Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Feb. 2016 - XII ZB 499/15

bei uns veröffentlicht am17.02.2016
vorgehend
Amtsgericht Bad Oeynhausen, 17 XVII 242/14 K, 12.06.2015
Landgericht Bielefeld, 23 T 467/15, 18.09.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 499/15
vom
17. Februar 2016
in der Betreuungssache
ECLI:DE:BGH:2016:170216BXIIZB499.15.0

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. Februar 2016 durch den Vorsitzenden Richter Dose, die Richterin Weber-Monecke und die Richter Schilling, Dr. Nedden-Boeger und Guhling
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der weiteren Beteiligten zu 4 und zu 5 wird der Beschluss der 23. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld vom 18. September 2015 in der Fassung des Ergänzungsbeschlusses vom 13. Oktober 2015 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an eine andere Kammer des Landgerichts zurückverwiesen. Wert: 5.000 €

Gründe:

I.

1
Die im Jahre 1930 geborene Betroffene und ihr rund fünf Jahre älterer Ehemann lebten zusammen mit den Beteiligten zu 4 und 5, ihrem Sohn und ihrer Tochter, in einem Hausanwesen. Dieses hatte die Betroffene dem Sohn im Dezember 2012 übereignet und sich sowie ihrem Ehemann dabei ein lebenslanges unentgeltliches Wohnungsrecht an sämtlichen Räumen im Keller- und Erdgeschoss einräumen lassen. Tatsächlich bewohnten die Betroffene und ihr Ehemann im Keller gelegene Souterrain-Räume und die Beteiligte zu 5 das Erdgeschoss. Bereits im April 2012 hatte die Betroffene - ebenso wie ihr Ehemann - den Beteiligten zu 4 und 5 (im Folgenden: Vorsorgebevollmächtigte) als jeweils Einzelvertretungsberechtigten eine umfassende notarielle General- und Vorsorgevollmacht erteilt.
2
Im März 2014 regte eine weitere Tochter, die Beteiligte zu 3, beim Amtsgericht die Bestellung eines Berufsbetreuers für ihre Eltern an. Das Amtsgericht kam dieser Anregung im Juni 2014 nach und bestellte im Wege der einstweiligen Anordnung den Beteiligten zu 1, einen Rechtsanwalt, zum vorläufigen Betreuer der Betroffenen mit dem Aufgabenkreis Gesundheitsfürsorge, Vermögensangelegenheiten , Vertretung gegenüber Behörden und Sozialversicherungsträgern sowie Wohnungsangelegenheiten. Diese vorläufige Betreuung verlängerte das Amtsgericht im Dezember 2014 um weitere sechs Monate. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Vorsorgebevollmächtigten wies das Landgericht mit Beschluss vom 15. April 2015 zurück.
3
Mit Beschluss vom 12. Juni 2015 hat das Amtsgericht angeordnet, dass die "vorläufige Betreuung als längerfristige Betreuung fortgeführt" werde, und als Zeitpunkt, bis zu dem über die Aufhebung oder Verlängerung der Betreuung entschieden werden sollte, den 12. Juni 2022 bestimmt. Die hiergegen von den beiden Vorsorgebevollmächtigten eingelegte Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben. Das Landgericht hat den amtsgerichtlichen Beschluss insoweit abgeändert , als es anstelle des Beteiligten zu 1 den Beteiligten zu 6, einen Berufsbetreuer , zum Betreuer bestellt und als vom Aufgabenkreis umfasst auch die Aufenthaltsbestimmung und die Regelung des Postverkehrs genannt hat.
4
Mit ihrer Rechtsbeschwerde wenden sich die Vorsorgebevollmächtigten nach wie vor gegen die Betreuungserrichtung.

II.

5
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FamFG ohne Zulassung statthaft und auch im Übrigen zulässig. Insbesondere sind die Vorsorgebevollmächtigten rechtsbeschwerdeberechtigt, weil ihre Beschwerde zurückgewiesen worden ist (vgl. Senatsbeschluss vom 14. Oktober 2015 - XII ZB 695/14 - FamRZ 2016, 120 Rn. 12 mwN).
6
Sie hat auch Erfolg.
7
1. Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, die Voraussetzungen für die Einrichtung einer Betreuung lägen weiterhin vor. Zur Begründung werde auf den Beschluss vom 15. April 2015 Bezug genommen. Dort hatte das Beschwerdegericht dargelegt, bei der Betroffenen liege eine demenzielle Entwicklung vom vaskulären Typ mit Kurz- und Langzeitgedächtnisstörungen vor. Sie bedürfe einer rechtlichen Betreuung im vom Amtsgericht bestimmten Aufgabenkreis. Im Übrigen sei sie mit der Einrichtung einer Betreuung einverstanden.
8
Die Bestellung eines Betreuers für die Betroffene sei nicht wegen der Vorsorgevollmacht entbehrlich. Zwar könne die Unwirksamkeit der Vollmachterteilung nicht mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden. Die Ausübung der Vorsorgevollmacht durch die Vorsorgebevollmächtigten anstelle einer Betreuung widerspreche jedoch zum einen dem wiederholt geäußerten, jedenfalls natürlichen Willen der Betroffenen. Zum anderen könnten die Angelegenheiten der Betroffenen durch die Vorsorgebevollmächtigten nicht ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden. Dies folge aus den ausführlichen und übereinstimmenden Angaben des Sachverständigen und der Verfahrenspflegerin. Es bestünden Anhaltspunkte dafür, dass die Vorsorgebevollmächtigten ungeeignet seien, die ihnen erteilte Vollmacht im Sinne und allein zum Wohl der Betroffe- nen wahrzunehmen, weil sie sich einerseits nicht regelmäßig und hinreichend um die tatsächliche Betreuung der Betroffenen bemühten. Andererseits hätten sie sich - was noch deutlich schwerer wiege - durch das ihrer Schwester erteilte Hausverbot als ungeeignet erwiesen. Die emotionale Bindung der Betroffenen zu dieser sei sehr stark. Die Vorsorgebevollmächtigten hätten wegen ihrer Differenzen mit der Schwester ihre eigenen Interessen weit vor diejenigen der Betroffenen gestellt.
9
Der Betreuer habe nunmehr zu überprüfen, ob er für die Betroffene den Widerruf der General- und Vorsorgevollmacht sowie eine Anfechtung oder einen Widerruf des Grundstücksübertragungsvertrags vornehme, nachdem die Betroffene mehrfach geäußert habe, keinesfalls von den Vorsorgebevollmächtigten betreut werden zu wollen.
10
Der Beschluss des Amtsgerichts sei allerdings insoweit abzuändern, als die Betroffene zwischenzeitlich einen - wie sich aus der Stellungnahme der Verfahrenspflegerin ergebe - ihrem natürlichen Willen entsprechenden Wunsch auf Betreuerwechsel gestellt habe. Diesem sei zu entsprechen, weil er dem Wohl der Betroffenen nicht zuwider laufe.
11
2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die bislang getroffenen Feststellungen tragen nicht den Schluss, eine Betreuung sei trotz der Vorsorgevollmacht erforderlich im Sinne des § 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB.
12
a) Ein Betreuer darf nur bestellt werden, soweit die Betreuerbestellung erforderlich ist (§ 1896 Abs. 2 Satz 1 BGB). An der Erforderlichkeit fehlt es, soweit die Angelegenheiten des Betroffenen durch einen Bevollmächtigten ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden können (§ 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB). Eine Vorsorgevollmacht steht daher der Bestellung eines Betreuers grundsätzlich entgegen. Anders kann es zum einen liegen, wenn Zweifel an der Wirksamkeit der Vollmachterteilung oder am Fortbestand der Vollmacht bestehen , die geeignet sind, die Akzeptanz der Vollmacht im Rechtsverkehr und damit die Wahrnehmung von Rechten des Betroffenen durch den Bevollmächtigten zu beeinträchtigen (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 3. Februar 2016 - XII ZB 425/14 - mwN, zur Veröffentlichung bestimmt). Eine Betreuung kann trotz Vorsorgevollmacht zum anderen dann erforderlich sein, wenn der Bevollmächtigte ungeeignet ist, die Angelegenheiten des Betroffenen zu besorgen, insbesondere weil zu befürchten ist, dass die Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen durch jenen eine konkrete Gefahr für das Wohl des Betroffenen begründet. Letzteres ist der Fall, wenn der Bevollmächtigte wegen erheblicher Bedenken an seiner Geeignetheit oder Redlichkeit als ungeeignet erscheint (Senatsbeschlüsse vom 26. Februar 2014 - XII ZB 301/13 - FamRZ 2014, 738 Rn. 17 mwN und vom 13. April 2011 - XII ZB 584/10 - FamRZ 2011, 964 Rn. 15 mwN).
13
Dabei entscheidet der Tatrichter über Art und Umfang seiner Ermittlungen nach pflichtgemäßem Ermessen. Dem Rechtsbeschwerdegericht obliegt lediglich die Kontrolle auf Rechtsfehler, insbesondere die Prüfung, ob die Tatsachengerichte alle maßgeblichen Gesichtspunkte in Betracht gezogen haben und die Würdigung auf einer ausreichenden Sachaufklärung beruht (Senatsbeschlüsse vom 26. Februar 2014 - XII ZB 301/13 - FamRZ 2014, 738 Rn. 18 mwN und vom 13. April 2011 - XII ZB 584/10 - FamRZ 2011, 964 Rn. 16 mwN).
14
b) Gemessen hieran kann die angegriffene Entscheidung keinen Bestand haben.
15
aa) Die den Erwägungen des Beschwerdegerichts erkennbar zugrunde liegende Annahme, die hier erteilte Vorsorgevollmacht sei im Grundsatz geeignet , eine Betreuung zu hindern, beruht nicht auf ausreichenden Feststellungen.
16
In dem in der angefochtenen Entscheidung in Bezug genommenen Beschluss vom 15. April 2015 ist ausgeführt, ausweislich der Angaben des Sachverständigen habe im Dezember 2014 nicht mehr mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden können, ob die Betroffene bereits im April 2012 in einer Weise dement gewesen sei, dass die Vollmachterteilung unwirksam sei. Dies deutet auf Bedenken gegen die Wirksamkeit hin. Festgestellt ist jedoch nicht, dass auch nach Ausschöpfung aller im Rahmen des § 26 FamFG gebotenen Ermittlungsmöglichkeiten solche Zweifel verbleiben. Würde es sich dabei aber - was ebenfalls tragfähige Feststellungen erfordern würde - um Zweifel handeln, die zu relevanten Problemen für die Akzeptanz der Vollmacht im Rechtsverkehr und damit in der Rechtswahrnehmung durch den Bevollmächtigten führen können , könnten die Vorsorgebevollmächtigten schon aus diesem Grunde die Angelegenheiten der Betroffenen nicht ebenso gut wie ein Betreuer besorgen (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 3. Februar 2016 - XII ZB 425/14 - mwN, zur Veröffentlichung bestimmt).
17
bb) Soweit das Beschwerdegericht darauf abstellt, dass die rechtliche Vertretung durch die Vorsorgebevollmächtigten nicht dem wiederholt geäußerten natürlichen Willen der Betroffenen entspreche, kann das für sich genommen nicht dazu führen, die Erforderlichkeit einer Betreuung zu bejahen.
18
Mit der Vollmachterteilung in gesunden Tagen kann der Bevollmächtigende regeln, wer seine rechtlichen Angelegenheiten besorgen soll, wenn er krankheitsbedingt hierzu nicht mehr selbst in der Lage ist. Diese Möglichkeit der vorsorgenden Bevollmächtigung ist Ausfluss des von Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG garantierten Selbstbestimmungsrechts des Betroffenen (vgl. Senatsbeschluss vom 28. Juli 2015 - XII ZB 674/14 - FamRZ 2015, 1702 Rn. 11). Mit ihr kann eine - wenn auch fürsorgende - staatliche Einflussnahme mittels Betreuung vermieden werden. Die Bestimmung des § 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB bringt zum Ausdruck, dass dieses Selbstbestimmungsrecht aus den Gründen des dem Staat obliegenden Erwachsenenschutzes und damit zum Wohle des Betroffenen im Einzelfall erst dann endet, wenn die rechtliche Fürsorge durch einen Betreuer derjenigen durch den Bevollmächtigten überlegen ist. Eine - gegebenenfalls krankheitsbedingte- schlichte Meinungsänderung des nicht mehr geschäftsfähigen Betroffenen kann die in gesunden Tagen geschaffene rechtliche Bindungswirkung der Vollmachterteilung hingegen nicht beseitigen.
19
Ob und inwieweit der einer Ausübung der Vollmacht durch die Vorsorgebevollmächtigten mittlerweile entgegenstehende natürliche Wille der Betroffenen dazu führt, dass ihre Angelegenheiten von den Vorsorgebevollmächtigten nicht (mehr) ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden könnten, lässt sich der Beschwerdeentscheidung nicht entnehmen.
20
cc) Die bislang getroffenen Feststellungen rechtfertigen auch nicht die Annahme, die Vorsorgebevollmächtigten seien nicht geeignet, die Angelegenheiten der Betroffenen zu deren Wohl zu besorgen.
21
(1) Wie die Rechtsbeschwerde zu Recht rügt, legt das Beschwerdegericht nicht offen, auf welche Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen und der Verfahrenspflegerin es sich zur Begründung seiner Einschätzung stützt, die Betreuung sei trotz der Vorsorgevollmacht erforderlich im Sinne des § 1896 Abs. 2 BGB. Die Beschlussgründe erschöpfen sich vielmehr in dem nicht weiter spezifizierten Hinweis auf die "ausführlichen und übereinstimmenden Angaben". Eine Nachprüfung im Rechtsbeschwerdeverfahren, ob dieser rechtliche Schluss gerechtfertigt ist, kann daher nicht erfolgen, weshalb die Beschwerdeentscheidung nicht von dieser Erwägung getragen wird.
22
(2) Das Gleiche gilt, soweit das Beschwerdegericht Anhaltspunkte für eine Ungeeignetheit der Vorsorgebevollmächtigten darin zu erkennen meint, dass diese sich nicht regelmäßig und hinreichend um die tatsächliche Betreuung der Betroffenen bemühten. Anhaltspunkte weisen bereits begrifflich allenfalls in eine bestimmte Richtung, können aber die notwendige Überzeugung des Gerichts von einem Umstand - hier der Ungeeignetheit der Vorsorgebevollmächtigten - nicht begründen.
23
Darüber hinaus verweist die Rechtsbeschwerde mit Recht zum einen darauf , dass das Beschwerdegericht allein auf Verhalten der Vorsorgebevollmächtigten nach der Bestellung des (vorläufigen) Betreuers abstellt. Dass die Vorsorgebevollmächtigten der Betroffenen bis zur Einrichtung der Betreuung nicht die erforderliche tatsächliche Betreuung hätten zukommen lassen, ist nicht ersichtlich. Zum anderen macht die Rechtsbeschwerde zutreffend geltend, dass die Vorsorgebevollmächtigten im Laufe des Verfahrens in mehreren Schriftsätzen ihrer Rechtsanwältin eine Reihe tatsächlicher Unterstützungsmaßnahmen für die Betroffene auch nach der ersten Betreuerbestellung vorgetragen hatten. Hiermit setzt sich die angegriffene Entscheidung nicht auseinander.
24
Die in diesem Zusammenhang angestellte Überlegung des Beschwerdegerichts , den Vorsorgebevollmächtigten habe klar sein müssen, dass sie aufgrund der Vollmacht für tatsächliche Betreuungsleistungen wie Fahrten oder deren Organisation zuständig seien, ist zudem rechtsfehlerhaft. Die Vorsorgevollmacht begründet gerade keine Verpflichtung zu tatsächlichen Pflegeleistungen , sondern soll eine rechtliche Betreuung überflüssig machen. Es lässt sich der Beschwerdeentscheidung nicht entnehmen, inwieweit die Vorsorgebevoll- mächtigten rechtliche Aufgaben unerfüllt gelassen hätten, die nicht dem Aufgabenkreis des (vorläufigen) Betreuers unterfielen.
25
(3) Schließlich kann auch das vom Beteiligten zu 4 seiner Schwester, der Beteiligten zu 3, erteilte Hausverbot die Annahme einer Ungeeignetheit nicht rechtfertigen. Zwar kann es gegebenenfalls die Besorgnis begründen, die Vollmacht werde nicht zum Wohl des Betroffenen ausgeübt, wenn der Bevollmächtigte eigene Interessen über die des Betroffenen stellt, indem er aus eigensüchtigen Motiven den persönlichen Kontakt des Betroffenen mit für diesen wichtigen Bezugspersonen unterbindet. Wie die Rechtsbeschwerde zutreffend rügt, liegt ein solcher Fall hier aber nicht vor. In dem von den Vorsorgebevollmächtigten zur Akte gereichten Schreiben vom 27. April 2013 sind von dem Hausverbot Besuche bei den gemeinsamen Eltern ausdrücklich ausgenommen. Hierauf hatten die Vorsorgebevollmächtigten zudem im Betreuungsverfahren schriftsätzlich hingewiesen. Diesen entscheidenden Umstand hat das Beschwerdegericht nicht berücksichtigt.
26
Im Übrigen zeigt das Schreiben, dass der Beteiligte zu 4 trotz der mit der Schwester bestehenden Spannungen zwischen seinen eigenen und den Interessen der Betroffenen zu differenzieren weiß. Das Hausverbot spricht mithin entgegen der Annahme des Beschwerdegerichts nicht gegen die Eignung des Beteiligten zu 4.
27
3. Die angefochtene Entscheidung ist somit schon deshalb aufzuheben, weil die nach § 1896 Abs. 2 BGB notwendige Erforderlichkeit der Betreuung nicht feststeht. Mangels ausreichender Feststellungen kann der Senat in der Sache nicht abschließend entscheiden. Die Sache ist daher an das Landgericht zurückzuverweisen, wobei der Senat von der Möglichkeit des § 74 Abs. 6 Satz 3 FamFG Gebrauch macht.
28
a) Das Landgericht wird nunmehr die erforderlichen Feststellungen dazu zu treffen haben, ob eine Betreuung trotz der Vorsorgevollmacht erforderlich ist. Dabei wird es zu ermitteln haben, ob die Vollmachterteilung wirksam oder die Betroffene zum damaligen Zeitpunkt bereits geschäftsunfähig war. Sollten trotz Ausschöpfung aller Erkenntnismöglichkeiten Zweifel an der Wirksamkeit der Vollmacht verbleiben, ist zu klären, ob diese Zweifel die Rechtswahrnehmung der Vorsorgebevollmächtigten für die Betroffene in einer die Erforderlichkeit einer Betreuung begründenden Weise behindern können.
29
Kommt das Landgericht zu dem Ergebnis, dass die Vollmacht im Grundsatz geeignet ist, der Einrichtung einer Betreuung nach § 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB entgegenzustehen, wird es sich mit der Frage der Eignung der Vorsorgebevollmächtigten zu befassen haben. Dabei dürfte nahe liegen, die Vorsorgebevollmächtigten zu Zweifeln ihre Geeignetheit - oder auch Redlichkeit - betreffend persönlich anzuhören, um der aus § 26 FamFG folgenden Amtsermittlungspflicht zu genügen (vgl. Senatsbeschluss vom 15. Dezember 2010 - XII ZB 165/10 - FamRZ 2011, 285 Rn. 17 f. zur Geeignetheit und Redlichkeit eines vom Betroffenen als Betreuer Vorgeschlagenen).
30
Außerdem gibt die Zurückverweisung dem Landgericht Gelegenheit, die erforderliche persönliche Anhörung der Betroffenen (§ 278 Abs. 1 Satz 1 FamFG) durchzuführen. Zwar kann das Beschwerdegericht gemäß § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG hiervon absehen, wenn sie bereits im ersten Rechtszug vorgenommen wurde und von einer erneuten Vornahme keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind. Diese Annahme scheidet aus, wenn das Beschwerdegericht - wie hier - einen Betreuerwechsel vornimmt. Die Person des Betreuers gehört zum elementaren Entscheidungsgehalt des die Betreuung errichtenden Beschlusses, zu dem ein Betroffener sowohl mit Blick auf seine Verfahrensrechte als auch zur im Rahmen des § 26 FamFG gebotenen Amtsermittlung persönlich anzuhören ist. Eine - wie hier - vom Beschwerdegericht vorgenommene "Delegierung" etwa auf die Verfahrenspflegerin kommt nicht in Betracht.
31
b) Ergänzend ist anzumerken, dass es für die vom Beschwerdegericht im Beschlusstenor vorgenommene Erweiterung des Aufgabenkreises um die Aufenthaltsbestimmung und die Regelung des Postverkehrs vollständig an einer Entscheidungsbegründung fehlt. Insoweit liegt die Vermutung nahe, dass diese Tenorierung auf eine EDV-mäßige Übernahme des Beschlusstenors aus dem für den Ehemann der Betroffenen geführten Beschwerdeverfahren zurückzuführen ist.
32
Dass das Beschwerdegericht dem Betreuer die Überprüfung aufgegeben hat, ob die General- und Vorsorgevollmacht zu widerrufen sei, gibt zu dem Hinweis Anlass, dass die Rechtsmacht des Betreuers zu einem solchen Widerruf die ausdrückliche Zuweisung dieser Befugnis durch gerichtlichen Beschluss erfordert (Senatsbeschluss vom 28. Juli 2015 - XII ZB 674/14 - FamRZ 2015, 1702 Rn. 10 ff. mwN). Diese Zuweisung setzt tragfähige Feststellungen voraus, dass das Festhalten an der erteilten Vorsorgevollmacht eine künftige Verletzung des Wohls der Betroffenen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit und in erheblicher Schwere befürchten lässt. Sind behebbare Mängel bei der Vollmachtausübung festzustellen, erfordert der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz grundsätzlich zunächst den Versuch, durch einen (Kontroll-)Betreuer auf den Bevollmächtigten positiv einzuwirken, insbesondere durch Verlangen nach Auskunft und Rechenschaftslegung (§ 666 BGB) sowie durch die Ausübung bestehender Weisungsrechte. Nur wenn diese Maßnahmen fehlschlagen oder aufgrund feststehender Tatsachen mit hinreichender Sicherheit als ungeeignet erscheinen , ist die Ermächtigung zum Widerruf der Vollmacht - als ultima ratio - verhältnismäßig (Senatsbeschlüsse vom 14. Oktober 2015 - XII ZB 177/15 - FamRZ 2016, 117 Rn. 16; vom 23. September 2015 - XII ZB 624/14 - FamRZ 2015, 2163 Rn. 17 und vom 28. Juli 2015 - XII ZB 674/14 - FamRZ 2015, 1702 Rn. 33 ff. mwN).
Dose Weber-Monecke Schilling Nedden-Boeger Guhling
Vorinstanzen:
AG Bad Oeynhausen, Entscheidung vom 12.06.2015 - 17 XVII 242/14 K -
LG Bielefeld, Entscheidung vom 18.09.2015 - 23 T 467/15 -

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(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in

1.
Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts,
2.
Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie
3.
Freiheitsentziehungssachen.
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 gilt dies nur, wenn sich die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss richtet, der die Unterbringungsmaßnahme oder die Freiheitsentziehung anordnet. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 ist die Rechtsbeschwerde abweichend von Satz 2 auch dann ohne Zulassung statthaft, wenn sie sich gegen den eine freiheitsentziehende Maßnahme ablehnenden oder zurückweisenden Beschluss in den in § 417 Absatz 2 Satz 2 Nummer 5 genannten Verfahren richtet.

(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 3 gegen den Beschluss des 12. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 18. Juli 2014 wird verworfen.

Gerichtskosten für das Verfahren der Rechtsbeschwerde werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Verfahrenswert: 3.000 €

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin begehrt die Feststellung, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung eines polnischen Scheidungsurteils nicht erfüllt seien.

2

Der im August 2010 verstorbene Michael V. war in erster Ehe mit der Antragstellerin verheiratet; aus dieser 1995 geschiedenen Ehe sind ein Sohn und eine Tochter hervorgegangen.

