Bundesgerichtshof Urteil, 20. Feb. 2019 - VIII ZR 115/18
vorgehend
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Anschluss an BGH, Urteile vom 20. Februar 2019 - VIII ZR 7/18 und VIII ZR 66/18; jeweils zur Veröffentlichung bestimmt).
c) Hat das Krankenhaus - wie hier - seine Rechnungen (unter Ansatz einer materiellrechtlich nicht angefallenen Umsatzsteuer) in einer den Anforderungen der § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 7 und 8, § 14c Abs. 1 UStG entsprechenden Weise erstellt, sind für die Beurteilung, ob aufgrund einer ergänzenden Vertragsauslegung der Rechtsgrund für den entrichteten Umsatzsteueranteil teilweise entfällt, regelmäßig nicht nur die von dem Krankenhaus insoweit etwaig vorgenommenen Vorsteuerabzüge zu berücksichtigen, die im Falle der Rechnungskorrektur und Steuerberichtigung (§ 14c Abs. 1 Satz 2, § 17 Abs. 1 UStG) vom Finanzamt von Amts wegen nachgefordert werden. Vielmehr ist weiter maßgebend, ob und in welcher Höhe das Finanzamt gemäß §§ 233a, 238 AO Zinsen auf die rückwirkend geschuldete Nachzahlung der Vorsteuerabzüge erheben wird. Denn § 17 Abs. 1 Satz 7 UStG erlaubt eine Berichtigung der angesetzten Umsatzsteuer nur für den aktuellen Besteuerungszeitraum, während die Berichtigung des Vorsteuerabzugs rückwirkend erfolgt (Abgrenzung zu Senatsurteilen vom 20. Februar 2019 - VIII ZR 7/18 und VIII ZR 66/18; jeweils zur Veröffentlichung vorgesehen).
d) Erreichen oder übersteigen solche Zinsforderungen einen sich etwa aus der Differenz des Umsatzsteueranteils und erfolgter Vorsteuerabzüge ergebenden Rückzahlungsbetrag des Patienten beziehungsweise bleiben sie nur unerheblich dahinter zurück, ist eine planwidrige Regelungslücke als Voraussetzung einer ergänzenden Vertragsauslegung mangels eines dann ausscheidenden hypothetischen Willens zu einer abweichenden Preisvereinbarung nicht gegeben (Abgrenzung zu Senatsurteilen vom 20. Februar 2019 - VIII ZR 7/18 und VIII ZR 66/18; jeweils zur Veröffentlichung bestimmt). BGH, Urteil vom 20. Februar 2019 - VIII ZR 115/18 - LG Essen AG Gelsenkirchen
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 20. Februar 2019 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Milger, den Richter Dr. Schneider, die Richterin Dr. Fetzer sowie die Richter Dr. Bünger und Dr. Schmidt
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin ist eine private Krankenversicherung. Sie nimmt die Beklagte als Trägerin eines Krankenhauses auf Rückerstattung von Umsatzsteuer in Anspruch. Das von der Beklagten betriebene Krankenhaus stellt in seiner hauseigenen Apotheke patientenindividuell sogenannte Zytostatika (Krebsmedikamente zur Anwendung in der Chemotherapie) her.
- 2
- Für die dreimalige Abgabe solcher Medikamente an den ambulant behandelten Versicherungsnehmer der Klägerin berechnete die Beklagte diesem im Jahr 2013 einen Gesamtbetrag von 15.398,43 €. Die einzelnen Rechnungen nehmen auf die für die verordneten Medikamente ausgestellten Rezeptformulare Bezug, in denen unter der dort vorgedruckten Überschrift "Gesamt-Brutto" die jeweils angesetzten Preise aufgedruckt wurden, und weisen eine Umsatzsteuer in Höhe von 19 % auf den Abgabepreis aus. In den von den Beklagten gezahlten Rechnungen sind bezogen auf die jeweiligen Rezepte der Gesamtnettobetrag , die darauf entfallende Umsatzsteuer nebst Steuersatz sowie der Bruttobetrag (Rezeptbetrag) angegeben. Der Versicherungsnehmer der Klägerin beglich die ihm in Rechnung gestellten Beträge. Die Klägerin erstattete ihm hiervon nach Maßgabe des Versicherungsvertrags einen Anteil in Höhe von 30 %, insgesamt also 4.619,52 €. Die Beklagte führte - wie sich aus dem im Berufungsurteil aufgeführten, insoweit übereinstimmenden Vortrag der Parteien ergibt - die in Ansatz gebrachten Umsatzsteuerbeträge an das zuständige Finanzamt ab. Ob und in welcher Höhe sie dabei einen Vorsteuerabzug vorgenommen hat, ist bislang ungeklärt. Dass die Umsatzsteuer bestandskräftig festgesetzt worden sei, hat die Beklagte nicht geltend gemacht.
- 3
- Am 24. September 2014 erging ein Urteil des Bundesfinanzhofs (Az. V R 19/11; veröffentlicht in BFHE 247, 369), wonach die im Rahmen einer ambulant in einem Krankenhaus durchgeführten Heilbehandlung erfolgte Verabreichung individuell für den einzelnen Patienten von einer Krankenhausapotheke hergestellter Zytostatika als ein mit der ärztlichen Heilbehandlung eng verbundener Umsatz gemäß § 4 Nr. 16 Buchst. b Umsatzsteuergesetz (UStG) (aF; seit 1. Januar 2009: § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG) steuerfrei ist. Unter dem 28. September 2016 folgte ein Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (Az. III C 3 - S 7170/11/10004; veröffentlicht in UR 2016, 891), das auf die Entscheidung des Bundesfinanzhofs sowie - unter anderem - auf die Möglichkeit einer Berichtigung der wegen unrichtigen Ausweises der Steuer geschuldeten Beträge nach dem Umsatzsteuergesetz und auf einen dann eintretenden (rückwirkenden) Ausschluss der hierauf bezogenen Vorsteuerabzüge hinwies.
- 4
- Die Klägerin hat mit der vorliegenden Klage einen auf Bereicherungsrecht gestützten Anspruch aus übergegangenem Recht ihres Versicherungsnehmers auf Rückzahlung von insgesamt 737,58 € nebst Zinsen geltend gemacht. Der eingeklagte Betrag entspricht dem Umsatzsteueranteil, der in dem von ihr erstatteten Betrag von 4.619,52 € enthalten ist. Hilfsweise hat sie Korrektur der streitgegenständlichen Rechnungen dahin verlangt, dass die dort aufgeführten "Umsätze" umsatzsteuerfrei seien.
- 5
- Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin ist vor dem Landgericht ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
- 6
- Die Revision hat Erfolg.
I.
- 7
- Das Berufungsgericht (LG Essen, Urteil vom 27. Februar 2018 - 15 S 162/17, juris) hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
- 8
- Der Klägerin stehe ein Anspruch auf Rückzahlung des verlangten Betrags aus übergegangenem Recht (§ 86 Abs. 1, § 194 Abs. 2 VVG) ihres Versicherungsnehmers weder gemäß §§ 433, 241 Abs. 2, § 242 BGB noch nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, Satz 2 Alt. 1 BGB zu. Auch der Hilfsantrag komme nicht zum Tragen. Dem Versicherungsnehmer der Klägerin habe kein Rückforderungsanspruch zugestanden, der auf die Klägerin hätte übergehen können.
- 9
- Ungeachtet der rechtlichen Einordnung der zwischen dem Versicherungsnehmer der Klägerin und der Beklagten geschlossenen Verträge als Kauf (§ 433 BGB) oder als Werklieferungsverträge (§ 651 BGB aF) begründeten weder eine ergänzende Vertragsauslegung noch die sonstigen Umstände des Falles vertragliche Nebenpflichten oder beseitigten den Rechtsgrund für die bewusste und zweckgerichtete Begleichung der Umsatzsteuer.
- 10
- Die Beklagte und der Versicherungsnehmer der Klägerin seien zumindest stillschweigend übereingekommen, dass der Beklagten - was für auf ärztliche Anordnung individuell herzustellende Arzneimittel auch anerkannt sei (vgl. etwa OLG Köln, Urteil vom 22. Juni 2010 - 20 U 27/12) - ein Leistungsbestimmungsrecht gemäß § 315 Abs. 1 BGB habe zustehen sollen. Denn den Vertragsparteien sei zwar die Pflicht des Versicherungsnehmers der Klägerin zur Vergütung der Leistung der Beklagten unzweifelhaft bewusst gewesen, sie hätten sich aber nur hinsichtlich des Inhalts der Leistung, nicht aber der Gegenleistung verbindlich geeinigt.
- 11
- Zu dieser Auffassung sei die Berufungskammer gelangt, weil die Parteien zum Inhalt etwaiger Preisvereinbarungen nicht konkret vorgetragen, sondern lediglich unter Bezugnahme auf die gestellten Rechnungen Rechtsansichten zum Nichtvorliegen (so die Klägerin) beziehungsweise zum Vorliegen (so die Beklagte) sogenannter Bruttopreisabreden geäußert hätten. Auch aus den vorgelegten Rezepten oder Rechnungen gehe nicht belastbar hervor, welche Gegenleistung der Versicherungsnehmer der Klägerin für den Erwerb der Medikamente konkret habe vereinbaren wollen und ob die Vertragsparteien übereinstimmend von einer Pflicht zur Leistung der Umsatzsteuer ausgegangen seien. Dem Umstand, dass in den Rechnungen eine Umsatzsteuer von 19 % gesondert ausgewiesen worden sei, komme keine Bedeutung zu. Er stelle nicht einmal ein verlässliches Indiz bezüglich des geschuldeten Entgelts dar, denn bei Rechnungserstellung habe eine verbindliche Einigung über die Herstellung des Medikaments bereits vorgelegen.
- 12
- Es habe auch weder ein (bewusster) Einigungsmangel der Vertragsparteien noch eine der ergänzenden Vertragsauslegung zugängliche Vertragslücke bezüglich des zu zahlenden, aber bei Vertragsschluss noch unbekannten Preises vorgelegen. Selbst wenn man entgegen der Beurteilung des Berufungsgerichts eine Auslegungsfähigkeit und -bedürftigkeit der vertraglichen Vereinbarungen annähme, wäre eine Herabsetzung des Preises schon mangels übereinstimmenden Irrtums der Vertragsparteien in Bezug auf die Umsatzsteuerpflichtigkeit nicht in Betracht gekommen. Sofern der Versicherungsnehmer der Klägerin eine mögliche Steuerpflichtigkeit überhaupt in sein Bewusstsein aufgenommen haben sollte, seien beide Vertragsparteien zum damaligen Zeitpunkt zu Recht von einer bestehenden Umsatzsteuerpflicht ausgegangen.
- 13
- Die Beklagte habe das ihr eingeräumte Leistungsbestimmungsrecht auch jeweils mit Rechnungstellung gemäß § 315 Abs. 2 BGB unwiderruflich ausgeübt. Anhaltspunkte für eine zum maßgeblichen Zeitpunkt unbillige, weil vom Marktüblichen abweichende und damit gemäß § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB unverbindliche Leistungsbestimmung seien weder von der Klägerin behauptet worden noch sonst erkennbar. Dies gelte auch in Bezug auf die als Teil des Entgelts festgelegte Umsatzsteuer (Bruttopreisbestimmung), da nach dem Erkenntnisstand des Berufungsgerichts an dem Bestehen der Umsatzsteuerpflicht erst später Zweifel aufgekommen seien.
- 14
- Nachdem die Preisbestimmung der Beklagten wirksam gewesen und die darin enthaltene Umsatzsteuer mangels anderslautender Vereinbarung zum unselbständigen Teil des insgesamt zu zahlenden Entgelts geworden sei, komme eine Rückforderung nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen nicht in Betracht.
- 15
- Für die Annahme eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB bestehe ebenfalls kein Raum. Eine Vertragsanpassung nach diesen Grundsätzen scheide schon deswegen aus, weil die Verträge seit längerer Zeit vollständig erfüllt seien. Zudem fehle es an einem gemeinsamen Irrtum der Vertragsparteien über die Umsatzsteuerpflicht, die - wie bereits ausgeführt - zu den jeweiligen Zeitpunkten der Vertragsabschlüsse tatsächlich bestanden habe.
- 16
- Nach alledem sei auch der Hilfsantrag der Klägerin unbegründet. Ein Anspruch aus § 241 Abs. 2 BGB auf eine Korrektur der damals steuerrechtlich korrekten Rechnungen bestehe nicht.
II.
- 17
- Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Anspruch der Klägerin gemäß § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BGB aus übergegangenem Recht (§ 86 Abs. 1 Satz 1, § 194 Abs. 2 VVG) auf teilweise Rückzahlung der Beträge, die den von ihrem Versicherungsnehmer jeweils geleisteten und von ihr erstatteten Umsatzsteueranteilen von 19 % entsprechen, zuzüglich Zinsen, nicht verneint werden.
- 18
- Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerhaft angenommen, eine Rückforderung nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen komme nicht in Betracht. Dabei ist es im Ergebnis noch zutreffend davon ausgegangen, dass die jeweils angesetzte Umsatzsteuer als unselbständiger Entgeltbestandteil des verlangten Bruttopreises geschuldet war. Es ist jedoch zu Unrecht zu der Ansicht gelangt, die Vertragsparteien hätten der Beklagten stillschweigend ein Preisbestim- mungsrecht nach § 316 BGB eingeräumt, das wegen der in § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB angeordneten Bindungswirkung eine Rückforderung nicht angefallener Umsatzsteuer gänzlich ausschließe. Hierbei hat es übersehen, dass die Einräumung eines einseitigen, allein der Billigkeit unterworfenen Preisbestimmungsrechts nicht dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen und dem Interesse der Vertragsparteien entspricht. Weiter hat es nicht erkannt, dass die zwischen den Vertragsparteien getroffenen Vereinbarungen im Hinblick auf die später bekannt gewordene und von den Finanzbehörden anerkannte materiellrechtliche Umsatzsteuerfreiheit der Herstellung und Veräußerung von Zytostatika unter Umständen eine Regelungslücke aufweisen, die durch eine ergänzende Vertragsauslegung zu schließen wäre. Ausgehend von dem derzeitigen Erkenntnisstand kann aufgrund der im Streitfall bestehenden umsatzsteuerrechtlichen Situation, die sich von den den Senatsurteilen vom heutigen Tag (VIII ZR 7/18 und VIII ZR 66/18, jeweils zur Veröffentlichung bestimmt) zugrunde liegenden Sachverhalten in einem wesentlichen Punkt unterscheidet, nicht abschließend beantwortet werden, ob die Voraussetzungen einer ergänzenden Vertragsauslegung letztlich gegeben sind. Dies wird das Berufungsgericht in eigener tatrichterlicher Würdigung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zu beurteilen haben.
