WSG, aaO) bestimmen, dass die Krankenkasse zusätzlich zur Behandlungspflege als häusliche Krankenpflege auch Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung erbringt. Die Satzung kann nach § 37 Abs 2 S 5 SGB V(idF des GKV-WSG) dabei Dauer und Umfang der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung bestimmen. Nach § 37 Abs 2 S 6 SGB V(idF des GKV-WSG) sind Leistungen nach § 37 Abs 2 S 4 und S 5 SGB V nach Eintritt von Pflegebedürftigkeit iS des SGB XI nicht zulässig. Nach § 37 Abs 6 SGB V(idF des GKV-WSG) legt der GBA in Richtlinien nach § 92 SGB V fest, an welchen Orten und in welchen Fällen Leistungen nach § 37 Abs 1 und 2 SGB V noch außerhalb des Haushalts und der Familie des Versicherten erbracht werden können.

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b) Der GBA hat in Umsetzung seiner gesetzlichen Verpflichtung in der Richtlinie über die Verordnung von häuslicher Krankenpflege (HKP-RL vom 17.9.2009, BAnz vom 9.2.2010 bzw vom 21.10.2010, BAnz vom 14.1.2011, 339) unter § 1 Abs 2 S 2 HKP-RL nähere Festlegungen vorgenommen und Folgendes bestimmt:

        

"Anspruch auf häusliche Krankenpflege besteht auch an sonstigen geeigneten Orten, an denen sich die oder der Versicherte regelmäßig wiederkehrend aufhält und an denen

        

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die verordnete Maßnahme zuverlässig durchgeführt werden kann und

        

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für die Erbringung der einzelnen Maßnahmen geeignete räumliche Verhältnisse vorliegen (zB im Hinblick auf die hygienische Voraussetzungen, Wahrung der Intimsphäre, Beleuchtung),

        

wenn die Leistung aus medizinisch-pflegerischen Gründen während des Aufenthalts an diesem Ort notwendig ist. Orte iS des S 2 können insbesondere Schulen, Kindergärten, betreute Wohnformen oder Arbeitsstätten sein (……)."

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5. Ausgehend davon bedarf es vor allem Ermittlungen zu der Frage, ob dem Versicherten häusliche Krankenpflege an einem "sonstigen geeigneten Ort" zuteil wurde.

24

Der Senat hat in seiner Rechtsprechung (vor allem BSGE 118, 122 = SozR 4-2500 § 37 Nr 13, RdNr 16 ff) bereits mehrmals die Regelung des § 37 Abs 2 S 1 SGB V aF(idF des GKV-WSG) ausgelegt, durch die eine "vorsichtige Erweiterung" des Haushaltsbegriffs in dieser Norm vorgenommen worden ist (vgl Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung , BT-Drucks 16/3100 S 104 Zu Nummer 22 <§ 37> Zu den Buchstaben a und c). Danach enthält diese Norm keine gesetzliche Definition des "geeigneten Ortes". Die Vorschrift zählt lediglich beispielhaft eine Anzahl nicht abschließend genannter "geeigneter Orte" auf, an denen häusliche Krankenpflege möglich ist mit Rücksicht auf das gesetzliche Anliegen, neue Wohnformen in Wohngemeinschaften oder betreutes Wohnen zu fördern. Der Senat hat die Vorschrift dahingehend ausgelegt, dass dem Gesetzestext nicht (mehr) eine Beschränkung derart zu entnehmen ist, dass häusliche Krankenpflege etwa nur dann beansprucht werden kann, wenn noch ein Mindestmaß an eigener Haushaltsführung "oder ein Leben in der Familie" vorliegt und wenn weitere Leistungen ggf ambulant in Anspruch genommen werden können. Vor diesem Hintergrund hat der Senat selbst stationäre Einrichtungen als sonstige geeignete Orte im Sinne der häuslichen Krankenpflege in Betracht gezogen, in denen sich der Versicherte auf unabsehbare Zeit aufhält und betreut wird, ohne anderswo zu leben oder zu wohnen. Der Senat hat dazu aufgezeigt, dass die Übergänge von einer Wohngemeinschaft mit ambulanten Betreuungshilfen hin zu einer stationären Einrichtung fließend sein können, und längst nicht alle Formen des betreuten Wohnens eine größere Nähe zur eigenständigen Haushaltsführung aufweisen als eine herkömmliche stationäre Einrichtung. Auf die dadurch bedingte Schwierigkeit einer eindeutigen Zuordnung einer Einrichtung entweder als stationäres Heim oder als ambulantes Angebot mit Betreuungshilfen hat der Senat unter Berücksichtigung der fortschreitenden Entwicklung neuer Wohnformen hingewiesen.

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Im Ergebnis hat der Senat den Anspruch auf Behandlungssicherungspflege unter Berücksichtigung des aufgezeigten gesetzlichen und gesetzeskonformen untergesetzlichen Regelwerks - mangels einer ausdrücklichen Definition des Tatbestandsmerkmals "geeigneter Ort" - dahin konkretisiert, dass der Anspruch zunächst an allen geeigneten Orten besteht, an denen sich der Versicherte regelmäßig wiederkehrend aufhält, wenn die Leistung aus medizinisch-pflegerischen Gründen während des Aufenthalts an diesem Ort notwendig ist. Einschränkungen in Bezug auf den Aufenthaltsort ergeben sich (1.) aus der Geeignetheit der räumlichen Verhältnisse und (2.) für die Zeit des Aufenthalts in Einrichtungen nur dann, wenn nach den gesetzlichen Bestimmungen Anspruch auf die Erbringung von Behandlungspflege durch die Einrichtung besteht (wie zB in Krankenhäusern, Rehabilitationseinrichtungen, Hospizen, Pflegeheimen). Ob ein solcher Anspruch besteht, muss die Krankenkasse im Einzelfall prüfen (vgl zum Ganzen: BSGE 118, 122 = SozR 4-2500 § 37 Nr 13, RdNr 16 ff; Parallelurteil vom 25.2.2015 - B 3 KR 10/14 R - Juris RdNr 16 ff; Urteil vom 22.4.2015 - B 3 KR 16/14 R - Juris RdNr 20 ff, NZS 2015, 617; vgl auch Senatsbeschluss vom 16.3.2017 - B 3 KR 43/16 B - Juris). Daran hält der Senat fest.

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6. Die vorstehend dargestellten Maßstäbe gelten auch für neue Wohnformen, wie das sog "Service-Wohnen", mit dem üblicherweise verschiedene Möglichkeiten des organisierten Wohnens umschrieben werden. Hierzu zählen Wohnformen kombiniert mit Serviceleistungen, die entweder vor Ort (innerhalb des Wohnprojekts) bereitgestellt oder die durch externe Dienste erbracht werden. Neben einem Kauf- oder Mietvertrag schließen die Bewohner ergänzende Betreuungs- bzw Service-Verträge ab (vgl Börner, in Igl/Felix , Schriftenreihe Sozialrecht und Sozialpolitik in Europa, Bd 8, "Betreutes Wohnen" in Abgrenzung zum Heimgesetz, Berlin, 2008, zugleich Diss, Kiel 2008, S 22).

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Der Senat kann offen lassen, welche Art des Wohnens im Falle des Versicherten konkret vorlag bzw ob es sich überhaupt um eine Art des so definierten "Service-Wohnens" handelte. Denn Maßstab für die Beurteilung des geeigneten Wohnens im Rahmen der häuslichen Krankenpflege ist nicht die bloße Bezeichnung einer (neuen) Wohnform, sondern allein, ob die gewählte Wohnform der Sache nach inhaltlich ein (sonstiger) geeigneter Ort iS von § 37 Abs 2 SGB V unter Beachtung der og gesetzlichen und untergesetzlichen Vorgaben ist. Dies lässt sich nur unter Berücksichtigung aller tatsächlicher Umstände des Wohnens und der damit verbundenen Pflege- und Betreuungssituation im Einzelfall beurteilen. Ausgehend davon scheidet das Vorliegen eines allgemein "geeigneten Ortes" nach der bereits vorliegenden Rechtsprechung des Senats - und auch unter Berücksichtigung des Beklagtenvorbringens - hier nicht von vornherein aus.

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a) Das LSG hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise festgestellt, dass die S. GmbH als Vermieterin vertraglich nicht verpflichtet war, für den Versicherten Leistungen der Behandlungssicherungspflege zu erbringen. Entgegen der Ansicht der Beklagten bestand hierzu auch keine gesetzliche Verpflichtung, auch nicht wegen Unterbringung in einer "faktischen Pflegeeinrichtung" (zur ähnlichen Wohnsituation wie hier vgl LSG Baden-Württemberg Urteil vom 21.7.2015 - L 11 KR 3010/14 - Juris, PflR 2016, 112). Nach den unangegriffenen Feststellungen des LSG befand sich der Versicherte während der maßgeblichen Zeit dauerhaft in dem angemieteten Zimmer in der Seniorenresidenz; eine Einrichtung, die keine zugelassene stationäre Pflegeeinrichtung iS von §§ 71, 72 SGB XI war. Eine Wohn- bzw Pflegemöglichkeit in der zuvor mit seiner Ehefrau bewohnten Wohnung bestand nicht mehr. Die Unterbringung in dem neu angemieteten Wohnraum war mithin die einzige "Häuslichkeit" für den Versicherten. Eine häusliche 24-Stunden Intensiv-Krankenpflege war aufgrund ärztlicher Verordnung medizinisch erforderlich und eine stationäre Krankenhausbehandlung war nicht mehr notwendig. Der mit der S. GmbH geschlossene Wohnungs-Mietvertrag enthielt außer der Wohnraumüberlassung auf unbestimmte Dauer keine darüber hinausgehende Leistungspflicht der Vermieterin. Insbesondere enthielt der Vertrag keine Verpflichtung zur exklusiv an einen bestimmten Leistungserbringer gebundenen Inanspruchnahme weiterer "Service"-Leistungen, die die Vermieterin als Betreiberin der Seniorenresidenz im Rahmen des Wohnens in ihrer Werbung in der Residenz optional anbot.

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b) Dem steht auch nicht die Senatsrechtsprechung entgegen, dass keine häusliche Krankenpflege im Rechtssinne des SGB V vorliegt, wenn ein schwer behindertes Kleinkind getrennt von Eltern und Geschwistern in einer durch den Pflegedienst eigens dafür angemieteten Wohnung außerhalb des Familienhaushalts rund um die Uhr von dem Pflegedienst nicht nur gepflegt, sondern rundum versorgt und betreut wird. Die Erweiterung von § 37 Abs 2 S 1 SGB V (idF des GKV-WSG, aaO) um die Wendung "sonst an einem geeigneten Ort" lag dieser Rechtsprechung des Senats noch nicht zugrunde, sondern beruhte auf früheren Gesetzesfassungen von § 37 Abs 2 SGB V, die noch einen "eigenen Haushalt" erforderten(vgl BSGE 121, 119 = SozR 4-2500 § 37 Nr 14, RdNr 19; BSG SozR 4-2500 § 37 Nr 5). Im Übrigen war die dort vom Pflegedienst begründete Wohnsituation des Kleinkindes - getrennt von der bestehenden Wohnung der Familie bei sich aufdrängender notwendiger stationärer Unterbringung - mit den vorliegend vom LSG festgestellten familiären Umständen nicht vergleichbar. Der Senat hat im Übrigen bei erwachsenen schwerstpflegebedürftigen Versicherten, die rund um die Uhr zu versorgen waren, ohne dass akute stationäre Krankenhausbehandlung erforderlich war, schon wiederholt entschieden, dass ambulante Krankenpflege in häuslicher Umgebung bei Wahrung und Beachtung bestimmter Vorgaben und Standards möglich ist (vgl BSGE 106, 173 = SozR 4-2500 § 37 Nr 11; BSGE 83, 254 = SozR 3-2500 § 37 Nr 1 ).

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c) Aus dem Vorbringen der Beklagten, dass eine "heimähnliche Unterbringung" im Sinne des rheinland-pfälzischen Landesrechts vorgelegen habe, folgt nichts anderes.

31

Die heimrechtliche Qualifizierung einer Unterbringung ist nicht entscheidend für die Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen von häuslicher Krankenpflege (vgl Luthe in Hauck/Noftz, SGB V, Stand August 2016, K § 37 RdNr 55; Richter, GuP 2013, 226, 231). Im Übrigen hat das LSG das revisionsrechtlich grundsätzlich nicht inhaltlich zu prüfende (§ 162 SGG)Landesrecht (hier: LWTG des Landes Rheinland-Pfalz) im Hinblick auf die heimrechtliche Unterbringung rechtlich gewürdigt und keine Rechtsverletzung festgestellt, weil das Landesrecht wegen der hier gewählten vertraglichen Gestaltung der Unterbringung des Versicherten nicht einschlägig war. Das LSG hat vielmehr gerade umgekehrt festgestellt, dass im Falle des Versicherten eine freie Wählbarkeit von Unterstützungsleistungen und deren Anbietern aufgrund der vereinbarten Vertragskonstruktion bestand. Selbst das bundesrechtliche Heimgesetz (§ 1 Abs 2 S 3 HeimG) ist im Übrigen nur dann anzuwenden, wenn Mieter vertraglich verpflichtet sind, Verpflegung und weitergehende Betreuungsleistungen von bestimmten Anbietern anzunehmen. Dies aber hat das LSG ausgeschlossen und nach den Umständen keine strukturelle Abhängigkeit zwischen der Erbringung von ambulanten Pflegediensten und der gewählten Wohnform bejaht. Der Heimvertrag enthält aber typischerweise sowohl private mietvertragliche (Unterkunft) als auch dienstvertragliche (Verpflegung und Betreuung) Elemente (zur Zulässigkeit solcher Verträge, vgl zB BGH Urteil vom 23.2.2006 - III ZR 167/05 - Juris). Das Heimgesetz bezweckt in erster Linie den Schutz der Heimbewohner und stellt der Heimaufsicht ein ordnungsrechtliches Instrumentarium zur Seite, das Maßnahmen bis hin zur Schließung der Einrichtung vorsieht (vgl erneut Börner, aaO, S 53 ff, 72). Ein dem (Landes-)Heimrecht unterfallendes Vertragsobjekt und Vertragswerk lag aber nach den revisionsrechtlich nicht zu überprüfenden Feststellungen des LSG mithin nicht vor. Daher können auch die von der Beklagten vorgetragenen gesellschaftsrechtlichen Verflechtungen zwischen dem ambulanten Pflegedienst einerseits und der Vermieterin des Wohnraums andererseits hier dahingestellt bleiben. Auf diese kommt es unter der Berücksichtigung der vom LSG als "frei wählbar" festgestellten Pflege- und Unterstützungsleistungen auch nach dem Landesrecht nicht an (vgl § 3 Abs 3, § 4 Abs 2 LWTG).

32

d) Ebenso wenig greift der Einwand der Beklagten, dass der Versicherte Entscheidungen eigenverantwortlich nicht mehr habe treffen können. Denn die Klägerin war gerichtlich bestellte gesetzliche Betreuerin des Versicherten für die Aufgabenkreise Gesundheitsfürsorge und Aufenthaltsbestimmung. Sie durfte daher für den Versicherten den Pflegeort und die Auswahl der Pflegeleistungen bestimmen und ist dem - plausiblen und revisionsrechtlich nicht in Zweifel zu ziehenden - zu Lebzeiten ihres Vaters geäußerten Wunsch nachgekommen, ihn nicht in einem Pflegeheim unterzubringen. Dieses Wunschrecht war auch leistungsrechtlich von der beklagten Krankenkasse zu berücksichtigen (vgl § 33 S 2 SGB I). Es korrespondiert mit dem verfassungsrechtlich in Art 2 Abs 1 iVm Art 1 Abs 1 GG verankerten Selbstbestimmungsrecht (vgl dazu Richter, GuP 2013, 226, 231).

33

7. Der Senat kann allerdings auf der Grundlage der - mit Erfolg von der Beklagten mit Verfahrensrügen (§ 103 SGG) angegriffenen - Feststellungen des LSG das Bestehen des Kostenfreistellungsanspruchs aus weiteren Gründen nicht abschließend selbst beurteilen. Es kann nämlich entgegen der Einschätzung des LSG nicht angenommen werden, dass die von der Klägerin gewählte Wohnung, in der der Versicherte mit einem weiteren schwerstpflegebedürftigen Patienten zuletzt versorgt wurde, im konkreten Fall in tatsächlicher Hinsicht ein geeigneter Ort war, an dem die Pflegemaßnahmen zuverlässig durchgeführt werden konnten und der dem qualitativen Standard an räumliche Verhältnisse zur ordnungsgemäßen Erbringung medizinischer Behandlungssicherungspflege entsprach. Das LSG hätte sich insoweit gedrängt sehen müssen, die örtlichen Verhältnisse im Hinblick auf die Vorgaben zur Geeignetheit des Ortes für die medizinische Behandlungssicherungspflege näher aufzuklären (s § 1 Abs 2 HKP-RL, vgl oben 4.b). Insbesondere hat sich das LSG nicht mit dem Inhalt des MDK-Gutachtens vom 13.9.2012 auseinandergesetzt, in dem die Pflege- und Versorgungssituation des Versicherten vor Ort untersucht wurde.

34

Der MDK beschrieb den Gesundheitszustand des Versicherten vor Ort als komatös, nicht ansprechbar und dauernd beatmungspflichtig. Der Gutachter äußerte Zweifel an der ausreichenden Versorgung des Versicherten und bemängelte, dass wegen drohender oder bereits eingetretener Überforderung von Pflegepersonen die häusliche Pflege nicht in geeigneter Weise sichergestellt und daher eine vollstationäre Pflege erforderlich gewesen sei. Die nicht näher begründete Annahme des LSG, der Versicherte sei gleichwohl tatsächlich an einem geeigneten Ort gepflegt worden, trägt vor diesem Hintergrund nicht. Im wiedereröffneten Berufungsverfahren wird das LSG diese gutachterlichen Einschätzungen im Hinblick auf die Geeignetheit der räumlichen Verhältnisse für eine 24 Stunden-Intensivpflege überprüfen müssen. Insbesondere ist in den Blick zu nehmen, ob die hygienischen Voraussetzungen, die Intimsphäre, die räumliche Ausstattung und die Gegebenheiten vor Ort mit räumlicher Nähe zu einem weiteren in ähnlicher Weise gesundheitlich stark beeinträchtigten Patienten geeignet waren, um eine Rund-um-die-Uhr-Intensivversorgung mit dem notwendigen medizinisch-pflegerischen qualitativen Standard vor Ort sicherzustellen.

35

8. Im wiedereröffneten Berufungsverfahren wird das LSG auch die gesamte Pflege- und Versorgungssituation des Versicherten in der streitigen Zeit aufzuklären haben. Das LSG hat darüber hinaus keinerlei Feststellungen getroffen im Hinblick auf den von der Klägerin bereits am 20.8.2012 gestellten Antrag auf Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung und der Einschätzung des Gutachters des MDK, dass bei dem Versicherten bereits seit August 2012 Pflegebedürftigkeit der Pflegestufe III (aF) vorgelegen habe. Unklar ist daher, ob und welche Leistungen von der Pflegekasse zu welchem Zeitpunkt bewilligt bzw bezogen wurden und wer (außerhalb der häuslichen Krankenpflege) die Grundpflege und die hauswirtschaftliche Versorgung des Versicherten nach den Anforderungen des Rechts der sozialen Pfegeversicherung durchführte. Sollten die weiteren Ermittlungen des LSG die Geeignetheit der Räumlichkeiten iS von § 37 Abs 2 SGB V(idF des GKV-WSG) für den Anspruch auf häusliche Krankenpflege ergeben, wären weiter nähere Feststellungen erforderlich, um zu klären, ob wirklich eine Behandlungspflege im Umfang von 24 Stunden allein auf Kosten der beklagten Krankenkasse in Betracht kam oder auch Leistungen der Pflegekasse erbracht wurden und insoweit eine Kostenbeteiligung der Pflegeversicherung in Ansatz zu bringen ist (vgl grundlegend zur Kostenverteilung zwischen Krankenkasse und Pflegekasse bei rund um die Uhr erforderlicher häuslichen Krankenpflege und zugleich erbrachter Grundpflege BSGE 106, 173 = SozR 4-2500 § 37 Nr 11). In diesem Fall wäre die Pflegekasse zum Rechtsstreit notwendig beizuladen, weil über den geltend gemachten Kostenfreistellungsanspruch im Verhältnis zu beiden Leistungsträgern nur einheitlich entschieden werden könnte (§ 75 Abs 2 Halbs 1 SGG).

36

a) Der Senat hat für den Personenkreis von schwerstpflegebedürftigen Dauerbeatmungspatienten bei rund um die Uhr erforderlicher häuslicher Krankenpflege darauf hingewiesen, dass mit der Regelung von § 37 Abs 2 S 1 SGB V(idF des GKV-WSG) für alle verrichtungsbezogenen Maßnahmen der Behandlungspflege eine Doppelzuständigkeit von Krankenkassen und Pflegekassen geschaffen worden ist (vgl BSGE 106, 173 = SozR 4-2500 § 37 Nr 11, RdNr 22 ff; vgl auch Nolte in Kasseler Komm, § 37 SGB V RdNr 23h, Stand Einzelkommentierung Juli 2017). Die Doppelzuständigkeit betrifft nur die Behandlungssicherungspflege nach § 37 Abs 2 SGB V. Bei der Behandlungssicherungspflege kann die Krankenkasse zwar in ihrer Satzung bestimmen, dass neben der Behandlungspflege auch Leistungen der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung erbracht werden und in welcher Dauer und welchem Umfang dies der Fall ist (§ 37 Abs 2 S 4 und 5 SGB V idF des GKV-WSG, aaO). Diese Zusatzleistungen sind nach der ausdrücklichen Anordnung in § 37 Abs 2 S 6 SGB V(idF des GKV-WSG) jedoch ausgeschlossen, wenn Pflegebedürftigkeit iS des SGB XI eingetreten ist. Bei gleichzeitiger Erbringung der Leistungen von Behandlungssicherungspflege nach § 37 Abs 2 S 1 SGB V(idF des GKV-WSG) und Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung bei häuslicher Pflege (§§ 36 ff SGB XI aF) durch dieselbe Fachkraft bzw denselben Pflegedienst muss daher eine Kostenaufteilung zwischen Krankenkasse und Pflegekasse erfolgen, die dem Grundsatz der Parallelität und Gleichrangigkeit beider Ansprüche Rechnung trägt (vgl BSG aaO RdNr 22 ff unter Aufgabe von BSGE 83, 254 = SozR 3-2500 § 37 Nr 1§ 37 Abs 2 SGB V für die zeit ab 1.1.2004>).

37

b) Sollten die weiteren Feststellungen des LSG die Geeignetheit der Räumlichkeiten für die Behandlungssicherungspflege ergeben und sollten alle hier relevanten Pflegeleistungen (einschließlich der Grundpflege, ggf hauswirtschaftliche Versorgung) durch eine Fachkraft bzw denselben Pflegedienst erbracht worden sein, würde der krankenversicherungsrechtliche Anspruch auf Behandlungssicherungspflege durch einen Sachleistungsanspruch nach § 36 SGB XI aF gegenüber der Pflegekasse(vgl auch § 13 Abs 2 SGB XI)ergänzt, der aber nur die "reine" Grundpflege, also die Grundpflegemaßnahmen des § 14 Abs 4 Nr 1 bis 3 SGB XI aF mit Ausnahme der schon von § 37 Abs 2 S 1 SGB V(idF des GKV-WSG) erfassten verrichtungsbezogenen Behandlungspflegemaßnahmen, sowie die hauswirtschaftliche Versorgung umfasst. Insoweit ist die GKV nicht leistungsverpflichtet (vgl § 37 Abs 2 S 6 SGB V idF des GKV-WSG). Die Ansprüche aus der GKV nach § 37 Abs 2 SGB V und aus der Pflegeversicherung nach § 36 SGB XI aF stehen insofern gleichberechtigt nebeneinander(vgl BSGE 106, 173 = SozR 4-2500 § 37 Nr 11, RdNr 27 ff). Überdies hat der Senat in seiner Rechtsprechung auch darauf hingewiesen, dass der Versicherte eine etwaige Eigenbeteiligung an den Kosten der häuslichen Krankenpflege nach § 37 Abs 5 SGB V(idF des GKV-WSG) nicht dadurch vermeiden kann, dass auf die Beantragung der Pflegesachleistungen bei der Pflegekasse verzichtet oder dass der entsprechende Leistungsantrag wieder zurückgenommen wird, um sich auf diese Weise alle von der Fachkraft zum Einheitspreis erbrachten Pflegeleistungen allein auf Kosten der Krankenkasse zu verschaffen. Dieser Weg steht einem Versicherten nicht offen, weil das Verbot, bei der Behandlungssicherungspflege für die Grundpflege und die hauswirtschaftliche Versorgung aufzukommen (§ 37 Abs 2 S 6 SGB V idF des GKV-WSG), nicht an den Bezug von Leistungen nach dem SGB XI, sondern ausdrücklich nur an den "Eintritt von Pflegebedürftigkeit" anknüpft (vgl BSGE 106, 173 = SozR 4-2500 § 37 Nr 11, RdNr 33).

38

Im wiedereröffneten Berufungsverfahren müsste das LSG daher - sofern hier alle Leistungen von einem Pflegedienst erbracht worden sind - das MDK-Gutachten vom 13.9.2012 im Hinblick auf die dort ermittelten Zeitanteile für Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung einerseits und verrichtungsbezogene krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen andererseits auswerten und trennen, um eine exakte zeit- und kostenmäßige Abgrenzung zwischen den Zuständigkeitsbereichen der Krankenkasse und der Pflegekasse für den streitigen Betrag vornehmen zu können. Der Senat hat dazu bereits Rechenmodelle aufgezeigt, wie in einem solchen Fall eine sachgerechte Kostenaufteilung erfolgen kann (vgl BSGE 106, 173 = SozR 4-2500 § 37 Nr 11, RdNr 27 ff; dazu auch Nolte in Kasseler Komm, aaO, § 37 SGB V RdNr 23j). Um über die Höhe des Freistellungsanspruchs abschließend entscheiden zu können, müssen zudem Tatsachen zur Zuzahlungspflicht des Versicherten nach § 37 Abs 5 SGB V iVm § 61 S 3 SGB V nachermittelt werden.

39

9. Soweit die Beklagte schließlich in ihrem Vorbringen meint, dass dem Freistellungsanspruch die Einrede der Verjährung im Hinblick auf die "Hauptforderung" des ambulanten Pflegedienstes gegen die Klägerin entgegenstehe, muss dem nicht weiter nachgegangen werden. Auf den Gesichtspunkt der Verjährung weist die Beklagte erstmals im Revisionsverfahren hin, führt aber gleichzeitig aus, dass die Klägerin diese Einrede noch gar nicht erhoben habe. Daher kann auch dahinstehen, ob es hierauf für den Kostenfreistellungsanspruch gegenüber der Beklagten überhaupt ankommen kann (vgl auch BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 10 RdNr 20 f). Auch wenn das LSG keine Tatsachen zu vertraglichen Vereinbarungen zwischen der Klägerin und dem ambulanten Pflegedienst festgestellt hat, ist es im Übrigen naheliegend, dass die Vergütungsforderung nach den Umständen hier vertraglich jedenfalls solange gestundet war, bis der vorliegende Rechtsstreit über den Freistellungsanspruch geklärt ist.

40

Der Freistellungsanspruch gegen die Beklagte nach dem SGB V wäre jedenfalls nicht verjährt, weil er der vierjährigen Verjährungsfrist nach § 45 Abs 1 SGB I unterliegt. Nach § 45 Abs 2 SGB I iVm § 199 Abs 1 Nr 1 BGB beginnt die regelmäßige Verjährung mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Der von der Klägerin erhobene Anspruch geht auf das Jahr 2012 zurück. Die Verjährung ist insoweit allerdings durch eine Rechtsverfolgung gehemmt, da die Klägerin bereits in 2013 vor dem SG Klage erhoben hat. Die vierjährige Verjährungsfrist gilt im Übrigen auch für die Rechtsbeziehungen bzw Vergütungsforderungen zwischen Leistungserbringern und Krankenkassen (vgl BSG SozR 4-2500 § 69 Nr 1 RdNr 7 und Nr 10 RdNr 13).

41

10. Das LSG wird im neu eröffneten Berufungsverfahren auch über die Kosten des Revisionsverfahrens mit zu entscheiden haben.

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Lastenausgleichsgesetz - LAG

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 157 Auslegung von Verträgen


Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 199 Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist und Verjährungshöchstfristen


(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem1.der Anspruch entstanden ist und2.der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des S

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 163


Das Bundessozialgericht ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 103


Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 13 Kostenerstattung


(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht. (2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 170


(1) Ist die Revision unbegründet, so weist das Bundessozialgericht die Revision zurück. Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Gesetzesverletzung, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision eb

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 92 Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses


(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewähr für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten; dabei ist den besonderen Erforder

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 27 Krankenbehandlung


(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfaßt 1. Ärztliche Behandlung einsc

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(1) Das Gericht kann von Amts wegen oder auf Antrag andere, deren berechtigte Interessen durch die Entscheidung berührt werden, beiladen. In Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts ist die Bundesrepublik Deutschland auf Antrag beizuladen.

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 37 Häusliche Krankenpflege


(1) Versicherte erhalten in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen neben der ärztl

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(1) Pflegebedürftig im Sinne dieses Buches sind Personen, die gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten aufweisen und deshalb der Hilfe durch andere bedürfen. Es muss sich um Personen handeln, die körperliche

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(1) Die Pflegekassen dürfen ambulante und stationäre Pflege nur durch Pflegeeinrichtungen gewähren, mit denen ein Versorgungsvertrag besteht (zugelassene Pflegeeinrichtungen). In dem Versorgungsvertrag sind Art, Inhalt und Umfang der allgemeinen Pfle

Gesetz zur Strukturreform im Gesundheitswesen


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(1) Fällige Ansprüche auf laufende Geldleistungen stehen beim Tod des Berechtigten nacheinander 1. dem Ehegatten,1a. dem Lebenspartner,2. den Kindern,3. den Eltern,4. dem Haushaltsführerzu, wenn diese mit dem Berechtigten zur Zeit seines Todes in ein

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(1) Ambulante Pflegeeinrichtungen (Pflegedienste) im Sinne dieses Buches sind selbständig wirtschaftende Einrichtungen, die unter ständiger Verantwortung einer ausgebildeten Pflegefachkraft Pflegebedürftige in ihrer Wohnung mit Leistungen der häuslic

Sozialgesetzbuch (SGB) Erstes Buch (I) - Allgemeiner Teil - (Artikel I des Gesetzes vom 11. Dezember 1975, BGBl. I S. 3015) - SGB 1 | § 45 Verjährung


(1) Ansprüche auf Sozialleistungen verjähren in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie entstanden sind. (2) Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gese

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(1) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die für die Wahrnehmung der Interessen von Pflegediensten maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene haben unter Berücksichtigung der Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 gemeinsam Rahmen

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Zuzahlungen, die Versicherte zu leisten haben, betragen 10 vom Hundert des Abgabepreises, mindestens jedoch 5 Euro und höchstens 10 Euro; allerdings jeweils nicht mehr als die Kosten des Mittels. Als Zuzahlungen zu stationären Maßnahmen und zur außer

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Die Krankenversicherung als Solidargemeinschaft hat die Aufgabe, die Gesundheit der Versicherten zu erhalten, wiederherzustellen oder ihren Gesundheitszustand zu bessern. Das umfasst auch die Förderung der gesundheitlichen Eigenkompetenz und Eigenver

Sozialgesetzbuch (SGB) - Elftes Buch (XI) - Soziale Pflegeversicherung (Artikel 1 des Gesetzes vom 26. Mai 1994, BGBl. I S. 1014) - SGB 11 | § 13 Verhältnis der Leistungen der Pflegeversicherung zu anderen Sozialleistungen


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Soweit fällige Ansprüche auf Geldleistungen nicht nach den §§ 56 und 57 einem Sonderrechtsnachfolger zustehen, werden sie nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs vererbt. Der Fiskus als gesetzlicher Erbe kann die Ansprüche nicht geltend ma

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(1) Versicherte erhalten in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen neben der ärztlichen Behandlung häusliche Krankenpflege durch geeignete Pflegekräfte, wenn Krankenhausbehandlung geboten, aber nicht ausführbar ist, oder wenn sie durch die häusliche Krankenpflege vermieden oder verkürzt wird. § 10 der Werkstättenverordnung bleibt unberührt. Die häusliche Krankenpflege umfaßt die im Einzelfall erforderliche Grund- und Behandlungspflege sowie hauswirtschaftliche Versorgung. Der Anspruch besteht bis zu vier Wochen je Krankheitsfall. In begründeten Ausnahmefällen kann die Krankenkasse die häusliche Krankenpflege für einen längeren Zeitraum bewilligen, wenn der Medizinische Dienst (§ 275) festgestellt hat, daß dies aus den in Satz 1 genannten Gründen erforderlich ist.

(1a) Versicherte erhalten an geeigneten Orten im Sinne von Absatz 1 Satz 1 wegen schwerer Krankheit oder wegen akuter Verschlimmerung einer Krankheit, insbesondere nach einem Krankenhausaufenthalt, nach einer ambulanten Operation oder nach einer ambulanten Krankenhausbehandlung, soweit keine Pflegebedürftigkeit mit Pflegegrad 2, 3, 4 oder 5 im Sinne des Elften Buches vorliegt, die erforderliche Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung. Absatz 1 Satz 4 und 5 gilt entsprechend.

(2) Versicherte erhalten in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen als häusliche Krankenpflege Behandlungspflege, wenn diese zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist. § 10 der Werkstättenverordnung bleibt unberührt. Der Anspruch nach Satz 1 besteht über die dort genannten Fälle hinaus ausnahmsweise auch für solche Versicherte in zugelassenen Pflegeeinrichtungen im Sinne des § 43 des Elften Buches, die auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, einen besonders hohen Bedarf an medizinischer Behandlungspflege haben; § 37c Absatz 3 gilt entsprechend. Die Satzung kann bestimmen, dass die Krankenkasse zusätzlich zur Behandlungspflege nach Satz 1 als häusliche Krankenpflege auch Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung erbringt. Die Satzung kann dabei Dauer und Umfang der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung nach Satz 4 bestimmen. Leistungen nach den Sätzen 4 und 5 sind nach Eintritt von Pflegebedürftigkeit mit mindestens Pflegegrad 2 im Sinne des Elften Buches nicht zulässig. Versicherte, die nicht auf Dauer in Einrichtungen nach § 71 Abs. 2 oder 4 des Elften Buches aufgenommen sind, erhalten Leistungen nach Satz 1 und den Sätzen 4 bis 6 auch dann, wenn ihr Haushalt nicht mehr besteht und ihnen nur zur Durchführung der Behandlungspflege vorübergehender Aufenthalt in einer Einrichtung oder in einer anderen geeigneten Unterkunft zur Verfügung gestellt wird. Versicherte erhalten in stationären Einrichtungen im Sinne des § 43a des Elften Buches Leistungen nach Satz 1, wenn der Bedarf an Behandlungspflege eine ständige Überwachung und Versorgung durch eine qualifizierte Pflegefachkraft erfordert.

(2a) Die gesetzliche Krankenversicherung beteiligt sich an den Kosten der medizinischen Behandlungspflege in vollstationären Pflegeeinrichtungen mit einem jährlichen Pauschalbetrag in Höhe von 640 Millionen Euro, der an den Ausgleichsfonds der sozialen Pflegeversicherung zu leisten ist. Die Zahlung erfolgt anteilig quartalsweise. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen erhebt hierzu von den Krankenkassen eine Umlage gemäß dem Anteil der Versicherten der Krankenkassen an der Gesamtzahl der Versicherten aller Krankenkassen. Das Nähere zum Umlageverfahren und zur Zahlung an die Pflegeversicherung bestimmt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen.

(2b) Die häusliche Krankenpflege nach den Absätzen 1 und 2 umfasst auch die ambulante Palliativversorgung. Für Leistungen der ambulanten Palliativversorgung ist regelmäßig ein begründeter Ausnahmefall im Sinne von Absatz 1 Satz 5 anzunehmen. § 37b Absatz 4 gilt für die häusliche Krankenpflege zur ambulanten Palliativversorgung entsprechend.

(3) Der Anspruch auf häusliche Krankenpflege besteht nur, soweit eine im Haushalt lebende Person den Kranken in dem erforderlichen Umfang nicht pflegen und versorgen kann.

(4) Kann die Krankenkasse keine Kraft für die häusliche Krankenpflege stellen oder besteht Grund, davon abzusehen, sind den Versicherten die Kosten für eine selbstbeschaffte Kraft in angemessener Höhe zu erstatten.

(5) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 3 ergebenden Betrag, begrenzt auf die für die ersten 28 Kalendertage der Leistungsinanspruchnahme je Kalenderjahr anfallenden Kosten an die Krankenkasse.

(6) Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in Richtlinien nach § 92 fest, an welchen Orten und in welchen Fällen Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 auch außerhalb des Haushalts und der Familie des Versicherten erbracht werden können.

(7) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt in Richtlinien nach § 92 unter Berücksichtigung bestehender Therapieangebote das Nähere zur Versorgung von chronischen und schwer heilenden Wunden. Die Versorgung von chronischen und schwer heilenden Wunden kann auch in spezialisierten Einrichtungen an einem geeigneten Ort außerhalb der Häuslichkeit von Versicherten erfolgen.

(8) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt in der Richtlinie über die Verordnung häuslicher Krankenpflege nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis zum 31. Juli 2022 Rahmenvorgaben zu einzelnen nach dem Leistungsverzeichnis der Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 verordnungsfähigen Maßnahmen, bei denen Pflegefachkräfte, die die in den Rahmenempfehlungen nach § 132a Absatz 1 Satz 4 Nummer 7 geregelten Anforderungen erfüllen, innerhalb eines vertragsärztlich festgestellten Verordnungsrahmens selbst über die erforderliche Häufigkeit und Dauer bestimmen können, sowie Vorgaben zur Notwendigkeit eines erneuten Arztkontaktes und zur Information der Vertragsärztin oder des Vertragsarztes durch den Leistungserbringer über die erbrachten Maßnahmen.

(9) Zur Feststellung des tatsächlichen Ausgabenvolumens für die im Rahmen einer Versorgung nach Absatz 8 erbrachten Leistungen pseudonymisieren die Krankenkassen die Angaben zu den Ausgaben jeweils arztbezogen sowie versichertenbezogen. Sie übermitteln diese Angaben nach Durchführung der Abrechnungsprüfung dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen, der diese Daten für den Zweck der nach Absatz 10 durchzuführenden Evaluierung kassenartenübergreifend zusammenführt und diese Daten dem nach Absatz 10 Satz 2 beauftragten unabhängigen Dritten übermittelt. Das Nähere zur Datenübermittlung und zum Verfahren der Pseudonymisierung regelt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der beauftragte unabhängige Dritte nach Absatz 10 Satz 2 haben die ihnen nach Satz 2 übermittelten pseudonymisierten Daten spätestens ein Jahr nach Abschluss der Evaluierung zu löschen.

(10) Drei Jahre nach Inkrafttreten der Regelungen nach Absatz 8 evaluieren der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die in § 132a Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer unter Berücksichtigung der nach Absatz 9 Satz 2 übermittelten Daten insbesondere die mit der Versorgung nach Absatz 8 verbundenen Auswirkungen auf das Versorgungsgeschehen im Bereich der häuslichen Krankenpflege, die finanziellen Auswirkungen auf die Krankenkassen, die Wirtschaftlichkeit der Versorgung nach Absatz 8 sowie die Auswirkungen auf die Behandlungs- und Ergebnisqualität. Die Evaluierung hat durch einen durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die in § 132a Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer gemeinsam zu beauftragenden unabhängigen Dritten zu erfolgen.

(1) Ambulante Pflegeeinrichtungen (Pflegedienste) im Sinne dieses Buches sind selbständig wirtschaftende Einrichtungen, die unter ständiger Verantwortung einer ausgebildeten Pflegefachkraft Pflegebedürftige in ihrer Wohnung mit Leistungen der häuslichen Pflegehilfe im Sinne des § 36 versorgen.

(1a) Auf ambulante Betreuungseinrichtungen, die für Pflegebedürftige dauerhaft pflegerische Betreuungsmaßnahmen und Hilfen bei der Haushaltsführung erbringen (Betreuungsdienste), sind die Vorschriften dieses Buches, die für Pflegedienste gelten, entsprechend anzuwenden, soweit keine davon abweichende Regelung bestimmt ist.

(2) Stationäre Pflegeeinrichtungen (Pflegeheime) im Sinne dieses Buches sind selbständig wirtschaftende Einrichtungen, in denen Pflegebedürftige:

1.
unter ständiger Verantwortung einer ausgebildeten Pflegefachkraft gepflegt werden,
2.
ganztägig (vollstationär) oder tagsüber oder nachts (teilstationär) untergebracht und verpflegt werden können.

(3) Für die Anerkennung als verantwortliche Pflegefachkraft im Sinne der Absätze 1 und 2 ist neben dem Abschluss einer Ausbildung als

1.
Pflegefachfrau oder Pflegefachmann,
2.
Gesundheits- und Krankenpflegerin oder Gesundheits- und Krankenpfleger,
3.
Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin oder Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger oder
4.
Altenpflegerin oder Altenpfleger
eine praktische Berufserfahrung in dem erlernten Ausbildungsberuf von zwei Jahren innerhalb der letzten acht Jahre erforderlich. Bei ambulanten Pflegeeinrichtungen, die überwiegend behinderte Menschen pflegen und betreuen, gelten auch nach Landesrecht ausgebildete Heilerziehungspflegerinnen und Heilerziehungspfleger sowie Heilerzieherinnen und Heilerzieher mit einer praktischen Berufserfahrung von zwei Jahren innerhalb der letzten acht Jahre als ausgebildete Pflegefachkraft. Bei Betreuungsdiensten kann anstelle der verantwortlichen Pflegefachkraft eine entsprechend qualifizierte, fachlich geeignete und zuverlässige Fachkraft mit praktischer Berufserfahrung im erlernten Beruf von zwei Jahren innerhalb der letzten acht Jahre (verantwortliche Fachkraft) eingesetzt werden. Die Rahmenfrist nach den Sätzen 1, 2 oder 3 beginnt acht Jahre vor dem Tag, zu dem die verantwortliche Pflegefachkraft im Sinne des Absatzes 1 oder 2 bestellt werden soll. Für die Anerkennung als verantwortliche Pflegefachkraft ist ferner Voraussetzung, dass eine Weiterbildungsmaßnahme für leitende Funktionen mit einer Mindeststundenzahl, die 460 Stunden nicht unterschreiten soll, erfolgreich durchgeführt wurde. Anerkennungen als verantwortliche Fachkraft, die im Rahmen der Durchführung des Modellvorhabens zur Erprobung von Leistungen der häuslichen Betreuung durch Betreuungsdienste erfolgt sind, gelten fort. Für die Anerkennung einer verantwortlichen Fachkraft ist ferner ab dem 1. Januar 2023 ebenfalls Voraussetzung, dass eine Weiterbildungsmaßnahme im Sinne von Satz 5 durchgeführt wurde.

(4) Keine Pflegeeinrichtungen im Sinne des Absatzes 2 sind

1.
stationäre Einrichtungen, in denen die Leistungen zur medizinischen Vorsorge, zur medizinischen Rehabilitation, zur Teilhabe am Arbeitsleben, zur Teilhabe an Bildung oder zur sozialen Teilhabe, die schulische Ausbildung oder die Erziehung kranker Menschen oder von Menschen mit Behinderungen im Vordergrund des Zweckes der Einrichtung stehen,
2.
Krankenhäuser sowie
3.
Räumlichkeiten,
a)
in denen der Zweck des Wohnens von Menschen mit Behinderungen und der Erbringung von Leistungen der Eingliederungshilfe für diese im Vordergrund steht,
b)
auf deren Überlassung das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz Anwendung findet und
c)
in denen der Umfang der Gesamtversorgung der dort wohnenden Menschen mit Behinderungen durch Leistungserbringer regelmäßig einen Umfang erreicht, der weitgehend der Versorgung in einer vollstationären Einrichtung entspricht; bei einer Versorgung der Menschen mit Behinderungen sowohl in Räumlichkeiten im Sinne der Buchstaben a und b als auch in Einrichtungen im Sinne der Nummer 1 ist eine Gesamtbetrachtung anzustellen, ob der Umfang der Versorgung durch Leistungserbringer weitgehend der Versorgung in einer vollstationären Einrichtung entspricht.

(5) Mit dem Ziel, eine einheitliche Rechtsanwendung zu fördern, erlässt der Spitzenverband Bund der Pflegekassen spätestens bis zum 1. Juli 2019 Richtlinien zur näheren Abgrenzung, wann die in Absatz 4 Nummer 3 Buchstabe c in der ab dem 1. Januar 2020 geltenden Fassung genannten Merkmale vorliegen und welche Kriterien bei der Prüfung dieser Merkmale mindestens heranzuziehen sind. Die Richtlinien nach Satz 1 sind im Benehmen mit dem Verband der privaten Krankenversicherung e. V., der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe und den kommunalen Spitzenverbänden auf Bundesebene zu beschließen; die Länder, die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege sowie die Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene sind zu beteiligen. Für die Richtlinien nach Satz 1 gilt § 17 Absatz 2 entsprechend mit der Maßgabe, dass das Bundesministerium für Gesundheit die Genehmigung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales erteilt und die Genehmigung als erteilt gilt, wenn die Richtlinien nicht innerhalb von zwei Monaten, nachdem sie dem Bundesministerium für Gesundheit vorgelegt worden sind, beanstandet werden.

Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(1) Versicherte erhalten in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen neben der ärztlichen Behandlung häusliche Krankenpflege durch geeignete Pflegekräfte, wenn Krankenhausbehandlung geboten, aber nicht ausführbar ist, oder wenn sie durch die häusliche Krankenpflege vermieden oder verkürzt wird. § 10 der Werkstättenverordnung bleibt unberührt. Die häusliche Krankenpflege umfaßt die im Einzelfall erforderliche Grund- und Behandlungspflege sowie hauswirtschaftliche Versorgung. Der Anspruch besteht bis zu vier Wochen je Krankheitsfall. In begründeten Ausnahmefällen kann die Krankenkasse die häusliche Krankenpflege für einen längeren Zeitraum bewilligen, wenn der Medizinische Dienst (§ 275) festgestellt hat, daß dies aus den in Satz 1 genannten Gründen erforderlich ist.

(1a) Versicherte erhalten an geeigneten Orten im Sinne von Absatz 1 Satz 1 wegen schwerer Krankheit oder wegen akuter Verschlimmerung einer Krankheit, insbesondere nach einem Krankenhausaufenthalt, nach einer ambulanten Operation oder nach einer ambulanten Krankenhausbehandlung, soweit keine Pflegebedürftigkeit mit Pflegegrad 2, 3, 4 oder 5 im Sinne des Elften Buches vorliegt, die erforderliche Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung. Absatz 1 Satz 4 und 5 gilt entsprechend.

(2) Versicherte erhalten in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen als häusliche Krankenpflege Behandlungspflege, wenn diese zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist. § 10 der Werkstättenverordnung bleibt unberührt. Der Anspruch nach Satz 1 besteht über die dort genannten Fälle hinaus ausnahmsweise auch für solche Versicherte in zugelassenen Pflegeeinrichtungen im Sinne des § 43 des Elften Buches, die auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, einen besonders hohen Bedarf an medizinischer Behandlungspflege haben; § 37c Absatz 3 gilt entsprechend. Die Satzung kann bestimmen, dass die Krankenkasse zusätzlich zur Behandlungspflege nach Satz 1 als häusliche Krankenpflege auch Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung erbringt. Die Satzung kann dabei Dauer und Umfang der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung nach Satz 4 bestimmen. Leistungen nach den Sätzen 4 und 5 sind nach Eintritt von Pflegebedürftigkeit mit mindestens Pflegegrad 2 im Sinne des Elften Buches nicht zulässig. Versicherte, die nicht auf Dauer in Einrichtungen nach § 71 Abs. 2 oder 4 des Elften Buches aufgenommen sind, erhalten Leistungen nach Satz 1 und den Sätzen 4 bis 6 auch dann, wenn ihr Haushalt nicht mehr besteht und ihnen nur zur Durchführung der Behandlungspflege vorübergehender Aufenthalt in einer Einrichtung oder in einer anderen geeigneten Unterkunft zur Verfügung gestellt wird. Versicherte erhalten in stationären Einrichtungen im Sinne des § 43a des Elften Buches Leistungen nach Satz 1, wenn der Bedarf an Behandlungspflege eine ständige Überwachung und Versorgung durch eine qualifizierte Pflegefachkraft erfordert.

(2a) Die gesetzliche Krankenversicherung beteiligt sich an den Kosten der medizinischen Behandlungspflege in vollstationären Pflegeeinrichtungen mit einem jährlichen Pauschalbetrag in Höhe von 640 Millionen Euro, der an den Ausgleichsfonds der sozialen Pflegeversicherung zu leisten ist. Die Zahlung erfolgt anteilig quartalsweise. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen erhebt hierzu von den Krankenkassen eine Umlage gemäß dem Anteil der Versicherten der Krankenkassen an der Gesamtzahl der Versicherten aller Krankenkassen. Das Nähere zum Umlageverfahren und zur Zahlung an die Pflegeversicherung bestimmt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen.

(2b) Die häusliche Krankenpflege nach den Absätzen 1 und 2 umfasst auch die ambulante Palliativversorgung. Für Leistungen der ambulanten Palliativversorgung ist regelmäßig ein begründeter Ausnahmefall im Sinne von Absatz 1 Satz 5 anzunehmen. § 37b Absatz 4 gilt für die häusliche Krankenpflege zur ambulanten Palliativversorgung entsprechend.

(3) Der Anspruch auf häusliche Krankenpflege besteht nur, soweit eine im Haushalt lebende Person den Kranken in dem erforderlichen Umfang nicht pflegen und versorgen kann.

(4) Kann die Krankenkasse keine Kraft für die häusliche Krankenpflege stellen oder besteht Grund, davon abzusehen, sind den Versicherten die Kosten für eine selbstbeschaffte Kraft in angemessener Höhe zu erstatten.

(5) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 3 ergebenden Betrag, begrenzt auf die für die ersten 28 Kalendertage der Leistungsinanspruchnahme je Kalenderjahr anfallenden Kosten an die Krankenkasse.

(6) Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in Richtlinien nach § 92 fest, an welchen Orten und in welchen Fällen Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 auch außerhalb des Haushalts und der Familie des Versicherten erbracht werden können.

(7) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt in Richtlinien nach § 92 unter Berücksichtigung bestehender Therapieangebote das Nähere zur Versorgung von chronischen und schwer heilenden Wunden. Die Versorgung von chronischen und schwer heilenden Wunden kann auch in spezialisierten Einrichtungen an einem geeigneten Ort außerhalb der Häuslichkeit von Versicherten erfolgen.

(8) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt in der Richtlinie über die Verordnung häuslicher Krankenpflege nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis zum 31. Juli 2022 Rahmenvorgaben zu einzelnen nach dem Leistungsverzeichnis der Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 verordnungsfähigen Maßnahmen, bei denen Pflegefachkräfte, die die in den Rahmenempfehlungen nach § 132a Absatz 1 Satz 4 Nummer 7 geregelten Anforderungen erfüllen, innerhalb eines vertragsärztlich festgestellten Verordnungsrahmens selbst über die erforderliche Häufigkeit und Dauer bestimmen können, sowie Vorgaben zur Notwendigkeit eines erneuten Arztkontaktes und zur Information der Vertragsärztin oder des Vertragsarztes durch den Leistungserbringer über die erbrachten Maßnahmen.

(9) Zur Feststellung des tatsächlichen Ausgabenvolumens für die im Rahmen einer Versorgung nach Absatz 8 erbrachten Leistungen pseudonymisieren die Krankenkassen die Angaben zu den Ausgaben jeweils arztbezogen sowie versichertenbezogen. Sie übermitteln diese Angaben nach Durchführung der Abrechnungsprüfung dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen, der diese Daten für den Zweck der nach Absatz 10 durchzuführenden Evaluierung kassenartenübergreifend zusammenführt und diese Daten dem nach Absatz 10 Satz 2 beauftragten unabhängigen Dritten übermittelt. Das Nähere zur Datenübermittlung und zum Verfahren der Pseudonymisierung regelt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der beauftragte unabhängige Dritte nach Absatz 10 Satz 2 haben die ihnen nach Satz 2 übermittelten pseudonymisierten Daten spätestens ein Jahr nach Abschluss der Evaluierung zu löschen.

(10) Drei Jahre nach Inkrafttreten der Regelungen nach Absatz 8 evaluieren der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die in § 132a Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer unter Berücksichtigung der nach Absatz 9 Satz 2 übermittelten Daten insbesondere die mit der Versorgung nach Absatz 8 verbundenen Auswirkungen auf das Versorgungsgeschehen im Bereich der häuslichen Krankenpflege, die finanziellen Auswirkungen auf die Krankenkassen, die Wirtschaftlichkeit der Versorgung nach Absatz 8 sowie die Auswirkungen auf die Behandlungs- und Ergebnisqualität. Die Evaluierung hat durch einen durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die in § 132a Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer gemeinsam zu beauftragenden unabhängigen Dritten zu erfolgen.

Die Krankenversicherung als Solidargemeinschaft hat die Aufgabe, die Gesundheit der Versicherten zu erhalten, wiederherzustellen oder ihren Gesundheitszustand zu bessern. Das umfasst auch die Förderung der gesundheitlichen Eigenkompetenz und Eigenverantwortung der Versicherten. Die Versicherten sind für ihre Gesundheit mitverantwortlich; sie sollen durch eine gesundheitsbewußte Lebensführung, durch frühzeitige Beteiligung an gesundheitlichen Vorsorgemaßnahmen sowie durch aktive Mitwirkung an Krankenbehandlung und Rehabilitation dazu beitragen, den Eintritt von Krankheit und Behinderung zu vermeiden oder ihre Folgen zu überwinden. Die Krankenkassen haben den Versicherten dabei durch Aufklärung, Beratung und Leistungen zu helfen und unter Berücksichtigung von geschlechts-, alters- und behinderungsspezifischen Besonderheiten auf gesunde Lebensverhältnisse hinzuwirken.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Versicherte erhalten in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen neben der ärztlichen Behandlung häusliche Krankenpflege durch geeignete Pflegekräfte, wenn Krankenhausbehandlung geboten, aber nicht ausführbar ist, oder wenn sie durch die häusliche Krankenpflege vermieden oder verkürzt wird. § 10 der Werkstättenverordnung bleibt unberührt. Die häusliche Krankenpflege umfaßt die im Einzelfall erforderliche Grund- und Behandlungspflege sowie hauswirtschaftliche Versorgung. Der Anspruch besteht bis zu vier Wochen je Krankheitsfall. In begründeten Ausnahmefällen kann die Krankenkasse die häusliche Krankenpflege für einen längeren Zeitraum bewilligen, wenn der Medizinische Dienst (§ 275) festgestellt hat, daß dies aus den in Satz 1 genannten Gründen erforderlich ist.

(1a) Versicherte erhalten an geeigneten Orten im Sinne von Absatz 1 Satz 1 wegen schwerer Krankheit oder wegen akuter Verschlimmerung einer Krankheit, insbesondere nach einem Krankenhausaufenthalt, nach einer ambulanten Operation oder nach einer ambulanten Krankenhausbehandlung, soweit keine Pflegebedürftigkeit mit Pflegegrad 2, 3, 4 oder 5 im Sinne des Elften Buches vorliegt, die erforderliche Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung. Absatz 1 Satz 4 und 5 gilt entsprechend.

(2) Versicherte erhalten in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen als häusliche Krankenpflege Behandlungspflege, wenn diese zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist. § 10 der Werkstättenverordnung bleibt unberührt. Der Anspruch nach Satz 1 besteht über die dort genannten Fälle hinaus ausnahmsweise auch für solche Versicherte in zugelassenen Pflegeeinrichtungen im Sinne des § 43 des Elften Buches, die auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, einen besonders hohen Bedarf an medizinischer Behandlungspflege haben; § 37c Absatz 3 gilt entsprechend. Die Satzung kann bestimmen, dass die Krankenkasse zusätzlich zur Behandlungspflege nach Satz 1 als häusliche Krankenpflege auch Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung erbringt. Die Satzung kann dabei Dauer und Umfang der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung nach Satz 4 bestimmen. Leistungen nach den Sätzen 4 und 5 sind nach Eintritt von Pflegebedürftigkeit mit mindestens Pflegegrad 2 im Sinne des Elften Buches nicht zulässig. Versicherte, die nicht auf Dauer in Einrichtungen nach § 71 Abs. 2 oder 4 des Elften Buches aufgenommen sind, erhalten Leistungen nach Satz 1 und den Sätzen 4 bis 6 auch dann, wenn ihr Haushalt nicht mehr besteht und ihnen nur zur Durchführung der Behandlungspflege vorübergehender Aufenthalt in einer Einrichtung oder in einer anderen geeigneten Unterkunft zur Verfügung gestellt wird. Versicherte erhalten in stationären Einrichtungen im Sinne des § 43a des Elften Buches Leistungen nach Satz 1, wenn der Bedarf an Behandlungspflege eine ständige Überwachung und Versorgung durch eine qualifizierte Pflegefachkraft erfordert.

(2a) Die gesetzliche Krankenversicherung beteiligt sich an den Kosten der medizinischen Behandlungspflege in vollstationären Pflegeeinrichtungen mit einem jährlichen Pauschalbetrag in Höhe von 640 Millionen Euro, der an den Ausgleichsfonds der sozialen Pflegeversicherung zu leisten ist. Die Zahlung erfolgt anteilig quartalsweise. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen erhebt hierzu von den Krankenkassen eine Umlage gemäß dem Anteil der Versicherten der Krankenkassen an der Gesamtzahl der Versicherten aller Krankenkassen. Das Nähere zum Umlageverfahren und zur Zahlung an die Pflegeversicherung bestimmt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen.

(2b) Die häusliche Krankenpflege nach den Absätzen 1 und 2 umfasst auch die ambulante Palliativversorgung. Für Leistungen der ambulanten Palliativversorgung ist regelmäßig ein begründeter Ausnahmefall im Sinne von Absatz 1 Satz 5 anzunehmen. § 37b Absatz 4 gilt für die häusliche Krankenpflege zur ambulanten Palliativversorgung entsprechend.

(3) Der Anspruch auf häusliche Krankenpflege besteht nur, soweit eine im Haushalt lebende Person den Kranken in dem erforderlichen Umfang nicht pflegen und versorgen kann.