3

Die aus Polen stammende Antragsgegnerin hatte im Jahr 1990 die Ehe mit Janusz K. geschlossen. Im Jahr 1995 wurde der Sohn der Antragsgegnerin geboren. Das Amtsgericht P. stellte fest, dass Janusz K. nicht der Vater des Kindes ist. Michael V. erkannte 1997 die Vaterschaft für das Kind an und heiratete die Antragsgegnerin im Jahr 1998.

4

Die Antragstellerin und ihre beiden Kinder auf der einen Seite und die Antragsgegnerin und ihr Kind auf der anderen Seite stehen sich seit dem Tod von Michael V. in verschiedenen zivil- und nachlassgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten gegenüber. Zwischen der Antragsgegnerin und ihrem Sohn als Kläger und der Antragstellerin als Beklagter ist unter anderem ein Verfahren vor dem Landgericht I. anhängig, in dem die Feststellung begehrt wird, dass Unterhaltsansprüche der Antragstellerin aus notariellen Vereinbarungen zwischen ihr und dem verstorbenen Michael V. gegen den Nachlass und die Erbengemeinschaft nach Michael V. nicht bestehen. In diesem Verfahren bestreitet die Antragstellerin insbesondere das Erbrecht der Antragsgegnerin. Sie macht dazu geltend, dass die Antragsgegnerin bei ihrer Heirat mit Michael V. eine Doppelehe eingegangen sei. Ein von der Antragsgegnerin in Kopie vorgelegtes Scheidungsurteil des Wojewodschaftsgerichts in Danzig (Sąd Wojewódzki w Gdańsku) vom 8. März 1995, wonach ihre frühere Ehe mit Janusz K. in Polen geschieden worden sei, sei "gekauft" und ein "Scheinurteil".

5

Im vorliegenden Verfahren begehrt die Antragstellerin die Feststellung, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung der Entscheidung des Wojewodschaftsgerichts Danzig vom 8. März 1995 in Deutschland nicht vorliegen. Die Landesjustizverwaltung hat diesen Antrag als unzulässig abgewiesen. Gegen den Bescheid der Landesjustizverwaltung hat sich die Antragstellerin mit ihrem Antrag auf gerichtliche Entscheidung gewandt. Das Oberlandesgericht, dessen Entscheidung in FamRZ 2015, 76 veröffentlicht ist, hat den Bescheid aufgehoben und die Sache an die Landesjustizverwaltung zur Neubescheidung zurückverwiesen.

6

Die Landesjustizverwaltung hat dagegen die vom Oberlandesgericht zugelassene Rechtsbeschwerde eingelegt, mit der sie die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und die Zurückweisung des Antrages auf gerichtliche Entscheidung erstrebt. Die Antragstellerin hat sich der Rechtsbeschwerde angeschlossen. Sie trägt ebenfalls auf eine Aufhebung der Entscheidung des Oberlandesgerichts an, allerdings mit dem Ziel, das Oberlandesgericht zu einer eigenen Sachentscheidung über ihren Feststellungsantrag zu verpflichten.

II.

7

Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 70 Abs. 1 FamFG iVm § 107 Abs. 7 Satz 3 FamFG statthaft (vgl. auch Senatsbeschluss BGHZ 189, 87 = FamRZ 2011, 788 Rn. 6 f.); an die Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das Oberlandesgericht ist der Senat gebunden (§ 70 Abs. 2 Satz 2 FamFG).

8

Sie ist aber im Übrigen unzulässig. Es braucht dabei nicht grundlegend erörtert zu werden, ob die Landesjustizverwaltung, deren Bescheid durch einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 107 Abs. 5 FamFG angefochten wird, an dem anschließenden Verfahren vor dem Oberlandesgericht grundsätzlich zu beteiligen ist (Staudinger/Spellenberg BGB [2004] Art. 7 § 1 FamRÄndG Rn. 196; Jansen/Wick FGG 3. Aufl. § 16 a Rn. 20) oder ob sie nach der Reform des familiengerichtlichen Verfahrens im Anerkennungsverfahren allein die Funktion einer ersten Instanz übernimmt und schon deshalb nicht Beteiligte des mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung vor das Oberlandesgericht gezogenen Verfahrens sein kann (Keidel/Zimmermann FamFG 18. Aufl. § 107 Rn. 48). Denn selbst wenn die Landesjustizverwaltung - der im vorliegenden Fall Gelegenheit zur Stellungnahme zum Antrag der Antragstellerin gegeben worden ist - als Beteiligte des vor dem Oberlandesgericht geführten Anerkennungsverfahrens angesehen werden könnte, erwächst ihr allein aus ihrer Verfahrensbeteiligung keine Rechtsbeschwerdeberechtigung.

9

1. Entgegen der Auffassung der Landesjustizverwaltung ist nicht nur die Zulässigkeit einer (Erst-)Beschwerde, sondern auch die Zulässigkeit einer Rechtsbeschwerde von einer Beschwerdeberechtigung des Rechtsmittelführers abhängig. Richtig ist zwar, dass die Vorschriften über die Rechtsbeschwerde (§§ 70 ff. FamFG) keine unmittelbare Verweisung auf die entsprechende Anwendung der Vorschriften für das Beschwerdeverfahren enthalten. Es entspricht indessen allgemeiner Auffassung, dass das Rechtsbeschwerdegericht gleichwohl die Beschwer des Rechtsbeschwerdeführers in formeller und materieller Hinsicht zu prüfen hat (vgl. nur Keidel/Meyer-Holz FamFG 18. Aufl. § 74 Rn. 6; Borth/Grandel in Musielak/Borth FamFG 5. Aufl. § 74 Rn. 2; MünchKommFamFG/Ansgar Fischer 2. Aufl. § 59 Rn. 4; BeckOK-FamFG/Gutjahr [Stand: Juli 2015] § 74 Rn. 7). Wird der Rechtsbeschwerdeführer durch die angefochtene Entscheidung nicht formell beschwert, setzt die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde auch in Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit stets eine materielle Beschwer des Rechtsbeschwerdeführers voraus. Dies ergab sich unter dem bis zum 31. August 2009 geltenden Verfahrensrecht für das Verfahren der weiteren Beschwerde unmittelbar aus §§ 29 Abs. 4, 20 Abs. 1 FGG, und es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Reformgesetzgeber abweichend vom früheren Rechtszustand eine Popularbeschwerde zum Bundesgerichtshof eröffnen wollte.

10

2. Der Landesjustizverwaltung steht keine Befugnis zur Rechtsbeschwerde gegen eine im Anerkennungsverfahren ergangene Entscheidung des Oberlandesgerichts zu.

11

a) Auf eine Sonderregelung für Behörden nach § 59 Abs. 3 FamFG lässt sich eine Beschwerdebefugnis der Landesjustizverwaltung nicht stützen. Über den Fall einer eigenen Rechtsbeeinträchtigung hinaus räumt die Vorschrift Behörden nur bei entsprechender besonderer gesetzlicher Anordnung eine Beschwerdeberechtigung ein (Senatsbeschlüsse vom 8. Oktober 2014 - XII ZB 406/13 - FamRZ 2015, 42 Rn. 11 und vom 18. April 2012 - XII ZB 624/11 - FamRZ 2012, 1131 Rn. 8). Eine solche Regelung der (Rechts-) Beschwerdeberechtigung der Landesjustizverwaltung für das Anerkennungsverfahren gemäß § 107 FamFG findet sich weder im Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit noch in anderen Vorschriften.

12

b) Eine formelle Beschwer für die Landesjustizverwaltung ist nicht in der Aufhebung des von ihr erlassenen Bescheids zu sehen. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist eine - für die Beschwerdebefugnis im Rechtsbeschwerdeverfahren ausreichende - formelle Beschwer gegeben, wenn und soweit die eigene Erstbeschwerde des Rechtsbeschwerdeführers zurückgewiesen oder als unzulässig verworfen wurde (vgl. Senatsbeschlüsse vom 17. Juni 2015 - XII ZB 730/12 - FamRZ 2015, 1479 Rn. 6 und vom 5. November 2014 - XII ZB 117/14 - FamRZ 2015, 42 Rn. 4 mwN). Ausgehend von diesen Grundsätzen kann die Landesjustizverwaltung durch eine Entscheidung des Oberlandesgerichts im Anerkennungsverfahren nicht formell beschwert werden, denn sie kann nicht diejenige sein, die mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung den (ersten) Rechtsbehelf zum Oberlandesgericht ergreift.

13

c) Schließlich ist die Landesjustizverwaltung auch in materieller Hinsicht nicht beschwert.

14

aa) Nach § 59 Abs. 1 FamFG steht die Beschwerde demjenigen zu, der durch den Beschluss in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Eine Rechtsbeeinträchtigung liegt vor, wenn der Entscheidungssatz des angefochtenen Beschlusses unmittelbar in ein dem Rechtsmittelführer zustehendes Recht eingreift. Die angefochtene Entscheidung muss daher ein bestehendes Recht des Rechtsmittelführers aufheben, beschränken, mindern, ungünstig beeinflussen oder gefährden, die Ausübung dieses Rechts stören oder dem Rechtsmittelführer die mögliche Verbesserung seiner Rechtsstellung vorenthalten oder erschweren. Eine Beeinträchtigung lediglich wirtschaftlicher, rechtlicher oder sonstiger berechtigter Interessen ist nicht ausreichend. Daher kann sich für eine Behörde aus § 59 Abs. 1 FamFG eine Beschwerdeberechtigung nur dann ergeben, wenn sie durch eine gerichtliche Entscheidung in gesetzlich eingeräumten eigenen Rechten unmittelbar betroffen ist. Eine bloße Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an der Erfüllung der einer Behörde übertragenen öffentlichen Aufgabe genügt dagegen nicht (Senatsbeschlüsse vom 17. Juni 2015 - XII ZB 730/12 - FamRZ 2015, 1479 Rn. 16 und vom 8. Oktober 2014 - XII ZB 406/13 - FamRZ 2015, 42 Rn. 15).

15

bb) Gemessen daran fehlt es an einer materiellen Beschwer für die Landesjustizverwaltung.

16

Wie der Senat bereits entschieden hat, wird eine Behörde nicht schon deshalb in eigenen Rechten unmittelbar betroffen, weil sie durch ein Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit zur Vornahme einer bestimmten Amtshandlung angehalten wird (vgl. Senatsbeschluss vom 17. Juni 2015 - XII ZB 730/12 - FamRZ 2015, 1479 Rn. 17). Die Aufhebung eines im Anerkennungsverfahren nach § 107 FamFG ergangenen Bescheids und die Zurückverweisung der Sache an die Landesjustizverwaltung mit der Maßgabe, dass dort weitere Ermittlungen zur Aufklärung des Sachverhalts durchzuführen seien, berührt allein das allgemeine öffentliche Interesse an der ordnungsgemäßen Erfüllung der der Landesjustizverwaltung kraft Gesetzes übertragenen Aufgabe, stellt aber keinen Eingriff in ein eigenes Recht der Behörde dar.

17

Gleiches gilt, soweit die Landesjustizverwaltung nach der Zurückverweisung der Sache nach §§ 107 Abs. 7 Satz 3, 69 Abs. 1 Satz 4 FamFG an die Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts gebunden ist, wonach die Landesjustizverwaltung auch nach der Reform des Verfahrens in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit bei Heimatstaatenentscheidungen weiterhin um eine Feststellung der Anerkennungsvoraussetzungen gebeten werden kann (vgl. zum früheren Recht Senatsbeschluss BGHZ 112, 127 = FamRZ 1990, 1228, 1229 f.). Entgegen der Auffassung der Landesjustizverwaltung steht den in einem Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit beteiligten Behörden ohne weiteres auch kein eigenes Recht zu, in den für die Erfüllung ihrer Aufgaben wichtigen und umstrittenen Rechtsfragen eine klärende ober- oder höchstgerichtliche Entscheidung herbeizuführen. Auch hierzu bedarf es einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung im Sinne von § 59 Abs. 3 FamFG (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Februar 2014 - XII ZB 180/12 - FamRZ 2014, 741 Rn. 5 f. zum Beschwerderecht der Standesamtsaufsicht).

III.

18

Da die Rechtsbeschwerde der Landesjustizverwaltung als unzulässig zu verwerfen ist, verliert die unselbständige Anschlussrechtsbeschwerde der Antragstellerin ihre Wirkung (§ 73 Satz 3 FamFG).

Dose                     Schilling                        Günter

              Botur                         Guhling

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 425/14
vom
3. Februar 2016
in der Betreuungssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Das krankheitsbedingte Fehlen eines freien Willens i.S.d. § 1896 Abs. 1 a BGB hat das sachverständig
beratene Gericht auch dann festzustellen, wenn sich der Betroffene gegen die Bestellung eines Betreuers
allein wegen einer vermeintlich wirksamen Vorsorgevollmacht wendet (im Anschluss an Senatsbeschlüsse
vom 26. Februar 2014 - XII ZB 577/13 - FamRZ 2014, 830 und vom 14. Januar 2015
- XII ZB 352/14 - FamRZ 2015, 648).

b) Die Frage, ob der Betroffene im Zeitpunkt der Vollmachterteilung nach § 104 Nr. 2 BGB geschäftsunfähig
war, hat das Gericht nach § 26 FamFG von Amts wegen aufzuklären. Insoweit bedarf es nicht
zwingend einer förmlichen Beweisaufnahme durch Einholung eines Sachverständigengutachtens nach
§ 280 Abs. 1 FamFG (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 19. August 2015 - XII ZB 610/14 -
FamRZ 2015, 2047).

c) Kann die Unwirksamkeit einer Vorsorgevollmacht nicht positiv festgestellt werden, bleibt es bei der
wirksamen Bevollmächtigung.
Zweifel an einer wirksamen Bevollmächtigung, die auch nach den vom Gericht anzustellenden Ermittlungen
verbleiben, führen nur dann zur Erforderlichkeit der Betreuung, wenn die Akzeptanz der Vollmacht
im Rechtsverkehr eingeschränkt ist, entweder weil Dritte die Vollmacht unter Berufung auf diese
Bedenken zurückgewiesen haben oder weil entsprechendes konkret zu besorgen ist (Abgrenzung zu
Senatsbeschlüssen vom 15. Dezember 2010 - XII ZB 165/10 - FamRZ 2011, 285 und vom 19. August
2015 - XII ZB 610/14 - FamRZ 2015, 2047).
BGH, Beschluss vom 3. Februar 2016 - XII ZB 425/14 - LG Wiesbaden
AG Wiesbaden
ECLI:DE:BGH:2016:030216BXIIZB425.14.0

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 3. Februar 2016 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Dr. Klinkhammer, Schilling, Dr. Nedden-Boeger und Guhling
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen wird der Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden vom 10. Juli 2014 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen. Beschwerdewert: 5.000 €

Gründe:

A.

1
Die im Jahr 1928 geborene Betroffene wendet sich gegen die Anordnung ihrer Betreuung. Sie meint, die Betreuung sei wegen einer Bevollmächtigung nicht erforderlich.
2
Die Betroffene leidet an einem mittelschweren hirnorganischen Psychosyndrom im Rahmen eines senilen Demenzprozesses. Sie hat der Beteiligten zu 1, ihrer Tochter, und dem Beteiligten zu 2, ihrem Ehemann, am 10. Januar 2009 für den Fall ihrer Erkrankung eine Generalvollmacht erteilt, mit der beide zusammen oder einzeln für die Betroffene handeln können.
3
Das Amtsgericht hat die Beteiligte zu 1 für die Aufgabenkreise Sorge für die Gesundheit, Vertretung gegenüber Behörden, Versicherungen und sonstigen Institutionen, Entgegennahme, Öffnen der Post und Vertretung in Gerichtsverfahren zur Betreuerin für die Betroffene bestellt. Für den Fall ihrer Verhinderung hat es den Beteiligten zu 2 zum Ersatzbetreuer bestellt. Das Landgericht hat die Beschwerde der Betroffenen zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Betroffene mit ihrer Rechtsbeschwerde.

B.

4
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.

I.

5
Das Landgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:
6
Dass die medizinische Notwendigkeit zum Zeitpunkt des Beschlusserlasses für die Betreuerbestellung vorgelegen habe, werde von der Beschwerde nicht angegriffen. Die von der Betroffenen am 10. Januar 2009 erteilte Generalvollmacht schließe die Anordnung der Betreuung nicht aus, da auch nach umfangreicher Beweisaufnahme nicht zweifelsfrei feststehe, dass die Betroffene zum Zeitpunkt der Vollmachterteilung geschäftsfähig gewesen sei.
7
Zwar hätten die von der Betroffenen benannten Zeugen keine Zweifel an ihrer Geschäftsfähigkeit im Zeitpunkt der Vollmachterteilung gehabt. Jedoch habe der Zeuge L. bei seiner Vernehmung widerspruchsfrei ausgesagt, im Rahmen der von ihm durchgeführten neurologischen Behandlung sei es bei der ersten Vorstellung im August 2008 um wahnhafte Inhalte, Halluzinationen und Beziehungsideen gegangen. Er habe bei der Betroffenen eine schizophreniforme Störung festgestellt und den Verdacht auf eine beginnende Demenz gehabt. Aus einem in seinen Unterlagen befindlichen Patientenfragebogen habe sich ergeben, dass die Betroffene bereits in den Jahren 2007 und 2008 wegen Stimmenhörens in neurologischer oder psychiatrischer Behandlung gewesen sei. Die Betroffene habe auch ihm berichtet, dass sie Stimmen höre, sich verfolgt und beobachtet fühle.
8
Die Zweifel an der Geschäftsfähigkeit der Betroffenen zum Zeitpunkt der Vollmachterteilung seien durch die Begutachtungen des Sachverständigen B. bestätigt worden. Dieser sei zu dem Ergebnis gekommen, dass es bereits im Jahre 2008 zu einem Schlaganfallereignis bei der Betroffenen gekommen sein könne, zumal bildgebende Verfahren im Februar 2009 einige zerebrale Defekte nach Schlaganfällen und geringe mikropathologische Veränderungen gezeigt hätten. Zumindest seien aber zerebrale Durchblutungsstörungen mit einer gewissen Symptomatik festzuhalten. Dabei sei kennzeichnend, dass zwar eine zeitweilige Symptomatik vorhanden sei, nach Rückbildung aber keine Krankheitsanzeichen in dieser Hinsicht mehr bestünden. Der Sachverständige habe auch auf den Befundbericht des Zeugen L. vom 14. August 2008 Bezug genommen, wonach die Betroffene unter anderem an Halluzinationen leide, die zeitweilig vorhanden gewesen seien und an eine schizophrene Störung denken ließen. Damit bestünden im Ergebnis Bedenken, dass die Betroffene bei der Erteilung der Generalvollmacht die Fähigkeit besessen habe, die Bedeutung der abgegebenen Willenserklärung zu erkennen und nach dieser Erkenntnis zu handeln.

II.

9
Dies hält rechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
10
1. Die bislang getroffenen Feststellungen rechtfertigen nicht den Schluss des Landgerichts, dass trotz der erteilten Vollmacht eine Betreuung erforderlich ist.
11
a) Ebenso wie die - eine Betreuung erfordernde - Krankheit mit hinreichender Sicherheit feststehen muss, eine bloße Verdachtsdiagnose also nicht ausreicht (Senatsbeschluss vom 16. Mai 2012 - XII ZB 584/11 - FamRZ 2012, 1210 Rn. 7 mwN), genügt ein bloßer Verdacht nicht, um die Vermutung der Wirksamkeit einer vorliegenden Vollmachtsurkunde zu erschüttern. Kann die Unwirksamkeit einer Vorsorgevollmacht nicht positiv festgestellt werden, bleibt es somit bei der wirksamen Bevollmächtigung. Soweit die frühere Senatsrechtsprechung dem widerspricht (vgl. Senatsbeschlüsse vom 15. Dezember 2010 - XII ZB 165/10 - FamRZ 2011, 285 Rn. 11 und vom 19. August 2015 - XII ZB 610/14 - FamRZ 2015, 2047 Rn. 27 mwN), hält der Senat daran nicht fest.
12
Ob eine bestehende Vollmacht dann, wenn sie in Zweifel gezogen wird, dem Bevollmächtigten ermöglicht, die Angelegenheiten des Betroffenen ebenso gut wie durch einen Betreuer zu besorgen (§ 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB), ist eine nachgeordnete Frage, die sich erst stellt, wenn die Frage der Wirksamkeit der Vollmacht ausermittelt ist (vgl. BeckOGK/Schmidt-Recla BGB [Stand: November 2015] § 1896 Rn. 235; Erman/Roth BGB 14. Aufl. § 1896 Rn. 41) und nicht positiv festgestellt werden kann, ob sie wirksam oder unwirksam ist. Bleiben Bedenken, kommt es darauf an, ob die Akzeptanz der Vollmacht im Rechtsverkehr eingeschränkt ist, entweder weil Dritte die Vollmacht unter Berufung auf diese Bedenken zurückgewiesen haben oder weil entsprechendes konkret zu besorgen ist (so auch OLG München NJW-RR 2009, 1599, 1602 f.; Münch- KommBGB/Schwab 6. Aufl. § 1896 Rn. 51; BeckOGK/Schmidt-Recla BGB [Stand: November 2015] § 1896 Rn. 236; Erman/Roth BGB 14. Aufl. § 1896 Rn. 41; jurisPK-BGB/Bieg [Stand: 26. Oktober 2015] § 1896 Rn. 52).
13
b) Gemessen hieran genügen die bislang getroffenen Feststellungen des Landgerichts nicht, um die Erforderlichkeit der Betreuung bejahen zu können.
14
aa) Das Landgericht ist freilich in nicht zu beanstandender Weise zu dem Ergebnis gelangt, dass Bedenken gegen die Wirksamkeit der erteilten Vollmacht bestünden.
15
(1) Allerdings rügt die Rechtsbeschwerde zu Recht, dass der später bestellte Gutachter B. an der Einvernahme der Zeugen - mit Ausnahme der Einvernahme des Zeugen L. - nicht teilgenommen habe. Dabei weist die Rechtsbeschwerde auch zutreffend darauf hin, dass die Zeugenvernehmung ausweislich des Beweisbeschlusses des Landgerichts im Beisein des Sachverständigen stattfinden sollte. Zwar war in dem Beweisbeschluss noch der Sachverständige S. benannt, der an der Vernehmung der Zeugen auch tatsächlich teilgenommen hat. Jedoch hat das Landgericht ihn später entpflichtet und an seiner Stelle den Sachverständigen B. zum Gutachter bestellt.
16
Gleichwohl ist das vom Landgericht gewählte Verfahren auch vor dem Hintergrund des ursprünglichen Beweisbeschlusses aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Der umfangreichen Protokollierung der Zeugenvernehmung im Termin vom 23. Januar 2013 sind sowohl die Fragen zu entnehmen, die der Sachverständige S. ergänzend an die Zeugen gerichtet hat, als auch die entsprechenden Antworten. Wie sich vor allem aus seiner ergänzenden Anhörung im Termin vom 9. Juli 2014 ergibt, hat der Sachverständige B. die Zeugenaussagen bei seiner Begutachtung verwertet, ist aber zu dem Ergebnis gelangt, dass die Aussagen - ihre Richtigkeit unterstellt - die Zweifel an der Geschäfts- fähigkeit der Betroffenen nicht hätten entkräften können, weil die krankheitsbedingten Ausfälle der Betroffenen ihrer Natur nach nur temporär aufgetreten sein könnten. Ersichtlich hat der Sachverständige die ihm vorliegenden ärztlichen Befunde als maßgeblich erachtet.
17
Dass das Landgericht bei dieser Verfahrenslage davon Abstand genommen hat, die Zeugen nochmals, nunmehr im Beisein des Sachverständigen B., zu vernehmen, liegt noch im tatrichterlichen Ermessen.
18
(2) Ebenso wenig verfängt die Rüge der Rechtsbeschwerde, das vom Landgericht zugrunde gelegte Gutachten des Sachverständigen B. genüge nicht den Anforderungen, die die Senatsrechtsprechung an ein Gutachten in Betreuungssachen gemäß § 280 FamFG stelle.
19
Die Frage, ob der Betroffene im Zeitpunkt der Vollmachterteilung nach § 104 Nr. 2 BGB geschäftsunfähig war, hat das Gericht nach § 26 FamFG von Amts wegen aufzuklären. Insoweit bedarf es - entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde - nicht zwingend einer förmlichen Beweisaufnahme durch Einholung eines Sachverständigengutachtens nach § 280 Abs. 1 FamFG. Das ändert freilich nichts an dem Umstand, dass regelmäßig jedenfalls die Einholung einer fachärztlichen Stellungnahme erforderlich sein wird. Dabei steht es jedoch - anders als im Fall des § 280 FamFG - im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts, ob es im Wege des Frei- oder Strengbeweises vorgeht (§ 30 Abs. 1 FamFG - vgl. Senatsbeschluss vom 19. August 2015 - XII ZB 610/14 - FamRZ 2015, 2047 Rn. 31 f.).
20
(3) Nach alledem hat das Landgericht die Frage der Geschäftsfähigkeit der Betroffenen zum Zeitpunkt der Vollmachterteilung i.S.v. §§ 26, 30 FamFG hinreichend ausermittelt.
21
bb) Das Landgericht hat sich von seinem Rechtsstandpunkt folgerichtig allerdings nicht die Frage vorgelegt, ob Anhaltspunkte für eine mangelnde Akzeptanz der Vollmacht im Rechtsverkehr bestehen. Dies wird es nachzuholen haben.
22
2. Die angefochtene Entscheidung kann auch deshalb nicht bestehen bleiben, weil das Landgericht nicht festgestellt hat, ob ein freier Wille der Betroffenen i.S.v. § 1896 Abs. 1 a BGB der Bestellung eines Betreuers entgegensteht.
23
a) Nach § 1896 Abs. 1 a BGB darf gegen den freien Willen eines Volljährigen ein Betreuer nicht bestellt werden. Die Annahme eines freien Willens im Sinne von § 1896 Abs. 1 a BGB setzt dabei Einsichts- und Handlungsfähigkeit voraus. Der Betroffene muss mithin in der Lage sein, im Grundsatz die für und wider eine Betreuerbestellung sprechenden Gesichtspunkte zu erkennen und gegeneinander abzuwägen, sowie nach der gewonnenen Erkenntnis zu handeln , also die sich daraus ergebenden Schlüsse in Bezug auf die Einrichtung einer Betreuung umzusetzen. Das krankheitsbedingte Fehlen eines solchen freien Willens hat das sachverständig beratene Gericht festzustellen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 26. Februar 2014 - XII ZB 577/13 - FamRZ 2014, 830 Rn. 11 ff. und vom 14. Januar 2015 - XII ZB 352/14 - FamRZ 2015, 648 Rn. 10 ff.).
24
b) An einer diesen rechtlichen Vorgaben genügenden Feststellung, dass es der Betroffenen am freien Willen mangelt, fehlt es. Weder die amtsgerichtliche noch die landgerichtliche Entscheidung verhalten sich hierzu. Ebenso wenig enthalten die beiden Gutachten der Sachverständigen S. und B. Ausführungen zum freien Willen im Zeitpunkt der Begutachtung.
25
Die Gerichte waren nicht etwa deshalb von entsprechenden Ermittlungen entbunden, weil die Betreuungsbedürftigkeit der Betroffenen dem Grunde nach nicht im Streit war und mit der Beschwerde sowie mit der Rechtsbeschwerde allein die Wirksamkeit der Vollmacht zur Überprüfung gestellt wurde. Denn spätestens mit ihrer Beschwerde hat die Betroffene dokumentiert, dass die Bestellung der Betreuerin nicht ihrem Willen entspricht, so dass die Voraussetzungen des § 1896 Abs. 1a BGB von Amts wegen zu prüfen waren.

III.

26
Gemäß § 74 Abs. 5 FamFG ist der angefochtene Beschluss aufzuheben. Die Sache ist, da noch weitere Ermittlungen durchzuführen sind, an das Landgericht zurückzuverweisen (§ 74 Abs. 6 Satz 2 FamFG).
27
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:
28
Sollten die weiteren Feststellungen ergeben, dass eine Betreuung trotz der Bevollmächtigung erforderlich ist, wird das Landgericht zu erwägen haben, die dann noch durchzuführende Begutachtung der Betroffenen zum freien Willen auch auf die - die Betreuung i.S.v. § 1896 Abs. 1 BGB erforderlich machende - Erkrankung zu erstrecken. Zwar war dies bereits Gegenstand der Begutachtung des Sachverständigen S. Vor dem Hintergrund, dass dieser vom Landgericht entpflichtet worden ist, nachdem er mitgeteilt hatte, kein Facharzt für Psychiatrie und "seit Jahren nicht mehr praktisch nervenheilkundlich tätig" gewesen zu sein, dürfte eine erneute Begutachtung durch einen die erforderliche Sachkunde aufweisenden Sachverständigen geboten sein, zumal der Sachverständige B. in seinem Gutachten allein die Beweisfrage beantwortet hat, ob die Betroffene die Vollmacht wirksam erteilt habe.
29
Schließlich wird das Landgericht - nach Vorlage des Sachverständigengutachtens - zu erwägen haben, die Betroffene selbst anzuhören (vgl. Senatsbeschluss vom 2. Dezember 2015 - XII ZB 227/12 - juris Rn. 8 ff.).
30
Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung , zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§ 74 Abs. 7 FamFG). Dose Klinkhammer Schilling Nedden-Boeger Guhling
Vorinstanzen:
AG Wiesbaden, Entscheidung vom 14.05.2012 - 42 XVII 23/12 T -
LG Wiesbaden, Entscheidung vom 10.07.2014 - 4 T 347/12 und 4 T 392/12 -
17
aa) Ein Betreuer darf nur bestellt werden, soweit die Betreuerbestellung erforderlich ist (§ 1896 Abs. 2 Satz 1 BGB). Eine Betreuung ist nicht erforderlich , soweit die Angelegenheit des Betroffenen durch einen Bevollmächtigten ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden können (§ 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB). Eine Vorsorgevollmacht steht der Bestellung eines Betreuers allerdings dann nicht entgegen, wenn der Bevollmächtigte ungeeignet ist, die Angelegenheiten des Betroffenen zu besorgen, insbesondere weil zu befürchten ist, dass die Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen durch jenen eine konkrete Gefahr für das Wohl des Betroffenen begründen. Dies ist der Fall, wenn der Bevollmächtigte wegen erheblicher Bedenken an seiner Redlichkeit als ungeeignet erscheint (Senatsbeschluss vom 13. April 2011 - XII ZB 584/10 - FamRZ 2011, 964 Rn. 15 mwN).
15
Eine Vorsorgevollmacht steht der Bestellung eines Betreuers allerdings auch dann nicht entgegen, wenn der Bevollmächtigte ungeeignet ist, die Angelegenheiten des Betroffenen zu besorgen, insbesondere weil zu befürchten ist, dass die Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen durch jenen eine konkrete Gefahr für das Wohl des Betroffenen begründen. Dies ist der Fall, wenn der Bevollmächtigte wegen erheblicher Bedenken an seiner Redlichkeit als ungeeignet erscheint (KG FamRZ 2010, 924, 925; OLG Zweibrücken OLGR 2006, 729, 730; Palandt/Diederichsen BGB 70. Aufl. § 1896 Rn. 12 mwN).
17
aa) Ein Betreuer darf nur bestellt werden, soweit die Betreuerbestellung erforderlich ist (§ 1896 Abs. 2 Satz 1 BGB). Eine Betreuung ist nicht erforderlich , soweit die Angelegenheit des Betroffenen durch einen Bevollmächtigten ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden können (§ 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB). Eine Vorsorgevollmacht steht der Bestellung eines Betreuers allerdings dann nicht entgegen, wenn der Bevollmächtigte ungeeignet ist, die Angelegenheiten des Betroffenen zu besorgen, insbesondere weil zu befürchten ist, dass die Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen durch jenen eine konkrete Gefahr für das Wohl des Betroffenen begründen. Dies ist der Fall, wenn der Bevollmächtigte wegen erheblicher Bedenken an seiner Redlichkeit als ungeeignet erscheint (Senatsbeschluss vom 13. April 2011 - XII ZB 584/10 - FamRZ 2011, 964 Rn. 15 mwN).
15
Eine Vorsorgevollmacht steht der Bestellung eines Betreuers allerdings auch dann nicht entgegen, wenn der Bevollmächtigte ungeeignet ist, die Angelegenheiten des Betroffenen zu besorgen, insbesondere weil zu befürchten ist, dass die Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen durch jenen eine konkrete Gefahr für das Wohl des Betroffenen begründen. Dies ist der Fall, wenn der Bevollmächtigte wegen erheblicher Bedenken an seiner Redlichkeit als ungeeignet erscheint (KG FamRZ 2010, 924, 925; OLG Zweibrücken OLGR 2006, 729, 730; Palandt/Diederichsen BGB 70. Aufl. § 1896 Rn. 12 mwN).

Das Gericht hat von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 425/14
vom
3. Februar 2016
in der Betreuungssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Das krankheitsbedingte Fehlen eines freien Willens i.S.d. § 1896 Abs. 1 a BGB hat das sachverständig
beratene Gericht auch dann festzustellen, wenn sich der Betroffene gegen die Bestellung eines Betreuers
allein wegen einer vermeintlich wirksamen Vorsorgevollmacht wendet (im Anschluss an Senatsbeschlüsse
vom 26. Februar 2014 - XII ZB 577/13 - FamRZ 2014, 830 und vom 14. Januar 2015
- XII ZB 352/14 - FamRZ 2015, 648).

b) Die Frage, ob der Betroffene im Zeitpunkt der Vollmachterteilung nach § 104 Nr. 2 BGB geschäftsunfähig
war, hat das Gericht nach § 26 FamFG von Amts wegen aufzuklären. Insoweit bedarf es nicht
zwingend einer förmlichen Beweisaufnahme durch Einholung eines Sachverständigengutachtens nach
§ 280 Abs. 1 FamFG (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 19. August 2015 - XII ZB 610/14 -
FamRZ 2015, 2047).

c) Kann die Unwirksamkeit einer Vorsorgevollmacht nicht positiv festgestellt werden, bleibt es bei der
wirksamen Bevollmächtigung.
Zweifel an einer wirksamen Bevollmächtigung, die auch nach den vom Gericht anzustellenden Ermittlungen
verbleiben, führen nur dann zur Erforderlichkeit der Betreuung, wenn die Akzeptanz der Vollmacht
im Rechtsverkehr eingeschränkt ist, entweder weil Dritte die Vollmacht unter Berufung auf diese
Bedenken zurückgewiesen haben oder weil entsprechendes konkret zu besorgen ist (Abgrenzung zu
Senatsbeschlüssen vom 15. Dezember 2010 - XII ZB 165/10 - FamRZ 2011, 285 und vom 19. August
2015 - XII ZB 610/14 - FamRZ 2015, 2047).
BGH, Beschluss vom 3. Februar 2016 - XII ZB 425/14 - LG Wiesbaden
AG Wiesbaden
ECLI:DE:BGH:2016:030216BXIIZB425.14.0

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 3. Februar 2016 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Dr. Klinkhammer, Schilling, Dr. Nedden-Boeger und Guhling
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen wird der Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden vom 10. Juli 2014 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen. Beschwerdewert: 5.000 €

Gründe:

A.

1
Die im Jahr 1928 geborene Betroffene wendet sich gegen die Anordnung ihrer Betreuung. Sie meint, die Betreuung sei wegen einer Bevollmächtigung nicht erforderlich.
2
Die Betroffene leidet an einem mittelschweren hirnorganischen Psychosyndrom im Rahmen eines senilen Demenzprozesses. Sie hat der Beteiligten zu 1, ihrer Tochter, und dem Beteiligten zu 2, ihrem Ehemann, am 10. Januar 2009 für den Fall ihrer Erkrankung eine Generalvollmacht erteilt, mit der beide zusammen oder einzeln für die Betroffene handeln können.
3
Das Amtsgericht hat die Beteiligte zu 1 für die Aufgabenkreise Sorge für die Gesundheit, Vertretung gegenüber Behörden, Versicherungen und sonstigen Institutionen, Entgegennahme, Öffnen der Post und Vertretung in Gerichtsverfahren zur Betreuerin für die Betroffene bestellt. Für den Fall ihrer Verhinderung hat es den Beteiligten zu 2 zum Ersatzbetreuer bestellt. Das Landgericht hat die Beschwerde der Betroffenen zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Betroffene mit ihrer Rechtsbeschwerde.

B.

4
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.

I.

5
Das Landgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:
6
Dass die medizinische Notwendigkeit zum Zeitpunkt des Beschlusserlasses für die Betreuerbestellung vorgelegen habe, werde von der Beschwerde nicht angegriffen. Die von der Betroffenen am 10. Januar 2009 erteilte Generalvollmacht schließe die Anordnung der Betreuung nicht aus, da auch nach umfangreicher Beweisaufnahme nicht zweifelsfrei feststehe, dass die Betroffene zum Zeitpunkt der Vollmachterteilung geschäftsfähig gewesen sei.
7
Zwar hätten die von der Betroffenen benannten Zeugen keine Zweifel an ihrer Geschäftsfähigkeit im Zeitpunkt der Vollmachterteilung gehabt. Jedoch habe der Zeuge L. bei seiner Vernehmung widerspruchsfrei ausgesagt, im Rahmen der von ihm durchgeführten neurologischen Behandlung sei es bei der ersten Vorstellung im August 2008 um wahnhafte Inhalte, Halluzinationen und Beziehungsideen gegangen. Er habe bei der Betroffenen eine schizophreniforme Störung festgestellt und den Verdacht auf eine beginnende Demenz gehabt. Aus einem in seinen Unterlagen befindlichen Patientenfragebogen habe sich ergeben, dass die Betroffene bereits in den Jahren 2007 und 2008 wegen Stimmenhörens in neurologischer oder psychiatrischer Behandlung gewesen sei. Die Betroffene habe auch ihm berichtet, dass sie Stimmen höre, sich verfolgt und beobachtet fühle.
8
Die Zweifel an der Geschäftsfähigkeit der Betroffenen zum Zeitpunkt der Vollmachterteilung seien durch die Begutachtungen des Sachverständigen B. bestätigt worden. Dieser sei zu dem Ergebnis gekommen, dass es bereits im Jahre 2008 zu einem Schlaganfallereignis bei der Betroffenen gekommen sein könne, zumal bildgebende Verfahren im Februar 2009 einige zerebrale Defekte nach Schlaganfällen und geringe mikropathologische Veränderungen gezeigt hätten. Zumindest seien aber zerebrale Durchblutungsstörungen mit einer gewissen Symptomatik festzuhalten. Dabei sei kennzeichnend, dass zwar eine zeitweilige Symptomatik vorhanden sei, nach Rückbildung aber keine Krankheitsanzeichen in dieser Hinsicht mehr bestünden. Der Sachverständige habe auch auf den Befundbericht des Zeugen L. vom 14. August 2008 Bezug genommen, wonach die Betroffene unter anderem an Halluzinationen leide, die zeitweilig vorhanden gewesen seien und an eine schizophrene Störung denken ließen. Damit bestünden im Ergebnis Bedenken, dass die Betroffene bei der Erteilung der Generalvollmacht die Fähigkeit besessen habe, die Bedeutung der abgegebenen Willenserklärung zu erkennen und nach dieser Erkenntnis zu handeln.

II.

9
Dies hält rechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
10
1. Die bislang getroffenen Feststellungen rechtfertigen nicht den Schluss des Landgerichts, dass trotz der erteilten Vollmacht eine Betreuung erforderlich ist.
11
a) Ebenso wie die - eine Betreuung erfordernde - Krankheit mit hinreichender Sicherheit feststehen muss, eine bloße Verdachtsdiagnose also nicht ausreicht (Senatsbeschluss vom 16. Mai 2012 - XII ZB 584/11 - FamRZ 2012, 1210 Rn. 7 mwN), genügt ein bloßer Verdacht nicht, um die Vermutung der Wirksamkeit einer vorliegenden Vollmachtsurkunde zu erschüttern. Kann die Unwirksamkeit einer Vorsorgevollmacht nicht positiv festgestellt werden, bleibt es somit bei der wirksamen Bevollmächtigung. Soweit die frühere Senatsrechtsprechung dem widerspricht (vgl. Senatsbeschlüsse vom 15. Dezember 2010 - XII ZB 165/10 - FamRZ 2011, 285 Rn. 11 und vom 19. August 2015 - XII ZB 610/14 - FamRZ 2015, 2047 Rn. 27 mwN), hält der Senat daran nicht fest.
12
Ob eine bestehende Vollmacht dann, wenn sie in Zweifel gezogen wird, dem Bevollmächtigten ermöglicht, die Angelegenheiten des Betroffenen ebenso gut wie durch einen Betreuer zu besorgen (§ 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB), ist eine nachgeordnete Frage, die sich erst stellt, wenn die Frage der Wirksamkeit der Vollmacht ausermittelt ist (vgl. BeckOGK/Schmidt-Recla BGB [Stand: November 2015] § 1896 Rn. 235; Erman/Roth BGB 14. Aufl. § 1896 Rn. 41) und nicht positiv festgestellt werden kann, ob sie wirksam oder unwirksam ist. Bleiben Bedenken, kommt es darauf an, ob die Akzeptanz der Vollmacht im Rechtsverkehr eingeschränkt ist, entweder weil Dritte die Vollmacht unter Berufung auf diese Bedenken zurückgewiesen haben oder weil entsprechendes konkret zu besorgen ist (so auch OLG München NJW-RR 2009, 1599, 1602 f.; Münch- KommBGB/Schwab 6. Aufl. § 1896 Rn. 51; BeckOGK/Schmidt-Recla BGB [Stand: November 2015] § 1896 Rn. 236; Erman/Roth BGB 14. Aufl. § 1896 Rn. 41; jurisPK-BGB/Bieg [Stand: 26. Oktober 2015] § 1896 Rn. 52).
13
b) Gemessen hieran genügen die bislang getroffenen Feststellungen des Landgerichts nicht, um die Erforderlichkeit der Betreuung bejahen zu können.
14
aa) Das Landgericht ist freilich in nicht zu beanstandender Weise zu dem Ergebnis gelangt, dass Bedenken gegen die Wirksamkeit der erteilten Vollmacht bestünden.
15
(1) Allerdings rügt die Rechtsbeschwerde zu Recht, dass der später bestellte Gutachter B. an der Einvernahme der Zeugen - mit Ausnahme der Einvernahme des Zeugen L. - nicht teilgenommen habe. Dabei weist die Rechtsbeschwerde auch zutreffend darauf hin, dass die Zeugenvernehmung ausweislich des Beweisbeschlusses des Landgerichts im Beisein des Sachverständigen stattfinden sollte. Zwar war in dem Beweisbeschluss noch der Sachverständige S. benannt, der an der Vernehmung der Zeugen auch tatsächlich teilgenommen hat. Jedoch hat das Landgericht ihn später entpflichtet und an seiner Stelle den Sachverständigen B. zum Gutachter bestellt.
16
Gleichwohl ist das vom Landgericht gewählte Verfahren auch vor dem Hintergrund des ursprünglichen Beweisbeschlusses aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Der umfangreichen Protokollierung der Zeugenvernehmung im Termin vom 23. Januar 2013 sind sowohl die Fragen zu entnehmen, die der Sachverständige S. ergänzend an die Zeugen gerichtet hat, als auch die entsprechenden Antworten. Wie sich vor allem aus seiner ergänzenden Anhörung im Termin vom 9. Juli 2014 ergibt, hat der Sachverständige B. die Zeugenaussagen bei seiner Begutachtung verwertet, ist aber zu dem Ergebnis gelangt, dass die Aussagen - ihre Richtigkeit unterstellt - die Zweifel an der Geschäfts- fähigkeit der Betroffenen nicht hätten entkräften können, weil die krankheitsbedingten Ausfälle der Betroffenen ihrer Natur nach nur temporär aufgetreten sein könnten. Ersichtlich hat der Sachverständige die ihm vorliegenden ärztlichen Befunde als maßgeblich erachtet.
17
Dass das Landgericht bei dieser Verfahrenslage davon Abstand genommen hat, die Zeugen nochmals, nunmehr im Beisein des Sachverständigen B., zu vernehmen, liegt noch im tatrichterlichen Ermessen.
18
(2) Ebenso wenig verfängt die Rüge der Rechtsbeschwerde, das vom Landgericht zugrunde gelegte Gutachten des Sachverständigen B. genüge nicht den Anforderungen, die die Senatsrechtsprechung an ein Gutachten in Betreuungssachen gemäß § 280 FamFG stelle.
19
Die Frage, ob der Betroffene im Zeitpunkt der Vollmachterteilung nach § 104 Nr. 2 BGB geschäftsunfähig war, hat das Gericht nach § 26 FamFG von Amts wegen aufzuklären. Insoweit bedarf es - entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde - nicht zwingend einer förmlichen Beweisaufnahme durch Einholung eines Sachverständigengutachtens nach § 280 Abs. 1 FamFG. Das ändert freilich nichts an dem Umstand, dass regelmäßig jedenfalls die Einholung einer fachärztlichen Stellungnahme erforderlich sein wird. Dabei steht es jedoch - anders als im Fall des § 280 FamFG - im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts, ob es im Wege des Frei- oder Strengbeweises vorgeht (§ 30 Abs. 1 FamFG - vgl. Senatsbeschluss vom 19. August 2015 - XII ZB 610/14 - FamRZ 2015, 2047 Rn. 31 f.).
20
(3) Nach alledem hat das Landgericht die Frage der Geschäftsfähigkeit der Betroffenen zum Zeitpunkt der Vollmachterteilung i.S.v. §§ 26, 30 FamFG hinreichend ausermittelt.
21
bb) Das Landgericht hat sich von seinem Rechtsstandpunkt folgerichtig allerdings nicht die Frage vorgelegt, ob Anhaltspunkte für eine mangelnde Akzeptanz der Vollmacht im Rechtsverkehr bestehen. Dies wird es nachzuholen haben.
22
2. Die angefochtene Entscheidung kann auch deshalb nicht bestehen bleiben, weil das Landgericht nicht festgestellt hat, ob ein freier Wille der Betroffenen i.S.v. § 1896 Abs. 1 a BGB der Bestellung eines Betreuers entgegensteht.
23
a) Nach § 1896 Abs. 1 a BGB darf gegen den freien Willen eines Volljährigen ein Betreuer nicht bestellt werden. Die Annahme eines freien Willens im Sinne von § 1896 Abs. 1 a BGB setzt dabei Einsichts- und Handlungsfähigkeit voraus. Der Betroffene muss mithin in der Lage sein, im Grundsatz die für und wider eine Betreuerbestellung sprechenden Gesichtspunkte zu erkennen und gegeneinander abzuwägen, sowie nach der gewonnenen Erkenntnis zu handeln , also die sich daraus ergebenden Schlüsse in Bezug auf die Einrichtung einer Betreuung umzusetzen. Das krankheitsbedingte Fehlen eines solchen freien Willens hat das sachverständig beratene Gericht festzustellen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 26. Februar 2014 - XII ZB 577/13 - FamRZ 2014, 830 Rn. 11 ff. und vom 14. Januar 2015 - XII ZB 352/14 - FamRZ 2015, 648 Rn. 10 ff.).
24
b) An einer diesen rechtlichen Vorgaben genügenden Feststellung, dass es der Betroffenen am freien Willen mangelt, fehlt es. Weder die amtsgerichtliche noch die landgerichtliche Entscheidung verhalten sich hierzu. Ebenso wenig enthalten die beiden Gutachten der Sachverständigen S. und B. Ausführungen zum freien Willen im Zeitpunkt der Begutachtung.
25
Die Gerichte waren nicht etwa deshalb von entsprechenden Ermittlungen entbunden, weil die Betreuungsbedürftigkeit der Betroffenen dem Grunde nach nicht im Streit war und mit der Beschwerde sowie mit der Rechtsbeschwerde allein die Wirksamkeit der Vollmacht zur Überprüfung gestellt wurde. Denn spätestens mit ihrer Beschwerde hat die Betroffene dokumentiert, dass die Bestellung der Betreuerin nicht ihrem Willen entspricht, so dass die Voraussetzungen des § 1896 Abs. 1a BGB von Amts wegen zu prüfen waren.

III.

26
Gemäß § 74 Abs. 5 FamFG ist der angefochtene Beschluss aufzuheben. Die Sache ist, da noch weitere Ermittlungen durchzuführen sind, an das Landgericht zurückzuverweisen (§ 74 Abs. 6 Satz 2 FamFG).
27
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:
28
Sollten die weiteren Feststellungen ergeben, dass eine Betreuung trotz der Bevollmächtigung erforderlich ist, wird das Landgericht zu erwägen haben, die dann noch durchzuführende Begutachtung der Betroffenen zum freien Willen auch auf die - die Betreuung i.S.v. § 1896 Abs. 1 BGB erforderlich machende - Erkrankung zu erstrecken. Zwar war dies bereits Gegenstand der Begutachtung des Sachverständigen S. Vor dem Hintergrund, dass dieser vom Landgericht entpflichtet worden ist, nachdem er mitgeteilt hatte, kein Facharzt für Psychiatrie und "seit Jahren nicht mehr praktisch nervenheilkundlich tätig" gewesen zu sein, dürfte eine erneute Begutachtung durch einen die erforderliche Sachkunde aufweisenden Sachverständigen geboten sein, zumal der Sachverständige B. in seinem Gutachten allein die Beweisfrage beantwortet hat, ob die Betroffene die Vollmacht wirksam erteilt habe.
29
Schließlich wird das Landgericht - nach Vorlage des Sachverständigengutachtens - zu erwägen haben, die Betroffene selbst anzuhören (vgl. Senatsbeschluss vom 2. Dezember 2015 - XII ZB 227/12 - juris Rn. 8 ff.).
30
Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung , zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§ 74 Abs. 7 FamFG). Dose Klinkhammer Schilling Nedden-Boeger Guhling
Vorinstanzen:
AG Wiesbaden, Entscheidung vom 14.05.2012 - 42 XVII 23/12 T -
LG Wiesbaden, Entscheidung vom 10.07.2014 - 4 T 347/12 und 4 T 392/12 -

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

11
(1) Der (Kontroll-)Betreuer, der den Widerruf erklärt, trifft seine Entscheidung in öffentlicher Funktion aufgrund eines ihm staatlich übertragenen Amtes. Bereits die Zuweisung des Aufgabenkreises des Vollmachtwiderrufs stellt damit letztlich einen gewichtigen staatlichen Eingriff in das von Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG garantierte Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen dar, dessen Ausfluss die erteilten Vorsorgevollmachten sind, weshalb sich der Eingriff am Grundrechtsschutz messen lassen muss (BVerfG FamRZ 2008, 2260, 2261 f.; vgl. BGHZ 193, 337 = FamRZ 2012, 1366, Rn 27 ff.; kritisch Lipp FamRZ 2013, 913, 916).

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Ergibt die Begründung des angefochtenen Beschlusses zwar eine Rechtsverletzung, stellt sich die Entscheidung aber aus anderen Gründen als richtig dar, ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(3) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Beteiligten gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 71 Abs. 3 und § 73 Satz 2 gerügt worden sind. Die §§ 559, 564 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(4) Auf das weitere Verfahren sind, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts ergeben, die im ersten Rechtszug geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden.

(5) Soweit die Rechtsbeschwerde begründet ist, ist der angefochtene Beschluss aufzuheben.

(6) Das Rechtsbeschwerdegericht entscheidet in der Sache selbst, wenn diese zur Endentscheidung reif ist. Andernfalls verweist es die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Verfahrens zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht oder, wenn dies aus besonderen Gründen geboten erscheint, an das Gericht des ersten Rechtszugs zurück. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(7) Von einer Begründung der Entscheidung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.

Das Gericht hat von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.

17
bb) Diese rechtliche Gewichtung stellt auch an die tatrichterliche Ermittlungspflicht besondere Anforderungen. Der Tatrichter wird Gründe, die möglicherweise in der Person des vom Betroffenen als Betreuer benannten Kindes liegen, verlässlich nur feststellen können, wenn er dem Kind Gelegenheit gegeben hat, zu diesen Gründen Stellung zu nehmen. Es verstößt gegen den Amtsermittlungsgrundsatz, wenn der Tatrichter in seiner Entscheidung ausdrücklich die Eignung des benannten Kindes zum Betreueramt sowie die Red- lichkeit des Kindes gegenüber dem Elternteil in Zweifel zieht und sich hierbei auf Mitteilungen Dritter beruft, ohne zuvor das als Betreuer vorgeschlagene Kind - bei derart gravierenden Vorwürfen sogar regelmäßig persönlich - zu den von Dritten mitgeteilten Tatsachen anzuhören. Eine solche Verfahrensweise wäre schon allgemein als Grundlage einer Betreuerauswahl, bei der ein Berufsbetreuer einem möglichen ehrenamtlichen Betreuer - aufgrund dessen angeblich fehlender Eignung und mangelnder Redlichkeit - vorgezogen wird, nicht unbedenklich (vgl. § 1897 Abs. 6 Satz 1 BGB). Als tatrichterliche Basis einer Entscheidung, durch die ein Kind des Betroffenen, obschon mit diesem persönlich verbunden und von diesem wiederholt als Betreuer benannt, als Betreuer übergangen wird, kann eine solche Verfahrensweise nicht hingenommen werden.

(1) Hält das Gericht, dessen Beschluss angefochten wird, die Beschwerde für begründet, hat es ihr abzuhelfen; anderenfalls ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Das Gericht ist zur Abhilfe nicht befugt, wenn die Beschwerde sich gegen eine Endentscheidung in einer Familiensache richtet.

(2) Das Beschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Beschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(3) Das Beschwerdeverfahren bestimmt sich im Übrigen nach den Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug. Das Beschwerdegericht kann von der Durchführung eines Termins, einer mündlichen Verhandlung oder einzelner Verfahrenshandlungen absehen, wenn diese bereits im ersten Rechtszug vorgenommen wurden und von einer erneuten Vornahme keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind.

(4) Das Beschwerdegericht kann die Beschwerde durch Beschluss einem seiner Mitglieder zur Entscheidung als Einzelrichter übertragen; § 526 der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe entsprechend, dass eine Übertragung auf einen Richter auf Probe ausgeschlossen ist. Zudem kann das Beschwerdegericht die persönliche Anhörung des Kindes durch Beschluss einem seiner Mitglieder als beauftragtem Richter übertragen, wenn es dies aus Gründen des Kindeswohls für sachgerecht hält oder das Kind offensichtlich nicht in der Lage ist, seine Neigungen und seinen Willen kundzutun. Gleiches gilt für die Verschaffung eines persönlichen Eindrucks von dem Kind.

(5) Absatz 3 Satz 2 und Absatz 4 Satz 1 finden keine Anwendung, wenn die Beschwerde ein Hauptsacheverfahren betrifft, in dem eine der folgenden Entscheidungen in Betracht kommt:

1.
die teilweise oder vollständige Entziehung der Personensorge nach den §§ 1666 und 1666a des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
2.
der Ausschluss des Umgangsrechts nach § 1684 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder
3.
eine Verbleibensanordnung nach § 1632 Absatz 4 oder § 1682 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

Das Gericht hat von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.

11
(1) Der (Kontroll-)Betreuer, der den Widerruf erklärt, trifft seine Entscheidung in öffentlicher Funktion aufgrund eines ihm staatlich übertragenen Amtes. Bereits die Zuweisung des Aufgabenkreises des Vollmachtwiderrufs stellt damit letztlich einen gewichtigen staatlichen Eingriff in das von Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG garantierte Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen dar, dessen Ausfluss die erteilten Vorsorgevollmachten sind, weshalb sich der Eingriff am Grundrechtsschutz messen lassen muss (BVerfG FamRZ 2008, 2260, 2261 f.; vgl. BGHZ 193, 337 = FamRZ 2012, 1366, Rn 27 ff.; kritisch Lipp FamRZ 2013, 913, 916).

Der Beauftragte ist verpflichtet, dem Auftraggeber die erforderlichen Nachrichten zu geben, auf Verlangen über den Stand des Geschäfts Auskunft zu erteilen und nach der Ausführung des Auftrags Rechenschaft abzulegen.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der weiteren Beteiligten zu 1 wird der Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Heilbronn vom 27. März 2015 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.

Gründe

I.

1

Gegenstand des Verfahrens ist die Anordnung einer Kontrollbetreuung.

2

Für die 81-jährige - an Demenz und an einem leichten bis mittelschweren hirnorganischen Psychosyndrom leidende - Betroffene besteht seit dem Jahr 2007 eine bis heute fortgeltende General- und Vorsorgevollmacht zugunsten ihrer Tochter (Beteiligte zu 1). Die Beteiligte zu 1 ist Eigentümerin von mehreren Immobilien, die sie von ihrem 2012 verstorbenen Vater - dem Ehemann der Betroffenen - teils geschenkt erhalten und teils als Alleinerbin nach dessen Tod geerbt hatte. Alle Immobilien waren mit einem Nießbrauch zugunsten der Betroffenen belastet. Am 5. Februar 2014 schloss die Beteiligte zu 1 im eigenen Namen und im Namen der Betroffenen eine Abfindungsvereinbarung, wonach die Betroffene gegen Zahlung einer dinglich gesicherten Leibrente in Höhe von monatlich 1.200 € auf den zu ihren Gunsten eingeräumten Nießbrauch an den Immobilien verzichtete.

3

Bereits im September 2013 hatte der Sohn der Betroffenen (Beteiligter zu 2) beim zuständigen Notariat die Einrichtung einer Betreuung für die Betroffene angeregt. Das Notariat hat die Anordnung einer Betreuung nach Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens und nach Anhörung der Betroffenen abgelehnt. Auf die dagegen gerichtete Beschwerde des Beteiligten zu 2 hat das Landgericht die Entscheidung des Notariats abgeändert und eine Rechtsanwältin (Beteiligte zu 4) zur berufsmäßigen Kontrollbetreuerin mit dem Aufgabenkreis "alle Vermögensangelegenheiten, insbesondere Erbschaftsangelegenheiten" bestellt und die Kontrollbetreuerin "erforderlichenfalls" zum "Widerruf erteilter Vollmachten für diesen Aufgabenkreis" ermächtigt.

4

Mit ihrer im eigenen Namen eingelegten Rechtsbeschwerde möchte die Beteiligte zu 1 eine Aufhebung der Betreuung erreichen.

II.

5

1. Die gemäß § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FamFG ohne Zulassung statthafte Rechtsbeschwerde ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere ist die Beteiligte zu 1 beschwerdeberechtigt, d.h. dazu befugt, sich im eigenen Namen mit einem Rechtsmittel gegen die Anordnung der Betreuung für die Betroffene zu wenden. Dies ergibt sich zwar nicht aus einer möglichen Beeinträchtigung ihrer Stellung als Vorsorgebevollmächtigte, wohl aber daraus, dass sie als am Verfahren beteiligte Tochter der Betroffenen gemäß § 303 Abs. 2 Nr. 1 FamFG zum Kreis beschwerdeberechtigter Angehöriger gehört (vgl. Senatsbeschluss vom 5. November 2014 - XII ZB 117/14 - FamRZ 2015, 249 Rn. 14 f.).

6

2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet.

7

a) Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung das Folgende ausgeführt:

8

Die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Anordnung einer Betreuung seien nach dem schriftlichen Sachverständigengutachten gegeben. Die Betroffene sei aufgrund ihrer schwerwiegenden geistigen Einschränkungen nicht mehr in der Lage, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln. Wegen der mangelnden Einsichtsfähigkeit sowie eingeschränkter Urteils- und Kritikfähigkeit sei ihre Geschäftsfähigkeit deutlich eingeschränkt.

9

Zur Geltendmachung der Rechte der Betroffenen gegenüber der Beteiligten zu 1 sei die Einrichtung einer Kontrollbetreuung erforderlich. Es lägen konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass die Beteiligte zu 1 von ihrer Vollmacht nicht mehr im Interesse der Betroffenen Gebrauch mache. Zwar müsse die von ihrem Ehemann enterbte Betroffene einen etwaigen ergänzenden Pflichtteilsanspruch von der Beteiligten zu 1 nicht zwingend einfordern. Es könne unter Berücksichtigung des Erblasserwillens auch hingenommen werden, dass der Wert des der Betroffenen durch das Vermächtnis ihres Ehemannes eingeräumten Nießbrauchs hinter dem Wert des Pflichtteils zurückbleibe. Um dies beurteilen zu können, müssten aber zunächst der Wert des Nießbrauchs sowie der Wert eines etwaigen Pflichtteilsanspruches nachvollziehbar sein. Die bloße Behauptung der Beteiligten zu 1, der eingeräumte Nießbrauch am Nachlass übersteige sogar den Wert des Pflichtteilsanspruches, reiche hierfür nicht.

10

Vor allem sei schon nach den eigenen Ausführungen der Beteiligten zu 1 zweifelhaft, ob die Abfindungsvereinbarung vom 5. Februar 2014 den wirtschaftlichen Interessen der Betroffenen gerecht werde. Die Betroffene erhalte als Ersatz für Nutzungen an vier Eigentumswohnungen und einem Einfamilienhaus nur eine Rente von 1.200 €. Nach den Behauptungen des Beteiligten zu 2 seien Mieteinnahmen von insgesamt 4.000 € monatlich erzielbar. Aufgrund der Stellungnahmen der Beteiligten und der vorgelegten Unterlagen (Steuerbescheid, Lichtbilder und Zustandsbeschreibungen) könne nicht nachvollzogen werden, ob die vereinbarte Rente von 1.200 € angemessen sei. Soweit es den Nießbrauch an den zum Nachlass gehörenden Immobilien betreffe, falle zudem auf, dass in dem von der Beteiligten zu 1 vorgelegten Rechenwerk nicht mit möglichen Einnahmen aus Mietverhältnissen, sondern lediglich mit Zinseinnahmen von 2 % des Nachlasswertes kalkuliert worden sei. Ferner habe weder in der mündlichen Anhörung noch in den folgenden Schriftsätzen eine Klärung der von dem Beteiligten zu 2 erhobenen Vorwürfe erfolgen können, wonach die Beteiligte zu 1 im Zeitraum von April 2012 bis März 2014 der Nießbrauchsberechtigten zustehende Beträge in Höhe von 85.000 € vereinnahmt habe, ohne dass diese der Betroffenen zugeflossen seien. Bei der Beteiligten zu 1 sei im Bereich der Vermögensangelegenheiten ein erheblicher Interessenkonflikt vorhanden. Einerseits sei sie Alleinerbin nach ihrem Vater, andererseits solle sie Ansprüche der Betroffenen - insbesondere Pflichtteilsansprüche - gegen sich selbst prüfen. Dies könne der Geltendmachung berechtigter Ansprüche im Wege stehen und bedürfe aus Sicht eines vernünftigen Vollmachtgebers einer Kontrolle.

11

b) Diese Ausführungen halten den Verfahrensrügen der Rechtsbeschwerde in einem wesentlichen Punkt nicht stand.

12

aa) Nach § 1896 Abs. 1 a BGB darf gegen den freien Willen eines Volljährigen ein Betreuer nicht bestellt werden. Daher muss auch vor der Bestellung eines Kontrollbetreuers festgestellt werden, dass der Betroffene nicht in der Lage ist, seinen Willen frei zu bestimmen. Dabei ist der Begriff der freien Willensbestimmung im Sinne des § 1896 Abs. 1 a BGB und des § 104 Nr. 2 BGB im Kern deckungsgleich. Die beiden entscheidenden Kriterien sind die Einsichtsfähigkeit des Betroffenen und dessen Fähigkeit, nach dieser Einsicht zu handeln. Fehlt es an einem dieser beiden Elemente, liegt kein freier, sondern nur ein natürlicher Wille vor. Einsichtsfähigkeit setzt die Fähigkeit des Betroffenen voraus, im Grundsatz die für und wider eine Betreuerbestellung sprechenden Gesichtspunkte zu erkennen und gegeneinander abzuwägen. Dabei dürfen jedoch keine überspannten Anforderungen an die Auffassungsgabe des Betroffenen gestellt werden. Auch der an einer Erkrankung im Sinne des § 1896 Abs. 1 BGB leidende Betroffene kann in der Lage sein, einen freien Willen zu bilden und ihn zu äußern. Der Betroffene muss Grund, Bedeutung und Tragweite einer Betreuung intellektuell erfassen können, was denknotwendig voraussetzt, dass er seine Defizite im Wesentlichen zutreffend einschätzen und auf der Grundlage dieser Einschätzung die für oder gegen eine Betreuung sprechenden Gesichtspunkte gegeneinander abwägen kann. Ist der Betroffene zur Bildung eines klaren Urteils zur Problematik der Betreuerbestellung in der Lage, muss ihm weiter möglich sein, nach diesem Urteil zu handeln und sich dabei von den Einflüssen interessierter Dritter abzugrenzen. Die Feststellungen zum krankheitsbedingten Ausschluss der freien Willensbestimmung müssen nach ständiger Rechtsprechung des Senats durch ein Sachverständigengutachten belegt sein (Senatsbeschlüsse vom 30. Juli 2014 - XII ZB 107/14 - FamRZ 2014, 1626 Rn. 14 und vom 22. Januar 2014 - XII ZB 632/12 - FamRZ 2014, 647 Rn. 9 mwN).

13

bb) Diesen Anforderungen wird die angefochtene Entscheidung nicht gerecht. Der Sachverständige hat in seinem schriftlichen Gutachten vom 18. Dezember 2013 ausgeführt, dass die Betroffene "wegen der mangelnden Einsichtsfähigkeit sowie eingeschränkter Urteils- und Kritikfähigkeit" in ihrer "Geschäftsfähigkeit deutlich eingeschränkt" sei. Konzediert der Sachverständige indessen selbst, dass die Betroffene wegen ihrer eben nur "eingeschränkten Geschäftsfähigkeit" möglicherweise für einen gegenständlich abgrenzbaren Kreis von Angelegenheiten noch zu einer freien Willensbestimmung in der Lage ist, konnte das Landgericht auf dessen Gutachten nicht ohne weiteres die Feststellung stützen, dass der Betroffenen die freie Entscheidung gegen die Bestellung eines Kontrollbetreuers nach eigenständiger Abwägung der für und gegen die Kontrolle ihrer Bevollmächtigten durch einen Betreuer sprechenden Gesichtspunkte nicht mehr möglich ist. Auch die weitergehenden Ausführungen des Sachverständigen dazu, dass die Betroffene aufgrund ihrer geistigen Einschränkungen nicht mehr in der Lage sei, einen Bevollmächtigten zu kontrollieren, führen insoweit nicht weiter, weil sich hieraus zwar Anhaltspunkte für die Betreuungsbedürftigkeit der Betroffenen, nicht aber für den Ausschluss der freien Willensbildung in Bezug auf die Betreuerbestellung entnehmen lassen.

14

3. Die angefochtene Entscheidung kann daher keinen Bestand haben.

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a) Soweit das Landgericht die Kontrollbetreuerin dazu ermächtigt hat, erforderlichenfalls die zugunsten der Beteiligten zu 1 erteilte Vollmacht für den Bereich der Vermögenssorge zu widerrufen, fehlt es hierfür gegenwärtig an einer Grundlage.

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aa) Beabsichtigt das Gericht, die Befugnisse eines Betreuers auf den Widerruf erteilter Vorsorgevollmachten zu erstrecken, setzt dies tragfähige Feststellungen voraus, dass das Festhalten an der erteilten Vorsorgevollmacht eine künftige Verletzung des Wohls der Betroffenen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit und in erheblicher Schwere befürchten lässt. Selbst wenn behebbare Mängel bei der Vollmachtsausübung festzustellen sein sollten, erfordert der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zunächst den Versuch, durch einen zu bestellenden Kontrollbetreuer positiv auf den Bevollmächtigten einzuwirken, insbesondere durch Verlangen nach Auskunft und Rechnungslegung sowie durch die Ausübung bestehender Weisungsrechte. Nur wenn diese Maßnahmen fehlschlagen oder aufgrund feststehender Tatsachen mit hinreichender Sicherheit als ungeeignet erscheinen, ist die Ermächtigung zum Widerruf der Vollmacht - als ultima ratio - verhältnismäßig (vgl. Senatsbeschlüsse vom 23. September 2015 - XII ZB 624/14 - juris Rn. 17 und vom 28. Juli 2015 - XII ZB 674/14 - FamRZ 2015, 1702 Rn. 34 ff.).

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bb) Gemessen daran mögen die vom Landgericht getroffenen Feststellungen zwar die in tatrichterlicher Verantwortung vorgenommene Beurteilung rechtfertigen, es bestünden hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht, dass dem Betreuungsbedarf der Betroffenen in Vermögens- und Erbschaftsangelegenheiten durch die Vollmacht nicht Genüge getan wird. Tatsächliche Mängel bei der Vollmachtsausübung sind - wovon das Landgericht selbst ausgeht - aber noch nicht festzustellen, ohne dass sich die Kontrollbetreuerin einen umfassenden Überblick über die vermögensrechtlichen Ansprüche der Betroffenen gegenüber der Beteiligten zu 1 verschafft hat. Bei dieser Sachlage ist die bereits mit der Bestellung der Kontrollbetreuerin verbundene Ermächtigung zum Widerruf der erteilten Vollmacht nicht verhältnismäßig.

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b) Im Übrigen ist die Sache zur weiteren Sachverhaltsaufklärung an das Landgericht zurückzuverweisen. Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird gemäß § 74 Abs. 7 FamFG abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.

Dose                    Schilling                          Günter

             Botur                          Guhling

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Soll dem Kontrollbetreuer auch der Aufgabenkreis Vollmachtwiderruf übertragen werden, setzt dies tragfähige Feststellungen voraus, dass das Festhalten an der erteilten Vorsorgevollmacht eine künftige Verletzung des Wohls des Betroffenen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit und in erheblicher Schwere befürchten lässt. Sind behebbare Mängel bei der Vollmachtausübung festzustellen, erfordert der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz grundsätzlich zunächst den Versuch, durch einen zu bestellenden (Kontroll-)Betreuer auf den Bevollmächtigten positiv einzuwirken, insbesondere durch Verlangen nach Auskunft und Rechenschaftslegung (§ 666 BGB) sowie die Ausübung bestehender Weisungsrechte. Nur wenn diese Maßnahmen fehlschlagen oder es aufgrund feststehender Tatsachen mit hinreichender Sicherheit als ungeeignet erscheint, drohende Schäden auf diese Weise abzuwenden, ist die Ermächtigung zum Vollmachtwiderruf, der die ultima ratio darstellt, verhältnismäßig (Senatsbeschluss vom 28. Juli 2015 - XII ZB 674/14 - FamRZ 2015, 1702 Rn. 33 ff.).
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(1) Der (Kontroll-)Betreuer, der den Widerruf erklärt, trifft seine Entscheidung in öffentlicher Funktion aufgrund eines ihm staatlich übertragenen Amtes. Bereits die Zuweisung des Aufgabenkreises des Vollmachtwiderrufs stellt damit letztlich einen gewichtigen staatlichen Eingriff in das von Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG garantierte Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen dar, dessen Ausfluss die erteilten Vorsorgevollmachten sind, weshalb sich der Eingriff am Grundrechtsschutz messen lassen muss (BVerfG FamRZ 2008, 2260, 2261 f.; vgl. BGHZ 193, 337 = FamRZ 2012, 1366, Rn 27 ff.; kritisch Lipp FamRZ 2013, 913, 916).