- 19
- 1. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass sich die Entgeltpflicht für die Veräußerung von Zytostatika nach § 433 Abs. 2 BGB richtet. Auf die zwischen dem Versicherungsnehmer der Klägerin und der Beklagten begründeten Vertragsverhältnisse ist, soweit die Herstellung und die Veräußerung von Zytostatika betroffen sind, Werklieferungsrecht (§ 651 BGB aF; heute § 650 BGB) anzuwenden. Ebenfalls im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass die geschuldete Vergütung jeweils die darin eingeschlossene Umsatzsteuer von 19 % als unselbständigen Entgeltbestand- teil enthält und die Vertragsparteien damit - anders als die Revision meint - Bruttopreisabreden getroffen haben. Dies führt aber nicht - wie das Berufungsgericht aus dem von ihm rechtsfehlerhaft bejahten Preisbestimmungsrecht der Beklagten nach §§ 316, 315 Abs. 3 Satz 1 BGB abgeleitet hat - zu einem vollständigen Ausschluss eines bereicherungsrechtlichen Anspruchs auf Rückzahlung der Beträge, die auf die zu Unrecht angesetzten Umsatzsteueranteile entfallen. Andererseits ist eine Rückforderung - entgegen der Auffassung der Revision , die von dem Zustandekommen von Nettopreisabreden ausgeht - nicht allein deswegen zu bejahen, weil in die Preise zu Unrecht Umsatzsteuer in Höhe von jeweils 19 % eingeflossen ist.
- 20
- a) Werden von einer Krankenhausapotheke an einen privat versicherten Patienten zur ambulanten Behandlung in der Klinik individuell hergestellte Krebsmedikamente entgeltlich abgegeben, ist auf das zwischen dem Krankenhaus und dem Patienten bestehende Vertragsverhältnis Werklieferungsrecht (§ 650 BGB; bis 31. Dezember 2017: § 651 BGB aF) anzuwenden, so dass bezüglich der Entgeltpflicht § 433 Abs. 2 BGB gilt (vgl. etwa OLG Köln, NJW-RR 2012, 1520, 1521). Teilweise wird ein solches Vertragsverhältnis in der Instanzrechtsprechung als Behandlungsvertrag nach § 611 BGB (heute: §§ 630a, 630b BGB) eingeordnet mit der Folge, dass dann zumindest die übliche Vergütung (§ 612 Abs. 2 BGB) geschuldet wäre (vgl. etwa LG Köln, Urteil vom 18. Juli 2018 - 25 S 15/17; Revision anhängig unter dem Az. VIII ZR 264/18).
- 21
- Hierbei wird außer Acht gelassen, dass die ambulante Heilbehandlung durch den zuständigen Krankenhausarzt und die Abgabe der Krebsmedikamente durch die Krankenhausapotheke zwei selbständige Leistungen (ärztliche Behandlung durch den Arzt; Herstellung der Medikamente durch die Apotheke) darstellen, die entweder im Rahmen zweier getrennter Vertragsverhältnisse oder als selbständige Teile eines einheitlichen typengemischten Vertrags mit dem Krankenhausträger als Betreiber der Ambulanz erbracht werden. Auch im letztgenannten Fall wäre die Bereitstellung der Arzneimittel - ungeachtet des Schwerpunkts des Vertrags - nach den Grundsätzen des Werklieferungsrechts zu beurteilen, da diese Leistungen separat berechnet werden und eine Apotheke keine ärztlichen Leistungen vornimmt (vgl. BT-Drucks. 17/10448, S. 18). Nur auf diese Weise wird bei Annahme eines einheitlichen Vertragsverhältnisses der durch wesensverschiedene eigenständige Leistungspflichten begründeten Eigenart des Vertragsverhältnisses Rechnung getragen (vgl. BGH, Urteil vom 29. Oktober 1980 - VIII ZR 326/79, NJW 1981, 341 unter 3 b cc; Beschluss vom 21. April 2005 - III ZR 293/04, NJW 2005, 2008 unter II 3).
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- b) Bezüglich des somit nach § 433 Abs. 2 BGB zu erbringenden Kaufpreises für patientenindividuell im Rahmen einer ambulanten Behandlung im Krankenhaus hergestellte Zytostatika herrscht in der einschlägigen Instanzrechtsprechung weitgehend Uneinigkeit darüber, ob ein privat versicherter Patient eine darin enthaltene Umsatzsteuer auch dann schuldet, wenn diese - wie hier - aus materiell-rechtlicher Sicht gar nicht angefallen ist (vgl. die Nachweise bei Makoski/Clausen, ZMGR 2018, 231, 233 ff.). Dieses Bild zeigt sich auch, wenn man allein die bislang beim Bundesgerichtshof anhängigen Verfahren zugrunde legt.
- 23
- aa) Teilweise wird bezüglich der in den gestellten Rechnungen - wie hier - im steuerrechtlichen Sinne (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 7 und 8, § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG) gesondert ausgewiesenen oder zumindest unstreitig darin enthaltenen Umsatzsteuer mit unterschiedlichen Begründungen (einseitiges Preisbestimmungsrecht der Krankenhausapotheke; stillschweigend getroffene Vergütungsvereinbarung ) eine Bruttopreisabrede angenommen, also die Umsatz- steuer nur als unselbständiger Entgeltbestandteil gewertet (so etwa das Berufungsgericht ; OLG Schleswig, Urteil vom 20. Dezember 2017 - 4 U 69/17, juris [nachfolgend Senatsurteil vom heutigen Tag - VIII ZR 7/18, zur Veröffentlichung bestimmt]; LG Chemnitz, Urteil vom 2. November 2018 - 3 S 7/18 [Revision anhängig unter dem Az. VIII ZR 360/18]; LG Darmstadt, Urteil vom 4. Oktober 2018 - 6 S 56/18 [Revision anhängig unter dem Az. VIII ZR 351/18]; LG Köln, Urteil vom 18. Juni 2018 - 25 S 15/17 [Revision anhängig unter dem Az. VIII ZR 264/18]; wohl auch LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 5. Juli 2018 - 4 S 5126/17 [Revision anhängig unter dem Az. VIII ZR 247/18]).
- 24
- Die unterschiedlichen Begründungsansätze führen zu abweichenden Rechtsfolgen. Ein vereinbartes Bruttoentgelt deckt nach höchstrichterlicher Rechtsprechung grundsätzlich auch die Aufwendung für die vom Leistenden zu entrichtende Umsatzsteuer ab, die in diesem Fall nur einen unselbständigen Bestandteil des vereinbarten Entgelts darstellt (vgl. etwa BGH, Urteile vom 24. Februar 1988 - VIII ZR 64/87, BGHZ 103, 284, 287; vom 26. Juni 1991 - VIII ZR 198/90, BGHZ 115, 47, 50; vom 11. Mai 2001 - V ZR 492/99, NJW 2001, 2464 unter II 1; vom 28. Februar 2002 - I ZR 318/99, NJW 2002, 2312 unter II 1; Beschluss vom 29. Januar 2015 - IX ZR 138/14, juris Rn. 3; jeweils mwN; BSG, NJOZ 2009, 1914 Rn. 17). Dies hat zur Folge, dass - von bestimmten Ausnahmen abgesehen - weder der Leistende eine wider sein Erwarten anfallende Umsatzsteuer von seinem Vertragspartner nachfordern (vgl. etwa BGH, Urteile vom 24. Februar 1988 - VIII ZR 64/87, aaO; vom 28. Februar 2002 - I ZR 318/99, aaO unter II) noch der Leistungsempfänger im Falle der Umsatzsteuerfreiheit den auf die Umsatzsteuer entfallenden Anteil seiner Vergütung zurückverlangen kann (vgl. hierzu BSG, aaO Rn. 25).
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- Wird - wie manche Stimmen annehmen (vgl. etwa neben dem Berufungsgericht das LG Chemnitz, Urteil vom 2. November 2018 - 3 S 7/18 [Revision anhängig unter dem Az. VIII ZR 360/18] - der Bruttopreis einseitig von der Krankenhausapotheke im Rahmen eines Preisbestimmungsrechts nach § 316 BGB bestimmt, wäre die Rückforderung zu Unrecht bezahlter Umsatzsteuer wegen der Bindungswirkung nach § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB gänzlich ausgeschlossen , weil eine solche Zuvielforderung bei im Übrigen nicht zu beanstandenden Preisen nicht zur Unbilligkeit des Gesamtbetrags führen würde.
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- bb) Andere Stimmen werten die getroffenen Abreden als Nettopreisvereinbarungen und sehen daher die Umsatzsteuer als eigenständigen Preisanteil nur dann als geschuldet an, wenn materiell-rechtlich eine entsprechende Steuerpflicht besteht (vgl. etwa OLG Braunschweig, Urteil vom 22. Mai 2018 - 8 U 130/17, juris Rn. 20 ff. [Revision anhängig unter dem Az. VIII ZR 212/18]; LG Aachen, Urteil vom 9. Februar 2018 - 6 S 118/17, juris [nachfolgend Senatsurteil vom heutigen Tag - VIII ZR 66/18, zur Veröffentlichung bestimmt]). Die Selbständigkeit des Umsatzsteueranteils bei einer Nettopreisvereinbarung führt dazu, dass eine vom Leistenden angesetzte, dem Gesetz nach aber nicht angefallene Umsatzsteuer von diesem ohne Rechtsgrund vereinnahmt und daher ohne weiteres gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB an den Vertragspartner herauszugeben ist (vgl. auch Senatsurteil vom 2. November 2005 - VIII ZR 39/04, NJW 2006, 364 Rn. 14).
- 27
- c) Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass die zwischen den Vertragsparteien zustande gekommenen Vereinbarungen als Bruttopreisabreden zu bewerten sind, so dass grundsätzlich die Zahlung der angesetzten Umsatzsteuer unabhängig von der materiell-rechtlichen Umsatzsteuerpflichtigkeit des getätigten Geschäfts als (unselbständiger) Teil des Kauf- preises geschuldet war. Rechtsfehlerhaft hat es jedoch ein einseitiges Preisbestimmungsrecht der Beklagten nach §§ 316, 315 Abs. 3 Satz 1 BGB bejaht, das keinen Raum für eine "Vertragsanpassung" lasse.
- 28
- aa) Die Auffassung des Berufungsgerichts, aus den vorgelegten Unterlagen (Rezepte; Rechnungen) gehe nicht belastbar hervor, welche Gegenleistung die Vertragsparteien konkret vereinbart hätten, ist von Rechtsfehlern beeinflusst. Das Berufungsgericht hat diese Dokumente zu Unrecht deswegen als unbeachtlich angesehen, weil der Preisaufdruck auf den Rezepten und die Erstellung der hierauf basierenden Rechnungen erst nach der verbindlichen Einigung über die Fertigung der Zytostatika erfolgt seien.
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- (1) Hierbei hat das Berufungsgericht übersehen, dass eine vertragliche Vereinbarung über die für die gefertigten Krebsmedikamente konkret geschuldete Vergütung auch noch nach der Herstellung oder gar der Verabreichung der Medikamente erfolgen kann. Eine solche Einigung kann unter den hier gegebenen besonderen Umständen (Vertragsgegenstand, keine angemeldeten oder ersichtlichen Bedenken gegen die Angemessenheit der verlangten Vergütung ; Erstattung durch den privaten Krankenversicherer der Patienten) insbesondere dadurch erzielt werden, dass der Versicherungsnehmer des privaten Krankenversicherers die von der Krankenhausapotheke jeweils in den gestellten Rechnungen geforderten Beträge durch vorbehaltlos erbrachte Zahlungen entsprechend § 151 BGB billigt und dadurch die bis dahin bezüglich der konkreten Vergütungshöhe bestehende Vertragslücke schließt (Senatsurteile vom heutigen Tag - VIII ZR 7/18, unter II 1 c aa (2) (b) (cc); VIII ZR 66/18, unter II 1 c aa (1); VIII ZR 189/18, unter II 1 c aa (1); jeweils zur Veröffentlichung bestimmt; vgl. auch BSG, NJOZ 2009, 1914 Rn. 16). Dieser Möglichkeit hat sich das Berufungsgericht verschlossen und ist stattdessen aufgrund des Umstands, dass den Vertragsparteien eine Pflicht zur Vergütung der herzustellenden Medikamente bewusst war, in Einklang mit einer in der Instanzrechtsprechung häufiger vertretenen Auffassung (vgl. etwa OLG Köln, NJW-RR 2012, 1520, 1521) zu der Einschätzung gelangt, dass sich die Vertragsparteien stillschweigend darüber geeinigt hätten, der Beklagten ein einseitiges Preisbestimmungsrecht nach § 316 BGB mit der Bindungswirkung nach § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB einzuräumen.
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- (2) Diese Auslegung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Zwar darf bei Individualerklärungen deren Auslegung durch den Tatrichter vom Revisionsgericht nur eingeschränkt daraufhin überprüft werden, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, die Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt sind, wesentlicher Auslegungsstoff außer Acht gelassen worden ist oder die Auslegung auf mit der Revision gerügten Verfahrensfehlern beruht (st. Rspr.; vgl. etwa Senatsurteile vom 12. Oktober 2016 - VIII ZR 55/15, BGHZ 212, 248 Rn. 35 mwN; vom 25. April 2018 - VIII ZR 176/17, NJW 2018, 2472 Rn. 30). Solche Rechtsfehler sind dem Berufungsgericht jedoch - allerdings in anderer Hinsicht als dies die Revision annimmt - unterlaufen.
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- (a) Ein Patient, der von einem Krankenhaus ambulant mit von der hauseigenen Apotheke individuell hergestellten Zytostatika behandelt wird, kommt zwar regelmäßig nicht mit der Apotheke in Kontakt und erhält grundsätzlich vorher auch keine Informationen über die konkret geschuldete Höhe der Vergütung. Aus diesem Umstand kann jedoch nicht abgeleitet werden, Patient und Krankenhaus hätten keine konkreten Preisabreden getroffen, sondern letzterem ein Preisbestimmungsrecht nach den Grundsätzen der §§ 315, 316 BGB (so aber etwa OLG Köln, aaO) mit der Bindungswirkung des § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB eingeräumt. Denn dies wird weder dem eingeschränkten Anwendungsbereich des § 316 BGB noch der beiderseitigen Interessenlage gerecht.
- 32
- (aa) In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist schon seit langem anerkannt , dass bei fehlenden Preisabreden eine Heranziehung des § 316 BGB nur ausnahmsweise in Betracht kommt. Die genannte Vorschrift stellt lediglich eine nur im Zweifel eingreifende gesetzliche Auslegungsregel dar, der gegenüber die Vertragsauslegung den Vorrang hat (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 13. März 1985 - IVa ZR 211/82, BGHZ 94, 98, 101 f. mwN; vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, NJW 2010, 1742 Rn. 18). Daher kann eine Vertragslücke nicht durch Rückgriff auf § 316 BGB geschlossen werden, wenn und weil dies dem Interesse der Vertragsparteien und ihrer wirklichen oder mutmaßlichen Willensrichtung typischerweise nicht entspricht (vgl. etwa BGH, Urteile vom 13. März 1985 - IVa ZR 211/82, aaO S. 102 mwN; vom 13. April 2010 - XI ZR197/09, aaO). Vielmehr ist es geboten, die bestehende Lücke durch Auslegung (BGH, Urteil vom 13. März 1985 - IVa ZR 211/82, aaO S. 103 f.) oder durch Anwendung der Grundsätze der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen, wobei im letztgenannten Fall die den Gegenstand der Leistung und die das Vertragsverhältnis prägenden Umstände maßgebend sind (vgl. etwa BGH, Urteile vom 4. April 2006 - X ZR 122/05, BGHZ 167, 139 Rn. 10; vom 26. September 2006 - X ZR 181/03, NJW-RR 2007, 103 Rn. 20; vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, aaO).
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- (bb) Gemessen an diesen Maßstäben hat ein einseitiges Preisbestimmungsrecht der Beklagten nach § 316 BGB von vornherein auszuscheiden. Es spricht einiges dafür, dass sich die Beteiligten - was im Wege der Parteiautonomie ohne weiteres möglich ist - stillschweigend bereits bei der Zurverfügungstellung der Zytostatika gegen spätere Rechnungstellung konkludent dahin ge- einigt haben, dass diese Medikamente nur gegen Zahlung eines angemessenen und grundsätzlich erstattungsfähigen Entgelts geliefert werden sollen und dass über deren konkrete Höhe später noch eine Übereinkunft erzielt werden muss (vgl. hierzu etwa BGH, Urteile vom 28. Juni 1982 - II ZR 226/81, NJW 1982, 2816 unter 1; vom 11. Mai 2009 - VII ZR 11/08, BGHZ 181, 47 Rn. 44). Der betroffene Patient, wie hier der Versicherungsnehmer der Klägerin, erhält die benötigten Medikamente in dem Bewusstsein, dass er hierfür eine angemessene Vergütung zu erbringen hat. Durch die gewählte Vorgehensweise - Zurverfügungstellung der Zytostatika gegen spätere Rechnungstellung - gibt das Krankenhaus (hier die Beklagte) zu erkennen, dass sie damit einverstanden ist, die konkret geschuldete Vergütung erst im Nachhinein zu vereinbaren.
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- Letztlich kann jedoch dahinstehen, ob den Erklärungen der Vertragsparteien im Wege der Auslegung (§§ 133, 157 BGB) zu entnehmen ist, dass sie sich bereits bei Verabreichung der Medikamente stillschweigend über die Grundsätze der Preisbemessung geeinigt haben. Denn falls dies nicht der Fall gewesen sein sollte, ergäbe sich jedenfalls im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung , dass der Beklagten ein Rückgriff auf die Bemessungsgrundsätze der §§ 316, 315 BGB versagt ist. Bei dem Erwerb von durch die Krankenhausapotheke individuell hergestellten Zytostatika für eine ambulante Krankenhausbehandlung entspricht es weder den Interessen der Beteiligten noch deren mutmaßlichem Willen, dass das Krankenhaus eine einseitige Preisbestimmung nach §§ 316, 315 Abs. 3 Satz 1 BGB vornimmt.
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- Ein privatversicherter Patient hat kein erkennbares Interesse daran, dem Träger einer Krankenhausapotheke, zu der er nicht einmal Kontakt aufgenommen hat, das Recht einzuräumen, die Höhe der geschuldeten Gegenleistung nach freiem Ermessen und damit bis zur Grenze der Unbilligkeit (§§ 316, 315 Abs. 3 Satz 1 BGB) einseitig zu bestimmen. Denn in einem solchen Fall wäre er gezwungen, auch einen Betrag zu bezahlen, der sogar an der Obergrenze der Spanne läge, die sich noch innerhalb der Billigkeit bewegte (vgl. BGH, Urteil vom 13. März 1985 - IVa ZR 211/82, aaO S. 102). Dass dies seinen Interessen zuwiderläuft, ergibt sich bereits daraus, dass der Patient darauf angewiesen ist, von seiner Krankenversicherung (und gegebenenfalls zusätzlich von anderer Stelle) eine Kostenerstattung zu erhalten, was wiederum voraussetzt, dass angemessene und grundsätzlich erstattungsfähige Preise berechnet werden. Das Krankenhaus hat ebenfalls kein berechtigtes Interesse daran, einen über das Angemessene (einschließlich einer üblichen Gewinnspanne) hinausgehenden, allein nach billigem Ermessen festzusetzenden Preis zu verlangen.
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- Im Hinblick auf diese Interessenlage entspräche ein solches Vorgehen auch nicht dem mutmaßlichen Willen der Vertragsparteien. Soweit dies den beim Bundesgerichtshof anhängigen Verfahren zu entnehmen ist, haben die Krankenhäuser sich bei ihrer Preisbemessung auch nicht an § 316 BGB, sondern an den Preisen der verarbeiteten Ausgangsstoffe orientiert (vgl. hierzu auch Senatsurteil vom 9. Mai 2018 - VIII ZR 135/17, NJW-RR 2018, 942 Rn. 25) und lediglich (angemessene) Zuschläge zur Vergütung ihrer Eigenleistung verlangt.
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- (b) Damit käme das vom Berufungsgericht angenommene einseitige Preisbestimmungsrecht der Beklagten selbst dann nicht in Betracht, wenn es tatsächlich - was im Streitfall keiner endgültigen Klärung bedarf - (zunächst) an einer Vergütungsabrede der Vertragsparteien gefehlt hätte. Die in diesem Fall bestehende Vertragslücke wäre nach den Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung , die der Senat insoweit selbst vornehmen kann, weil weitere auslegungsrelevante Feststellungen nicht zu erwarten sind, dahin zu schließen gewesen, dass ein angemessener, grundsätzlich von den Krankenversicherern erstattungsfähiger Preis geschuldet war.
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- Eine solche Lückenschließung ist aber im Streitfall deswegen entbehrlich (geworden), weil die Vertragsparteien dadurch nachträglich wirksame Preisabreden getroffen haben, dass die Beklagte dem Versicherungsnehmer der Klägerin für die verabreichten Medikamente jeweils Rechnungen unter Ausweis der verlangten Beträge gestellt und dieser deren Angebote durch vorbehaltlose Zahlungen gemäß § 151 BGB angenommen hat. Da der Senat an das rechtsfehlerhaft gewonnene Auslegungsergebnis des Berufungsgerichts nicht gebunden ist und weitere Feststellungen, wovon auch das Berufungsgericht ausgeht, nicht zu erwarten sind, kann der Senat diese Auslegung selbst vornehmen (vgl. etwa Senatsurteil vom 25. April 2018 - VIII ZR 176/17, aaO Rn. 32 mwN). Durch die gewählte Vorgehensweise - Bekanntgabe der Preise erst im Rahmen der Rechnungstellung - brachte die Beklagte zum Ausdruck, dass sie auf die Erklärung einer Annahme des Vergütungsangebots dem Versicherungsnehmer der Klägerin gegenüber verzichtete und es aus ihrer Sicht vielmehr genügte, dass dieser den Rechnungsbetrag ausglich. Mit der vorbehaltlosen Begleichung des Rechnungsbetrags bestätigte der Versicherungsnehmer der Klägerin die Annahme dieses Angebots nach außen (§ 151 BGB; vgl. auch BSG, NJOZ 2009, 1914 Rn. 16; RGZ 129, 109, 113).
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- bb) Im Ergebnis frei von Rechtsfehlern hat das Berufungsgericht dagegen angenommen, dass zwischen den Vertragsparteien Bruttopreisabreden zustande gekommen sind. Dies folgt allerdings - wie bereits ausgeführt - nicht aus einer einseitigen Preisbestimmungsbefugnis der Beklagten nach §§ 316, 315 Abs. 3 Satz 1 BGB, sondern aus den stillschweigend durch die Rechnung- stellungen und die vorbehaltlosen Zahlungen der hierin ausgewiesenen Beträge erzielten vertraglichen Vereinbarungen der Vertragsparteien.
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- (1) Nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung ist regelmäßig - auch wenn sich die Vertragsparteien nicht ausdrücklich darauf verständigt haben (vgl. Senatsurteil vom 24. Februar 1988 - VIII ZR 64/87, BGHZ 103, 284, 287) - vom Vorliegen einer Bruttopreisabrede auszugehen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Vertragsparteien einen "Nettopreis" vereinbart haben, wofür auch ein Handelsbrauch oder eine Verkehrssitte maßgeblich sein kann (BGH, Urteile vom 14. Januar 2000 - V ZR 416/97, WM 2000, 915 unter II 1 mwN; vom 11. Mai 2001 - V ZR 492/99, NJW 2001, 2464 unter II 1; vom 28. Februar 2002 - I ZR 318/99, NJW 2002, 2312 unter II 1; BSG, aaO Rn. 17).
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- (2) Entgegen der Auffassung der Revision schließt das von der Beklagten verlangte Entgelt - wie das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend angenommen hat - die Umsatzsteuer als unselbständigen Bestandteil mit ein, so dass Bruttopreisabreden vorliegen. Die Revision meint, den Angaben in den gestellten Rechnungen Nettopreisabreden entnehmen zu können. In den Rechnungen sind jeweils die Rezeptnummer und dann der damit korrespondierende "Rezeptbetrag" ausgewiesen. Letzterer wird aufgeschlüsselt in einen Nettobetrag und in "19 % USt" und endet mit der Angabe "Rezeptbetrag Brutto". Hieraus will die Revision den "unmissverständlichen Willen der Beklagten zum Abschluss einer Nettopreisvereinbarung" entnehmen. Dabei lässt sie aber außer Acht, dass die beschriebene Aufschlüsselung in Nettopreis und Umsatzsteuer in den gestellten Rechnungen nicht den belastbaren Schluss zulässt, dass damit in zivilrechtlicher Hinsicht allein die Nettobeträge endgültig und der Umsatzsteueranteil nur im Falle des Bestehens einer Umsatzsteuerpflicht geschuldet sein sollten. Denn der Ausweis von Nettobetrag und Umsatzsteueranteil kann auch allein deswegen erfolgt sein, um - wozu die Beklagte nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG befugt, wenn auch nicht verpflichtet war - eine Rechnung mit den von § 14 Abs. 4 UStG geforderten Angaben zu erstellen. Anders als die Revision unter Bezugnahme auf Entscheidungen von einzelnen Instanzgerichten meint, führt der Umstand, dass die Beklagte zur Erstellung einer solchen Rechnung nicht verpflichtet war, weil sie ihre Leistungen nicht für einen Unternehmer oder eine juristische Person erbracht hat (vgl. § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 UStG), noch nicht dazu, dass in zivilrechtlicher Hinsicht eine Nettopreisabrede getroffen worden wäre. Denn auch ein freiwillig vorgenommener gesonderter Ausweis der Umsatzsteuer in einer Rechnung kann allein aus steuerlichen Gründen geschehen sein. Eine unabhängig von dem Inhalt der gestellten Rechnungen bestehende Abrede, dass ein bestimmter Nettopreis "zuzüglich x % Umsatzsteuer" geschuldet sei, ist nach den verfahrensfehlerfreien und insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts gerade nicht getroffen worden.
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- Weiter blendet die Revision den für die Auslegung gewichtigen Umstand aus, dass sich die Angaben in den Rechnungen gerade nicht in der genannten Aufschlüsselung zwischen Nettobetrag und Umsatzsteueranteil erschöpfen, sondern in jeder Zeile als geschuldeter Endbetrag der jeweilige "Rezeptbetrag Brutto" aufgeführt und im nachfolgenden Text die Aufforderung enthalten ist, den "Rechnungsbetrag (Rezeptbetrag Brutto)" zu überweisen. Ebenfalls außen vor lässt die Revision, dass die Rechnungen der Beklagten jeweils auf die zugrunde liegenden Rezepte Bezug nehmen, bei denen jeweils allein der geschuldete Gesamtpreis unter dem Aufdruck "Gesamt-Brutto" aufgeführt ist. Diese Gesichtspunkte zusammengenommen sprechen für den Abschluss einer - der Regel entsprechenden - Bruttopreisvereinbarung. Jedenfalls bestehen keine hinreichend tragfähigen Anhaltspunkte für eine Nettopreisabrede.
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- An dieser Einschätzung ändert auch die von der Revision angeführte Interessenlage des Versicherungsnehmers der Klägerin, nicht mit unnötigen Steuern belastet zu werden, nichts. Dem steht schon der von der Revision angeführte Umstand entgegen, dass zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses keine der Vertragsparteien von dem Nichtbestehen einer Umsatzsteuerpflicht ausging. Bei dieser Sachlage bestand aus Sicht der Vertragsparteien kein Bedürfnis , dem Versicherungsnehmer der Klägerin ohne weiteres eine Rückforderung des auf die Umsatzsteuer entfallenden Anteils zu ermöglichen. Außerdem stellt die Revision einseitig auf die vermeintlich schutzwürdigen Interessen des Versicherungsnehmers der Klägerin ab. Eine an keine Voraussetzungen geknüpfte Rückzahlung der auf die Umsatzsteueranteile entfallenden Beträge läge nicht im Interesse der Beklagten, die im Falle einer Rückforderung der an das Finanzamt abgeführten Umsatzsteuer - wie noch später darzustellen sein wirdim Gegenzug ihre Vorsteuerabzugsmöglichkeit bezüglich der für die Herstellung der Zytostatika getätigten Aufwendungen verliert.
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- Folglich ist es im Ergebnis nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht die in dem verlangten Gesamtpreis enthaltene Umsatzsteuer als unselbständigen Bestandteil der geschuldeten Vergütung behandelt und damit jeweils Bruttopreisabreden angenommen hat.
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- 2. Allein aus dem Umstand, dass es sich bei den getroffenen Preisabreden um Bruttopreisabreden handelt, folgt - anders als dies bei einer in den Grenzen der Billigkeit bindenden (Brutto-)Preisbestimmung der Beklagten nach § 316 BGB der Fall wäre - nicht, dass es der Klägerin aus übergegangenem Recht gänzlich verwehrt wäre, die auf die zu Unrecht angesetzten Umsatzsteueranteile entfallenden Beträge teilweise wegen ungerechtfertigter Bereicherung zurückzufordern. Vielmehr ist es nicht auszuschließen, dass der Klägerin gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1, § 194 Abs. 2 VVG ein auf sie übergegangener Rück- zahlungsanspruch ihres Versicherungsnehmers aus § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BGB aufgrund einer ergänzenden Vertragsauslegung (§ 157 BGB) der zwischen dem Versicherungsnehmer der Klägerin und der Beklagten geschlossenen Verträge zusteht. Denn diese Vereinbarungen könnten ergänzend dahin auszulegen sein, dass der Versicherungsnehmer der Klägerin nicht verpflichtet sein soll, den in der vereinbarten Vergütung eingeschlossenen unselbständigen Umsatzsteueranteil auch dann zu tragen, wenn und sobald für die Beklagte die Möglichkeit besteht, ihrerseits einen Rückerstattungsanspruch betreffend die von ihr abgeführte Umsatzsteuer gegen das Finanzamt geltend zu machen. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts könnten die Voraussetzun46 gen einer - gegenüber der vom Berufungsgericht ebenfalls in Erwägung gezogenen und abgelehnten Vertragsanpassung wegen Störung der Geschäftsgrundlage vorrangigen (vgl. BGH, Urteile vom 25. November 2004 - I ZR 49/02, NJW-RR 2005, 687 unter A I 2 c; vom 3. Februar 2012 - V ZR 23/11, juris Rn. 14; vom 17. Mai 2018 - VII ZR 157/17, NJW 2018, 2469 Rn. 36; jeweils mwN) - ergänzenden Vertragsauslegung (§ 157 BGB) vorliegen. Der Senat kann eine ergänzende Vertragsauslegung, die in erster Linie dem Tatrichter obliegt, allerdings nicht selbst vornehmen, weil - anders als in den Verfahren VIII ZR 7/18 und VIII ZR 66/18 (Urteile vom heutigen Tag; jeweils zur Veröffentlichung bestimmt) - weitere für die Ermittlung des hypothetischen Willens der Vertragsparteien erforderliche tatsächliche Feststellungen notwendig sind (vgl. BGH, Urteile vom 25. November 2004 - I ZR 49/02, aaO; vom 18. Februar 2000 - V ZR 334/98, NJW-RR 2000, 894 unter II 3; jeweils mwN). Es ist nach derzeitigem Erkenntnisstand nicht auszuschließen, dass die
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- Verträge zwischen dem Versicherungsnehmer der Klägerin und der Beklagten infolge einer nicht bedachten Unvollständigkeit eine planwidrige Regelungslücke aufweisen, die auch nicht durch das dispositive Recht geschlossen werden könnte (vgl. BGH, Urteil vom 11. Januar 2012 - XII ZR 40/10, NJW 2012, 844 Rn. 24 mwN; vom 4. März 2004 - III ZR 96/03, BGHZ 158, 201, 206 f.; Palandt/ Ellenberger, BGB, 78. Aufl., § 157 Rn. 6 mwN). Denn entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts könnte der Umstand, dass die Vertragsparteien weder ausdrücklich noch konkludent bestimmt haben, wie ihre jeweilige Preisabrede vor dem Hintergrund der ihnen nicht bekannten, zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses von ihnen fehlerhaft beurteilten umsatzsteuerlichen Rechtslage sowie der daran anknüpfenden rechtstatsächlichen Entwicklungen ausgestaltet sein sollte (dazu unter II 2 a aa), dazu führen, dass der den geschlossenen Verträgen jeweils zu Grunde liegende Regelungsplan nicht verwirklicht werden könnte , also ohne die Vervollständigung der Abreden eine angemessene, interessengerechte Lösung nicht zu erzielen wäre (vgl. BGH, Urteile vom 3. Dezember 2014 - VIII ZR 370/13, NJW 2015, 1167 Rn. 24 mwN; vom 11. Januar 2012 - XII ZR 40/10, aaO mwN). Der Annahme einer ausfüllungsbedürftigen Regelungslücke stünde dabei nicht entgegen, dass die getroffenen Preisvereinbarungen als Bruttopreisabreden einzuordnen sind (dazu unter II 2 a bb). aa) Die Finanzbehörden und die maßgeblichen Verkehrskreise gingen
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- zum Zeitpunkt der Vertragsschlüsse von einer materiell-rechtlichen Umsatzsteuerpflicht in Bezug auf die streitgegenständlichen Zytostatikalieferungen aus. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts haben auch die Vertragsparteien , sofern sie sich überhaupt Gedanken über die Frage der Umsatzsteuerpflicht gemacht haben sollten, eine Umsatzsteuerpflicht angenommen. Welche der beiden - vom Berufungsgericht letztlich offengelassenen - Varianten zutrifft, kann vorliegend dahinstehen, denn in beiden Fällen hätten sie die tatsächlich bestehende materiell-rechtliche Umsatzsteuerfreiheit und sich hieraus in Zukunft möglicherweise ergebende Rückforderungsansprüche der Beklagten gegenüber dem Finanzamt nicht bedacht und daher für diesen Fall keine Regelungen getroffen. Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist eine ergänzende Vertragsauslegung nicht auf die Fälle beschränkt, in denen die Parteien die Frage der Umsatzsteuerpflicht konkret bedacht, aber übereinstimmend fehlerhaft beurteilt haben. Vielmehr wäre eine planwidrige Unvollständigkeit der getroffenen Preisabreden in der vorliegenden Fallkonstellation auch dann gegeben , wenn sie ohne Problembewusstsein von einer Umsatzsteuerpflicht ausgegangen sein sollten. Vor dem Hintergrund der - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts
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- und der Revisionserwiderung - unzutreffenden Annahme einer bei Vertragsabschluss bestehenden materiell-rechtlichen Umsatzsteuerpflicht der Beklagten haben sich die Vertragsparteien darauf beschränkt, den Inhalt der jeweils vertraglich begründeten Zahlungsverpflichtung des Versicherungsnehmers der Klägerin (§ 651 Satz 1 BGB aF, § 433 Abs. 2 BGB) allein dahin zu regeln, dass dieser auch den auf den Umsatz der Beklagten entfallenden Umsatzsteueranteil tragen und damit in wirtschaftlicher Hinsicht die entsprechende Steuerlast (§ 13a Abs. 1 Nr. 1, § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1, § 2 Abs. 1 UStG) der Beklagten übernehmen sollte. Dagegen haben sie keine Regelung darüber getroffen, wie mit dem von dem Versicherungsnehmer der Klägerin übernommenen Umsatzsteueranteil für den von den Vertragsparteien nicht bedachten Fall zu verfahren ist, dass die ausgeführten Geschäfte bereits bei Vertragsschluss materiellrechtlich nicht der Umsatzsteuerpflicht unterlagen (§ 4 Nr. 14 Buchst. b UStG) und die Finanzverwaltung in Anerkennung dieses Umstands später ihre steuerrechtliche Handhabung änderte und hierdurch der Beklagten die Möglichkeit eröffnete, ohne Beschreiten des Finanzrechtswegs eigene Rückerstattungsansprüche in Bezug auf die abgeführte Umsatzsteuer gegenüber dem Finanzamt erfolgreich geltend zu machen. Eine solche zusätzliche Regelung hätte aber möglicherweise ihrem hypothetischen Willen entsprochen.
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- (1) Anders als die Vertragsparteien bei dem Abschluss ihrer Vereinbarungen meinten und entgegen den unzutreffenden rechtlichen Schlussfolgerungen des Berufungsgerichts, bestand für die Beklagte bezüglich der vereinbarten Herstellung und Lieferung von Zytostatika zur Zeit der Vertragsschlüsse materiell -rechtlich keine Umsatzsteuerpflicht. Dies ergibt sich aus dem nach Durchführung der getätigten Rechtsgeschäfte ergangenen Urteil des Bundesfinanzhofs vom 24. September 2014 (BFHE 247, 369), wonach die Verabreichung von individuell für den einzelnen Patienten in einer Krankenhausapotheke im Rahmen einer ambulant in einem Krankenhaus durchgeführten ärztlichen Heilbehandlung hergestellten Zytostatika entgegen den Regelungen in Abschn. 100 Abs. 3 Nr. 4 Umsatzsteuer-Richtlinien 2005 (UStR 2005) und Abschn. 4.14.6 Abs. 3 Nr. 3, 4 Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) in der Fassung vom 1. Oktober 2010 (BStBl I S. 846; im Folgenden: UStAE aF) als ein mit der ärztlichen Heilbehandlung eng verbundener Umsatz gemäß § 4 Nr. 16 Buchst. b UStG aF (entsprechend § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG nF) steuerfrei ist. (2) Bei Abschluss und Durchführung der mit dem Versicherungsnehmer
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- der Klägerin getroffenen Vereinbarungen unterlag die Beklagte jedoch faktisch einer Verpflichtung zur Abführung der Umsatzsteuer, weil die Finanzbehörden und die maßgeblichen Verkehrskreise (vgl. Abschn. 100 Abs. 3 Nr. 4 UStR 2005) und Abschn. 4.14.6 Abs. 3 Nr. 3, 4 UStAE aF) von einer materiellrechtlichen Umsatzsteuerpflicht ausgingen (vgl. zu der Maßgeblichkeit auch dieser faktischen Umsatzsteuerpflicht im Vertragsverhältnis zwischen steuerpflichtigem Unternehmer und Leistungsempfänger BSG, NZS 2010, 154 Rn. 17 ff.). Dies änderte sich erst mit dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 28. September 2016 (Az. III C 3 - S 7170/11/10004, UR 2016, 891), mit dem dieses unter entsprechender Änderung des UmsatzsteuerAnwendungserlasses klarstellte, dass der Entscheidung des Bundesfinanzhofs in der Finanzverwaltung gefolgt werde und die Grundsätze dieses Urteils auch im Hinblick auf andere Arzneimittel, die wie Zytostatika patientenindividuell hergestellt würden, Anwendung fänden. Zudem führte das Bundesministerium der Finanzen in dem genannten Schreiben aus, dass der Unternehmer, der sich für einen bereits getätigten Umsatz auf die Grundsätze des Urteils des Bundesfinanzhofs berufe und davon abweichend in einer Rechnung Umsatzsteuer ausgewiesen habe, zwar diese nach § 14c Abs. 1 UStG schulde (vgl. zur Anwendbarkeit von § 14c Abs. 1 UStG auf Fälle des gesonderten Steuerausweises bei Umsatzsteuerfreiheit: BFHE 261, 451 Rn. 36 mwN [zu § 14 Abs. 2 UStG 1993/1999]; Abschn. 14c.1. Abs. 1 Satz 4 Alt. 1 und Satz 5 Nr. 3 UStAE), die Rechnung aber bei Behandlung des Umsatzes als steuerfrei gemäß § 31 Abs. 5 Satz 1 Buchst. b Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) berichtigen könne. (3) Die Krankenhäuser, die in der Vergangenheit für die Lieferung der
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- hier in Rede stehenden Zytostatika Umsatzsteuer abgeführt hatten, waren damit erstmals - ohne auf eine finanzgerichtliche Durchsetzung ihrer Ansprüche angewiesen zu sein - in die Lage versetzt, entsprechend dem durch das Bundesministerium der Finanzen ausdrücklich gestatteten Vorgehen die - wie hier - gemäß § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG im Wege des gesonderten Steuerausweises ausgestellten Rechnungen gemäß § 14c Abs. 1 Satz 2, § 14 Abs. 6 Nr. 5 UStG in Verbindung mit § 31 Abs. 5 Satz 1 Buchst. b UStDV zu berichtigen und auf diesem Wege eine Rückzahlung durch das Finanzamt durchzusetzen. Damit war auch die bei Vertragsschluss zunächst noch faktisch bestehende Umsatzsteuerpflicht der Beklagten entfallen und für sie die Möglichkeit eröffnet, die zunächst abgeführten Umsatzsteuerbeträge von dem Finanzamt sicher zurückzuerlangen. (4) Dieser Rückerlangungsmöglichkeit steht auch nicht etwa im konkre53 ten Fall eine Bestandskraft der Steueranmeldung (§ 18 Abs. 3 UStG iVm § 150 Abs. 1 Satz 3, § 168 Satz 1 AO) des Jahres 2013 der Beklagten entgegen. Zwar hat das Berufungsgericht - aus seiner Sicht folgerichtig - keine Feststellungen zu dem etwaigen Eintritt einer Bestandskraft getroffen. Jedoch kommt es für die Möglichkeit der Berichtigung eines für einen Umsatz geschuldeten Steuerbetrags gegenüber dem Finanzamt gemäß § 14c Abs. 1 Satz 2, § 17 Abs. 1 UStG infolge einer Rechnungskorrektur gemäß § 14c Abs. 1 Satz 2, § 14 Abs. 6 Nr. 5 UStG in Verbindung mit § 31 Abs. 5 Satz 1 Buchst. b UStDV auf die Frage einer Bestandskraft von zurückliegenden (Jahres-)Steueranmeldungen gar nicht an. Denn die Berichtigung des Steuerbetrages gegenüber dem Finanzamt ist nicht rückwirkend für den vergangenen Besteuerungszeitraum der Steuerentstehung (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 1, § 16 Abs. 1 Satz 1 UStG), sondern im aktuellen Besteuerungszeitraum der Rechnungskorrektur vorzunehmen (§ 17 Abs. 1 Satz 7 UStG). Insofern gelten andere Grundsätze als in den Verfahren VIII ZR 7/18 und VIII ZR 66/18 (Urteile vom heutigen Tag; jeweils zur Veröffentlichung bestimmt), in denen ein gesonderter Umsatzsteuerausweis nicht erfolgt ist. (5) Durch die beschriebenen nachträglich erfolgten Entwicklungen könnte
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- sich das ursprünglich mit den getroffenen Preisvereinbarungen verfolgte Regelungsvorhaben als planwidrig unvollständig erweisen. Denn ihnen lag letztlich - wenn auch unausgesprochen - die Vorstellung der Vertragsparteien zugrunde, dass die Beklagte den Umsatzsteueranteil in den vereinbarten Preisen allein zu dem Zweck erhalten (und im Verhältnis zum Versicherungsnehmer der Klägerin - gegebenenfalls nach einem erfolgten Vorsteuerabzug - einbehalten) sollte, ihre Umsatzsteuerpflicht auf dessen Kosten zu erfüllen. Da es der Beklagten aber nunmehr freisteht, die Umsätze aus den geschlossenen Verträgen gegenüber dem Finanzamt nachträglich ohne Beschreiten des Rechtswegs als steuerfrei zu behandeln, ist nicht mehr ohne weiteres davon auszugehen, dass der (vollständige) Verbleib des auf den angesetzten Regelsteuersatz entfallenden Betrages bei der Beklagten auch ab dem Zeitpunkt des Bestehens dieser Möglichkeit noch von dem ursprünglich bestehenden Willen der Vertragsparteien gedeckt ist. bb) Der Möglichkeit des Bestehens einer planwidrigen Unvollständigkeit
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- der streitgegenständlichen Preisvereinbarungen steht auch nicht deren Einordnung als Bruttopreisabreden entgegen. Allein aus dem Umstand, dass die Vertragsparteien jeweils keine Nettopreisabrede getroffen, sondern einen Preis vereinbart haben, der die Umsatzsteuer als unselbständigen Preisbestandteil mitumfassen sollte, kann nicht ohne weiteres geschlossen werden, dass diese Vereinbarungen in jeder Hinsicht abschließend und damit einer ergänzenden Vertragsauslegung nicht zugänglich wären, weil in sämtlichen Fällen einer solchen Vereinbarung beide Vertragsparteien das Risiko eines Irrtums über das Bestehen und die Höhe der Umsatzsteuerpflicht selbst tragen würden (so aber etwa BSG, NZS 2010, 154 Rn. 16; BSGE 101, 137 Rn. 12; BSG, NJOZ 2009, 1914 Rn. 19, 25). Eine solche Auffassung widerspricht dem allgemeinen zivilrechtlichen Grundsatz, dass es von dem im Wege der Auslegung unter Heranziehung aller Umstände des Einzelfalls zu ermittelnden wirklichen Willen der Vertragsparteien (§§ 133, 157 BGB) abhängt, ob und inwieweit die getroffenen Preisvereinbarungen abschließend sein sollten. Da die Vertragsparteien bei ihren Preisvereinbarungen - wie auch die Fi56 nanzverwaltung und die maßgeblichen Verkehrskreise - übereinstimmend von dem Bestehen einer Umsatzsteuerpflicht ausgegangen sind oder sie zumindest nicht in Frage gestellt haben, haben sie den Fall nicht für regelungsbedürftig gehalten, dass die getätigten Geschäfte bereits bei Vertragsabschluss umsatzsteuerfrei gewesen sind und die Finanzbehörden später auch ohne Beschreiten des Rechtswegs eine Rückforderungsmöglichkeit bezüglich der abgeführten Umsatzsteuer einräumen würden. In Anbetracht dieser besonderen Umstände kann nicht ohne weitere Feststellungen angenommen werden, die Vertragsparteien hätten eine abschließende Vereinbarung des Inhalts getroffen, dass es in jedem Fall bei dem vereinbarten Preis bleiben und der Versicherungsnehmer der Klägerin damit das Risiko tragen müsste, mehr zu zahlen, als erforderlich sein würde, um eine Umsatzsteuerpflicht der Beklagten aus den abgeschlossenen Verträgen zu erfüllen.
b) Die demnach grundsätzlich in Betracht zu ziehende ergänzende Ver57 tragsauslegung (§ 157 BGB) könnte vorliegend dazu führen, dass der jeweils geschlossene Vertrag bezüglich des entrichteten Umsatzsteueranteils nicht mehr in vollem Umfang als Rechtsgrund diente und der Klägerin daher aus übergegangenem Recht ihres Versicherungsnehmers nach § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BGB ein Erstattungsanspruch in Höhe der Differenz zwischen dem tatsächlich entrichteten und dem - bei anfänglicher Berücksichtigung der nachträglich eingetretenen steuerrechtlichen Entwicklungen - hypothetisch zwischen den Vertragsparteien vereinbarten Preis zustünde. Hierbei wäre allerdings nicht nur der Umstand zu berücksichtigen, dass der gezahlte und an das Finanzamt abgeführte Umsatzsteueranteil von den Finanzbehörden zurückverlangt werden kann, sondern auch, dass in diesem Fall ein etwa von der Beklagten vorgenommener Vorsteuerabzug zu ihren Lasten rückwirkend entfallen würde. Dieser Gesichtspunkt würde allerdings eine ergänzende Vertragsauslegung nicht gänzlich ausschließen, sondern nur den sich ergebenden Rückforderungsanspruch des Versicherungsnehmers der Klägerin vermindern. Hinzu kommen aber gegebenenfalls von der Beklagten an das Finanzamt bei der Nachentrichtung der abgezogenen Vorsteuerbeträge (in erheblichem Umfang) zu zahlende Zinsen. Dies könnte unter Umständen dazu führen, dass die Vertragsparteien einen von der gezahlten Vergütung abweichenden hypothetischen Preis gar nicht vereinbart hätten. Dagegen steht ein möglicher Verwaltungsaufwand der Beklagten zur Zurückerlangung der abgeführten Umsatzsteuer für sich genommen einer ergänzenden Vertragsauslegung nicht entgegen. aa) Grundlage für eine Ergänzung des Vertragsinhalts ist der hypotheti58 sche Wille der Vertragsparteien, wobei darauf abzustellen ist, was diese bei angemessener Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben redlicherweise im Zeitpunkt des Vertragsschlusses vereinbart hätten, wenn sie den nicht geregelten Fall bedacht hätten (BGH, Urteile vom 24. Januar 2008 - III ZR 79/07, NJW-RR 2008, 562 Rn. 15; vom 1. Juni 2005 - VIII ZR 234/04, NJW-RR 2005, 1421 unter II 2 b; vom 17. Mai 2004 - II ZR 261/01, NJW 2004, 2449 unter I 2; jeweils mwN). Dabei ist zunächst an den Vertrag selbst anzuknüpfen, dessen Regelungen und Wertungen sowie Sinn und Zweck Ausgangspunkt der Vertragsergänzung sind (BGH, Urteile vom 1. Juni 2005 - VIII ZR 234/04, aaO; vom 12. Februar 1988 - V ZR 8/87, NJW 1988, 2099 unter II 2; jeweils mwN). (1) Mit Blick auf den Regelungsplan der jeweiligen Preisvereinbarung un59 ter Berücksichtigung von Treu und Glauben (§ 242 BGB) und der Verkehrssitte entspricht es unter den gegebenen Umständen dem berechtigten Interesse des Versicherungsnehmers der Klägerin, eine an die Beklagte zum Zweck der Begleichung ihrer letztlich lediglich faktischen Umsatzsteuerpflicht erbrachte Vermögenszuwendung nur solange bei dieser zu belassen, wie sie diese zur Erfüllung ihrer vermeintlichen Steuerschuld auch fortdauernd "einsetzen" muss. Zugleich entspricht es - wie die Revision in anderem Zusammenhang zutreffend anführt - auch dem hypothetischen Willen der Beklagten, den Versicherungsnehmer der Klägerin als ihren Vertragspartner nicht dauerhaft mit Zahlungspflichten zu belasten, wenn und soweit sie die abgeführte Umsatzsteuer vom Finanzamt zurückerlangen kann.
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- (2) Der Annahme eines solchen hypothetischen Willens sowohl des Versicherungsnehmers der Klägerin als auch der Beklagten stünden nicht die von der Revisionserwiderung gegen eine Vertragsanpassung nach § 313 BGB vorgebrachten Einwände gegen die Zumutbarkeit einer umsatzsteuerrechtlichen Korrektur der getätigten Umsätze entgegen. (a) Dies gilt insbesondere für den von der Revisionserwiderung in diesem
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- Zusammenhang vorgebrachten Einwand des mit einer Rückforderung der abgeführten Umsatzsteuer durch die Beklagte einhergehenden drohenden Verlustes von "möglichen", auf die Verträge anteilig entfallenden Vorsteuerabzügen im Sinne des § 15 Abs. 1 UStG. Denn der drohende Verlust etwaig angemeldeter Vorsteuerabzüge betrifft nicht die Frage, ob eine ergänzende Vertragsauslegung vorzunehmen ist, sondern allein deren Inhalt, also die Frage, in welchem Umfang der Rechtsgrund für die jeweiligen Zahlungen des Versicherungsnehmers der Klägerin nach dem hypothetischen Willen der Vertragsparteien entfallen sollte. (b) Soweit die Revisionserwiderung weiter geltend macht, eine Rücker62 langung der abgeführten Umsatzsteuer von dem Finanzamt wäre für die Beklagte mit unzumutbar großen Mühen und Aufwendungen verbunden, stünde dies einer ergänzenden Vertragsauslegung ebenfalls nicht entgegen. (aa) Zunächst ist auch unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben
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- nicht zu erkennen, weshalb die Beklagte (ebenso wenig wie der Versicherungsnehmer der Klägerin) gänzlich frei von jeglichen Belastungen bleiben sollte, wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass die vertragliche Regelung allein zu Ungunsten ihres Vertragspartners lückenhaft geblieben ist. Soweit sich die Revisionserwiderung darauf beruft, die Beklagte habe kein wirtschaftliches Eigeninteresse an einer Korrektur der Rechnungen oder der Steuerfestsetzungen, stellt sie einseitig auf die Belange der Beklagten und nicht - wie im Falle einer planwidrigen Lücke geboten - darauf ab, was die Vertragsparteien bei angemessener Abwägung der beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien im Zeitpunkt des Vertragsschlusses vereinbart hätten. (bb) Der Beklagten ist schließlich die Rückzahlung an die Klägerin auch
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- nicht etwa deswegen unzumutbar, weil sie einen erheblichen Aufwand betreiben müsste, um ihrerseits die einmal abgeführte Umsatzsteuer von dem Finanzamt zurückzuerlangen. Ein solcher unzumutbarer (Verwaltungs-)Aufwand ist - so zutreffend auch die Revision - weder den pauschalen Ausführungen der Revisionserwiderung zu den personellen und materiellen Kosten einer entsprechenden Korrektur noch dem von ihr in Bezug genommenen Vortrag der Beklagten in den Tatsacheninstanzen zu entnehmen und für den Senat auch sonst nicht ersichtlich. (aaa) Die Beklagte hat gegenüber dem Versicherungsnehmer der Kläge65 rin Rechnungen mit unrichtigem Steuerausweis im Sinne des § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG ausgestellt. Denn zum einen hat sie - ungeachtet ihrer fehlenden Verpflichtung zur Ausstellung einer Rechnung im umsatzsteuerrechtlichen Sinne (vgl. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 bis 3 UStG) - die umsatzsteuerrechtlichen Pflichtangaben gemäß § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 7 und 8 UStG gemacht und damit zugleich die Voraussetzungen für einen gesonderten Steuerausweis im Sinne des § 14c UStG erfüllt (vgl. Abschn. 14c.1. Abs. 1 Satz 3 und Abs. 4 Satz 2 UStAE; vgl. zu dem gesonderten Steuerausweis bei § 14c Abs. 2 UStG: BFHE 255, 340 Rn. 32 f. mwN; bei § 14c Abs. 2 UStG 1999/2005: BFHE 233, 94 Rn. 25 f.). Sie hat in den Rechnungen jeweils sowohl die einzelnen Entgelte im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG als auch die hierauf entfallenden Steuerbeträge , den Steuersatz, das Gesamtentgelt und den hierauf bei dem angesetzten Steuersatz anfallenden Gesamtsteuerbetrag angegeben. Zum anderen ist der gesonderte Steuerausweis auch unrichtig gewesen, da die in Rechnung gestellten Umsätze bereits bei Vertragsschluss umsatzsteuerfrei gewesen sind. Daher hat die Beklagte erst durch ihre Rechnungstellung eine Umsatzsteuerpflicht gemäß § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG begründet und schuldet (nur) aus diesem Grund den "Mehrbetrag", hier also die gesamte in Rechnung gestellte Umsatzsteuer gemäß § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG (so auch BFHE 261, 451 Rn. 36). Damit kann sie - wie in dem Schreiben des Bundesministeriums der
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- Finanzen aus dem Jahr 2016 beschrieben - einen Erstattungsanspruch gegenüber dem Finanzamt erlangen, indem sie im Wege der Rechnungskorrektur vorgeht. Dies erfolgt, indem sie gegenüber dem Versicherungsnehmer der Klägerin als dem Rechnungsempfänger gemäß § 14c Abs. 1 Satz 2, § 14 Abs. 6 Nr. 5 UStG in Verbindung mit § 31 Abs. 5 Satz 1 Buchst. b UStDV korrigierte Rechnungen ausstellt und sodann den Steuerbetrag gemäß § 14c Abs. 1 Satz 2, § 17 Abs. 1 Satz 1 und 7 UStG im aktuellen Besteuerungszeitraum der Rechnungskorrekturen gegenüber dem Finanzamt berichtigt. Voraussetzung für eine wirksame Berichtigung gegenüber dem Finanzamt und damit die Entstehung eines Rückzahlungsanspruchs gemäß § 37 Abs. 2 AO ist dabei (in Abgrenzung zu den Fällen von Festpreisabreden: vgl. Beispiel in Abschn. 14c.1 Abs. 5 Beispiel Satz 4 und 5 UStAE) allerdings, dass der Unternehmer, der den zu hoch ausgewiesenen Rechnungsbetrag bereits vereinnahmt hat, zuvor einen von seinem Vertragspartner letztlich nicht mehr geschuldeten Betrag an diesen zurückzahlt (BFHE 261, 451 Rn. 49, 54 f.; Abschn. 14c.1 Abs. 5 Satz 4, Beispiel Satz 1 bis 3 UStAE). Geschieht dies nämlich nicht, ist das Finanzamt zur Vermeidung einer ungerechtfertigten Bereicherung des Unternehmers berechtigt, die Erstattung der zu Unrecht erhobenen Umsatzsteuer zu verweigern (BFH, aaO Rn. 33, 51 f., 65. Die deswegen im Rahmen einer Rechnungskorrektur zu beachtenden Einzelheiten werden im weiteren Verlauf näher dargestellt.
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- (bbb) Im Anschluss an die Berichtigung des Steuerbetrages gegenüber dem Finanzamt gemäß § 14c Abs. 1 Satz 2, § 17 Abs. 1 Satz 1 und 7 UStG würde das Finanzamt im Hinblick auf den dann rückwirkend ausgeschlossenen, im damaligen Besteuerungszeitraum gegebenenfalls vorgenommenen Vorsteuerabzug (§ 15 Abs. 1 UStG) von Amts wegen tätig werden und die Beklagte auch daran mitwirken müssen, die von ihr nunmehr den einzelnen Verträgen zuzuordnenden Eingangsumsätze zu korrigieren. Denn die von der Beklagten aufgewendete Umsatzsteuer für die unter anderem auch zur Erfüllung der geschlossenen Verträge getätigten umsatzsteuerpflichtigen Aufwendungen (etwa beim Einkauf der zur Herstellung der Zytostatika erforderlichen Grundstoffe) bliebe infolge der rückwirkenden Behandlung der mit dem Versicherungsnehmer der Klägerin getätigten Geschäfte als umsatzsteuerfrei im Hinblick auf § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG nicht mehr vollständig gemäß § 15 Abs. 1 UStG dem Vorsteuerabzug unterworfen. Vielmehr wäre nun dem Umstand Rechnung zu tragen, dass ein etwaig erfolgter Vorsteuerabzug bei richtiger umsatzsteuerrechtlicher Behandlung der Geschäfte zwischen der Beklagten und dem Versicherungsnehmer der Klägerin entsprechend § 15 Abs. 4 Satz 1 UStG (gemischte steuerfreie und steuerpflichtige Verwendung von gelieferten Gegenständen) von Anfang an nur gekürzt um diejenige anteilige Vorsteuer in Betracht gekommen wäre, die auf die Aufwendungen für die Lieferung von Zytostatika an den Versicherungsnehmer der Klägerin entfiel. Ein nicht mehr zumutbarer Aufwand für die Beklagte ist aber auch in die68 ser Mitwirkung bei der Rückgängigmachung der Vorsteuerabzüge nicht zu erkennen. Denn der Beklagten steht im Hinblick auf die für den einzelnen Vertrag etwaig anteilig in Abzug gebrachte Vorsteuer der Weg der sachgerechten Schätzung gemäß § 15 Abs. 4 Satz 2 UStG offen. Aus den im Verfahren vorgelegten Rezepten und Rechnungen ist für die Beklagte auch heute noch erkennbar , welche Medikamente sie jeweils in welcher Menge abgegeben hatte.
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- (ccc) Ein übermäßiger und damit unzumutbarer Aufwand des Vorgehens gegen das Finanzamt ergibt sich entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung auch nicht aus anderen Gründen. Die Revisionserwiderung sieht deswegen übermäßige Kosten auf die Beklagte zukommen, weil die erfolgte Umsatzsteuerabführung "Patient für Patient, Fall für Fall und Jahr für Jahr", also bezüglich sämtlicher privat und gesetzlich versicherter Patienten, rückabzuwickeln sei. Für die Rückforderung der Umsatzsteuer gilt aus Sicht der Revisionserwiderung mithin ein "Alles-oder-Nichts"-Prinzip, wonach die Beklagte für sämtliche in der Vergangenheit gestellte Rechnungen einheitlich vorgehen müsste. Eine materiell-steuerrechtliche Vorschrift, die ein solches "Alles-oder70 Nichts"-Prinzip für Rechnungsberichtigungen im Sinne des § 14c Abs. 1 Satz 2, § 14 Abs. 6 Nr. 5 UStG in Verbindung mit § 31 Abs. 5 Satz 1 Buchst. b UStDV nach Maßgabe der tatsächlichen Rechtslage vorgibt, ist jedoch nicht ersichtlich. Insbesondere steht einem selektiven Vorgehen der Beklagten nicht der sich aus Art. 3 Abs. 1 GG ergebende Grundsatz der Steuergerechtigkeit in seiner Ausprägung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung (vgl. Klein/Gersch, AO, 14. Auflage , § 3 Rn. 12) entgegen. Denn auch ein etwaig bestehendes Wahlrecht, nur einzelne, sämtliche oder keine Umsätze nachträglich im Verhältnis zu dem Finanzamt als umsatzsteuerfrei zu behandeln, stünde sämtlichen Umsatzsteuerpflichtigen , also allen beteiligten Krankenhäusern, in gleichgelagerten Fällen in gleicher Weise zu. Allerdings kann nicht ausgeschlossen werden und ist daher im Revisi71 onsverfahren zugunsten der Beklagten zu unterstellen, dass die Finanzbehörden ein solches einheitliches Vorgehen - sei es bezogen auf einzelne Veranlagungszeiträume , sei es insgesamt für die Vergangenheit - dennoch etwa aus Gründen einer praktikablen Handhabung der Rückabwicklung der Umsatz- steuer von den Steuerpflichtigen verlangen. Zwar ist dem Wortlaut des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen aus dem Jahr 2016 für den Bereich des Handelns der Finanzverwaltung ein solches "Alles-oder-Nichts"-Prinzip nicht zu entnehmen. Denn dort heißt es unter anderem: "Wird die Lieferung von Zytostatika als ein […] Umsatz […] steuerfrei behandelt","Beruft sich der Unternehmer für einen bereits getätigten Umsatz auf die Grundsätze des BFHUrteils […] V R 19/11", "Hat der Unternehmer in einer Rechnung für eine Lieferung einen Steuerbetrag ausgewiesen […] kann er die Rechnung […] berichtigen" (UR 2016, 891, 892). Dies legt die Möglichkeit eines selektiven Vorgehens durch den betroffenen Unternehmer nahe. Welche Haltung die zuständigen Finanzbehörden einnehmen, ist aber offen. Allein diese Unwägbarkeiten führen jedoch nicht dazu, dass eine ergän72 zende Vertragsauslegung auszuscheiden hätte. Denn selbst wenn sich die Beklagte im Hinblick auf die begehrte Rückerstattung der Umsatzsteuer gegenüber ihrem Finanzamt letztlich entscheiden müsste, ob sie bezüglich - im Extremfall - sämtlicher gleichgelagerter Verträge der Vergangenheit Rechnungskorrekturen vornimmt und ihre Steuerschuld entsprechend gegenüber dem Finanzamt berichtigt (§ 14c Abs. 1 Satz 2, § 17 Abs. 1 Satz 1 und 7 UStG) oder ob sie in keinem Fall eine Rückerstattung vom Finanzamt verlangen möchte, ist aufgrund ihres pauschal gehaltenen Vortrags nicht erkennbar, worin der unzumutbare Aufwand für ein solches umfassendes Vorgehen bestünde. Die abgeführte Umsatzsteuer könnte vielmehr im Ganzen zurückverlangt und die etwaig vorgenommenen Vorsteuerabzüge betreffend die hierfür durch die Beklagte getätigten umsatzsteuerpflichtigen Aufwendungen könnten im Einklang mit § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG durch das Finanzamt unkompliziert im Ganzen gestrichen werden.
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- bb) Sofern auf die Beklagte infolge einer Rechnungskorrektur nicht auch - wegen des rückwirkenden Ausschlusses anteiliger Vorsteuerabzüge - erhebliche Zinsforderungen des Finanzamts zukommen sollten, käme nach alledem eine ergänzende Vertragsauslegung dahin in Betracht, dass dem Versicherungsnehmer der Klägerin ein Rückzahlungsanspruch zustünde. Dieser beliefe sich aber gegebenenfalls nicht auf die volle Höhe des entrichteten Umsatzsteueranteils. Vielmehr bestünde er allein in Höhe der Differenz zwischen den vertraglich tatsächlich vereinbarten Entgelten und den Preisen, die der Versicherungsnehmer der Klägerin und die Beklagte zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses als redliche Vertragspartner hypothetisch vereinbart hätten, wenn ihnen die Steuerfreiheit der Umsätze der Beklagten aus den Verträgen über die Herstellung und Lieferung von Zytostatika bekannt gewesen wäre und sie ihrer Willensbildung weiter - als hypothetischen Umstand - zugrunde gelegt hätten, dass auch die Finanzbehörden bereits zum damaligen Zeitpunkt von einer Umsatzsteuerfreiheit ausgingen. In Höhe dieser etwaigen Differenz wäre bei Vorliegen der Voraussetzungen einer ergänzenden Vertragsauslegung der Rechtsgrund für die jeweiligen Zahlungen des Versicherungsnehmers der Klägerin ab dem Zeitpunkt entfallen, in dem die Beklagte im Jahr 2016 schließlich die Möglichkeit erhielt, die abgeführte Umsatzsteuer von ihrem Finanzamt zurückzuerlangen. Auf die Klägerin wäre allerdings ein etwaiger Rückforderungsanspruch nur zu 30 % übergegangen, da sie ihrem Versicherungsnehmer nur einen solchen Anteil erstattet hat. (1) Der unter den vorstehend beschriebenen Voraussetzungen maßgeb74 liche hypothetisch vereinbarte Kaufpreis errechnete sich für den jeweiligen Vertrag in der Weise, dass ein Betrag in Höhe des Umsatzsteueranteils von dem tatsächlich vereinbarten Kaufpreis abgezogen, dafür jedoch die anteilig auf den Vertrag entfallende, von der Beklagten gegebenenfalls gemäß § 15 UStG in Bezug auf die vertraglich geschuldete Leistung bei ihrem Finanzamt angemeldete Vorsteuer addiert würde. (a) Die bei der Ermittlung der hypothetisch vereinbarten Preise vorzu75 nehmende Addition der durch die Beklagte etwaig angemeldeten Vorsteuer entspräche dem - anknüpfend an die Regelungen und Wertungen der abgeschlossenen Verträge und gemessen an den Geboten von Treu und Glauben zu ermittelnden - hypothetischen Willen der Vertragsparteien. Wäre die Steuerfreiheit der streitgegenständlichen Umsätze gemäß § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG von Anfang an bekannt gewesen, hätte die Beklagte insoweit auch keinen Vorsteuerabzug gegenüber dem Finanzamt vornehmen können und damit die eigenen Umsatzsteueraufwendungen auf den jeweiligen Vertrag - ohne eine vertragliche Weitergabe an den Versicherungsnehmer der Klägerin - im Ergebnis zunächst selbst tragen müssen. (b) Der Entfall des Vorteils eines etwaig vorgenommenen Vorsteuerab76 zugs wäre jedoch nach dem - unter den beschriebenen Voraussetzungen anzunehmenden - hypothetischen Parteiwillen nicht endgültig von der Beklagten zu tragen. Denn dem Regelungsplan der Vertragsparteien liegt die Vorstellung zugrunde, dass die Aufwendungen, die die Beklagte für die Herstellung der Zytostatika dauerhaft zu erbringen hat, in voller Höhe an den Versicherungsnehmer der Klägerin weitergegeben werden. Ausgehend hiervon hätten die Vertragsparteien bei einer nicht gegebenen Möglichkeit des Vorsteuerabzugs der Beklagten ihrer Preisvereinbarung - neben etwaigen sonstigen zulässigerweise angesetzten Preisbestandteilen - redlicherweise auch die für die Medikamentenherstellung getätigten Aufwendungen (insbesondere die bei dem Einkauf der benötigten Grundstoffe und Materialien anfallenden Bruttopreise) zugrunde gelegt.
- 77
- Dass der sich sonach gegebenenfalls aus einer ergänzenden Vertragsauslegung ergebende Rückzahlungsanspruch der Klägerin beziehungsweise ihres Versicherungsnehmers wegen Schätzungsunwägbarkeiten (§ 15 Abs. 4 Satz 2 UStG) möglicherweise (geringfügig) einen von der Beklagten tatsächlich gegenüber dem Finanzamt realisierbaren Rückforderungsanspruch übersteigen würde, ist unschädlich. Denn es entspräche jedenfalls nicht dem hypothetischen Willen beider Vertragsparteien, dem Versicherungsnehmer der Klägerin sämtliche Nachteile der etwaigen Lückenhaftigkeit der mit der Beklagten getroffenen Preisvereinbarung aufzubürden. Dieser hat bereits die Verpflichtung übernommen, der Beklagten auf ungewisse Zeit einen Umsatzsteuerbetrag zuzuwenden , dessen Abführung diese vorliegend materiell-rechtlich zu keinem Zeitpunkt geschuldet hatte. (c) Im Hinblick auf die Notwendigkeit, einen etwaig vorgenommenen Vor78 steuerabzug rückabzuwickeln, wird die Beklagte bei ihren Rechnungskorrekturen gegenüber dem Versicherungsnehmer der Klägerin zu beachten haben, dass sie neben einer Streichung des vollen Umsatzsteuerbetrages zugleich eine Erhöhung des (Netto-)Entgelts um die etwaig jeweils (anteilig) auf den Umsatz angemeldete, aber nach Rechnungskorrektur rückwirkend vom Abzug ausgeschlossene Vorsteuer im Sinne des § 15 Abs. 1 UStG vornehmen muss. Ein solches Vorgehen bei der Rechnungskorrektur ist deshalb geboten, weil das Finanzamt der Beklagten die Umsatzsteuer - losgelöst von der zivilrechtlichen Sicht auf die Bruttopreisabrede und die sich daraus ergebende Unselbständigkeit der Preisbestandteile - nur erstatten wird, "soweit" (vgl. Abschn. 14c.1 Abs. 5, Beispiel Satz 3 UStAE) sie selbst eine Rückzahlung vornimmt, davon unabhängig aber zugleich rückwirkend für den Besteuerungszeitraum 2013 die etwaig durch die Beklagte vorgenommenen Vorsteuerabzüge in Fortfall bringen wird. Um sicherzustellen, dass der aus Sicht des Finanzamts vor einer Rückerstattung der Umsatzsteuer an den Versicherungsnehmer der Klä- gerin (beziehungsweise in Höhe von 30 % an die Klägerin) auszukehrende Betrag der Höhe nach demjenigen entspricht, dessen Rückzahlung nach dem hypothetischen Parteiwillen aus zivilrechtlicher Sicht geschuldet ist (Umsatzsteuer abzüglich gegebenenfalls vorgenommener Vorsteuerabzüge), ist es erforderlich , dass nicht nur die Umsatzsteuer gestrichen, sondern auch das bislang angesetzte Nettoentgelt um die gegebenenfalls vorgenommenen, nun aber rückwirkend entfallenden Vorsteuerabzüge nachträglich erhöht wird. Dieser Erhöhungsbetrag ist - was für das Finanzamt maßgebend sein wird - naturgemäß von dem Versicherungsnehmer der Klägerin bislang nicht gezahlt worden. (2) Eine ergänzende Vertragsauslegung mit dem vorstehend beschrie79 benen Inhalt könnte allerdings dann ausscheiden, wenn der Beklagten gegenüber dem Finanzamt im Zusammenhang mit der Rückabwicklung etwaig vorgenommener Vorsteuerabzüge erhebliche Zinsschulden drohten. Dieser Gesichtspunkt ist vom Senat von Amts wegen bei der Frage zu berücksichtigen, ob die rechtlichen Voraussetzungen für eine ergänzende Vertragsauslegung (planwidrige Regelungslücke) vorliegen. (a) Aus den Bestimmungen der § 233a Abs. 1, 3 und 5, § 238 AO folgt,
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- dass das Finanzamt bei einem rückwirkenden Ausschluss der vorgenommenen anteiligen Vorsteuerabzüge (Nachzahlungs-)Zinsen in Höhe von jährlich sechs Prozent, beginnend 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist (§ 233a Abs. 2 Satz 1 AO), festsetzt. Hieraus könnten der Beklagten, je nachdem, ob und in welcher Höhe sie - was bislang nicht festgestellt ist - überhaupt Vorsteuerabzüge in Bezug auf die getätigten Geschäfte vorgenommen hat und wie sich das zuständige Finanzamt bezüglich der Zinsfrage verhalten wird, erhebliche Vermögenseinbußen entstehen. Denn die Beklagte schuldet die abgeführte Umsatzsteuer aufgrund der Rechnungstellung gemäß § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG bis zu dem Zeitpunkt, in dem sie den Steuer- betrag (nach Rechnungskorrektur und Auskehr der Differenz an ihren Vertragspartner ) gemäß § 14c Abs. 1 Satz 2, § 17 Abs. 1 Satz 1 und 7 UStG berichtigt. Daher werden auf diesen Betrag keine Zinsen zu ihren Gunsten ab Verstreichen eines Zeitraums von 15 Monaten seit dessen Abführung an das Finanzamt festgesetzt, sondern erst seit der Berichtigung des Steuerbetrags. Demgegenüber schuldet die Beklagte bei einer Rechnungskorrektur und
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- einer sich daran anschließenden Änderung der Steueranmeldung durch das Finanzamt (Streichung der Vorsteuerabzüge) für das Jahr 2013 gemäß § 37 Abs. 2 AO rückwirkend die Nachzahlung etwaig abgezogener Vorsteuern, denn insoweit greifen die Vorschriften der § 14c Abs. 1 Satz 2, § 17 Abs. 1 Satz 7 UStG nicht ein. Bezüglich des somit gegebenen Auseinanderfallens der Berichtigungszeiträume unterscheidet sich der Streitfall in einem entscheidenden Punkt von den den Verfahren VIII ZR 7/18 und VIII ZR 66/18 (Urteile vom heutigen Tag, jeweils zur Veröffentlichung vorgesehen) zugrunde liegenden Sachverhaltskonstellationen. Dort waren keine Rechnungen mit den von § 14c Abs. 1 UStG geforderten Angaben ausgestellt worden, so dass bei fehlender Bestandskraft der Steuerfestsetzungen sowohl Umsatzsteuer als auch Vorsteuerabzüge rückwirkend berichtigt werden können und sich dann ein - zu verzinsender - Saldo zugunsten des Krankenhauses ergibt. Bei strikter Anwendung der Zinsvorschriften der § 233a Abs. 1, 3 und 5, § 238 AO auf den rückwirkend geschuldeten Nachzahlungsbetrag bezüglich zu Unrecht vorgenommener Vorsteuerabzüge könnte sich die Beklagte hier also infolge des inzwischen verstrichenen langen Zeitraums einer erheblichen Zinsforderung des Finanzamts ausgesetzt sehen. (b) Ob und in welcher Höhe das zuständige Finanzamt tatsächlich Nach82 zahlungszinsen geltend machen würde, ist jedoch offen. Zum einen bestehen aus Sicht des Bundesfinanzhofs jedenfalls ab dem Verzinsungszeitraum 2015 mit Blick auf das Übermaßverbot (Art. 3 Abs. 1 GG) und das strukturelle und verfestigte Niedrigzinsniveau schwere verfassungsrechtliche Zweifel an der in § 238 Abs. 1 Satz 1 AO angeordneten Zinshöhe (BFHE 260, 431 Rn. 15 ff.). Zum anderen ist ungeklärt, ob und in welchem Maße das Finanzamt berücksichtigen wird, dass sich für die Beklagte nur deshalb aus der ihr möglichen nachträglichen Behandlung der Umsätze als umsatzsteuerfrei gegenüber dem Finanzamt kein zu verzinsender Saldo zu ihren Gunsten ergeben würde, weil sie - anders als andere Krankenhäuser in gleichgelagerten Fällen - Rechnungen mit (unrichtigem) gesondertem Steuerausweis gemäß § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG ausgestellt hat, anstatt die vermeintlich geschuldete Umsatzsteuer aufgrund einer diesen Voraussetzungen nicht entsprechenden Rechnung (etwa nur unter Angabe eines Gesamtbruttobetrages) von den Patienten zu erheben und den jeweiligen Umsatzsteuerbetrag allein auf Grundlage einer entsprechenden Vorsteueranmeldung beziehungsweise Steueranmeldung an das Finanzamt abzuführen. Im Rahmen der Spielräume der Finanzbehörden könnte insoweit von
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- Bedeutung sein, dass durch die Rechnungstellung der Beklagten gemäß § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG eine - mit einem solchem Vorgehen grundsätzlich verbundene - Gefährdung des Steueraufkommens bereits strukturell ausgeschlossen war, weil die Patienten eines Krankenhauses im Hinblick auf den Erwerb der ihnen selbst im Rahmen einer Heilbehandlung verabreichten Zytostatika auch im Fall einer Umsatzsteuerpflichtigkeit dieser Geschäfte unter keinem denkbaren Gesichtspunkt vorsteuerabzugsberechtigt im Sinne des § 15 Abs. 1 UStG sein können (vgl. zu Ermessensspielräumen der Finanzverwaltung BFHE 255, 340 Rn. 32 f.[dort zur Steuerfestsetzung und in Bezug auf § 14c Abs. 2 UStG]). (c) Je nach Höhe der sich letztlich ergebenden Zinsschuld stünde das In84 teresse des Versicherungsnehmers der Klägerin an einer Rückzahlung in kei- nem angemessenen Verhältnis mehr zu den sich für die Beklagte aus einer solchen Rückzahlung und den sich aus einer möglichen Berichtigung der eigenen Steuerschuld gegenüber dem Finanzamt ergebenden Nachteilen. Erreichten oder überstiegen die Zinsforderungen einen sich etwa aus der Differenz des Umsatzsteueranteils und erfolgter Vorsteuerabzüge ergebenden Rückzahlungsbetrag des Versicherungsnehmers der Klägerin beziehungsweise blieben sie nur unerheblich dahinter zurück, entspräche eine Rückzahlung nicht dem hypothetischen Interesse der Vertragsparteien, weshalb die Verträge mangels hypothetisch abweichender Vereinbarungen keine planwidrige Regelungslücke als Voraussetzung einer ergänzenden Vertragsauslegung aufwiesen. 3. Im Falle eines Vorliegens der Voraussetzungen einer ergänzenden
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- Vertragsauslegung könnte die Beklagte nicht mit Erfolg geltend machen, sie sei aufgrund der Abführung des jeweiligen Umsatzsteueranteils an das Finanzamt im Sinne des § 818 Abs. 3 BGB entreichert, weil der abgeführte Betrag nicht mehr in ihrem Vermögen vorhanden sei oder weil sie gegen das Finanzamt nur eine Rückforderung in etwas geringerem Umfang als den der Klägerin geschuldeten Rückzahlungsanspruch zur Entstehung bringen und durchsetzen könne. Denn ungeachtet der Frage, in welchen Fallkonstellationen sich ein Be86 reicherungsschuldner gegebenenfalls auf den Wegfall der Bereicherung infolge einer Abführung der Umsatzsteuer berufen kann (vgl. hierzu BGH, Urteile vom 27. Januar 2015 - KZR 90/13, WM 2015, 680 Rn. 40; vom 18. April 2012 - VIII ZR 253/11, NVwZ-RR 2012, 570 Rn. 24; vom 8. Mai 2008 - IX ZR 229/06, NJW-RR 2008, 1369 Rn. 11; vom 15. Januar 1992 - IV ZR 317/90, WM 1992, 745 unter II 2; vom 25. März 1976 - VII ZR 32/75, BGHZ 66, 150, 157; vom 30. September 1970 - VIII ZR 221/68, NJW 1970, 2059 unter 4 b bb; RGZ 170, 65, 67 f.), wäre der Beklagten diese Möglichkeit mit Blick auf die gegebenenfalls ergänzend ausgelegten Verträge zwischen ihr und dem Versicherungsnehmer der Klägerin, auf denen der Wegfall des Rechtsgrunds und damit auch die nachträglich eintretende ungerechtfertigte Bereicherung der Beklagten beruhen würde, bereits deswegen verwehrt, weil dies dem etwaigen hypothetischen Parteiwillen zuwiderlaufen würde (näher hierzu Senatsurteile vom heutigen Tag - VIII ZR 7/18, aaO unter II 3, und VIII ZR 66/18, aaO unter II 3; jeweils zur Veröffentlichung bestimmt).
III.
Nach alledem kann das Urteil des Berufungsgerichts keinen Bestand ha87 ben; es ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif, da das Berufungsgericht - aus seiner Sicht zutreffend - bislang weder Feststellungen zu der Frage getroffen hat, ob und in welchem Umfang die Beklagte bezüglich der vorliegenden Verträge von ihrer zunächst vermeintlich bestandenen Vorsteuerabzugsberechtigung Gebrauch gemacht hat, noch dazu, ob und welche Zinsschäden der Beklagten infolge einer Rechnungskorrektur und der Berichtigung des Steuerbetrags gegenüber dem Finanzamt (§ 14c Abs. 1 Satz 2, § 17 Abs. 1 Satz 1 und 7 UStG) entstehen würden. Die Sache ist daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). 1. Das Berufungsgericht wird nach insoweit ergänzendem Vortrag der- 88
- Parteien noch Feststellungen zu der Frage zu treffen haben, ob die Beklagte in Bezug auf die getätigten Geschäfte überhaupt und gegebenenfalls inwelcher Höhe Vorsteuerabzüge gegenüber ihrem Finanzamt im Rahmen der Umsatzsteuervoranmeldungen (§ 18 Abs. 1 UStG) beziehungsweise der (Jahres-) Steueranmeldung (§ 18 Abs. 3 UStG) des Jahres 2013 vorgenommen hat. 2. In Bezug auf etwaige der Beklagten drohende Zinsschulden wird das
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- Berufungsgericht, falls die Beklagte konkret festgestellte Vorsteuerabzüge vor- genommen hat, nach entsprechendem Vortrag der Parteien - und gegebenenfalls nach Einholung amtlicher Auskünfte gemäß § 273 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO bei dem zuständigen Finanzamt - Feststellungen dazu zu treffen haben, in welcher Höhe dieses auf die im Falle einer Rechnungskorrektur nachzuerhebenden Vorsteuerabzüge voraussichtlich Zinsen festsetzen wird. 3. Auf den im Revisionsverfahren weiterverfolgten Hilfsantrag auf Rech90 nungskorrektur kommt es im wiedereröffneten Berufungsverfahren nicht an. Bei einer (auch nur teilweisen) Stattgabe des Zahlungsantrags wäre über den Hilfsantrag mangels Eintritts der (innerprozessualen) Bedingung nicht zu entscheiden. Im Falle einer Abweisung des Zahlungsbegehrens wegen Fehlens der Voraussetzungen einer ergänzenden Vertragsauslegung bestünde keine Veranlassung für eine Rechnungsberichtigung, denn diese soll lediglich der Verwirklichung eines Zahlungsanspruchs des Versicherungsnehmers der Klägerin dienen. Dr. Milger Dr. Schneider Dr. Fetzer Dr. Bünger Dr. Schmidt
AG Gelsenkirchen, Entscheidung vom 04.07.2017 - 405 C 269/17 -
LG Essen, Entscheidung vom 27.02.2018 - 15 S 162/17 -
ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 20. Feb. 2019 - VIII ZR 115/18
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Urteil einreichenBundesgerichtshof Urteil, 20. Feb. 2019 - VIII ZR 115/18 zitiert oder wird zitiert von 30 Urteil(en).
(1) Durch den Kaufvertrag wird der Verkäufer einer Sache verpflichtet, dem Käufer die Sache zu übergeben und das Eigentum an der Sache zu verschaffen. Der Verkäufer hat dem Käufer die Sache frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen.
(2) Der Käufer ist verpflichtet, dem Verkäufer den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen und die gekaufte Sache abzunehmen.
Ist der Umfang der für eine Leistung versprochenen Gegenleistung nicht bestimmt, so steht die Bestimmung im Zweifel demjenigen Teil zu, welcher die Gegenleistung zu fordern hat.
(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.
(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.
(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.
Der Vertrag kommt durch die Annahme des Antrags zustande, ohne dass die Annahme dem Antragenden gegenüber erklärt zu werden braucht, wenn eine solche Erklärung nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist oder der Antragende auf sie verzichtet hat. Der Zeitpunkt, in welchem der Antrag erlischt, bestimmt sich nach dem aus dem Antrag oder den Umständen zu entnehmenden Willen des Antragenden.
Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Ist der Umfang der für eine Leistung versprochenen Gegenleistung nicht bestimmt, so steht die Bestimmung im Zweifel demjenigen Teil zu, welcher die Gegenleistung zu fordern hat.
(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.
(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.
(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.
BUNDESGERICHTSHOF
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 20. Februar 2019 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Milger, die Richterin Dr. Hessel sowie die Richter Dr. Schneider, Kosziol und Dr. Schmidt
für Recht erkannt:
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin ist eine private Krankenversicherung. Sie nimmt die Beklagte als Trägerin eines Krankenhauses auf Rückerstattung von Umsatzsteuer in Anspruch. Das von der Beklagten betriebene Krankenhaus stellt in seiner hauseigenen Apotheke patientenindividuell Zytostatika (Krebsmedikamente zur Anwendung in der Chemotherapie) her.
- 2
- Für die in den Jahren 2012 und 2013 erfolgte Abgabe solcher Medikamente an ambulant behandelte Versicherungsnehmer der Klägerin stellte die Beklagte diesen Rechnungen aus, die die Einzelpreise für die einzelnen Substanzen und auch die jeweils angesetzte Zubereitungspauschale für Zytostatika -Lösungen auflisteten sowie dabei für jede Positioneinen Umsatzsteuersatz in Höhe von 19 % auswiesen. Die Beklagte hat geltend gemacht, in den Rech- nungen seien auch Positionen enthalten, die keine Zytostatika oder patientenindividuelle Zubereitungen betroffen hätten und damit umsatzsteuerpflichtig seien. Die Versicherungsnehmer der Klägerin zahlten auf die genannten Rechnungen an die Beklagte einen Gesamtbetrag von 26.984,19 €, den sie von der Klägerin erstattet erhielten. Hiervon entfällt ein Betrag von 4.308,40 € auf die angesetzte Umsatzsteuer.
- 3
- Die Beklagte führte die in Ansatz gebrachten Umsatzsteuerbeträge an das zuständige Finanzamt ab. Ob und in welcher Höhe sie dabei einen Vorsteuerabzug vorgenommen hat, ist bislang ungeklärt. Dass die Umsatzsteuer bestandskräftig festgesetzt worden sei, macht die Beklagte nicht geltend.
- 4
- Am 24. September 2014 erging ein Urteil des Bundesfinanzhofs (Az. V R 19/11; veröffentlicht in BFHE 247, 369), wonach die im Rahmen einer ambulant in einem Krankenhaus durchgeführten Heilbehandlung erfolgte Verabreichung individuell für den einzelnen Patienten von einer Krankenhausapotheke hergestellter Zytostatika als ein mit der ärztlichen Heilbehandlung eng verbundener Umsatz gemäß § 4 Nr. 16 Buchst. b Umsatzsteuergesetz (UStG) (aF; seit 1. Januar 2009: § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG) steuerfrei ist. Unter dem 28. September 2016 folgte ein Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (Az. III C 3 - S 7170/11/10004; veröffentlicht in UR 2016, 891), das auf die genannte Entscheidung des Bundesfinanzhofs sowie - unter anderem - auf die Möglichkeit einer Berichtigung der wegen unrichtigen Ausweises der Steuer geschuldeten Beträge nach dem Umsatzsteuergesetz und auf einen dann eintretenden (rückwirkenden) Ausschluss der hierauf bezogenen Vorsteuerabzüge hinwies. Die Klägerin forderte daraufhin die Beklagte erfolglos zur Rückerstattung der vereinnahmten Umsatzsteuerbeträge auf.
- 5
- Mit der vorliegenden Klage hat die Klägerin einen auf Bereicherungsrecht gestützten Anspruch aus übergegangenem Recht ihrer Versicherungsnehmer auf Rückzahlung von insgesamt 4.308,40 € nebst Zinsen gegen die Beklagte geltend gemacht. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin hat das Landgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und der Klage stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
- 6
- Die Revision hat Erfolg.
I.
- 7
- Das Berufungsgericht (LG Aachen, Urteil vom 9. Februar 2018 - 6 S 118/17, juris) hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
- 8
- Der Klägerin stehe ein Anspruch auf Rückzahlung der von ihren Versicherungsnehmern an die Beklagte geleisteten Umsatzsteuer in Höhe von 4.308,40 € gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB in Verbindung mit §§ 86, 194 Abs. 2 VVG zu.
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- In Höhe dieses Umsatzsteuerbetrags sei die Leistung der Versicherungsnehmer der Klägerin an die Beklagte ohne Rechtsgrund erfolgt. Die von der Beklagten abgerechneten Leistungen hätten sämtlich im Rahmen einer ambulant im Krankenhaus durchgeführten Heilbehandlung verabreichte und individuell von der Krankenhausapotheke hergestellte Zytostatika betroffen und seien damit - wie sich aus dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 24. September 2014 (aaO) ergebe - nicht umsatzsteuerpflichtig gewesen. Die Beklagte habe zwar geltend gemacht, einzelne, konkret bezeichnete Rechnungspositionen hätten der Umsatzsteuer unterlegen. Es fehle aber an Vorbringen dazu, auf welcher anderen Grundlage die genannten Positionen abgerechnet worden seien, so dass nicht habe ermittelt werden können, ob es sich insoweit um umsatzsteuerpflichtige Leistungen gehandelt habe.
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- Da die Rechnungsbeträge zu Unrecht Umsatzsteuer in Höhe von 4.308,40 €eingeschlossen hätten und dieser Betrag auch von den Versicherungsnehmern der Klägerin an die Beklagte entrichtet worden sei, liege eine ungerechtfertigte Bereicherung der Beklagten vor. Denn im Verhältnis der Beklagten zu den Versicherungsnehmern der Klägerin seien Nettoentgeltvereinbarungen anzunehmen, die zur Folge hätten, dass die Umsatzsteuer einen selbständigen Entgeltbestandteil darstelle, der bei Bestehen einer Umsatzsteuerpflicht entweder einen Anspruch auf Umsatzsteuerzahlung oder im Falle der Umsatzsteuerfreiheit schlicht keine Verpflichtung zur Entrichtung des angesetzten Umsatzsteueranteils begründe.
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- Zwar hätten die Vertragsparteien keine Vereinbarung über die Höhe des geschuldeten Entgelts getroffen. Auch die Vorschrift des § 632 BGB komme nicht zur Anwendung. Der Verkäufer von Medikamenten könne aber durch die Ausübung eines ihm zukommenden Leistungsbestimmungsrechts nach §§ 315, 316 BGB den Preis festlegen, was in der Regel durch die (erste) Rechnungstellung geschehe (vgl. OLG Köln, Urteil vom 22. Juni 2012 - 20 U 27/12, juris). Diese Befugnis erstrecke sich auch auf die Frage, ob ein in der verlangten Vergütung enthaltener Umsatzsteueranteil selbständiger oder unselbständiger Entgeltbestandteil sein solle. Von dem ihr zukommenden Bestimmungsrecht hinsichtlich der geschuldeten Gegenleistung habe die Beklagte durch den gesonderten Ausweis von Netto- und Umsatzsteuerbeträgen in den gestellten Rech- nungen dahin Gebrauch gemacht, dass die Umsatzsteuer ein selbständiger Preisbestandteil habe sein sollen, bezüglich dessen die Zahlungspflicht der Versicherungsnehmer der Klägerin allein davon abhänge, ob es sich tatsächlich um ein umsatzsteuerpflichtiges Geschäft handele. Aus diesem Grunde könne die Beklagte nicht geltend machen, dass die Möglichkeit eines Vorsteuerabzugs maßgebender Faktor bei der Preiskalkulation gewesen sei.
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- Die Beklagte könne sich auch nicht gemäß § 818 Abs. 3 BGB auf eine Entreicherung berufen. Denn es treffe sie eine vertragliche Nebenpflicht, die erstellten Rechnungen zu berichtigen, so dass sie die gezahlten Umsatzsteuerbeträge vom Finanzamt erstattet verlangen könne, wonach ihre Bereicherung fortbestehe. Die Interessenlage sei mit der eines Unternehmers vergleichbar, der als Leistungsempfänger ohne eine ordnungsgemäße Rechnung des Leistenden einen Vorsteuerabzug nicht geltend machen könne. Für diese Fälle habe die höchstrichterliche Rechtsprechung aus den Geboten von Treu und Glauben eine Nebenpflicht zur ordnungsgemäßen Rechnungserteilung beziehungsweise zu einer Berichtigung einer Rechnung abgeleitet. Zwar handele es sich bei den Versicherungsnehmern der Klägerin nicht um Unternehmer, so dass bei diesen kein Vorsteuerabzug im Raume gestanden habe. Da aber die Beklagte eine Rechnung gemäß § 14 UStG erteilt und hierdurch ihr Leistungsbestimmungsrecht nach §§ 315, 316 BGB dahingehend ausgeübt habe, dass die Umsatzsteuer selbständiger Entgeltbestandteil habe sein sollen, sei auch bei den Versicherungsnehmern der Klägerin ein berechtigtes Interesse an der Ausstellung einer richtigen Rechnung entstanden, mit dem eine entsprechende Nebenpflicht der Beklagten einhergehe.
- 13
- Eine solche Nebenpflicht führe für die Beklagte auch nicht zu einem untragbaren Ergebnis im Hinblick auf ihren Verwaltungsaufwand. Dass damit ein außergewöhnlicher Aufwand verbunden sei, habe die Beklagte nicht hinrei- chend dargelegt. Zudem reiche die Nebenpflicht der Beklagten nur soweit, solche Rechnungen zu berichtigen, die Gegenstand bereicherungsrechtlicher Rückforderungsansprüche seien.
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- Der Rückforderungsanspruch sei auch nicht verjährt, da die Klägerin nach dem Forderungsübergang erst mit dem bereits angeführten Urteil des Bundesfinanzhofs Kenntnis von dem Rückforderungsanspruch erlangt habe. Deshalb habe die dreijährige Regelverjährungsfrist (§ 195 BGB) gemäß § 199 Abs. 1 BGB erst mit Schluss des Jahres 2014 zu laufen begonnen und sei durch die erfolgte Klageerhebung rechtzeitig gehemmt worden.
II.
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- Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein bereicherungsrechtlicher Anspruch der Klägerin aus übergegangenem Recht (§ 86 Abs. 1 Satz 1, § 194 Abs. 2 VVG) auf vollständige Rückzahlung der Beträge, die den von ihren Versicherungsnehmern jeweils geleisteten und von ihr erstatteten Umsatzsteueranteilen von 19 % entsprechen, mithin auf eine Rückzahlung von 4.308,40 € (nebst Zinsen), nicht bejaht werden.
- 16
- Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht die zwischen den Versicherungsnehmern der Klägerin und der Beklagten zustande gekommenen Entgeltvereinbarungen als Nettopreisabreden eingestuft, bei denen die Umsatzsteuer einen selbständigen Entgeltbestandteil darstelle und daher die Zahlungspflicht der Versicherungsnehmer der Klägerin insoweit allein davon abhänge, ob es sich tatsächlich um ein umsatzsteuerpflichtiges Geschäft handele. Dabei hat es zu Unrecht angenommen, der Beklagten sei bezüglich der geschuldeten Ge- genleistung ein Leistungsbestimmungsrecht nach §§ 315, 316 BGB eingeräumt worden, das diese mit Rechnungstellung wirksam dahin ausgeübt habe, dass der Umsatzsteueranteil selbständiger - und damit im Falle der Umsatzsteuerfreiheit nach Bereicherungsrecht rückforderbarer - Preisbestandteil gewesen sei. Daraus hat es die unzutreffende Rechtsfolge abgeleitet, die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, die Möglichkeit eines Vorsteuerabzugs sei maßgebender Faktor bei der Preiskalkulation gewesen.
- 17
- Die Klägerin kann aufgrund einer ergänzenden Vertragsauslegung (§ 157 BGB) der zwischen den Versicherungsnehmern der Klägerin und der Beklagten geschlossenen Verträge (dazu unter II 2 a) gemäß § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BGB in Verbindung mit § 86 Abs. 1 Satz 1, § 194 Abs. 2 VVG nur Rückzahlung der Beträge verlangen, die der von ihren Versicherungsnehmern auf die gestellten Rechnungen geleisteten Umsatzsteuer für Zytostatika abzüglich der von der Beklagten hierfür gegebenenfalls in Abzug gebrachten Vorsteuer , mithin also dem von der Beklagten letztlich insoweit an das Finanzamt abgeführten Teil der Umsatzsteuer entsprechen (dazu unter II 2 b).
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- 1. Auf die zwischen den Versicherungsnehmern der Klägerin und der Beklagten begründeten Vertragsverhältnisse ist, soweit die Herstellung und die Veräußerung von Zytostatika betroffen sind, Werklieferungsrecht (§ 651 BGB aF; heute § 650 BGB) anzuwenden. Dabei haben die Vertragsparteien - anders als das Berufungsgericht angenommen hat - bezüglich der Entgeltpflicht der Versicherungsnehmer der Klägerin (§ 433 Abs. 2 BGB) stillschweigend Bruttopreisabreden getroffen, bei denen die im Preis eingeschlossene Umsatzsteuer von 19 % einen unselbständigen Entgeltbestandteil bildet. Dies führt dazu, dass einerseits eine Rückforderung der Beträge, die auf die zu Unrecht für die verabreichten Zytostatika angesetzten Umsatzsteueranteile entfallen, - anders als bei den vom Berufungsgericht bejahten Nettopreisabreden - nicht per se möglich ist, dass sie aber andererseits auch nicht - wie etwa bei einer von der Revision angenommenen nach § 315 Abs. 3Satz 1 BGB bis zur Grenze der Unbilligkeit bindenden (einseitigen) (Brutto-)Preisbestimmung der Beklagten gemäß § 316 BGB - gänzlich ausgeschlossen ist.
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- a) