Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Okt. 2015 - XII ZB 177/15

bei uns veröffentlicht am14.10.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der weiteren Beteiligten zu 1 wird der Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Heilbronn vom 27. März 2015 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.

Gründe

I.

1

Gegenstand des Verfahrens ist die Anordnung einer Kontrollbetreuung.

2

Für die 81-jährige - an Demenz und an einem leichten bis mittelschweren hirnorganischen Psychosyndrom leidende - Betroffene besteht seit dem Jahr 2007 eine bis heute fortgeltende General- und Vorsorgevollmacht zugunsten ihrer Tochter (Beteiligte zu 1). Die Beteiligte zu 1 ist Eigentümerin von mehreren Immobilien, die sie von ihrem 2012 verstorbenen Vater - dem Ehemann der Betroffenen - teils geschenkt erhalten und teils als Alleinerbin nach dessen Tod geerbt hatte. Alle Immobilien waren mit einem Nießbrauch zugunsten der Betroffenen belastet. Am 5. Februar 2014 schloss die Beteiligte zu 1 im eigenen Namen und im Namen der Betroffenen eine Abfindungsvereinbarung, wonach die Betroffene gegen Zahlung einer dinglich gesicherten Leibrente in Höhe von monatlich 1.200 € auf den zu ihren Gunsten eingeräumten Nießbrauch an den Immobilien verzichtete.

3

Bereits im September 2013 hatte der Sohn der Betroffenen (Beteiligter zu 2) beim zuständigen Notariat die Einrichtung einer Betreuung für die Betroffene angeregt. Das Notariat hat die Anordnung einer Betreuung nach Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens und nach Anhörung der Betroffenen abgelehnt. Auf die dagegen gerichtete Beschwerde des Beteiligten zu 2 hat das Landgericht die Entscheidung des Notariats abgeändert und eine Rechtsanwältin (Beteiligte zu 4) zur berufsmäßigen Kontrollbetreuerin mit dem Aufgabenkreis "alle Vermögensangelegenheiten, insbesondere Erbschaftsangelegenheiten" bestellt und die Kontrollbetreuerin "erforderlichenfalls" zum "Widerruf erteilter Vollmachten für diesen Aufgabenkreis" ermächtigt.

4

Mit ihrer im eigenen Namen eingelegten Rechtsbeschwerde möchte die Beteiligte zu 1 eine Aufhebung der Betreuung erreichen.

II.

5

1. Die gemäß § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FamFG ohne Zulassung statthafte Rechtsbeschwerde ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere ist die Beteiligte zu 1 beschwerdeberechtigt, d.h. dazu befugt, sich im eigenen Namen mit einem Rechtsmittel gegen die Anordnung der Betreuung für die Betroffene zu wenden. Dies ergibt sich zwar nicht aus einer möglichen Beeinträchtigung ihrer Stellung als Vorsorgebevollmächtigte, wohl aber daraus, dass sie als am Verfahren beteiligte Tochter der Betroffenen gemäß § 303 Abs. 2 Nr. 1 FamFG zum Kreis beschwerdeberechtigter Angehöriger gehört (vgl. Senatsbeschluss vom 5. November 2014 - XII ZB 117/14 - FamRZ 2015, 249 Rn. 14 f.).

6

2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet.

7

a) Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung das Folgende ausgeführt:

8

Die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Anordnung einer Betreuung seien nach dem schriftlichen Sachverständigengutachten gegeben. Die Betroffene sei aufgrund ihrer schwerwiegenden geistigen Einschränkungen nicht mehr in der Lage, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln. Wegen der mangelnden Einsichtsfähigkeit sowie eingeschränkter Urteils- und Kritikfähigkeit sei ihre Geschäftsfähigkeit deutlich eingeschränkt.

9

Zur Geltendmachung der Rechte der Betroffenen gegenüber der Beteiligten zu 1 sei die Einrichtung einer Kontrollbetreuung erforderlich. Es lägen konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass die Beteiligte zu 1 von ihrer Vollmacht nicht mehr im Interesse der Betroffenen Gebrauch mache. Zwar müsse die von ihrem Ehemann enterbte Betroffene einen etwaigen ergänzenden Pflichtteilsanspruch von der Beteiligten zu 1 nicht zwingend einfordern. Es könne unter Berücksichtigung des Erblasserwillens auch hingenommen werden, dass der Wert des der Betroffenen durch das Vermächtnis ihres Ehemannes eingeräumten Nießbrauchs hinter dem Wert des Pflichtteils zurückbleibe. Um dies beurteilen zu können, müssten aber zunächst der Wert des Nießbrauchs sowie der Wert eines etwaigen Pflichtteilsanspruches nachvollziehbar sein. Die bloße Behauptung der Beteiligten zu 1, der eingeräumte Nießbrauch am Nachlass übersteige sogar den Wert des Pflichtteilsanspruches, reiche hierfür nicht.

10

Vor allem sei schon nach den eigenen Ausführungen der Beteiligten zu 1 zweifelhaft, ob die Abfindungsvereinbarung vom 5. Februar 2014 den wirtschaftlichen Interessen der Betroffenen gerecht werde. Die Betroffene erhalte als Ersatz für Nutzungen an vier Eigentumswohnungen und einem Einfamilienhaus nur eine Rente von 1.200 €. Nach den Behauptungen des Beteiligten zu 2 seien Mieteinnahmen von insgesamt 4.000 € monatlich erzielbar. Aufgrund der Stellungnahmen der Beteiligten und der vorgelegten Unterlagen (Steuerbescheid, Lichtbilder und Zustandsbeschreibungen) könne nicht nachvollzogen werden, ob die vereinbarte Rente von 1.200 € angemessen sei. Soweit es den Nießbrauch an den zum Nachlass gehörenden Immobilien betreffe, falle zudem auf, dass in dem von der Beteiligten zu 1 vorgelegten Rechenwerk nicht mit möglichen Einnahmen aus Mietverhältnissen, sondern lediglich mit Zinseinnahmen von 2 % des Nachlasswertes kalkuliert worden sei. Ferner habe weder in der mündlichen Anhörung noch in den folgenden Schriftsätzen eine Klärung der von dem Beteiligten zu 2 erhobenen Vorwürfe erfolgen können, wonach die Beteiligte zu 1 im Zeitraum von April 2012 bis März 2014 der Nießbrauchsberechtigten zustehende Beträge in Höhe von 85.000 € vereinnahmt habe, ohne dass diese der Betroffenen zugeflossen seien. Bei der Beteiligten zu 1 sei im Bereich der Vermögensangelegenheiten ein erheblicher Interessenkonflikt vorhanden. Einerseits sei sie Alleinerbin nach ihrem Vater, andererseits solle sie Ansprüche der Betroffenen - insbesondere Pflichtteilsansprüche - gegen sich selbst prüfen. Dies könne der Geltendmachung berechtigter Ansprüche im Wege stehen und bedürfe aus Sicht eines vernünftigen Vollmachtgebers einer Kontrolle.

11

b) Diese Ausführungen halten den Verfahrensrügen der Rechtsbeschwerde in einem wesentlichen Punkt nicht stand.

12

aa) Nach § 1896 Abs. 1 a BGB darf gegen den freien Willen eines Volljährigen ein Betreuer nicht bestellt werden. Daher muss auch vor der Bestellung eines Kontrollbetreuers festgestellt werden, dass der Betroffene nicht in der Lage ist, seinen Willen frei zu bestimmen. Dabei ist der Begriff der freien Willensbestimmung im Sinne des § 1896 Abs. 1 a BGB und des § 104 Nr. 2 BGB im Kern deckungsgleich. Die beiden entscheidenden Kriterien sind die Einsichtsfähigkeit des Betroffenen und dessen Fähigkeit, nach dieser Einsicht zu handeln. Fehlt es an einem dieser beiden Elemente, liegt kein freier, sondern nur ein natürlicher Wille vor. Einsichtsfähigkeit setzt die Fähigkeit des Betroffenen voraus, im Grundsatz die für und wider eine Betreuerbestellung sprechenden Gesichtspunkte zu erkennen und gegeneinander abzuwägen. Dabei dürfen jedoch keine überspannten Anforderungen an die Auffassungsgabe des Betroffenen gestellt werden. Auch der an einer Erkrankung im Sinne des § 1896 Abs. 1 BGB leidende Betroffene kann in der Lage sein, einen freien Willen zu bilden und ihn zu äußern. Der Betroffene muss Grund, Bedeutung und Tragweite einer Betreuung intellektuell erfassen können, was denknotwendig voraussetzt, dass er seine Defizite im Wesentlichen zutreffend einschätzen und auf der Grundlage dieser Einschätzung die für oder gegen eine Betreuung sprechenden Gesichtspunkte gegeneinander abwägen kann. Ist der Betroffene zur Bildung eines klaren Urteils zur Problematik der Betreuerbestellung in der Lage, muss ihm weiter möglich sein, nach diesem Urteil zu handeln und sich dabei von den Einflüssen interessierter Dritter abzugrenzen. Die Feststellungen zum krankheitsbedingten Ausschluss der freien Willensbestimmung müssen nach ständiger Rechtsprechung des Senats durch ein Sachverständigengutachten belegt sein (Senatsbeschlüsse vom 30. Juli 2014 - XII ZB 107/14 - FamRZ 2014, 1626 Rn. 14 und vom 22. Januar 2014 - XII ZB 632/12 - FamRZ 2014, 647 Rn. 9 mwN).

13

bb) Diesen Anforderungen wird die angefochtene Entscheidung nicht gerecht. Der Sachverständige hat in seinem schriftlichen Gutachten vom 18. Dezember 2013 ausgeführt, dass die Betroffene "wegen der mangelnden Einsichtsfähigkeit sowie eingeschränkter Urteils- und Kritikfähigkeit" in ihrer "Geschäftsfähigkeit deutlich eingeschränkt" sei. Konzediert der Sachverständige indessen selbst, dass die Betroffene wegen ihrer eben nur "eingeschränkten Geschäftsfähigkeit" möglicherweise für einen gegenständlich abgrenzbaren Kreis von Angelegenheiten noch zu einer freien Willensbestimmung in der Lage ist, konnte das Landgericht auf dessen Gutachten nicht ohne weiteres die Feststellung stützen, dass der Betroffenen die freie Entscheidung gegen die Bestellung eines Kontrollbetreuers nach eigenständiger Abwägung der für und gegen die Kontrolle ihrer Bevollmächtigten durch einen Betreuer sprechenden Gesichtspunkte nicht mehr möglich ist. Auch die weitergehenden Ausführungen des Sachverständigen dazu, dass die Betroffene aufgrund ihrer geistigen Einschränkungen nicht mehr in der Lage sei, einen Bevollmächtigten zu kontrollieren, führen insoweit nicht weiter, weil sich hieraus zwar Anhaltspunkte für die Betreuungsbedürftigkeit der Betroffenen, nicht aber für den Ausschluss der freien Willensbildung in Bezug auf die Betreuerbestellung entnehmen lassen.

14

3. Die angefochtene Entscheidung kann daher keinen Bestand haben.

15

a) Soweit das Landgericht die Kontrollbetreuerin dazu ermächtigt hat, erforderlichenfalls die zugunsten der Beteiligten zu 1 erteilte Vollmacht für den Bereich der Vermögenssorge zu widerrufen, fehlt es hierfür gegenwärtig an einer Grundlage.

16

aa) Beabsichtigt das Gericht, die Befugnisse eines Betreuers auf den Widerruf erteilter Vorsorgevollmachten zu erstrecken, setzt dies tragfähige Feststellungen voraus, dass das Festhalten an der erteilten Vorsorgevollmacht eine künftige Verletzung des Wohls der Betroffenen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit und in erheblicher Schwere befürchten lässt. Selbst wenn behebbare Mängel bei der Vollmachtsausübung festzustellen sein sollten, erfordert der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zunächst den Versuch, durch einen zu bestellenden Kontrollbetreuer positiv auf den Bevollmächtigten einzuwirken, insbesondere durch Verlangen nach Auskunft und Rechnungslegung sowie durch die Ausübung bestehender Weisungsrechte. Nur wenn diese Maßnahmen fehlschlagen oder aufgrund feststehender Tatsachen mit hinreichender Sicherheit als ungeeignet erscheinen, ist die Ermächtigung zum Widerruf der Vollmacht - als ultima ratio - verhältnismäßig (vgl. Senatsbeschlüsse vom 23. September 2015 - XII ZB 624/14 - juris Rn. 17 und vom 28. Juli 2015 - XII ZB 674/14 - FamRZ 2015, 1702 Rn. 34 ff.).

17

bb) Gemessen daran mögen die vom Landgericht getroffenen Feststellungen zwar die in tatrichterlicher Verantwortung vorgenommene Beurteilung rechtfertigen, es bestünden hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht, dass dem Betreuungsbedarf der Betroffenen in Vermögens- und Erbschaftsangelegenheiten durch die Vollmacht nicht Genüge getan wird. Tatsächliche Mängel bei der Vollmachtsausübung sind - wovon das Landgericht selbst ausgeht - aber noch nicht festzustellen, ohne dass sich die Kontrollbetreuerin einen umfassenden Überblick über die vermögensrechtlichen Ansprüche der Betroffenen gegenüber der Beteiligten zu 1 verschafft hat. Bei dieser Sachlage ist die bereits mit der Bestellung der Kontrollbetreuerin verbundene Ermächtigung zum Widerruf der erteilten Vollmacht nicht verhältnismäßig.

18

b) Im Übrigen ist die Sache zur weiteren Sachverhaltsaufklärung an das Landgericht zurückzuverweisen. Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird gemäß § 74 Abs. 7 FamFG abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.

Dose                    Schilling                          Günter

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(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig

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(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in

1.
Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts,
2.
Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie
3.
Freiheitsentziehungssachen.
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 gilt dies nur, wenn sich die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss richtet, der die Unterbringungsmaßnahme oder die Freiheitsentziehung anordnet. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 ist die Rechtsbeschwerde abweichend von Satz 2 auch dann ohne Zulassung statthaft, wenn sie sich gegen den eine freiheitsentziehende Maßnahme ablehnenden oder zurückweisenden Beschluss in den in § 417 Absatz 2 Satz 2 Nummer 5 genannten Verfahren richtet.

(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.

(1) Das Recht der Beschwerde steht der zuständigen Behörde gegen Entscheidungen über

1.
die Bestellung eines Betreuers oder die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts,
2.
Umfang, Inhalt oder Bestand einer in Nummer 1 genannten Maßnahme
zu.

(2) Das Recht der Beschwerde gegen eine von Amts wegen ergangene Entscheidung steht im Interesse des Betroffenen

1.
dessen Ehegatten oder Lebenspartner, wenn die Ehegatten oder Lebenspartner nicht dauernd getrennt leben, sowie den Eltern, Großeltern, Pflegeeltern, Abkömmlingen und Geschwistern des Betroffenen sowie
2.
einer Person seines Vertrauens
zu, wenn sie im ersten Rechtszug beteiligt worden sind.

(3) Das Recht der Beschwerde steht dem Verfahrenspfleger zu.

(4) Der Betreuer oder der Vorsorgebevollmächtigte kann gegen eine Entscheidung, die seinen Aufgabenkreis betrifft, auch im Namen des Betroffenen Beschwerde einlegen. Führen mehrere Betreuer oder Vorsorgebevollmächtigte ihr Amt gemeinschaftlich, kann jeder von ihnen für den Betroffenen selbständig Beschwerde einlegen.

14
3. Eine Beschwerdeberechtigung nach § 59 Abs. 1 FamFG steht dem Vorsorgebevollmächtigten übereinstimmend mit der vor Inkrafttreten des FGGReformgesetzes überwiegenden Meinung (BayObLG FamRZ 2003, 1219 f. mwN; OLG Stuttgart FamRZ 1995, 427; OLG Köln OLGR 2009, 502; Staudinger /Bienwald BGB [2013] § 1896 Rn. 304; Jurgeleit/Jurgeleit Betreuungsrecht 3. Aufl. § 1896 Rn. 95) nicht zu (a.A. OLG Zweibrücken FamRZ 2003, 703; Nedden-Boeger FamRZ 2014, 1589, 1595).

Geschäftsunfähig ist:

1.
wer nicht das siebente Lebensjahr vollendet hat,
2.
wer sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet, sofern nicht der Zustand seiner Natur nach ein vorübergehender ist.

17
Soll dem Kontrollbetreuer auch der Aufgabenkreis Vollmachtwiderruf übertragen werden, setzt dies tragfähige Feststellungen voraus, dass das Festhalten an der erteilten Vorsorgevollmacht eine künftige Verletzung des Wohls des Betroffenen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit und in erheblicher Schwere befürchten lässt. Sind behebbare Mängel bei der Vollmachtausübung festzustellen, erfordert der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz grundsätzlich zunächst den Versuch, durch einen zu bestellenden (Kontroll-)Betreuer auf den Bevollmächtigten positiv einzuwirken, insbesondere durch Verlangen nach Auskunft und Rechenschaftslegung (§ 666 BGB) sowie die Ausübung bestehender Weisungsrechte. Nur wenn diese Maßnahmen fehlschlagen oder es aufgrund feststehender Tatsachen mit hinreichender Sicherheit als ungeeignet erscheint, drohende Schäden auf diese Weise abzuwenden, ist die Ermächtigung zum Vollmachtwiderruf, der die ultima ratio darstellt, verhältnismäßig (Senatsbeschluss vom 28. Juli 2015 - XII ZB 674/14 - FamRZ 2015, 1702 Rn. 33 ff.).
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b) Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz erfordert ferner, dass mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, dass mildere Mittel nicht zur Abwehr eines Schadens zur Verfügung stehen.

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Ergibt die Begründung des angefochtenen Beschlusses zwar eine Rechtsverletzung, stellt sich die Entscheidung aber aus anderen Gründen als richtig dar, ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(3) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Beteiligten gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 71 Abs. 3 und § 73 Satz 2 gerügt worden sind. Die §§ 559, 564 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(4) Auf das weitere Verfahren sind, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts ergeben, die im ersten Rechtszug geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden.

(5) Soweit die Rechtsbeschwerde begründet ist, ist der angefochtene Beschluss aufzuheben.

(6) Das Rechtsbeschwerdegericht entscheidet in der Sache selbst, wenn diese zur Endentscheidung reif ist. Andernfalls verweist es die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Verfahrens zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht oder, wenn dies aus besonderen Gründen geboten erscheint, an das Gericht des ersten Rechtszugs zurück. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(7) Von einer Begründung der Entscheidung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.