(4) Kann die Krankenkasse keine Kraft für die häusliche Krankenpflege stellen oder besteht Grund, davon abzusehen, sind den Versicherten die Kosten für eine selbstbeschaffte Kraft in angemessener Höhe zu erstatten.

(5) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 3 ergebenden Betrag, begrenzt auf die für die ersten 28 Kalendertage der Leistungsinanspruchnahme je Kalenderjahr anfallenden Kosten an die Krankenkasse.

(6) Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in Richtlinien nach § 92 fest, an welchen Orten und in welchen Fällen Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 auch außerhalb des Haushalts und der Familie des Versicherten erbracht werden können.

(7) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt in Richtlinien nach § 92 unter Berücksichtigung bestehender Therapieangebote das Nähere zur Versorgung von chronischen und schwer heilenden Wunden. Die Versorgung von chronischen und schwer heilenden Wunden kann auch in spezialisierten Einrichtungen an einem geeigneten Ort außerhalb der Häuslichkeit von Versicherten erfolgen.

(8) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt in der Richtlinie über die Verordnung häuslicher Krankenpflege nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis zum 31. Juli 2022 Rahmenvorgaben zu einzelnen nach dem Leistungsverzeichnis der Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 verordnungsfähigen Maßnahmen, bei denen Pflegefachkräfte, die die in den Rahmenempfehlungen nach § 132a Absatz 1 Satz 4 Nummer 7 geregelten Anforderungen erfüllen, innerhalb eines vertragsärztlich festgestellten Verordnungsrahmens selbst über die erforderliche Häufigkeit und Dauer bestimmen können, sowie Vorgaben zur Notwendigkeit eines erneuten Arztkontaktes und zur Information der Vertragsärztin oder des Vertragsarztes durch den Leistungserbringer über die erbrachten Maßnahmen.

(9) Zur Feststellung des tatsächlichen Ausgabenvolumens für die im Rahmen einer Versorgung nach Absatz 8 erbrachten Leistungen pseudonymisieren die Krankenkassen die Angaben zu den Ausgaben jeweils arztbezogen sowie versichertenbezogen. Sie übermitteln diese Angaben nach Durchführung der Abrechnungsprüfung dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen, der diese Daten für den Zweck der nach Absatz 10 durchzuführenden Evaluierung kassenartenübergreifend zusammenführt und diese Daten dem nach Absatz 10 Satz 2 beauftragten unabhängigen Dritten übermittelt. Das Nähere zur Datenübermittlung und zum Verfahren der Pseudonymisierung regelt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der beauftragte unabhängige Dritte nach Absatz 10 Satz 2 haben die ihnen nach Satz 2 übermittelten pseudonymisierten Daten spätestens ein Jahr nach Abschluss der Evaluierung zu löschen.

(10) Drei Jahre nach Inkrafttreten der Regelungen nach Absatz 8 evaluieren der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die in § 132a Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer unter Berücksichtigung der nach Absatz 9 Satz 2 übermittelten Daten insbesondere die mit der Versorgung nach Absatz 8 verbundenen Auswirkungen auf das Versorgungsgeschehen im Bereich der häuslichen Krankenpflege, die finanziellen Auswirkungen auf die Krankenkassen, die Wirtschaftlichkeit der Versorgung nach Absatz 8 sowie die Auswirkungen auf die Behandlungs- und Ergebnisqualität. Die Evaluierung hat durch einen durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die in § 132a Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer gemeinsam zu beauftragenden unabhängigen Dritten zu erfolgen.

(1) Ist die Revision unbegründet, so weist das Bundessozialgericht die Revision zurück. Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Gesetzesverletzung, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision ebenfalls zurückzuweisen.

(2) Ist die Revision begründet, so hat das Bundessozialgericht in der Sache selbst zu entscheiden. Sofern dies untunlich ist, kann es das angefochtene Urteil mit den ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Gericht zurückverweisen, welches das angefochtene Urteil erlassen hat.

(3) Die Entscheidung über die Revision braucht nicht begründet zu werden, soweit das Bundessozialgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 202 in Verbindung mit § 547 der Zivilprozeßordnung und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

(4) Verweist das Bundessozialgericht die Sache bei der Sprungrevision nach § 161 zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück, so kann es nach seinem Ermessen auch an das Landessozialgericht zurückverweisen, das für die Berufung zuständig gewesen wäre. Für das Verfahren vor dem Landessozialgericht gelten dann die gleichen Grundsätze, wie wenn der Rechtsstreit auf eine ordnungsgemäß eingelegte Berufung beim Landessozialgericht anhängig geworden wäre.

(5) Das Gericht, an das die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts zugrunde zu legen.

Das Bundessozialgericht ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

(1) Fällige Ansprüche auf laufende Geldleistungen stehen beim Tod des Berechtigten nacheinander

1.
dem Ehegatten,
1a.
dem Lebenspartner,
2.
den Kindern,
3.
den Eltern,
4.
dem Haushaltsführer
zu, wenn diese mit dem Berechtigten zur Zeit seines Todes in einem gemeinsamen Haushalt gelebt haben oder von ihm wesentlich unterhalten worden sind. Mehreren Personen einer Gruppe stehen die Ansprüche zu gleichen Teilen zu.

(2) Als Kinder im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 2 gelten auch

1.
Stiefkinder und Enkel, die in den Haushalt des Berechtigten aufgenommen sind,
2.
Pflegekinder (Personen, die mit dem Berechtigten durch ein auf längere Dauer angelegtes Pflegeverhältnis mit häuslicher Gemeinschaft wie Kinder mit Eltern verbunden sind),
3.
Geschwister des Berechtigten, die in seinen Haushalt aufgenommen worden sind.

(3) Als Eltern im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 3 gelten auch

1.
sonstige Verwandte der geraden aufsteigenden Linie,
2.
Stiefeltern,
3.
Pflegeeltern (Personen, die den Berechtigten als Pflegekind aufgenommen haben).

(4) Haushaltsführer im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 4 ist derjenige Verwandte oder Verschwägerte, der an Stelle des verstorbenen oder geschiedenen oder an der Führung des Haushalts aus gesundheitlichen Gründen dauernd gehinderten Ehegatten oder Lebenspartners den Haushalt des Berechtigten mindestens ein Jahr lang vor dessen Tod geführt hat und von diesem überwiegend unterhalten worden ist.

Soweit fällige Ansprüche auf Geldleistungen nicht nach den §§ 56 und 57 einem Sonderrechtsnachfolger zustehen, werden sie nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs vererbt. Der Fiskus als gesetzlicher Erbe kann die Ansprüche nicht geltend machen.

Ansprüche auf Dienst- und Sachleistungen erlöschen mit dem Tod des Berechtigten. Ansprüche auf Geldleistungen erlöschen nur, wenn sie im Zeitpunkt des Todes des Berechtigten weder festgestellt sind noch ein Verwaltungsverfahren über sie anhängig ist.

(1) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die für die Wahrnehmung der Interessen von Pflegediensten maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene haben unter Berücksichtigung der Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 gemeinsam Rahmenempfehlungen über die einheitliche und flächendeckende Versorgung mit häuslicher Krankenpflege abzugeben; für Pflegedienste, die einer Kirche oder einer Religionsgemeinschaft des öffentlichen Rechts oder einem sonstigen freigemeinnützigen Träger zuzuordnen sind, können die Rahmenempfehlungen gemeinsam mit den übrigen Partnern der Rahmenempfehlungen auch von der Kirche oder der Religionsgemeinschaft oder von dem Wohlfahrtsverband abgeschlossen werden, dem die Einrichtung angehört. Vor Abschluß der Vereinbarung ist der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Deutschen Krankenhausgesellschaft Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in den Entscheidungsprozeß der Partner der Rahmenempfehlungen einzubeziehen. In den Rahmenempfehlungen sind insbesondere zu regeln:

1.
Eignung der Leistungserbringer einschließlich Anforderungen an die Eignung zur Versorgung nach § 37 Absatz 7,
2.
Maßnahmen zur Qualitätssicherung und Fortbildung,
3.
Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des Leistungserbringers mit dem verordnenden Vertragsarzt und dem Krankenhaus,
4.
Grundsätze der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung einschließlich deren Prüfung,
5.
Grundsätze der Vergütungen und ihrer Strukturen einschließlich der Transparenzvorgaben für die Vergütungsverhandlungen zum Nachweis der tatsächlich gezahlten Tariflöhne oder Arbeitsentgelte sowie erstmals bis zum 30. Juni 2019 Grundsätze für die Vergütung von längeren Wegezeiten, insbesondere in ländlichen Räumen, durch Zuschläge unter Einbezug der ambulanten Pflege nach dem Elften Buch,
6.
Grundsätze zum Verfahren der Prüfung der Leistungspflicht der Krankenkassen sowie zum Abrechnungsverfahren einschließlich der für diese Zwecke jeweils zu übermittelnden Daten und
7.
Anforderungen an die Eignung der Pflegefachkräfte, die Leistungen im Rahmen einer Versorgung nach § 37 Absatz 8 erbringen, sowie Maßnahmen zur Gewährleistung der Wirtschaftlichkeit der im Rahmen einer Versorgung nach § 37 Absatz 8 erbrachten Leistungen.
Um den Besonderheiten der intensivpflegerischen Versorgung im Rahmen der häuslichen Krankenpflege Rechnung zu tragen, sind in den Rahmenempfehlungen auch Regelungen über die behandlungspflegerische Versorgung von Versicherten, die auf Grund eines besonders hohen Bedarfs an diesen Leistungen oder einer Bedrohung ihrer Vitalfunktion einer ununterbrochenen Anwesenheit einer Pflegekraft bedürfen, vorzusehen. In den Rahmenempfehlungen nach Satz 4 Nummer 6 können auch Regelungen über die nach § 302 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 3 in Richtlinien geregelten Inhalte getroffen werden; in diesem Fall gilt § 302 Absatz 4. Die Inhalte der Rahmenempfehlungen sind den Verträgen nach Absatz 4 zugrunde zu legen.

(2) Kommt eine Rahmenempfehlung nach Absatz 1 ganz oder teilweise nicht zu Stande, können die Rahmenempfehlungspartner die Schiedsstelle nach Absatz 3 anrufen. Die Schiedsstelle kann auch vom Bundesministerium für Gesundheit angerufen werden. Sie setzt innerhalb von drei Monaten den betreffenden Rahmenempfehlungsinhalt fest.

(3) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die für die Wahrnehmung der Interessen von Pflegediensten maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene bilden erstmals bis zum 1. Juli 2017 eine gemeinsame Schiedsstelle. Sie besteht aus Vertretern der Krankenkassen und der Pflegedienste in gleicher Zahl sowie aus einem unparteiischen Vorsitzenden und zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern. Die Amtsdauer beträgt vier Jahre. Über den Vorsitzenden und die zwei weiteren unparteiischen Mitglieder sowie deren Stellvertreter sollen sich die Rahmenempfehlungspartner einigen. Kommt eine Einigung nicht zu Stande, gilt § 89 Absatz 6 Satz 3 entsprechend. Das Bundesministerium für Gesundheit kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere über die Zahl und die Bestellung der Mitglieder, die Erstattung der baren Auslagen und die Entschädigung für den Zeitaufwand der Mitglieder, das Verfahren sowie über die Verteilung der Kosten regeln. § 129 Absatz 9 und 10 Satz 1 gilt entsprechend.

(4) Über die Einzelheiten der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege, über die Preise und deren Abrechnung und die Verpflichtung der Leistungserbringer zur Fortbildung schließen diedieLandesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich Verträge mit den Leistungserbringern. Wird die Fortbildung nicht nachgewiesen, sind Vergütungsabschläge vorzusehen. Dem Leistungserbringer ist eine Frist zu setzen, innerhalb derer er die Fortbildung nachholen kann. Erbringt der Leistungserbringer in diesem Zeitraum die Fortbildung nicht, ist der Vertrag zu kündigen. Die Krankenkassen haben darauf zu achten, dass die Leistungen wirtschaftlich und preisgünstig erbracht werden. Verträge dürfen nur mit zuverlässigen Leistungserbringern abgeschlossen werden, die die Gewähr für eine leistungsgerechte und wirtschaftliche Versorgung bieten. Die Bezahlung von Gehältern bis zur Höhe tarifvertraglich vereinbarter Vergütungen sowie entsprechender Vergütungen nach kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen kann dabei nicht als unwirtschaftlich abgelehnt werden; insoweit gilt § 71 nicht. Bei nicht tarifgebundenen oder nicht an kirchliche Arbeitsrechtsregelungen gebundenen Leistungserbringern gilt § 82c Absatz 2 Satz 1 des Elften Buches entsprechend. Der Leistungserbringer ist verpflichtet, die entsprechende Bezahlung der Beschäftigten nach Satz 7 jederzeit einzuhalten und sie auf Verlangen einer Vertragspartei nachzuweisen. Im Fall der Nichteinigung wird der Vertragsinhalt durch eine von den Vertragspartnern zu bestimmende unabhängige Schiedsperson innerhalb von drei Monaten festgelegt. Einigen sich die Vertragspartner nicht auf eine Schiedsperson, so wird diese vom Bundesamt für Soziale Sicherung innerhalb eines Monats nach Vorliegen der für die Bestimmung der Schiedsperson notwendigen Informationen bestimmt; Widerspruch und Klage gegen die Bestimmung der Schiedsperson durch das Bundesamt für Soziale Sicherung haben keine aufschiebende Wirkung. Die Kosten des Schiedsverfahrens tragen die Vertragspartner zu gleichen Teilen. Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihrer Vielfalt, insbesondere der Bedeutung der freien Wohlfahrtspflege, Rechnung zu tragen. Die Leistungserbringer sind verpflichtet, an Qualitäts- und Abrechnungsprüfungen nach § 275b teilzunehmen; § 114 Absatz 2 des Elften Buches bleibt unberührt. Soweit bei einer Prüfung nach § 275b Absatz 1 Satz 1 bis 3 Qualitätsmängel festgestellt werden, entscheiden die Landesverbände der Krankenkassen oder die Krankenkassen nach Anhörung des Leistungserbringers, welche Maßnahmen zu treffen sind, erteilen dem Leistungserbringer hierüber einen Bescheid und setzen ihm darin zugleich eine angemessene Frist zur Beseitigung der festgestellten Mängel. Der Leistungserbringer hat der Krankenkasse anzuzeigen, dass er behandlungspflegerische Leistungen im Sinne des Absatzes 1 Satz 5 erbringt, wenn er diese Leistungen für mindestens zwei Versicherte in einer durch den Leistungserbringer oder einen Dritten organisierten Wohneinheit erbringt. Abweichend von Satz 1 kann die Krankenkasse zur Gewährung von häuslicher Krankenpflege geeignete Personen anstellen.

(1) Versicherte erhalten in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen neben der ärztlichen Behandlung häusliche Krankenpflege durch geeignete Pflegekräfte, wenn Krankenhausbehandlung geboten, aber nicht ausführbar ist, oder wenn sie durch die häusliche Krankenpflege vermieden oder verkürzt wird. § 10 der Werkstättenverordnung bleibt unberührt. Die häusliche Krankenpflege umfaßt die im Einzelfall erforderliche Grund- und Behandlungspflege sowie hauswirtschaftliche Versorgung. Der Anspruch besteht bis zu vier Wochen je Krankheitsfall. In begründeten Ausnahmefällen kann die Krankenkasse die häusliche Krankenpflege für einen längeren Zeitraum bewilligen, wenn der Medizinische Dienst (§ 275) festgestellt hat, daß dies aus den in Satz 1 genannten Gründen erforderlich ist.

(1a) Versicherte erhalten an geeigneten Orten im Sinne von Absatz 1 Satz 1 wegen schwerer Krankheit oder wegen akuter Verschlimmerung einer Krankheit, insbesondere nach einem Krankenhausaufenthalt, nach einer ambulanten Operation oder nach einer ambulanten Krankenhausbehandlung, soweit keine Pflegebedürftigkeit mit Pflegegrad 2, 3, 4 oder 5 im Sinne des Elften Buches vorliegt, die erforderliche Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung. Absatz 1 Satz 4 und 5 gilt entsprechend.

(2) Versicherte erhalten in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen als häusliche Krankenpflege Behandlungspflege, wenn diese zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist. § 10 der Werkstättenverordnung bleibt unberührt. Der Anspruch nach Satz 1 besteht über die dort genannten Fälle hinaus ausnahmsweise auch für solche Versicherte in zugelassenen Pflegeeinrichtungen im Sinne des § 43 des Elften Buches, die auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, einen besonders hohen Bedarf an medizinischer Behandlungspflege haben; § 37c Absatz 3 gilt entsprechend. Die Satzung kann bestimmen, dass die Krankenkasse zusätzlich zur Behandlungspflege nach Satz 1 als häusliche Krankenpflege auch Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung erbringt. Die Satzung kann dabei Dauer und Umfang der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung nach Satz 4 bestimmen. Leistungen nach den Sätzen 4 und 5 sind nach Eintritt von Pflegebedürftigkeit mit mindestens Pflegegrad 2 im Sinne des Elften Buches nicht zulässig. Versicherte, die nicht auf Dauer in Einrichtungen nach § 71 Abs. 2 oder 4 des Elften Buches aufgenommen sind, erhalten Leistungen nach Satz 1 und den Sätzen 4 bis 6 auch dann, wenn ihr Haushalt nicht mehr besteht und ihnen nur zur Durchführung der Behandlungspflege vorübergehender Aufenthalt in einer Einrichtung oder in einer anderen geeigneten Unterkunft zur Verfügung gestellt wird. Versicherte erhalten in stationären Einrichtungen im Sinne des § 43a des Elften Buches Leistungen nach Satz 1, wenn der Bedarf an Behandlungspflege eine ständige Überwachung und Versorgung durch eine qualifizierte Pflegefachkraft erfordert.

(2a) Die gesetzliche Krankenversicherung beteiligt sich an den Kosten der medizinischen Behandlungspflege in vollstationären Pflegeeinrichtungen mit einem jährlichen Pauschalbetrag in Höhe von 640 Millionen Euro, der an den Ausgleichsfonds der sozialen Pflegeversicherung zu leisten ist. Die Zahlung erfolgt anteilig quartalsweise. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen erhebt hierzu von den Krankenkassen eine Umlage gemäß dem Anteil der Versicherten der Krankenkassen an der Gesamtzahl der Versicherten aller Krankenkassen. Das Nähere zum Umlageverfahren und zur Zahlung an die Pflegeversicherung bestimmt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen.

(2b) Die häusliche Krankenpflege nach den Absätzen 1 und 2 umfasst auch die ambulante Palliativversorgung. Für Leistungen der ambulanten Palliativversorgung ist regelmäßig ein begründeter Ausnahmefall im Sinne von Absatz 1 Satz 5 anzunehmen. § 37b Absatz 4 gilt für die häusliche Krankenpflege zur ambulanten Palliativversorgung entsprechend.

(3) Der Anspruch auf häusliche Krankenpflege besteht nur, soweit eine im Haushalt lebende Person den Kranken in dem erforderlichen Umfang nicht pflegen und versorgen kann.

(4) Kann die Krankenkasse keine Kraft für die häusliche Krankenpflege stellen oder besteht Grund, davon abzusehen, sind den Versicherten die Kosten für eine selbstbeschaffte Kraft in angemessener Höhe zu erstatten.

(5) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 3 ergebenden Betrag, begrenzt auf die für die ersten 28 Kalendertage der Leistungsinanspruchnahme je Kalenderjahr anfallenden Kosten an die Krankenkasse.

(6) Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in Richtlinien nach § 92 fest, an welchen Orten und in welchen Fällen Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 auch außerhalb des Haushalts und der Familie des Versicherten erbracht werden können.

(7) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt in Richtlinien nach § 92 unter Berücksichtigung bestehender Therapieangebote das Nähere zur Versorgung von chronischen und schwer heilenden Wunden. Die Versorgung von chronischen und schwer heilenden Wunden kann auch in spezialisierten Einrichtungen an einem geeigneten Ort außerhalb der Häuslichkeit von Versicherten erfolgen.

(8) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt in der Richtlinie über die Verordnung häuslicher Krankenpflege nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis zum 31. Juli 2022 Rahmenvorgaben zu einzelnen nach dem Leistungsverzeichnis der Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 verordnungsfähigen Maßnahmen, bei denen Pflegefachkräfte, die die in den Rahmenempfehlungen nach § 132a Absatz 1 Satz 4 Nummer 7 geregelten Anforderungen erfüllen, innerhalb eines vertragsärztlich festgestellten Verordnungsrahmens selbst über die erforderliche Häufigkeit und Dauer bestimmen können, sowie Vorgaben zur Notwendigkeit eines erneuten Arztkontaktes und zur Information der Vertragsärztin oder des Vertragsarztes durch den Leistungserbringer über die erbrachten Maßnahmen.

(9) Zur Feststellung des tatsächlichen Ausgabenvolumens für die im Rahmen einer Versorgung nach Absatz 8 erbrachten Leistungen pseudonymisieren die Krankenkassen die Angaben zu den Ausgaben jeweils arztbezogen sowie versichertenbezogen. Sie übermitteln diese Angaben nach Durchführung der Abrechnungsprüfung dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen, der diese Daten für den Zweck der nach Absatz 10 durchzuführenden Evaluierung kassenartenübergreifend zusammenführt und diese Daten dem nach Absatz 10 Satz 2 beauftragten unabhängigen Dritten übermittelt. Das Nähere zur Datenübermittlung und zum Verfahren der Pseudonymisierung regelt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der beauftragte unabhängige Dritte nach Absatz 10 Satz 2 haben die ihnen nach Satz 2 übermittelten pseudonymisierten Daten spätestens ein Jahr nach Abschluss der Evaluierung zu löschen.

(10) Drei Jahre nach Inkrafttreten der Regelungen nach Absatz 8 evaluieren der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die in § 132a Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer unter Berücksichtigung der nach Absatz 9 Satz 2 übermittelten Daten insbesondere die mit der Versorgung nach Absatz 8 verbundenen Auswirkungen auf das Versorgungsgeschehen im Bereich der häuslichen Krankenpflege, die finanziellen Auswirkungen auf die Krankenkassen, die Wirtschaftlichkeit der Versorgung nach Absatz 8 sowie die Auswirkungen auf die Behandlungs- und Ergebnisqualität. Die Evaluierung hat durch einen durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die in § 132a Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer gemeinsam zu beauftragenden unabhängigen Dritten zu erfolgen.

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

(1) Versicherte erhalten in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen neben der ärztlichen Behandlung häusliche Krankenpflege durch geeignete Pflegekräfte, wenn Krankenhausbehandlung geboten, aber nicht ausführbar ist, oder wenn sie durch die häusliche Krankenpflege vermieden oder verkürzt wird. § 10 der Werkstättenverordnung bleibt unberührt. Die häusliche Krankenpflege umfaßt die im Einzelfall erforderliche Grund- und Behandlungspflege sowie hauswirtschaftliche Versorgung. Der Anspruch besteht bis zu vier Wochen je Krankheitsfall. In begründeten Ausnahmefällen kann die Krankenkasse die häusliche Krankenpflege für einen längeren Zeitraum bewilligen, wenn der Medizinische Dienst (§ 275) festgestellt hat, daß dies aus den in Satz 1 genannten Gründen erforderlich ist.

(1a) Versicherte erhalten an geeigneten Orten im Sinne von Absatz 1 Satz 1 wegen schwerer Krankheit oder wegen akuter Verschlimmerung einer Krankheit, insbesondere nach einem Krankenhausaufenthalt, nach einer ambulanten Operation oder nach einer ambulanten Krankenhausbehandlung, soweit keine Pflegebedürftigkeit mit Pflegegrad 2, 3, 4 oder 5 im Sinne des Elften Buches vorliegt, die erforderliche Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung. Absatz 1 Satz 4 und 5 gilt entsprechend.

(2) Versicherte erhalten in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen als häusliche Krankenpflege Behandlungspflege, wenn diese zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist. § 10 der Werkstättenverordnung bleibt unberührt. Der Anspruch nach Satz 1 besteht über die dort genannten Fälle hinaus ausnahmsweise auch für solche Versicherte in zugelassenen Pflegeeinrichtungen im Sinne des § 43 des Elften Buches, die auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, einen besonders hohen Bedarf an medizinischer Behandlungspflege haben; § 37c Absatz 3 gilt entsprechend. Die Satzung kann bestimmen, dass die Krankenkasse zusätzlich zur Behandlungspflege nach Satz 1 als häusliche Krankenpflege auch Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung erbringt. Die Satzung kann dabei Dauer und Umfang der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung nach Satz 4 bestimmen. Leistungen nach den Sätzen 4 und 5 sind nach Eintritt von Pflegebedürftigkeit mit mindestens Pflegegrad 2 im Sinne des Elften Buches nicht zulässig. Versicherte, die nicht auf Dauer in Einrichtungen nach § 71 Abs. 2 oder 4 des Elften Buches aufgenommen sind, erhalten Leistungen nach Satz 1 und den Sätzen 4 bis 6 auch dann, wenn ihr Haushalt nicht mehr besteht und ihnen nur zur Durchführung der Behandlungspflege vorübergehender Aufenthalt in einer Einrichtung oder in einer anderen geeigneten Unterkunft zur Verfügung gestellt wird. Versicherte erhalten in stationären Einrichtungen im Sinne des § 43a des Elften Buches Leistungen nach Satz 1, wenn der Bedarf an Behandlungspflege eine ständige Überwachung und Versorgung durch eine qualifizierte Pflegefachkraft erfordert.

(2a) Die gesetzliche Krankenversicherung beteiligt sich an den Kosten der medizinischen Behandlungspflege in vollstationären Pflegeeinrichtungen mit einem jährlichen Pauschalbetrag in Höhe von 640 Millionen Euro, der an den Ausgleichsfonds der sozialen Pflegeversicherung zu leisten ist. Die Zahlung erfolgt anteilig quartalsweise. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen erhebt hierzu von den Krankenkassen eine Umlage gemäß dem Anteil der Versicherten der Krankenkassen an der Gesamtzahl der Versicherten aller Krankenkassen. Das Nähere zum Umlageverfahren und zur Zahlung an die Pflegeversicherung bestimmt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen.

(2b) Die häusliche Krankenpflege nach den Absätzen 1 und 2 umfasst auch die ambulante Palliativversorgung. Für Leistungen der ambulanten Palliativversorgung ist regelmäßig ein begründeter Ausnahmefall im Sinne von Absatz 1 Satz 5 anzunehmen. § 37b Absatz 4 gilt für die häusliche Krankenpflege zur ambulanten Palliativversorgung entsprechend.

(3) Der Anspruch auf häusliche Krankenpflege besteht nur, soweit eine im Haushalt lebende Person den Kranken in dem erforderlichen Umfang nicht pflegen und versorgen kann.

(4) Kann die Krankenkasse keine Kraft für die häusliche Krankenpflege stellen oder besteht Grund, davon abzusehen, sind den Versicherten die Kosten für eine selbstbeschaffte Kraft in angemessener Höhe zu erstatten.

(5) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 3 ergebenden Betrag, begrenzt auf die für die ersten 28 Kalendertage der Leistungsinanspruchnahme je Kalenderjahr anfallenden Kosten an die Krankenkasse.

(6) Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in Richtlinien nach § 92 fest, an welchen Orten und in welchen Fällen Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 auch außerhalb des Haushalts und der Familie des Versicherten erbracht werden können.

(7) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt in Richtlinien nach § 92 unter Berücksichtigung bestehender Therapieangebote das Nähere zur Versorgung von chronischen und schwer heilenden Wunden. Die Versorgung von chronischen und schwer heilenden Wunden kann auch in spezialisierten Einrichtungen an einem geeigneten Ort außerhalb der Häuslichkeit von Versicherten erfolgen.

(8) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt in der Richtlinie über die Verordnung häuslicher Krankenpflege nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis zum 31. Juli 2022 Rahmenvorgaben zu einzelnen nach dem Leistungsverzeichnis der Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 verordnungsfähigen Maßnahmen, bei denen Pflegefachkräfte, die die in den Rahmenempfehlungen nach § 132a Absatz 1 Satz 4 Nummer 7 geregelten Anforderungen erfüllen, innerhalb eines vertragsärztlich festgestellten Verordnungsrahmens selbst über die erforderliche Häufigkeit und Dauer bestimmen können, sowie Vorgaben zur Notwendigkeit eines erneuten Arztkontaktes und zur Information der Vertragsärztin oder des Vertragsarztes durch den Leistungserbringer über die erbrachten Maßnahmen.

(9) Zur Feststellung des tatsächlichen Ausgabenvolumens für die im Rahmen einer Versorgung nach Absatz 8 erbrachten Leistungen pseudonymisieren die Krankenkassen die Angaben zu den Ausgaben jeweils arztbezogen sowie versichertenbezogen. Sie übermitteln diese Angaben nach Durchführung der Abrechnungsprüfung dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen, der diese Daten für den Zweck der nach Absatz 10 durchzuführenden Evaluierung kassenartenübergreifend zusammenführt und diese Daten dem nach Absatz 10 Satz 2 beauftragten unabhängigen Dritten übermittelt. Das Nähere zur Datenübermittlung und zum Verfahren der Pseudonymisierung regelt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der beauftragte unabhängige Dritte nach Absatz 10 Satz 2 haben die ihnen nach Satz 2 übermittelten pseudonymisierten Daten spätestens ein Jahr nach Abschluss der Evaluierung zu löschen.

(10) Drei Jahre nach Inkrafttreten der Regelungen nach Absatz 8 evaluieren der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die in § 132a Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer unter Berücksichtigung der nach Absatz 9 Satz 2 übermittelten Daten insbesondere die mit der Versorgung nach Absatz 8 verbundenen Auswirkungen auf das Versorgungsgeschehen im Bereich der häuslichen Krankenpflege, die finanziellen Auswirkungen auf die Krankenkassen, die Wirtschaftlichkeit der Versorgung nach Absatz 8 sowie die Auswirkungen auf die Behandlungs- und Ergebnisqualität. Die Evaluierung hat durch einen durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die in § 132a Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer gemeinsam zu beauftragenden unabhängigen Dritten zu erfolgen.

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 11. Juni 2015 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Kosten für eine Kopforthese einschließlich deren Anpassung.

2

Eine Kopforthese ist ein leichter Helm, der nach einem Schädelabdruck oder einem 3D-Schädelscan individuell angefertigt und in der Regel mehrere Monate lang für 23 Stunden täglich vom Säugling getragen wird. In dieser Zeit wird sie dem Kopfwachstum entsprechend mehrfach angepasst.

3

Bei dem am 30.1.2013 geborenen, bei der beklagten Krankenkasse versicherten Kläger bestand seit der Geburt an einer rechtsseitig abgeflachten Asymmetrie des Schädels (Plagiocephalus rechts) ohne frühzeitige Verknöcherung der Schädelnähte (dh nicht synostotisch verursacht), die mittels Lagerungstherapie, Krankengymnastik und osteopathischen Behandlungen nicht ausgeglichen werden konnte. Auf der Grundlage der ärztlichen Verordnung einer dynamischen Kopforthese vom 24.4.2013 und eines hierzu von einer Firma für Orthopädietechnik gefertigten Kostenvoranschlags über 1965,34 Euro ging für ihn am 30.4.2013 ein entsprechender Antrag auf Versorgung bei der Beklagten ein. Diese lehnte den Antrag ab, da die Versorgung mit einer Kopforthese eine nicht anerkannte Behandlungsmethode sei, deren medizinischer Nutzen nicht hinlänglich durch Studien nachgewiesen sei (Bescheid vom 28.5.2013).

4

Bei der ärztlich verordneten Vermessung des Schädels per Scan am 21.5.2013 zeigte sich bei dem Kläger eine Differenz der Schädeldiagonalen von 10,3 mm. Die Firma für Orthopädietechnik stellte den Eltern des Klägers die dynamische Kopforthese nach Scan am 28.8.2013 in Rechnung. Die Beklagte holte ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) nach Aktenlage ein und wies den Widerspruch des Klägers mangels positiver Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) zur Kopforthesentherapie zurück (Widerspruchsbescheid vom 3.9.2013). Die Helmtherapie endete mit Erhebung der Abschlussdaten am 5.11.2013.

5

Das SG hat die auf Erstattung der gezahlten oa Kosten gerichtete Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 3.3.2014). Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen: Die Voraussetzungen für einen Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 S 1 SGB V seien nicht gegeben. Trotz des kurzen Zeitfensters von wenigen Monaten zur Regulierung der Schädelasymmetrie sei die Leistung nicht so eilbedürftig gewesen, als dass vor Behandlungsbeginn eine Entscheidung der Krankenkasse nicht habe abgewartet werden können. Auf den notwendigen Kausalzusammenhang zwischen der ablehnenden Entscheidung der Beklagten und der Selbstbeschaffung der Leistung durch den Kläger komme es jedoch nicht entscheidend an, weil die Beklagte jedenfalls den Antrag nicht rechtswidrig abgelehnt habe. Es handele sich um eine neue Therapiemethode, die der GBA nicht empfohlen habe und die zum Zeitpunkt der Leistungserbringung nicht nach dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab für die ärztlichen Leistungen (EBM-Ä) abrechnungsfähig gewesen sei; insbesondere nicht nach der Krankheitsbilder des Stütz- und Bewegungsapparates betreffenden EBM-Ä-Ziffer 18310, die als Zusatzpauschale in Höhe von 21,60 Euro die Kopforthesentherapie nicht ausreichend abbilde. Es habe auch kein Ausnahmetatbestand vorgelegen, aufgrund dessen ein Anspruch auch ohne positive Empfehlung des GBA in Betracht kommen könne. Unerheblich sei deshalb, ob der Plagiocephalus Krankheitswert gehabt habe (Urteil vom 11.6.2015).

6

Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Es habe sich um eine unaufschiebbare Leistung iS des § 13 Abs 3 Alt 1 SGB V gehandelt, da die Behandlung einer Schädelasymmetrie während der erheblichen Wachstumsphase innerhalb eines nur sehr kurzen Zeitfensters begonnen werden müsse. Nach einer Entscheidung des SG Leipzig (Urteil vom 16.12.2014 - S 27 KR 488/13) sei davon auszugehen, dass die Behandlung mittels einer Kopforthese durch die EBM-Ä-Ziffer 18310 ausreichend abgebildet werde, sodass eine positive Empfehlung des GBA nicht erforderlich sei. Zudem werde in der Medizin diskutiert, dass die Lagerungsasymmetrie zu Hirnveränderungen mit motorischen und kognitiven Defiziten führen könne. Da die Standardtherapien mittels Lagerung und Physiotherapie nicht ausreichten, müsse die Kopforthesentherapie nach der Rechtsprechung des BVerfG zur Vermeidung einer grundgesetzwidrigen notstandsähnlichen Situation erbracht werden. Schließlich habe der GBA ein Verfahren zur Überprüfung der Methodik der Kopforthesenbehandlung nicht zeitgerecht durchgeführt, obwohl die Gemeinsame Therapiekommission der Gesellschaft für Neuropädiatrie der Deutschen Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin bereits in einer Stellungnahme aus dem Jahr 2012 eine weitere wissenschaftlich fundierte Aufarbeitung der Thematik angeregt habe.

7

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 11. Juni 2015 und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Oldenburg vom 3. März 2014 aufzuheben sowie die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 28. Mai 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. September 2013 zu verurteilen, ihm 1965,34 Euro zu erstatten.

8

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Sie bezieht sich auf die Entscheidungsgründe des Berufungsgerichts und führt ergänzend aus, von einer notstandsähnlichen Situation könne nicht schon dann ausgegangen werden, wenn eine mögliche, aber unwahrscheinliche Folge schwerwiegend sein könne. Da die Auswertung der zahlreichen Studien zur Kopforthesenbehandlung längere Zeit in Anspruch nehme, sei auch nicht von einem Systemversagen auszugehen.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision des Klägers ist im Sinne einer Zurückverweisung der Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG).

11

Auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts kann der Senat nicht abschließend über den vom Kläger gegen die beklagte Krankenkasse geltend gemachten Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Herstellung und Anpassung einer Kopforthese in Höhe von 1965,34 Euro entscheiden.

12

Versicherte erhalten die Leistungen der Krankenkassen grundsätzlich als Sach- und Dienstleistungen (§ 2 Abs 1 S 1, Abs 2 SGB V), und die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung Kosten nur erstatten, soweit es das SGB V oder das SGB IX vorsieht (§ 13 Abs 1 SGB V). Wie das LSG zutreffend entschieden hat, ergibt sich der geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch zwar nicht aus § 13 Abs 3 S 1 SGB V(hierzu 1.). Zum darüber hinaus aber noch in Betracht kommenden Vorliegen der Voraussetzungen des § 13 Abs 3a SGB V fehlt es an Feststellungen des LSG, ohne die der Senat nicht beurteilen kann, ob sich der Erstattungsanspruch aus dieser Vorschrift ergibt(hierzu 2.). Die Sache war daher an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

13

1. Die Voraussetzungen eines Kostenerstattungsanspruchs nach beiden Alternativen des § 13 Abs 3 S 1 SGB V(idF in der bis heute unveränderten Fassung des Gesetzes zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 21.12.1992, BGBl I 2266) lagen nicht vor.

14

Nach dieser Vorschrift sind, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte (Alt 1, hierzu a>) oder sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat (Alt 2, hierzu b>) und Versicherten dadurch für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind, diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Vorschrift ersetzt den primär auf die Sach- oder Dienstleistung gerichteten Anspruch, wenn das Sachleistungs- bzw Naturalleistungssystem versagt und sich die Versicherten die Leistungen selbst beschaffen (vgl zB BSGE 73, 271, 276 = SozR 3-2500 § 13 Nr 4 S 9, 15; BSG SozR 3-2500 § 13 Nr 22 S 106). Das Unvermögen der Krankenkasse, die Leistung rechtzeitig zu erbringen, sowie die rechtswidrige Verweigerung der Sachleistung berechtigen den Versicherten, sich die Leistung in Durchbrechung des Sachleistungsprinzips selbst zu beschaffen. Deshalb besteht ein Anspruch auf Kostenerstattung grundsätzlich nach beiden Alternativen des § 13 Abs 3 S 1 SGB V nur dann, wenn die Voraussetzungen des primären Sachleistungsanspruchs vorliegen(stRspr, vgl zB BSGE 70, 24, 26 = SozR 3-2500 § 12 Nr 2 S 1, 3; BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 19 RdNr 12 mwN; BSG SozR 4-2500 § 116b Nr 1 RdNr 10 mwN).

15

a) Die Beklagte hat es nicht versäumt, eine unaufschiebbare Leistung rechtzeitig zu erbringen.

16

Unaufschiebbar ist eine Leistung, wenn sie im Zeitpunkt ihrer tatsächlichen Erbringung so dringlich ist, dass aus medizinischer Sicht keine Möglichkeit eines nennenswerten Aufschubs mehr besteht und daher die Entscheidung der Krankenkasse nicht abgewartet werden kann. Leistungen, auf die kein Anspruch besteht, können schon mangels Notwendigkeit nicht dringlich sein. So verhält es sich hier. Eine Behandlung mittels Kopforthese gehört bis heute nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV; vgl hierzu näher die Parallelentscheidungen des Senats zum Komplex vom 11.5.2017 zu den Aktenzeichen B 3 KR 1/16 R, B 3 KR 6/16 R und B 3 KR 17/16 R). Die Schädelasymmetrie des Klägers erreichte darüber hinaus keinen Krankheitswert und bot aufgrund ihrer geringen Ausprägung auch im Rahmen von Vorsorgeleistungen keinen Anlass zur Behandlung mittels Kopforthese (hierzu b>).

17

Zudem hätte selbst bei einer Behandlungsnotwendigkeit kein Eilbedürfnis für eine Leistung im Sinne einer Unaufschiebbarkeit bestanden. Denn dies setzt voraus, dass der angestrebte Behandlungserfolg bei einem Abwarten der Entscheidung der Krankenkasse nicht mehr eintreten kann oder dass ein weiteres Zuwarten - zB wegen der Intensität der Schmerzen - nicht mehr zumutbar ist; das Ausmaß der Dringlichkeit einer Notfallbehandlung iS des § 76 Abs 1 S 2 SGB V, die regelmäßig als Sachleistung zu gewähren ist, muss nicht erreicht sein(vgl zB BSGE 96, 170 = SozR 4-2500 § 31 Nr 4, RdNr 13 mwN; BSGE 98, 26 = SozR 4-2500 § 13 Nr 12, RdNr 23; vgl BSG Urteil vom 8.9.2015 - B 1 KR 14/14 R - Juris RdNr 14 mwN; Helbig in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Aufl 2016, § 13 RdNr 42 mwN).

18

Wie das Berufungsgericht revisionsrechtlich beanstandungsfrei ausgeführt hat, lag ein solches Eilbedürfnis nicht vor. Es bestand danach kein hinreichender Grund dafür, nicht zunächst die Entscheidung der Krankenkasse abzuwarten. Zwar wird die Kopforthesentherapie in der Regel zwischen dem vierten und dem sechsten bzw spätestens bis zum 12. Lebensmonat begonnen, weil in den ersten sechs Lebensmonaten wegen des schnellen Kopfwachstums die besten Erfolge zu erwarten sind (vgl Stellungnahme der gemeinsamen Therapiekommission der Gesellschaft für Neuropädiatrie und der Deutschen Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin, 2012, S 6, 9, abrufbar unter: www.neuropaediatrie.com/info_fuer_aerzte/stellungnahmen.html - recherchiert im April/Mai 2017 ; ähnlich Frey, Analyse der subjektiven Beurteilung der Kopforthesentherapie bei Lagerungsplagiocephalus durch Eltern behandelter Kinder in der craniofacialen Sprechstunde des Universitätsklinikums Würzburg, Dissertation, 2014, S 15; Funke ua, Kinder- und Jugendarzt 2010, 437, 438, abrufbar unter: www.kinder-undjugendarzt.de, recherchiert im April/Mai 2017). Da der Kläger aber bei Antragstellung erst ca drei Monate alt war, gab es jedenfalls ein Zeitfenster von bis zu mehreren Monaten. Eine Entscheidung der Krankenkasse war aber innerhalb weniger Wochen zu erwarten (vgl § 13 Abs 3a SGB V). Medizinische Gesichtspunkte dafür, dass die Behandlung selbst in diesem zeitlichen Rahmen keinen Aufschub mehr duldete, sind nicht ersichtlich. Versicherte dürfen sich eine Behandlung indessen regelmäßig erst dann selbst beschaffen, wenn die Krankenkasse die Möglichkeit zur Prüfung und Erbringung im Wege der Sachleistung hatte. Denn mit der Selbstbeschaffung einer Leistung können Gesundheitsgefahren verbunden sein, Behandlungsalternativen können übersehen werden, und die Einhaltung des Sachleistungsprinzips liegt zur Sicherung von Qualität und Wirtschaftlichkeit der Leistungen nicht nur im Interesse des betroffenen Antragstellers, sondern auch grundsätzlich im Interesse der Versichertengemeinschaft (vgl §§ 2, 12 SGB V; vgl auch zB BSGE 98, 26 = SozR 4-2500 § 13 Nr 12, RdNr 12).

19

b) Die Beklagte hat die Versorgung des Klägers mittels Kopforthese auch nicht iS von § 13 Abs 3 S 1 Alt 2 SGB V zu Unrecht abgelehnt, sondern zu Recht.

20

Der Kläger hatte zu dem Zeitpunkt, als er sich die Kopforthese selbst beschaffte (zum insoweit maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage bei einem Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 S 1 Alt 2 SGB V allgemein näher vgl zB BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 29 RdNr 14 und Nr 32 RdNr 10; BSGE 105, 170 = SozR 4-2500 § 36 Nr 2, RdNr 13) keinen Anspruch auf die Kopforthese als Sachleistung. Schon deshalb kommt es hier darauf, ob dem Kläger die Kosten für die Kopforthese durch die ablehnende Entscheidung entstanden sind, - wie das LSG zutreffend ausgeführt hat - nicht an.

21

Ein Anspruch des Klägers auf Versorgung mit einer Kopforthese schied aus, weil die Schädelasymmetrie bei ihm von solch geringer Ausprägung war, dass es sich nicht um eine (behandlungsbedürftige) Krankheit iS des § 27 Abs 1 S 1 SGB V(in der insoweit unverändert gebliebenen Fassung durch das Gesundheits-Reformgesetz vom 20.12.1988, BGBl I 2477) handelte (dazu aa>). Es bestand auch kein Anlass zur Versorgung mit einer Kopforthese im Rahmen von medizinischen Vorsorgeleistungen iS des § 23 Abs 1 SGB V(in der in der insoweit unverändert gebliebenen Fassung durch das Gesetz zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000 vom 22.12.1999, BGBl I 2626). Bei einer Schädelasymmetrie von so geringem Ausmaß, wie sie beim Kläger vor der Versorgung gegeben war, kommt es auf einen ggf vom GBA zu bewertenden Nutzen einer Kopforthese nicht an (vgl hierzu aber Parallelentscheidungen des BSG vom 11.5.2017 zu den Aktenzeichen B 3 KR 1/16 R, B 3 KR 6/16 R und B 3 KR 17/16 R). Denn die Frage, ob einer körperlichen Unregelmäßigkeit im Einzelfall Krankheitswert zukommt und ob daher überhaupt Behandlungsmaßnahmen nach § 27 Abs 1 SGB V indiziert sind, ist nicht vom GBA, sondern allein von den Gerichten zu entscheiden. Gleiches gilt für das Ausmaß an Regelwidrigkeit des kindlichen Kopfes, das als Anlass für die Gewährung medizinischer Vorsorgemaßnahmen iS des § 23 Abs 1 SGB V erreicht sein muss(dazu bb>).

22

aa) Nach § 27 Abs 1 S 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Voraussetzung des Behandlungsanspruchs auch mit Hilfsmitteln (§ 27 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB V) ist daher das Vorliegen einer Krankheit im Rechtssinne. Unter einer Krankheit versteht die Rechtsprechung einen regelwidrigen körperlichen oder geistigen Zustand, der behandlungsbedürftig ist oder Arbeitsunfähigkeit bedingt. Regelwidrig ist ein Körperzustand, der vom Leitbild eines gesunden Menschen abweicht, wobei nicht jeder körperlichen Unregelmäßigkeit Krankheitswert im Rechtssinne zukommt. Erforderlich ist vielmehr, dass der Versicherte in seinen Körperfunktionen beeinträchtigt wird oder dass er an einer Abweichung vom Regelfall leidet, die entstellend wirkt (stRspr, vgl zB BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 28 RdNr 10; BSGE 100, 119 = SozR 4-2500 § 27 Nr 14, RdNr 13 f).

23

Die Schädelasymmetrie des Klägers bestand unmittelbar vor der Versorgung mit der Kopforthese ausweislich des am 21.5.2013 erfolgten Schädelscans bei einer Differenz der Schädeldiagonalen von 10,3 mm. Darin liegt kein regelwidriges krankheitswertiges Ausmaß im dargelegten Sinne.

24

In der zu dieser Zeit vorliegenden Stellungnahme der gemeinsamen Therapiekommission der Gesellschaft für Neuropädiatrie und der Deutschen Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin zu dynamischen Kopforthesen ("Helmtherapie", Studie der Autoren: Rosenbaum, Borusiak, Schweitzer, Berweck, Sprinz, Straßburg, Klepper, 2012, S 2 f, veröffentlicht im Internet unter: www.neuropaediatrie.com/info_fuer_aerzte/stellungnahmen.html - recherchiert im April/Mai 2017) werden insoweit Studien aufgeführt, nach denen zur Vermessung der Schädelasymmetrie zwei Diagonalen auf den knöchernen Schädel projiziert werden, die durch den Kreuzungspunkt von Längs- und Querdurchmesser des Schädels gehen und jeweils um 30 Grad vom Längsdurchmesser des Schädels abweichen. Wird die Längendifferenz dieser beiden Diagonalen durch die größere Diagonalenlänge dividiert, ergibt sich ein Wert, der bis zu 3 mm bzw 3,5 mm als Normwert angesehen wird; bei einem Wert bis einschließlich 12 mm liegt danach eine milde/moderate Form der Asymmetrie vor und erst wenn der Wert 12 mm übersteigt, muss von einer moderaten bis schweren Form der Asymmetrie ausgegangen werden. Das korrespondiert mit der Bewertung von Funke ua (Funke ua in Kinder- und Jugendarzt 2010, 437, 440 f, abrufbar unter: www.kinder-undjugendarzt.de, recherchiert im April/Mai 2017), nach der Werte bis 10 mm dem Normbereich zugerechnet werden (so auch Frey, Analyse der subjektiven Beurteilung der Kopforthesentherapie bei Lagerungsplagiocephalus durch Eltern behandelter Kinder in der craniofacialen Sprechstunde des Universitätsklinikums Würzburg, Dissertation, 2014, S 12); erst ab Werten von 15 mm und mehr wird danach eine Asymmetrie erreicht, bei der eine Helmtherapie indiziert sein kann. Die Plausibilität des Normbereichs bis 10 mm erklären die Autoren ua mit einem Kontrollkollektiv von 20 Säuglingen, bei denen nie die Diagnose einer Schädelasymmetrie gestellt wurde, und die durchschnittlich eine Differenz von 6 mm und eine Streuung bis 11 mm aufwiesen. Zu berücksichtigen ist bei alledem, dass die Asymmetrie als solche das Wohlbefinden des Kindes nicht beeinträchtigt (vgl hierzu ua Biedermann, Kinder- und Jugendarzt, 2010, 723, abrufbar unter: www.kinder-undjugendarzt.de , recherchiert im April/Mai 2017 ) und ein medizinischer Nutzen der Helmtherapie über eine rein kosmetische Verbesserung der Schädelasymmetrie hinaus nicht belegt ist (Stellungnahme der gemeinsamen Therapiekommission der Gesellschaft für Neuropädiatrie und der Deutschen Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin zu dynamischen Kopforthesen - "Helmtherapie", aaO, S 9). Milde Deformitäten können zudem mit rechtzeitiger Lagerungstherapie und ggf Physiotherapie gut behandelt werden (Stellungnahme der gemeinsamen Therapiekommission, ebenda).

25

Beim Kläger lag ausgehend davon bei einer bei ihm bestehenden Differenz von 10,3 mm eine (nur) milde Form der Schädelasymmetrie vor, die nach der Einteilung von Funke ua (Funke ua in: Kinder- und Jugendarzt 2010, 437, 440 f, abrufbar unter: www.kinder-undjugendarzt.de, recherchiert im April/Mai 2017) beinahe noch im Normbereich lag. Für das Vorliegen funktioneller Einschränkungen gab es keine Anhaltspunkte. Es existierten zu der Zeit, als die Eltern des Klägers die Kopforthese selbst beschafften, keine wissenschaftlich haltbaren Daten, die einen Zusammenhang zwischen einer Schädelasymmetrie im Säuglingsalter und späteren Erkrankungen oder Beeinträchtigungen, weder somatisch noch psychisch, belegen (vgl Stellungnahme der gemeinsamen Therapiekommission, aaO, S 4). Die körperliche Unregelmäßigkeit beeinträchtigte den Kläger in seinen Körperfunktionen nicht und wirkte in diesem Ausmaß auch keinesfalls entstellend. Solche Folgen waren auch bei weiterem Zuwarten ohne therapeutische Einwirkungen nicht zu erwarten, sodass ausgehend von den dargestellten Erkenntnissen keine Krankheit im Rechtssinne vorlag.

26

Dabei berücksichtigt der Senat auch, dass zwar durchaus schon Frühstadien einer Erkrankung oder Krankheitsanlagen und sogar Krankheitsrisiken in bestimmtem Maße oder der hinreichende Verdacht einer Krankheit einen Behandlungsanspruch auslösen können (vgl hierzu ausführlich zB E. Hauck, NJW 2016, 2695; Schmidt in Peters, Handbuch der Krankenversicherung, § 27 SGB V RdNr 30 ff, insbesondere RdNr 83 ff, Stand Mai 2005). Es lagen aber insbesondere ausgehend von den durch die gemeinsame Therapiekommission der Gesellschaft für Neuropädiatrie und der Deutschen Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin zu dynamischen Kopforthesen ausgewerteten Studien (vgl Stellungnahme der Kommission aus 2012, aaO) keine Anhaltspunkte dafür vor, dass eine milde/moderate Form der Schädelasymmetrie ohne weitere Behandlung in einem fortgeschrittenen Alter Krankheitswert im Rechtssinne erreichen könnte.

27

bb) Das Klagebegehren führt gleichermaßen nicht unter dem Blickwinkel des § 23 Abs 1 SGB V zum Erfolg.

28

Nach dieser Regelung haben Versicherte (schon) Anspruch auf ärztliche Behandlung einschließlich Versorgung mit Hilfsmitteln, wenn diese notwendig sind,

1.    

eine Schwächung der Gesundheit, die in absehbarer Zeit voraussichtlich zu einer Krankheit führen würde, zu beseitigen,

2.    

einer Gefährdung der gesundheitlichen Entwicklung eines Kindes entgegenzuwirken,

3.    

Krankheiten zu verhüten oder deren Verschlimmerung zu vermeiden oder

4.    

Pflegebedürftigkeit zu vermeiden.

29

Diese Vorschrift gewährt Ansprüche zur Abwendung eines Krankheitsrisikos mithin bereits vor der Manifestation einer Krankheit iS des § 27 Abs 1 S 1 SGB V. Allerdings setzt ein Leistungsanspruch im Vorfeld einer Krankheit wenigstens eine Schwächung der Gesundheit oder das Drohen von Krankheit oder deren Verschlimmerung voraus oder Pflegebedürftigkeit, die es zu vermeiden gilt (vgl zB Schütze in jurisPK-SGB V, 3. Aufl 2016, § 23 RdNr 19 ff mwN). Beim Kläger lagen indessen - wie bereits ausgeführt - weder hinreichende Anhaltspunkte für eine bevorstehende Erkrankung oder Pflegebedürftigkeit vor, noch handelte es sich um eine Schwächung der Gesundheit iS von § 23 Abs 1 Nr 1 SGB V. Geschwächt ist die Gesundheit, wenn sie - ohne krankheitswertig iS des § 27 Abs 1 S 1 SGB V zu sein - im Hinblick auf eine drohende Erkrankung so angegriffen ist, dass die körperliche Leistungsfähigkeit abweichend vom Normalzustand des altersgerecht gesunden Menschen alltäglichen gesundheitlichen Belastungen nicht mehr standzuhalten vermag, oder wenn der Allgemeinzustand so labil ist, dass bei gleichbleibender Belastung - außerberuflich und beruflich - mit dem Ausbruch einer Erkrankung zu rechnen ist(vgl zB Schütze in jurisPK-SGB V, aaO, § 23 RdNr 34 mwN). Diese Voraussetzungen waren hier nicht gegeben.

30

Ein Versorgungsanspruch kann ebenso nicht auf § 23 Abs 1 Nr 2 SGB V gestützt werden, nach dem speziell bei Kindern bereits eine Gefährdung der gesundheitlichen Entwicklung einen Behandlungsanspruch auslöst. Die gesundheitliche Entwicklung eines Kindes ist gefährdet, wenn der Entwicklungsprozess der altersgerechten Ausbildung der körperlichen, geistigen und seelischen Anlagen entweder bereits zurückgeblieben oder auf andere Weise beeinträchtigt oder mit Wahrscheinlichkeit mit einer Beeinträchtigung zu rechnen ist (vgl zB Schütze, aaO, § 23 RdNr 42 mwN). Es lagen - wie bereits beschrieben - keine Anhaltspunkte dafür vor, dass bei einer Schädelasymmetrie von solch moderater Form, wie sie beim Kläger bestand, mit Entwicklungsbeeinträchtigungen im Hinblick auf körperliche, geistige oder seelische Funktionen zu rechnen war. Zwar setzt eine Gefährdung der gesundheitlichen Entwicklung iS des § 23 Abs 1 Nr 2 SGB V nicht unbedingt eine zu erwartende Funktionseinbuße voraus; vielmehr können danach auch anderweitige Beeinträchtigungen, wie etwa Wachstumsschwächen oder vergleichbare Entwicklungsverzögerungen von rechtlich relevantem Ausmaß schon Leistungsansprüche auslösen. Individuelle Unterschiede, die sich im Leitbild des Zustandes eines gesunden Menschen halten, sind für das Leistungsrecht der GKV jedoch grundsätzlich unbeachtlich. Krankenversicherungsrechtlich relevant können Beeinträchtigungen daher auch in Bezug auf die gesundheitliche Entwicklung von Kindern nur dann sein, wenn sie über die Bandbreite individueller Verschiedenheiten hinaus als wesentliche Störung der normalen kindlichen Entwicklung erscheinen. Ist eine Funktionsbeeinträchtigung dagegen nicht zu erwarten, muss die drohende Beeinträchtigung für das betroffene Kind das erträgliche Maß überschreiten, und es müssen zweckmäßige und wirtschaftliche Reaktionsmöglichkeiten bestehen.

31

Die Leistungsvoraussetzungen nach § 23 SGB V sind bei einer Schädelasymmetrie, die - wie bei dem Kläger - nahe beim Normbereich liegt, jedenfalls für eine Versorgung mit einer Kopforthese nicht erfüllt, da eine solch geringfügige Normabweichung wirtschaftlicher mit einer Lagerungstherapie und ggf Physiotherapie behandelt werden kann und selbst unbehandelt mit einem Rückgang der Asymmetrie im Laufe der Entwicklung zu rechnen ist(so Stellungnahme der gemeinsamen Therapiekommission der Gesellschaft für Neuropädiatrie und der Deutschen Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin, aaO, S 5 f, 9). Zudem leben sowohl zahlreiche Kinder und vor allem Säuglinge als auch viele Menschen im erwachsenen Alter mit Schädelasymmetrien in diesem Ausmaß ohne Einschränkungen (vgl Funke ua in Kinder- und Jugendarzt 2010, 437, 440 f, abrufbar unter: www.kinder-undjugendarzt.de sowie Biedermann, Kinder- und Jugendarzt, 2010, 723, abrufbar unter: www.kinder-undjugendarzt.de , recherchiert im April/Mai 2017 ).

32

2. Zu den Voraussetzungen eines auf § 13 Abs 3a SGB V gestützten Kostenerstattungsanspruchs fehlt es an notwendigen Feststellungen des Berufungsgerichts, weshalb die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen werden muss(§ 170 Abs 2 SGG).

33

a) Abs 3a des § 13 SGB V war in Bezug auf den am 30.4.2013 bei der Beklagten eingegangenen Antrag des Klägers auf Versorgung mit einer Kopforthese bereits anwendbar. Die Regelung wurde nämlich mit dem Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten (Art 2 Nr 1 Patientenrechtegesetz vom 20.2.2013, BGBl I 277) mit Wirkung zum 26.2.2013 geschaffen.

34

b) Nach § 13 Abs 3a S 1 SGB V hat die Krankenkasse über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des MDK, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Kann die Krankenkasse die Fristen nach S 1 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit (§ 13 Abs 3a S 5 SGB V). Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt (§ 13 Abs 3a S 6 SGB V). Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet (§ 13 Abs 3a S 7 SGB V). Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14, 15 des SGB IX zur Zuständigkeitsklärung und Erstattung selbst beschaffter Leistungen(§ 13 Abs 3a S 9 SGB V).

35

c) Der Anwendung von § 13 Abs 3a SGB V im Falle des Klägers steht S 9 dieser Vorschrift nicht entgegen, denn die Versorgung eines Säuglings mit einer Kopforthese zur Behandlung einer Schädelasymmetrie gehört nicht zu den Leistungen der medizinischen Rehabilitation.

36

Die Leistungen der Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen nach dem SGB IX dienen nach ihrer im Gesetz angelegten Zielrichtung primär der Förderung der Selbstbestimmung und gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gesellschaft sowie der Vermeidung und dem Entgegenwirken von Benachteiligungen (§ 1 S 1 SGB IX).Eine trennscharfe Abgrenzung zu sonstigen Leistungen der GKV ist allerdings mangels hinreichend konkreter normativer Vorgaben und Überschneidungen der Ziele (vgl § 11 Abs 2 SGB V sowie § 4 Abs 1 Nr 1, § 26 Abs 1 Nr 1 SGB IX) schwierig. Die Abgrenzung zwischen stationärer Rehabilitation und Krankenhausbehandlung hat die Rechtsprechung bisher im Wesentlichen nach der Art der Einrichtung, den Behandlungsmethoden, der Intensität der ärztlichen Tätigkeit und dem Hauptziel der Behandlung getroffen (vgl zB BSG SozR 4-2500 § 39 Nr 14 Leitsatz und RdNr 13 ff unter Fortführung von BSGE 94, 139 = SozR 4-2500 § 112 Nr 4). Die sog "erweiterte ambulante Physiotherapie" - eine medizinische Trainingstherapie unter Kombination von Leistungen, die der "Funktionswiederherstellung oder Funktionsverbesserung nach Unfallverletzungen mit Störungen ganzer Funktionsketten oder nach Berufskrankheiten" dient und nur in speziellen Rehabilitations-Zentren mit entsprechender personeller, apparativer und räumlicher Ausstattung erbracht werden kann - wird der ambulanten Rehabilitation zugeordnet (BSGE 105, 271 = SozR 4-2500 § 40 Nr 5 Leitsatz 3 und RdNr 24 ff), weil es sich um eine nachakute, intensivierte Therapieform mit auf die Rehabilitation bezogener Zielrichtung handelt. Bei der Versorgung mit Hilfsmitteln ist insoweit insbesondere die gesetzlich unterschiedlich definierte Zweckdienlichkeit nach § 33 Abs 1 S 1 Var 1 SGB V(= "um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern") und nach § 31 Abs 1 Nr 2 SGB IX(= "um den Erfolg einer Heilbehandlung zu sichern") zu berücksichtigen.

37

Danach handelt es sich bei einem Hilfsmittel, das - wie hier die Kopforthese - nicht im Rahmen einer stationären oder ambulanten Rehabilitationsmaßnahme eingesetzt wird, jedenfalls dann nicht um eine Leistung der medizinischen Rehabilitation, wenn es nach der Zielrichtung seines Einsatzes primär einer (akuten) Krankenbehandlung dienen soll. Soweit der Schädelasymmetrie Krankheitswert zukommt, zielt der Einsatz einer Kopforthese hauptsächlich auf die Heilung der Krankheit (vgl § 27 Abs 1 S 1 SGB V) und nicht darauf, eine Behinderung oder deren Folgen günstig zu beeinflussen oder abzuwenden (vgl § 11 Abs 2 SGB V; § 4 Abs 1 Nr 1, § 26 SGB IX). Die Schädelasymmetrie soll nämlich mittels der Kopforthese als technisches Hilfsmittel und zwar in Form einer - wie dargestellt - eng zeitgebundenen Akutbehandlung therapiert werden; demgegenüber liegt eine Behinderung weder bereits vor noch ist mit ihrem Eintritt typischerweise unmittelbar zu rechnen.

38

d) Einem mithin grundsätzlich in Betracht kommenden Anspruch des Klägers auf Erstattung der für die Kopforthesenversorgung aufgewandten Kosten aus § 13 Abs 3a S 7 SGB V steht - anders als einem Anspruch auf Kostenerstattung nach § 13 Abs 3 SGB V - auch nicht entgegen, dass eine Sachleistung betroffen ist, die allgemein nicht zum Leistungskatalog der GKV gehört.

39

Weder der Eintritt der Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs 3a S 6 SGB V noch der Erstattungsanspruch nach § 13 Abs 3a S 7 SGB V setzen voraus, dass die Leistung objektiv medizinisch notwendig und vom Leistungsumfang der GKV umfasst ist. Voraussetzung dafür ist vielmehr lediglich, dass der Versicherte subjektiv von der Erforderlichkeit der Leistung ausgehen durfte (BSG Urteil vom 8.3.2016 - B 1 KR 25/15 R - BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33, RdNr 25). Auch insoweit folgt der 3. Senat der Auffassung des 1. Senats uneingeschränkt.

40

Obwohl die Schädelasymmetrie beim Kläger von ihrem Ausmaß her weder eine Krankheit im Rechtssinne darstellte noch eine rechtlich relevante Gefährdung seiner gesundheitlichen Entwicklung befürchten ließ, durfte der Kläger jedenfalls die beantragte Kopforthesentherapie für eine medizinisch erforderliche Leistung halten, die nicht "offensichtlich" außerhalb des Leistungskatalogs der GKV lag. Denn der behandelnde Arzt brachte spätestens mit der Verordnung der Kopforthese dem Kläger gegenüber zum Ausdruck, dass er der konkret vorliegenden körperlichen Unregelmäßigkeit Krankheitswert beimaß und dass er annahm, die Kopforthesentherapie stelle insoweit eine geeignete und erforderliche Behandlung im System der GKV dar. Der Kläger war nicht gehalten, diesen medizinischen Standpunkt des behandelnden Arztes anzuzweifeln, ihn näher zu überprüfen oder von Dritten (im Sinne der Einholung einer Zweitmeinung) bestätigen zu lassen. Hinzu kommt, dass es aus fachmedizinischer Einschätzung heraus für den Krankheitswert von Schädelasymmetrien keine klar definierten Grenz- oder wenigstens Orientierungswerte gab, dass eine gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung dazu fehlte und dass einige Krankenkassen die Kopforthesentherapie in Einzelfällen durchaus bewilligten.

41

e) Der Senat kann allerdings auf der Basis der Feststellungen des LSG, an die er gebunden ist (§ 163 SGG), nicht beurteilen, ob der Kläger den Ablauf der Frist abwartete, bevor er sich die Kopforthese selbst beschaffte.

42

aa) Ein Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3a S 7 SGB V setzt nämlich auch voraus, dass die Frist, innerhalb derer die Krankenkasse über den Leistungsantrag zu entscheiden hat, abgelaufen ist, bevor sich der Leistungsberechtigte die Leistung selbst beschafft. Ein solcher Erstattungsanspruch kommt danach nur in Betracht, wenn die Leistung "nach Ablauf der Frist" beschafft wurde. Neben dem Wortlaut spricht für das Erfordernis des Fristablaufs auch die Gesetzesbegründung, nach der die Vorschrift der Beschleunigung des Bewilligungsverfahrens dient (vgl Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten, BT-Drucks 17/10488, S 32 zu Art 2 zu Nr 1) und dass die Selbstbeschaffung (nur) für den Fall einer nicht rechtzeitigen Leistungserbringung durch die Krankenkasse vorgesehen ist (vgl Begründung, ebenda, BT-Drucks 17/10488, S 32 zu Art 2 zu Nr 1; Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung - Drucksache 17/10488 - Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten, BT-Drucks 17/11710, S 29 f zu Art 2 zu Nr 1). Denn die Krankenkasse muss wegen der mit der Selbstbeschaffung von Leistungen verbundenen Gesundheitsgefahren und wirtschaftlichen Risiken weiterhin die rein faktische Möglichkeit haben, sich mit dem Leistungsbegehren in der ihr zustehenden Zeit zu befassen, es zu prüfen und ggf Behandlungsalternativen aufzuzeigen (vgl bereits ua BSGE 98, 26 = SozR 4-2500 § 13 Nr 12, RdNr 12§ 13 abs 3 sgb v>).

43

bb) Zum Zeitpunkt der Selbstbeschaffung der Kopforthese durch die Eltern des Klägers fehlen jedoch hinreichende Feststellungen des LSG.

44

Da seitens der beklagten Krankenkasse ein MDK-Gutachten erst im Widerspruchsverfahren eingeholt wurde, hatte sie gemäß § 13 Abs 3a S 1 SGB V grundsätzlich innerhalb von drei Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Diese Drei-Wochen-Frist endete nach § 26 Abs 1 SGB X iVm § 187 Abs 1, 2, § 188 Abs 2 BGB mit Ablauf des 21.5.2013, da der Antrag in Form des Kostenvoranschlags am 30.4.2013 bei der Beklagten eingegangen war. Bis zum Ablauf der Frist am 21.5.2013 erging indessen weder ein Bescheid der Beklagten noch eine Mitteilung an den Kläger über einen Grund für die Nichteinhaltung der Frist.

45

Es ist aber nicht auszuschließen, dass sich der Kläger die Kopforthese bereits vor Ablauf des 21.5.2013 selbst beschaffte. Denn auffällig ist, dass die ersten Messungen für die Anfertigung der Kopforthese schon am 21.5.2013 erfolgten. Der Kläger selbst hat dieses Datum im Klageverfahren als Therapiebeginn bezeichnet (Schreiben an das SG vom 20.9.2013). Das Berufungsgericht hat die Feststellung, ob sich der Kläger an diesem Tag die Leistung bereits selbst beschaffte, ausdrücklich offengelassen; aus seiner Sicht war dies konsequent, da es im Rahmen eines Anspruchs nach § 13 Abs 3 SGB V darauf nicht ankam. Ermittlungen hierzu müssen aber im zurückverwiesenen Verfahren nachgeholt werden.

46

Eine Leistung ist nach der Rechtsprechung des Senats selbst beschafft, wenn im Verhältnis zwischen Versichertem und Leistungserbringer bezogen auf die Leistung ein unbedingtes Verpflichtungsgeschäft zustande gekommen ist und sich der Versicherte damit einer endgültigen rechtlichen Zahlungsverpflichtung ausgesetzt hat (vgl zu Hilfsmittel-Leistungen: BSGE 105, 170 = SozR 4-2500 § 36 Nr 2, RdNr 12; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 10 RdNr 20 ff). Zwar werden Verpflichtungsgeschäfte regelmäßig verbindlich abgeschlossen, bevor der Leistungserbringer mit den ersten Ausführungshandlungen beginnt; das ist aber rechtlich nicht zwingend, und die Vereinbarung eines Vorbehalts zur verpflichtenden Abnahme der Kopforthese - beispielsweise in Abhängigkeit vom Messergebnis - ist zumindest nicht ausgeschlossen. Das LSG wird deshalb zu ermitteln haben, ob die Eltern des Klägers eine verbindliche Vereinbarung mit entsprechender Zahlungsverpflichtung bezüglich der Kopforthese erst nach Ablauf des 21.5.2013 eingegangen waren. Hatten sie sich bereits am 21.5.2013 oder früher gegenüber dem Leistungserbringer verbindlich verpflichtet, die Kopforthese abzunehmen und entsprechende Zahlung zu leisten, scheidet ein Kostenerstattungsanspruch auch nach § 13 Abs 3a S 7 SGB V aus.

47

f) Sollte das LSG aufgrund der von ihm nachzuholenden Feststellungen zu dem Ergebnis gelangen, dass eine verbindliche Verpflichtung des Klägers zur Zahlung der Kosten für die Kopforthese erst nach Ablauf des 21.5.2013 erfolgte, wäre die gesetzliche Genehmigungsfiktion für die Kopforthesentherapie nach § 13 Abs 3a S 6 SGB V eingetreten.

48

Gleichwohl steht auch in diesem Fall noch nicht abschließend fest, ob der geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch dann gegeben wäre. Denn es fehlen Feststellungen des LSG dazu, ob die Beklagte die in diesem Fall kraft Gesetzes fiktiv eingetretene Genehmigung möglicherweise wirksam zurückgenommen hat. Diese Feststellungen sind im Falle des Eintritts der gesetzlichen Genehmigungsfiktion ebenfalls vom LSG nachzuholen.

49

Zwar liegt in der einfachen Leistungsablehnung - wie vorliegend in dem Bescheid der Beklagten vom 28.5.2013 - weder eine ausdrückliche noch eine konkludente Rücknahme der fingierten Genehmigung (allgemein ebenso 1. Senat BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33, RdNr 32), sodass es nicht darauf ankommt, ob sich der Kläger die Kopforthese vor oder nach dem Erlass dieses Bescheides beschaffte.

50

Allerdings neigt der erkennende 3. Senat - im Unterschied zum Urteil des 1. Senats des BSG vom 8.3.2016 (vgl BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33, Leitsatz 4 und RdNr 32) -zu der Auffassung, dass die durch § 13 Abs 3a S 7 SGB V gesetzlich fingierte Genehmigung grundsätzlich nach Maßgabe der allgemeinen Vorschriften der §§ 44 ff SGB X aufgehoben werden kann, wobei deren Voraussetzungen an dem materiell-rechtlich genehmigten Leistungsanspruch zu bemessen sind. Der Auffassung des 1. Senats, eine Krankenkasse könne eine fingierte Leistungsgenehmigung nur zurücknehmen, widerrufen oder aufheben, wenn die Voraussetzungen der Genehmigungsfiktion von Anfang an nicht vorlagen oder später entfallen sind (BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33, Leitsatz 4), steht das Verständnis des erkennenden Senats gegenüber, dass die allgemeinen Regelungen zur Bestandskraft von Verwaltungsakten und deren Modifikation (§§ 39 ff, 44 ff SGB X) auch auf die fingierte Genehmigung (entsprechende) Anwendung finden; denn einer (nur) fingierten Genehmigung kann keine stärkere Bestandskraft zukommen, als einer ausdrücklich mittels eines formellen Verwaltungsakts erteilten Genehmigung (für die grundsätzliche Anwendbarkeit der §§ 44 ff SGB X insoweit auch Noftz in Hauck/Noftz, SGB V, K § 13 RdNr 58l, Bearbeitungsstand November 2016; Schifferdecker in Kasseler Komm, § 13 SGB V RdNr 140 ff, Stand Einzelkommentierung Mai 2017; Padé, jurisPR-SozR Nr 23/2016 Anm 1; Rieker, NZS 2015, 294, 297; Krüger, NZS 2016, 521, 522, der - bedenkenswert - § 42a VwVfG als Generalnorm bzw lex generalis für Fiktionsregelungen ansieht und Parallelwertungen anregt; aA Hackstein, SGb 2016, 596, 597; Ulrich in Festschrift für Kohte, 2016, S 617, 622 ff). "Fingiert" wird nach § 13 Abs 3a S 6 SGB V nur der Erlass der Genehmigung selbst, nicht aber deren Rechtmäßigkeit. Die Verwaltung müsste daher die Möglichkeit haben, eine der objektiven Rechtslage widersprechende, lediglich aufgrund der gesetzlichen Fiktion eingetretene Genehmigung ebenso aufzuheben, als wäre sie im Wege eines formellen begünstigenden Verwaltungsakts erlassen worden, nämlich grundsätzlich unter Abwägung mit Gesichtspunkten des Vertrauensschutzes des Betroffenen entsprechend den Regelungen der §§ 44 ff SGB X. Für diese Sichtweise spricht - unbeschadet weiterer mit zu erwägender Gesichtspunkte - auch, dass die Genehmigungsfiktion des § 13 Abs 3a S 6 SGB V gar nicht erst eintreten würde, wenn ihre Voraussetzungen von Anfang an nicht vorlagen oder später entfallen sind, dh wenn insbesondere der Fristablauf noch nicht eingetreten war.

51

Ist die - abhängig von den Feststellungen des LSG vorliegend möglicherweise eingreifende - fingierte Genehmigung auf eine Leistung gerichtet, auf die der Versicherte keinen Sachleistungsanspruch nach dem Recht der GKV hat, könnte sie daher nach dem Verständnis des Senats unter den Voraussetzungen des § 45 SGB X jedenfalls zurückgenommen werden, solange der Versicherte noch keinen Gebrauch von ihr gemacht, dh solange er sich die Leistung noch nicht selbst beschafft und noch keine Kosten veranlasst hat.

52

Es erscheint dem 3. Senat indessen untunlich, dass er sich insoweit bereits im jetzigen Verfahrensstadium eine abschließende Überzeugung bildet und ein Anfrage- und Vorlageverfahren nach § 41 Abs 3 SGG einleitet; ohne entsprechende Feststellungen des LSG kann von der Entscheidungserheblichkeit der im Raum stehenden Rechtsfrage für den Ausgang des vorliegenden Rechtsstreits nicht ohne Weiteres ausgegangen werden.

53

3. In seiner abschließenden Entscheidung muss das LSG auch über die Kosten des Revisionsverfahrens befinden.

Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(1) Versicherte erhalten in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen neben der ärztlichen Behandlung häusliche Krankenpflege durch geeignete Pflegekräfte, wenn Krankenhausbehandlung geboten, aber nicht ausführbar ist, oder wenn sie durch die häusliche Krankenpflege vermieden oder verkürzt wird. § 10 der Werkstättenverordnung bleibt unberührt. Die häusliche Krankenpflege umfaßt die im Einzelfall erforderliche Grund- und Behandlungspflege sowie hauswirtschaftliche Versorgung. Der Anspruch besteht bis zu vier Wochen je Krankheitsfall. In begründeten Ausnahmefällen kann die Krankenkasse die häusliche Krankenpflege für einen längeren Zeitraum bewilligen, wenn der Medizinische Dienst (§ 275) festgestellt hat, daß dies aus den in Satz 1 genannten Gründen erforderlich ist.

(1a) Versicherte erhalten an geeigneten Orten im Sinne von Absatz 1 Satz 1 wegen schwerer Krankheit oder wegen akuter Verschlimmerung einer Krankheit, insbesondere nach einem Krankenhausaufenthalt, nach einer ambulanten Operation oder nach einer ambulanten Krankenhausbehandlung, soweit keine Pflegebedürftigkeit mit Pflegegrad 2, 3, 4 oder 5 im Sinne des Elften Buches vorliegt, die erforderliche Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung. Absatz 1 Satz 4 und 5 gilt entsprechend.

(2) Versicherte erhalten in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen als häusliche Krankenpflege Behandlungspflege, wenn diese zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist. § 10 der Werkstättenverordnung bleibt unberührt. Der Anspruch nach Satz 1 besteht über die dort genannten Fälle hinaus ausnahmsweise auch für solche Versicherte in zugelassenen Pflegeeinrichtungen im Sinne des § 43 des Elften Buches, die auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, einen besonders hohen Bedarf an medizinischer Behandlungspflege haben; § 37c Absatz 3 gilt entsprechend. Die Satzung kann bestimmen, dass die Krankenkasse zusätzlich zur Behandlungspflege nach Satz 1 als häusliche Krankenpflege auch Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung erbringt. Die Satzung kann dabei Dauer und Umfang der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung nach Satz 4 bestimmen. Leistungen nach den Sätzen 4 und 5 sind nach Eintritt von Pflegebedürftigkeit mit mindestens Pflegegrad 2 im Sinne des Elften Buches nicht zulässig. Versicherte, die nicht auf Dauer in Einrichtungen nach § 71 Abs. 2 oder 4 des Elften Buches aufgenommen sind, erhalten Leistungen nach Satz 1 und den Sätzen 4 bis 6 auch dann, wenn ihr Haushalt nicht mehr besteht und ihnen nur zur Durchführung der Behandlungspflege vorübergehender Aufenthalt in einer Einrichtung oder in einer anderen geeigneten Unterkunft zur Verfügung gestellt wird. Versicherte erhalten in stationären Einrichtungen im Sinne des § 43a des Elften Buches Leistungen nach Satz 1, wenn der Bedarf an Behandlungspflege eine ständige Überwachung und Versorgung durch eine qualifizierte Pflegefachkraft erfordert.

(2a) Die gesetzliche Krankenversicherung beteiligt sich an den Kosten der medizinischen Behandlungspflege in vollstationären Pflegeeinrichtungen mit einem jährlichen Pauschalbetrag in Höhe von 640 Millionen Euro, der an den Ausgleichsfonds der sozialen Pflegeversicherung zu leisten ist. Die Zahlung erfolgt anteilig quartalsweise. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen erhebt hierzu von den Krankenkassen eine Umlage gemäß dem Anteil der Versicherten der Krankenkassen an der Gesamtzahl der Versicherten aller Krankenkassen. Das Nähere zum Umlageverfahren und zur Zahlung an die Pflegeversicherung bestimmt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen.

(2b) Die häusliche Krankenpflege nach den Absätzen 1 und 2 umfasst auch die ambulante Palliativversorgung. Für Leistungen der ambulanten Palliativversorgung ist regelmäßig ein begründeter Ausnahmefall im Sinne von Absatz 1 Satz 5 anzunehmen. § 37b Absatz 4 gilt für die häusliche Krankenpflege zur ambulanten Palliativversorgung entsprechend.

(3) Der Anspruch auf häusliche Krankenpflege besteht nur, soweit eine im Haushalt lebende Person den Kranken in dem erforderlichen Umfang nicht pflegen und versorgen kann.

(4) Kann die Krankenkasse keine Kraft für die häusliche Krankenpflege stellen oder besteht Grund, davon abzusehen, sind den Versicherten die Kosten für eine selbstbeschaffte Kraft in angemessener Höhe zu erstatten.

(5) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 3 ergebenden Betrag, begrenzt auf die für die ersten 28 Kalendertage der Leistungsinanspruchnahme je Kalenderjahr anfallenden Kosten an die Krankenkasse.

(6) Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in Richtlinien nach § 92 fest, an welchen Orten und in welchen Fällen Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 auch außerhalb des Haushalts und der Familie des Versicherten erbracht werden können.

(7) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt in Richtlinien nach § 92 unter Berücksichtigung bestehender Therapieangebote das Nähere zur Versorgung von chronischen und schwer heilenden Wunden. Die Versorgung von chronischen und schwer heilenden Wunden kann auch in spezialisierten Einrichtungen an einem geeigneten Ort außerhalb der Häuslichkeit von Versicherten erfolgen.

(8) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt in der Richtlinie über die Verordnung häuslicher Krankenpflege nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis zum 31. Juli 2022 Rahmenvorgaben zu einzelnen nach dem Leistungsverzeichnis der Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 verordnungsfähigen Maßnahmen, bei denen Pflegefachkräfte, die die in den Rahmenempfehlungen nach § 132a Absatz 1 Satz 4 Nummer 7 geregelten Anforderungen erfüllen, innerhalb eines vertragsärztlich festgestellten Verordnungsrahmens selbst über die erforderliche Häufigkeit und Dauer bestimmen können, sowie Vorgaben zur Notwendigkeit eines erneuten Arztkontaktes und zur Information der Vertragsärztin oder des Vertragsarztes durch den Leistungserbringer über die erbrachten Maßnahmen.

(9) Zur Feststellung des tatsächlichen Ausgabenvolumens für die im Rahmen einer Versorgung nach Absatz 8 erbrachten Leistungen pseudonymisieren die Krankenkassen die Angaben zu den Ausgaben jeweils arztbezogen sowie versichertenbezogen. Sie übermitteln diese Angaben nach Durchführung der Abrechnungsprüfung dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen, der diese Daten für den Zweck der nach Absatz 10 durchzuführenden Evaluierung kassenartenübergreifend zusammenführt und diese Daten dem nach Absatz 10 Satz 2 beauftragten unabhängigen Dritten übermittelt. Das Nähere zur Datenübermittlung und zum Verfahren der Pseudonymisierung regelt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der beauftragte unabhängige Dritte nach Absatz 10 Satz 2 haben die ihnen nach Satz 2 übermittelten pseudonymisierten Daten spätestens ein Jahr nach Abschluss der Evaluierung zu löschen.

(10) Drei Jahre nach Inkrafttreten der Regelungen nach Absatz 8 evaluieren der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die in § 132a Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer unter Berücksichtigung der nach Absatz 9 Satz 2 übermittelten Daten insbesondere die mit der Versorgung nach Absatz 8 verbundenen Auswirkungen auf das Versorgungsgeschehen im Bereich der häuslichen Krankenpflege, die finanziellen Auswirkungen auf die Krankenkassen, die Wirtschaftlichkeit der Versorgung nach Absatz 8 sowie die Auswirkungen auf die Behandlungs- und Ergebnisqualität. Die Evaluierung hat durch einen durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die in § 132a Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer gemeinsam zu beauftragenden unabhängigen Dritten zu erfolgen.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfaßt

1.
Ärztliche Behandlung einschließlich Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung,
2a.
Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen,
3.
Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln sowie mit digitalen Gesundheitsanwendungen,
4.
häusliche Krankenpflege, außerklinische Intensivpflege und Haushaltshilfe,
5.
Krankenhausbehandlung,
6.
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und ergänzende Leistungen.
Zur Krankenbehandlung gehört auch die palliative Versorgung der Versicherten. Bei der Krankenbehandlung ist den besonderen Bedürfnissen psychisch Kranker Rechnung zu tragen, insbesondere bei der Versorgung mit Heilmitteln und bei der medizinischen Rehabilitation. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur Herstellung der Zeugungs- oder Empfängnisfähigkeit, wenn diese Fähigkeit nicht vorhanden war oder durch Krankheit oder wegen einer durch Krankheit erforderlichen Sterilisation verlorengegangen war. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur vertraulichen Spurensicherung am Körper, einschließlich der erforderlichen Dokumentation sowie Laboruntersuchungen und einer ordnungsgemäßen Aufbewahrung der sichergestellten Befunde, bei Hinweisen auf drittverursachte Gesundheitsschäden, die Folge einer Misshandlung, eines sexuellen Missbrauchs, eines sexuellen Übergriffs, einer sexuellen Nötigung oder einer Vergewaltigung sein können.

(1a) Spender von Organen oder Geweben oder von Blut zur Separation von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen (Spender) haben bei einer nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes erfolgenden Spende von Organen oder Geweben oder im Zusammenhang mit einer im Sinne von § 9 des Transfusionsgesetzes erfolgenden Spende zum Zwecke der Übertragung auf Versicherte (Entnahme bei lebenden Spendern) Anspruch auf Leistungen der Krankenbehandlung. Dazu gehören die ambulante und stationäre Behandlung der Spender, die medizinisch erforderliche Vor- und Nachbetreuung, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie die Erstattung des Ausfalls von Arbeitseinkünften als Krankengeld nach § 44a und erforderlicher Fahrkosten; dies gilt auch für Leistungen, die über die Leistungen nach dem Dritten Kapitel dieses Gesetzes, auf die ein Anspruch besteht, hinausgehen, soweit sie vom Versicherungsschutz des Spenders umfasst sind. Zuzahlungen sind von den Spendern nicht zu leisten. Zuständig für Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 ist die Krankenkasse der Empfänger von Organen, Geweben oder Blutstammzellen sowie anderen Blutbestandteilen (Empfänger). Im Zusammenhang mit der Spende von Knochenmark nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes, von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen nach § 9 des Transfusionsgesetzes können die Erstattung der erforderlichen Fahrkosten des Spenders und die Erstattung der Entgeltfortzahlung an den Arbeitgeber nach § 3a Absatz 2 Satz 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes einschließlich der Befugnis zum Erlass der hierzu erforderlichen Verwaltungsakte auf Dritte übertragen werden. Das Nähere kann der Spitzenverband Bund der Krankenkassen mit den für die nationale und internationale Suche nach nichtverwandten Spendern von Blutstammzellen aus Knochenmark oder peripherem Blut maßgeblichen Organisationen vereinbaren. Für die Behandlung von Folgeerkrankungen der Spender ist die Krankenkasse der Spender zuständig, sofern der Leistungsanspruch nicht nach § 11 Absatz 5 ausgeschlossen ist. Ansprüche nach diesem Absatz haben auch nicht gesetzlich krankenversicherte Personen. Die Krankenkasse der Spender ist befugt, die für die Leistungserbringung nach den Sätzen 1 und 2 erforderlichen personenbezogenen Daten an die Krankenkasse oder das private Krankenversicherungsunternehmen der Empfänger zu übermitteln; dies gilt auch für personenbezogene Daten von nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Krankenversicherungspflichtigen. Die nach Satz 9 übermittelten Daten dürfen nur für die Erbringung von Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 verarbeitet werden. Die Datenverarbeitung nach den Sätzen 9 und 10 darf nur mit schriftlicher Einwilligung der Spender, der eine umfassende Information vorausgegangen ist, erfolgen.

(2) Versicherte, die sich nur vorübergehend im Inland aufhalten, Ausländer, denen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt wurde, sowie

1.
asylsuchende Ausländer, deren Asylverfahren noch nicht unanfechtbar abgeschlossen ist,
2.
Vertriebene im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 und 3 des Bundesvertriebenengesetzes sowie Spätaussiedler im Sinne des § 4 des Bundesvertriebenengesetzes, ihre Ehegatten, Lebenspartner und Abkömmlinge im Sinne des § 7 Abs. 2 des Bundesvertriebenengesetzes haben Anspruch auf Versorgung mit Zahnersatz, wenn sie unmittelbar vor Inanspruchnahme mindestens ein Jahr lang Mitglied einer Krankenkasse (§ 4) oder nach § 10 versichert waren oder wenn die Behandlung aus medizinischen Gründen ausnahmsweise unaufschiebbar ist.

(1) Versicherte erhalten in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen neben der ärztlichen Behandlung häusliche Krankenpflege durch geeignete Pflegekräfte, wenn Krankenhausbehandlung geboten, aber nicht ausführbar ist, oder wenn sie durch die häusliche Krankenpflege vermieden oder verkürzt wird. § 10 der Werkstättenverordnung bleibt unberührt. Die häusliche Krankenpflege umfaßt die im Einzelfall erforderliche Grund- und Behandlungspflege sowie hauswirtschaftliche Versorgung. Der Anspruch besteht bis zu vier Wochen je Krankheitsfall. In begründeten Ausnahmefällen kann die Krankenkasse die häusliche Krankenpflege für einen längeren Zeitraum bewilligen, wenn der Medizinische Dienst (§ 275) festgestellt hat, daß dies aus den in Satz 1 genannten Gründen erforderlich ist.

(1a) Versicherte erhalten an geeigneten Orten im Sinne von Absatz 1 Satz 1 wegen schwerer Krankheit oder wegen akuter Verschlimmerung einer Krankheit, insbesondere nach einem Krankenhausaufenthalt, nach einer ambulanten Operation oder nach einer ambulanten Krankenhausbehandlung, soweit keine Pflegebedürftigkeit mit Pflegegrad 2, 3, 4 oder 5 im Sinne des Elften Buches vorliegt, die erforderliche Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung. Absatz 1 Satz 4 und 5 gilt entsprechend.

(2) Versicherte erhalten in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen als häusliche Krankenpflege Behandlungspflege, wenn diese zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist. § 10 der Werkstättenverordnung bleibt unberührt. Der Anspruch nach Satz 1 besteht über die dort genannten Fälle hinaus ausnahmsweise auch für solche Versicherte in zugelassenen Pflegeeinrichtungen im Sinne des § 43 des Elften Buches, die auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, einen besonders hohen Bedarf an medizinischer Behandlungspflege haben; § 37c Absatz 3 gilt entsprechend. Die Satzung kann bestimmen, dass die Krankenkasse zusätzlich zur Behandlungspflege nach Satz 1 als häusliche Krankenpflege auch Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung erbringt. Die Satzung kann dabei Dauer und Umfang der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung nach Satz 4 bestimmen. Leistungen nach den Sätzen 4 und 5 sind nach Eintritt von Pflegebedürftigkeit mit mindestens Pflegegrad 2 im Sinne des Elften Buches nicht zulässig. Versicherte, die nicht auf Dauer in Einrichtungen nach § 71 Abs. 2 oder 4 des Elften Buches aufgenommen sind, erhalten Leistungen nach Satz 1 und den Sätzen 4 bis 6 auch dann, wenn ihr Haushalt nicht mehr besteht und ihnen nur zur Durchführung der Behandlungspflege vorübergehender Aufenthalt in einer Einrichtung oder in einer anderen geeigneten Unterkunft zur Verfügung gestellt wird. Versicherte erhalten in stationären Einrichtungen im Sinne des § 43a des Elften Buches Leistungen nach Satz 1, wenn der Bedarf an Behandlungspflege eine ständige Überwachung und Versorgung durch eine qualifizierte Pflegefachkraft erfordert.

(2a) Die gesetzliche Krankenversicherung beteiligt sich an den Kosten der medizinischen Behandlungspflege in vollstationären Pflegeeinrichtungen mit einem jährlichen Pauschalbetrag in Höhe von 640 Millionen Euro, der an den Ausgleichsfonds der sozialen Pflegeversicherung zu leisten ist. Die Zahlung erfolgt anteilig quartalsweise. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen erhebt hierzu von den Krankenkassen eine Umlage gemäß dem Anteil der Versicherten der Krankenkassen an der Gesamtzahl der Versicherten aller Krankenkassen. Das Nähere zum Umlageverfahren und zur Zahlung an die Pflegeversicherung bestimmt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen.

(2b) Die häusliche Krankenpflege nach den Absätzen 1 und 2 umfasst auch die ambulante Palliativversorgung. Für Leistungen der ambulanten Palliativversorgung ist regelmäßig ein begründeter Ausnahmefall im Sinne von Absatz 1 Satz 5 anzunehmen. § 37b Absatz 4 gilt für die häusliche Krankenpflege zur ambulanten Palliativversorgung entsprechend.

(3) Der Anspruch auf häusliche Krankenpflege besteht nur, soweit eine im Haushalt lebende Person den Kranken in dem erforderlichen Umfang nicht pflegen und versorgen kann.

(4) Kann die Krankenkasse keine Kraft für die häusliche Krankenpflege stellen oder besteht Grund, davon abzusehen, sind den Versicherten die Kosten für eine selbstbeschaffte Kraft in angemessener Höhe zu erstatten.

(5) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 3 ergebenden Betrag, begrenzt auf die für die ersten 28 Kalendertage der Leistungsinanspruchnahme je Kalenderjahr anfallenden Kosten an die Krankenkasse.

(6) Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in Richtlinien nach § 92 fest, an welchen Orten und in welchen Fällen Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 auch außerhalb des Haushalts und der Familie des Versicherten erbracht werden können.

(7) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt in Richtlinien nach § 92 unter Berücksichtigung bestehender Therapieangebote das Nähere zur Versorgung von chronischen und schwer heilenden Wunden. Die Versorgung von chronischen und schwer heilenden Wunden kann auch in spezialisierten Einrichtungen an einem geeigneten Ort außerhalb der Häuslichkeit von Versicherten erfolgen.

(8) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt in der Richtlinie über die Verordnung häuslicher Krankenpflege nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis zum 31. Juli 2022 Rahmenvorgaben zu einzelnen nach dem Leistungsverzeichnis der Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 verordnungsfähigen Maßnahmen, bei denen Pflegefachkräfte, die die in den Rahmenempfehlungen nach § 132a Absatz 1 Satz 4 Nummer 7 geregelten Anforderungen erfüllen, innerhalb eines vertragsärztlich festgestellten Verordnungsrahmens selbst über die erforderliche Häufigkeit und Dauer bestimmen können, sowie Vorgaben zur Notwendigkeit eines erneuten Arztkontaktes und zur Information der Vertragsärztin oder des Vertragsarztes durch den Leistungserbringer über die erbrachten Maßnahmen.

(9) Zur Feststellung des tatsächlichen Ausgabenvolumens für die im Rahmen einer Versorgung nach Absatz 8 erbrachten Leistungen pseudonymisieren die Krankenkassen die Angaben zu den Ausgaben jeweils arztbezogen sowie versichertenbezogen. Sie übermitteln diese Angaben nach Durchführung der Abrechnungsprüfung dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen, der diese Daten für den Zweck der nach Absatz 10 durchzuführenden Evaluierung kassenartenübergreifend zusammenführt und diese Daten dem nach Absatz 10 Satz 2 beauftragten unabhängigen Dritten übermittelt. Das Nähere zur Datenübermittlung und zum Verfahren der Pseudonymisierung regelt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der beauftragte unabhängige Dritte nach Absatz 10 Satz 2 haben die ihnen nach Satz 2 übermittelten pseudonymisierten Daten spätestens ein Jahr nach Abschluss der Evaluierung zu löschen.

(10) Drei Jahre nach Inkrafttreten der Regelungen nach Absatz 8 evaluieren der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die in § 132a Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer unter Berücksichtigung der nach Absatz 9 Satz 2 übermittelten Daten insbesondere die mit der Versorgung nach Absatz 8 verbundenen Auswirkungen auf das Versorgungsgeschehen im Bereich der häuslichen Krankenpflege, die finanziellen Auswirkungen auf die Krankenkassen, die Wirtschaftlichkeit der Versorgung nach Absatz 8 sowie die Auswirkungen auf die Behandlungs- und Ergebnisqualität. Die Evaluierung hat durch einen durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die in § 132a Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer gemeinsam zu beauftragenden unabhängigen Dritten zu erfolgen.

(1) Pflegebedürftig im Sinne dieses Buches sind Personen, die gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten aufweisen und deshalb der Hilfe durch andere bedürfen. Es muss sich um Personen handeln, die körperliche, kognitive oder psychische Beeinträchtigungen oder gesundheitlich bedingte Belastungen oder Anforderungen nicht selbständig kompensieren oder bewältigen können. Die Pflegebedürftigkeit muss auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, und mit mindestens der in § 15 festgelegten Schwere bestehen.

(2) Maßgeblich für das Vorliegen von gesundheitlich bedingten Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten sind die in den folgenden sechs Bereichen genannten pflegefachlich begründeten Kriterien:

1.
Mobilität: Positionswechsel im Bett, Halten einer stabilen Sitzposition, Umsetzen, Fortbewegen innerhalb des Wohnbereichs, Treppensteigen;
2.
kognitive und kommunikative Fähigkeiten: Erkennen von Personen aus dem näheren Umfeld, örtliche Orientierung, zeitliche Orientierung, Erinnern an wesentliche Ereignisse oder Beobachtungen, Steuern von mehrschrittigen Alltagshandlungen, Treffen von Entscheidungen im Alltagsleben, Verstehen von Sachverhalten und Informationen, Erkennen von Risiken und Gefahren, Mitteilen von elementaren Bedürfnissen, Verstehen von Aufforderungen, Beteiligen an einem Gespräch;
3.
Verhaltensweisen und psychische Problemlagen: motorisch geprägte Verhaltensauffälligkeiten, nächtliche Unruhe, selbstschädigendes und autoaggressives Verhalten, Beschädigen von Gegenständen, physisch aggressives Verhalten gegenüber anderen Personen, verbale Aggression, andere pflegerelevante vokale Auffälligkeiten, Abwehr pflegerischer und anderer unterstützender Maßnahmen, Wahnvorstellungen, Ängste, Antriebslosigkeit bei depressiver Stimmungslage, sozial inadäquate Verhaltensweisen, sonstige pflegerelevante inadäquate Handlungen;
4.
Selbstversorgung: Waschen des vorderen Oberkörpers, Körperpflege im Bereich des Kopfes, Waschen des Intimbereichs, Duschen und Baden einschließlich Waschen der Haare, An- und Auskleiden des Oberkörpers, An- und Auskleiden des Unterkörpers, mundgerechtes Zubereiten der Nahrung und Eingießen von Getränken, Essen, Trinken, Benutzen einer Toilette oder eines Toilettenstuhls, Bewältigen der Folgen einer Harninkontinenz und Umgang mit Dauerkatheter und Urostoma, Bewältigen der Folgen einer Stuhlinkontinenz und Umgang mit Stoma, Ernährung parenteral oder über Sonde, Bestehen gravierender Probleme bei der Nahrungsaufnahme bei Kindern bis zu 18 Monaten, die einen außergewöhnlich pflegeintensiven Hilfebedarf auslösen;
5.
Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen:
a)
in Bezug auf Medikation, Injektionen, Versorgung intravenöser Zugänge, Absaugen und Sauerstoffgabe, Einreibungen sowie Kälte- und Wärmeanwendungen, Messung und Deutung von Körperzuständen, körpernahe Hilfsmittel,
b)
in Bezug auf Verbandswechsel und Wundversorgung, Versorgung mit Stoma, regelmäßige Einmalkatheterisierung und Nutzung von Abführmethoden, Therapiemaßnahmen in häuslicher Umgebung,
c)
in Bezug auf zeit- und technikintensive Maßnahmen in häuslicher Umgebung, Arztbesuche, Besuche anderer medizinischer oder therapeutischer Einrichtungen, zeitlich ausgedehnte Besuche medizinischer oder therapeutischer Einrichtungen, Besuch von Einrichtungen zur Frühförderung bei Kindern sowie
d)
in Bezug auf das Einhalten einer Diät oder anderer krankheits- oder therapiebedingter Verhaltensvorschriften;
6.
Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte: Gestaltung des Tagesablaufs und Anpassung an Veränderungen, Ruhen und Schlafen, Sichbeschäftigen, Vornehmen von in die Zukunft gerichteten Planungen, Interaktion mit Personen im direkten Kontakt, Kontaktpflege zu Personen außerhalb des direkten Umfelds.

(3) Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten, die dazu führen, dass die Haushaltsführung nicht mehr ohne Hilfe bewältigt werden kann, werden bei den Kriterien der in Absatz 2 genannten Bereiche berücksichtigt.

(1) Pflegebedürftige erhalten nach der Schwere der Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten einen Grad der Pflegebedürftigkeit (Pflegegrad). Der Pflegegrad wird mit Hilfe eines pflegefachlich begründeten Begutachtungsinstruments ermittelt.

(2) Das Begutachtungsinstrument ist in sechs Module gegliedert, die den sechs Bereichen in § 14 Absatz 2 entsprechen. In jedem Modul sind für die in den Bereichen genannten Kriterien die in Anlage 1 dargestellten Kategorien vorgesehen. Die Kategorien stellen die in ihnen zum Ausdruck kommenden verschiedenen Schweregrade der Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten dar. Den Kategorien werden in Bezug auf die einzelnen Kriterien pflegefachlich fundierte Einzelpunkte zugeordnet, die aus Anlage 1 ersichtlich sind. In jedem Modul werden die jeweils erreichbaren Summen aus Einzelpunkten nach den in Anlage 2 festgelegten Punktbereichen gegliedert. Die Summen der Punkte werden nach den in ihnen zum Ausdruck kommenden Schweregraden der Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten wie folgt bezeichnet:

1.
Punktbereich 0: keine Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
2.
Punktbereich 1: geringe Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
3.
Punktbereich 2: erhebliche Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
4.
Punktbereich 3: schwere Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten und
5.
Punktbereich 4: schwerste Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten.
Jedem Punktbereich in einem Modul werden unter Berücksichtigung der in ihm zum Ausdruck kommenden Schwere der Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten sowie der folgenden Gewichtung der Module die in Anlage 2 festgelegten, gewichteten Punkte zugeordnet. Die Module des Begutachtungsinstruments werden wie folgt gewichtet:
1.
Mobilität mit 10 Prozent,
2.
kognitive und kommunikative Fähigkeiten sowie Verhaltensweisen und psychische Problemlagen zusammen mit 15 Prozent,
3.
Selbstversorgung mit 40 Prozent,
4.
Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen mit 20 Prozent,
5.
Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte mit 15 Prozent.

(3) Zur Ermittlung des Pflegegrades sind die bei der Begutachtung festgestellten Einzelpunkte in jedem Modul zu addieren und dem in Anlage 2 festgelegten Punktbereich sowie den sich daraus ergebenden gewichteten Punkten zuzuordnen. Den Modulen 2 und 3 ist ein gemeinsamer gewichteter Punkt zuzuordnen, der aus den höchsten gewichteten Punkten entweder des Moduls 2 oder des Moduls 3 besteht. Aus den gewichteten Punkten aller Module sind durch Addition die Gesamtpunkte zu bilden. Auf der Basis der erreichten Gesamtpunkte sind pflegebedürftige Personen in einen der nachfolgenden Pflegegrade einzuordnen:

1.
ab 12,5 bis unter 27 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 1: geringe Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
2.
ab 27 bis unter 47,5 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 2: erhebliche Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
3.
ab 47,5 bis unter 70 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 3: schwere Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
4.
ab 70 bis unter 90 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 4: schwerste Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
5.
ab 90 bis 100 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 5: schwerste Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung.

(4) Pflegebedürftige mit besonderen Bedarfskonstellationen, die einen spezifischen, außergewöhnlich hohen Hilfebedarf mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung aufweisen, können aus pflegefachlichen Gründen dem Pflegegrad 5 zugeordnet werden, auch wenn ihre Gesamtpunkte unter 90 liegen. Der Medizinische Dienst Bund konkretisiert in den Richtlinien nach § 17 Absatz 1 die pflegefachlich begründeten Voraussetzungen für solche besonderen Bedarfskonstellationen.

(5) Bei der Begutachtung sind auch solche Kriterien zu berücksichtigen, die zu einem Hilfebedarf führen, für den Leistungen des Fünften Buches vorgesehen sind. Dies gilt auch für krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen. Krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen sind Maßnahmen der Behandlungspflege, bei denen der behandlungspflegerische Hilfebedarf aus medizinisch-pflegerischen Gründen regelmäßig und auf Dauer untrennbarer Bestandteil einer pflegerischen Maßnahme in den in § 14 Absatz 2 genannten sechs Bereichen ist oder mit einer solchen notwendig in einem unmittelbaren zeitlichen und sachlichen Zusammenhang steht.

(6) Bei pflegebedürftigen Kindern wird der Pflegegrad durch einen Vergleich der Beeinträchtigungen ihrer Selbständigkeit und ihrer Fähigkeiten mit altersentsprechend entwickelten Kindern ermittelt. Im Übrigen gelten die Absätze 1 bis 5 entsprechend.

(7) Pflegebedürftige Kinder im Alter bis zu 18 Monaten werden abweichend von den Absätzen 3, 4 und 6 Satz 2 wie folgt eingestuft:

1.
ab 12,5 bis unter 27 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 2,
2.
ab 27 bis unter 47,5 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 3,
3.
ab 47,5 bis unter 70 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 4,
4.
ab 70 bis 100 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 5.

(1) Versicherte erhalten in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen neben der ärztlichen Behandlung häusliche Krankenpflege durch geeignete Pflegekräfte, wenn Krankenhausbehandlung geboten, aber nicht ausführbar ist, oder wenn sie durch die häusliche Krankenpflege vermieden oder verkürzt wird. § 10 der Werkstättenverordnung bleibt unberührt. Die häusliche Krankenpflege umfaßt die im Einzelfall erforderliche Grund- und Behandlungspflege sowie hauswirtschaftliche Versorgung. Der Anspruch besteht bis zu vier Wochen je Krankheitsfall. In begründeten Ausnahmefällen kann die Krankenkasse die häusliche Krankenpflege für einen längeren Zeitraum bewilligen, wenn der Medizinische Dienst (§ 275) festgestellt hat, daß dies aus den in Satz 1 genannten Gründen erforderlich ist.

(1a) Versicherte erhalten an geeigneten Orten im Sinne von Absatz 1 Satz 1 wegen schwerer Krankheit oder wegen akuter Verschlimmerung einer Krankheit, insbesondere nach einem Krankenhausaufenthalt, nach einer ambulanten Operation oder nach einer ambulanten Krankenhausbehandlung, soweit keine Pflegebedürftigkeit mit Pflegegrad 2, 3, 4 oder 5 im Sinne des Elften Buches vorliegt, die erforderliche Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung. Absatz 1 Satz 4 und 5 gilt entsprechend.

(2) Versicherte erhalten in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen als häusliche Krankenpflege Behandlungspflege, wenn diese zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist. § 10 der Werkstättenverordnung bleibt unberührt. Der Anspruch nach Satz 1 besteht über die dort genannten Fälle hinaus ausnahmsweise auch für solche Versicherte in zugelassenen Pflegeeinrichtungen im Sinne des § 43 des Elften Buches, die auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, einen besonders hohen Bedarf an medizinischer Behandlungspflege haben; § 37c Absatz 3 gilt entsprechend. Die Satzung kann bestimmen, dass die Krankenkasse zusätzlich zur Behandlungspflege nach Satz 1 als häusliche Krankenpflege auch Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung erbringt. Die Satzung kann dabei Dauer und Umfang der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung nach Satz 4 bestimmen. Leistungen nach den Sätzen 4 und 5 sind nach Eintritt von Pflegebedürftigkeit mit mindestens Pflegegrad 2 im Sinne des Elften Buches nicht zulässig. Versicherte, die nicht auf Dauer in Einrichtungen nach § 71 Abs. 2 oder 4 des Elften Buches aufgenommen sind, erhalten Leistungen nach Satz 1 und den Sätzen 4 bis 6 auch dann, wenn ihr Haushalt nicht mehr besteht und ihnen nur zur Durchführung der Behandlungspflege vorübergehender Aufenthalt in einer Einrichtung oder in einer anderen geeigneten Unterkunft zur Verfügung gestellt wird. Versicherte erhalten in stationären Einrichtungen im Sinne des § 43a des Elften Buches Leistungen nach Satz 1, wenn der Bedarf an Behandlungspflege eine ständige Überwachung und Versorgung durch eine qualifizierte Pflegefachkraft erfordert.

(2a) Die gesetzliche Krankenversicherung beteiligt sich an den Kosten der medizinischen Behandlungspflege in vollstationären Pflegeeinrichtungen mit einem jährlichen Pauschalbetrag in Höhe von 640 Millionen Euro, der an den Ausgleichsfonds der sozialen Pflegeversicherung zu leisten ist. Die Zahlung erfolgt anteilig quartalsweise. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen erhebt hierzu von den Krankenkassen eine Umlage gemäß dem Anteil der Versicherten der Krankenkassen an der Gesamtzahl der Versicherten aller Krankenkassen. Das Nähere zum Umlageverfahren und zur Zahlung an die Pflegeversicherung bestimmt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen.

(2b) Die häusliche Krankenpflege nach den Absätzen 1 und 2 umfasst auch die ambulante Palliativversorgung. Für Leistungen der ambulanten Palliativversorgung ist regelmäßig ein begründeter Ausnahmefall im Sinne von Absatz 1 Satz 5 anzunehmen. § 37b Absatz 4 gilt für die häusliche Krankenpflege zur ambulanten Palliativversorgung entsprechend.

(3) Der Anspruch auf häusliche Krankenpflege besteht nur, soweit eine im Haushalt lebende Person den Kranken in dem erforderlichen Umfang nicht pflegen und versorgen kann.

(4) Kann die Krankenkasse keine Kraft für die häusliche Krankenpflege stellen oder besteht Grund, davon abzusehen, sind den Versicherten die Kosten für eine selbstbeschaffte Kraft in angemessener Höhe zu erstatten.

(5) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 3 ergebenden Betrag, begrenzt auf die für die ersten 28 Kalendertage der Leistungsinanspruchnahme je Kalenderjahr anfallenden Kosten an die Krankenkasse.

(6) Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in Richtlinien nach § 92 fest, an welchen Orten und in welchen Fällen Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 auch außerhalb des Haushalts und der Familie des Versicherten erbracht werden können.

(7) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt in Richtlinien nach § 92 unter Berücksichtigung bestehender Therapieangebote das Nähere zur Versorgung von chronischen und schwer heilenden Wunden. Die Versorgung von chronischen und schwer heilenden Wunden kann auch in spezialisierten Einrichtungen an einem geeigneten Ort außerhalb der Häuslichkeit von Versicherten erfolgen.

(8) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt in der Richtlinie über die Verordnung häuslicher Krankenpflege nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis zum 31. Juli 2022 Rahmenvorgaben zu einzelnen nach dem Leistungsverzeichnis der Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 verordnungsfähigen Maßnahmen, bei denen Pflegefachkräfte, die die in den Rahmenempfehlungen nach § 132a Absatz 1 Satz 4 Nummer 7 geregelten Anforderungen erfüllen, innerhalb eines vertragsärztlich festgestellten Verordnungsrahmens selbst über die erforderliche Häufigkeit und Dauer bestimmen können, sowie Vorgaben zur Notwendigkeit eines erneuten Arztkontaktes und zur Information der Vertragsärztin oder des Vertragsarztes durch den Leistungserbringer über die erbrachten Maßnahmen.

(9) Zur Feststellung des tatsächlichen Ausgabenvolumens für die im Rahmen einer Versorgung nach Absatz 8 erbrachten Leistungen pseudonymisieren die Krankenkassen die Angaben zu den Ausgaben jeweils arztbezogen sowie versichertenbezogen. Sie übermitteln diese Angaben nach Durchführung der Abrechnungsprüfung dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen, der diese Daten für den Zweck der nach Absatz 10 durchzuführenden Evaluierung kassenartenübergreifend zusammenführt und diese Daten dem nach Absatz 10 Satz 2 beauftragten unabhängigen Dritten übermittelt. Das Nähere zur Datenübermittlung und zum Verfahren der Pseudonymisierung regelt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der beauftragte unabhängige Dritte nach Absatz 10 Satz 2 haben die ihnen nach Satz 2 übermittelten pseudonymisierten Daten spätestens ein Jahr nach Abschluss der Evaluierung zu löschen.

(10) Drei Jahre nach Inkrafttreten der Regelungen nach Absatz 8 evaluieren der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die in § 132a Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer unter Berücksichtigung der nach Absatz 9 Satz 2 übermittelten Daten insbesondere die mit der Versorgung nach Absatz 8 verbundenen Auswirkungen auf das Versorgungsgeschehen im Bereich der häuslichen Krankenpflege, die finanziellen Auswirkungen auf die Krankenkassen, die Wirtschaftlichkeit der Versorgung nach Absatz 8 sowie die Auswirkungen auf die Behandlungs- und Ergebnisqualität. Die Evaluierung hat durch einen durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die in § 132a Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer gemeinsam zu beauftragenden unabhängigen Dritten zu erfolgen.

(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewähr für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten; dabei ist den besonderen Erfordernissen der Versorgung von Kindern und Jugendlichen sowie behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen und psychisch Kranker Rechnung zu tragen, vor allem bei den Leistungen zur Belastungserprobung und Arbeitstherapie; er kann dabei die Erbringung und Verordnung von Leistungen oder Maßnahmen einschränken oder ausschließen, wenn nach allgemein anerkanntem Stand der medizinischen Erkenntnisse der diagnostische oder therapeutische Nutzen, die medizinische Notwendigkeit oder die Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen sind; er kann die Verordnung von Arzneimitteln einschränken oder ausschließen, wenn die Unzweckmäßigkeit erwiesen oder eine andere, wirtschaftlichere Behandlungsmöglichkeit mit vergleichbarem diagnostischen oder therapeutischen Nutzen verfügbar ist. Er soll insbesondere Richtlinien beschließen über die

1.
ärztliche Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz sowie kieferorthopädische Behandlung,
3.
Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten und zur Qualitätssicherung der Früherkennungsuntersuchungen sowie zur Durchführung organisierter Krebsfrüherkennungsprogramme nach § 25a einschließlich der systematischen Erfassung, Überwachung und Verbesserung der Qualität dieser Programme,
4.
ärztliche Betreuung bei Schwangerschaft und Mutterschaft,
5.
Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden,
6.
Verordnung von Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, Krankenhausbehandlung, häuslicher Krankenpflege, Soziotherapie und außerklinischer Intensivpflege sowie zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes,
7.
Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit einschließlich der Arbeitsunfähigkeit nach § 44a Satz 1 sowie der nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a versicherten erwerbsfähigen Hilfebedürftigen im Sinne des Zweiten Buches,
8.
Verordnung von im Einzelfall gebotenen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und die Beratung über Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und ergänzende Leistungen zur Rehabilitation,
9.
Bedarfsplanung,
10.
medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nach § 27a Abs. 1 sowie die Kryokonservierung nach § 27a Absatz 4,
11.
Maßnahmen nach den §§ 24a und 24b,
12.
Verordnung von Krankentransporten,
13.
Qualitätssicherung,
14.
spezialisierte ambulante Palliativversorgung,
15.
Schutzimpfungen.

(1a) Die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 sind auf eine ursachengerechte, zahnsubstanzschonende und präventionsorientierte zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz sowie kieferorthopädischer Behandlung auszurichten. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die Richtlinien auf der Grundlage auch von externem, umfassendem zahnmedizinisch-wissenschaftlichem Sachverstand zu beschließen. Das Bundesministerium für Gesundheit kann dem Gemeinsamen Bundesausschuss vorgeben, einen Beschluss zu einzelnen dem Bundesausschuss durch Gesetz zugewiesenen Aufgaben zu fassen oder zu überprüfen und hierzu eine angemessene Frist setzen. Bei Nichteinhaltung der Frist fasst eine aus den Mitgliedern des Bundesausschusses zu bildende Schiedsstelle innerhalb von 30 Tagen den erforderlichen Beschluss. Die Schiedsstelle besteht aus dem unparteiischen Vorsitzenden, den zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern des Bundesausschusses und je einem von der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen bestimmten Vertreter. Vor der Entscheidung des Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 ist den für die Wahrnehmung der Interessen von Zahntechnikern maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(1b) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 4 ist den in § 134a Absatz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(2) Die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 haben Arznei- und Heilmittel unter Berücksichtigung der Bewertungen nach den §§ 35a und 35b so zusammenzustellen, daß dem Arzt die wirtschaftliche und zweckmäßige Auswahl der Arzneimitteltherapie ermöglicht wird. Die Zusammenstellung der Arzneimittel ist nach Indikationsgebieten und Stoffgruppen zu gliedern. Um dem Arzt eine therapie- und preisgerechte Auswahl der Arzneimittel zu ermöglichen, sind zu den einzelnen Indikationsgebieten Hinweise aufzunehmen, aus denen sich für Arzneimittel mit pharmakologisch vergleichbaren Wirkstoffen oder therapeutisch vergleichbarer Wirkung eine Bewertung des therapeutischen Nutzens auch im Verhältnis zu den Therapiekosten und damit zur Wirtschaftlichkeit der Verordnung ergibt; § 73 Abs. 8 Satz 3 bis 6 gilt entsprechend. Um dem Arzt eine therapie- und preisgerechte Auswahl der Arzneimittel zu ermöglichen, können ferner für die einzelnen Indikationsgebiete die Arzneimittel in folgenden Gruppen zusammengefaßt werden:

1.
Mittel, die allgemein zur Behandlung geeignet sind,
2.
Mittel, die nur bei einem Teil der Patienten oder in besonderen Fällen zur Behandlung geeignet sind,
3.
Mittel, bei deren Verordnung wegen bekannter Risiken oder zweifelhafter therapeutischer Zweckmäßigkeit besondere Aufmerksamkeit geboten ist.
Absatz 3a gilt entsprechend. In den Therapiehinweisen nach den Sätzen 1 und 7 können Anforderungen an die qualitätsgesicherte Anwendung von Arzneimitteln festgestellt werden, insbesondere bezogen auf die Qualifikation des Arztes oder auf die zu behandelnden Patientengruppen. In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 können auch Therapiehinweise zu Arzneimitteln außerhalb von Zusammenstellungen gegeben werden; die Sätze 3 und 4 sowie Absatz 1 Satz 1 dritter Halbsatz gelten entsprechend. Die Therapiehinweise nach den Sätzen 1 und 7 können Empfehlungen zu den Anteilen einzelner Wirkstoffe an den Verordnungen im Indikationsgebiet vorsehen. Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt die Grundsätze für die Therapiehinweise nach den Sätzen 1 und 7 in seiner Verfahrensordnung. Verordnungseinschränkungen oder Verordnungsausschlüsse nach Absatz 1 für Arzneimittel beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss gesondert in Richtlinien außerhalb von Therapiehinweisen. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann die Verordnung eines Arzneimittels nur einschränken oder ausschließen, wenn die Wirtschaftlichkeit nicht durch einen Festbetrag nach § 35 hergestellt werden kann. Verordnungseinschränkungen oder -ausschlüsse eines Arzneimittels wegen Unzweckmäßigkeit nach Absatz 1 Satz 1 dürfen den Feststellungen der Zulassungsbehörde über Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit eines Arzneimittels nicht widersprechen.

(2a) Der Gemeinsame Bundesausschuss kann im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft vom pharmazeutischen Unternehmer im Benehmen mit der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte oder dem Paul-Ehrlich-Institut innerhalb einer angemessenen Frist ergänzende versorgungsrelevante Studien zur Bewertung der Zweckmäßigkeit eines Arzneimittels fordern. Absatz 3a gilt für die Forderung nach Satz 1 entsprechend. Das Nähere zu den Voraussetzungen, zu der Forderung ergänzender Studien, zu Fristen sowie zu den Anforderungen an die Studien regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung. Werden die Studien nach Satz 1 nicht oder nicht rechtzeitig vorgelegt, kann der Gemeinsame Bundesausschuss das Arzneimittel abweichend von Absatz 1 Satz 1 von der Verordnungsfähigkeit ausschließen. Eine gesonderte Klage gegen die Forderung ergänzender Studien ist ausgeschlossen.

(3) Für Klagen gegen die Zusammenstellung der Arzneimittel nach Absatz 2 gelten die Vorschriften über die Anfechtungsklage entsprechend. Die Klagen haben keine aufschiebende Wirkung. Ein Vorverfahren findet nicht statt. Eine gesonderte Klage gegen die Gliederung nach Indikationsgebieten oder Stoffgruppen nach Absatz 2 Satz 2, die Zusammenfassung der Arzneimittel in Gruppen nach Absatz 2 Satz 4 oder gegen sonstige Bestandteile der Zusammenstellung nach Absatz 2 ist unzulässig.

(3a) Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zur Verordnung von Arzneimitteln und zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes und Therapiehinweisen nach Absatz 2 Satz 7 ist den Sachverständigen der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft und Praxis sowie den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der pharmazeutischen Unternehmer, den betroffenen pharmazeutischen Unternehmern, den Berufsvertretungen der Apotheker und den maßgeblichen Dachverbänden der Ärztegesellschaften der besonderen Therapierichtungen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat unter Wahrung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Gutachten oder Empfehlungen von Sachverständigen, die er bei Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zur Verordnung von Arzneimitteln und zur Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne von § 4 Absatz 9 des Arzneimittelgesetzes sowie bei Therapiehinweisen nach Absatz 2 Satz 7 zu Grunde legt, bei Einleitung des Stellungnahmeverfahrens zu benennen und zu veröffentlichen sowie in den tragenden Gründen der Beschlüsse zu benennen.

(4) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 3 sind insbesondere zu regeln

1.
die Anwendung wirtschaftlicher Verfahren und die Voraussetzungen, unter denen mehrere Maßnahmen zur Früherkennung zusammenzufassen sind,
2.
das Nähere über die Bescheinigungen und Aufzeichnungen bei Durchführung der Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten,
3.
Einzelheiten zum Verfahren und zur Durchführung von Auswertungen der Aufzeichnungen sowie der Evaluation der Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten einschließlich der organisierten Krebsfrüherkennungsprogramme nach § 25a.

(4a) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis zum 31. Dezember 2021 in den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 Regelungen zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der ausschließlichen Fernbehandlung in geeigneten Fällen. Bei der Festlegung der Regelungen nach Satz 1 ist zu beachten, dass im Falle der erstmaligen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der ausschließlichen Fernbehandlung diese nicht über einen Zeitraum von bis zu drei Kalendertagen hinausgehen und ihr keine Feststellung des Fortbestehens der Arbeitsunfähigkeit folgen soll. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat dem Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der Regelungen nach Satz 1 über das Bundesministerium für Gesundheit einen Bericht über deren Umsetzung vorzulegen. Bei der Erstellung des Berichtes ist den Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. In Ergänzung der nach Satz 1 beschlossenen Regelungen beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss bis zum 31. Januar 2024 in den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 Regelungen zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit bei Erkrankungen, die keine schwere Symptomatik vorweisen sowie ausschließlich bezogen auf in der jeweiligen ärztlichen Praxis bekannte Patientinnen und Patienten auch nach telefonischer Anamnese.

(5) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 8 ist den in § 111b Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer, den Rehabilitationsträgern (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 bis 7 des Neunten Buches) sowie der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. In den Richtlinien ist zu regeln, bei welchen Behinderungen, unter welchen Voraussetzungen und nach welchen Verfahren die Vertragsärzte die Krankenkassen über die Behinderungen von Versicherten zu unterrichten haben.

(6) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist insbesondere zu regeln

1.
der Katalog verordnungsfähiger Heilmittel,
2.
die Zuordnung der Heilmittel zu Indikationen,
3.
die indikationsbezogenen orientierenden Behandlungsmengen und die Zahl der Behandlungseinheiten je Verordnung,
4.
Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des verordnenden Vertragsarztes mit dem jeweiligen Heilmittelerbringer,
5.
auf welche Angaben bei Verordnungen nach § 73 Absatz 11 Satz 1 verzichtet werden kann sowie
6.
die Dauer der Gültigkeit einer Verordnung nach § 73 Absatz 11 Satz 1.
Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von Heilmitteln nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 125 Abs. 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(6a) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 ist insbesondere das Nähere über die psychotherapeutisch behandlungsbedürftigen Krankheiten, die zur Krankenbehandlung geeigneten Verfahren, das Antrags- und Gutachterverfahren, die probatorischen Sitzungen sowie über Art, Umfang und Durchführung der Behandlung zu regeln; der Gemeinsame Bundesausschuss kann dabei Regelungen treffen, die leitliniengerecht den Behandlungsbedarf konkretisieren. Sofern sich nach einer Krankenhausbehandlung eine ambulante psychotherapeutische Behandlung anschließen soll, können erforderliche probatorische Sitzungen frühzeitig, bereits während der Krankenhausbehandlung sowohl in der vertragsärztlichen Praxis als auch in den Räumen des Krankenhauses durchgeführt werden; das Nähere regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach Satz 1 und nach Absatz 6b. Die Richtlinien nach Satz 1 haben darüber hinaus Regelungen zu treffen über die inhaltlichen Anforderungen an den Konsiliarbericht und an die fachlichen Anforderungen des den Konsiliarbericht (§ 28 Abs. 3) abgebenden Vertragsarztes. Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt in den Richtlinien nach Satz 1 Regelungen zur Flexibilisierung des Therapieangebotes, insbesondere zur Einrichtung von psychotherapeutischen Sprechstunden, zur Förderung der frühzeitigen diagnostischen Abklärung und der Akutversorgung, zur Förderung von Gruppentherapien und der Rezidivprophylaxe sowie zur Vereinfachung des Antrags- und Gutachterverfahrens. Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2020 in einer Ergänzung der Richtlinien nach Satz 1 Regelungen zur weiteren Förderung der Gruppentherapie und der weiteren Vereinfachung des Gutachterverfahrens; für Gruppentherapien findet ab dem 23. November 2019 kein Gutachterverfahren mehr statt. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat sämtliche Regelungen zum Antrags- und Gutachterverfahren aufzuheben, sobald er ein Verfahren zur Qualitätssicherung nach § 136a Absatz 2a eingeführt hat.

(6b) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2020 in einer Richtlinie nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Regelungen für eine berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung, insbesondere für schwer psychisch kranke Versicherte mit einem komplexen psychiatrischen oder psychotherapeutischen Behandlungsbedarf. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann dabei Regelungen treffen, die diagnoseorientiert und leitliniengerecht den Behandlungsbedarf konkretisieren. In der Richtlinie sind auch Regelungen zur Erleichterung des Übergangs von der stationären in die ambulante Versorgung zu treffen.

(6c) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt bis spätestens zum 31. Dezember 2023 in einer Richtlinie nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Regelungen für eine berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung für Versicherte mit Verdacht auf Long-COVID. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann hierzu Regelungen treffen, die insbesondere eine interdisziplinäre und standardisierte Diagnostik und den zeitnahen Zugang zu einem multimodalen Therapieangebot sicherstellen. Er kann den Anwendungsbereich seiner Richtlinie auf die Versorgung von Versicherten erstrecken, bei denen ein Verdacht auf eine andere Erkrankung besteht, die eine ähnliche Ursache oder eine ähnliche Krankheitsausprägung wie Long-COVID aufweist.

(7) In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 sind insbesondere zu regeln

1.
die Verordnung der häuslichen Krankenpflege und deren ärztliche Zielsetzung,
2.
Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des verordnenden Vertragsarztes mit dem jeweiligen Leistungserbringer und dem Krankenhaus,
3.
die Voraussetzungen für die Verordnung häuslicher Krankenpflege und für die Mitgabe von Arzneimitteln im Krankenhaus im Anschluss an einen Krankenhausaufenthalt,
4.
Näheres zur Verordnung häuslicher Krankenpflege zur Dekolonisation von Trägern mit dem Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA),
5.
Näheres zur Verordnung häuslicher Krankenpflege zur ambulanten Palliativversorgung.
Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von häuslicher Krankenpflege nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 132a Abs. 1 Satz 1 genannten Leistungserbringern und zu den Regelungen gemäß Satz 1 Nummer 5 zusätzlich den maßgeblichen Spitzenorganisationen der Hospizarbeit und der Palliativversorgung auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7a) Vor der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Richtlinien zur Verordnung von Hilfsmitteln nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den in § 127 Absatz 9 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer und den Spitzenorganisationen der betroffenen Hilfsmittelhersteller auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7b) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von spezialisierter ambulanter Palliativversorgung nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 14 ist den maßgeblichen Organisationen der Hospizarbeit und der Palliativversorgung sowie den in § 132a Abs. 1 Satz 1 genannten Organisationen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7c) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von Soziotherapie nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 ist den maßgeblichen Organisationen der Leistungserbringer der Soziotherapieversorgung Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7d) Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach den §§ 135, 137c und § 137e ist den jeweils einschlägigen wissenschaftlichen Fachgesellschaften Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; bei Methoden, deren technische Anwendung maßgeblich auf dem Einsatz eines Medizinprodukts beruht, ist auch den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der Medizinproduktehersteller und den jeweils betroffenen Medizinprodukteherstellern Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Bei Methoden, bei denen radioaktive Stoffe oder ionisierende Strahlung am Menschen angewandt werden, ist auch der Strahlenschutzkommission Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(7e) Bei den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 9 erhalten die Länder ein Antrags- und Mitberatungsrecht. Es wird durch zwei Vertreter der Länder ausgeübt, die von der Gesundheitsministerkonferenz der Länder benannt werden. Die Mitberatung umfasst auch das Recht, Beratungsgegenstände auf die Tagesordnung setzen zu lassen und das Recht zur Anwesenheit bei der Beschlussfassung. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat über Anträge der Länder in der nächsten Sitzung des jeweiligen Gremiums zu beraten. Wenn über einen Antrag nicht entschieden werden kann, soll in der Sitzung das Verfahren hinsichtlich der weiteren Beratung und Entscheidung festgelegt werden. Entscheidungen über die Einrichtung einer Arbeitsgruppe und die Bestellung von Sachverständigen durch den zuständigen Unterausschuss sind nur im Einvernehmen mit den beiden Vertretern der Länder zu treffen. Dabei haben diese ihr Votum einheitlich abzugeben.

(7f) Bei den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 13 und den Beschlüssen nach den §§ 136b und 136c erhalten die Länder ein Antrags- und Mitberatungsrecht; Absatz 7e Satz 2 bis 7 gilt entsprechend. Vor der Entscheidung über die Richtlinien nach § 136 Absatz 1 in Verbindung mit § 136a Absatz 1 Satz 1 bis 3 ist dem Robert Koch-Institut Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Das Robert Koch-Institut hat die Stellungnahme mit den wissenschaftlichen Kommissionen am Robert Koch-Institut nach § 23 des Infektionsschutzgesetzes abzustimmen. Die Stellungnahme ist in die Entscheidung einzubeziehen.

(7g) Vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung außerklinischer Intensivpflege nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 ist den in § 132l Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer sowie den für die Wahrnehmung der Interessen der betroffenen Versicherten maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.

(8) Die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses sind Bestandteil der Bundesmantelverträge.

(1) Versicherte erhalten in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen neben der ärztlichen Behandlung häusliche Krankenpflege durch geeignete Pflegekräfte, wenn Krankenhausbehandlung geboten, aber nicht ausführbar ist, oder wenn sie durch die häusliche Krankenpflege vermieden oder verkürzt wird. § 10 der Werkstättenverordnung bleibt unberührt. Die häusliche Krankenpflege umfaßt die im Einzelfall erforderliche Grund- und Behandlungspflege sowie hauswirtschaftliche Versorgung. Der Anspruch besteht bis zu vier Wochen je Krankheitsfall. In begründeten Ausnahmefällen kann die Krankenkasse die häusliche Krankenpflege für einen längeren Zeitraum bewilligen, wenn der Medizinische Dienst (§ 275) festgestellt hat, daß dies aus den in Satz 1 genannten Gründen erforderlich ist.

(1a) Versicherte erhalten an geeigneten Orten im Sinne von Absatz 1 Satz 1 wegen schwerer Krankheit oder wegen akuter Verschlimmerung einer Krankheit, insbesondere nach einem Krankenhausaufenthalt, nach einer ambulanten Operation oder nach einer ambulanten Krankenhausbehandlung, soweit keine Pflegebedürftigkeit mit Pflegegrad 2, 3, 4 oder 5 im Sinne des Elften Buches vorliegt, die erforderliche Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung. Absatz 1 Satz 4 und 5 gilt entsprechend.

(2) Versicherte erhalten in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen als häusliche Krankenpflege Behandlungspflege, wenn diese zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist. § 10 der Werkstättenverordnung bleibt unberührt. Der Anspruch nach Satz 1 besteht über die dort genannten Fälle hinaus ausnahmsweise auch für solche Versicherte in zugelassenen Pflegeeinrichtungen im Sinne des § 43 des Elften Buches, die auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, einen besonders hohen Bedarf an medizinischer Behandlungspflege haben; § 37c Absatz 3 gilt entsprechend. Die Satzung kann bestimmen, dass die Krankenkasse zusätzlich zur Behandlungspflege nach Satz 1 als häusliche Krankenpflege auch Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung erbringt. Die Satzung kann dabei Dauer und Umfang der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung nach Satz 4 bestimmen. Leistungen nach den Sätzen 4 und 5 sind nach Eintritt von Pflegebedürftigkeit mit mindestens Pflegegrad 2 im Sinne des Elften Buches nicht zulässig. Versicherte, die nicht auf Dauer in Einrichtungen nach § 71 Abs. 2 oder 4 des Elften Buches aufgenommen sind, erhalten Leistungen nach Satz 1 und den Sätzen 4 bis 6 auch dann, wenn ihr Haushalt nicht mehr besteht und ihnen nur zur Durchführung der Behandlungspflege vorübergehender Aufenthalt in einer Einrichtung oder in einer anderen geeigneten Unterkunft zur Verfügung gestellt wird. Versicherte erhalten in stationären Einrichtungen im Sinne des § 43a des Elften Buches Leistungen nach Satz 1, wenn der Bedarf an Behandlungspflege eine ständige Überwachung und Versorgung durch eine qualifizierte Pflegefachkraft erfordert.

(2a) Die gesetzliche Krankenversicherung beteiligt sich an den Kosten der medizinischen Behandlungspflege in vollstationären Pflegeeinrichtungen mit einem jährlichen Pauschalbetrag in Höhe von 640 Millionen Euro, der an den Ausgleichsfonds der sozialen Pflegeversicherung zu leisten ist. Die Zahlung erfolgt anteilig quartalsweise. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen erhebt hierzu von den Krankenkassen eine Umlage gemäß dem Anteil der Versicherten der Krankenkassen an der Gesamtzahl der Versicherten aller Krankenkassen. Das Nähere zum Umlageverfahren und zur Zahlung an die Pflegeversicherung bestimmt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen.

(2b) Die häusliche Krankenpflege nach den Absätzen 1 und 2 umfasst auch die ambulante Palliativversorgung. Für Leistungen der ambulanten Palliativversorgung ist regelmäßig ein begründeter Ausnahmefall im Sinne von Absatz 1 Satz 5 anzunehmen. § 37b Absatz 4 gilt für die häusliche Krankenpflege zur ambulanten Palliativversorgung entsprechend.

(3) Der Anspruch auf häusliche Krankenpflege besteht nur, soweit eine im Haushalt lebende Person den Kranken in dem erforderlichen Umfang nicht pflegen und versorgen kann.

(4) Kann die Krankenkasse keine Kraft für die häusliche Krankenpflege stellen oder besteht Grund, davon abzusehen, sind den Versicherten die Kosten für eine selbstbeschaffte Kraft in angemessener Höhe zu erstatten.

(5) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 3 ergebenden Betrag, begrenzt auf die für die ersten 28 Kalendertage der Leistungsinanspruchnahme je Kalenderjahr anfallenden Kosten an die Krankenkasse.

(6) Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in Richtlinien nach § 92 fest, an welchen Orten und in welchen Fällen Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 auch außerhalb des Haushalts und der Familie des Versicherten erbracht werden können.

(7) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt in Richtlinien nach § 92 unter Berücksichtigung bestehender Therapieangebote das Nähere zur Versorgung von chronischen und schwer heilenden Wunden. Die Versorgung von chronischen und schwer heilenden Wunden kann auch in spezialisierten Einrichtungen an einem geeigneten Ort außerhalb der Häuslichkeit von Versicherten erfolgen.

(8) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt in der Richtlinie über die Verordnung häuslicher Krankenpflege nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis zum 31. Juli 2022 Rahmenvorgaben zu einzelnen nach dem Leistungsverzeichnis der Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 verordnungsfähigen Maßnahmen, bei denen Pflegefachkräfte, die die in den Rahmenempfehlungen nach § 132a Absatz 1 Satz 4 Nummer 7 geregelten Anforderungen erfüllen, innerhalb eines vertragsärztlich festgestellten Verordnungsrahmens selbst über die erforderliche Häufigkeit und Dauer bestimmen können, sowie Vorgaben zur Notwendigkeit eines erneuten Arztkontaktes und zur Information der Vertragsärztin oder des Vertragsarztes durch den Leistungserbringer über die erbrachten Maßnahmen.

(9) Zur Feststellung des tatsächlichen Ausgabenvolumens für die im Rahmen einer Versorgung nach Absatz 8 erbrachten Leistungen pseudonymisieren die Krankenkassen die Angaben zu den Ausgaben jeweils arztbezogen sowie versichertenbezogen. Sie übermitteln diese Angaben nach Durchführung der Abrechnungsprüfung dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen, der diese Daten für den Zweck der nach Absatz 10 durchzuführenden Evaluierung kassenartenübergreifend zusammenführt und diese Daten dem nach Absatz 10 Satz 2 beauftragten unabhängigen Dritten übermittelt. Das Nähere zur Datenübermittlung und zum Verfahren der Pseudonymisierung regelt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der beauftragte unabhängige Dritte nach Absatz 10 Satz 2 haben die ihnen nach Satz 2 übermittelten pseudonymisierten Daten spätestens ein Jahr nach Abschluss der Evaluierung zu löschen.

(10) Drei Jahre nach Inkrafttreten der Regelungen nach Absatz 8 evaluieren der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die in § 132a Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer unter Berücksichtigung der nach Absatz 9 Satz 2 übermittelten Daten insbesondere die mit der Versorgung nach Absatz 8 verbundenen Auswirkungen auf das Versorgungsgeschehen im Bereich der häuslichen Krankenpflege, die finanziellen Auswirkungen auf die Krankenkassen, die Wirtschaftlichkeit der Versorgung nach Absatz 8 sowie die Auswirkungen auf die Behandlungs- und Ergebnisqualität. Die Evaluierung hat durch einen durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die in § 132a Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer gemeinsam zu beauftragenden unabhängigen Dritten zu erfolgen.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten werden die Urteile des Landessozialgerichts Hamburg vom 24. April 2014 und des Sozialgerichts Hamburg vom 6. Februar 2012 geändert und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert wird auf 6920,50 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die als örtlicher Sozialhilfeträger klagende Stadt macht gegen die beklagte Krankenkasse einen Erstattungsanspruch für Kosten geltend, die sie für die Versorgung eines Versicherten der Beklagten mit häuslicher Krankenpflege durch einen Pflegedienst getragen hat.

2

Der 1964 geborene M. H. (im Folgenden: Versicherter) lebte in der Zeit von Juni 2007 bis März 2009 in einer von der Beigeladenen betriebenen stationären Einrichtung zur sozialpädagogisch betreuten Unterbringung wohnungsloser Männer in H. Er litt ua an HIV, Hepatitis C, substituierter Drogenabhängigkeit und Enzephalitis mit Wesensveränderung. Die Klägerin kam im Rahmen der Eingliederungshilfe nach den §§ 53, 54 SGB XII für die Kosten der Unterbringung in der Einrichtung auf. Für den Versicherten war die Pflegestufe I festgestellt; er bezog Arbeitslosengeld II.

3

Für die Zeit vom 8.6.2007 bis 31.3.2009 verordnete der behandelnde Arzt dem Versicherten zur Medikamentengabe häusliche Krankenpflege, die von einem Pflegedienst erbracht wurde. Die Beklagte lehnte die Versorgung des Versicherten mit häuslicher Krankenpflege ab und empfahl ihm, sich an den örtlichen Träger der Sozialhilfe bzw die Pflegeeinrichtung zu wenden. Sie meint, Versicherte, die auf Dauer in Einrichtungen der Eingliederungshilfe ohne eigene Haushaltsführung untergebracht seien, hätten keinen Anspruch auf häusliche Krankenpflege gegen die Krankenkasse - jedenfalls solange nicht der Ausnahmefall eines besonders hohen Bedarfs an medizinischer Behandlungspflege für mindestens sechs Monate vorliege.

4

Die Klägerin trug die Kosten der häuslichen Krankenpflege im Rahmen ihrer Vorleistungspflicht; die Beklagte lehnte eine Kostenerstattung ab.

5

Das SG hat die Beklagte zur Zahlung in der beantragten Höhe (6920,50 Euro) nebst Zinsen verurteilt und die Berufung zugelassen (Urteil vom 6.2.2012); das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und die Revision zugelassen (Urteil vom 24.4.2014). Es hat ausgeführt, die Klägerin habe nach § 104 Abs 1 SGB X einen Erstattungsanspruch gegen die beklagte Krankenkasse, da diese zur Gewährung häuslicher Krankenpflege vorrangig verpflichtet sei. Einrichtungen der Eingliederungshilfe könnten "sonst geeignete Orte" iS des § 37 Abs 2 Satz 1 SGB V sein, wenn der Versicherte keinen Anspruch auf Leistungen der Behandlungspflege gegen den Einrichtungsträger habe. Dies ergebe sich aus der insoweit mit der Ermächtigungsgrundlage in Einklang stehenden Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) über die Verordnung von häuslicher Krankenpflege (Häusliche Krankenpflege-Richtlinie; im Folgenden: HKP-Richtlinie). Die Einrichtung, in der sich der Versicherte aufhalte, sei nicht zur Erbringung von Behandlungspflege verpflichtet. Der Zinsanspruch ergebe sich aus § 108 Abs 2 SGB X.

6

Mit ihrer Revision macht die beklagte Krankenkasse geltend, der Begriff "Haushalt" iS des § 37 Abs 2 Satz 1 SGB V dürfe auch nach der Gesetzesänderung zum 1.4.2007 nicht undifferenziert ausgeweitet werden. Der Gesetzgeber habe lediglich eine vorsichtige Erweiterung des Haushaltsbegriffs, nicht aber seine vollständige Aufgabe bezweckt. Der Bezug der "häuslichen" Krankenpflege zu einem eigenen Haushalt des Versicherten dürfe nicht vollständig aufgegeben werden. Bei den im Gesetz ausdrücklich aufgeführten Einrichtungen handele es sich um solche, in denen sich die Versicherten nur zeitweise aufhielten, während ihr Lebensmittelpunkt im häuslichen Umfeld gewahrt bleibe. Für den Fall, dass ein eigener Haushalt nicht mehr bestehe, enthalte § 37 Abs 2 Satz 7 SGB V eine Ausnahmeregelung nur unter der Voraussetzung, dass sich der Versicherte nicht auf Dauer in einer Einrichtung aufhalte. Diese Vorschrift habe der Gesetzgeber unverändert beibehalten. Auf einen Anspruch des Versicherten gegen den Einrichtungsträger könne es zur Bestimmung des Leistungsumfangs nach § 37 Abs 2 SGB V nicht ankommen, sonst läge der Anspruch in der Hand der Partner der Verträge nach §§ 75 ff SGB XII, mit denen die Leistungspflichten des Einrichtungsträgers festgelegt würden. Die Leistungen der Eingliederungshilfe, für die der Sozialhilfeträger zuständig sei, umfassten auch Pflegeleistungen. Durch die von der Pflegekasse zu zahlende Pauschale (§ 43a SGB XI) seien diese Leistungen abgegolten. Damit werde ein "Konzept der Mischfinanzierung" verfolgt, um der Konfliktsituation zwischen dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Eingliederungshilfe und dem Nachranggrundsatz der Sozialhilfe im Wege eines Kompromisses gerecht zu werden. Schließlich gehöre die Hilfe zur Einnahme von Tabletten nach ärztlicher Anweisung regelmäßig zu der von Einrichtungen der Eingliederungshilfe geschuldeten Unterstützung bei den lebenspraktischen Verrichtungen.

7

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Hamburg vom 24. April 2014 und des Sozialgerichts Hamburg vom 6. Februar 2012 zu ändern und die Klage abzuweisen.

8

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Beklagten ist begründet. Die Klägerin hat keinen Erstattungsanspruch gegen die beklagte Krankenkasse, weil der Versicherte im streitigen Zeitraum keinen Anspruch auf häusliche Krankenpflege für das Herrichten und Verabreichen von Medikamenten gegen die Beklagte hatte. Zwar kann eine Einrichtung der Eingliederungshilfe ein geeigneter Ort zur Erbringung von häuslicher Krankenpflege iS des § 37 SGB V sein(hierzu 1.), wenn die Einrichtung nicht selbst zur Erbringung medizinischer Behandlungspflege verpflichtet ist (hierzu 2.); eine Hilfeleistung bei der oralen Einnahme von Tabletten nach ärztlicher Anweisung gehört aber regelmäßig zu der von Einrichtungen der Eingliederungshilfe geschuldeten pädagogischen Beratung, Betreuung und Unterstützung bei den lebenspraktischen Verrichtungen (hierzu 3.).

10

1. Nach § 37 Abs 2 Satz 1 SGB V(idF des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 26.3.2007, BGBl I 2007, 378) erhalten Versicherte in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen als häusliche Krankenpflege Behandlungspflege, wenn diese zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist. Nach § 37 Abs 6 SGB V legt der G-BA in Richtlinien nach § 92 SGB V fest, an welchen Orten und in welchen Fällen Leistungen nach den Abs 1 und 2 des § 37 SGB V auch außerhalb des Haushaltes und der Familie des Versicherten erbracht werden können.

11

a) Bis zum 31.3.2007 erhielten Versicherte häusliche Krankenpflege (nur) "in ihrem Haushalt oder ihrer Familie" (vgl § 37 Abs 1 und 2 SGB V idF des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003, BGBl I 2190). Schon nach § 185 RVO aus dem Jahr 1911 konnten solche Pflegeleistungen gewährt werden, wenn ein wichtiger Grund vorlag, "den Kranken in seinem Haushalt oder in seiner Familie zu belassen", und nicht im Krankenhaus zu behandeln. Seitdem war dieses Tatbestandsmerkmal bis zum 31.3.2007 nicht erweitert worden. Zu dieser Gesetzeslage hatte das BSG entschieden, dass es zwar - sofern nicht Krankenhausbehandlung oder vollstationäre Pflege vorliege - nicht auf den Aufenthaltsort des Versicherten ankomme und daher häusliche Krankenpflege auch während des Kindergarten- oder Schulbesuchs zu leisten sei (BSGE 90, 143 = SozR 3-2500 § 37 Nr 5 = SozR 3-1500 § 96 Nr 11); aufgrund des engen Wortlauts der Vorschrift sah sich die Rechtsprechung aber bis zur Änderung durch das GKV-WSG vom 26.3.2007 (BGBl I 2007, 378) daran gehindert, den Anspruch auf häusliche Krankenpflege darüber hinaus auch auf Zeiten des Aufenthalts in einer stationären Einrichtung auszudehnen (BSG SozR 4-2500 § 37 Nr 5). Bei der Umschreibung des Aufenthaltsortes der Versicherten "in ihrem Haushalt oder ihrer Familie" ging es dem Gesetzgeber vor allem um die Abgrenzung zur Leistungserbringung im stationären Bereich. Schon in der Ursprungsfassung des § 185 RVO aus dem Jahr 1911 wurde der Begriff als Unterscheidung von der Krankenhausversorgung(vgl Poske, Hauspflege, 1990, S 70 ff, 112 ff) verwendet: "Die Kasse kann mit Zustimmung des Versicherten Hilfe und Wartung durch Krankenpfleger, Krankenschwestern oder andere Pfleger namentlich auch dann gewähren, wenn die Aufnahme des Kranken in ein Krankenhaus geboten, aber nicht ausführbar ist, oder ein wichtiger Grund vorliegt, den Kranken in seinem Haushalt oder seiner Familie zu belassen". Diese Formulierung wurde als Voraussetzung für den Anspruch auf Behandlungssicherungspflege übernommen, die zunächst als Satzungsleistung eingeführt (§ 185 Abs 1 Satz 2 RVO idF des Gesetzes zur Dämpfung der Ausgabenentwicklung und zur Strukturverbesserung in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 27.6.1977, BGBl I 1069; vgl zum Gesetzgebungsverfahren Zipperer, DOK 1978, 11, 20) und später in § 37 Abs 2 Satz 1 SGB V(durch das Gesetz über die neunzehnte Anpassung der Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz sowie zur Änderung weiterer sozialrechtlicher Vorschriften vom 26.6.1990, BGBl I 1211) zum gesetzlichen Anspruch bestimmt wurde. Schon damals wurde die Notwendigkeit einer Abgrenzung zum stationären Bereich der Heimpflege diskutiert, und bei einem Daueraufenthalt in Einrichtungen der Alten- oder Behindertenhilfe sahen zahlreiche Autoren den Anspruch auf Fälle beschränkt, in denen die Einrichtung dem Versicherten (vertraglich) keine umfassende Versorgung schulde (vgl Hanau/Rolfs, VSSR 1993, 237, 252; Gerlach in Hauck/Noftz, SGB V, Stand: 1.8.1999, K § 37 RdNr 15; Höfler in Kasseler Komm, Bd 1, Stand: Einzelkommentierung Dezember 2004, § 37 SGB V RdNr 14). Nach der bis zum 31.3.2007 geltenden Gesetzesfassung war aber die vom Gesetzgeber beabsichtigte Abgrenzung zur stationären Krankenhausbehandlung in gleicher Weise geeignet, sonstige stationäre Einrichtungen von den Leistungen der häuslichen Krankenpflege auszunehmen (vgl BSG SozR 4-2500 § 37 Nr 5). Der Gesetzgeber hatte noch bei der Änderung des § 37 Abs 2 Satz 2 SGB V durch dasGMG vom 14.11.2003 (BGBl I 2190) keinen Handlungsbedarf dafür gesehen, Menschen in Einrichtungen der Behindertenhilfe ohne eigenen Haushalt Anspruch auf häusliche Krankenpflege einzuräumen. Nach dieser Regelung, die unverändert bis heute fortgilt (§ 37 Abs 2 Satz 7 SGB V), erhalten Versicherte, die nicht auf Dauer in Einrichtungen nach § 71 Abs 2 und 4 SGB XI aufgenommen sind, Leistungen der häuslichen Krankenpflege auch dann, wenn ihr Haushalt nicht mehr besteht und ihnen zur Durchführung der Behandlungspflege vorübergehender Aufenthalt in einer Einrichtung oder einer anderen geeigneten Unterkunft zur Verfügung gestellt wird. Bei dieser Regelung ging es insbesondere um die Sicherstellung medizinischer Behandlungspflege für alleinstehende Wohnungslose, um kostentreibende Krankenhauseinweisungen zu verhindern (vgl BT-Drucks 15/1525 S 90). Nach der Gesetzesbegründung wurde damit aber zugleich "klargestellt, dass bei Daueraufenthalt ohne eigenen Haushalt, zB in Heimen, weiterhin kein Anspruch auf Leistungen der Behandlungspflege besteht" (BT-Drucks 15/1525 S 90 zu Buchst a).

12

b) Erst mit dem GKV-WSG vom 26.3.2007 (BGBl I 2007, 378) hat der Gesetzgeber den Anspruch auf sonstige geeignete Orte, insbesondere betreute Wohnformen, Schulen, Kindergärten und bei besonders hohem Pflegebedarf auch auf Werkstätten für behinderte Menschen erweitert und dem G-BA aufgegeben festzulegen, an welchen Orten und in welchen Fällen Leistungen der häuslichen Krankenpflege auch außerhalb des Haushaltes und der Familie des Versicherten erbracht werden können. In der Gesetzesbegründung ist hierzu ausgeführt, die Beschränkung der Leistungen zur häuslichen Krankenpflege auf Haushalt und Familie des Versicherten habe sich im Hinblick auf das Ziel, vorschnelle stationäre Einweisungen zu vermeiden, als kontraproduktiv erwiesen. Die Neuregelung bewirke durch eine vorsichtige Erweiterung des Haushaltsbegriffs, dass neue Wohnformen, Wohngemeinschaften und betreutes Wohnen hinsichtlich der Erbringung von häuslicher Krankenpflege gegenüber konventionellen Haushalten nicht benachteiligt würden. Betreute Wohnformen, deren Bewohner ambulante Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung erhalten, sollten verbesserte Angebote für ambulant Pflegebedürftige darstellen. Darüber hinaus werde im Hinblick auf bestimmte, eng begrenzte Personengruppen durch den erweiterten Haushaltsbegriff eine vorschnelle Einweisung in stationäre Einrichtungen verhindert. Ein "geeigneter Ort" für die Leistung häuslicher Krankenpflege durch die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) sei jedenfalls dann nicht gegeben, wenn sich der Versicherte in einer Einrichtung befinde, in der er nach den gesetzlichen Bestimmungen Anspruch auf die Erbringung medizinischer Behandlungspflege durch die Einrichtung habe. Um die notwendige Flexibilität bei der Bestimmung der geeigneten Erbringungsorte zu wahren, werde auf eine gesetzliche Festlegung verzichtet und die nähere Ausgestaltung dem G-BA übertragen. Dieser Lösungsweg vermeide Lücken im Zwischenbereich von ambulanter und stationärer Versorgung (BT-Drucks 16/3100 S 104).

13

c) Der G-BA ist seinem Regelungsauftrag durch die zum 11.6.2008 in Kraft getretene Änderung der HKP-Richtlinie (HKP-Richtlinie idF vom 16.2.2000, zuletzt geändert am 17.1.2008/10.4.2008, veröffentlicht im BAnz 2008, Nr 84, S 2028, 2029 und 2030) nachgekommen. Unter I. 2. ist bestimmt:

        

"Häusliche Krankenpflege wird im Haushalt des Versicherten oder seiner Familie erbracht. Anspruch auf häusliche Krankenpflege besteht auch an sonstigen geeigneten Orten, an denen sich der Versicherte regelmäßig wiederkehrend aufhält und an denen

        

-       

die verordnete Maßnahme zuverlässig durchgeführt werden kann und

        

-       

für die Erbringung der einzelnen Maßnahmen geeignete räumliche Verhältnisse vorliegen (z. B. im Hinblick auf hygienische Voraussetzungen, Wahrung der Intimsphäre, Beleuchtung),

        

wenn die Leistung aus medizinisch-pflegerischen Gründen während des Aufenthaltes an diesem Ort notwendig ist. Orte im Sinne des Satz 2 können insbesondere Schulen, Kindergärten, betreute Wohnformen oder Arbeitsstätten sein."

Unter I. 6. ist bestimmt:

        

"Für die Zeit des Aufenthalts in Einrichtungen, in denen nach den gesetzlichen Be-stimmungen Anspruch auf die Erbringung von Behandlungspflege durch die Einrichtungen besteht (z. B. Krankenhäusern, Rehabilitationseinrichtungen, Hospizen, Pflegeheimen), kann häusliche Krankenpflege nicht verordnet werden. Ob ein solcher Anspruch besteht, ist im Einzelfall durch die Krankenkassen zu prüfen.

                 
        

Abweichend davon kann häusliche Krankenpflege in Werkstätten für behinderte Menschen verordnet werden, wenn die Intensität oder Häufigkeit der in der Werkstatt zu erbringenden Pflege so hoch ist, dass nur durch den Einsatz einer Pflegefachkraft Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit vermieden oder das Ziel der ärztlichen Behandlung gesichert werden kann und die Werkstatt für behinderte Menschen nicht auf Grund des § 10 der Werkstättenverordnung verpflichtet ist, die Leistung selbst zu erbringen.

                 
        

Eine Verordnung von Behandlungspflege ist auch für Versicherte in Pflegeheimen zulässig, die auf Dauer, voraussichtlich für mindestens 6 Monate, einen besonders hohen Bedarf an medizinischer Behandlungspflege haben (§ 37 Abs. 2 S. 3 SGB V). Dies ist der Fall, wenn (…)."

14

Der G-BA hatte in seinem Beschlusstext ursprünglich folgende Regelung vorgesehen: "Für die Zeit des Aufenthaltes in Einrichtungen, in denen nach den gesetzlichen Bestimmungen Anspruch auf die Erbringung von Behandlungspflege durch die Einrichtungen besteht (zB Krankenhäusern, Rehabilitationseinrichtungen, Hospizen, Pflegeheimen oder Behinderteneinrichtungen), kann häusliche Krankenpflege nicht verordnet werden" (vgl https://www.g-ba.de/informationen/beschluesse/598/. Dort finden sich die "Tragenden Gründe zum Beschluss vom 17.1.2008" als PDF-Datei, Beschlusstext, S 9). Die ausdrückliche Aufführung der Einrichtungen der Hilfe für behinderte Menschen ist trotz zahlreicher kritischer Stellungnahmen (aaO, S 12 ff) erst aufgrund einer Prüfung durch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) gemäß § 94 SGB V gestrichen worden(vgl https://www.g-ba.de/informationen/beschluesse/598/. Dort findet sich die "Prüfung gem. § 94 SGB V durch das BMG" als PDF-Datei, Schreiben vom 20.3.2008). Zudem wurde der Satz: "Ob ein solcher Anspruch besteht, ist im Einzelfall durch die Krankenkasse zu prüfen" aufgrund der Prüfung aufgenommen. Das BMG hat von einer Beanstandung der vorgesehenen Regelung nur unter der Auflage abgesehen, die Regelung bei nächster Gelegenheit so zu überarbeiten, dass Einrichtungen der Hilfe für behinderte Menschen nicht grundsätzlich von der Verordnung häuslicher Krankenpflege ausgeschlossen werden und dass vom G-BA sichergestellt wird, dass die Regelung bis zu ihrer Überarbeitung ohne den grundsätzlichen Ausschluss von Behinderteneinrichtungen angewandt wird. Das BMG hat hierzu ausgeführt, eine rechtliche Begründung dafür, dass grundsätzlich in allen (dh in der Regel oder in der großen Mehrheit der nicht näher definierten) ambulanten und stationären Einrichtungen der Hilfe für behinderte Menschen ein Anspruch auf Erbringung von Behandlungspflege durch die Einrichtung bestehe, sei nicht ersichtlich. Die vom G-BA beschlossene Formulierung könne dazu führen, dass häusliche Krankenpflege für Versicherte in diesen Einrichtungen regelmäßig abgelehnt werde, ohne dass tatsächlich im Einzelfall geprüft werde, ob anderweitige Ansprüche auf die Erbringung von Behandlungspflege bestehen. Deshalb sei klarzustellen, dass im Einzelfall zu prüfen sei, ob nach gesetzlichen Bestimmungen ein Anspruch auf die Erbringung von Behandlungspflege durch die Einrichtung bestehe.

15

d) Nach dem Regelungsgefüge, das sich aus den gesetzlichen Vorschriften iVm mit den Normen der HKP-Richtlinie ergibt, besteht der Anspruch zunächst an allen geeigneten Orten, an denen sich der Versicherte regelmäßig wiederkehrend aufhält, wenn die Leistung aus medizinisch pflegerischen Gründen während des Aufenthaltes an diesem Ort notwendig ist. Einschränkungen in Bezug auf den Aufenthaltsort ergeben sich - abgesehen von der Geeignetheit der räumlichen Verhältnisse - erst aus den Regelungen unter I. 6., dh für die Zeit des Aufenthaltes in Einrichtungen nur dann, wenn nach den gesetzlichen Bestimmungen Anspruch auf die Erbringung von Behandlungspflege durch die Einrichtung besteht (wie zB in Krankenhäusern, Rehabilitationseinrichtungen, Hospizen, Pflegeheimen). Ob ein solcher Anspruch besteht, ist im Einzelfall durch die Krankenkasse zu prüfen. Einrichtungen der Eingliederungshilfe werden in den HKP-Richtlinien den Krankenhäusern und Pflegeheimen ausdrücklich nicht (mehr) gleichgestellt. In dieser Fassung ist die HKP-Richtlinie gesetzeskonform.

16

e) Der Vorschrift des § 37 Abs 2 Satz 1 SGB V und der Bezeichnung der dort nach der Verwendung des Begriffs "insbesondere" beispielhaft aufgeführten "geeigneten Orte" lässt sich nicht die Beschränkung entnehmen, häusliche Krankenpflege könne weiterhin nur beansprucht werden, wenn noch ein Mindestmaß eines eigenen Haushalts (oder ein Leben in der Familie) geführt wird, und weitere Leistungen ggf ambulant in Anspruch genommen werden. Gegen die Auffassung der Beklagten, eine stationäre Einrichtung, in der sich ein Versicherter dauerhaft aufhält, ohne an einem anderen Ort noch einen Haushalt zu führen oder in einem solchen zu leben, könne nie ein sonstiger geeigneter Ort iS des § 37 Abs 2 SGB V sein, sprechen die Gesetzesbegründung und der vom Gesetzgeber mit der Erweiterung des Anspruchs verfolgte Zweck. Auch dem Wortlaut der Vorschrift lässt sich eine solche Einschränkung nicht entnehmen.

17

Dem Gesetzgeber war es nach der Gesetzesbegründung zur Ausweitung des Anspruchs auf häusliche Krankenpflege auf sonstige geeignete Orte durch das GKV-WSG vom 26.3.2007 (BGBl I 2007, 378) ein besonderes Anliegen, Lücken im Zwischenbereich von ambulanter und stationärer Versorgung zu vermeiden. Bei ambulanten Einrichtungen, insbesondere auch bei ambulant betreuten Wohnformen, wird aber regelmäßig (allein oder gemeinsam mit anderen) ein eigener Haushalt geführt, sodass bereits vor der Gesetzesänderung auch für dort lebende Versicherte ein Anspruch auf häusliche Krankenpflege bestehen konnte. Zudem war nach der Rechtsprechung des BSG der Anspruch auch schon vor der Neuregelung zum 1.4.2007 nicht auf die Erbringung der Leistung in der Wohnung des Versicherten beschränkt; vielmehr konnte häusliche Krankenpflege auch in der Schule oder im Kindergarten erbracht werden (so ausdrücklich BSGE 90, 143 = SozR 3-2500 § 37 Nr 5 = SozR 3-1500 § 96 Nr 11). Wenn die vom Gesetzgeber beabsichtigte vorsichtige Erweiterung des Anspruchs auch auf sonstige geeignete Orte nicht weitgehend leerlaufen soll, müssen grundsätzlich auch die stationären Einrichtungen einbezogen werden, in denen sich ein Versicherter auf unabsehbare Zeit aufhält und betreut wird, ohne noch anderswo zu leben und zu wohnen. Die Beklagte hat Recht mit ihrer Auffassung, dass es in den bisher vom Senat entschiedenen Fällen darum ging, Versicherte auch in Einrichtungen wie Schulen und Kindergärten mit Krankenpflege zu versorgen, in denen sich diese lange, aber eben nicht ausschließlich im Sinne eines Lebensmittelpunktes aufhalten. Genau diese Situation sollte indessen durch die Neuregelung des § 37 Abs 2 SGB V erfasst werden, und zwar für die Konstellation, dass in der vollstationären Einrichtung keine umfassende pflegerische Versorgung stattfindet und gesetzlich auch nicht geschuldet wird. Denn nur dadurch kann dem Sinn und Zweck der Vorschrift, durch (ambulante) häusliche Krankenpflege vorschnelle stationäre Einweisungen zu vermeiden, entsprochen werden. Bei den zu vermeidenden stationären Einweisungen kann es sich nur um Einweisungen in Einrichtungen handeln, in denen die Versicherten medizinische Behandlungspflege erhalten, wie Krankenhäuser, medizinische Rehabilitationseinrichtungen oder Pflegeheime. Die Aufnahme in andere Einrichtungen, die regelmäßig schon nicht auf ärztliche Veranlassung erfolgt, kann (und soll) nicht durch die Erbringung ambulanter Leistungen der häuslichen Krankenpflege vermieden werden. Vielmehr soll die nach der Gesamtsituation des Versicherten sinnvolle Aufnahme zB in eine stationäre Einrichtung der Eingliederungshilfe nicht daran scheitern, dass zusätzlich zum Eingliederungsbedarf auch ein Bedarf an Krankenpflegeleistungen besteht, der von der Eingliederungseinrichtung nicht gedeckt werden kann. Es kann (auch) für die Krankenkasse wirtschaftlich sinnvoll sein, Versicherte in solchen Einrichtungen, in denen sie keinen Anspruch auf medizinische Behandlungspflege gegen die Einrichtung haben, mit häuslicher Krankenpflege zu versorgen, um eine vorschnelle Einweisung in ein Krankenhaus zu vermeiden.

18

Auch dem Wortlaut der Vorschrift lässt sich seit der Ausweitung des Anspruchs auf sonstige geeignete Orte nicht entnehmen, dass stationäre Einrichtungen etwa der Eingliederungshilfe dafür grundsätzlich nicht in Betracht kommen. Die beispielhafte Aufzählung enthält hierfür keine Anhaltspunkte. Der im Gesetz verwandte Begriff der "betreuten Wohnformen" ist gesetzlich nicht definiert. Die Übergänge von einer Wohngemeinschaft mit ambulanten Betreuungshilfen zu einer stationären Einrichtung sind inzwischen fließend. Daher werden in den Landesheimgesetzen neben stationären Einrichtungen regelmäßig auch andere Formen des betreuten Wohnens erfasst (vgl Weber NZS 2011, 650, 651 mwN), und längst nicht alle Formen des betreuten Wohnens weisen eine größere Nähe zur eigenständigen Haushaltsführung auf, als herkömmliche stationäre Einrichtungen. Eine eindeutige Zuordnung jeder Einrichtung entweder als stationäres Heim oder als ambulantes Angebot mit Betreuungshilfen, wird durch die andauernde Entwicklung neuer Wohnformen zunehmend schwierig. Auch in betreuten Wohnformen haben Versicherte keinen Anspruch auf häusliche Krankenpflege, wenn sie bereits Anspruch auf die Maßnahme durch die Einrichtung bzw den Betreuungsdienst haben, weil häusliche Krankenpflege dann nicht erforderlich ist. Gerade im Grenzbereich verschiedener Wohnformen ist es aber sachgerecht, nach dem Anspruch gegen die Einrichtung bzw den Betreuungsdienst zu differenzieren und nicht dem Begriff "betreute Wohnformen" eine Festlegung dahin zu entnehmen, dass in vollstationären Betreuungseinrichtungen keine häusliche Krankenpflege erbracht werden kann.

19

Es ist daher konsequent, den Anspruch auf häusliche Krankenpflege in Einrichtungen nur dann und insoweit zu beschränken, als nach den gesetzlichen Bestimmungen Anspruch auf die Erbringung medizinischer Behandlungspflege durch die Einrichtung besteht. Der Gesetzgeber hat auf eine gesetzliche Festlegung der geeigneten Leistungsorte bewusst verzichtet. Er wollte damit im Hinblick auf die Vielzahl unterschiedlicher Einrichtungen jeglichen Eingriff in die bestehenden Strukturen der Einrichtungen und insbesondere in ihre Leistungspflichten im Hinblick auf die medizinische Behandlungspflege vermeiden und die Präzisierung der Einrichtungen, in denen die Versicherten Anspruch auf häusliche Krankenpflege nach dem SGB V haben, dem G-BA überlassen.

20

f) Die Richtlinien des G-BA haben normativen Charakter und sind für die Beteiligten verbindlich (BSG SozR 3-2500 § 135 Nr 21; BSG SozR 3-2500 § 92 Nr 12; BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5; BSG SozR 4-2500 § 132a Nr 3; BSG SozR 4-2500 § 37 Nr 7; BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 8; vgl auch amtl Begründung zu den Ergänzungen von § 92 Abs 1 SGB V durch das GMG - BT-Drucks 15/1525 oder die Ergänzungen des Gesetzes zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit in der Arzneimittelversorgung (AVWG) und des GKV-WSG). Der Senat hat keine Zweifel an der verfassungsrechtlichen Legitimation des G-BA als untergesetzlichem Normgeber in der Form, wie sie inzwischen gesetzlich festgelegt ist (so auch BSGE 112, 257 = SozR 4-2500 § 137 Nr 2, RdNr 22; BSGE 112, 251 = SozR 4-2500 § 106 Nr 38, RdNr 14; BSGE 111, 155 = SozR 4-2500 § 31 Nr 21, RdNr 26; vgl auch Beier in jurisPK-SGB V, Online-Ausgabe, § 92 SGB V, RdNr 31.1, Stand 25.6.2013).

21

2. Einrichtungen der Eingliederungshilfe sind nach den gesetzlichen Bestimmungen grundsätzlich nur soweit zur Erbringung von medizinischer Behandlungspflege verpflichtet, wie diese aufgrund der sächlichen und personellen Ausstattung von der Einrichtung erbracht werden kann.

22

a) Erbringt der Träger der Sozialhilfe die Leistungen der Eingliederungshilfe in einer vollstationären Einrichtung (§ 13 SGB XII, zum Einrichtungsbegriff iS des SGB XII vgl BSGE 106, 264 = SozR 4-3500 § 19 Nr 2, RdNr 13) der Hilfe für behinderte Menschen, wird grundsätzlich der gesamte Bedarf des Hilfebedürftigen nach § 9 Abs 1 SGB XII in der Einrichtung in einrichtungsspezifischer Weise befriedigt. Die Einrichtung übernimmt für den Hilfebedürftigen von dessen Aufnahme bis zur Entlassung die Gesamtverantwortung für seine tägliche Lebensführung (vgl Luthe in Hauck/Noftz, SGB XII, Stand November 2014, K § 13 RdNr 58, 59 mwN). Leistungen der Eingliederungshilfe umfassen nach § 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII, § 26 SGB IX auch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, zu denen nach § 26 Abs 2 SGB IX ua auch die Behandlung durch Angehörige von Heilberufen gehört, soweit deren Leistungen unter ärztlicher Aufsicht oder auf ärztliche Anordnung ausgeführt werden, wie es bei der häuslichen Krankenpflege der Fall ist. Nach § 55 Satz 1 SGB XII umfassen die Leistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen in einer vollstationären Einrichtung der Hilfe für behinderte Menschen iS des § 43a SGB XI auch die Pflegeleistungen in der Einrichtung. Ist der behinderte Mensch allerdings so pflegebedürftig, dass die Pflege in der Einrichtung nicht sichergestellt werden kann, vereinbaren der Träger der Sozialhilfe und die zuständige Pflegekasse mit dem Einrichtungsträger, dass die Leistung in einer anderen Einrichtung erbracht wird, wobei den angemessenen Wünschen des behinderten Menschen Rechnung zu tragen ist (§ 55 Satz 2 SGB XII).

23

b) Danach hat der Träger der Sozialhilfe zwar letztlich alle Teilhabebedarfe der Eingliederungshilfe zu decken und kann dies durch Leistungen für Einrichtungen (§ 13 Abs 1 SGB XII) gewährleisten, zu beachten ist aber der Nachrang der Sozialhilfe (§ 2 SGB XII). Leistungen anderer Sozialleistungsträger gehen grundsätzlich den Leistungen der Sozialhilfe vor (§ 2 Abs 1 SGB XII), und auf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil nach dem Recht der Sozialhilfe entsprechende Leistungen vorgesehen sind (§ 2 Abs 2 Satz 2 SGB XII). Die medizinische Behandlungspflege ist Aufgabe der GKV, die daher diese Leistung vorrangig vor dem Träger der Sozialhilfe zu erbringen hat. Deshalb hat der Sozialhilfeträger im Verhältnis zur GKV nicht die Aufgabe, durch entsprechende Verträge mit den Einrichtungen der Eingliederungshilfe dafür zu sorgen, dass diese regelmäßig auch Leistungen der medizinischen Behandlungspflege erbringen. Die Verpflichtung der Einrichtung zur Übernahme der Gesamtverantwortung für die tägliche Lebensführung sowie zur Deckung der Bedarfe in einrichtungsspezifischer Weise weist den Einrichtungen daher keine weitergehenden Pflichten zu, als sie aufgrund ihrer Ausrichtung, des Eingliederungszwecks, dem sie dienen, und nach den Vereinbarungen nach §§ 75 ff SGB XII schulden. Einrichtungen der Eingliederungshilfe schulden danach regelmäßig selbst keine medizinischen Behandlungsmaßnahmen, sondern haben lediglich organisatorisch dafür Sorge zu tragen, dass die Bewohner der Einrichtung neben den von der Einrichtung selbst geschuldeten Leistungen auch solche anderer Träger in Anspruch nehmen können. So schulden solche Einrichtungen keine ärztliche Behandlung, sie haben aber ggf Arztbesuche zu organisieren bzw zu ermöglichen und die notwendigen Rahmenbedingungen dafür zu schaffen. Gleiches gilt grundsätzlich auch für die medizinische Behandlungspflege, es sei denn, aus den Vereinbarungen nach den §§ 75 ff SGB XII ergeben sich weitergehende Leistungsverpflichtungen.

24

c) Einrichtungen der Eingliederungshilfe sind auch nicht allein aufgrund der von den Pflegekassen für Pflegebedürftige nach § 43a Satz 1 SGB XI zu gewährenden pauschalen Abgeltung verpflichtet, grundsätzlich alle im Einzelfall notwendigen Maßnahmen der medizinischen Behandlungspflege zu erbringen. Nach § 43a Satz 1 SGB XI übernimmt die Pflegekasse zur Abgeltung der in § 43 Abs 2 SGB XI genannten Aufwendungen 10 vH des nach § 75 Abs 3 SGB XII vereinbarten Heimentgeltes für Pflegebedürftige in einer stationären Einrichtung der Hilfe für behinderte Menschen, in der die Teilhabe am Arbeitsleben und am Leben in der Gemeinschaft, die schulische Ausbildung oder die Erziehung behinderter Menschen im Vordergrund des Einrichtungszwecks stehen(§ 71 Abs 4 SGB XI). Dabei dürfen aber die Aufwendungen der Pflegekasse im Einzelfall je Kalendermonat 256 Euro (ab 1.1.2015 266 Euro) nicht übersteigen (§ 43a Satz 2 SGB XI). Zu den in § 43 Abs 2 SGB XI genannten Aufwendungen gehören die pflegebedingten Aufwendungen, die Aufwendungen der sozialen Betreuung und die Aufwendungen für Leistungen der medizinischen Behandlungspflege.

25

Trotz der ausdrücklichen Erwähnung auch der medizinischen Behandlungspflege zeigt die Verortung der Vorschrift im SGB XI, dass es dabei lediglich um die von der Pflegeversicherung abzudeckenden Bedarfe geht. Die Pauschale wird auch nur für Pflegebedürftige geleistet. Stationäre Pflegeeinrichtungen iS des § 71 Abs 2 und 4 SGB XI haben grundsätzlich auch medizinische Behandlungspflege zu erbringen; erst bei einem dauerhaften, voraussichtlich mindestens sechs Monate währenden besonders hohen Bedarf an medizinischer Behandlungspflege haben Versicherte in Pflegeheimen Anspruch auf häusliche Krankenpflege. Hier kommt es nicht zu einer Lücke zwischen ambulanter und stationärer Versorgung. Einrichtungen der Eingliederungshilfe schulden nach § 43a SGB XI zwar grundsätzlich Leistungen der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung. Die medizinische Behandlungspflege iS des § 37 Abs 2 SGB V kann aber durch diese an die Pflegeversicherung gerichtete Vorschrift grundsätzlich nicht vom Zuständigkeitsbereich der GKV auf Einrichtungen der Hilfe für behinderte Menschen übertragen werden. Dies ist schon deshalb ausgeschlossen, weil die Eingliederungseinrichtungen dann nur gegenüber pflegebedürftigen Bewohnern zur Erbringung von Behandlungspflege nach § 37 Abs 2 SGB V verpflichtet wären und auch nur für diese Personen das pauschalierte Entgelt erhalten(so im Ergebnis bereits BSG SozR 4-2500 § 37 Nr 5 RdNr 9). Ansprüche auf medizinische Behandlungspflege können auch Versicherten zustehen, die nicht pflegebedürftig sind.

26

d) Das ergibt sich auch aus den Regelungen des § 55 SGB XII. Danach haben Einrichtungen der Eingliederungshilfe auch die (notwendigen) Pflegeleistungen zu erbringen. Wird der behinderte Mensch aber so pflegebedürftig, dass die Pflege in der Einrichtung nicht sichergestellt werden kann, vereinbaren der Träger der Sozialhilfe und die zuständige Pflegekasse mit dem Einrichtungsträger, dass die Leistung in einer anderen Einrichtung erbracht wird (§ 55 Satz 2 SGB XII). Auch diese Vorschrift knüpft zunächst nur an die Pflegebedürftigkeit und Pflege im Sinne des SGB XI an, nicht an Behandlungspflege. Insbesondere aus § 55 Satz 2 SGB XII ist aber abzuleiten, dass der Gesetzgeber nicht beabsichtigt hat, jede Einrichtung der Eingliederungshilfe personell und sächlich so auszustatten, dass sie neben der üblichen Pflege auch Leistungen der medizinischen Behandlungspflege erbringen kann. Trägerübergreifend betrachtet, wäre das unwirtschaftlich. Hilfen zur Grundpflege und zur hauswirtschaftlichen Versorgung können innerhalb bestimmter Grenzen regelmäßig von Personen erbracht werden, die diesbezüglich keine besondere Ausbildung haben. Hierzu gehören insbesondere die Hilfen bei den Verrichtungen des täglichen Lebens. Erst wenn es darum geht, aktivierende Pflege zu leisten, weitere Pflegebedürftigkeit zu verhüten oder akute Beschwerden zu lindern oder medizinische Behandlungspflege zu leisten, die nicht ohne Weiteres vom Personal einer Eingliederungseinrichtung erbracht werden kann, und die Pflege daher in der Einrichtung nicht mehr sichergestellt werden kann, ist der Hilfebedürftige in einer anderen Einrichtung unterzubringen.

27

e) Die Leistungspflichten der Eingliederungseinrichtungen ergeben sich für deren Nutzer aus zivilrechtlichen Verträgen mit der Einrichtung und gegenüber dem Träger der Sozialhilfe ausschließlich aus dem SGB XII iVm den auf diesen gesetzlichen Grundlagen basierenden Verträgen (zum sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis BSGE 102, 1 = SozR 4-1500 § 75 Nr 9, RdNr 15 ff). Entscheidend für die Leistungspflichten der Einrichtungen zur Hilfe behinderter Menschen ist danach das in den Vereinbarungen nach den §§ 75 ff SGB XII festgelegte Ziel und der Zweck der Einrichtung, ihr Aufgabenprofil, die vorgesehene sächliche und personelle Ausstattung sowie der zu betreuende Personenkreis. Handelt es sich danach zB um eine Einrichtung, deren vorrangige Aufgabe darin besteht, Hilfen zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten zu leisten, die erforderlich und geeignet sind, behinderten Menschen die für sie erreichbare Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen (vgl § 55 Abs 2 Nr 3 SGB IX), gehören einfachste medizinische Maßnahmen, die für Versicherte im eigenen Haushalt von jedem erwachsenen Haushaltsangehörigen erbracht werden können und keine medizinische Fachkunde erfordern, wie die Einnahme von Medikamenten, regelmäßig der Natur der Sache nach zum Aufgabenkreis der Einrichtung. Sie sind mit der Gewährung von Eingliederungshilfe durch den Sozialhilfeträger in einer stationären Einrichtung untrennbar verbunden und daher objektiv bereits Bestandteil der Eingliederungshilfe. Dies gilt auch für betreute Wohnformen, wenn dort nach Inhalt und Umfang vergleichbare Eingliederungsleistungen erbracht werden. Zum Erwerb lebenspraktischer Kenntnisse und Fähigkeiten gehört auch die Hilfe bei der Führung eines gesunden Lebens einschließlich der Vermittlung von Einsicht für gesundheitsförderliches Verhalten allgemein und speziell für die Notwendigkeit bestimmter medizinischer Maßnahmen. Bei den einfachsten Maßnahmen der medizinischen Behandlungspflege handelt es sich häufig, wie etwa beim An- und Ausziehen von Thrombosestrümpfen, um verrichtungsbezogene krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen, die ohnehin sowohl dem Aufgabenbereich der Kranken- als auch dem der Pflegeversicherung gleichermaßen zugeordnet und daher - soweit kein Fachpersonal erforderlich ist - auch bereits von der Pauschale nach § 43a SGB XI mitumfasst sind. Danach verläuft die Grenze der von einer Einrichtung geschuldeten Leistungen genau dort, wo diese vom Personal der Einrichtung der Eingliederungshilfe erbracht werden können und müssen. Muss die Einrichtung kein medizinisch ausgebildetes Personal vorhalten, sind regelmäßig nur einfachste Maßnahmen der Krankenpflege von der Einrichtung selbst zu erfüllen. Leistungspflichten, die nur von medizinisch ausgebildetem Fachpersonal erfüllt werden könnten, scheiden dann regelmäßig aus. Ist die Einrichtung hingegen nach ihrem Aufgabenprofil auf eine besondere Zielgruppe ausgerichtet, bei der ständig bestimmte behandlungspflegerische Maßnahmen erforderlich werden, und ist die Einrichtung deshalb entsprechend sächlich und personell auszustatten, hat sie diese behandlungspflegerischen Maßnahmen auch zu erbringen, weil ohne sie die Eingliederungsaufgabe im Hinblick auf die Zielgruppe der Einrichtung nicht erreicht werden kann. Es ist daher - so wie es die HKP-Richtlinie vorgibt - im jeweiligen Einzelfall zu prüfen, ob die Einrichtung die konkrete behandlungspflegerische Maßnahme nach ihrem Aufgabenprofil, der Ausrichtung auf ein bestimmtes Bewohnerklientel und insbesondere aufgrund ihrer sächlichen und personellen Ausstattung selbst zu erbringen hat. Der Grundsatz des Nachrangs der Sozialhilfe wird dadurch nicht betroffen, weil die sächliche und personelle Ausstattung dieser Einrichtungen für die Eingliederungsleistungen ohnehin vorzuhalten ist, die Gewährung von Eingliederungshilfe deutlich im Vordergrund steht und die Leistungen der Behandlungspflege dann untrennbarer Bestandteil der Eingliederungshilfe sind.

28

f) Dieses Ergebnis führt zu einer Parallele zu den Pflegehilfsmitteln, die nach der Rechtsprechung des BSG (vgl hierzu BSGE 85, 287 = SozR 3-2500 § 33 Nr 37) von Einrichtungen vorzuhalten sind. Danach hat der Träger eines Pflegeheimes alle Hilfsmittel bereitzustellen, die zur sachgerechten Durchführung der in zugelassenen Pflegeheimen gewöhnlich anfallenden Pflegeleistungen erforderlich sind. Obwohl die Pflegeheime nach § 43 SGB XI nicht nur zur Pflege und sozialen Betreuung, sondern auch zur medizinischen Behandlungspflege verpflichtet sind, gehören Hilfsmittel, die der Durchführung von Behandlungspflege dienen, nur dann zu dem vom Heimträger vorzuhaltenden Inventar, wenn sich dies im Einzelfall aus dem Versorgungsvertrag bzw der Leistungs- oder Qualitätsvereinbarung ergibt. Die Vorhaltepflicht eines Pflegeheims, in dem überwiegend Pflegebedürftige nach der Pflegestufe I leben, sieht danach zB anders aus, als bei Pflegeheimen mit beatmungsbedürftigen Schwerstpflegebedürftigen oder Apallikern (BSGE 89, 271 = SozR 3-2500 § 33 Nr 43).

29

g) In Einrichtungen, die aufgrund entsprechender Verträge auch medizinische Behandlungspflege zu erbringen haben, besteht für Versicherte ein Anspruch hierauf gegen die Einrichtung "nach den gesetzlichen Bestimmungen" im Sinne von I. 6. Satz 1 HKP-Richtlinie. Denn wirksame und rechtmäßige vertragliche Regelungen können Ansprüche "nach gesetzlichen Bestimmungen" begründen, soweit diese eine Regelung durch entsprechende Verträge ausdrücklich vorsehen. Daher wird in der Literatur und der Rechtsprechung nicht zwischen vertraglichen und gesetzlichen Ansprüchen auf Behandlungspflege gegen den Einrichtungsträger unterschieden (vgl zB BSG SozR 4-2500 § 37 Nr 2 sowie Weber, NZS 2011, 650, 653; ausdrücklich auch LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 24.10.2012 - L 4 KR 30/10 - Juris; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 22.11.2011 - L 10 KR 32/11 B ER - Juris).

30

h) Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, dass Einrichtungen der Hilfe für behinderte Menschen grundsätzlich geeignete Orte für die Erbringung von häuslicher Krankenpflege nach § 37 SGB V durch die gesetzliche Krankenversicherung sein können, wenn der Versicherte im Einzelfall keinen Anspruch auf die Erbringung der Maßnahme durch die Einrichtung hat. Im Rahmen der von der Einrichtung geschuldeten Pflege hat diese grundsätzlich nur einfachste Maßnahmen der medizinischen Behandlungspflege zu erbringen, für die es keiner besonderen medizinischen Sachkunde oder medizinischer Fertigkeiten bedarf und die daher regelmäßig von dem in der Einrichtung beschäftigten Personal, wie von jedem erwachsenen Haushaltsangehörigen, ohne Weiteres ausgeführt werden können. Insoweit ist zur Abgrenzung auch § 37 Abs 3 SGB V heranzuziehen. Danach ist der Anspruch auf häusliche Krankenpflege ausgeschlossen, soweit eine im Haushalt lebende Person den Kranken in dem erforderlichen Umfang pflegen und versorgen kann. Das bedeutet nicht, wie die Klägerin meint, dass die Betreuer in den Eingliederungseinrichtungen damit in jeder Hinsicht pflegebereiten Haushaltsangehörigen iS des § 37 Abs 3 SGB V gleichgestellt werden. Soweit die Klägerin dies schon im Hinblick auf das "professionelle Selbstverständnis" der Mitarbeiter/innen der Einrichtungen ausschließen will, besteht Anlass zu dem Hinweis, dass sich dieses "Selbstverständnis" nur im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben entfalten kann. Im Übrigen entnimmt der Senat § 37 Abs 2 SGB V im hier maßgeblichen Zusammenhang nur, dass es nach den gesetzlichen Regelungen Maßnahmen der häuslichen Krankenpflege gibt, die ohne medizinische Vorkenntnisse von Laien erbracht werden können. Das gilt auch für Mitarbeiter in Einrichtungen der Eingliederungshilfe. Dazu gehört zB regelmäßig die Gabe von Tabletten nach ärztlicher Anweisung, das Messen des Blutdrucks oder des Blutzuckergehalts, das Anziehen von Thrombosestrümpfen, das An- und Ablegen einfach zu handhabender Stützverbände, das Einreiben mit Salben (soweit es sich nicht um schwierige Wundversorgung handelt), die Verabreichung von Bädern uä.

31

Weitergehende medizinische Behandlungspflege schuldet die Einrichtung nur, wenn sich dies aus ihren Verträgen, ihrer Leistungsbeschreibung, ihrem Aufgabenspektrum auch unter Berücksichtigung ihrer Zielgruppe und ihrer sächlichen und personellen Ausstattung ergibt.

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3. Nach dem sich aus der Vereinbarung nach § 75 Abs 3 SGB XII zwischen der Klägerin und der beigeladenen Einrichtung ergebenden Aufgabenspektrum der Einrichtung, ihrer Zielgruppe, der von ihr zu erbringenden Leistungen und vorzuhaltenden personellen Ausstattung handelt es sich um ein niederschwelliges Leistungsangebot für obdachlose Menschen mit einer psychischen Auffälligkeit(vgl Anlage 1 zur Vereinbarung nach § 75 Abs 3 SGB XII, 3.). Die von der Einrichtung zu leistenden Hilfen (vgl Anlage 1 zur Vereinbarung nach § 75 Abs 3 SGB XII, 4.) beziehen sich daher insbesondere auf Störungen in sozialen, psychischen und auch körperlichen Bereichen und bewegen sich somit ua auch in einem Grenzbereich zur Hilfe bei Krankheit. Ausdrücklich werden Hilfen bei der Gesundheitsversorgung benannt und darunter zB die Hilfestellung bei der Einhaltung der notwendigen gesundheitlichen Maßnahmen aufgeführt. Die Hilfe wird in Form von Beratung, Unterstützung, Förderung, Organisation, Planung sowie stellvertretender Ausführung gewährt (vgl Anlage 1 zur Vereinbarung nach § 75 Abs 3 SGB XII, 5.). Zur personellen Ausstattung gehört Fachpersonal aus den Bereichen Sozialarbeit, Sozialpädagogik und Pädagogik (vgl Anlage 1 zur Vereinbarung nach § 75 Abs 3 SGB XII, 6.).

33

Eine Hilfeleistung bei der oralen Einnahme von Tabletten nach ärztlicher Anweisung gehört danach zu der von der beigeladenen Einrichtung der Eingliederungshilfe geschuldeten pädagogischen Beratung, Betreuung und Unterstützung bei der Alltagsbewältigung und den lebenspraktischen Verrichtungen. Für das Herrichten und Verabreichen von Tabletten nach ärztlicher Anweisung ist regelmäßig keine medizinische Fachkunde erforderlich, und die in der Einrichtung tätigen, vorwiegend pädagogisch oder sozialpädagogisch ausgebildeten Mitarbeiter dürften nach kurzer Einweisung in der Lage sein, dafür zu sorgen, dass jeder Bewohner die ihm verordneten Medikamente entsprechend der ärztlichen Anordnung einnimmt. Denn für jeden Hilfeberechtigten ist ein individueller Hilfeplan aufzustellen. Darin kann auch die einzunehmende Medikation eingetragen werden, zumal nach der mit dem Versicherten abgeschlossenen Beratungs- und Betreuungsvereinbarung die notwendige, ärztlich verordnete Medikation einzuhalten ist.

34

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 und Abs 2 Satz 3 SGG iVm § 154 Abs 1, Abs 3 VwGO.

35

5. Der Streitwert ergibt sich aus § 197a Abs 1 SGG iVm §§ 47 Abs 1, 52 Abs 1, 3 GKG.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 12. März 2014 - L 4 KR 119/12 - aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Streitig ist die Gewährung häuslicher Krankenpflege zur Injektion von Insulin und zur Messung des Blutzuckergehaltes in einer vollstationären Einrichtung der Hilfe für behinderte Menschen.

2

Der 1942 geborene, bei der Beklagten versicherte Kläger steht unter gesetzlicher Betreuung und lebt in einer von der Beigeladenen zu 2. betriebenen vollstationären Einrichtung der Hilfe für behinderte Menschen. Er ist dort, nachdem er bis zu seinem 67. Lebensjahr in einer Werkstatt gearbeitet und seit langem in einer Wohngruppe der Einrichtung gelebt hat, nunmehr in einer neu gegründeten Wohngruppe für Senioren in der gleichen Einrichtung untergebracht, um eine ganztägige Betreuung zu gewährleisten. Die Kosten hierfür trägt der zu 1. beigeladene Sozialhilfeträger im Rahmen der Eingliederungshilfe. Der Kläger ist pflegebedürftig und leidet ua unter insulinpflichtigem Diabetes mellitus Typ II.

3

Für die Zeit vom 26.9.2010 bis 30.6.2011 verordnete ihm der behandelnde Arzt häusliche Krankenpflege zur Injektion von Insulin und für das Messen des Blutzuckerspiegels, zunächst wegen stark schwankender Werte, viermal täglich, später nur noch für zweimal tägliche Messungen und einmal tägliche Injektionen. Die Insulininjektionen werden ihm von einem Pflegedienst verabreicht, die Blutzuckermessungen werden teilweise auch von den Betreuern der Wohngruppe durchgeführt. Bei einem Messwert von über 300 sind diese angehalten, unverzüglich den Pflegedienst zu benachrichtigen. Seit Mai 2011 trägt der zu 1. beigeladene Sozialhilfeträger die Kosten des Pflegedienstes.

4

Die Beklagte lehnte die beantragte Erbringung häuslicher Krankenpflege regelmäßig ab (Bescheide vom 14.10.2010, 26.11.2010 und 2.5.2011 jeweils in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 2.2.2011, 6.2.2011 und 4.8.2011), da die Kosten der medizinischen Behandlungspflege nach § 43a Satz 1 SGB XI durch die Pflegekasse abgegolten würden, die nach dieser Vorschrift 10 % des nach § 75 Abs 3 SGB XII vereinbarten Heimentgeltes, maximal 256 Euro monatlich(§ 43a Satz 2 SGB XI) an den Heimträger zu entrichten habe. Diese Regelung sei abschließend und umfasse auch die Leistungen der medizinischen Behandlungspflege. Soweit Einrichtungen externe Pflegedienste beauftragten, sei eine Kostenerstattung gegebenenfalls mit dem Sozialhilfeträger zu regeln.

5

Der Kläger hat zur Begründung seiner Klage vorgetragen, er habe gegen den Einrichtungsträger keinen Anspruch auf Behandlungspflege. Sollte gegen die Beklagte ein solcher Anspruch nicht bestehen, wäre jedenfalls der beigeladene Sozialhilfeträger zur Kostenübernahme verpflichtet.

6

Der beigeladene Sozialhilfeträger hat im Klageverfahren ausgeführt, der Aufenthalt in einer stationären Einrichtung könne dem Anspruch auf häusliche Krankenpflege nach § 37 Abs 6 SGB V iVm der Häuslichen Krankenpflege-Richtlinie (HKP-Richtlinie) nur entgegenstehen, wenn ein Anspruch auf Behandlungspflege gegen den Träger der Einrichtung bestehe. Das sei vorliegend nicht der Fall.

7

Das SG hat die Beklagte verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 26.9.2010 bis 30.6.2011 häusliche Krankenpflege (Behandlungspflege) in Form von Blutzuckertests und Insulininjektionen jeweils viermal täglich und siebenmal wöchentlich zu leisten (Gerichtsbescheid vom 15.3.2012). Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 12.3.2014). Es hat ausgeführt, die von der Beigeladenen zu 2. betriebene Wohneinrichtung, in welcher der Kläger lebe, sei ein geeigneter Ort iS des § 37 Abs 2 SGB V, weil diese selbst dem Kläger keine Behandlungspflege schulde. Es könne offenbleiben, ob diese Wohneinrichtung eine besondere Ausprägung des betreuten Wohnens iS von § 37 Abs 2 Satz 1 SGB V darstelle, da jedenfalls stationäre Einrichtungen der Hilfe für behinderte Menschen, in denen die Versicherten keinen Anspruch auf Behandlungspflege haben, aufgrund ihrer Gemeinsamkeiten mit den betreuten Wohnformen als geeignete Orte im Sinne dieser Vorschrift anzusehen seien. Der Begriff des "betreuten Wohnens" sei gesetzlich nicht definiert und die Übergänge von einer Wohngemeinschaft mit Betreuungshilfe zu einer stationären Einrichtung seien in Abhängigkeit der Fähigkeiten der Bewohner fließend. Der Kläger habe nach dem Wohnstättenvertrag keinen Anspruch auf Behandlungspflege gegen die Einrichtung. Nach diesem Vertrag sei die Einrichtung verpflichtet, im Rahmen der medizinischen Versorgung lediglich eine Begleitung zu Arztbesuchen und externen Therapien sicherzustellen sowie die Einnahme von Medikamenten entsprechend einer schriftlichen ärztlichen Verordnung zu gewährleisten und den Kläger bei Krankheit, soweit kein Klinikaufenthalt erforderlich sei, zu versorgen. Zur Injektion von Insulin oder zu Blutzuckermessungen sei die Einrichtung nicht verpflichtet.

8

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte einen Verstoß gegen die Regelungen des § 37 Abs 2 SGB V iVm der HKP-Richtlinie sowie des § 43a SGB XI iVm § 43 Abs 2 Satz 1 SGB XI. Eine stationäre Einrichtung der Hilfe für behinderte Menschen sei nicht mit einer Einrichtung des betreuten Wohnens vergleichbar, in der Pflegebedürftige ambulante Leistungen der Pflegeversicherung erhielten und sich die Hilfe auch auf die Führung eines eigenen Haushaltes erstrecke. In stationären Einrichtungen der Hilfe für behinderte Menschen werde kein eigener Haushalt geführt; die Leistungen würden entsprechend dem ganzheitlichen Ansatz der Eingliederungshilfe vollstationär vom Einrichtungsträger erbracht. Durch den Verweis in § 43a SGB XI auf § 43 Abs 2 Satz 1 SGB XI entspreche der Leistungsumfang dem der stationären Pflegeeinrichtungen und umfasse daher auch Behandlungspflegeleistungen. Der Sozialhilfeträger könne sich nicht durch den Abschluss von Verträgen mit den Eingliederungseinrichtungen über die Bestimmungen des SGB XI hinwegsetzen.

9

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 12. März 2014 und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 15. März 2012 zu ändern und die Klagen abzuweisen.

10

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

11

Er nimmt auf die seiner Ansicht nach zutreffenden Ausführungen des Bayerischen LSG Bezug.

12

Der Beigeladene zu 1. schließt sich ebenfalls den Ausführungen des Bayerischen LSG an und betont die fließenden Übergänge im Bereich verschiedener Formen des betreuten Wohnens. In Bayern unterlägen sowohl ambulant als auch stationär betreute Wohnformen dem Gesetz zur Regelung der Pflege, Betreuungs- und Wohnqualität im Alter und bei Behinderung und stellten damit Varianten ein und derselben Wohnform dar. Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) habe eine Regelung der HKP-Richtlinie (Punkt I.4, Abs 1 Nr 6 der HKP-Richtlinie) beanstandet, nach der in Einrichtungen der Hilfe für behinderte Menschen häusliche Krankenpflege nicht verordnet werden konnte, worauf diese Regelung gestrichen worden sei. Zudem verstoße es gegen die UN-Behindertenrechtskonvention und missachte das Wunsch- und Wahlrecht der Betroffenen aus § 9 Abs 2 SGB IX, wenn Menschen mit Behinderungen wegen ihres Bedarfs an medizinischer Behandlungspflege die Einrichtung nach § 55 Satz 2 SGB XII wechseln müssten, wenn diese die Behandlungspflege nicht sicherstellen könne.

13

Auch der Beigeladene zu 2. schließt sich den Ausführungen des Bayerischen LSG an und betont, dass die Einrichtung nach den Leistungsvereinbarungen mit dem Beigeladenen zu 1. keine medizinische Behandlungspflege schulde. Diese sei nach den aktuellen Vereinbarungen sogar ausdrücklich vom Inhalt ausgenommen. Die Einrichtung erbringe Leistungen der Eingliederungshilfe, die auf eine Förderung der Bewohner und die Verwirklichung ihres Teilhabeanspruchs gerichtet seien. Dem Kläger schulde sie "Hilfe bei Krankheit" nur in folgender Form:
- "Arzt- und Therapeutenbesuche: die Mitarbeiter begleiten die Bewohner
- Einnehmen der Medizin nach ärztlicher Verordnung
- Unterstützung des gesunden Lebens".
Zum Personal der Einrichtung gehörten daher auch keine ausgebildeten Krankenpflegekräfte.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision der Beklagten ist im Sinne einer Zurückverweisung begründet. Der Kläger hatte zwar grundsätzlich auch während er in der Einrichtung der Eingliederungshilfe lebte Anspruch auf häusliche Krankenpflege durch die Beklagte (hierzu 1.). Der Anspruch reicht aber nur soweit, wie die Einrichtung nicht selbst zur Erbringung der erforderlichen Maßnahmen der Behandlungspflege verpflichtet ist (hierzu 2.) und umfasst daher hier zwar die Injektion von Insulin, nicht aber das Messen der Blutzuckerwerte (hierzu 3.). Die Zurückverweisung ist erforderlich, weil das Berufungsgericht nicht festgestellt hat, in welchen Zeiträumen wie häufig täglich Insulin injiziert werden musste, in welchem Umfang die Leistung tatsächlich erbracht wurde und ob und ggf in welcher Höhe dem Kläger hierfür Kosten entstanden sind. Da der Leistungszeitraum in der Vergangenheit liegt, kann der Kläger nur noch Kostenerstattung geltend machen (hierzu 4.).

15

1. Nach § 37 Abs 2 Satz 1 SGB V(idF des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 26.3.2007, BGBl I 378) erhalten Versicherte in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen als häusliche Krankenpflege Behandlungspflege, wenn diese zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist. Nach § 37 Abs 6 SGB V legt der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) in Richtlinien nach § 92 SGB V fest, an welchen Orten und in welchen Fällen Leistungen nach den Abs 1 und 2 des § 37 SGB V auch außerhalb des Haushaltes und der Familie des Versicherten erbracht werden können.

16

a) Bis zum 31.3.2007 erhielten Versicherte häusliche Krankenpflege (nur) "in ihrem Haushalt oder ihrer Familie" (vgl § 37 Abs 1 und 2 SGB V idF des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003, BGBl I 2190). Schon nach § 185 RVO aus dem Jahr 1911 konnten solche Pflegeleistungen gewährt werden, wenn ein wichtiger Grund vorlag, "den Kranken in seinem Haushalt oder in seiner Familie zu belassen", und nicht im Krankenhaus zu behandeln. Seitdem war dieses Tatbestandsmerkmal bis zum 31.3.2007 nicht erweitert worden. Zu dieser Gesetzeslage hatte das BSG entschieden, dass es zwar - sofern nicht Krankenhausbehandlung oder vollstationäre Pflege vorliege - nicht auf den Aufenthaltsort des Versicherten ankomme und daher häusliche Krankenpflege auch während des Kindergarten- oder Schulbesuchs zu leisten sei (BSGE 90, 143 = SozR 3-2500 § 37 Nr 5 = SozR 3-1500 § 96 Nr 11); aufgrund des engen Wortlauts der Vorschrift sah sich die Rechtsprechung aber bis zur Änderung durch das GKV-WSG vom 26.3.2007 (BGBl I 378) daran gehindert, den Anspruch auf häusliche Krankenpflege darüber hinaus auch auf Zeiten des Aufenthalts in einer stationären Einrichtung auszudehnen (BSG SozR 4-2500 § 37 Nr 5). Bei der Umschreibung des Aufenthaltsortes der Versicherten "in ihrem Haushalt oder ihrer Familie" ging es dem Gesetzgeber vor allem um die Abgrenzung zur Leistungserbringung im stationären Bereich. Schon in der Ursprungsfassung des § 185 RVO aus dem Jahr 1911 wurde der Begriff als Unterscheidung von der Krankenhausversorgung(vgl Poske, Hauspflege, 1990, S 70 ff, 112 ff) verwendet: "Die Kasse kann mit Zustimmung des Versicherten Hilfe und Wartung durch Krankenpfleger, Krankenschwestern oder andere Pfleger namentlich auch dann gewähren, wenn die Aufnahme des Kranken in ein Krankenhaus geboten, aber nicht ausführbar ist, oder ein wichtiger Grund vorliegt, den Kranken in seinem Haushalt oder seiner Familie zu belassen." Diese Formulierung wurde als Voraussetzung für den Anspruch auf Behandlungssicherungspflege übernommen, die zunächst als Satzungsleistung eingeführt (§ 185 Abs 1 Satz 2 RVO idF des Gesetzes zur Dämpfung der Ausgabenentwicklung und zur Strukturverbesserung in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 27.6.1977, BGBl I 1069; vgl zum Gesetzgebungsverfahren Zipperer, DOK 1978, 11, 20) und später in § 37 Abs 2 Satz 1 SGB V(durch das Gesetz über die neunzehnte Anpassung der Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz sowie zur Änderung weiterer sozialrechtlicher Vorschriften vom 26.6.1990, BGBl I 1211) zum gesetzlichen Anspruch bestimmt wurde. Schon damals wurde die Notwendigkeit einer Abgrenzung zum stationären Bereich der Heimpflege diskutiert, und bei einem Daueraufenthalt in Einrichtungen der Alten- oder Behindertenhilfe sahen zahlreiche Autoren den Anspruch auf Fälle beschränkt, in denen die Einrichtung dem Versicherten (vertraglich) keine umfassende Versorgung schulde (vgl Hanau/Rolfs, VSSR 1993, 237, 252; Gerlach in Hauck/Noftz, SGB V, Stand August 1999, K § 37 RdNr 15; Höfler in Kasseler Komm, Bd 1, Stand Einzelkommentierung Dezember 2004, § 37 SGB V RdNr 14). Nach der bis zum 31.3.2007 geltenden Gesetzesfassung war aber die vom Gesetzgeber beabsichtigte Abgrenzung zur stationären Krankenhausbehandlung in gleicher Weise geeignet, sonstige stationäre Einrichtungen von den Leistungen der häuslichen Krankenpflege auszunehmen (vgl BSG SozR 4-2500 § 37 Nr 5). Der Gesetzgeber hatte noch bei der Änderung des § 37 Abs 2 Satz 2 SGB V durch das GMG vom 14.11.2003 (BGBl I 2190) keinen Handlungsbedarf dafür gesehen, Menschen in Einrichtungen der Behindertenhilfe ohne eigenen Haushalt Anspruch auf häusliche Krankenpflege einzuräumen. Nach dieser Regelung, die unverändert bis heute fortgilt (§ 37 Abs 2 Satz 7 SGB V), erhalten Versicherte, die nicht auf Dauer in Einrichtungen nach § 71 Abs 2 und 4 SGB XI aufgenommen sind, Leistungen der häuslichen Krankenpflege auch dann, wenn ihr Haushalt nicht mehr besteht und ihnen zur Durchführung der Behandlungspflege vorübergehender Aufenthalt in einer Einrichtung oder einer anderen geeigneten Unterkunft zur Verfügung gestellt wird. Bei dieser Regelung ging es insbesondere um die Sicherstellung medizinischer Behandlungspflege für alleinstehende Wohnungslose, um kostentreibende Krankenhauseinweisungen zu verhindern (vgl BT-Drucks 15/1525 S 90). Nach der Gesetzesbegründung wurde damit aber zugleich "klargestellt, dass bei Daueraufenthalt ohne eigenen Haushalt, zB in Heimen, weiterhin kein Anspruch auf Leistungen der Behandlungspflege besteht" (BT-Drucks 15/1525 S 90 zu Buchst a).

17

b) Erst mit dem GKV-WSG vom 26.3.2007 (BGBl I 378) hat der Gesetzgeber den Anspruch auf sonstige geeignete Orte, insbesondere betreute Wohnformen, Schulen, Kindergärten und bei besonders hohem Pflegebedarf auch auf Werkstätten für behinderte Menschen erweitert und dem GBA aufgegeben festzulegen, an welchen Orten und in welchen Fällen Leistungen der häuslichen Krankenpflege auch außerhalb des Haushaltes und der Familie des Versicherten erbracht werden können. In der Gesetzesbegründung ist hierzu ausgeführt, die Beschränkung der Leistungen zur häuslichen Krankenpflege auf Haushalt und Familie des Versicherten habe sich im Hinblick auf das Ziel, vorschnelle stationäre Einweisungen zu vermeiden, als kontraproduktiv erwiesen. Die Neuregelung bewirke durch eine vorsichtige Erweiterung des Haushaltsbegriffs, dass neue Wohnformen, Wohngemeinschaften und betreutes Wohnen hinsichtlich der Erbringung von häuslicher Krankenpflege gegenüber konventionellen Haushalten nicht benachteiligt würden. Betreute Wohnformen, deren Bewohner ambulante Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung erhalten, sollten verbesserte Angebote für ambulant Pflegebedürftige darstellen. Darüber hinaus werde im Hinblick auf bestimmte, eng begrenzte Personengruppen durch den erweiterten Haushaltsbegriff eine vorschnelle Einweisung in stationäre Einrichtungen verhindert. Ein "geeigneter Ort" für die Leistung häuslicher Krankenpflege durch die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) sei jedenfalls dann nicht gegeben, wenn sich der Versicherte in einer Einrichtung befinde, in der er nach den gesetzlichen Bestimmungen Anspruch auf die Erbringung medizinischer Behandlungspflege durch die Einrichtung habe. Um die notwendige Flexibilität bei der Bestimmung der geeigneten Erbringungsorte zu wahren, werde auf eine gesetzliche Festlegung verzichtet und die nähere Ausgestaltung dem GBA übertragen. Dieser Lösungsweg vermeide Lücken im Zwischenbereich von ambulanter und stationärer Versorgung (BT-Drucks 16/3100 S 104).

18

c) Der GBA ist seinem Regelungsauftrag durch die zum 11.6.2008 in Kraft getretene Änderung der HKP-Richtlinie (HKP-Richtlinie idF vom 16.2.2000, zuletzt geändert am 17.1.2008/10.4.2008, veröffentlicht im BAnz 2008, Nr 84, S 2028, 2029 und 2030) nachgekommen. Unter I.2 ist bestimmt:

        

"Häusliche Krankenpflege wird im Haushalt des Versicherten oder seiner Familie erbracht. Anspruch auf häusliche Krankenpflege besteht auch an sonstigen geeigneten Orten, an denen sich der Versicherte regelmäßig wiederkehrend aufhält und an denen

        

-       

die verordnete Maßnahme zuverlässig durchgeführt werden kann und

        

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für die Erbringung der einzelnen Maßnahmen geeignete räumliche Verhältnisse vorliegen (z. B. im Hinblick auf hygienische Voraussetzungen, Wahrung der Intimsphäre, Beleuchtung),

        

wenn die Leistung aus medizinisch-pflegerischen Gründen während des Aufenthaltes an diesem Ort notwendig ist. Orte im Sinne des Satzes 2 können insbesondere Schulen, Kindergärten, betreute Wohnformen oder Arbeitsstätten sein."

Unter I.6 ist bestimmt:

        

"Für die Zeit des Aufenthalts in Einrichtungen, in denen nach den gesetzlichen Be-stimmungen Anspruch auf die Erbringung von Behandlungspflege durch die Einrichtungen besteht (z. B. Krankenhäusern, Rehabilitationseinrichtungen, Hospizen, Pflegeheimen), kann häusliche Krankenpflege nicht verordnet werden. Ob ein solcher Anspruch besteht, ist im Einzelfall durch die Krankenkassen zu prüfen.

                 
        

Abweichend davon kann häusliche Krankenpflege in Werkstätten für behinderte Menschen verordnet werden, wenn die Intensität oder Häufigkeit der in der Werkstatt zu erbringenden Pflege so hoch ist, dass nur durch den Einsatz einer Pflegefachkraft Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit vermieden oder das Ziel der ärztlichen Behandlung gesichert werden kann und die Werkstatt für behinderte Menschen nicht auf Grund des § 10 der Werkstättenverordnung verpflichtet ist, die Leistung selbst zu erbringen.

                 
        

Eine Verordnung von Behandlungspflege ist auch für Versicherte in Pflegeheimen zulässig, die auf Dauer, voraussichtlich für mindestens 6 Monate, einen besonders hohen Bedarf an medizinischer Behandlungspflege haben (§ 37 Abs. 2 Satz SGB V). Dies ist der Fall, wenn (…)."

19

Der GBA hatte in seinem Beschlusstext ursprünglich folgende Regelung vorgesehen: "Für die Zeit des Aufenthaltes in Einrichtungen, in denen nach den gesetzlichen Bestimmungen Anspruch auf die Erbringung von Behandlungspflege durch die Einrichtungen besteht (z.B. Krankenhäusern, Rehabilitationseinrichtungen, Hospizen, Pflegeheimen oder Behinderteneinrichtungen), kann häusliche Krankenpflege nicht verordnet werden" (vgl https://www.g-ba.de/informationen/beschluesse/598/; dort finden sich die "Tragenden Gründe zum Beschluss vom 17.1.2008" als PDF-Datei, Beschlusstext, S 9). Die ausdrückliche Aufführung der Einrichtungen der Hilfe für behinderte Menschen ist trotz zahlreicher kritischer Stellungnahmen (aaO, S 12 ff) erst aufgrund einer Prüfung durch das BMG gemäß § 94 SGB V gestrichen worden(vgl https://www.g-ba.de/informationen/beschluesse/598/; dort findet sich die "Prüfung gem. § 94 SGB V durch das BMG" als PDF-Datei, Schreiben vom 20.3.2008). Zudem wurde der Satz: "Ob ein solcher Anspruch besteht, ist im Einzelfall durch die Krankenkasse zu prüfen" aufgrund der Prüfung aufgenommen. Das BMG hat von einer Beanstandung der vorgesehenen Regelung nur unter der Auflage abgesehen, die Regelung bei nächster Gelegenheit so zu überarbeiten, dass Einrichtungen der Hilfe für behinderte Menschen nicht grundsätzlich von der Verordnung häuslicher Krankenpflege ausgeschlossen werden und dass vom GBA sichergestellt wird, dass die Regelung bis zu ihrer Überarbeitung ohne den grundsätzlichen Ausschluss von Behinderteneinrichtungen angewandt wird. Das BMG hat hierzu ausgeführt, eine rechtliche Begründung dafür, dass grundsätzlich in allen (dh in der Regel oder in der großen Mehrheit der nicht näher definierten) ambulanten und stationären Einrichtungen der Hilfe für behinderte Menschen ein Anspruch auf Erbringung von Behandlungspflege durch die Einrichtung bestehe, sei nicht ersichtlich. Die vom GBA beschlossene Formulierung könne dazu führen, dass häusliche Krankenpflege für Versicherte in diesen Einrichtungen regelmäßig abgelehnt werde, ohne dass tatsächlich im Einzelfall geprüft werde, ob anderweitige Ansprüche auf die Erbringung von Behandlungspflege bestehen. Deshalb sei klarzustellen, dass im Einzelfall zu prüfen sei, ob nach gesetzlichen Bestimmungen ein Anspruch auf die Erbringung von Behandlungspflege durch die Einrichtung bestehe.

20

d) Nach dem Regelungsgefüge, das sich aus den gesetzlichen Vorschriften iVm den Normen der HKP-Richtlinie ergibt, besteht der Anspruch zunächst an allen geeigneten Orten, an denen sich der Versicherte regelmäßig wiederkehrend aufhält, wenn die Leistung aus medizinisch pflegerischen Gründen während des Aufenthaltes an diesem Ort notwendig ist. Einschränkungen in Bezug auf den Aufenthaltsort ergeben sich - abgesehen von der Geeignetheit der räumlichen Verhältnisse - erst aus den Regelungen unter I.6, dh für die Zeit des Aufenthaltes in Einrichtungen nur dann, wenn nach den gesetzlichen Bestimmungen Anspruch auf die Erbringung von Behandlungspflege durch die Einrichtung besteht (wie zB in Krankenhäusern, Rehabilitationseinrichtungen, Hospizen, Pflegeheimen). Ob ein solcher Anspruch besteht, ist im Einzelfall durch die Krankenkasse zu prüfen. Einrichtungen der Eingliederungshilfe werden in den HKP-Richtlinien den Krankenhäusern und Pflegeheimen ausdrücklich nicht (mehr) gleichgestellt. In dieser Fassung ist die HKP-Richtlinie gesetzeskonform.

21

e) Der Vorschrift des § 37 Abs 2 Satz 1 SGB V und der Bezeichnung der dort nach der Verwendung des Begriffs "insbesondere" beispielhaft aufgeführten "geeigneten Orte" lässt sich nicht die Beschränkung entnehmen, häusliche Krankenpflege könne weiterhin nur beansprucht werden, wenn noch ein Mindestmaß eines eigenen Haushalts (oder ein Leben in der Familie) geführt wird, und weitere Leistungen ggf ambulant in Anspruch genommen werden. Gegen die Auffassung der Beklagten, eine stationäre Einrichtung, in der sich ein Versicherter dauerhaft aufhält, ohne an einem anderen Ort noch einen Haushalt zu führen oder in einem solchen zu leben, könne nie ein sonstiger geeigneter Ort iS des § 37 Abs 2 SGB V sein, sprechen die Gesetzesbegründung und der vom Gesetzgeber mit der Erweiterung des Anspruchs verfolgte Zweck. Auch dem Wortlaut der Vorschrift lässt sich eine solche Einschränkung nicht entnehmen.

22

Dem Gesetzgeber war es nach der Gesetzesbegründung zur Ausweitung des Anspruchs auf häusliche Krankenpflege auf sonstige geeignete Orte durch das GKV-WSG vom 26.3.2007 (BGBl I 378) ein besonderes Anliegen, Lücken im Zwischenbereich von ambulanter und stationärer Versorgung zu vermeiden. Bei ambulanten Einrichtungen, insbesondere auch bei ambulant betreuten Wohnformen, wird aber regelmäßig (allein oder gemeinsam mit anderen) ein eigener Haushalt geführt, sodass bereits vor der Gesetzesänderung auch für dort lebende Versicherte ein Anspruch auf häusliche Krankenpflege bestehen konnte. Zudem war nach der Rechtsprechung des BSG der Anspruch auch schon vor der Neuregelung zum 1.4.2007 nicht auf die Erbringung der Leistung in der Wohnung des Versicherten beschränkt; vielmehr konnte häusliche Krankenpflege auch in der Schule oder im Kindergarten erbracht werden (so ausdrücklich BSGE 90, 143 = SozR 3-2500 § 37 Nr 5 = SozR 3-1500 § 96 Nr 11). Wenn die vom Gesetzgeber beabsichtigte vorsichtige Erweiterung des Anspruchs auch auf sonstige geeignete Orte nicht weitgehend leerlaufen soll, müssen grundsätzlich auch die stationären Einrichtungen einbezogen werden, in denen sich ein Versicherter auf unabsehbare Zeit aufhält und betreut wird, ohne noch anderswo zu leben und zu wohnen. Die Beklagte hat Recht mit ihrer Auffassung, dass es in den bisher vom Senat entschiedenen Fällen darum ging, Versicherte auch in Einrichtungen wie Schulen und Kindergärten mit Krankenpflege zu versorgen, in denen sich diese lange, aber eben nicht ausschließlich im Sinne eines Lebensmittelpunktes aufhalten. Genau diese Situation sollte indessen durch die Neuregelung des § 37 Abs 2 SGB V erfasst werden, und zwar für die Konstellation, dass in der vollstationären Einrichtung keine umfassende pflegerische Versorgung stattfindet und gesetzlich auch nicht geschuldet wird. Denn nur dadurch kann dem Sinn und Zweck der Vorschrift, durch (ambulante) häusliche Krankenpflege vorschnelle stationäre Einweisungen zu vermeiden, entsprochen werden. Bei den zu vermeidenden stationären Einweisungen kann es sich nur um Einweisungen in Einrichtungen handeln, in denen die Versicherten medizinische Behandlungspflege erhalten, wie Krankenhäuser, medizinische Rehabilitationseinrichtungen oder Pflegeheime. Die Aufnahme in andere Einrichtungen, die regelmäßig schon nicht auf ärztliche Veranlassung erfolgt, kann (und soll) nicht durch die Erbringung ambulanter Leistungen der häuslichen Krankenpflege vermieden werden. Vielmehr soll die nach der Gesamtsituation des Versicherten sinnvolle Aufnahme zB in eine stationäre Einrichtung der Eingliederungshilfe nicht daran scheitern, dass zusätzlich zum Eingliederungsbedarf auch ein Bedarf an Krankenpflegeleistungen besteht, der von der Eingliederungseinrichtung nicht gedeckt werden kann. Es kann (auch) für die Krankenkasse wirtschaftlich sinnvoll sein, Versicherte in solchen Einrichtungen, in denen sie keinen Anspruch auf medizinische Behandlungspflege gegen die Einrichtung haben, mit häuslicher Krankenpflege zu versorgen, um eine vorschnelle Einweisung in ein Krankenhaus zu vermeiden.

23

Auch dem Wortlaut der Vorschrift lässt sich seit der Ausweitung des Anspruchs auf sonstige geeignete Orte nicht entnehmen, dass stationäre Einrichtungen etwa der Eingliederungshilfe dafür grundsätzlich nicht in Betracht kommen. Die beispielhafte Aufzählung enthält hierfür keine Anhaltspunkte. Der im Gesetz verwandte Begriff der "betreuten Wohnformen" ist gesetzlich nicht definiert. Die Übergänge von einer Wohngemeinschaft mit ambulanten Betreuungshilfen zu einer stationären Einrichtung sind inzwischen fließend. Daher werden in den Landesheimgesetzen neben stationären Einrichtungen regelmäßig auch andere Formen des betreuten Wohnens erfasst (vgl Weber NZS 2011, 650, 651 mwN), und längst nicht alle Formen des betreuten Wohnens weisen eine größere Nähe zur eigenständigen Haushaltsführung auf, als herkömmliche stationäre Einrichtungen. Eine eindeutige Zuordnung jeder Einrichtung entweder als stationäres Heim oder als ambulantes Angebot mit Betreuungshilfen, wird durch die andauernde Entwicklung neuer Wohnformen zunehmend schwierig. Auch in betreuten Wohnformen haben Versicherte keinen Anspruch auf häusliche Krankenpflege, wenn sie bereits Anspruch auf die Maßnahme durch die Einrichtung bzw den Betreuungsdienst haben, weil häusliche Krankenpflege dann nicht erforderlich ist. Gerade im Grenzbereich verschiedener Wohnformen ist es aber sachgerecht, nach dem Anspruch gegen die Einrichtung bzw den Betreuungsdienst zu differenzieren und nicht dem Begriff "betreute Wohnformen" eine Festlegung dahin zu entnehmen, dass in vollstationären Betreuungseinrichtungen keine häusliche Krankenpflege erbracht werden kann.

24

Es ist daher konsequent, den Anspruch auf häusliche Krankenpflege in Einrichtungen nur dann und insoweit zu beschränken, als nach den gesetzlichen Bestimmungen Anspruch auf die Erbringung medizinischer Behandlungspflege durch die Einrichtung besteht. Der Gesetzgeber hat auf eine gesetzliche Festlegung der geeigneten Leistungsorte bewusst verzichtet. Er wollte damit im Hinblick auf die Vielzahl unterschiedlicher Einrichtungen jeglichen Eingriff in die bestehenden Strukturen der Einrichtungen und insbesondere in ihre Leistungspflichten im Hinblick auf die medizinische Behandlungspflege vermeiden und die Präzisierung der Einrichtungen, in denen die Versicherten Anspruch auf häusliche Krankenpflege nach dem SGB V haben, dem GBA überlassen.

25

f) Die Richtlinien des GBA haben normativen Charakter und sind für die Beteiligten verbindlich (BSG SozR 3-2500 § 135 Nr 21; BSG SozR 3-2500 § 92 Nr 12; BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5; BSG SozR 4-2500 § 132a Nr 3; BSG SozR 4-2500 § 37 Nr 7; BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 8; vgl auch amtl Begründung zu den Ergänzungen von § 92 Abs 1 SGB V durch das GMG - BT-Drucks 15/1525 oder die Ergänzungen des Gesetzes zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit in der Arzneimittelversorgung des GKV-WSG). Der Senat hat keine Zweifel an der verfassungsrechtlichen Legitimation des GBA als untergesetzlichem Normgeber in der Form, wie sie inzwischen gesetzlich festgelegt ist (so auch BSGE 112, 257 = SozR 4-2500 § 137 Nr 2, RdNr 22; BSGE 112, 251 = SozR 4-2500 § 106 Nr 38, RdNr 14; BSGE 111, 155 = SozR 4-2500 § 31 Nr 21, RdNr 26; vgl auch Beier in jurisPK-SGB V, Online-Ausgabe, § 92 SGB V RdNr 31.1, Stand Juni 2013).

26

2. Einrichtungen der Eingliederungshilfe sind nach den gesetzlichen Bestimmungen grundsätzlich nur soweit zur Erbringung von medizinischer Behandlungspflege verpflichtet, wie diese aufgrund der sächlichen und personellen Ausstattung von der Einrichtung erbracht werden kann.

27

a) Erbringt der Träger der Sozialhilfe die Leistungen der Eingliederungshilfe in einer vollstationären Einrichtung (§ 13 SGB XII, zum Einrichtungsbegriff iS des SGB XII vgl BSGE 106, 264 = SozR 4-3500 § 19 Nr 2, RdNr 13) der Hilfe für behinderte Menschen, wird grundsätzlich der gesamte Bedarf des Hilfebedürftigen nach § 9 Abs 1 SGB XII in der Einrichtung in einrichtungsspezifischer Weise befriedigt. Die Einrichtung übernimmt für den Hilfebedürftigen von dessen Aufnahme bis zur Entlassung die Gesamtverantwortung für seine tägliche Lebensführung (vgl Luthe in Hauck/Noftz, SGB XII, Stand November 2014, K § 13 RdNr 58, 59 mwN). Leistungen der Eingliederungshilfe umfassen nach § 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII, § 26 SGB IX auch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, zu denen nach § 26 Abs 2 SGB IX ua auch die Behandlung durch Angehörige von Heilberufen gehört, soweit deren Leistungen unter ärztlicher Aufsicht oder auf ärztliche Anordnung ausgeführt werden, wie es bei der häuslichen Krankenpflege der Fall ist. Nach § 55 Satz 1 SGB XII umfassen die Leistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen in einer vollstationären Einrichtung der Hilfe für behinderte Menschen iS des § 43a SGB XI auch die Pflegeleistungen in der Einrichtung. Ist der behinderte Mensch allerdings so pflegebedürftig, dass die Pflege in der Einrichtung nicht sichergestellt werden kann, vereinbaren der Träger der Sozialhilfe und die zuständige Pflegekasse mit dem Einrichtungsträger, dass die Leistung in einer anderen Einrichtung erbracht wird, wobei den angemessenen Wünschen des behinderten Menschen Rechnung zu tragen ist (§ 55 Satz 2 SGB XII).

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b) Danach hat der Träger der Sozialhilfe zwar letztlich alle Teilhabebedarfe der Eingliederungshilfe zu decken und kann dies durch Leistungen für Einrichtungen (§ 13 Abs 1 SGB XII) gewährleisten, zu beachten ist aber der Nachrang der Sozialhilfe (§ 2 SGB XII). Leistungen anderer Sozialleistungsträger gehen grundsätzlich den Leistungen der Sozialhilfe vor (§ 2 Abs 1 SGB XII), und auf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil nach dem Recht der Sozialhilfe entsprechende Leistungen vorgesehen sind (§ 2 Abs 2 Satz 2 SGB XII). Die medizinische Behandlungspflege ist Aufgabe der GKV, die daher diese Leistung vorrangig vor dem Träger der Sozialhilfe zu erbringen hat. Deshalb hat der Sozialhilfeträger im Verhältnis zur GKV nicht die Aufgabe, durch entsprechende Verträge mit den Einrichtungen der Eingliederungshilfe dafür zu sorgen, dass diese regelmäßig auch Leistungen der medizinischen Behandlungspflege erbringen. Die Verpflichtung der Einrichtung zur Übernahme der Gesamtverantwortung für die tägliche Lebensführung sowie zur Deckung der Bedarfe in einrichtungsspezifischer Weise weist den Einrichtungen daher keine weitergehenden Pflichten zu, als sie aufgrund ihrer Ausrichtung, des Eingliederungszwecks, dem sie dienen, und nach den Vereinbarungen nach §§ 75 ff SGB XII schulden. Einrichtungen der Eingliederungshilfe schulden danach regelmäßig selbst keine medizinischen Behandlungsmaßnahmen, sondern haben lediglich organisatorisch dafür Sorge zu tragen, dass die Bewohner der Einrichtung neben den von der Einrichtung selbst geschuldeten Leistungen auch solche anderer Träger in Anspruch nehmen können. So schulden solche Einrichtungen keine ärztliche Behandlung, sie haben aber ggf Arztbesuche zu organisieren bzw zu ermöglichen und die notwendigen Rahmenbedingungen dafür zu schaffen. Gleiches gilt grundsätzlich auch für die medizinische Behandlungspflege, es sei denn, aus den Vereinbarungen nach den §§ 75 ff SGB XII ergeben sich weitergehende Leistungsverpflichtungen.

29

c) Einrichtungen der Eingliederungshilfe sind auch nicht allein aufgrund der von den Pflegekassen für Pflegebedürftige nach § 43a Satz 1 SGB XI zu gewährenden pauschalen Abgeltung verpflichtet, grundsätzlich alle im Einzelfall notwendigen Maßnahmen der medizinischen Behandlungspflege zu erbringen. Nach § 43a Satz 1 SGB XI übernimmt die Pflegekasse zur Abgeltung der in § 43 Abs 2 SGB XI genannten Aufwendungen 10 vH des nach § 75 Abs 3 SGB XII vereinbarten Heimentgeltes für Pflegebedürftige in einer stationären Einrichtung der Hilfe für behinderte Menschen, in der die Teilhabe am Arbeitsleben und am Leben in der Gemeinschaft, die schulische Ausbildung oder die Erziehung behinderter Menschen im Vordergrund des Einrichtungszwecks stehen(§ 71 Abs 4 SGB XI). Dabei dürfen aber die Aufwendungen der Pflegekasse im Einzelfall je Kalendermonat 256 Euro (ab 1.1.2015 266 Euro) nicht übersteigen (§ 43a Satz 2 SGB XI). Zu den in § 43 Abs 2 SGB XI genannten Aufwendungen gehören die pflegebedingten Aufwendungen, die Aufwendungen der sozialen Betreuung und die Aufwendungen für Leistungen der medizinischen Behandlungspflege.

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Trotz der ausdrücklichen Erwähnung auch der medizinischen Behandlungspflege zeigt die Verortung der Vorschrift im SGB XI, dass es dabei lediglich um die von der Pflegeversicherung abzudeckenden Bedarfe geht. Die Pauschale wird auch nur für Pflegebedürftige geleistet. Stationäre Pflegeeinrichtungen iS des § 71 Abs 2 und 4 SGB XI haben grundsätzlich auch medizinische Behandlungspflege zu erbringen; erst bei einem dauerhaften, voraussichtlich mindestens sechs Monate währenden besonders hohen Bedarf an medizinischer Behandlungspflege haben Versicherte in Pflegeheimen Anspruch auf häusliche Krankenpflege. Hier kommt es nicht zu einer Lücke zwischen ambulanter und stationärer Versorgung. Einrichtungen der Eingliederungshilfe schulden nach § 43a SGB XI zwar grundsätzlich Leistungen der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung. Die medizinische Behandlungspflege iS des § 37 Abs 2 SGB V kann aber durch diese an die Pflegeversicherung gerichtete Vorschrift grundsätzlich nicht vom Zuständigkeitsbereich der GKV auf Einrichtungen der Hilfe für behinderte Menschen übertragen werden. Dies ist schon deshalb ausgeschlossen, weil die Eingliederungseinrichtungen dann nur gegenüber pflegebedürftigen Bewohnern zur Erbringung von Behandlungspflege nach § 37 Abs 2 SGB V verpflichtet wären und auch nur für diese Personen das pauschalierte Entgelt erhalten(so im Ergebnis bereits BSG SozR 4-2500 § 37 Nr 5 RdNr 9). Ansprüche auf medizinische Behandlungspflege können auch Versicherten zustehen, die nicht pflegebedürftig sind.

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d) Das ergibt sich auch aus den Regelungen des § 55 SGB XII. Danach haben Einrichtungen der Eingliederungshilfe auch die (notwendigen) Pflegeleistungen zu erbringen. Wird der behinderte Mensch aber so pflegebedürftig, dass die Pflege in der Einrichtung nicht sichergestellt werden kann, vereinbaren der Träger der Sozialhilfe und die zuständige Pflegekasse mit dem Einrichtungsträger, dass die Leistung in einer anderen Einrichtung erbracht wird (§ 55 Satz 2 SGB XII). Auch diese Vorschrift knüpft zunächst nur an die Pflegebedürftigkeit und Pflege iS des SGB XI an, nicht an Behandlungspflege. Insbesondere aus § 55 Satz 2 SGB XII ist aber abzuleiten, dass der Gesetzgeber nicht beabsichtigt hat, jede Einrichtung der Eingliederungshilfe personell und sächlich so auszustatten, dass sie neben der üblichen Pflege auch Leistungen der medizinischen Behandlungspflege erbringen kann. Trägerübergreifend betrachtet, wäre das unwirtschaftlich. Hilfen zur Grundpflege und zur hauswirtschaftlichen Versorgung können innerhalb bestimmter Grenzen regelmäßig von Personen erbracht werden, die diesbezüglich keine besondere Ausbildung haben. Hierzu gehören insbesondere die Hilfen bei den Verrichtungen des täglichen Lebens. Erst wenn es darum geht, aktivierende Pflege zu leisten, weitere Pflegebedürftigkeit zu verhüten oder akute Beschwerden zu lindern oder medizinische Behandlungspflege zu leisten, die nicht ohne Weiteres vom Personal einer Eingliederungseinrichtung erbracht werden kann, und die Pflege daher in der Einrichtung nicht mehr sichergestellt werden kann, ist der Hilfebedürftige in einer anderen Einrichtung unterzubringen.

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e) Die Leistungspflichten der Eingliederungseinrichtungen ergeben sich für deren Nutzer aus zivilrechtlichen Verträgen mit der Einrichtung und gegenüber dem Träger der Sozialhilfe ausschließlich aus dem SGB XII iVm den auf diesen gesetzlichen Grundlagen basierenden Verträgen (zum sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis BSGE 102, 1 = SozR 4-1500 § 75 Nr 9, RdNr 15 ff). Entscheidend für die Leistungspflichten der Einrichtungen zur Hilfe behinderter Menschen ist danach das in den Vereinbarungen nach den §§ 75 ff SGB XII festgelegte Ziel und der Zweck der Einrichtung, ihr Aufgabenprofil, die vorgesehene sächliche und personelle Ausstattung sowie der zu betreuende Personenkreis. Handelt es sich danach zB um eine Einrichtung, deren vorrangige Aufgabe darin besteht, Hilfen zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten zu leisten, die erforderlich und geeignet sind, behinderten Menschen die für sie erreichbare Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen (vgl § 55 Abs 2 Nr 3 SGB IX), gehören einfachste medizinische Maßnahmen, die für Versicherte im eigenen Haushalt von jedem erwachsenen Haushaltsangehörigen erbracht werden können und keine medizinische Fachkunde erfordern, wie die Einnahme von Medikamenten, regelmäßig der Natur der Sache nach zum Aufgabenkreis der Einrichtung. Sie sind mit der Gewährung von Eingliederungshilfe durch den Sozialhilfeträger in einer stationären Einrichtung untrennbar verbunden und daher objektiv bereits Bestandteil der Eingliederungshilfe. Dies gilt auch für betreute Wohnformen, wenn dort nach Inhalt und Umfang vergleichbare Eingliederungsleistungen erbracht werden. Zum Erwerb lebenspraktischer Kenntnisse und Fähigkeiten gehört auch die Hilfe bei der Führung eines gesunden Lebens einschließlich der Vermittlung von Einsicht für gesundheitsförderliches Verhalten allgemein und speziell für die Notwendigkeit bestimmter medizinischer Maßnahmen. Bei den einfachsten Maßnahmen der medizinischen Behandlungspflege handelt es sich häufig, wie etwa beim An- und Ausziehen von Thrombosestrümpfen, um verrichtungsbezogene krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen, die ohnehin sowohl dem Aufgabenbereich der Kranken- als auch dem der Pflegeversicherung gleichermaßen zugeordnet und daher - soweit kein Fachpersonal erforderlich ist - auch bereits von der Pauschale nach § 43a SGB XI mitumfasst sind. Danach verläuft die Grenze der von einer Einrichtung geschuldeten Leistungen genau dort, wo diese vom Personal der Einrichtung der Eingliederungshilfe erbracht werden können und müssen. Muss die Einrichtung kein medizinisch ausgebildetes Personal vorhalten, sind regelmäßig nur einfachste Maßnahmen der Krankenpflege von der Einrichtung selbst zu erfüllen. Leistungspflichten, die nur von medizinisch ausgebildetem Fachpersonal erfüllt werden könnten, scheiden dann aus. Ist die Einrichtung hingegen nach ihrem Aufgabenprofil auf eine besondere Zielgruppe ausgerichtet, bei der ständig bestimmte behandlungspflegerische Maßnahmen erforderlich werden, und ist die Einrichtung deshalb entsprechend sächlich und personell auszustatten, hat sie diese behandlungspflegerischen Maßnahmen auch zu erbringen, weil ohne sie die Eingliederungsaufgabe im Hinblick auf die Zielgruppe der Einrichtung nicht erreicht werden kann. Es ist daher - so wie es die HKP-Richtlinie vorgibt - im jeweiligen Einzelfall zu prüfen, ob die Einrichtung die konkrete behandlungspflegerische Maßnahme nach ihrem Aufgabenprofil, der Ausrichtung auf ein bestimmtes Bewohnerklientel und insbesondere aufgrund ihrer sächlichen und personellen Ausstattung selbst zu erbringen hat. Der Grundsatz des Nachrangs der Sozialhilfe wird dadurch nicht betroffen, weil die sächliche und personelle Ausstattung dieser Einrichtungen für die Eingliederungsleistungen ohnehin vorzuhalten ist, die Gewährung von Eingliederungshilfe deutlich im Vordergrund steht und die Leistungen der Behandlungspflege dann untrennbarer Bestandteil der Eingliederungshilfe sind.

33

f) Dieses Ergebnis führt zu einer Parallele zu den Pflegehilfsmitteln, die nach der Rechtsprechung des BSG (vgl hierzu BSGE 85, 287 = SozR 3-2500 § 33 Nr 37) von Einrichtungen vorzuhalten sind. Danach hat der Träger eines Pflegeheimes alle Hilfsmittel bereitzustellen, die zur sachgerechten Durchführung der in zugelassenen Pflegeheimen gewöhnlich anfallenden Pflegeleistungen erforderlich sind. Obwohl die Pflegeheime nach § 43 SGB XI nicht nur zur Pflege und sozialen Betreuung, sondern auch zur medizinischen Behandlungspflege verpflichtet sind, gehören Hilfsmittel, die der Durchführung von Behandlungspflege dienen, nur dann zu dem vom Heimträger vorzuhaltenden Inventar, wenn sich dies im Einzelfall aus dem Versorgungsvertrag bzw der Leistungs- oder Qualitätsvereinbarung ergibt. Die Vorhaltepflicht eines Pflegeheims, in dem überwiegend Pflegebedürftige nach der Pflegestufe I leben, sieht danach zB anders aus, als bei Pflegeheimen mit beatmungsbedürftigen Schwerstpflegebedürftigen oder Apallikern (BSGE 89, 271 = SozR 3-2500 § 33 Nr 43).

34

g) In Einrichtungen, die aufgrund entsprechender Verträge auch medizinische Behandlungspflege zu erbringen haben, besteht für Versicherte ein Anspruch hierauf gegen die Einrichtung "nach den gesetzlichen Bestimmungen" iS von I.6 Satz 1 HKP-Richtlinie. Denn wirksame und rechtmäßige vertragliche Regelungen können Ansprüche "nach gesetzlichen Bestimmungen" begründen, soweit diese eine Regelung durch entsprechende Verträge ausdrücklich vorsehen. Daher wird in der Literatur und der Rechtsprechung nicht zwischen vertraglichen und gesetzlichen Ansprüchen auf Behandlungspflege gegen den Einrichtungsträger unterschieden (vgl zB BSG SozR 4-2500 § 37 Nr 2 sowie Weber, NZS 2011, 650, 653; ausdrücklich auch LSG Sachsen-Anhalt Urteil vom 24.10.2012 - L 4 KR 30/10 - Juris; LSG Sachsen-Anhalt Beschluss vom 22.11.2011 - L 10 KR 32/11 B ER - Juris).

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h) Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, dass Einrichtungen der Hilfe für behinderte Menschen grundsätzlich geeignete Orte für die Erbringung von häuslicher Krankenpflege nach § 37 SGB V durch die GKV sein können, wenn der Versicherte im Einzelfall keinen Anspruch auf die Erbringung der Maßnahme durch die Einrichtung hat. Im Rahmen der von der Einrichtung geschuldeten Pflege hat diese grundsätzlich nur einfachste Maßnahmen der medizinischen Behandlungspflege zu erbringen, für die es keiner besonderen medizinischen Sachkunde oder medizinischer Fertigkeiten bedarf und die daher regelmäßig von dem in der Einrichtung beschäftigten Personal, wie von jedem erwachsenen Haushaltsangehörigen, ohne Weiteres ausgeführt werden können. Insoweit ist zur Abgrenzung auch § 37 Abs 3 SGB V heranzuziehen. Danach ist der Anspruch auf häusliche Krankenpflege ausgeschlossen, soweit eine im Haushalt lebende Person den Kranken in dem erforderlichen Umfang pflegen und versorgen kann. Das bedeutet nicht, dass die Betreuer in den Eingliederungseinrichtungen damit in jeder Hinsicht pflegebereiten Haushaltsangehörigen iS des § 37 Abs 3 SGB V gleichgestellt werden. Der Senat entnimmt § 37 Abs 2 SGB V im hier maßgeblichen Zusammenhang nur, dass es nach den gesetzlichen Regelungen Maßnahmen der häuslichen Krankenpflege gibt, die ohne medizinische Vorkenntnisse von Laien erbracht werden können. Das gilt auch für Mitarbeiter in Einrichtungen der Eingliederungshilfe. Dazu gehört zB regelmäßig die Gabe von Tabletten nach ärztlicher Anweisung, das Messen des Blutdrucks oder des Blutzuckergehalts, das Anziehen von Thrombosestrümpfen, das An- und Ablegen einfach zu handhabender Stützverbände, das Einreiben mit Salben (soweit es sich nicht um schwierige Wundversorgung handelt), die Verabreichung von Bädern uÄ.

36

Weitergehende medizinische Behandlungspflege schuldet die Einrichtung nur, wenn sich dies aus ihren Verträgen, ihrer Leistungsbeschreibung, ihrem Aufgabenspektrum auch unter Berücksichtigung ihrer Zielgruppe und ihrer sächlichen und personellen Ausstattung ergibt.

37

3. Nach diesen Grundsätzen hat die Einrichtung vorliegend zwar mit ihrem Personal beim Kläger die erforderlichen Blutzuckermessungen selbst vorzunehmen, sie ist aber nicht verpflichtet, dem Kläger auch Insulininjektionen zu verabreichen.

38

Nach dem Bayerischen Rahmenvertrag gemäß § 79 Abs 1 SGB XII vom 15.6.2004, an dessen Abschluss der Beigeladene zu 1. als überörtlicher Sozialhilfeträger und der Landesverband der Beigeladenen zu 2. beteiligt waren, leisten die Einrichtungen Hilfe nach dem individuellen Bedarf des Hilfeempfängers in einem den §§ 1 und 9 SGB XII entsprechenden Umfang(§ 7). Nach der auf dieser Grundlage zwischen den beiden Beigeladenen geschlossenen Leistungsvereinbarung nach §§ 75 ff SGB XII betreut die Einrichtung, in welcher der Kläger lebt, nach § 43a SGB XI auch Menschen mit Pflegestufe und ist auf Personen mit mittlerer bis schwerer Behinderung ausgerichtet, die (auch altersbedingt) nicht in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderungen oder einer Förderstätte aufgenommen werden. Die Einrichtung nimmt keine Personen mit einem vorrangigen Pflegebedarf nach dem SGB XI oder mit einem dauerhaften medizinischen Versorgungs- und Überwachungsbedarf auf. Die Aufgabe der Einrichtung besteht im Wesentlichen darin, den Hilfebedürftigen Assistenz und Begleitung im Alltag zu leisten unter Berücksichtigung ihrer Selbstbestimmung, Selbstverantwortung und der Weiterentwicklung ihrer Persönlichkeit. Zur Personalausstattung der Einrichtung ist neben der Leitung durch eine/einen Dipl Sozialpädagogin/en (FH), der Verwaltung, der Hauswirtschaft und dem technischen Dienst ein Fachdienst aus Dipl Sozialpädagogen mit einem nach Hilfebedarfsgruppen gestaffelten Personalschlüssel vorgesehen. Die Fachkraftquote liegt bei 62,5 %. Fachkräfte sind Heilerziehungspfleger, Heilpädagogen, Erzieher, Gesundheits- und Krankenpfleger, Altenpfleger und Personal mit vergleichbarer Qualifikation.

39

Danach ist die Einrichtung nicht verpflichtet, medizinisch ausgebildetes Personal vorzuhalten; sie kann ihren Verpflichtungen auch mit lediglich pädagogisch ausgebildetem Personal nachkommen. Medizinische Versorgung schuldet die Einrichtung grundsätzlich nicht. Allerdings sollte sie mit ihrem Personal jedenfalls zu den einfachsten Maßnahmen der Behandlungspflege, die in einem Haushalt grundsätzlich von jedem Erwachsenen erbracht werden können, in der Lage sein. Sie betreut auch pflegebedürftige Menschen und solche mit schweren Behinderungen. Bei diesem Personenkreis gehören zur Assistenz und Begleitung im Alltag immer auch Handgriffe und Maßnahmen einfachster Art, die aus medizinischen Gründen erforderlich sind. Deshalb kann die Einrichtung als Fachkräfte auch Personal mit medizinisch-pflegerischen Kenntnissen einsetzen.

40

Zum Messen des Blutzuckers wird ein Tropfen Blut - meist aus einer Fingerkuppe - gewonnen und mit einem Blutzuckermessgerät aufgefangen, das daraufhin den Blutzuckerspiegel anzeigt. Dieses Verfahren kann grundsätzlich von jedem Erwachsenen ohne medizinische Kenntnisse oder Fertigkeiten durchgeführt werden. Es birgt keine nennenswerten Infektions- oder Verletzungsgefahren. Das Personal der vom Beigeladenen zu 2. betriebenen Einrichtung hat die Blutzuckermessungen offenbar über lange Zeiträume beim Kläger durchgeführt. Das Messen des Blutzuckergehaltes gehört für Bewohner, die an insulinpflichtigem Diabetes mellitus leiden, zu der von der Einrichtung geschuldeten Unterstützung eines gesunden Lebens und ist daher untrennbarer Bestandteil der Eingliederungshilfe. Denn es geht insoweit insbesondere auch um die Vermittlung von Einsicht in die Notwendigkeit der Maßnahme sowie die Förderung von Eigenständigkeit und Mithilfe bei der Durchführung oder zumindest das Vermeiden von Abwehrreaktionen. Insoweit betrifft die Maßnahme auch die Selbstbestimmung, Selbstverantwortung und Weiterentwicklung der Persönlichkeit des Klägers als Kernaufgabe der Einrichtung, der sie sich nicht deshalb entziehen kann, weil es sich um eine Maßnahme handelt, die aus medizinischen Gründen erforderlich ist. Soweit die Maßnahme keine medizinischen Fachkenntnisse oder Fertigkeiten voraussetzt, ist sie daher von dem Personal der Eingliederungseinrichtung zu erbringen. Die Mitarbeiter der Einrichtung haben lediglich die vom Blutzuckermessgerät angezeigten Messergebnisse festzuhalten und dem behandelnden Arzt bzw medizinischen Pflegedienst zur Verfügung zu stellen, die ihre Maßnahmen darauf ausrichten können. Bei kritischen Messwerten kann - wie in der Vergangenheit auch praktiziert wurde - der Pflegedienst, ggf auch der Notarzt benachrichtigt werden. Nicht entscheidend ist, wie häufig Blutzuckermessungen erforderlich sind. Weitere medizinische Maßnahmen werden in diesem Zusammenhang vom Personal der Einrichtung nicht erwartet. Der in der Leistungsvereinbarung enthaltene ausdrückliche Ausschluss von Leistungen der medizinischen Behandlungspflege steht dem nicht entgegen, da das Messen des Blutzuckergehaltes für insulinpflichtige Diabetiker als Bestandteil der Eingliederungshilfe zu erbringen ist.

41

Die Injektion von Insulin ist hingegen eine behandlungspflegerische Maßnahme, die zwar von erwachsenen Patienten regelmäßig selbst durchgeführt werden kann; hierfür sind aber erhebliche medizinische Kenntnisse erforderlich, die den Patienten, die die Injektionen selbst durchführen, zuvor vermittelt werden. Insulin wird ins Unterhautfettgewebe gespritzt. Das Einführen der Injektionsnadel in das Unterhautfettgewebe stellt schon als solches einen Eingriff in den Körper dar. Es sind Kenntnisse über günstige Injektionsregionen sowie das Wechseln der Injektionsstellen erforderlich. Wird ohne ausreichende Regenerationszeit allzu häufig dieselbe Einstichstelle genutzt, kann es zu ungewollten Haut- und Fettgewebsveränderungen kommen. Dosis und Art des verordneten Insulins (zu unterscheiden sind insbesondere schnell wirkende Insuline und solche mit einer längerfristigen Wirkung) sollten regelmäßig in Absprache zwischen Arzt und Patient entsprechend der Blutzuckermesswerte sowie des Ess- und Bewegungsverhaltens angepasst werden, wobei dem Patienten ein bedarfsabhängiger Beurteilungsspielraum eingeräumt werden kann. Denn den Bedarf kann ein entsprechend interessierter, geschulter und im Umgang mit seiner Erkrankung erfahrener erwachsener Patient am besten selbst einschätzen. Von Dritten erfordert der sachgerechte Umgang mit solchen medizinischen Beurteilungsspielräumen beachtliche medizinische Kenntnisse, über die regelmäßig nur medizinisches Fachpersonal verfügt. Da die Einrichtung des Beigeladenen zu 2. kein medizinisches Fachpersonal vorhalten muss, schuldet sie dem Kläger nicht die Verabreichung von Insulininjektionen.

42

4. Die Zurückverweisung ist erforderlich, weil das Berufungsgericht nicht festgestellt hat, in welchen Zeiträumen wie häufig täglich Insulin injiziert werden musste, in welchem Umfang die Leistung tatsächlich erbracht wurde und ob und ggf in welcher Höhe dem Kläger hierfür Kosten entstanden sind. Diese Feststellungen wird das LSG nachzuholen haben. Da der Leistungszeitraum in der Vergangenheit liegt, kann der Kläger nur noch Kostenerstattung oder Freistellung von den Kosten geltend machen. Das Anliegen des Klägers kann anders nicht verstanden werden. Auf die Erstattung tatsächlich aufgewandter Kosten bzw auf eine Freistellung von gestundeten Verpflichtungen hat der Kläger nach § 13 Abs 3 SGB V Anspruch, soweit der Pflegedienst häusliche Krankenpflege zur Injektion von Insulin erbracht hat und soweit und so häufig dies medizinisch erforderlich war, weil die Beklagte diese Leistung zu Unrecht abgelehnt hat. Das LSG wird deshalb festzustellen haben, in welcher Höhe der Kläger für häusliche Krankenpflege zur Injektion von Insulin Kosten selbst getragen hat, oder er für den streitigen Leistungszeitraum noch berechtigten Kostenforderungen ausgesetzt ist und ggf den Tenor auf Kostenerstattung oder Freistellung von Kosten in entsprechender Höhe zu korrigieren haben.

43

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Versicherte erhalten in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen neben der ärztlichen Behandlung häusliche Krankenpflege durch geeignete Pflegekräfte, wenn Krankenhausbehandlung geboten, aber nicht ausführbar ist, oder wenn sie durch die häusliche Krankenpflege vermieden oder verkürzt wird. § 10 der Werkstättenverordnung bleibt unberührt. Die häusliche Krankenpflege umfaßt die im Einzelfall erforderliche Grund- und Behandlungspflege sowie hauswirtschaftliche Versorgung. Der Anspruch besteht bis zu vier Wochen je Krankheitsfall. In begründeten Ausnahmefällen kann die Krankenkasse die häusliche Krankenpflege für einen längeren Zeitraum bewilligen, wenn der Medizinische Dienst (§ 275) festgestellt hat, daß dies aus den in Satz 1 genannten Gründen erforderlich ist.

(1a) Versicherte erhalten an geeigneten Orten im Sinne von Absatz 1 Satz 1 wegen schwerer Krankheit oder wegen akuter Verschlimmerung einer Krankheit, insbesondere nach einem Krankenhausaufenthalt, nach einer ambulanten Operation oder nach einer ambulanten Krankenhausbehandlung, soweit keine Pflegebedürftigkeit mit Pflegegrad 2, 3, 4 oder 5 im Sinne des Elften Buches vorliegt, die erforderliche Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung. Absatz 1 Satz 4 und 5 gilt entsprechend.

(2) Versicherte erhalten in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen als häusliche Krankenpflege Behandlungspflege, wenn diese zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist. § 10 der Werkstättenverordnung bleibt unberührt. Der Anspruch nach Satz 1 besteht über die dort genannten Fälle hinaus ausnahmsweise auch für solche Versicherte in zugelassenen Pflegeeinrichtungen im Sinne des § 43 des Elften Buches, die auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, einen besonders hohen Bedarf an medizinischer Behandlungspflege haben; § 37c Absatz 3 gilt entsprechend. Die Satzung kann bestimmen, dass die Krankenkasse zusätzlich zur Behandlungspflege nach Satz 1 als häusliche Krankenpflege auch Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung erbringt. Die Satzung kann dabei Dauer und Umfang der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung nach Satz 4 bestimmen. Leistungen nach den Sätzen 4 und 5 sind nach Eintritt von Pflegebedürftigkeit mit mindestens Pflegegrad 2 im Sinne des Elften Buches nicht zulässig. Versicherte, die nicht auf Dauer in Einrichtungen nach § 71 Abs. 2 oder 4 des Elften Buches aufgenommen sind, erhalten Leistungen nach Satz 1 und den Sätzen 4 bis 6 auch dann, wenn ihr Haushalt nicht mehr besteht und ihnen nur zur Durchführung der Behandlungspflege vorübergehender Aufenthalt in einer Einrichtung oder in einer anderen geeigneten Unterkunft zur Verfügung gestellt wird. Versicherte erhalten in stationären Einrichtungen im Sinne des § 43a des Elften Buches Leistungen nach Satz 1, wenn der Bedarf an Behandlungspflege eine ständige Überwachung und Versorgung durch eine qualifizierte Pflegefachkraft erfordert.

(2a) Die gesetzliche Krankenversicherung beteiligt sich an den Kosten der medizinischen Behandlungspflege in vollstationären Pflegeeinrichtungen mit einem jährlichen Pauschalbetrag in Höhe von 640 Millionen Euro, der an den Ausgleichsfonds der sozialen Pflegeversicherung zu leisten ist. Die Zahlung erfolgt anteilig quartalsweise. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen erhebt hierzu von den Krankenkassen eine Umlage gemäß dem Anteil der Versicherten der Krankenkassen an der Gesamtzahl der Versicherten aller Krankenkassen. Das Nähere zum Umlageverfahren und zur Zahlung an die Pflegeversicherung bestimmt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen.

(2b) Die häusliche Krankenpflege nach den Absätzen 1 und 2 umfasst auch die ambulante Palliativversorgung. Für Leistungen der ambulanten Palliativversorgung ist regelmäßig ein begründeter Ausnahmefall im Sinne von Absatz 1 Satz 5 anzunehmen. § 37b Absatz 4 gilt für die häusliche Krankenpflege zur ambulanten Palliativversorgung entsprechend.

(3) Der Anspruch auf häusliche Krankenpflege besteht nur, soweit eine im Haushalt lebende Person den Kranken in dem erforderlichen Umfang nicht pflegen und versorgen kann.

(4) Kann die Krankenkasse keine Kraft für die häusliche Krankenpflege stellen oder besteht Grund, davon abzusehen, sind den Versicherten die Kosten für eine selbstbeschaffte Kraft in angemessener Höhe zu erstatten.

(5) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 3 ergebenden Betrag, begrenzt auf die für die ersten 28 Kalendertage der Leistungsinanspruchnahme je Kalenderjahr anfallenden Kosten an die Krankenkasse.

(6) Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in Richtlinien nach § 92 fest, an welchen Orten und in welchen Fällen Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 auch außerhalb des Haushalts und der Familie des Versicherten erbracht werden können.

(7) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt in Richtlinien nach § 92 unter Berücksichtigung bestehender Therapieangebote das Nähere zur Versorgung von chronischen und schwer heilenden Wunden. Die Versorgung von chronischen und schwer heilenden Wunden kann auch in spezialisierten Einrichtungen an einem geeigneten Ort außerhalb der Häuslichkeit von Versicherten erfolgen.

(8) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt in der Richtlinie über die Verordnung häuslicher Krankenpflege nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis zum 31. Juli 2022 Rahmenvorgaben zu einzelnen nach dem Leistungsverzeichnis der Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 verordnungsfähigen Maßnahmen, bei denen Pflegefachkräfte, die die in den Rahmenempfehlungen nach § 132a Absatz 1 Satz 4 Nummer 7 geregelten Anforderungen erfüllen, innerhalb eines vertragsärztlich festgestellten Verordnungsrahmens selbst über die erforderliche Häufigkeit und Dauer bestimmen können, sowie Vorgaben zur Notwendigkeit eines erneuten Arztkontaktes und zur Information der Vertragsärztin oder des Vertragsarztes durch den Leistungserbringer über die erbrachten Maßnahmen.

(9) Zur Feststellung des tatsächlichen Ausgabenvolumens für die im Rahmen einer Versorgung nach Absatz 8 erbrachten Leistungen pseudonymisieren die Krankenkassen die Angaben zu den Ausgaben jeweils arztbezogen sowie versichertenbezogen. Sie übermitteln diese Angaben nach Durchführung der Abrechnungsprüfung dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen, der diese Daten für den Zweck der nach Absatz 10 durchzuführenden Evaluierung kassenartenübergreifend zusammenführt und diese Daten dem nach Absatz 10 Satz 2 beauftragten unabhängigen Dritten übermittelt. Das Nähere zur Datenübermittlung und zum Verfahren der Pseudonymisierung regelt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der beauftragte unabhängige Dritte nach Absatz 10 Satz 2 haben die ihnen nach Satz 2 übermittelten pseudonymisierten Daten spätestens ein Jahr nach Abschluss der Evaluierung zu löschen.

(10) Drei Jahre nach Inkrafttreten der Regelungen nach Absatz 8 evaluieren der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die in § 132a Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer unter Berücksichtigung der nach Absatz 9 Satz 2 übermittelten Daten insbesondere die mit der Versorgung nach Absatz 8 verbundenen Auswirkungen auf das Versorgungsgeschehen im Bereich der häuslichen Krankenpflege, die finanziellen Auswirkungen auf die Krankenkassen, die Wirtschaftlichkeit der Versorgung nach Absatz 8 sowie die Auswirkungen auf die Behandlungs- und Ergebnisqualität. Die Evaluierung hat durch einen durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die in § 132a Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer gemeinsam zu beauftragenden unabhängigen Dritten zu erfolgen.

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 28.05.2014 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Berufungsverfahren.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt die Freistellung von Kosten iHv 2.640,54 EUR, die sie für häusliche Krankenpflege durch einen ambulanten Pflegedienst hatte.
Die 1961 geborene Klägerin, die bei der Beklagten im Wege der Familienversicherung krankenversichert ist, leidet an einem apallischen Syndrom (sog Wachkoma). Pflegestufe II ist anerkannt. Bis 09.03.2012 war die Klägerin in der vollstationären Pflegeeinrichtung Haus M. in B. untergebracht. Die Klägerin erhält keine Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII).
Seit 09.03.2012 ist die Klägerin im Haus C. in M. untergebracht, das der Beigeladene, ein eingetragener Verein, 2010 erworben und behindertengerecht umgebaut hat. Seit 01.03.2012 bietet das Haus für Patienten mit schweren Schädelhirnverletzungen teilmöblierte Zimmer, einen Aufenthaltsbereich, eine voll ausgestattete Küche, Bäder und WC sowie einen Garten. Angehörige haben die Möglichkeit, im Zimmer des Bewohners zu übernachten. Das Haus C. bietet Platz für fünf Dauerbewohner (Wachkomapatienten) sowie einen Platz für Verhinderungspflege und ein Gästezimmer. In einer Resolution der Gründungsmitglieder der Wohngemeinschaft Haus C., zu denen auch der Betreuer der Klägerin gehört, wird als erklärtes Ziel ein häusliches Umfeld mit familiären Strukturen und gemeinsamen Unternehmungen bezeichnet.
Der Beigeladene hat an die Klägerin mit Mietvertrag vom 09.03.2012 ein teilmöbliertes Zimmer vermietet mit Mitbenutzung der Gemeinschaftsräume (Miete 620 EUR, Nebenkosten 160 EUR). Daneben haben sich die Mitglieder der Wohngemeinschaft Haus C. als Anlage 1 zum Mietvertrag vertraglich zu einer (Auftraggeber)Gemeinschaft zusammengeschlossen, um das Miteinander in der Wohngemeinschaft zu gestalten, gemeinsame Interessen gegenüber Dritten zu vertreten und die Gemeinschaft betreffende Geschäfte abzuschließen. Geregelt ist insbesondere unter Ziffer 2f die gemeinschaftliche Beauftragung des/der Pflegedienste(s) zur Durchführung von Pflege- und Betreuungsleistungen sowie hauswirtschaftliche Dienstleistungen iSd SGB XI, SGB V, SGB XII und weiterer Hilfen. Nach Ziffer 3g erfolgen die Entscheidungen der Gemeinschaft nach dem Mehrheitsprinzip; zur Herstellung einer Entscheidung ist eine 2/3-Mehrheit der stimmberechtigten Teilnehmer erforderlich. Jedes Mitglied ist nach Ziffer 3h verpflichtet, die Mehrheitsentscheidungen, die ggf auch gegen seinen Willen erfolgen, zu akzeptieren und sich an der Umsetzung zu beteiligen, beispielsweise einen Pflegevertrag zu kündigen und stattdessen einen neuen Vertrag mit dem von der Mehrheit der Gemeinschaft ausgewählten Pflegedienst abzuschließen.
Am 07.03.2012 schloss die Klägerin mit dem Pflegedienst des D. T. einen Vertrag über die Erbringung ambulanter Pflege und hauswirtschaftlicher Versorgung. Dieser sah ua folgende Regelungen vor:
§ 1 Gegenstand des Vertrags
(1) Ziel des Vertrags ist, dem Leistungsnehmer in der häuslichen Umgebung unter Wahrung seiner Menschenwürde zur Erhaltung und Aktivierung der eigenständigen Lebensführung sowie zur Erhaltung und Wiederherstellung individueller Fähigkeiten Hilfe zu gewähren. …
(2) Der Pflegedienst wird im Rahmen der gesetzlichen Regelungen des SGB V sowie des SGB XI dem Leistungsnehmer im Einzelfall eine fachlich kompetente und bedarfsgerechte Pflege und hauswirtschaftliche Versorgung unter Wahrung seiner Selbstständigkeit und Achtung seiner Persönlichkeit erbringen. …
§ 2 Leistungen des Pflegedienstes
10 
(1) Art, Inhalt und Umfang der Leistungen werden entsprechend dem jeweils gültigen Rahmenvertrag gemäß § 75 SGB XI für die ambulante Pflege und dem Vertrag gemäß §§ 132, 132a SGB V und den Leistungsvereinbarungen (Anlagen 1-2) erbracht. …
11 
(2) Der Pflegedienst bietet neben den Leistungen nach SGB V und SGB XI weitere Leistungen an. Diese werden in Anlage 3 vereinbart. Es gelten die Regelungen dieses Vertrags.
(3) …
12 
(4) Leistungen der Behandlungspflege (SGB V) werden lt ärztlicher Verordnung nach Maßgabe der Genehmigung durch die Krankenkasse erbracht. Vom Arzt verordnete und von der Krankenkasse genehmigte Leistungen gelten als vereinbart, sofern der Leistungsnehmer nicht widerspricht. Nimmt der Leistungsnehmer nicht verordnete oder von der Krankenkasse nicht genehmigte Leistungen in Anspruch, so hat er diese selbst zu bezahlen. Die Leistungen sollen in diesem Fall in der Leistungsvereinbarung SGB V (Anlage 2) vereinbart werden.
13 
§ 3 Mitwirkungspflichten
14 
(1) Leistungen zu Lasten der Kranken- oder Pflegekasse sowie eines Sozialhilfeträgers setzen die Mitwirkung des Leistungsnehmers als versicherte Person bzw als anspruchsberechtigte Person voraus. Der Leistungsnehmer stellt für die im Rahmen dieses Vertrags vom Pflegedienst zu erbringenden Leistungen die notwendigen Anträge und holt die Genehmigung zu der ärztlichen Verordnung für die im Rahmen dieses Vertrags vom Pflegedienst zu erbringenden Leistungen vom jeweiligen Kostenträger ein.
15 
§ 5 Abrechnung mit den Sozialleistungsträgern
16 
(1) Leistungen, die direkt mit der Pflegekasse oder der Krankenkasse abgerechnet werden können, werden vom Pflegedienst dem jeweiligen Kostenträger direkt in Rechnung gestellt.
17 
§ 6 Abrechnung mit dem Leistungsnehmer
18 
(1) Soweit Leistungen nicht von den Kranken- und Pflegekassen bzw dem zuständigen Sozialhilfeträger übernommen werden, sind diese vom Leistungsnehmer selbst zu bezahlen…
19 
Das Landratsamt T., Abteilung Gesundheit-Heimaufsicht, führte in einem Schreiben an den Beigeladenen vom 30.06.2011 zum Status der Wohngemeinschaft für Menschen mit erworbenen Schädel-Hirnverletzungen M. aus, dass zum aktuellen Zeitpunkt davon ausgegangen werde, dass die Wohngemeinschaft für Menschen mit erworbenen Schädelhirnverletzungen in M. eine Wohngemeinschaft außerhalb des Heimgesetzes Baden-Württemberg darstelle. Auch im Rahmen nachfolgender Überprüfungen in den Folgejahren blieb die Heimaufsicht dabei, dass es sich bei der Wohngemeinschaft Haus C. nicht um eine unter das Heimgesetz fallende Einrichtung handele.
20 
Der Allgemeinarzt Dr. S. verordnete der Klägerin am 24.02.2012 häusliche Krankenpflege für den Zeitraum 09.03. bis 31.05.2012 zur Sicherung der ambulanten ärztlichen Behandlung in Form von Medikamentenverabreichung dreimal täglich und Versorgung bei PEG einmal täglich jeweils sieben Tage die Woche (Eingang bei der Beklagten am 05.03.2012). Entsprechende Folgeverordnungen wurden laufend ausgestellt.
21 
Mit Bescheid vom 06.03.2012 lehnte die Beklagte die Gewährung häuslicher Krankenpflege für den Zeitraum 09.03. bis 31.05.2012 ab. Das Haus C. können nicht als ambulant betreute Wohnform anerkannt werden. Nach den gesetzlichen Bestimmungen könne häusliche Krankenpflege nur in einem Haushalt geleistet werden.
22 
Mit Widerspruch vom 14.03.2012 machten die Bevollmächtigten der Klägerin geltend, es handele sich bei der Wohngemeinschaft Haus C. um eine ambulant betreute Wohnform oder zumindest einen sonstigen geeigneten Ort zur Leistungserbringung. Gegenüber dem Beigeladenen habe die Klägerin keinen Anspruch auf Erbringung von Behandlungspflege. Das Landratsamt T. habe die Wohngemeinschaft als außerhalb des Landesheimgesetzes stehende Wohnform eingestuft. Mit der Neufassung der Anspruchsvoraussetzungen im Jahr 2007 sei beabsichtigt worden, ambulant betreute Wohnformen gegenüber konventionellen Haushalten gleichzustellen und hierdurch vorzeitige stationäre Einweisungen zu vermeiden.
23 
Mit Widerspruchsbescheid vom 26.07.2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Das Haus C. sei kein geeigneter Ort iSv § 37 SGB V, vielmehr handele es sich um eine nicht zugelassene vollstationäre Einrichtung. Ein wesentliches Unterscheidungskriterium zwischen stationärer Wohnform und ambulant betreutem Wohnen sei die Unabhängigkeit der vertraglichen Bedingungen hinsichtlich des Wohnens und der weitergehenden pflegerischen oder betreuenden Versorgung. Das Prinzip der Selbstbestimmtheit sei das entscheidende Kriterium für eine ambulant betreute Wohngemeinschaft. Bei ausschließlich schwer und schwerst pflegebedürftigen Bewohnern in einer Wohngemeinschaft gestalte sich das Zusammenleben fremdbestimmt. Angehörige könnten das Selbstbestimmungsrecht der Bewohner nur dann ausüben, wenn sie mit in der Wohngemeinschaft lebten; für die Bewohner sei eine eigene Haushaltsführung nicht möglich. Der Pflegedienst sei nicht frei wählbar. Der Pflegebedarf der Klägerin erfordere eine Rund-um-die-Uhr-Versorgung, wie sie in einer stationären Einrichtung vorgehalten werde. Im Haus C. stehe nicht das gemeinsame selbstbestimmte Leben im Vordergrund, sondern die pflegerische Versorgung der Bewohner.
24 
Hiergegen richtet sich die am 08.08.2012 zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhobene Klage. Es handele sich vorliegend um eine ambulant betreute Wohnform und damit einen qualifizierten Leistungserbringungsort iSd gesetzlichen Vorgaben. Die Wohngemeinschaft sei nicht von einem Pflegedienst, sondern von Bewohnern und deren Angehörigen ins Leben gerufen worden. Die Klägerin habe gegenüber dem Beigeladenen keinen Anspruch auf Behandlungspflege, dieser sei lediglich Vermieter. Durch die Bewohner bzw deren Angehörige könne der Pflegedienst frei gewählt werden. Über die einheitliche Inanspruchnahme des D.-Pflegedienstes habe die Mietergemeinschaft durch Gemeinschaftsbeschluss entschieden. Die Inanspruchnahme desselben Pflegedienstes diene der Erzielung von Synergieeffekten und werde durch den Gesetzgeber ausdrücklich gefördert. Das Landratsamt T. habe eine außerhalb des Heimgesetzes stehende Wohnform bestätigt. Im Übrigen könne das Landesheimgesetz den Anspruch auf häusliche Krankenpflege nicht konkretisieren, weshalb es auf die heimrechtliche Qualifizierung nicht ankomme. Mit der Annahme, dass die Versorgung von Bewohnern mit hohem grundpflegerischen Hilfebedarf ein hohes Maß an Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität verlange, vermenge die Beklagte das Heimrecht mit dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung. Es sei nicht Aufgabe der Beklagten, mit der Verweigerung von Leistungen heimaufsichtsrechtliche Befugnisse wahrzunehmen. Im Übrigen würden in der Wohngemeinschaft Qualitätsstandards eingehalten, die über die für stationäre Pflegeeinrichtungen geltenden Standards hinausgingen. Die Beklagte verhalte sich widersprüchlich und schaffe eine Versorgungslücke, indem sie einerseits als Pflegekasse Leistungen für ambulante Pflege erbringe und andererseits im Bereich der häuslichen Krankenpflege eine ambulant betreute Wohnform nicht anerkenne. Die Klägerin hat mit Schreiben vom 19.11.2013 Rechnungen und Leistungsnachweise des Pflegedienstes vorgelegt.
25 
Mit Urteil vom 28.05.2014 hat das SG die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verurteilt, die Klägerin von den Kosten häuslicher Krankenpflege im Zeitraum 09.03. bis 31.05.2012 iHv 2.640,54 EUR freizustellen. Weitere Verordnungszeiträume seien nicht in das Verfahren einzubeziehen. Der Anspruch der Klägerin ergebe sich aus § 13 Abs 3 SGB V. Die Beklagte habe die Gewährung häuslicher Krankenpflege zu Unrecht abgelehnt. Durch die Neufassung des § 37 Abs 2 Satz 1 SGB V mWz 01.04.2007 könne häusliche Krankenpflege neben dem Haushalt auch an einem anderen geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen in Anspruch genommen werden. Die Frage, ob die Erbringung häuslicher Krankenpflege in einer Einrichtung, die unter die heimrechtlichen Vorschriften falle, zulässig sei, bedürfe keiner Entscheidung, denn das Landratsamt T. habe festgestellt, dass es sich bei der Wohngemeinschaft im Haus C. nicht um eine unter das Heimgesetz fallende Form des betreuten Wohnens handele. Die Voraussetzungen für einen geeigneten Ort iSv § 37 Abs 1 Satz 2 SGB V seien erfüllt, insbesondere habe die Klägerin gegen den Beigeladenen als Vermieter keinen Anspruch auf die Erbringung medizinischer Behandlungspflege. Der Mietvertrag sei mit der Erbringung von Pflegeleistungen weder tatsächlich noch konditional verknüpft, vielmehr schließe jeder Bewohner einen gesonderten Pflegevertrag. Die Wahlfreiheit der Bewohner sei insoweit nicht eingeschränkt. Die Vereinbarung eines gemeinsamen Pflegedienstes entspreche dem gemeinsamen Interesse der Gemeinschaft, eine möglichst hohe zeitliche und fachliche Kontinuität im Rahmen der Pflege zu gewähren und Synergieeffekte zu nutzen. Der Umstand, dass die Bewohner zu einer eigenständigen Haushaltsführung nicht in der Lage seien, stehe dem Anspruch auf häusliche Krankenpflege nicht entgegen. Das Vorliegen eines Haushalts werde vom Gesetz für den geeigneten Ort iSv § 37 Abs 1 Satz 1 SGB V nicht gefordert, auch das von der Beklagten herangeführte Prinzip der Selbstbestimmung könne insoweit nicht als Kriterium herangezogen werden. Die Einhaltung der erforderlichen Qualitätsstandards liege in der Aufgabe der Heimaufsicht und des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung und werde durch turnusmäßige Kontrollen überprüft. Seit der Gründung im Jahr 2012 seien Mängel in der pflegerischen Versorgung der Bewohner des Haus C. weder dokumentiert noch vorgetragen. Die Frage, ob Anspruch auf Leistungen der häuslichen Krankenpflege bestehe, könne nicht davon abhängen, ob in der Gesamtschau ausreichend Indizien für eine stationäre Einrichtung vorlägen. Die heimrechtliche Qualifizierung weise keinen inhaltlichen Bezug zur Erbringung häuslicher Krankenpflege auf.
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Gegen das ihr am 23.06.2014 zugestellte Urteil richtet sich die am 18.07.2014 eingelegte Berufung der Beklagten. Die Auslegung des Begriffs „geeigneter Ort“ durch das SG gehe zu weit. Durch die Erweiterung des Haushaltsbegriffs sollten nach der Gesetzesbegründung vorschnelle stationäre Einweisungen vermieden werden. Die Begründung zeige, dass die Vorschrift des § 37 Abs 2 Satz 1 1. Hs SGB V nach wie vor auf die „Häuslichkeit“ der Einrichtung abstelle. Erforderlich sei daher weiterhin, dass die betreffende Person in einer abgeschlossenen Wohnung lebe und in der Gestaltung der persönlichen Lebensführung weitgehend unabhängig sei. Wohnformen, in denen lediglich ein Einzelzimmer mit der Möglichkeit zur Nutzung der Gemeinschaftsräume bewohnt werde, fehle es an der Häuslichkeit. Gegen die Annahme eines Haushalts spreche, dass die Einrichtung den Bewohnern eine Art Rundumversorgung anbiete bzw die Erwartung hervorrufe, es werde eine Versorgungssicherheit vergleichbar mit einem Heim geboten. Außerdem spreche gegen die Annahme eines geeigneten Ortes, dass tatsächlich eine stationäre Pflegeeinrichtung vorliegen dürfte, die jedoch nicht über einen Versorgungsvertrag nach § 72 SGB XI verfüge. Eine strukturelle Abhängigkeit von Wohnraumüberlassung und Betreuungsleistungen trotz getrennter Verträge liege bei eingeschränkter freier Wählbarkeit der Pflege- und Betreuungsleistungen vor und spreche für das Vorliegen einer stationären Einrichtung. Vorliegend bestehe faktisch keine freie Wählbarkeit, da für alle Bewohner einheitlich die Betreuung durch den Pflegedienst des D. T. erfolge. Zudem seien Wachkomapatienten schwerstpflegebedürftig und nicht in der Lage, ein eigenständiges, selbstverantwortetes Leben zu führen, wie es für eine betreute Wohngemeinschaft typisch sei. Das Angebot im Haus C. entspreche einer stationären Einrichtung, die hier ohne entsprechenden Versorgungsvertrag nach § 72 SGB XI vorliege. Das Haus C. sei somit kein anderer geeigneter Ort iSv § 37 SGB V.
27 
Die Beklagte beantragt,
28 
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 28.05.2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
29 
Die Klägerin beantragt,
30 
die Berufung zurückzuweisen.
31 
Der Gesetzgeber habe mit der Neufassung des § 37 Abs 2 SGB V ausdrücklich auch die Einbeziehung von Wohngemeinschaften für Menschen mit speziellen Pflege- und Betreuungsbedarfen in die geeigneten Orte des § 37 Abs 2 SGB V bezweckt. Dies gelte insbesondere für Wohngemeinschaften für Menschen mit Demenzerkrankungen oder eben auch für Menschen im Wachkoma. Typisches Merkmal solcher Wohngemeinschaften sei, dass nur ein Zimmer bewohnt werde und die Gemeinschaftsräume zur gemeinsamen Nutzung zur Verfügung stünden. Habe der Gesetzgeber Wohngemeinschaften in dieser typischen Erscheinungsform ausdrücklich aufnehmen wollen, könne den übrigen Formulierungen in der Gesetzesbegründung nicht entnommen werden, dass ein umfassender eigener Haushalt mit privater Nutzung aller Räume geführt werden müsse (unter Hinweis auf Senatsurteil vom 17.12.2013, L 11 KR 4070/11, juris). Den Begriff einer stationären Pflegeeinrichtung ohne pflegeversicherungsrechtliche Zulassung gebe es im Zusammenhang mit § 37 SGB V nicht. Entscheidend sei allein, ob die Bewohner gegen den Einrichtungsträger Anspruch auf Leistungen der medizinischen Behandlungspflege habe – was hier unstreitig nicht der Fall sei. Durch die rechtskräftige Beurteilung der zuständigen Heimaufsicht stehe zudem fest, dass hier keine stationäre Einrichtung im heimrechtlichen Sinne vorliege. Die Ausführungen der Beklagten zur selbstständigen Lebensführung beruhten auf einem falschen Verständnis. Benötigten Menschen mit Demenz oder im Wachkoma eine rechtliche Betreuung, könne daraus nicht gefolgert werden, dass keine selbstbestimmte Lebensführung vorliege. Es seien lediglich Entscheidung im notwendigen Umfang durch die Betreuungspersonen zu treffen.
32 
Der Beigeladene hat sich im Berufungsverfahren nicht geäußert und keinen Antrag gestellt.
33 
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
34 
Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.
35 
Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz) eingelegte Berufung ist statthaft (§ 143 SGG) und damit zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Das SG hat den angefochtenen Bescheid vom 06.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.07.2012 zu Recht aufgehoben, denn dieser ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Freistellung von den im streitigen Zeitraum 09.03. bis 31.05.2012 entstandenen Kosten für häusliche Krankenpflege iHv 2.640,54 EUR.
36 
Die Klage ist als Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG) zulässig. Der Anspruch der Klägerin ist in zulässiger Weise auf die Freistellung von Kosten für eine selbst beschaffte Leistung gerichtet, weil sie die Leistung erhalten, aber den in Rechnung gestellten Betrag noch nicht bezahlt hat. Ein solcher Anspruch ist mit der Leistungsklage geltend zu machen. Auch dieser Anspruch ist – wie hier geschehen - zu beziffern, weil die Leistung bereits abgerechnet wurde (vgl BSG 17.06.2010, B 3 KR 7/09, R, BSGE 106, 173).
37 
Anspruchsgrundlage ist § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V (idF vom 26.03.2007, BGBl I, 378). Diese auf die Erstattung vom Versicherten bereits gezahlter Kosten zugeschnittenen Bestimmungen sind bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen entsprechend anzuwenden, wenn die Verpflichtung bereits entstanden ist, der Versicherte aber noch nicht gezahlt hat (Urteil des Senats vom 26.11.2013, L 11 KR 3362/12; LSG Baden-Württemberg 01.03.2013, L 4 KR 3797/11). Statt einer Erstattung kann er dann die Bezahlung seiner Schuld durch den Versicherungsträger verlangen (ständige Rechtsprechung zB BSG 10.02. 2000, B 3 KR 26/99 R, 17.06. 2010, B 3 KR 7/09 R, beide in juris). Danach sind die Kosten in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte (Alt 1) oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat (Alt 2) und dadurch dem Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind, soweit die Leistung notwendig war. Mit dieser Regelung wird der Grundsatz des Sach- und Dienstleistungsanspruchs nach § 2 Abs 2 Satz 1 SGB V für die Fälle ergänzt, in denen die Krankenkasse eine geschuldete Leistung nicht oder nicht rechtzeitig zur Verfügung stellen kann (BSG 02.11.2007, B 1 KR 14/07 R, BSGE 99, 180 = SozR 4-2500 § 13 Nr 15). Der Naturalleistungsanspruch des Versicherten wandelt sich um in einen Kostenerstattungsanspruch bzw soweit die Kosten tatsächlich noch nicht beglichen sind, in einen Anspruch des Versicherten auf Freistellung von den Kosten. Der Freistellungsanspruch nach § 13 Abs 3 SGB V reicht nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch des Versicherten gegen seine Krankenkasse. Er setzt voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (ständige Rechtsprechung des BSG 14.12.2006, B 1 KR 12/06 R, SozR 4-2500 § 31 Nr 8; BSG 27.03.2007, B 1 KR 17/06 R, juris).
38 
Dies ist hier der Fall, die Klägerin hatte einen Anspruch gegen die Beklagte auf Versorgung mit häuslicher Krankenpflege. Die Beklagte hat die Gewährung häuslicher Krankenpflege zu Unrecht abgelehnt. Die erforderliche Kausalität zwischen Leistungsablehnung und Kostenverursachung („dadurch“) ist gegeben; die Voraussetzungen für die Bewilligung der Leistung lagen vor.
39 
Nach § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Nach Satz 2 Nr 4 dieser Vorschrift umfasst die Krankenbehandlung ua auch häusliche Krankenpflege und Haushaltshilfe. Nach § 37 Abs 2 Satz 1 SGB V ab dem 01.04.2007 geltenden Fassung des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbs-Stärkungs-Gesetz GKV-WSG vom 26.03.2007, BGBl I S 378) erhalten Versicherte in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen als häusliche Krankenpflege Behandlungspflege, wenn diese zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist; der Anspruch umfasst verrichtungsbezogene krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen auch in den Fällen, in denen dieser Pflegebedarf bei der Feststellung der Pflegebedürftigkeit nach den §§ 14 und 15 SGB XI zu berücksichtigen ist. Gemäß § 37 Abs 6 SGB V legt der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) in Richtlinien nach § 92 SGB V fest, an welchen Orten und in welchen Fällen Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 auch außerhalb des Haushalts und der Familie des Versicherten erbracht werden können. Er bestimmt darüber hinaus das Nähere über Art und Inhalt der verrichtungsbezogenen krankheitsspezifischen Pflegemaßnahmen nach § 37 Abs 2 Satz 1 SGB V.
40 
Durch die Neufassung des § 37 Abs 2 Satz 1 SGB V mit Wirkung zum 01.04.2007 kann häusliche Krankenpflege neben dem Haushalt oder der Familie auch an einem anderen geeigneten Ort insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen in Anspruch genommen werden. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs 16/3100 S 104) hat sich die Beschränkung der Leistung zur häuslichen Krankenpflege auf Haushalt und Familie des Versicherten im Hinblick auf das Ziel, vorschnelle stationäre Einweisungen zu vermeiden, als kontraproduktiv erwiesen. Die Neuregelung solle, so die weitere Gesetzesbegründung, durch vorsichtige Erweiterung des Haushaltsbegriffes bewirken, dass in der gesetzlichen Krankenversicherung neue Wohnformen, Wohngemeinschaften und betreutes Wohnen hinsichtlich der Erbringung von häuslicher Krankenpflege gegenüber konventionellen Haushalten nicht benachteiligt werden. Betreute Wohnformen, deren Bewohner ambulante Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung erhalten, sollen verbesserte Angebote für ambulant Pflegebedürftige darstellen; dem werde durch die Änderung Rechnung getragen. Darüber hinaus werde im Hinblick auf bestimmte, eng begrenzte Personengruppen durch die Erweiterung des Haushaltsbegriffs eine vorschnelle Einweisung in stationäre Einrichtung verhindert. Ein „geeigneter Ort“ für die Leistung der häuslichen Krankenpflege durch die gesetzliche Krankenversicherung sei jedenfalls dann nicht gegeben, wenn sich der Versicherte in einer Einrichtung befinde, in der er nach den gesetzlichen Bestimmungen Anspruch auf die Erbringung medizinischer Behandlungspflege durch die Einrichtung habe.
41 
In Umsetzung seiner Verpflichtung hat der GBA in der Richtlinie über die Verordnung von häuslicher Krankenpflege (HKP-Richtlinie vom 17.09.2009, BAnz Nr 21a vom 09.02.2010, Beilage; idF vom 21.10.2010, BAnz 2011 Nr 16 vom 14.01.2011 S 339) in § 1 Abs 2 Satz 2 folgende Regelung getroffen:
42 
Häusliche Krankenpflege wird im Haushalt des Versicherten oder seiner Familie erbracht. Anspruch auf häusliche Krankenpflege besteht auch an sonstigen geeigneten Orten, an denen sich der Versicherte regelmäßig wiederkehrend aufhält und an denen
43 
- die verordnete Maßnahme zuverlässig durchgeführt werden kann und
- für die Erbringung der einzelnen Maßnahmen geeignete räumliche Verhältnisse vorliegen (zB im Hinblick auf hygienische Voraussetzungen, Wahrung der Intimsphäre, Beleuchtung),
- wenn die Leistung aus medizinisch-pflegerischen Gründen während des Aufenthaltes an diesem Ort notwendig ist. Orte im Sinne des Satz 2 können insbesondere Schulen, Kindergärten, betreute Wohnformen oder Arbeitsstätten sein.
44 
Nach § 1 Abs 6 HKP-Richtlinien gilt: Für die Zeit des Aufenthalts in Einrichtungen, in denen nach den gesetzlichen Bestimmungen Anspruch auf die Erbringung von Behandlungspflege durch die Einrichtungen besteht (zB Krankenhäusern, Rehabilitationseinrichtungen, Hospizen, Pflegeheimen), kann häusliche Krankenpflege nicht verordnet werden. Ob ein solcher Anspruch besteht, ist im Einzelfall durch die Krankenkassen zu prüfen. Abweichend davon kann häusliche Krankenpflege in Werkstätten für behinderte Menschen verordnet werden, wenn die Intensität oder Häufigkeit der in der Werkstatt zu erbringenden Pflege so hoch ist, dass nur durch den Einsatz einer Pflegefachkraft Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit vermieden oder das Ziel der ärztlichen Behandlung gesichert werden kann und die Werkstatt für behinderte Menschen nicht auf Grund des § 10 der Werkstättenverordnung verpflichtet ist, die Leistung selbst zu erbringen (§ 1 Abs 7 Satz 1 HKP-Richtlinien). Eine Verordnung von Behandlungspflege ist auch für Versicherte in Pflegeheimen zulässig, die auf Dauer, voraussichtlich für mindestens 6 Monate, einen besonders hohen Bedarf an medizinischer Behandlungspflege haben (§ 37 Abs 2 Satz 3 SGB V). Dies ist der Fall, wenn …(§ 1 Abs 7 Sätze 2 und 3 HKP-Richtlinien).
45 
Aus dem Regelungsgefüge von gesetzlichen Vorschriften und den Normen der HKP-Richtlinie ergibt sich, dass der Anspruch an allen geeigneten Orten besteht, an denen sich der Versicherte regelmäßig aufhält, wenn die Leistung aus medizinisch pflegerischen Gründen während des Aufenthalts an diesem Ort notwendig ist. Einschränkungen ergeben sich – abgesehen von der Geeignetheit der räumlichen Verhältnisse – erst aus den Regelungen des § 1 Abs 6 HKP-Richtlinien, dh für die Zeit des Aufenthalts in Einrichtungen nur dann, wenn nach den gesetzlichen Bestimmungen Anspruch auf die Erbringung von Behandlungspflege durch die Einrichtung besteht. Dies ist im Einzelfall zu prüfen. Einrichtungen der Eingliederungshilfe werden in den HKP-Richtlinien den Krankenhäusern und Pflegeheimen ausdrücklich nicht (mehr) gleichgestellt (BSG 25.02.2015, B 3 KR 10/14 R, juris).
46 
Die Wohngemeinschaft Haus C. erfüllt nach den Feststellungen des Senats die Voraussetzungen für einen geeigneten Ort iSv § 37 Abs 2 Satz 1 SGB V. Nach dem Mietvertrag steht der Klägerin ein teilmöbliertes Zimmer zur Alleinbenutzung zur Verfügung und sie hat Mitbenutzungsrechte an den Gemeinschaftsräumen (Aufenthaltsbereich, Küche, Bäder, Garten). Eine Beschränkung des Anspruchs auf Fälle, in denen noch ein Mindestmaß eines eigenen Haushalts oder ein Leben in der Familie geführt wird, lässt sich der aktuellen Gesetzesfassung nicht entnehmen (BSG 25.02.2015, B 3 KR 10/14 R, juris RdNr 17). Es ist daher nicht entscheidend, ob die Klägerin selbst noch eigenverantwortliche Entscheidungen treffen kann.
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Entscheidend ist vielmehr, dass die Klägerin gegen den Beigeladenen keinen Anspruch auf Erbringung von Leistungen der Behandlungspflege hat. Ein gesetzlicher Anspruch auf Behandlungspflege besteht nicht. Ob ein vertraglicher Anspruch auf Behandlungspflege die Wertung des Haus C. als geeigneten Ort iSv § 37 SGB V ausschließt, kann offen bleiben, denn ein solcher Anspruch hat ebenfalls nicht bestanden. In dem vorliegenden Mietvertrag wurde Behandlungspflege offensichtlich nicht vereinbart. Der mit dem Pflegedienst des D. T. geschlossene Vertrag über die Erbringung ambulanter Pflege und hauswirtschaftlicher Versorgung sieht in § 2 Abs 4 vor, dass Leistungen der Behandlungspflege lt ärztlicher Verordnung nach Maßgabe der Genehmigung durch die Krankenkasse erbracht werden. Vom Arzt verordnete und von der Krankenkasse genehmigte Leistungen gelten als vereinbart, sofern der Leistungsnehmer nicht widerspricht. Nimmt der Leistungsnehmer nicht verordnete oder von der Krankenkasse nicht genehmigte Leistungen in Anspruch, so hat er diese selbst zu bezahlen. Hinsichtlich der Kostentragung sieht § 5 Abs 1 des Vertrags ausdrücklich vor, dass Leistungen, die direkt mit der Pflegekasse oder der Krankenkasse abgerechnet werden können, vom Pflegedienst dem jeweiligen Kostenträger direkt in Rechnung gestellt werden. Damit bleiben die gegen die Krankenkasse bestehenden Ansprüche auf Leistungen der Behandlungspflege vorrangig. Zudem ist der Vertrag über die Erbringung ambulanter Pflege und hauswirtschaftlicher Versorgung rechtlich nicht konditional mit dem Mietvertrag verknüpft. Es besteht daher kein Anspruch gegen den Beigeladenen als Vermieter. Auch die örtliche Geeignetheit ist gegeben. Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die häusliche Krankenpflege in den Räumen des Hauses C. nicht zuverlässig und unter Beachtung der hygienischen und sonstigen Anforderungen gemäß § 1 Abs 2 Satz 2 HKP-Richtlinie durchgeführt werden kann, dies wird auch von der Beklagten nicht behauptet.
48 
Keine andere Beurteilung ergibt sich aus der Argumentation der Beklagten, bei dem Haus C. handele es sich tatsächlich um eine stationäre Pflegeeinrichtung ohne Versorgungsvertrag nach § 72 SGB XI. Die heimrechtliche Qualifizierung ist kein geeignetes Abgrenzungskriterium, da sie keinen Bezug zur häuslichen Krankenpflege hat (vgl Luthe in Hauck/Noftz, Stand 02/15, SGB V, § 37 RdNr 52; Padé in jurisPK-SGB V § 37 RdNr 32). Davon abgesehen teilt der Senat aufgrund der Feststellungen und Überprüfungen der zuständigen Heimaufsicht deren Auffassung, dass das Haus C. nicht dem Landesheimgesetz (LHeimG) unterfällt. Heime sind gemäß § 1 Abs 1 Satz 2 LHeimG Einrichtungen, die dem Zweck dienen, ältere Menschen oder volljährige pflegebedürftige oder psychisch kranke oder behinderte Menschen aufzunehmen, ihnen Wohnraum zu überlassen sowie Betreuung und Verpflegung zur Verfügung zu stellen oder vorzuhalten, und die in ihrem Bestand von Wechsel und Zahl der Bewohner unabhängig sind und entgeltlich betrieben werden. Nach § 1 Abs 2 LHeimG ist das Gesetz nicht auf betreutes Wohnen anzuwenden, wenn die Mieter vertraglich lediglich dazu verpflichtet sind, allgemeine Betreuungsleistungen wie Notrufdienste, die Vermittlung von Dienst- und Pflegeleistungen oder Informationen und Beratungsleistungen von bestimmten Anbietern anzunehmen und die darüber hinausgehenden Betreuungs- und Pflegeleistungen von den Bewohnern frei wählbar sind. Betreutes Wohnen im Sinne dieses Gesetzes ist eine Wohnform, bei der Vermieter von abgeschlossenen Wohnungen durch Verträge mit Dritten oder auf andere Weise sicherstellen, dass den Mietern nebst der Überlassung des Wohnraums allgemeine Betreuungsleistungen angeboten werden. Nach § 1 Abs 7 LHeimG gilt dieses Gesetz nicht für Wohngemeinschaften für Pflegebedürftige, wenn sie strukturell von Dritten unabhängig sind. Das ist der Fall, wenn die Mitglieder der Wohngemeinschaft alle Angelegenheiten der Wohngemeinschaft in einer Auftraggebergemeinschaft selbst regeln. Die Wahlfreiheit bezüglich der Betreuungsleistungen darf nicht beschränkt werden. Eine Beschränkung liegt insbesondere dann vor, wenn Vermieter und Pflegedienstleister identisch sind oder rechtlich oder faktisch verbunden sind.
49 
Das Landratsamt T., Abteilung Gesundheit – Heimaufsicht ist auch nach mehrfacher Überprüfung des Hauses C. unter Berücksichtigung der geschlossenen Verträge, von Protokollen der Sitzungen der Auftraggebergemeinschaft und Rücksprache mit deren Mitgliedern bei der Beurteilung geblieben, dass das Haus C. eine Wohngemeinschaft für Pflegebedürftige ist, die nicht unter das LHeimG fällt. Dabei hat die Heimaufsicht entsprechend dem LHeimG als maßgebendes Abgrenzungsmerkmal auf die strukturelle Unabhängigkeit von Dritten abgestellt. Dieses Kriterium ist hier erfüllt, da die Angelegenheiten der Wohngemeinschaft von dieser selbst über eine Auftraggebergemeinschaft geregelt werden und die Wahlfreiheit hinsichtlich der Betreuungsleistungen nicht beschränkt ist. Die vom Gesetz geforderte Wahlfreiheit ist nicht deshalb in Frage zu stellen, weil der Pflegedienst im Wege von Mehrheitsentscheidungen gewählt wird. In der Gesetzesbegründung zu § 1 Abs 7 LHeimG wird vor dem Hintergrund der bezweckten Synergieeffekte durch ein gemeinschaftliches Pflegearrangement der Wohngemeinschaft ausdrücklich klargestellt, dass die Wahlfreiheit als kollektive Wahlfreiheit der Auftraggeber zu verstehen ist und insoweit nur die Unabhängigkeit der Auftraggebergemeinschaft von Dritten wie dem Vermieter oder einem Pflegedienstleister gefordert wird (Landtag von Baden-Württemberg, Drs 14/2535 S 31). Soweit von der Heimaufsicht noch Mängel in der Dokumentation der Beschlüsse der Auftraggebergemeinschaft beanstandet werden (zB Schreiben vom 25.02.2013), ändert dies – auch nach Auffassung der Heimaufsicht - an der Gesamtbeurteilung nichts.
50 
An der medizinischen Erforderlichkeit der verordneten Leistungen der Behandlungspflege (Medikamentengabe und PEG-Versorgung) zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung bestehen keine Zweifel; dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig.
51 
Von dem Erstattungsbetrag sind keine Abzüge nach §§ 37 Abs 5, 61 Satz 3 SGB V zu machen, da die Klägerin nach Mitteilung der Beklagten im streitigen Zeitraum von Zuzahlungen nach § 62 SGB V befreit war.
52 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
53 
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.

Gründe

 
34 
Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.
35 
Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz) eingelegte Berufung ist statthaft (§ 143 SGG) und damit zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Das SG hat den angefochtenen Bescheid vom 06.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.07.2012 zu Recht aufgehoben, denn dieser ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Freistellung von den im streitigen Zeitraum 09.03. bis 31.05.2012 entstandenen Kosten für häusliche Krankenpflege iHv 2.640,54 EUR.
36 
Die Klage ist als Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG) zulässig. Der Anspruch der Klägerin ist in zulässiger Weise auf die Freistellung von Kosten für eine selbst beschaffte Leistung gerichtet, weil sie die Leistung erhalten, aber den in Rechnung gestellten Betrag noch nicht bezahlt hat. Ein solcher Anspruch ist mit der Leistungsklage geltend zu machen. Auch dieser Anspruch ist – wie hier geschehen - zu beziffern, weil die Leistung bereits abgerechnet wurde (vgl BSG 17.06.2010, B 3 KR 7/09, R, BSGE 106, 173).
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Anspruchsgrundlage ist § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V (idF vom 26.03.2007, BGBl I, 378). Diese auf die Erstattung vom Versicherten bereits gezahlter Kosten zugeschnittenen Bestimmungen sind bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen entsprechend anzuwenden, wenn die Verpflichtung bereits entstanden ist, der Versicherte aber noch nicht gezahlt hat (Urteil des Senats vom 26.11.2013, L 11 KR 3362/12; LSG Baden-Württemberg 01.03.2013, L 4 KR 3797/11). Statt einer Erstattung kann er dann die Bezahlung seiner Schuld durch den Versicherungsträger verlangen (ständige Rechtsprechung zB BSG 10.02. 2000, B 3 KR 26/99 R, 17.06. 2010, B 3 KR 7/09 R, beide in juris). Danach sind die Kosten in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte (Alt 1) oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat (Alt 2) und dadurch dem Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind, soweit die Leistung notwendig war. Mit dieser Regelung wird der Grundsatz des Sach- und Dienstleistungsanspruchs nach § 2 Abs 2 Satz 1 SGB V für die Fälle ergänzt, in denen die Krankenkasse eine geschuldete Leistung nicht oder nicht rechtzeitig zur Verfügung stellen kann (BSG 02.11.2007, B 1 KR 14/07 R, BSGE 99, 180 = SozR 4-2500 § 13 Nr 15). Der Naturalleistungsanspruch des Versicherten wandelt sich um in einen Kostenerstattungsanspruch bzw soweit die Kosten tatsächlich noch nicht beglichen sind, in einen Anspruch des Versicherten auf Freistellung von den Kosten. Der Freistellungsanspruch nach § 13 Abs 3 SGB V reicht nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch des Versicherten gegen seine Krankenkasse. Er setzt voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (ständige Rechtsprechung des BSG 14.12.2006, B 1 KR 12/06 R, SozR 4-2500 § 31 Nr 8; BSG 27.03.2007, B 1 KR 17/06 R, juris).
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Dies ist hier der Fall, die Klägerin hatte einen Anspruch gegen die Beklagte auf Versorgung mit häuslicher Krankenpflege. Die Beklagte hat die Gewährung häuslicher Krankenpflege zu Unrecht abgelehnt. Die erforderliche Kausalität zwischen Leistungsablehnung und Kostenverursachung („dadurch“) ist gegeben; die Voraussetzungen für die Bewilligung der Leistung lagen vor.
39 
Nach § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Nach Satz 2 Nr 4 dieser Vorschrift umfasst die Krankenbehandlung ua auch häusliche Krankenpflege und Haushaltshilfe. Nach § 37 Abs 2 Satz 1 SGB V ab dem 01.04.2007 geltenden Fassung des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbs-Stärkungs-Gesetz GKV-WSG vom 26.03.2007, BGBl I S 378) erhalten Versicherte in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen als häusliche Krankenpflege Behandlungspflege, wenn diese zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist; der Anspruch umfasst verrichtungsbezogene krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen auch in den Fällen, in denen dieser Pflegebedarf bei der Feststellung der Pflegebedürftigkeit nach den §§ 14 und 15 SGB XI zu berücksichtigen ist. Gemäß § 37 Abs 6 SGB V legt der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) in Richtlinien nach § 92 SGB V fest, an welchen Orten und in welchen Fällen Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 auch außerhalb des Haushalts und der Familie des Versicherten erbracht werden können. Er bestimmt darüber hinaus das Nähere über Art und Inhalt der verrichtungsbezogenen krankheitsspezifischen Pflegemaßnahmen nach § 37 Abs 2 Satz 1 SGB V.
40 
Durch die Neufassung des § 37 Abs 2 Satz 1 SGB V mit Wirkung zum 01.04.2007 kann häusliche Krankenpflege neben dem Haushalt oder der Familie auch an einem anderen geeigneten Ort insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen in Anspruch genommen werden. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs 16/3100 S 104) hat sich die Beschränkung der Leistung zur häuslichen Krankenpflege auf Haushalt und Familie des Versicherten im Hinblick auf das Ziel, vorschnelle stationäre Einweisungen zu vermeiden, als kontraproduktiv erwiesen. Die Neuregelung solle, so die weitere Gesetzesbegründung, durch vorsichtige Erweiterung des Haushaltsbegriffes bewirken, dass in der gesetzlichen Krankenversicherung neue Wohnformen, Wohngemeinschaften und betreutes Wohnen hinsichtlich der Erbringung von häuslicher Krankenpflege gegenüber konventionellen Haushalten nicht benachteiligt werden. Betreute Wohnformen, deren Bewohner ambulante Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung erhalten, sollen verbesserte Angebote für ambulant Pflegebedürftige darstellen; dem werde durch die Änderung Rechnung getragen. Darüber hinaus werde im Hinblick auf bestimmte, eng begrenzte Personengruppen durch die Erweiterung des Haushaltsbegriffs eine vorschnelle Einweisung in stationäre Einrichtung verhindert. Ein „geeigneter Ort“ für die Leistung der häuslichen Krankenpflege durch die gesetzliche Krankenversicherung sei jedenfalls dann nicht gegeben, wenn sich der Versicherte in einer Einrichtung befinde, in der er nach den gesetzlichen Bestimmungen Anspruch auf die Erbringung medizinischer Behandlungspflege durch die Einrichtung habe.
41 
In Umsetzung seiner Verpflichtung hat der GBA in der Richtlinie über die Verordnung von häuslicher Krankenpflege (HKP-Richtlinie vom 17.09.2009, BAnz Nr 21a vom 09.02.2010, Beilage; idF vom 21.10.2010, BAnz 2011 Nr 16 vom 14.01.2011 S 339) in § 1 Abs 2 Satz 2 folgende Regelung getroffen:
42 
Häusliche Krankenpflege wird im Haushalt des Versicherten oder seiner Familie erbracht. Anspruch auf häusliche Krankenpflege besteht auch an sonstigen geeigneten Orten, an denen sich der Versicherte regelmäßig wiederkehrend aufhält und an denen
43 
- die verordnete Maßnahme zuverlässig durchgeführt werden kann und
- für die Erbringung der einzelnen Maßnahmen geeignete räumliche Verhältnisse vorliegen (zB im Hinblick auf hygienische Voraussetzungen, Wahrung der Intimsphäre, Beleuchtung),
- wenn die Leistung aus medizinisch-pflegerischen Gründen während des Aufenthaltes an diesem Ort notwendig ist. Orte im Sinne des Satz 2 können insbesondere Schulen, Kindergärten, betreute Wohnformen oder Arbeitsstätten sein.
44 
Nach § 1 Abs 6 HKP-Richtlinien gilt: Für die Zeit des Aufenthalts in Einrichtungen, in denen nach den gesetzlichen Bestimmungen Anspruch auf die Erbringung von Behandlungspflege durch die Einrichtungen besteht (zB Krankenhäusern, Rehabilitationseinrichtungen, Hospizen, Pflegeheimen), kann häusliche Krankenpflege nicht verordnet werden. Ob ein solcher Anspruch besteht, ist im Einzelfall durch die Krankenkassen zu prüfen. Abweichend davon kann häusliche Krankenpflege in Werkstätten für behinderte Menschen verordnet werden, wenn die Intensität oder Häufigkeit der in der Werkstatt zu erbringenden Pflege so hoch ist, dass nur durch den Einsatz einer Pflegefachkraft Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit vermieden oder das Ziel der ärztlichen Behandlung gesichert werden kann und die Werkstatt für behinderte Menschen nicht auf Grund des § 10 der Werkstättenverordnung verpflichtet ist, die Leistung selbst zu erbringen (§ 1 Abs 7 Satz 1 HKP-Richtlinien). Eine Verordnung von Behandlungspflege ist auch für Versicherte in Pflegeheimen zulässig, die auf Dauer, voraussichtlich für mindestens 6 Monate, einen besonders hohen Bedarf an medizinischer Behandlungspflege haben (§ 37 Abs 2 Satz 3 SGB V). Dies ist der Fall, wenn …(§ 1 Abs 7 Sätze 2 und 3 HKP-Richtlinien).
45 
Aus dem Regelungsgefüge von gesetzlichen Vorschriften und den Normen der HKP-Richtlinie ergibt sich, dass der Anspruch an allen geeigneten Orten besteht, an denen sich der Versicherte regelmäßig aufhält, wenn die Leistung aus medizinisch pflegerischen Gründen während des Aufenthalts an diesem Ort notwendig ist. Einschränkungen ergeben sich – abgesehen von der Geeignetheit der räumlichen Verhältnisse – erst aus den Regelungen des § 1 Abs 6 HKP-Richtlinien, dh für die Zeit des Aufenthalts in Einrichtungen nur dann, wenn nach den gesetzlichen Bestimmungen Anspruch auf die Erbringung von Behandlungspflege durch die Einrichtung besteht. Dies ist im Einzelfall zu prüfen. Einrichtungen der Eingliederungshilfe werden in den HKP-Richtlinien den Krankenhäusern und Pflegeheimen ausdrücklich nicht (mehr) gleichgestellt (BSG 25.02.2015, B 3 KR 10/14 R, juris).
46 
Die Wohngemeinschaft Haus C. erfüllt nach den Feststellungen des Senats die Voraussetzungen für einen geeigneten Ort iSv § 37 Abs 2 Satz 1 SGB V. Nach dem Mietvertrag steht der Klägerin ein teilmöbliertes Zimmer zur Alleinbenutzung zur Verfügung und sie hat Mitbenutzungsrechte an den Gemeinschaftsräumen (Aufenthaltsbereich, Küche, Bäder, Garten). Eine Beschränkung des Anspruchs auf Fälle, in denen noch ein Mindestmaß eines eigenen Haushalts oder ein Leben in der Familie geführt wird, lässt sich der aktuellen Gesetzesfassung nicht entnehmen (BSG 25.02.2015, B 3 KR 10/14 R, juris RdNr 17). Es ist daher nicht entscheidend, ob die Klägerin selbst noch eigenverantwortliche Entscheidungen treffen kann.
47 
Entscheidend ist vielmehr, dass die Klägerin gegen den Beigeladenen keinen Anspruch auf Erbringung von Leistungen der Behandlungspflege hat. Ein gesetzlicher Anspruch auf Behandlungspflege besteht nicht. Ob ein vertraglicher Anspruch auf Behandlungspflege die Wertung des Haus C. als geeigneten Ort iSv § 37 SGB V ausschließt, kann offen bleiben, denn ein solcher Anspruch hat ebenfalls nicht bestanden. In dem vorliegenden Mietvertrag wurde Behandlungspflege offensichtlich nicht vereinbart. Der mit dem Pflegedienst des D. T. geschlossene Vertrag über die Erbringung ambulanter Pflege und hauswirtschaftlicher Versorgung sieht in § 2 Abs 4 vor, dass Leistungen der Behandlungspflege lt ärztlicher Verordnung nach Maßgabe der Genehmigung durch die Krankenkasse erbracht werden. Vom Arzt verordnete und von der Krankenkasse genehmigte Leistungen gelten als vereinbart, sofern der Leistungsnehmer nicht widerspricht. Nimmt der Leistungsnehmer nicht verordnete oder von der Krankenkasse nicht genehmigte Leistungen in Anspruch, so hat er diese selbst zu bezahlen. Hinsichtlich der Kostentragung sieht § 5 Abs 1 des Vertrags ausdrücklich vor, dass Leistungen, die direkt mit der Pflegekasse oder der Krankenkasse abgerechnet werden können, vom Pflegedienst dem jeweiligen Kostenträger direkt in Rechnung gestellt werden. Damit bleiben die gegen die Krankenkasse bestehenden Ansprüche auf Leistungen der Behandlungspflege vorrangig. Zudem ist der Vertrag über die Erbringung ambulanter Pflege und hauswirtschaftlicher Versorgung rechtlich nicht konditional mit dem Mietvertrag verknüpft. Es besteht daher kein Anspruch gegen den Beigeladenen als Vermieter. Auch die örtliche Geeignetheit ist gegeben. Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die häusliche Krankenpflege in den Räumen des Hauses C. nicht zuverlässig und unter Beachtung der hygienischen und sonstigen Anforderungen gemäß § 1 Abs 2 Satz 2 HKP-Richtlinie durchgeführt werden kann, dies wird auch von der Beklagten nicht behauptet.
48 
Keine andere Beurteilung ergibt sich aus der Argumentation der Beklagten, bei dem Haus C. handele es sich tatsächlich um eine stationäre Pflegeeinrichtung ohne Versorgungsvertrag nach § 72 SGB XI. Die heimrechtliche Qualifizierung ist kein geeignetes Abgrenzungskriterium, da sie keinen Bezug zur häuslichen Krankenpflege hat (vgl Luthe in Hauck/Noftz, Stand 02/15, SGB V, § 37 RdNr 52; Padé in jurisPK-SGB V § 37 RdNr 32). Davon abgesehen teilt der Senat aufgrund der Feststellungen und Überprüfungen der zuständigen Heimaufsicht deren Auffassung, dass das Haus C. nicht dem Landesheimgesetz (LHeimG) unterfällt. Heime sind gemäß § 1 Abs 1 Satz 2 LHeimG Einrichtungen, die dem Zweck dienen, ältere Menschen oder volljährige pflegebedürftige oder psychisch kranke oder behinderte Menschen aufzunehmen, ihnen Wohnraum zu überlassen sowie Betreuung und Verpflegung zur Verfügung zu stellen oder vorzuhalten, und die in ihrem Bestand von Wechsel und Zahl der Bewohner unabhängig sind und entgeltlich betrieben werden. Nach § 1 Abs 2 LHeimG ist das Gesetz nicht auf betreutes Wohnen anzuwenden, wenn die Mieter vertraglich lediglich dazu verpflichtet sind, allgemeine Betreuungsleistungen wie Notrufdienste, die Vermittlung von Dienst- und Pflegeleistungen oder Informationen und Beratungsleistungen von bestimmten Anbietern anzunehmen und die darüber hinausgehenden Betreuungs- und Pflegeleistungen von den Bewohnern frei wählbar sind. Betreutes Wohnen im Sinne dieses Gesetzes ist eine Wohnform, bei der Vermieter von abgeschlossenen Wohnungen durch Verträge mit Dritten oder auf andere Weise sicherstellen, dass den Mietern nebst der Überlassung des Wohnraums allgemeine Betreuungsleistungen angeboten werden. Nach § 1 Abs 7 LHeimG gilt dieses Gesetz nicht für Wohngemeinschaften für Pflegebedürftige, wenn sie strukturell von Dritten unabhängig sind. Das ist der Fall, wenn die Mitglieder der Wohngemeinschaft alle Angelegenheiten der Wohngemeinschaft in einer Auftraggebergemeinschaft selbst regeln. Die Wahlfreiheit bezüglich der Betreuungsleistungen darf nicht beschränkt werden. Eine Beschränkung liegt insbesondere dann vor, wenn Vermieter und Pflegedienstleister identisch sind oder rechtlich oder faktisch verbunden sind.
49 
Das Landratsamt T., Abteilung Gesundheit – Heimaufsicht ist auch nach mehrfacher Überprüfung des Hauses C. unter Berücksichtigung der geschlossenen Verträge, von Protokollen der Sitzungen der Auftraggebergemeinschaft und Rücksprache mit deren Mitgliedern bei der Beurteilung geblieben, dass das Haus C. eine Wohngemeinschaft für Pflegebedürftige ist, die nicht unter das LHeimG fällt. Dabei hat die Heimaufsicht entsprechend dem LHeimG als maßgebendes Abgrenzungsmerkmal auf die strukturelle Unabhängigkeit von Dritten abgestellt. Dieses Kriterium ist hier erfüllt, da die Angelegenheiten der Wohngemeinschaft von dieser selbst über eine Auftraggebergemeinschaft geregelt werden und die Wahlfreiheit hinsichtlich der Betreuungsleistungen nicht beschränkt ist. Die vom Gesetz geforderte Wahlfreiheit ist nicht deshalb in Frage zu stellen, weil der Pflegedienst im Wege von Mehrheitsentscheidungen gewählt wird. In der Gesetzesbegründung zu § 1 Abs 7 LHeimG wird vor dem Hintergrund der bezweckten Synergieeffekte durch ein gemeinschaftliches Pflegearrangement der Wohngemeinschaft ausdrücklich klargestellt, dass die Wahlfreiheit als kollektive Wahlfreiheit der Auftraggeber zu verstehen ist und insoweit nur die Unabhängigkeit der Auftraggebergemeinschaft von Dritten wie dem Vermieter oder einem Pflegedienstleister gefordert wird (Landtag von Baden-Württemberg, Drs 14/2535 S 31). Soweit von der Heimaufsicht noch Mängel in der Dokumentation der Beschlüsse der Auftraggebergemeinschaft beanstandet werden (zB Schreiben vom 25.02.2013), ändert dies – auch nach Auffassung der Heimaufsicht - an der Gesamtbeurteilung nichts.
50 
An der medizinischen Erforderlichkeit der verordneten Leistungen der Behandlungspflege (Medikamentengabe und PEG-Versorgung) zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung bestehen keine Zweifel; dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig.
51 
Von dem Erstattungsbetrag sind keine Abzüge nach §§ 37 Abs 5, 61 Satz 3 SGB V zu machen, da die Klägerin nach Mitteilung der Beklagten im streitigen Zeitraum von Zuzahlungen nach § 62 SGB V befreit war.
52 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
53 
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.

(1) Ambulante Pflegeeinrichtungen (Pflegedienste) im Sinne dieses Buches sind selbständig wirtschaftende Einrichtungen, die unter ständiger Verantwortung einer ausgebildeten Pflegefachkraft Pflegebedürftige in ihrer Wohnung mit Leistungen der häuslichen Pflegehilfe im Sinne des § 36 versorgen.

(1a) Auf ambulante Betreuungseinrichtungen, die für Pflegebedürftige dauerhaft pflegerische Betreuungsmaßnahmen und Hilfen bei der Haushaltsführung erbringen (Betreuungsdienste), sind die Vorschriften dieses Buches, die für Pflegedienste gelten, entsprechend anzuwenden, soweit keine davon abweichende Regelung bestimmt ist.

(2) Stationäre Pflegeeinrichtungen (Pflegeheime) im Sinne dieses Buches sind selbständig wirtschaftende Einrichtungen, in denen Pflegebedürftige:

1.
unter ständiger Verantwortung einer ausgebildeten Pflegefachkraft gepflegt werden,
2.
ganztägig (vollstationär) oder tagsüber oder nachts (teilstationär) untergebracht und verpflegt werden können.

(3) Für die Anerkennung als verantwortliche Pflegefachkraft im Sinne der Absätze 1 und 2 ist neben dem Abschluss einer Ausbildung als

1.
Pflegefachfrau oder Pflegefachmann,
2.
Gesundheits- und Krankenpflegerin oder Gesundheits- und Krankenpfleger,
3.
Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin oder Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger oder
4.
Altenpflegerin oder Altenpfleger
eine praktische Berufserfahrung in dem erlernten Ausbildungsberuf von zwei Jahren innerhalb der letzten acht Jahre erforderlich. Bei ambulanten Pflegeeinrichtungen, die überwiegend behinderte Menschen pflegen und betreuen, gelten auch nach Landesrecht ausgebildete Heilerziehungspflegerinnen und Heilerziehungspfleger sowie Heilerzieherinnen und Heilerzieher mit einer praktischen Berufserfahrung von zwei Jahren innerhalb der letzten acht Jahre als ausgebildete Pflegefachkraft. Bei Betreuungsdiensten kann anstelle der verantwortlichen Pflegefachkraft eine entsprechend qualifizierte, fachlich geeignete und zuverlässige Fachkraft mit praktischer Berufserfahrung im erlernten Beruf von zwei Jahren innerhalb der letzten acht Jahre (verantwortliche Fachkraft) eingesetzt werden. Die Rahmenfrist nach den Sätzen 1, 2 oder 3 beginnt acht Jahre vor dem Tag, zu dem die verantwortliche Pflegefachkraft im Sinne des Absatzes 1 oder 2 bestellt werden soll. Für die Anerkennung als verantwortliche Pflegefachkraft ist ferner Voraussetzung, dass eine Weiterbildungsmaßnahme für leitende Funktionen mit einer Mindeststundenzahl, die 460 Stunden nicht unterschreiten soll, erfolgreich durchgeführt wurde. Anerkennungen als verantwortliche Fachkraft, die im Rahmen der Durchführung des Modellvorhabens zur Erprobung von Leistungen der häuslichen Betreuung durch Betreuungsdienste erfolgt sind, gelten fort. Für die Anerkennung einer verantwortlichen Fachkraft ist ferner ab dem 1. Januar 2023 ebenfalls Voraussetzung, dass eine Weiterbildungsmaßnahme im Sinne von Satz 5 durchgeführt wurde.

(4) Keine Pflegeeinrichtungen im Sinne des Absatzes 2 sind

1.
stationäre Einrichtungen, in denen die Leistungen zur medizinischen Vorsorge, zur medizinischen Rehabilitation, zur Teilhabe am Arbeitsleben, zur Teilhabe an Bildung oder zur sozialen Teilhabe, die schulische Ausbildung oder die Erziehung kranker Menschen oder von Menschen mit Behinderungen im Vordergrund des Zweckes der Einrichtung stehen,
2.
Krankenhäuser sowie
3.
Räumlichkeiten,
a)
in denen der Zweck des Wohnens von Menschen mit Behinderungen und der Erbringung von Leistungen der Eingliederungshilfe für diese im Vordergrund steht,
b)
auf deren Überlassung das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz Anwendung findet und
c)
in denen der Umfang der Gesamtversorgung der dort wohnenden Menschen mit Behinderungen durch Leistungserbringer regelmäßig einen Umfang erreicht, der weitgehend der Versorgung in einer vollstationären Einrichtung entspricht; bei einer Versorgung der Menschen mit Behinderungen sowohl in Räumlichkeiten im Sinne der Buchstaben a und b als auch in Einrichtungen im Sinne der Nummer 1 ist eine Gesamtbetrachtung anzustellen, ob der Umfang der Versorgung durch Leistungserbringer weitgehend der Versorgung in einer vollstationären Einrichtung entspricht.

(5) Mit dem Ziel, eine einheitliche Rechtsanwendung zu fördern, erlässt der Spitzenverband Bund der Pflegekassen spätestens bis zum 1. Juli 2019 Richtlinien zur näheren Abgrenzung, wann die in Absatz 4 Nummer 3 Buchstabe c in der ab dem 1. Januar 2020 geltenden Fassung genannten Merkmale vorliegen und welche Kriterien bei der Prüfung dieser Merkmale mindestens heranzuziehen sind. Die Richtlinien nach Satz 1 sind im Benehmen mit dem Verband der privaten Krankenversicherung e. V., der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe und den kommunalen Spitzenverbänden auf Bundesebene zu beschließen; die Länder, die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege sowie die Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene sind zu beteiligen. Für die Richtlinien nach Satz 1 gilt § 17 Absatz 2 entsprechend mit der Maßgabe, dass das Bundesministerium für Gesundheit die Genehmigung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales erteilt und die Genehmigung als erteilt gilt, wenn die Richtlinien nicht innerhalb von zwei Monaten, nachdem sie dem Bundesministerium für Gesundheit vorgelegt worden sind, beanstandet werden.

(1) Die Pflegekassen dürfen ambulante und stationäre Pflege nur durch Pflegeeinrichtungen gewähren, mit denen ein Versorgungsvertrag besteht (zugelassene Pflegeeinrichtungen). In dem Versorgungsvertrag sind Art, Inhalt und Umfang der allgemeinen Pflegeleistungen (§ 84 Abs. 4) festzulegen, die von der Pflegeeinrichtung während der Dauer des Vertrages für die Versicherten zu erbringen sind (Versorgungsauftrag).

(2) Der Versorgungsvertrag wird zwischen dem Träger der Pflegeeinrichtung oder einer vertretungsberechtigten Vereinigung gleicher Träger und den Landesverbänden der Pflegekassen im Einvernehmen mit den überörtlichen Trägern der Sozialhilfe im Land abgeschlossen, soweit nicht nach Landesrecht der örtliche Träger für die Pflegeeinrichtung zuständig ist; für mehrere oder alle selbständig wirtschaftenden Einrichtungen (§ 71 Abs. 1 und 2) einschließlich für einzelne, eingestreute Pflegeplätze eines Pflegeeinrichtungsträgers, die vor Ort organisatorisch miteinander verbunden sind, kann, insbesondere zur Sicherstellung einer quartiersnahen Unterstützung zwischen den verschiedenen Versorgungsbereichen, ein einheitlicher Versorgungsvertrag (Gesamtversorgungsvertrag) geschlossen werden. Er ist für die Pflegeeinrichtung und für alle Pflegekassen im Inland unmittelbar verbindlich. Bei Betreuungsdiensten nach § 71 Absatz 1a sind bereits vorliegende Vereinbarungen aus der Durchführung des Modellvorhabens zur Erprobung von Leistungen der häuslichen Betreuung durch Betreuungsdienste zu beachten.

(3) Versorgungsverträge dürfen nur mit Pflegeeinrichtungen abgeschlossen werden, die

1.
den Anforderungen des § 71 genügen,
2.
die Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche pflegerische Versorgung bieten und die Vorgaben des Absatzes 3a oder Absatzes 3b erfüllen,
3.
sich verpflichten, nach Maßgabe der Vereinbarungen nach § 113 einrichtungsintern ein Qualitätsmanagement einzuführen und weiterzuentwickeln,
4.
sich verpflichten, die ordnungsgemäße Durchführung von Qualitätsprüfungen zu ermöglichen,
5.
sich verpflichten, an dem Verfahren zur Übermittlung von Daten nach § 35 Absatz 6 des Infektionsschutzgesetzes teilzunehmen, sofern es sich bei ihnen um stationäre Pflegeeinrichtungen im Sinne des § 71 Absatz 2 handelt;
ein Anspruch auf Abschluß eines Versorgungsvertrages besteht, soweit und solange die Pflegeeinrichtung diese Voraussetzungen erfüllt. Bei notwendiger Auswahl zwischen mehreren geeigneten Pflegeeinrichtungen sollen die Versorgungsverträge vorrangig mit freigemeinnützigen und privaten Trägern abgeschlossen werden. Bei ambulanten Pflegediensten ist in den Versorgungsverträgen der Einzugsbereich festzulegen, in dem die Leistungen ressourcenschonend und effizient zu erbringen sind.

(3a) Ab dem 1. September 2022 dürfen Versorgungsverträge nur mit Pflegeeinrichtungen abgeschlossen werden, die ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die Leistungen der Pflege oder Betreuung von Pflegebedürftigen erbringen, Gehälter zahlen, die in Tarifverträgen oder kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen vereinbart ist, an die die jeweiligen Pflegeeinrichtungen gebunden sind.

(3b) Mit Pflegeeinrichtungen, die nicht an Tarifverträge oder kirchliche Arbeitsrechtsregelungen für ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Leistungen der Pflege oder Betreuung von Pflegebedürftigen erbringen, gebunden sind, dürfen Versorgungsverträge ab dem 1. September 2022 nur abgeschlossen werden, wenn diese Pflegeeinrichtungen ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die Leistungen der Pflege oder Betreuung für Pflegebedürftige erbringen, eine Entlohnung zahlen, die

1.
die Höhe der Entlohnung eines Tarifvertrags nicht unterschreitet, dessen räumlicher, zeitlicher, fachlicher und persönlicher Geltungsbereich eröffnet ist,
2.
die Höhe der Entlohnung eines Tarifvertrags nicht unterschreitet, dessen fachlicher Geltungsbereich mindestens eine andere Pflegeeinrichtung in der Region erfasst, in der die Pflegeeinrichtung betrieben wird, und dessen zeitlicher und persönlicher Geltungsbereich eröffnet ist,
3.
die Höhe der Entlohnung von Nummer 1 oder Nummer 2 entsprechenden kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen nicht unterschreitet oder
4.
hinsichtlich der Entlohnungsbestandteile nach Satz 2 Nummer 1 bis 5, die den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern der in § 82c Absatz 2 Satz 4 genannten Qualifikationsgruppen jeweils im Durchschnitt gezahlt werden, die Höhe der jeweiligen regional üblichen Entlohnungsniveaus nach § 82c Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 und hinsichtlich der pflegetypischen Zuschläge nach Satz 2 Nummer 6, die den in Satz 1 genannten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Durchschnitt gezahlt werden, die Höhe der regional üblichen Niveaus der pflegetypischen Zuschläge nach § 82c Absatz 2 Satz 2 Nummer 3, jeweils in der nach § 82c Absatz 5 veröffentlichten Höhe, nicht unterschreitet.
Zur Entlohnung im Sinne dieses Gesetzes zählen
1.
der Grundlohn,
2.
regelmäßige Jahressonderzahlungen,
3.
vermögenswirksame Leistungen des Arbeitgebers,
4.
pflegetypische Zulagen,
5.
der Lohn für Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft sowie
6.
pflegetypische Zuschläge.
Pflegetypische Zuschläge im Sinne von Satz 2 Nummer 6 sind Nachtzuschläge, Sonntagszuschläge und Feiertagszuschläge. Diese sind von den Pflegeeinrichtungen im Fall von Satz 1 Nummer 4 unter den folgenden Voraussetzungen zu zahlen:
1.
Nachtzuschläge für eine Tätigkeit in der Nacht, mindestens im Zeitraum zwischen 23 und 6 Uhr,
2.
Sonntagszuschläge für eine Tätigkeit an Sonntagen im Zeitraum zwischen 0 und 24 Uhr,
3.
Feiertagszuschläge für eine Tätigkeit an gesetzlichen Feiertagen im Zeitraum zwischen 0 und 24 Uhr.
Die in Satz 1 genannten Pflegeeinrichtungen haben die Entlohnung im Sinne von Satz 1, soweit mit ihr die Voraussetzungen nach dieser Vorschrift erfüllt werden, in Geld zu zahlen. Tritt im Fall von Satz 1 Nummer 1 bis 3 eine Änderung im Hinblick auf die in dem jeweiligen Tarifvertrag oder in den jeweiligen kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen vereinbarte Entlohnung ein, haben die in Satz 1 genannten Pflegeeinrichtungen die erforderlichen Anpassungen der von ihnen gezahlten Entlohnung spätestens innerhalb von zwei Monaten vorzunehmen, nachdem die jeweilige Änderung nach § 82c Absatz 5 veröffentlicht wurde. Erhöhen sich im Fall von Satz 1 Nummer 4 die nach § 82c Absatz 5 veröffentlichten regional üblichen Entlohnungsniveaus nach § 82c Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 oder die nach § 82c Absatz 5 veröffentlichten regional üblichen Niveaus der pflegetypischen Zuschläge nach § 82c Absatz 2 Satz 2 Nummer 3, haben die Pflegeeinrichtungen ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die Leistungen der Pflege oder Betreuung für Pflegebedürftige erbringen, die höhere Entlohnung im Zeitraum ab dem 1. Dezember 2022 spätestens ab dem 1. Februar 2023, nach dem 1. Februar 2023 jeweils spätestens ab dem 1. Januar des Jahres, das auf die Veröffentlichung der Werte nach § 82c Absatz 5 folgt, zu zahlen. Zur Erfüllung der Vorgaben von Satz 1 Nummer 4 sind im Zeitraum vom 1. September 2022 bis zum 31. Januar 2023 die aufgrund der Mitteilung nach Absatz 3e in der am 20. Juli 2021 geltenden Fassung und auf der Grundlage von § 82c Absatz 5 in der am 20. Juli 2021 geltenden Fassung veröffentlichten regional üblichen Entgeltniveaus in drei Qualifikationsgruppen und pflegetypischen Zuschläge nach den Sätzen 3 und Satz 4 maßgebend.

(3c) Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen legt in Richtlinien, erstmals bis zum Ablauf des 30. September 2021, das Nähere insbesondere zu den Verfahrens- und Prüfgrundsätzen für die Einhaltung der Vorgaben der Absätze 3a und 3b sowie zu den nach Absatz 3e Satz 1 Nummer 2 erforderlichen Angaben fest. In den Richtlinien ist auch festzulegen, welche Folgen eintreten, wenn eine Pflegeeinrichtung ihre Mitteilungspflicht nach Absatz 3d Satz 2 oder Absatz 3e nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erfüllt. Die in den Richtlinien vorgesehenen Folgen müssen verhältnismäßig sein und im Einzelfall durch den jeweiligen Landesverband der Pflegekassen gegenüber der Pflegeeinrichtung verhältnismäßig angewendet werden. Bei der Festlegung hat der Spitzenverband Bund der Pflegekassen die Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe und der Eingliederungshilfe zu beteiligen. Die Richtlinien werden erst wirksam, wenn das Bundesministerium für Gesundheit sie im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales genehmigt. Beanstandungen des Bundesministeriums für Gesundheit sind innerhalb der von ihm gesetzten Frist zu beheben. Die Richtlinien sind für die Pflegekassen und ihre Verbände sowie für die Pflegeeinrichtungen verbindlich.

(3d) Pflegeeinrichtungen haben den Landesverbänden der Pflegekassen zur Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des Absatzes 3a oder des Absatzes 3b mitzuteilen,

1.
an welchen Tarifvertrag oder an welche kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen sie gebunden sind,
2.
welcher Tarifvertrag oder welche kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen in den Fällen des Absatzes 3b Satz 1 Nummer 1 bis 3 für sie maßgebend ist oder sind oder
3.
ob im Fall des Absatzes 3b Satz 1 Nummer 4 die veröffentlichte Höhe der regional üblichen Entlohnungsniveaus nach § 82c Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 und die veröffentlichte Höhe der regional üblichen Niveaus der pflegetypischen Zuschläge nach § 82c Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 für sie maßgebend sind.
Im Jahr 2022 sind alle Pflegeeinrichtungen verpflichtet, den Landesverbänden der Pflegekassen die in Satz 1 in der am 20. Juli 2021 geltenden Fassung genannten Angaben spätestens bis zum Ablauf des 28. Februar 2022 mitzuteilen. Die Mitteilung nach Satz 2 gilt, sofern die Pflegeeinrichtung dem nicht widerspricht, als Antrag auf entsprechende Anpassung des Versorgungsvertrags mit Wirkung zum 1. September 2022.

(3e) Pflegeeinrichtungen, die im Sinne von Absatz 3a an Tarifverträge oder an kirchliche Arbeitsrechtsregelungen gebunden sind, haben dem jeweiligen Landesverband der Pflegekassen bis zum Ablauf des 31. August jeden Jahres Folgendes mitzuteilen:

1.
an welchen Tarifvertrag oder an welche kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen sie gebunden sind,
2.
Angaben über die sich aus diesen Tarifverträgen oder kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen ergebende am 1. August des Jahres gezahlte Entlohnung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Leistungen der Pflege oder Betreuung von Pflegebedürftigen erbringen, soweit diese Angaben zur Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen nach den Absätzen 3a und 3b oder zur Ermittlung des oder der regional üblichen Entlohnungsniveaus sowie der regional üblichen Niveaus der pflegetypischen Zuschläge nach § 82c Absatz 2 Satz 2 erforderlich sind.
Der Mitteilung ist die jeweils am 1. August des Jahres geltende durchgeschriebene Fassung des mitgeteilten Tarifvertrags oder der mitgeteilten kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen beizufügen. Tritt nach der Mitteilung nach Satz 1 eine Änderung im Hinblick auf die Wirksamkeit oder den Inhalt des mitgeteilten Tarifvertrags oder der mitgeteilten kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen ein, haben die in Satz 1 genannten Pflegeeinrichtungen dem jeweiligen Landesverband der Pflegekassen diese Änderung unverzüglich mitzuteilen und dem jeweiligen Landesverband der Pflegekassen unverzüglich die aktuelle, durchgeschriebene Fassung des geänderten Tarifvertrags oder der geänderten kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen zu übermitteln.

(3f) Das Bundesministerium für Gesundheit evaluiert unter Beteiligung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales bis zum 31. Dezember 2025 die Wirkungen der Regelungen der Absätze 3a und 3b und des § 82c.

(3g) Versorgungsverträge, die mit Pflegeeinrichtungen vor dem 1. September 2022 abgeschlossen wurden, sind spätestens bis zum Ablauf des 31. August 2022 mit Wirkung ab dem 1. September 2022 an die Vorgaben des Absatzes 3a oder des Absatzes 3b anzupassen.

(4) Mit Abschluß des Versorgungsvertrages wird die Pflegeeinrichtung für die Dauer des Vertrages zur pflegerischen Versorgung der Versicherten zugelassen. Die zugelassene Pflegeeinrichtung ist im Rahmen ihres Versorgungsauftrages zur pflegerischen Versorgung der Versicherten verpflichtet; dazu gehört bei ambulanten Pflegediensten auch die Durchführung von Beratungseinsätzen nach § 37 Absatz 3 auf Anforderung des Pflegebedürftigen. Die Pflegekassen sind verpflichtet, die Leistungen der Pflegeeinrichtung nach Maßgabe des Achten Kapitels zu vergüten.

(5) (aufgehoben)

(1) Versicherte erhalten in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen neben der ärztlichen Behandlung häusliche Krankenpflege durch geeignete Pflegekräfte, wenn Krankenhausbehandlung geboten, aber nicht ausführbar ist, oder wenn sie durch die häusliche Krankenpflege vermieden oder verkürzt wird. § 10 der Werkstättenverordnung bleibt unberührt. Die häusliche Krankenpflege umfaßt die im Einzelfall erforderliche Grund- und Behandlungspflege sowie hauswirtschaftliche Versorgung. Der Anspruch besteht bis zu vier Wochen je Krankheitsfall. In begründeten Ausnahmefällen kann die Krankenkasse die häusliche Krankenpflege für einen längeren Zeitraum bewilligen, wenn der Medizinische Dienst (§ 275) festgestellt hat, daß dies aus den in Satz 1 genannten Gründen erforderlich ist.

(1a) Versicherte erhalten an geeigneten Orten im Sinne von Absatz 1 Satz 1 wegen schwerer Krankheit oder wegen akuter Verschlimmerung einer Krankheit, insbesondere nach einem Krankenhausaufenthalt, nach einer ambulanten Operation oder nach einer ambulanten Krankenhausbehandlung, soweit keine Pflegebedürftigkeit mit Pflegegrad 2, 3, 4 oder 5 im Sinne des Elften Buches vorliegt, die erforderliche Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung. Absatz 1 Satz 4 und 5 gilt entsprechend.

(2) Versicherte erhalten in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen als häusliche Krankenpflege Behandlungspflege, wenn diese zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist. § 10 der Werkstättenverordnung bleibt unberührt. Der Anspruch nach Satz 1 besteht über die dort genannten Fälle hinaus ausnahmsweise auch für solche Versicherte in zugelassenen Pflegeeinrichtungen im Sinne des § 43 des Elften Buches, die auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, einen besonders hohen Bedarf an medizinischer Behandlungspflege haben; § 37c Absatz 3 gilt entsprechend. Die Satzung kann bestimmen, dass die Krankenkasse zusätzlich zur Behandlungspflege nach Satz 1 als häusliche Krankenpflege auch Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung erbringt. Die Satzung kann dabei Dauer und Umfang der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung nach Satz 4 bestimmen. Leistungen nach den Sätzen 4 und 5 sind nach Eintritt von Pflegebedürftigkeit mit mindestens Pflegegrad 2 im Sinne des Elften Buches nicht zulässig. Versicherte, die nicht auf Dauer in Einrichtungen nach § 71 Abs. 2 oder 4 des Elften Buches aufgenommen sind, erhalten Leistungen nach Satz 1 und den Sätzen 4 bis 6 auch dann, wenn ihr Haushalt nicht mehr besteht und ihnen nur zur Durchführung der Behandlungspflege vorübergehender Aufenthalt in einer Einrichtung oder in einer anderen geeigneten Unterkunft zur Verfügung gestellt wird. Versicherte erhalten in stationären Einrichtungen im Sinne des § 43a des Elften Buches Leistungen nach Satz 1, wenn der Bedarf an Behandlungspflege eine ständige Überwachung und Versorgung durch eine qualifizierte Pflegefachkraft erfordert.

(2a) Die gesetzliche Krankenversicherung beteiligt sich an den Kosten der medizinischen Behandlungspflege in vollstationären Pflegeeinrichtungen mit einem jährlichen Pauschalbetrag in Höhe von 640 Millionen Euro, der an den Ausgleichsfonds der sozialen Pflegeversicherung zu leisten ist. Die Zahlung erfolgt anteilig quartalsweise. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen erhebt hierzu von den Krankenkassen eine Umlage gemäß dem Anteil der Versicherten der Krankenkassen an der Gesamtzahl der Versicherten aller Krankenkassen. Das Nähere zum Umlageverfahren und zur Zahlung an die Pflegeversicherung bestimmt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen.

(2b) Die häusliche Krankenpflege nach den Absätzen 1 und 2 umfasst auch die ambulante Palliativversorgung. Für Leistungen der ambulanten Palliativversorgung ist regelmäßig ein begründeter Ausnahmefall im Sinne von Absatz 1 Satz 5 anzunehmen. § 37b Absatz 4 gilt für die häusliche Krankenpflege zur ambulanten Palliativversorgung entsprechend.

(3) Der Anspruch auf häusliche Krankenpflege besteht nur, soweit eine im Haushalt lebende Person den Kranken in dem erforderlichen Umfang nicht pflegen und versorgen kann.

(4) Kann die Krankenkasse keine Kraft für die häusliche Krankenpflege stellen oder besteht Grund, davon abzusehen, sind den Versicherten die Kosten für eine selbstbeschaffte Kraft in angemessener Höhe zu erstatten.

(5) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 3 ergebenden Betrag, begrenzt auf die für die ersten 28 Kalendertage der Leistungsinanspruchnahme je Kalenderjahr anfallenden Kosten an die Krankenkasse.

(6) Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in Richtlinien nach § 92 fest, an welchen Orten und in welchen Fällen Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 auch außerhalb des Haushalts und der Familie des Versicherten erbracht werden können.

(7) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt in Richtlinien nach § 92 unter Berücksichtigung bestehender Therapieangebote das Nähere zur Versorgung von chronischen und schwer heilenden Wunden. Die Versorgung von chronischen und schwer heilenden Wunden kann auch in spezialisierten Einrichtungen an einem geeigneten Ort außerhalb der Häuslichkeit von Versicherten erfolgen.

(8) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt in der Richtlinie über die Verordnung häuslicher Krankenpflege nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis zum 31. Juli 2022 Rahmenvorgaben zu einzelnen nach dem Leistungsverzeichnis der Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 verordnungsfähigen Maßnahmen, bei denen Pflegefachkräfte, die die in den Rahmenempfehlungen nach § 132a Absatz 1 Satz 4 Nummer 7 geregelten Anforderungen erfüllen, innerhalb eines vertragsärztlich festgestellten Verordnungsrahmens selbst über die erforderliche Häufigkeit und Dauer bestimmen können, sowie Vorgaben zur Notwendigkeit eines erneuten Arztkontaktes und zur Information der Vertragsärztin oder des Vertragsarztes durch den Leistungserbringer über die erbrachten Maßnahmen.

(9) Zur Feststellung des tatsächlichen Ausgabenvolumens für die im Rahmen einer Versorgung nach Absatz 8 erbrachten Leistungen pseudonymisieren die Krankenkassen die Angaben zu den Ausgaben jeweils arztbezogen sowie versichertenbezogen. Sie übermitteln diese Angaben nach Durchführung der Abrechnungsprüfung dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen, der diese Daten für den Zweck der nach Absatz 10 durchzuführenden Evaluierung kassenartenübergreifend zusammenführt und diese Daten dem nach Absatz 10 Satz 2 beauftragten unabhängigen Dritten übermittelt. Das Nähere zur Datenübermittlung und zum Verfahren der Pseudonymisierung regelt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der beauftragte unabhängige Dritte nach Absatz 10 Satz 2 haben die ihnen nach Satz 2 übermittelten pseudonymisierten Daten spätestens ein Jahr nach Abschluss der Evaluierung zu löschen.

(10) Drei Jahre nach Inkrafttreten der Regelungen nach Absatz 8 evaluieren der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die in § 132a Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer unter Berücksichtigung der nach Absatz 9 Satz 2 übermittelten Daten insbesondere die mit der Versorgung nach Absatz 8 verbundenen Auswirkungen auf das Versorgungsgeschehen im Bereich der häuslichen Krankenpflege, die finanziellen Auswirkungen auf die Krankenkassen, die Wirtschaftlichkeit der Versorgung nach Absatz 8 sowie die Auswirkungen auf die Behandlungs- und Ergebnisqualität. Die Evaluierung hat durch einen durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die in § 132a Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer gemeinsam zu beauftragenden unabhängigen Dritten zu erfolgen.

Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das angefochtene Urteil auf der Verletzung einer Vorschrift des Bundesrechts oder einer sonstigen im Bezirk des Berufungsgerichts geltenden Vorschrift beruht, deren Geltungsbereich sich über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus erstreckt.

(1) Dieses Gesetz gilt für Heime. Heime im Sinne dieses Gesetzes sind Einrichtungen, die dem Zweck dienen, ältere Menschen oder pflegebedürftige oder behinderte Volljährige aufzunehmen, ihnen Wohnraum zu überlassen sowie Betreuung und Verpflegung zur Verfügung zu stellen oder vorzuhalten, und die in ihrem Bestand von Wechsel und Zahl der Bewohnerinnen und Bewohner unabhängig sind und entgeltlich betrieben werden.

(2) Die Tatsache, dass ein Vermieter von Wohnraum durch Verträge mit Dritten oder auf andere Weise sicherstellt, dass den Mietern Betreuung und Verpflegung angeboten werden, begründet allein nicht die Anwendung dieses Gesetzes. Dies gilt auch dann, wenn die Mieter vertraglich verpflichtet sind, allgemeine Betreuungsleistungen wie Notrufdienste oder Vermittlung von Dienst- und Pflegeleistungen von bestimmten Anbietern anzunehmen und das Entgelt hierfür im Verhältnis zur Miete von untergeordneter Bedeutung ist. Dieses Gesetz ist anzuwenden, wenn die Mieter vertraglich verpflichtet sind, Verpflegung und weitergehende Betreuungsleistungen von bestimmten Anbietern anzunehmen.

(3) Auf Heime oder Teile von Heimen im Sinne des Absatzes 1, die der vorübergehenden Aufnahme Volljähriger dienen (Kurzzeitheime), sowie auf stationäre Hospize finden die §§ 6, 7, 10 und 14 Abs. 2 Nr. 3 und 4, Abs. 3, 4 und 7 keine Anwendung. Nehmen die Heime nach Satz 1 in der Regel mindestens sechs Personen auf, findet § 10 mit der Maßgabe Anwendung, dass ein Heimfürsprecher zu bestellen ist.

(4) Als vorübergehend im Sinne dieses Gesetzes ist ein Zeitraum von bis zu drei Monaten anzusehen.

(5) Dieses Gesetz gilt auch für Einrichtungen der Tages- und der Nachtpflege mit Ausnahme der §§ 10 und 14 Abs. 2 Nr. 3 und 4, Abs. 3, 4 und 7. Nimmt die Einrichtung in der Regel mindestens sechs Personen auf, findet § 10 mit der Maßgabe Anwendung, dass ein Heimfürsprecher zu bestellen ist.

(6) Dieses Gesetz gilt nicht für Krankenhäuser im Sinne des § 2 Nr. 1 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes. In Einrichtungen zur Rehabilitation gilt dieses Gesetz für die Teile, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllen. Dieses Gesetz gilt nicht für Internate der Berufsbildungs- und Berufsförderungswerke.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 167/05
Verkündet am:
23. Februar 2006
H o l m e s
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 138 Bb, 611, 620 ff
Die Bindung des Servicevertrages an den Fortbestand des Mietvertrages im
Rahmen eines Betreuten Wohnens ("Service-Wohnen") ist grundsätzlich
nicht sittenwidrig.
BGH, Urteil vom 23. Februar 2006 - III ZR 167/05 - LG Wuppertal
AG Wuppertal
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Schlick und die Richter Dr. Kapsa, Dörr, Galke und Dr. Herrmann im schriftlichen
Verfahren aufgrund der bis zum 13. Januar 2006 eingereichten Schriftsätze

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal vom 7. Juli 2005 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsrechtszuges zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Die G. Gesellschaft mbH (im Folgenden : G. ) bot Betreutes Wohnen ("Service-Wohnen") in ihrerseits angemieteten Wohnungen an. Die Beklagte mietete eine solche Wohnung durch schriftlichen Vertrag mit der G. vom 9. Oktober 1998. Wie in dem Mietvertrag vorgesehen , schloss sie ferner am 8. Juli 1999 einen Servicevertrag mit der Klägerin. Darin versprach die Klägerin verschiedene Betreuungsleistungen, unter anderem die Unterhaltung eines Bereitschaftsdienstes für den Notfall, Beratungsund Informationsdienste sowie Besprechungsangebote. Die Dienste sollte die Beklagte mit einem monatlichen Pauschalbetrag von 200 DM entgelten. Weiter war in dem Servicevertrag bestimmt: "… Zusammen mit dem Mietvertrag bildet der Servicevertrag die Basis für diese Partnerschaft … 1. Mit Wirkung vom 01.08.1999 2. wird für die Dauer des zeitgleich mit der G. abgeschlossenen Mietvertrages für oben genannte Wohnung dieser Servicevertrag gültig … 5. Bei einer Kündigung endet der Service-Vertrag mit Beendigung des Mietvertrages mit der G. für die oben genannte Wohnung …"
2
Die Beklagte war mit den Leistungen der Klägerin nicht zufrieden und hielt die Pauschale für überteuert; sie kündigte den Servicevertrag mit der Klägerin. Daraufhin kündigte die G. den Mietvertrag, in dem es unter anderem hieß: "§ 4 Mietdauer und Kündigung (1) Das Mietverhältnis beginnt am 01.02.1999. Es wird für unbestimmte Zeit abgeschlossen … (2) Der Vermieter wird von sich aus das Mietverhältnis grundsätzlich nicht auflösen. Er kann jedoch in besonderen Ausnahmefällen das Mietverhältnis schriftlich unter Einhaltung der gesetzlichen Fristen kündigen, wenn berechtigtes Interesse des Vermieters eine Beendigung des Mietverhältnisses notwendig macht. Der Mieter erkennt an, dass der Vermieter ein berechtigtes Interesse daran hat, daß die Wohnung für 'ServiceWohnen' zur Verfügung steht. Aus diesem Grund wird ausdrücklich vereinbart, daß das Mietverhältnis unter der auflösenden Bedingung steht, daß zwischen dem Mieter und der der Service-Vertrag abgeschlossen wird. Dieser Service-Vertrag und seine Fortdauer sind konstitutiver Bestandteil dieses Vertrages. Wird dieses Service-Verhältnis nicht eingegangen oder aber aus welchen Gründen auch immer beendet, kann der Vermieter nach § 565a, Abs. 2, BGB unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist im Rahmen seines Betriebsbedarfs zur Garantie der Fortführung des "Service -Wohnens" in diesem Gebäudekomplex das Mietverhältnis zum nächstmöglichen Termin kündigen. Der Mieter erkennt hiermit die Abhängigkeit des Bestandes des Mietverhältnisses vom Bestand des Service-Vertrages ausdrücklich an."
3
Sodann "nahm" die Beklagte die Kündigung des Servicevertrages "zurück" ; das Mietverhältnis mit der G. wurde fortgesetzt.
4
Ab Januar 2002 verweigerte die Beklagte der Klägerin die Service-Pauschale zunächst gänzlich; später entrichtete sie 45 € monatlich statt der in dem Servicevertrag vereinbarten 200 DM (= 102,26 €) pro Monat.
5
Klägerin Die macht mit der Klage den - betragsmäßig unstreitigen - Rückstand in Höhe von 2.728,28 € nebst Zinsen geltend. Amtsgericht und Berufungsgericht haben der Klage stattgegeben. Mit der von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren, die Klage abzuweisen , weiter.

Entscheidungsgründe


6
Die Revision ist unbegründet.

I.


7
Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
8
Der von den Parteien geschlossene Servicevertrag sei durch die von der Beklagten ausgesprochene Kündigung nicht beendet worden. Die Beklagte habe den Servicevertrag nicht unabhängig von dem Mietvertrag kündigen können. Der zum Zwecke des Betreuten Wohnens geschlossene Mietvertrag zwischen der Beklagten und der G. und der zwischen den Parteien geschlossene Servicevertrag seien als ein einheitliches Rechtsgeschäft anzusehen, das nur insgesamt habe gekündigt werden können. Die "Koppelung" der Verträge sei nicht sittenwidrig. Sie habe dem von allen Beteiligten erkannten und gewollten Ziel gedient, den Mietern eine Wohnung mit "Grundbetreuung" zu verschaffen.
9
Die Beklagte könne sich auch nicht darauf berufen, dass die G. auf die Kündigung des Servicevertrages mit der Kündigung des Mietvertrages reagiert habe. Denn die Beklagte habe die Kündigung des Servicevertrages "zurückgenommen". Die Partner des Miet- wie des Servicevertrages hätten sich zumindest konkludent über die Fortsetzung der jeweiligen Rechtsverhältnisse geeinigt, indem sie die Verträge tatsächlich fortgeführt hätten.

II.


10
Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Prüfung stand.
11
Aufgrund des Servicevertrages kann die Klägerin von der Beklagten Zahlung der rückständigen Servicepauschalen (2.728,28 €) zuzüglich Zinsen verlangen.
12
1. Der Servicevertrag ist nicht deshalb nichtig, weil er gegen die guten Sitten verstieß (§ 138 Abs. 1 BGB).
13
a) Rechtlich bedenklich könnte nur sein, dass Miet- und Servicevertrag aneinander "gekoppelt" sind: Der - der Beklagten im Mietvertrag vorgeschriebene (§ 7 Abs. 1 Satz 1 des Mietvertrages) - Servicevertrag mit der Klägerin sollte "für die Dauer des … mit der G. abgeschlossenen Mietvertrages … gültig" sein (Nr. 2 des Servicevertrages); bei einer Kündigung sollte der Servicevertrag "mit Beendigung des Mietvertrages mit der G. " enden (Nr. 5 des Servicevertrages ). Spiegelbildlich hieß es in dem Mietvertrag, dass "von der Aufrechterhaltung dieses Service-Verhältnisses das Mietverhältnis abhäng(e)" (§ 7 Abs. 1 Satz 2 des Mietvertrages). Der Mietvertrag stehe unter der "auflösenden Bedingung …, dass zwischen dem Mieter und der Service-Vertrag abgeschlossen wird" (§ 4 Abs. 2 Satz 4 des Mietvertrages); der "Servicevertrag und seine Fortdauer" seien "konstitutiver Bestandteil" des Mietvertrages (§ 4 Abs. 2 Satz 5 des Mietvertrages). Werde das Service-Verhältnis beendet, sei die Vermieterin G. berechtigt, das Mietverhältnis (unter gewissen weiteren Bedingungen) nach § 565a Abs. 2 BGB a.F. zu kündigen (§ 4 Abs. 2 Satz 6 des Mietvertrages).
14
b) Diese Bindung des Mietvertrages an den Fortbestand des Servicevertrages hatte zur Folge, dass sich die Beklagte bloß mit der - wohl nur ausnahmsweise zu erlangenden - Zustimmung der G. von dem mit der Klägerin geschlossenen Servicevertrag lösen und den Mietvertrag mit der G. ohne Servicevertrag oder unter Abschluss eines neuen Servicevertrages mit einem anderen Anbieter fortsetzen konnte. Die Einschränkung des Kündigungsrechts benachteiligte die Beklagte indessen nicht unangemessen (vgl. LG Kiel WuM 2003, 572, 573; a.A. Wiek in Hannemann/Wiek, Handbuch des Mietrechts 2. Aufl. 2003 S. 1246).
15
aa) Das von der G. angebotene - und von der Beklagten akzeptierte - Betreute Wohnen ("Service-Wohnen") war von vornherein auf die Unterstützung der gesundheitlich und altersbedingt beeinträchtigten Mieter durch ein vertragsabschlussbereites drittes Unternehmen ausgerichtet (vgl. die Präambel des Mietvertrages). E i n bestimmtes Unternehmen, die Klägerin nämlich, sollte die für das Betreute Wohnen unerlässlichen Grundleistungen bereitstellen und die Mieter sollten gehalten sein, sich - für die Dauer des Mietvertrages - an dieses Unternehmen vertraglich zu binden. Die "Koppelung" von Miet- und Servicevertrag diente dem Interesse des Diensteanbieters und des Vermieters an einer verlässlichen Kalkulation des angebotenen Betreuten Wohnens (vgl. Thier NZM 2003, 264, 266); sie lag indes auch im Interesse der betagten Mieter an einer zuverlässigen Versorgung. Hätten sie sich einseitig von dem Servicevertrag überhaupt lossagen oder, unter Umständen mehrfach, das die Grundleistungen bereitstellende Unternehmen wechseln können, dann wäre ihre stetige Grundbetreuung zumindest gefährdet gewesen. Das Konzept des Betreuten Wohnens beruhte aber gerade auf dem Angebot von Miete u n d (Grund-)Betreuung.
16
Durch bb) die "Koppelung" des Servicevertrages an den Mietvertrag werden die Mieter, was die Gefahr einer Schlechterfüllung des Servicevertrages anlangt, nicht rechtlos gestellt.
17
Zwar wird ihnen dadurch, dass bei einer Kündigung der Servicevertrag erst mit der Beendigung des Mietvertrages endete (Nr. 5 des Servicevertrages), in praxi die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung des Servicevertrages (§§ 620, 621 BGB) nahezu verwehrt. Den Mietern bleibt aber die außerordentliche Kündigung allein des Servicevertrages unbenommen, wenn nur die Fortsetzung des Servicevertrages, auch unter Berücksichtigung der Tragfähigkeit des Gesamtkonzepts, für sie untragbar (§ 626 BGB) ist.
18
Für den Fall, dass die im Servicevertrag versprochenen Leistungen nicht ordnungsgemäß erbracht werden, stehen den Mietern im Übrigen dienstvertragliche Rechte zu Gebote. Für von dem Dienstverpflichteten vertretbar nicht oder in unbrauchbarer Form geleistete (nicht nachholbare) Dienste braucht der Dienstberechtigte die Vergütung nicht zu zahlen (vgl. §§ 614, 320, 326 Abs. 1 BGB; Staudinger/Richardi, BGB 2005 § 611 Rn. 557 i.V.m. Rn. 546 f). Hat der Dienstverpflichtete die Unmöglichkeit der Dienstleistung zu vertreten, kommt ferner, wie bei jeder sonstigen schuldhaften Pflichtverletzung des Diensteerbringers , ein Schadensersatzanspruch des Dienstberechtigten in Betracht (§ 280 Abs. 1 i.V.m. § 283 BGB; vgl. Staudinger/Richardi aaO Rn. 548).
19
Die(formular-)vertraglicheBindung des Servicevertrages an den Fortbestand des Mietvertrages und umgekehrt verstößt nicht gegen § 138 BGB. Sie wäre im Übrigen auch nicht als unangemessen im Sinne des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB (i.V.m. Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB) zu beurteilen.
20
2. Der Servicevertrag ist nicht durch Kündigung beendet worden. Zwar hat die Beklagte den Servicevertrag gekündigt. Die Parteien haben aber die Wirkungen der Kündigung wieder aufgehoben.
21
Sämtliche Beteiligte, die Parteien und die G. , haben sich, wie das Berufungsgericht ausgeführt hat, später geeinigt, beide Verträge - wie ungekündigt - fortzusetzen. Die Revision vermag die vorgenannte Feststellung nicht zu erschüttern. Die Beklagte "nahm" die Kündigung des Servicevertrages ausdrücklich "zurück"; sie beendete den mit einem anderen Anbieter geschlossenen Servicevertrag und ließ sich - wenn auch nur unter Zahlung einer "geminderten" Service-Pauschale - die Bereitstellung der Grundbetreuung durch die Klägerin weiter gefallen. Nach eigenem Vorbringen nahm sie das Vertragswerk mit der Klägerin erneut auf bzw. ließ es weiterlaufen. Im Einverständnis mit der G. blieb die Beklagte in der Wohnung und zahlte ersichtlich weiter den Mietzins. Bei dieser Sachlage war die Schlussfolgerung des Berufungsgerichts, die Beteiligten hätten sich zumindest stillschweigend auf die - unterbrechungslose - Fortsetzung der jeweils geschlossenen Verträge verständigt, nicht etwa rechtsfehlerhaft , sondern nahe liegend.
Schlick Kapsa Dörr
Galke Herrmann
Vorinstanzen:
AG Wuppertal, Entscheidung vom 23.09.2004 - 98 C 131/04 -
LG Wuppertal, Entscheidung vom 07.07.2005 - 9 S 365/04 -

Ist der Inhalt von Rechten oder Pflichten nach Art oder Umfang nicht im einzelnen bestimmt, sind bei ihrer Ausgestaltung die persönlichen Verhältnisse des Berechtigten oder Verpflichteten, sein Bedarf und seine Leistungsfähigkeit sowie die örtlichen Verhältnisse zu berücksichtigen, soweit Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen. Dabei soll den Wünschen des Berechtigten oder Verpflichteten entsprochen werden, soweit sie angemessen sind.

Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(1) Versicherte erhalten in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen neben der ärztlichen Behandlung häusliche Krankenpflege durch geeignete Pflegekräfte, wenn Krankenhausbehandlung geboten, aber nicht ausführbar ist, oder wenn sie durch die häusliche Krankenpflege vermieden oder verkürzt wird. § 10 der Werkstättenverordnung bleibt unberührt. Die häusliche Krankenpflege umfaßt die im Einzelfall erforderliche Grund- und Behandlungspflege sowie hauswirtschaftliche Versorgung. Der Anspruch besteht bis zu vier Wochen je Krankheitsfall. In begründeten Ausnahmefällen kann die Krankenkasse die häusliche Krankenpflege für einen längeren Zeitraum bewilligen, wenn der Medizinische Dienst (§ 275) festgestellt hat, daß dies aus den in Satz 1 genannten Gründen erforderlich ist.

(1a) Versicherte erhalten an geeigneten Orten im Sinne von Absatz 1 Satz 1 wegen schwerer Krankheit oder wegen akuter Verschlimmerung einer Krankheit, insbesondere nach einem Krankenhausaufenthalt, nach einer ambulanten Operation oder nach einer ambulanten Krankenhausbehandlung, soweit keine Pflegebedürftigkeit mit Pflegegrad 2, 3, 4 oder 5 im Sinne des Elften Buches vorliegt, die erforderliche Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung. Absatz 1 Satz 4 und 5 gilt entsprechend.

(2) Versicherte erhalten in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen als häusliche Krankenpflege Behandlungspflege, wenn diese zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist. § 10 der Werkstättenverordnung bleibt unberührt. Der Anspruch nach Satz 1 besteht über die dort genannten Fälle hinaus ausnahmsweise auch für solche Versicherte in zugelassenen Pflegeeinrichtungen im Sinne des § 43 des Elften Buches, die auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, einen besonders hohen Bedarf an medizinischer Behandlungspflege haben; § 37c Absatz 3 gilt entsprechend. Die Satzung kann bestimmen, dass die Krankenkasse zusätzlich zur Behandlungspflege nach Satz 1 als häusliche Krankenpflege auch Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung erbringt. Die Satzung kann dabei Dauer und Umfang der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung nach Satz 4 bestimmen. Leistungen nach den Sätzen 4 und 5 sind nach Eintritt von Pflegebedürftigkeit mit mindestens Pflegegrad 2 im Sinne des Elften Buches nicht zulässig. Versicherte, die nicht auf Dauer in Einrichtungen nach § 71 Abs. 2 oder 4 des Elften Buches aufgenommen sind, erhalten Leistungen nach Satz 1 und den Sätzen 4 bis 6 auch dann, wenn ihr Haushalt nicht mehr besteht und ihnen nur zur Durchführung der Behandlungspflege vorübergehender Aufenthalt in einer Einrichtung oder in einer anderen geeigneten Unterkunft zur Verfügung gestellt wird. Versicherte erhalten in stationären Einrichtungen im Sinne des § 43a des Elften Buches Leistungen nach Satz 1, wenn der Bedarf an Behandlungspflege eine ständige Überwachung und Versorgung durch eine qualifizierte Pflegefachkraft erfordert.

(2a) Die gesetzliche Krankenversicherung beteiligt sich an den Kosten der medizinischen Behandlungspflege in vollstationären Pflegeeinrichtungen mit einem jährlichen Pauschalbetrag in Höhe von 640 Millionen Euro, der an den Ausgleichsfonds der sozialen Pflegeversicherung zu leisten ist. Die Zahlung erfolgt anteilig quartalsweise. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen erhebt hierzu von den Krankenkassen eine Umlage gemäß dem Anteil der Versicherten der Krankenkassen an der Gesamtzahl der Versicherten aller Krankenkassen. Das Nähere zum Umlageverfahren und zur Zahlung an die Pflegeversicherung bestimmt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen.

(2b) Die häusliche Krankenpflege nach den Absätzen 1 und 2 umfasst auch die ambulante Palliativversorgung. Für Leistungen der ambulanten Palliativversorgung ist regelmäßig ein begründeter Ausnahmefall im Sinne von Absatz 1 Satz 5 anzunehmen. § 37b Absatz 4 gilt für die häusliche Krankenpflege zur ambulanten Palliativversorgung entsprechend.

(3) Der Anspruch auf häusliche Krankenpflege besteht nur, soweit eine im Haushalt lebende Person den Kranken in dem erforderlichen Umfang nicht pflegen und versorgen kann.

(4) Kann die Krankenkasse keine Kraft für die häusliche Krankenpflege stellen oder besteht Grund, davon abzusehen, sind den Versicherten die Kosten für eine selbstbeschaffte Kraft in angemessener Höhe zu erstatten.

(5) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 3 ergebenden Betrag, begrenzt auf die für die ersten 28 Kalendertage der Leistungsinanspruchnahme je Kalenderjahr anfallenden Kosten an die Krankenkasse.

(6) Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in Richtlinien nach § 92 fest, an welchen Orten und in welchen Fällen Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 auch außerhalb des Haushalts und der Familie des Versicherten erbracht werden können.

(7) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt in Richtlinien nach § 92 unter Berücksichtigung bestehender Therapieangebote das Nähere zur Versorgung von chronischen und schwer heilenden Wunden. Die Versorgung von chronischen und schwer heilenden Wunden kann auch in spezialisierten Einrichtungen an einem geeigneten Ort außerhalb der Häuslichkeit von Versicherten erfolgen.

(8) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt in der Richtlinie über die Verordnung häuslicher Krankenpflege nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis zum 31. Juli 2022 Rahmenvorgaben zu einzelnen nach dem Leistungsverzeichnis der Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 verordnungsfähigen Maßnahmen, bei denen Pflegefachkräfte, die die in den Rahmenempfehlungen nach § 132a Absatz 1 Satz 4 Nummer 7 geregelten Anforderungen erfüllen, innerhalb eines vertragsärztlich festgestellten Verordnungsrahmens selbst über die erforderliche Häufigkeit und Dauer bestimmen können, sowie Vorgaben zur Notwendigkeit eines erneuten Arztkontaktes und zur Information der Vertragsärztin oder des Vertragsarztes durch den Leistungserbringer über die erbrachten Maßnahmen.

(9) Zur Feststellung des tatsächlichen Ausgabenvolumens für die im Rahmen einer Versorgung nach Absatz 8 erbrachten Leistungen pseudonymisieren die Krankenkassen die Angaben zu den Ausgaben jeweils arztbezogen sowie versichertenbezogen. Sie übermitteln diese Angaben nach Durchführung der Abrechnungsprüfung dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen, der diese Daten für den Zweck der nach Absatz 10 durchzuführenden Evaluierung kassenartenübergreifend zusammenführt und diese Daten dem nach Absatz 10 Satz 2 beauftragten unabhängigen Dritten übermittelt. Das Nähere zur Datenübermittlung und zum Verfahren der Pseudonymisierung regelt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der beauftragte unabhängige Dritte nach Absatz 10 Satz 2 haben die ihnen nach Satz 2 übermittelten pseudonymisierten Daten spätestens ein Jahr nach Abschluss der Evaluierung zu löschen.

(10) Drei Jahre nach Inkrafttreten der Regelungen nach Absatz 8 evaluieren der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die in § 132a Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer unter Berücksichtigung der nach Absatz 9 Satz 2 übermittelten Daten insbesondere die mit der Versorgung nach Absatz 8 verbundenen Auswirkungen auf das Versorgungsgeschehen im Bereich der häuslichen Krankenpflege, die finanziellen Auswirkungen auf die Krankenkassen, die Wirtschaftlichkeit der Versorgung nach Absatz 8 sowie die Auswirkungen auf die Behandlungs- und Ergebnisqualität. Die Evaluierung hat durch einen durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die in § 132a Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer gemeinsam zu beauftragenden unabhängigen Dritten zu erfolgen.

(1) Das Gericht kann von Amts wegen oder auf Antrag andere, deren berechtigte Interessen durch die Entscheidung berührt werden, beiladen. In Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts ist die Bundesrepublik Deutschland auf Antrag beizuladen.

(2) Sind an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt, daß die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann oder ergibt sich im Verfahren, daß bei der Ablehnung des Anspruchs ein anderer Versicherungsträger, ein Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende, ein Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, ein Träger der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz oder in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts ein Land als leistungspflichtig in Betracht kommt, so sind sie beizuladen.

(2a) Kommt nach Absatz 2 erste Alternative die Beiladung von mehr als 20 Personen in Betracht, kann das Gericht durch Beschluss anordnen, dass nur solche Personen beigeladen werden, die dies innerhalb einer bestimmten Frist beantragen. Der Beschluss ist unanfechtbar. Er ist im Bundesanzeiger bekannt zu machen. Er muss außerdem in im gesamten Bundesgebiet verbreiteten Tageszeitungen veröffentlicht werden. Die Bekanntmachung kann zusätzlich in einem von dem Gericht für Bekanntmachungen bestimmten Informations- und Kommunikationssystem erfolgen. Die Frist muss mindestens drei Monate seit der Bekanntgabe betragen. Es ist jeweils anzugeben, an welchem Tag die Antragsfrist abläuft. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Fristversäumnis gilt § 67 entsprechend. Das Gericht soll Personen, die von der Entscheidung erkennbar in besonderem Maße betroffen werden, auch ohne Antrag beiladen.

(2b) In Verfahren gegen Entscheidungen nach § 7a Absatz 1 Satz 3, § 28h Absatz 2 und § 28p Absatz 1 Satz 5 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch sind andere Versicherungsträger abweichend von Absatz 2 nur auf deren Antrag beizuladen. Das Gericht benachrichtigt die anderen Versicherungsträger über die Erhebung einer entsprechenden Klage und über die Möglichkeit der Beiladung auf Antrag. Das Gericht setzt den anderen Versicherungsträgern für die Antragstellung eine angemessene Frist. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Fristversäumnis gilt § 67 entsprechend. Das Gericht kann Versicherungsträger auch von Amts wegen beiladen.

(3) Der Beiladungsbeschluß ist allen Beteiligten zuzustellen. Dabei sollen der Stand der Sache und der Grund der Beiladung angegeben werden. Der Beschluß, den Dritten beizuladen, ist unanfechtbar.

(4) Der Beigeladene kann innerhalb der Anträge der anderen Beteiligten selbständig Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend machen und alle Verfahrenshandlungen wirksam vornehmen. Abweichende Sachanträge kann er nur dann stellen, wenn eine Beiladung nach Absatz 2 vorliegt.

(5) Ein Versicherungsträger, ein Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende, ein Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, ein Träger der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz oder in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts ein Land kann nach Beiladung verurteilt werden.

(1) Versicherte erhalten in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen neben der ärztlichen Behandlung häusliche Krankenpflege durch geeignete Pflegekräfte, wenn Krankenhausbehandlung geboten, aber nicht ausführbar ist, oder wenn sie durch die häusliche Krankenpflege vermieden oder verkürzt wird. § 10 der Werkstättenverordnung bleibt unberührt. Die häusliche Krankenpflege umfaßt die im Einzelfall erforderliche Grund- und Behandlungspflege sowie hauswirtschaftliche Versorgung. Der Anspruch besteht bis zu vier Wochen je Krankheitsfall. In begründeten Ausnahmefällen kann die Krankenkasse die häusliche Krankenpflege für einen längeren Zeitraum bewilligen, wenn der Medizinische Dienst (§ 275) festgestellt hat, daß dies aus den in Satz 1 genannten Gründen erforderlich ist.

(1a) Versicherte erhalten an geeigneten Orten im Sinne von Absatz 1 Satz 1 wegen schwerer Krankheit oder wegen akuter Verschlimmerung einer Krankheit, insbesondere nach einem Krankenhausaufenthalt, nach einer ambulanten Operation oder nach einer ambulanten Krankenhausbehandlung, soweit keine Pflegebedürftigkeit mit Pflegegrad 2, 3, 4 oder 5 im Sinne des Elften Buches vorliegt, die erforderliche Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung. Absatz 1 Satz 4 und 5 gilt entsprechend.

(2) Versicherte erhalten in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen als häusliche Krankenpflege Behandlungspflege, wenn diese zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist. § 10 der Werkstättenverordnung bleibt unberührt. Der Anspruch nach Satz 1 besteht über die dort genannten Fälle hinaus ausnahmsweise auch für solche Versicherte in zugelassenen Pflegeeinrichtungen im Sinne des § 43 des Elften Buches, die auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, einen besonders hohen Bedarf an medizinischer Behandlungspflege haben; § 37c Absatz 3 gilt entsprechend. Die Satzung kann bestimmen, dass die Krankenkasse zusätzlich zur Behandlungspflege nach Satz 1 als häusliche Krankenpflege auch Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung erbringt. Die Satzung kann dabei Dauer und Umfang der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung nach Satz 4 bestimmen. Leistungen nach den Sätzen 4 und 5 sind nach Eintritt von Pflegebedürftigkeit mit mindestens Pflegegrad 2 im Sinne des Elften Buches nicht zulässig. Versicherte, die nicht auf Dauer in Einrichtungen nach § 71 Abs. 2 oder 4 des Elften Buches aufgenommen sind, erhalten Leistungen nach Satz 1 und den Sätzen 4 bis 6 auch dann, wenn ihr Haushalt nicht mehr besteht und ihnen nur zur Durchführung der Behandlungspflege vorübergehender Aufenthalt in einer Einrichtung oder in einer anderen geeigneten Unterkunft zur Verfügung gestellt wird. Versicherte erhalten in stationären Einrichtungen im Sinne des § 43a des Elften Buches Leistungen nach Satz 1, wenn der Bedarf an Behandlungspflege eine ständige Überwachung und Versorgung durch eine qualifizierte Pflegefachkraft erfordert.

(2a) Die gesetzliche Krankenversicherung beteiligt sich an den Kosten der medizinischen Behandlungspflege in vollstationären Pflegeeinrichtungen mit einem jährlichen Pauschalbetrag in Höhe von 640 Millionen Euro, der an den Ausgleichsfonds der sozialen Pflegeversicherung zu leisten ist. Die Zahlung erfolgt anteilig quartalsweise. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen erhebt hierzu von den Krankenkassen eine Umlage gemäß dem Anteil der Versicherten der Krankenkassen an der Gesamtzahl der Versicherten aller Krankenkassen. Das Nähere zum Umlageverfahren und zur Zahlung an die Pflegeversicherung bestimmt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen.

(2b) Die häusliche Krankenpflege nach den Absätzen 1 und 2 umfasst auch die ambulante Palliativversorgung. Für Leistungen der ambulanten Palliativversorgung ist regelmäßig ein begründeter Ausnahmefall im Sinne von Absatz 1 Satz 5 anzunehmen. § 37b Absatz 4 gilt für die häusliche Krankenpflege zur ambulanten Palliativversorgung entsprechend.

(3) Der Anspruch auf häusliche Krankenpflege besteht nur, soweit eine im Haushalt lebende Person den Kranken in dem erforderlichen Umfang nicht pflegen und versorgen kann.

(4) Kann die Krankenkasse keine Kraft für die häusliche Krankenpflege stellen oder besteht Grund, davon abzusehen, sind den Versicherten die Kosten für eine selbstbeschaffte Kraft in angemessener Höhe zu erstatten.

(5) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 3 ergebenden Betrag, begrenzt auf die für die ersten 28 Kalendertage der Leistungsinanspruchnahme je Kalenderjahr anfallenden Kosten an die Krankenkasse.

(6) Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in Richtlinien nach § 92 fest, an welchen Orten und in welchen Fällen Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 auch außerhalb des Haushalts und der Familie des Versicherten erbracht werden können.

(7) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt in Richtlinien nach § 92 unter Berücksichtigung bestehender Therapieangebote das Nähere zur Versorgung von chronischen und schwer heilenden Wunden. Die Versorgung von chronischen und schwer heilenden Wunden kann auch in spezialisierten Einrichtungen an einem geeigneten Ort außerhalb der Häuslichkeit von Versicherten erfolgen.

(8) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt in der Richtlinie über die Verordnung häuslicher Krankenpflege nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis zum 31. Juli 2022 Rahmenvorgaben zu einzelnen nach dem Leistungsverzeichnis der Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 verordnungsfähigen Maßnahmen, bei denen Pflegefachkräfte, die die in den Rahmenempfehlungen nach § 132a Absatz 1 Satz 4 Nummer 7 geregelten Anforderungen erfüllen, innerhalb eines vertragsärztlich festgestellten Verordnungsrahmens selbst über die erforderliche Häufigkeit und Dauer bestimmen können, sowie Vorgaben zur Notwendigkeit eines erneuten Arztkontaktes und zur Information der Vertragsärztin oder des Vertragsarztes durch den Leistungserbringer über die erbrachten Maßnahmen.

(9) Zur Feststellung des tatsächlichen Ausgabenvolumens für die im Rahmen einer Versorgung nach Absatz 8 erbrachten Leistungen pseudonymisieren die Krankenkassen die Angaben zu den Ausgaben jeweils arztbezogen sowie versichertenbezogen. Sie übermitteln diese Angaben nach Durchführung der Abrechnungsprüfung dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen, der diese Daten für den Zweck der nach Absatz 10 durchzuführenden Evaluierung kassenartenübergreifend zusammenführt und diese Daten dem nach Absatz 10 Satz 2 beauftragten unabhängigen Dritten übermittelt. Das Nähere zur Datenübermittlung und zum Verfahren der Pseudonymisierung regelt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der beauftragte unabhängige Dritte nach Absatz 10 Satz 2 haben die ihnen nach Satz 2 übermittelten pseudonymisierten Daten spätestens ein Jahr nach Abschluss der Evaluierung zu löschen.

(10) Drei Jahre nach Inkrafttreten der Regelungen nach Absatz 8 evaluieren der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die in § 132a Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer unter Berücksichtigung der nach Absatz 9 Satz 2 übermittelten Daten insbesondere die mit der Versorgung nach Absatz 8 verbundenen Auswirkungen auf das Versorgungsgeschehen im Bereich der häuslichen Krankenpflege, die finanziellen Auswirkungen auf die Krankenkassen, die Wirtschaftlichkeit der Versorgung nach Absatz 8 sowie die Auswirkungen auf die Behandlungs- und Ergebnisqualität. Die Evaluierung hat durch einen durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die in § 132a Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer gemeinsam zu beauftragenden unabhängigen Dritten zu erfolgen.

(1) Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5 haben bei häuslicher Pflege Anspruch auf körperbezogene Pflegemaßnahmen und pflegerische Betreuungsmaßnahmen sowie auf Hilfen bei der Haushaltsführung als Sachleistung (häusliche Pflegehilfe). Der Anspruch umfasst pflegerische Maßnahmen in den in § 14 Absatz 2 genannten Bereichen Mobilität, kognitive und kommunikative Fähigkeiten, Verhaltensweisen und psychische Problemlagen, Selbstversorgung, Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen sowie Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte.

(2) Häusliche Pflegehilfe wird erbracht, um Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten des Pflegebedürftigen so weit wie möglich durch pflegerische Maßnahmen zu beseitigen oder zu mindern und eine Verschlimmerung der Pflegebedürftigkeit zu verhindern. Bestandteil der häuslichen Pflegehilfe ist auch die pflegefachliche Anleitung von Pflegebedürftigen und Pflegepersonen. Pflegerische Betreuungsmaßnahmen umfassen Unterstützungsleistungen zur Bewältigung und Gestaltung des alltäglichen Lebens im häuslichen Umfeld, insbesondere

1.
bei der Bewältigung psychosozialer Problemlagen oder von Gefährdungen,
2.
bei der Orientierung, bei der Tagesstrukturierung, bei der Kommunikation, bei der Aufrechterhaltung sozialer Kontakte und bei bedürfnisgerechten Beschäftigungen im Alltag sowie
3.
durch Maßnahmen zur kognitiven Aktivierung.

(3) Der Anspruch auf häusliche Pflegehilfe umfasst je Kalendermonat

1.
für Pflegebedürftige des Pflegegrades 2 Leistungen bis zu einem Gesamtwert von 724 Euro,
2.
für Pflegebedürftige des Pflegegrades 3 Leistungen bis zu einem Gesamtwert von 1 363 Euro,
3.
für Pflegebedürftige des Pflegegrades 4 Leistungen bis zu einem Gesamtwert von 1 693 Euro,
4.
für Pflegebedürftige des Pflegegrades 5 Leistungen bis zu einem Gesamtwert von 2 095 Euro.

(4) Häusliche Pflegehilfe ist auch zulässig, wenn Pflegebedürftige nicht in ihrem eigenen Haushalt gepflegt werden; sie ist nicht zulässig, wenn Pflegebedürftige in einer stationären Pflegeeinrichtung oder in einer Einrichtung oder in Räumlichkeiten im Sinne des § 71 Absatz 4 gepflegt werden. Häusliche Pflegehilfe wird durch geeignete Pflegekräfte erbracht, die entweder von der Pflegekasse oder bei ambulanten Pflegeeinrichtungen, mit denen die Pflegekasse einen Versorgungsvertrag abgeschlossen hat, angestellt sind. Auch durch Einzelpersonen, mit denen die Pflegekasse einen Vertrag nach § 77 Absatz 1 abgeschlossen hat, kann häusliche Pflegehilfe als Sachleistung erbracht werden. Mehrere Pflegebedürftige können häusliche Pflegehilfe gemeinsam in Anspruch nehmen.

(1) Den Leistungen der Pflegeversicherung gehen die Entschädigungsleistungen wegen Pflegebedürftigkeit

1.
nach dem Bundesversorgungsgesetz und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen,
2.
aus der gesetzlichen Unfallversicherung und
3.
aus öffentlichen Kassen auf Grund gesetzlich geregelter Unfallversorgung oder Unfallfürsorge
vor.

(2) Die Leistungen nach dem Fünften Buch einschließlich der Leistungen der häuslichen Krankenpflege nach § 37 des Fünften Buches bleiben unberührt. Dies gilt auch für krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen, soweit diese im Rahmen der häuslichen Krankenpflege nach § 37 des Fünften Buches oder der außerklinischen Intensivpflege nach § 37c des Fünften Buches zu leisten sind.

(3) Die Leistungen der Pflegeversicherung gehen den Fürsorgeleistungen zur Pflege

1.
nach dem Zwölften Buch,
2.
nach dem Lastenausgleichsgesetz, dem Reparationsschädengesetz und dem Flüchtlingshilfegesetz,
3.
nach dem Bundesversorgungsgesetz (Kriegsopferfürsorge) und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen,
vor, soweit dieses Buch nichts anderes bestimmt. Leistungen zur Pflege nach diesen Gesetzen sind zu gewähren, wenn und soweit Leistungen der Pflegeversicherung nicht erbracht werden oder diese Gesetze dem Grunde oder der Höhe nach weitergehende Leistungen als die Pflegeversicherung vorsehen. Die Leistungen der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen nach dem Neunten Buch, dem Bundesversorgungsgesetz und dem Achten Buch bleiben unberührt, sie sind im Verhältnis zur Pflegeversicherung nicht nachrangig; die notwendige Hilfe in den Einrichtungen und Räumlichkeiten nach § 71 Abs. 4 ist einschließlich der Pflegeleistungen zu gewähren.

(3a) (weggefallen)

(4) Treffen Leistungen der Pflegeversicherung und Leistungen der Eingliederungshilfe zusammen, vereinbaren mit Zustimmung des Leistungsberechtigten die zuständige Pflegekasse und der für die Eingliederungshilfe zuständige Träger,

1.
dass im Verhältnis zum Pflegebedürftigen der für die Eingliederungshilfe zuständige Träger die Leistungen der Pflegeversicherung auf der Grundlage des von der Pflegekasse erlassenen Leistungsbescheids zu übernehmen hat,
2.
dass die zuständige Pflegekasse dem für die Eingliederungshilfe zuständigen Träger die Kosten der von ihr zu tragenden Leistungen zu erstatten hat sowie
3.
die Modalitäten der Übernahme und der Durchführung der Leistungen sowie der Erstattung.
Die bestehenden Wunsch- und Wahlrechte der Leistungsberechtigten bleiben unberührt und sind zu beachten. Die Ausführung der Leistungen erfolgt nach den für den zuständigen Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften. Soweit auch Leistungen der Hilfe zur Pflege nach dem Zwölften Buch zu erbringen sind, ist der für die Hilfe zur Pflege zuständige Träger zu beteiligen. Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen beschließt gemeinsam mit der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe bis zum 1. Januar 2018 in einer Empfehlung Näheres zu den Modalitäten der Übernahme und der Durchführung der Leistungen sowie der Erstattung und zu der Beteiligung des für die Hilfe zur Pflege zuständigen Trägers. Die Länder, die kommunalen Spitzenverbände auf Bundesebene, die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege, die Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene, die Vereinigungen der Leistungserbringer der Eingliederungshilfe auf Bundesebene sowie die auf Bundesebene maßgeblichen Organisationen für die Wahrnehmung der Interessen und der Selbsthilfe pflegebedürftiger und behinderter Menschen sind vor dem Beschluss anzuhören. Die Empfehlung bedarf der Zustimmung des Bundesministeriums für Gesundheit und des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales.

(4a) Bestehen im Einzelfall Anhaltspunkte für ein Zusammentreffen von Leistungen der Pflegeversicherung und Leistungen der Eingliederungshilfe, bezieht der für die Durchführung eines Teilhabeplanverfahrens oder Gesamtplanverfahrens verantwortliche Träger mit Zustimmung des Leistungsberechtigten die zuständige Pflegekasse in das Verfahren beratend mit ein, um die Vereinbarung nach Absatz 4 gemeinsam vorzubereiten.

(4b) Die Regelungen nach Absatz 3 Satz 3, Absatz 4 und 4a werden bis zum 1. Juli 2019 evaluiert.

(5) Die Leistungen der Pflegeversicherung bleiben als Einkommen bei Sozialleistungen und bei Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, deren Gewährung von anderen Einkommen abhängig ist, unberücksichtigt; dies gilt nicht für das Pflegeunterstützungsgeld gemäß § 44a Absatz 3. Satz 1 gilt entsprechend bei Vertragsleistungen aus privaten Pflegeversicherungen, die der Art und dem Umfang nach den Leistungen der sozialen Pflegeversicherung gleichwertig sind. Rechtsvorschriften, die weitergehende oder ergänzende Leistungen aus einer privaten Pflegeversicherung von der Einkommensermittlung ausschließen, bleiben unberührt.

(6) Wird Pflegegeld nach § 37 oder eine vergleichbare Geldleistung an eine Pflegeperson (§ 19) weitergeleitet, bleibt dies bei der Ermittlung von Unterhaltsansprüchen und Unterhaltsverpflichtungen der Pflegeperson unberücksichtigt. Dies gilt nicht

1.
in den Fällen des § 1361 Abs. 3, der §§ 1579, 1603 Abs. 2 und des § 1611 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
2.
für Unterhaltsansprüche der Pflegeperson, wenn von dieser erwartet werden kann, ihren Unterhaltsbedarf ganz oder teilweise durch eigene Einkünfte zu decken und der Pflegebedürftige mit dem Unterhaltspflichtigen nicht in gerader Linie verwandt ist.

(1) Pflegebedürftig im Sinne dieses Buches sind Personen, die gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten aufweisen und deshalb der Hilfe durch andere bedürfen. Es muss sich um Personen handeln, die körperliche, kognitive oder psychische Beeinträchtigungen oder gesundheitlich bedingte Belastungen oder Anforderungen nicht selbständig kompensieren oder bewältigen können. Die Pflegebedürftigkeit muss auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, und mit mindestens der in § 15 festgelegten Schwere bestehen.

(2) Maßgeblich für das Vorliegen von gesundheitlich bedingten Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten sind die in den folgenden sechs Bereichen genannten pflegefachlich begründeten Kriterien:

1.
Mobilität: Positionswechsel im Bett, Halten einer stabilen Sitzposition, Umsetzen, Fortbewegen innerhalb des Wohnbereichs, Treppensteigen;
2.
kognitive und kommunikative Fähigkeiten: Erkennen von Personen aus dem näheren Umfeld, örtliche Orientierung, zeitliche Orientierung, Erinnern an wesentliche Ereignisse oder Beobachtungen, Steuern von mehrschrittigen Alltagshandlungen, Treffen von Entscheidungen im Alltagsleben, Verstehen von Sachverhalten und Informationen, Erkennen von Risiken und Gefahren, Mitteilen von elementaren Bedürfnissen, Verstehen von Aufforderungen, Beteiligen an einem Gespräch;
3.
Verhaltensweisen und psychische Problemlagen: motorisch geprägte Verhaltensauffälligkeiten, nächtliche Unruhe, selbstschädigendes und autoaggressives Verhalten, Beschädigen von Gegenständen, physisch aggressives Verhalten gegenüber anderen Personen, verbale Aggression, andere pflegerelevante vokale Auffälligkeiten, Abwehr pflegerischer und anderer unterstützender Maßnahmen, Wahnvorstellungen, Ängste, Antriebslosigkeit bei depressiver Stimmungslage, sozial inadäquate Verhaltensweisen, sonstige pflegerelevante inadäquate Handlungen;
4.
Selbstversorgung: Waschen des vorderen Oberkörpers, Körperpflege im Bereich des Kopfes, Waschen des Intimbereichs, Duschen und Baden einschließlich Waschen der Haare, An- und Auskleiden des Oberkörpers, An- und Auskleiden des Unterkörpers, mundgerechtes Zubereiten der Nahrung und Eingießen von Getränken, Essen, Trinken, Benutzen einer Toilette oder eines Toilettenstuhls, Bewältigen der Folgen einer Harninkontinenz und Umgang mit Dauerkatheter und Urostoma, Bewältigen der Folgen einer Stuhlinkontinenz und Umgang mit Stoma, Ernährung parenteral oder über Sonde, Bestehen gravierender Probleme bei der Nahrungsaufnahme bei Kindern bis zu 18 Monaten, die einen außergewöhnlich pflegeintensiven Hilfebedarf auslösen;
5.
Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen:
a)
in Bezug auf Medikation, Injektionen, Versorgung intravenöser Zugänge, Absaugen und Sauerstoffgabe, Einreibungen sowie Kälte- und Wärmeanwendungen, Messung und Deutung von Körperzuständen, körpernahe Hilfsmittel,
b)
in Bezug auf Verbandswechsel und Wundversorgung, Versorgung mit Stoma, regelmäßige Einmalkatheterisierung und Nutzung von Abführmethoden, Therapiemaßnahmen in häuslicher Umgebung,
c)
in Bezug auf zeit- und technikintensive Maßnahmen in häuslicher Umgebung, Arztbesuche, Besuche anderer medizinischer oder therapeutischer Einrichtungen, zeitlich ausgedehnte Besuche medizinischer oder therapeutischer Einrichtungen, Besuch von Einrichtungen zur Frühförderung bei Kindern sowie
d)
in Bezug auf das Einhalten einer Diät oder anderer krankheits- oder therapiebedingter Verhaltensvorschriften;
6.
Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte: Gestaltung des Tagesablaufs und Anpassung an Veränderungen, Ruhen und Schlafen, Sichbeschäftigen, Vornehmen von in die Zukunft gerichteten Planungen, Interaktion mit Personen im direkten Kontakt, Kontaktpflege zu Personen außerhalb des direkten Umfelds.

(3) Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten, die dazu führen, dass die Haushaltsführung nicht mehr ohne Hilfe bewältigt werden kann, werden bei den Kriterien der in Absatz 2 genannten Bereiche berücksichtigt.

(1) Versicherte erhalten in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen neben der ärztlichen Behandlung häusliche Krankenpflege durch geeignete Pflegekräfte, wenn Krankenhausbehandlung geboten, aber nicht ausführbar ist, oder wenn sie durch die häusliche Krankenpflege vermieden oder verkürzt wird. § 10 der Werkstättenverordnung bleibt unberührt. Die häusliche Krankenpflege umfaßt die im Einzelfall erforderliche Grund- und Behandlungspflege sowie hauswirtschaftliche Versorgung. Der Anspruch besteht bis zu vier Wochen je Krankheitsfall. In begründeten Ausnahmefällen kann die Krankenkasse die häusliche Krankenpflege für einen längeren Zeitraum bewilligen, wenn der Medizinische Dienst (§ 275) festgestellt hat, daß dies aus den in Satz 1 genannten Gründen erforderlich ist.

(1a) Versicherte erhalten an geeigneten Orten im Sinne von Absatz 1 Satz 1 wegen schwerer Krankheit oder wegen akuter Verschlimmerung einer Krankheit, insbesondere nach einem Krankenhausaufenthalt, nach einer ambulanten Operation oder nach einer ambulanten Krankenhausbehandlung, soweit keine Pflegebedürftigkeit mit Pflegegrad 2, 3, 4 oder 5 im Sinne des Elften Buches vorliegt, die erforderliche Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung. Absatz 1 Satz 4 und 5 gilt entsprechend.

(2) Versicherte erhalten in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen als häusliche Krankenpflege Behandlungspflege, wenn diese zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist. § 10 der Werkstättenverordnung bleibt unberührt. Der Anspruch nach Satz 1 besteht über die dort genannten Fälle hinaus ausnahmsweise auch für solche Versicherte in zugelassenen Pflegeeinrichtungen im Sinne des § 43 des Elften Buches, die auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, einen besonders hohen Bedarf an medizinischer Behandlungspflege haben; § 37c Absatz 3 gilt entsprechend. Die Satzung kann bestimmen, dass die Krankenkasse zusätzlich zur Behandlungspflege nach Satz 1 als häusliche Krankenpflege auch Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung erbringt. Die Satzung kann dabei Dauer und Umfang der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung nach Satz 4 bestimmen. Leistungen nach den Sätzen 4 und 5 sind nach Eintritt von Pflegebedürftigkeit mit mindestens Pflegegrad 2 im Sinne des Elften Buches nicht zulässig. Versicherte, die nicht auf Dauer in Einrichtungen nach § 71 Abs. 2 oder 4 des Elften Buches aufgenommen sind, erhalten Leistungen nach Satz 1 und den Sätzen 4 bis 6 auch dann, wenn ihr Haushalt nicht mehr besteht und ihnen nur zur Durchführung der Behandlungspflege vorübergehender Aufenthalt in einer Einrichtung oder in einer anderen geeigneten Unterkunft zur Verfügung gestellt wird. Versicherte erhalten in stationären Einrichtungen im Sinne des § 43a des Elften Buches Leistungen nach Satz 1, wenn der Bedarf an Behandlungspflege eine ständige Überwachung und Versorgung durch eine qualifizierte Pflegefachkraft erfordert.

(2a) Die gesetzliche Krankenversicherung beteiligt sich an den Kosten der medizinischen Behandlungspflege in vollstationären Pflegeeinrichtungen mit einem jährlichen Pauschalbetrag in Höhe von 640 Millionen Euro, der an den Ausgleichsfonds der sozialen Pflegeversicherung zu leisten ist. Die Zahlung erfolgt anteilig quartalsweise. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen erhebt hierzu von den Krankenkassen eine Umlage gemäß dem Anteil der Versicherten der Krankenkassen an der Gesamtzahl der Versicherten aller Krankenkassen. Das Nähere zum Umlageverfahren und zur Zahlung an die Pflegeversicherung bestimmt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen.

(2b) Die häusliche Krankenpflege nach den Absätzen 1 und 2 umfasst auch die ambulante Palliativversorgung. Für Leistungen der ambulanten Palliativversorgung ist regelmäßig ein begründeter Ausnahmefall im Sinne von Absatz 1 Satz 5 anzunehmen. § 37b Absatz 4 gilt für die häusliche Krankenpflege zur ambulanten Palliativversorgung entsprechend.

(3) Der Anspruch auf häusliche Krankenpflege besteht nur, soweit eine im Haushalt lebende Person den Kranken in dem erforderlichen Umfang nicht pflegen und versorgen kann.

(4) Kann die Krankenkasse keine Kraft für die häusliche Krankenpflege stellen oder besteht Grund, davon abzusehen, sind den Versicherten die Kosten für eine selbstbeschaffte Kraft in angemessener Höhe zu erstatten.

(5) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 3 ergebenden Betrag, begrenzt auf die für die ersten 28 Kalendertage der Leistungsinanspruchnahme je Kalenderjahr anfallenden Kosten an die Krankenkasse.

(6) Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in Richtlinien nach § 92 fest, an welchen Orten und in welchen Fällen Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 auch außerhalb des Haushalts und der Familie des Versicherten erbracht werden können.

(7) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt in Richtlinien nach § 92 unter Berücksichtigung bestehender Therapieangebote das Nähere zur Versorgung von chronischen und schwer heilenden Wunden. Die Versorgung von chronischen und schwer heilenden Wunden kann auch in spezialisierten Einrichtungen an einem geeigneten Ort außerhalb der Häuslichkeit von Versicherten erfolgen.

(8) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt in der Richtlinie über die Verordnung häuslicher Krankenpflege nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis zum 31. Juli 2022 Rahmenvorgaben zu einzelnen nach dem Leistungsverzeichnis der Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 verordnungsfähigen Maßnahmen, bei denen Pflegefachkräfte, die die in den Rahmenempfehlungen nach § 132a Absatz 1 Satz 4 Nummer 7 geregelten Anforderungen erfüllen, innerhalb eines vertragsärztlich festgestellten Verordnungsrahmens selbst über die erforderliche Häufigkeit und Dauer bestimmen können, sowie Vorgaben zur Notwendigkeit eines erneuten Arztkontaktes und zur Information der Vertragsärztin oder des Vertragsarztes durch den Leistungserbringer über die erbrachten Maßnahmen.

(9) Zur Feststellung des tatsächlichen Ausgabenvolumens für die im Rahmen einer Versorgung nach Absatz 8 erbrachten Leistungen pseudonymisieren die Krankenkassen die Angaben zu den Ausgaben jeweils arztbezogen sowie versichertenbezogen. Sie übermitteln diese Angaben nach Durchführung der Abrechnungsprüfung dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen, der diese Daten für den Zweck der nach Absatz 10 durchzuführenden Evaluierung kassenartenübergreifend zusammenführt und diese Daten dem nach Absatz 10 Satz 2 beauftragten unabhängigen Dritten übermittelt. Das Nähere zur Datenübermittlung und zum Verfahren der Pseudonymisierung regelt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der beauftragte unabhängige Dritte nach Absatz 10 Satz 2 haben die ihnen nach Satz 2 übermittelten pseudonymisierten Daten spätestens ein Jahr nach Abschluss der Evaluierung zu löschen.

(10) Drei Jahre nach Inkrafttreten der Regelungen nach Absatz 8 evaluieren der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die in § 132a Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer unter Berücksichtigung der nach Absatz 9 Satz 2 übermittelten Daten insbesondere die mit der Versorgung nach Absatz 8 verbundenen Auswirkungen auf das Versorgungsgeschehen im Bereich der häuslichen Krankenpflege, die finanziellen Auswirkungen auf die Krankenkassen, die Wirtschaftlichkeit der Versorgung nach Absatz 8 sowie die Auswirkungen auf die Behandlungs- und Ergebnisqualität. Die Evaluierung hat durch einen durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die in § 132a Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer gemeinsam zu beauftragenden unabhängigen Dritten zu erfolgen.

(1) Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5 haben bei häuslicher Pflege Anspruch auf körperbezogene Pflegemaßnahmen und pflegerische Betreuungsmaßnahmen sowie auf Hilfen bei der Haushaltsführung als Sachleistung (häusliche Pflegehilfe). Der Anspruch umfasst pflegerische Maßnahmen in den in § 14 Absatz 2 genannten Bereichen Mobilität, kognitive und kommunikative Fähigkeiten, Verhaltensweisen und psychische Problemlagen, Selbstversorgung, Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen sowie Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte.

(2) Häusliche Pflegehilfe wird erbracht, um Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten des Pflegebedürftigen so weit wie möglich durch pflegerische Maßnahmen zu beseitigen oder zu mindern und eine Verschlimmerung der Pflegebedürftigkeit zu verhindern. Bestandteil der häuslichen Pflegehilfe ist auch die pflegefachliche Anleitung von Pflegebedürftigen und Pflegepersonen. Pflegerische Betreuungsmaßnahmen umfassen Unterstützungsleistungen zur Bewältigung und Gestaltung des alltäglichen Lebens im häuslichen Umfeld, insbesondere

1.
bei der Bewältigung psychosozialer Problemlagen oder von Gefährdungen,
2.
bei der Orientierung, bei der Tagesstrukturierung, bei der Kommunikation, bei der Aufrechterhaltung sozialer Kontakte und bei bedürfnisgerechten Beschäftigungen im Alltag sowie
3.
durch Maßnahmen zur kognitiven Aktivierung.

(3) Der Anspruch auf häusliche Pflegehilfe umfasst je Kalendermonat

1.
für Pflegebedürftige des Pflegegrades 2 Leistungen bis zu einem Gesamtwert von 724 Euro,
2.
für Pflegebedürftige des Pflegegrades 3 Leistungen bis zu einem Gesamtwert von 1 363 Euro,
3.
für Pflegebedürftige des Pflegegrades 4 Leistungen bis zu einem Gesamtwert von 1 693 Euro,
4.
für Pflegebedürftige des Pflegegrades 5 Leistungen bis zu einem Gesamtwert von 2 095 Euro.

(4) Häusliche Pflegehilfe ist auch zulässig, wenn Pflegebedürftige nicht in ihrem eigenen Haushalt gepflegt werden; sie ist nicht zulässig, wenn Pflegebedürftige in einer stationären Pflegeeinrichtung oder in einer Einrichtung oder in Räumlichkeiten im Sinne des § 71 Absatz 4 gepflegt werden. Häusliche Pflegehilfe wird durch geeignete Pflegekräfte erbracht, die entweder von der Pflegekasse oder bei ambulanten Pflegeeinrichtungen, mit denen die Pflegekasse einen Versorgungsvertrag abgeschlossen hat, angestellt sind. Auch durch Einzelpersonen, mit denen die Pflegekasse einen Vertrag nach § 77 Absatz 1 abgeschlossen hat, kann häusliche Pflegehilfe als Sachleistung erbracht werden. Mehrere Pflegebedürftige können häusliche Pflegehilfe gemeinsam in Anspruch nehmen.

(1) Versicherte erhalten in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen neben der ärztlichen Behandlung häusliche Krankenpflege durch geeignete Pflegekräfte, wenn Krankenhausbehandlung geboten, aber nicht ausführbar ist, oder wenn sie durch die häusliche Krankenpflege vermieden oder verkürzt wird. § 10 der Werkstättenverordnung bleibt unberührt. Die häusliche Krankenpflege umfaßt die im Einzelfall erforderliche Grund- und Behandlungspflege sowie hauswirtschaftliche Versorgung. Der Anspruch besteht bis zu vier Wochen je Krankheitsfall. In begründeten Ausnahmefällen kann die Krankenkasse die häusliche Krankenpflege für einen längeren Zeitraum bewilligen, wenn der Medizinische Dienst (§ 275) festgestellt hat, daß dies aus den in Satz 1 genannten Gründen erforderlich ist.

(1a) Versicherte erhalten an geeigneten Orten im Sinne von Absatz 1 Satz 1 wegen schwerer Krankheit oder wegen akuter Verschlimmerung einer Krankheit, insbesondere nach einem Krankenhausaufenthalt, nach einer ambulanten Operation oder nach einer ambulanten Krankenhausbehandlung, soweit keine Pflegebedürftigkeit mit Pflegegrad 2, 3, 4 oder 5 im Sinne des Elften Buches vorliegt, die erforderliche Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung. Absatz 1 Satz 4 und 5 gilt entsprechend.

(2) Versicherte erhalten in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen als häusliche Krankenpflege Behandlungspflege, wenn diese zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist. § 10 der Werkstättenverordnung bleibt unberührt. Der Anspruch nach Satz 1 besteht über die dort genannten Fälle hinaus ausnahmsweise auch für solche Versicherte in zugelassenen Pflegeeinrichtungen im Sinne des § 43 des Elften Buches, die auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, einen besonders hohen Bedarf an medizinischer Behandlungspflege haben; § 37c Absatz 3 gilt entsprechend. Die Satzung kann bestimmen, dass die Krankenkasse zusätzlich zur Behandlungspflege nach Satz 1 als häusliche Krankenpflege auch Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung erbringt. Die Satzung kann dabei Dauer und Umfang der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung nach Satz 4 bestimmen. Leistungen nach den Sätzen 4 und 5 sind nach Eintritt von Pflegebedürftigkeit mit mindestens Pflegegrad 2 im Sinne des Elften Buches nicht zulässig. Versicherte, die nicht auf Dauer in Einrichtungen nach § 71 Abs. 2 oder 4 des Elften Buches aufgenommen sind, erhalten Leistungen nach Satz 1 und den Sätzen 4 bis 6 auch dann, wenn ihr Haushalt nicht mehr besteht und ihnen nur zur Durchführung der Behandlungspflege vorübergehender Aufenthalt in einer Einrichtung oder in einer anderen geeigneten Unterkunft zur Verfügung gestellt wird. Versicherte erhalten in stationären Einrichtungen im Sinne des § 43a des Elften Buches Leistungen nach Satz 1, wenn der Bedarf an Behandlungspflege eine ständige Überwachung und Versorgung durch eine qualifizierte Pflegefachkraft erfordert.

(2a) Die gesetzliche Krankenversicherung beteiligt sich an den Kosten der medizinischen Behandlungspflege in vollstationären Pflegeeinrichtungen mit einem jährlichen Pauschalbetrag in Höhe von 640 Millionen Euro, der an den Ausgleichsfonds der sozialen Pflegeversicherung zu leisten ist. Die Zahlung erfolgt anteilig quartalsweise. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen erhebt hierzu von den Krankenkassen eine Umlage gemäß dem Anteil der Versicherten der Krankenkassen an der Gesamtzahl der Versicherten aller Krankenkassen. Das Nähere zum Umlageverfahren und zur Zahlung an die Pflegeversicherung bestimmt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen.

(2b) Die häusliche Krankenpflege nach den Absätzen 1 und 2 umfasst auch die ambulante Palliativversorgung. Für Leistungen der ambulanten Palliativversorgung ist regelmäßig ein begründeter Ausnahmefall im Sinne von Absatz 1 Satz 5 anzunehmen. § 37b Absatz 4 gilt für die häusliche Krankenpflege zur ambulanten Palliativversorgung entsprechend.

(3) Der Anspruch auf häusliche Krankenpflege besteht nur, soweit eine im Haushalt lebende Person den Kranken in dem erforderlichen Umfang nicht pflegen und versorgen kann.

(4) Kann die Krankenkasse keine Kraft für die häusliche Krankenpflege stellen oder besteht Grund, davon abzusehen, sind den Versicherten die Kosten für eine selbstbeschaffte Kraft in angemessener Höhe zu erstatten.

(5) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 3 ergebenden Betrag, begrenzt auf die für die ersten 28 Kalendertage der Leistungsinanspruchnahme je Kalenderjahr anfallenden Kosten an die Krankenkasse.

(6) Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in Richtlinien nach § 92 fest, an welchen Orten und in welchen Fällen Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 auch außerhalb des Haushalts und der Familie des Versicherten erbracht werden können.

(7) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt in Richtlinien nach § 92 unter Berücksichtigung bestehender Therapieangebote das Nähere zur Versorgung von chronischen und schwer heilenden Wunden. Die Versorgung von chronischen und schwer heilenden Wunden kann auch in spezialisierten Einrichtungen an einem geeigneten Ort außerhalb der Häuslichkeit von Versicherten erfolgen.

(8) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt in der Richtlinie über die Verordnung häuslicher Krankenpflege nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis zum 31. Juli 2022 Rahmenvorgaben zu einzelnen nach dem Leistungsverzeichnis der Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 verordnungsfähigen Maßnahmen, bei denen Pflegefachkräfte, die die in den Rahmenempfehlungen nach § 132a Absatz 1 Satz 4 Nummer 7 geregelten Anforderungen erfüllen, innerhalb eines vertragsärztlich festgestellten Verordnungsrahmens selbst über die erforderliche Häufigkeit und Dauer bestimmen können, sowie Vorgaben zur Notwendigkeit eines erneuten Arztkontaktes und zur Information der Vertragsärztin oder des Vertragsarztes durch den Leistungserbringer über die erbrachten Maßnahmen.

(9) Zur Feststellung des tatsächlichen Ausgabenvolumens für die im Rahmen einer Versorgung nach Absatz 8 erbrachten Leistungen pseudonymisieren die Krankenkassen die Angaben zu den Ausgaben jeweils arztbezogen sowie versichertenbezogen. Sie übermitteln diese Angaben nach Durchführung der Abrechnungsprüfung dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen, der diese Daten für den Zweck der nach Absatz 10 durchzuführenden Evaluierung kassenartenübergreifend zusammenführt und diese Daten dem nach Absatz 10 Satz 2 beauftragten unabhängigen Dritten übermittelt. Das Nähere zur Datenübermittlung und zum Verfahren der Pseudonymisierung regelt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der beauftragte unabhängige Dritte nach Absatz 10 Satz 2 haben die ihnen nach Satz 2 übermittelten pseudonymisierten Daten spätestens ein Jahr nach Abschluss der Evaluierung zu löschen.

(10) Drei Jahre nach Inkrafttreten der Regelungen nach Absatz 8 evaluieren der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die in § 132a Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer unter Berücksichtigung der nach Absatz 9 Satz 2 übermittelten Daten insbesondere die mit der Versorgung nach Absatz 8 verbundenen Auswirkungen auf das Versorgungsgeschehen im Bereich der häuslichen Krankenpflege, die finanziellen Auswirkungen auf die Krankenkassen, die Wirtschaftlichkeit der Versorgung nach Absatz 8 sowie die Auswirkungen auf die Behandlungs- und Ergebnisqualität. Die Evaluierung hat durch einen durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die in § 132a Absatz 1 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer gemeinsam zu beauftragenden unabhängigen Dritten zu erfolgen.

Zuzahlungen, die Versicherte zu leisten haben, betragen 10 vom Hundert des Abgabepreises, mindestens jedoch 5 Euro und höchstens 10 Euro; allerdings jeweils nicht mehr als die Kosten des Mittels. Als Zuzahlungen zu stationären Maßnahmen und zur außerklinischen Intensivpflege in vollstationären Pflegeeinrichtungen, in Einrichtungen oder Räumlichkeiten im Sinne des § 43a des Elften Buches in Verbindung mit § 71 Absatz 4 des Elften Buches sowie in Wohneinheiten nach § 132l Absatz 5 Nummer 1 werden je Kalendertag 10 Euro erhoben. Bei Heilmitteln, häuslicher Krankenpflege und außerklinischer Intensivpflege an den in § 37c Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 genannten Orten beträgt die Zuzahlung 10 vom Hundert der Kosten sowie 10 Euro je Verordnung. Geleistete Zuzahlungen sind von dem zum Einzug Verpflichteten gegenüber dem Versicherten zu quittieren; ein Vergütungsanspruch hierfür besteht nicht.

(1) Ansprüche auf Sozialleistungen verjähren in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie entstanden sind.

(2) Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß.

(3) Die Verjährung wird auch durch schriftlichen Antrag auf die Sozialleistung oder durch Erhebung eines Widerspruchs gehemmt. Die Hemmung endet sechs Monate nach Bekanntgabe der Entscheidung über den Antrag oder den Widerspruch.

(4) (weggefallen)

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.