Bundesgerichtshof Urteil, 16. Feb. 2016 - X ZR 5/14

ECLI: ECLI:DE:BGH:2016:160216UXZR5.14.0
published on 16/02/2016 00:00
Bundesgerichtshof Urteil, 16. Feb. 2016 - X ZR 5/14
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Bundespatentgericht, 5 Ni 72/11, 18/09/2013

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 5/14 Verkündet am:
16. Februar 2016
Anderer
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Anrufroutingverfahren
EPÜ Art. 56

a) Für eine Veranlassung des Fachmanns, eine in einem Entwurf für einen
technischen Standard beschriebene Routine in bestimmter, dem Ziel des
Verfahrens dienlicher Weise weiterzuentwickeln, kann es sprechen, wenn im
Entwurf enthaltene Verfahrensschritte ohnehin darauf angelegt sind, vom
Fachmann konkretisiert zu werden, oder die Routine aus fachmännischer
Sicht (möglicherweise) noch lückenhaft und im weiteren Standardisierungsprozess
mit ergänzenden Angaben auszufüllen ist.

b) Kommen für den Fachmann zur Lösung eines Problems mehrere Alternativen
in Betracht, können mehrere von ihnen naheliegend sein. Grundsätzlich
ohne Bedeutung ist insofern, welche der Lösungsalternativen der Fachmann
als erste in Betracht zöge.
BGH, Urteil vom 16. Februar 2016 - X ZR 5/14 - Bundespatentgericht
ECLI:DE:BGH:2016:160216UXZR5.14.0

Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 16. Februar 2016 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, die Richter Dr. Grabinski und Hoffmann sowie die Richterin Schuster und den Richter Dr. Deichfuß

für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 18. September 2013 verkündete Urteil des 5. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts abgeändert. Das europäische Patent 1 931 094 wird mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland insgesamt für nichtig erklärt. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte ist Inhaberin des mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 931 094 (Streitpatents), das am 30. August 2006 angemeldet wurde und eine Priorität vom 31. August 2005 in Anspruch nimmt. Es umfasst in der erteilten Fassung 15 Patentansprüche, von denen Patentanspruch 1 in der Verfahrenssprache wie folgt lautet: "A Circuit Switched, CS, domain call terminating method of call routing characterized in that the method is a method of avoiding repeated routing control in a CS domain call terminating flow, comprising: receiving, by a GMSC, routing-controlled information of a call carried in a received call initiation message; sending, by the GMSC, the routing-controlled information of the call to a gsmSCF; and executing, a subsequent call flow of the call in accordance with the received routing-controlled information, wherein the executing comprises: determining, by the gsmSCF, that the call has been subject to routing control in accordance with the routing -controlled information; sending, by the gsmSCF, a Continue message to the GMSC; and sending, by the GMSC, to an HLR an SRI message carrying a suppress T-CSI parameter upon receipt of the Continue message to obtain an MSRN through standard call terminating procedures."
2
Die Klägerin hat geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents gehe über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Unterlagen hinaus und sei nicht patentfähig. Hinsichtlich der Patentansprüche 14 und 15 hat die Klägerin ferner mangelnde Ausführbarkeit geltend gemacht.
3
Die Beklagte hat das Streitpatent in einer Fassung verteidigt, die Patentanspruch 12 nicht enthält.
4
Das Patentgericht hat das Streitpatent dadurch teilweise für nichtig erklärt , dass Patentanspruch 12 entfällt, und im Übrigen die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie den Antrag auf vollständige Nichtigerklärung des Streitpatents weiterverfolgt. Die Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen.

Entscheidungsgründe:


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Die zulässige Berufung hat Erfolg.
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I. Das Streitpatent betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines Telefonanrufs unter Beteiligung des Mobilfunknetzes.
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1. Das Streitpatent referiert ein Projekt des 3rd Generation Partnership Project (3GPP), einer Kooperation von Standardisierungsgremien für den Mobilfunk , das sich in dem Technical Report 23.806 V1.3.0 (VP2) mit einer EchtzeitSprachanrufskontinuität ("Voice Call Continuity" - VCC) für Mobilfunkgeräte befasst , die Anrufe nicht nur in dem leitungsvermittelten ("Circuit Switched" - CS) Mobilfunknetz (CS-Domäne), sondern auch z.B. mittels einer WLAN-Anbindung an das Internet (IP-Multimedia Subsystem - IMS) nach dem VoIP-Standard vornehmen können. Das Standardisierungsprojekt behandelt hierbei verschiedene Szenarien, die unter anderem das Anrufen eines solchen Mobilfunkgeräts und das Annehmen solcher Anrufe betreffen, je nachdem, ob das Gerät gerade über das Mobilfunknetz (CS-Domäne) oder über das Internet (IMS-Domäne) angebunden ist, wobei das Mobilfunkgerät jeweils unter derselben (Mobilfunk-) Rufnummer in beiden Netzen erreichbar sein und anrufen können soll.
8
Für eines der Szenarien, bei dem ein sich in der CS-Domäne befindendes Mobilfunkgerät ("Other End") ein anderes, sich ebenfalls in einer CSDomäne befindendes Mobilfunkgerät ("User Equipment" - UE) unter dessen Mobilfunkrufnummer anrufen möchte, die sowohl für die CS-Domäne als auch für IMS-Domäne als möglicher Verbindungsweg registriert ist, beschreibt VP2 in Figur 6.2a.3.2-5 folgenden Verfahrensablauf zur Herstellung des Anrufs, wenn dabei der Anruf an die CS-Domäne gerichtet ist: Bei diesem Ablauf sendet die Vermittlungsstelle im CS-Mobilfunknetz
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("Gateway Mobile Switch Center" - GMSC, im Folgenden auch nur: Vermittlungsstelle ) am Ende von Schritt 2 eine als Initial Detection Point (IDP) bezeichnete Nachricht an die im Streitpatent als Global System for Mobile Communications -Service Control Function (gsmSCF) und in VP2 als Call Continuity Control Function (CCCF)/Network Domain Selection (NeDS) bezeichnete Steu- erungseinrichtung. Hierbei handelt es sich um eine kombinierte Funktionsein- heit, die gemäß VP2 den Netzwerkstrukturen der CS- und der IMS-Domäne hinzugefügt werden soll (VP2 Abschnitt 6.2 bis 6.2.2) und die sowohl die für einen Anruf vorzunehmende Netzwerkauswahl (NeDS) als auch die Einhaltung der Anforderungen an die Kontinuität eines Anrufs und die Erreichbarkeit bei einem Wechsel zwischen diesen beiden Netzwerken (CCCF) sicherstellen soll. Teile der Funktionalität der Steuerungseinrichtung CCCF/NeDS (im Folgenden auch nur: Steuerungseinrichtung) werden im Streitpatent auch als Domain Selection Function (DSF) bezeichnet (Streitpatent Sp. 2 Abs. 8). In der am Ende des zweiten Schritts vorgesehenen IDP-Nachricht von
10
der Vermittlungsstelle an die Steuerungseinrichtung wird zur Bezeichnung des angerufenen Teilnehmers dessen im ersten Schritt mit der Initial Address Message (IAM) übermittelte, weltweit eindeutige Mobilfunkrufnummer (MSISDN) verwendet. Die darauf folgenden Schritte dienen unter anderem der Feststellung der Route, auf der der angerufene Teilnehmer erreicht werden kann, und der damit verbundenen Routinginformationen, die mit den in Schritten 8 und 9 übersandten INVITE- und IAM-Nachrichten von der Steuerungseinrichtung an die Vermittlungsstelle in Form einer CS-Domain Routing Number (CSRN) übertragen werden. Mit Schritt 10 wird eine Sending-Routing-Information-(SRI-) Nachricht an das als Datenbank für den angerufenen Mobilfunkteilnehmeranschluss fungierende Home Location Register (HLR) übermittelt, wobei hierfür dessen MSISDN verwendet wird. In Schritt 11 folgt sodann erneut eine IDPNachricht von der Vermittlungsstelle an die Steuerungseinrichtung, die nach dem in der VP2 vorgesehenen Ablaufplan zum Szenario gemäß Figur 6.2a.3.2-5 mit einer CONTINUE-Nachricht beantwortet werden soll.
Das Streitpatent geht davon aus, dass bei der erneuten Sendung einer
11
IDP-Nachricht in Schritt 11 die MSISDN des angerufenen Mobilfunkgeräts und nicht die für ein Routing zu diesem Gerät erforderliche CSRN an die Steuerungseinrichtung übermittelt wird, bei der der Anruf verankert ist. Damit könne die Steuerungseinrichtung nicht feststellen, ob der Anruf bereits einer Routingsteuerung entsprechend den vorangegangenen Schritten 2 bis 9 unterzogen wurde, ob es sich mit anderen Worten bei der IDP-Nachricht um eine solche gemäß Schritt 2 handelt. Dies könne zu einer wiederholten Routingsteuerung gemäß den Schritten 2 bis 8 anstelle einer CONTINUE-Nachricht gemäß Schritt 12 führen, so dass der Anruf in der CS-Domäne nicht normal vermittelt werden könne (Streitpatent Sp. 8 Abs. 42 Z. 37 bis 51).
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Demnach liegt dem Streitpatent die Aufgabe zugrunde, wiederholte Routingsteuerungsschritte zu vermeiden, um so den Ablauf zur Herstellung eines Anrufs zu einem sowohl in der CS-Domäne als auch in der IMS-Domäne verwendbaren Mobilfunkgerät zu verbessern.
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2. Zur Lösung schlägt das Streitpatent ein Verfahren zur Herstellung eines Anrufs mit folgenden Merkmalen vor [in eckigen Klammern die Merkmalsgliederung des angefochtenen Urteils]: 1. Das Verfahren dient dem Anrufabschluss mittels eines Anrufroutings in einer leitungsvermittelten CS-Domäne (circuit switched [CS] domain call terminating method of call routing) [1.1], 1.1 wobei eine wiederholte Routingsteuerung in einem CSDomänen -Anrufabschlussfluss vermieden wird (a method of avoiding repeated routing control in a CS domain call terminating flow) [1.2]. 2. Das Verfahren umfasst folgende Schritte [1.2]: 2.1 Eine Vermittlungsstelle GMSC empfängt in einer Anrufeinleitungsnachricht ("call initiation message") Informationen zur Routingsteuerung eines Anrufs (receiving, by a GMSC, routing-controlled information of a call carried in a received call initiation message) [1.3]. 2.2 Die Vermittlungsstelle GMSC sendet eine die Routingsteuerung des Anrufs enthaltende Information an eine Steuerungseinrichtung gsmSCF (sending, by the GMSC, the routing-controlled information of the call to a gsmSCF) [1.4]. 3. Der nachfolgende Anruffluss erfolgt gemäß der empfangenen Information zur Routingsteuerung (executing a subsequent call flow of the call in accordance with the received routingcontrolled information) [1.5]: 3.1 Die Steuerungseinrichtung gsmSCF stellt anhand der empfangenen Information zur Routingsteuerung fest, dass der Anruf einer Routingsteuerung unterlag (determining , by the gsmSCF, that the call has been subject to routing control in accordance with the routing-controlled information) [1.5.1]. 3.2 Die Steuerungseinrichtung gsmSCF sendet eine CONTINUE -Nachricht an die Vermittlungsstelle GMSC (sending, by the gsmSCF, a Continue message to the GMSC) [1.5.2]. 3.3 Die Vermittlungsstelle GMSC sendet eine SRI-Nachricht an ein Lokalisierungsregister HLR mit einem Terminating -CAMEL-Subscription-Information-(T-CSI-) Unterdrückungsparameter , um nach dem Empfang der CONTINUE -Nachricht eine Roaming-Nummer (Mobile Station Roaming Number - MSRN) aufgrund von StandardAnrufabschlussverfahren zu erhalten (sending, by the GMSC, to an HLR an SRI message carrying a suppress T-CSI parameter upon receipt of the Continue message to obtain an MSRN through standard call terminating procedures) [1.5.3].
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3. Einige Merkmale bedürfen näherer Erläuterung:
15
a) Mit "Anrufabschluss" ist das Herstellen einer Sprachverbindung mit einem Mobilfunkgerät aufgrund eines an die zugehörige Mobilfunkrufnummer gerichteten Anrufs gemeint.
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b) Das Anrufrouting gemäß Merkmal 1 bestimmt, über welche Stationen im Kommunikationsnetz die Verbindung mit dem Mobilfunkgerät hergestellt wird.
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c) Eine wiederholte Routingsteuerung wird gemäß Merkmal 1.1 dann vermieden, wenn Schritte zur Routingsteuerung bei der Herstellung eines Anrufs zu einem Mobilfunkgerät nicht unnötig mehrfach vorgenommen werden.
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d) Informationen zur Routingsteuerung gemäß Merkmal 2.1 sind Informationen , die der Herstellung einer Verbindungsroute zum angerufenen Mobilgerät dienen und nicht dessen MSISDN darstellen, sondern die mögliche Route weiter konkretisieren. Die Beschreibung des Streitpatents bringt zum Ausdruck, dass das Senden lediglich der MSISDN in dem dem Merkmal 2.2 entsprechenden Verfahrensschritt gerade der Grund ist, warum eine wiederholte Routingsteuerung entstehen kann, und dass dies mit dem Senden einer von der MSISDN abweichenden Information zur Routingsteuerung vermieden wird (Streitpatent Sp. 8 Abs. 42 Z. 29 bis Sp. 9 Abs. 43 Z. 5). Für die Schritte gemäß den Merkmalen 2.2 bis 3.1 reicht es hinsichtlich der die Routingsteuerung enthaltenden Information und der Information zur Routingsteuerung aus, eine Information beispielsweise in Form eines einzelnen Bits zu senden, dergemäß zuvor eine über die MSISDN hinausgehende Routingsteuerung stattfand (Streitpatent Sp. 10 Abs. 52 Z. 38 bis 41). Der die Routingsteuerung konkretisierende Inhalt muss in den gemäß den Merkmalen 2.2 bis 3.1 übersandten beziehungsweise ausgewerteten Informationen nicht enthalten sein.
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e) Mit einer SRI-Nachricht gemäß Merkmal 3.3 fragt die Vermittlungsstelle GMSC das Register HLR nach weiteren Routinginformationen. Um nicht (nur) die Nachricht zu erhalten, dass das angerufene Mobilgerät mit der gewählten Rufnummer sowohl in der CS-Domäne als auch in der IMS-Domäne erreichbar ist, wird ein T-CSI-Parameter im Schritt gemäß Merkmal 3.3 gesendet. Dies veranlasst das Register, eine Roaming-Nummer MSRN zu senden, an- hand deren die Vermittlungsstelle und andere Funktionseinheiten des Mobilfunknetzes eine Verbindung zu dem angerufenen Mobilfunkgerät (UE) nach standardisierten Prozeduren herstellen.
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II. Das Patentgericht hat den - für ursprungsoffenbart und ausführbar erachteten - Gegenstand des Streitpatents als patentfähig angesehen und dies im Wesentlichen wie folgt begründet: Das Szenario zu Figur 6.2a.3.2-5 der VP2 zeige ein Anrufabschlussver21 fahren mit den Merkmalen 1, 2, 2.1, 3.2 und 3.3. Selbst wenn Merkmal 1.1 bei der Prüfung der Patentfähigkeit nicht berücksichtigt würde, weil es kein unmittelbares Merkmal des geschützten Verfahrens, sondern nur ein zu erreichendes Ziel darstelle, zeige die VP2 nicht die Verfahrensschritte 2.2, 3 und 3.1 und sei daher nicht neuheitsschädlich. Ihr könne nicht unmittelbar und eindeutig entnommen werden, dass an die Steuerungseinrichtung eine die Routingsteuerung enthaltende Information gesendet werde, diese feststelle, dass der Anruf einer Routingsteuerung unterlegen habe, und der weitere Anrufabfluss gemäß dieser Information durchgeführt werde. Das Senden einer CONTINUE-Nachricht gemäß Schritt 12 der Fi22 gur 6.2a.3.2-5 in VP2 gebe dem Fachmann nicht unmittelbar und eindeutig zu erkennen, dass die Steuerungseinrichtung mit der IDP-Nachricht im Schritt 11 zuvor eine die Routingsteuerung enthaltende Information erhalte habe und diese auswerte, denn die VP2 spreche an keiner Stelle das Problem des wiederholten Routens an. Die Annahme der Klägerin, dass die Vermittlungsstelle GMSC zuvor in einer IAM-Nachricht als "Called Party Number" die CSRN erhalten habe und deshalb diese Information in der sodann folgenden IDP-Nachricht verwendet werde, überzeuge nicht, denn zuvor werde aus der CSRN wieder die MSISDN ermittelt, weshalb der Fachmann diese Nummer als "Called Party Number" verwenden werde. Es sei daher keineswegs selbstverständlich, in der VP2 die CSNR in der IDP-Nachricht zu verwenden, und Gleiches gelte für die Druckschrift 3GPP TSG SA WG2 Architecture - VCC Ad hoc, 9. bis 11. August 2005 (VP1), die im Wesentlichen den gleichen Sachverhalt betreffe.
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Der Gegenstand des Streitpatents beruhe auch auf erfinderischer Tätigkeit. Ausgehend von der VP2, der unterschiedliche Ausführungsbeispiele für das Verankern eines Anrufs in der CS-Domäne zu entnehmen seien, stelle sich dem Fachmann nicht das Problem, ein CS-Domänenverbindungsabschlussverfahren zu entwickeln, bei dem eine wiederholte Routingsteuerung verhindert werde, denn die VP2 bringe dieses Problem an keiner Stelle zum Ausdruck. Der Fachmann habe deshalb keine Veranlassung gehabt, von dem im Stand der Technik bekannten Vorgehen für den Rufaufbau in einer CS-Domäne abzuweichen. Soweit andere Druckschriften des Projekts 3GPP wie die technischen Spezifikationen 3GPP TS 23.078 V6.6.0 (VP3) und 3GPP TS 29.078 7.0.0 (VP4) Ausführungen zur Erstellung einer IDP-Nachricht enthielten, werde darin eine "Called Party Number" übertragen, bei der es sich um die MSISDN des angerufenen Mobilgeräts handele. Der Fachmann werde deshalb für einen Ablauf gemäß Figur 6.2a.3.2-5 der VP2 ebenfalls auf die MSISDN für eine Initial -DP-Nachricht gemäß Schritt 11 dieses Szenarios zurückgreifen, da diese Nummer für den Schritt zuvor aus der IAM-Nachricht und darin übermittelten CSRN ermittelt werde. Selbst wenn der Fachmann erkennen würde, dass es bei einer Verwendung der MSISDN in diesem Schritt zu einem wiederholten Routing komme, könnte er der VP2 keinen Hinweis und keine Anregung dafür entnehmen, statt der MSISDN die CSRN zu übersenden.
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III. Dies hält der Nachprüfung im Berufungsverfahren nicht stand.
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1. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist nicht patentfähig. Es kann offen bleiben, ob das darin beschriebene Verfahren im Stand der Technik bereits neuheitsschädlich offenbart war. Jedenfalls beruht dieses Verfahren nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
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a) Das Patentgericht hat den Fachmann rechtsfehlerfrei und unangefochten als einen Diplomingenieur der Fachrichtung Nachrichtentechnik mit Schwerpunkt auf dem Gebiet der Signalverarbeitung in Mobilfunksystemen und mehrjähriger Berufserfahrung in Bezug auf Anrufroutingverfahren definiert.
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b) Entsprechend den weiteren Ausführungen des Patentgerichts war diesem Fachmann ausgehend von der VP2 mit deren am 19. August 2005 veröffentlichte Entwurfsversion V1.3.0 insbesondere hinsichtlich des darin anhand Figur 6.2a.3.2-5 beschriebenen Szenarios ein Verfahren mit den Merkmalen 1, 2, 2.1, 3.2 und 3.3 in dem für ihn relevanten Stand der Technik offenbart. Die Beklagte tritt dem auch nicht entgegen.
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c) Die VP2 erwähnt nicht ausdrücklich, ob und gegebenenfalls wie sich die IDP-Nachricht gemäß Schritt 11 der Figur 6.2a.3.2-5 von der in Schritt 2 beschriebenen IDP-Nachricht unterscheidet und aufgrund welcher Programmvorgaben die Steuerungseinrichtung CCCF nach Schritt 11 nicht die gleiche Antwort gibt wie nach der IDP-Nachricht in Schritt 2, sondern in Schritt 12 eine CONTINUE-Nachricht sendet.
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d) Sollte, wie das Patentgericht angenommen hat, der Fachmann dem Gesamtablauf nach der Figur 6.2a.3.2-5 nicht bereits entnommen haben, dass die IDP-Nachricht gemäß Schritt 11 sich von derjenigen in Schritt 2 inhaltlich unterscheiden muss, damit die Steuerungseinrichtung in Schritt 12 aufbauend auf einem dafür getroffenen Entscheidungsprozess eine andere Antwort (CONTINUE -Nachricht) gibt als in Schritt 3 (CONNECT-Nachricht), und dass hierfür die mit der im Schritt 9 übersandte CSRN als Unterscheidungsmerkmal oder ein anderes klares Unterscheidungsmerkmal zu verwenden war, musste sich der Fachmann jedenfalls Gedanken darüber machen, wie er den mit der VP2 offenbarten Standardisierungsentwurf zweckmäßig umsetzen und gegebenenfalls weiterentwickeln konnte. Dies gab ihm jedenfalls Veranlassung, mit der IDPNachricht nach Schritt 11 nicht die MSISDN, sondern die CSRN zu übertragen.
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aa) Zunächst ist zu berücksichtigen, welche Qualität der als VP2 veröffentlichte Entwurf besaß. Der Inhalt dieses Entwurfs war entsprechend seinem Vorwort (VP2 S. 7) Gegenstand weitergehender Arbeit und Überlegungen und noch nicht abschließend durch dafür vorgesehene Gremien bestätigt. Für den Fachmann bedeutete dies, dass der Entwurf noch Lücken enthalten konnte, die der Ausfüllung bedurften. Weiterhin sollte der entworfene Standard dem Fachmann nicht jeden Befehl für zu entwerfende Programme vorgeben, die in den jeweiligen Funktionseinheiten für ein dem Standard gemäßes Verfahren erforderlich sind. Die in VP2 entworfenen Szenarien waren mithin darauf angelegt, hinsichtlich ihrer technischen Umsetzung durch den Fachmann weiter konkretisiert zu werden.
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bb) Im Hinblick auf diese Konstellation war vom Fachmann die Erkenntnis zu erwarten, dass sich in dem Szenario der VP2 zu Figur 6.2a.3.2-5 der Ablauf nach der IDP-Nachricht in Schritt 2 von dem Ablauf nach der IDP-Nachricht gemäß Schritt 11 unterscheiden sollte. Nach Schritt 2 soll eine Anfrage der Steuerungseinrichtung bei dem Register HLR erfolgen. Für Schritt 11 gibt die VP2 hingegen an, dass mit dieser IDP-Nachricht die Ausführung der zweckdienlichen logischen Schritte für den Anruf (VP2, 6.2a.3.2.3.2.2.3 Nr. 11: "for execution of appropriate service logic for the incoming session") und in Schritt 12 eine CONTINUE-Nachricht folgen soll. Dem Fachmann musste damit klar sein, dass die Steuerungseinrichtung eine Unterscheidung zwischen den beiden Schritten treffen muss und es hierfür einer Entscheidungsgrundlage bedarf. Der Fachmann hatte deshalb Veranlassung, Überlegungen anzustellen, wie eine solche Entscheidungsgrundlage für die Steuerungseinrichtung nach Empfang der IDP-Nachrichten in den Schritten 2 und 11 jeweils hergestellt werden konnte. Aus dem Szenario zu Figur 6.2a.3.2-5 wusste der Fachmann, dass sich
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die beiden von der Vermittlungsstelle an die Steuerungseinrichtung gesandten IDP-Nachrichten in den Schritten 2 und 11 darin unterschieden, dass der Vermittlungsstelle bei Schritt 2 für das Anrufrouting nur die Rufnummer des angerufenen Mobilfunkgeräts (die mit Schritt 1 per IAM-Nachricht übermittelte MSISDN) bekannt war und die darauf folgenden Schritte dazu führen sollten, aufgrund der mit Schritt 2 erfolgenden IDP-Nachricht weitere Informationen zur Konkretisierung der Anrufroute zu erhalten. Diese weitere Routinginformation soll die Vermittlungsstelle GMSC mit der IAM-Nachricht gemäß Schritt 9 in Form der CSRN erhalten. Für die Vermittlungsstelle unterscheidet sich die Situation vor Schritt 2
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einerseits und Schritt 11 andererseits mithin dadurch, dass sie vor Schritt 2 in einer IAM-Nachricht eine MSISDN und vor Schritt 11 in einer IAM-Nachricht eine CSRN empfängt. Diese Information stellt für die Vermittlungsstelle GMSC das Kriterium dar, um zwischen Schritt 2 und Schritt 11 unterscheiden zu können. Mit Blick auf die Notwendigkeit, es auch der Steuerungseinrichtung CCCF zu ermöglichen, die Situationen nach den Schritten 2 und 11 zu unterscheiden, bot es sich deshalb an, eben diesen Unterschied in der Datenlage auch der Steuerungseinrichtung zu übermitteln. Hierfür sprach auch die Offenbarung in der Technischen Spezifikation
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3GPP TS 29.078 7.0.0 (VP4) zum CAMEL-Protokoll, die in Annex A unter A.1 beschreibt, wie die Daten für eine IDP-Nachricht aus einer vorangegangenen IAM-Nachricht zusammengestellt ("mapping") werden. Als erstes Datum wird dabei die Nummer des angerufenen Mobilgeräts aus der IAM-Nachricht in die IDP-Nachricht übertragen. Üblicherweise handelt es sich zwar wie in den Schritten 1 und 2 der Figur 6.2a.3.2-5 um die MSISDN des angerufenen Mobilgeräts. Wenn jedoch mit der vorangegangenen IAM-Nachricht eine CSRN als Rufnummer des angerufenen Mobilgeräts übermittelt wird, hat der Fachmann sich zumindest die Frage zu stellen, ob er für die folgende IDP-Nachricht die CSRN oder eine aus dieser ermittelten MSISDN überträgt. Im Hinblick auf die Veran- lassung des Fachmanns, für die Steuerungseinrichtung CCCF ein Kriterium zur Unterscheidung der beiden IDP-Nachrichten der Schritte 2 und 11 zu finden, war danach von ihm zu erwarten, für die IDP-Nachricht nicht eine aus der CSRN ermittelte MSISDN, sondern die CSRN selbst als Rufnummer des angerufenen Mobilfunkgeräts zu verwenden.
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cc) Dem steht nicht entgegen, dass die VP2 zu Figur 6.2a.3.2-5 unter Nr. 10 für die Vermittlungsstelle GMSC die Anweisung enthält, vor Schritt 10 für die an das Register HLR zu übermittelnde SRI-Nachricht die MSISDN aus der CSRN tatsächlich zu ermitteln. Die Klägerin hat dies unwidersprochen damit erklärt, dass das Register nur die MSISDN, nicht aber die CSRN verarbeiten kann.
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dd) Weiterhin steht dem nicht entgegen, dass ein wiederholtes Durchlaufen der Routingsteuerung in den Schritten 2 bis 10 auch durch andere Maßnahmen hätte vermieden werden können. Der Patentfähigkeit ermangelt nicht nur die nächstliegende Lösung für ein technisches Problem, sondern jede für den Fachmann naheliegende Lösung. Kommen für den Fachmann mehrere Alternativen in Betracht, können folglich mehrere von ihnen naheliegend sein. Grundsätzlich ohne Bedeutung ist insofern auch, welche der Lösungsalternativen der Fachmann als erste in Betracht zöge (vgl. BGH, Urteil vom 6. März 2012 - X ZR 50/09, juris Rn. 19).
37
Die Beklagte trägt vor, ein wiederholtes Durchlaufen der Schritte 2 bis 10 hätte ebenso vermieden werden können, indem die Steuerungseinrichtung CCCF bei Schritt 8 speichert, dass sie eine bestimmte CSRN für eine konkrete Kombination aus angerufener Rufnummer und anrufender Rufnummer für die in diesem Schritt folgende INVITE-Nachricht vergeben hat, diese Speicherung für einen eng begrenzten Zeitraum aufrecht erhält, sodann nach der IDP-Nachricht in Schritt 11 anhand der dabei übermittelten MSISDN die bereits vollzogene Übermittlung einer CSRN erkennt und deshalb in Schritt 12 die Entscheidung für die Übersendung einer CONTINUE-Nachricht trifft.
38
Es kann offen bleiben, ob eine solche Lösung überhaupt nahegelegt war. Jedenfalls kam sie für den Fachmann nicht allein und nicht einmal bevorzugt in Betracht. Vielmehr weist diese Lösung Nachteile auf. Das Speichern der Vergabe einer CSRN in Schritt 8 nebst Löschen dieser Speicherung und Vergleich dieses Datums mit den in Schritt 11 in der IDP-Nachricht übersandten Daten, nur um festzustellen, dass die in Schritt 11 übermittelte IDP-Nachricht auf einer vorangegangenen Routingsteuerung beruht, stellt - wie von der Klägerin unwidersprochen dargelegt - einen erheblich größeren Datenverarbeitungsaufwand dar, als schlicht mit der IDP-Nachricht die Information zu verbinden, dass bereits eine Routingsteuerung stattgefunden hat und deshalb von der Steuerungseinrichtung CCCF in Schritt 12 eine CONTINUE-Nachricht zu senden ist.
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ee) Vom Fachmann war daher zu erwarten, mit der IDP-Nachricht gemäß Schritt 11 auch die Information zu übersenden, dass die Nachricht seitens der Vermittlungsstelle GMSC dem Empfang der CSRN folgt. Hierfür konnte die CSRN in der IDP-Nachricht übertragen oder ein gesondertes Bit übersandt werden, das diese Informationsgrundlage im Sinne einer die Routingsteuerung enthaltenden Information anzeigt (Merkmal 2.2), damit die Steuerungseinrichtung feststellen kann, dass der Anruf einer Routingsteuerung unterlag (Merkmale 3 und 3.1), eine CONTINUE-Nachricht an die Vermittlungsstelle folgen kann (Merkmal 3.2) und nicht wiederholt die Schritte 2 bis 10 ausgeführt werden (Merkmal 1.1).
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e) Mit einer Konkretisierung oder Weiterentwicklung des in VP2 zu Figur 6.2a.3.2-5 gezeigten Szenarios, bei der mit der IDP-Nachricht gemäß Schritt 11 die CSRN oder eine andere, die fortgeschrittene Routingsteuerung anzeigende Information übertragen und somit in der Datenverarbeitung der Steuerungseinrichtung CCCF auf dieser Informationsgrundlage die Entscheidung getroffen wird, in Schritt 12 eine CONTINUE-Nachricht zu senden, gelangte der Fachmann mithin in naheliegender Weise für das in Figur 6.2a.3.2-5 beschriebene und gegebenenfalls weitere, ähnliche Szenarien - wie beispielsweise das in den Figuren 6.2a.3.2-3 und 6.2a.3.2-4 der VP2 beschriebene - zu einem Verfahren mit allen Merkmalen des Gegenstands von Patentanspruch 1.
41
2. Für eine abweichende Beurteilung der Patentfähigkeit des Gegenstands der Nebenansprüche 9, 14 und 15, mit denen jeweils Vorrichtungen beziehungsweise ein System von Vorrichtungen beansprucht werden, die in der Lage sind, ein Verfahren gemäß der Lehre von Patentanspruch 1 durchzuführen , sowie der den Patentansprüchen 1, 9, 14 und 15 untergeordneten Ansprüche des Streitpatents ist nichts geltend gemacht und für den Senat nichts ersichtlich.
42
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG, § 91 Abs. 1 ZPO.
Meier-Beck Grabinski Hoffmann
Schuster Deichfuß
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 18.09.2013 - 5 Ni 72/11 (EP) -
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(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

(1) In dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof gelten die Bestimmungen des § 144 über die Streitwertfestsetzung entsprechend. (2) In dem Urteil ist auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über d
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Annotations

(1) In dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof gelten die Bestimmungen des § 144 über die Streitwertfestsetzung entsprechend.

(2) In dem Urteil ist auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkosten (§§ 91 bis 101) sind entsprechend anzuwenden, soweit nicht die Billigkeit eine andere Entscheidung erfordert; die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren (§§ 103 bis 107) und die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen (§§ 724 bis 802) sind entsprechend anzuwenden.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.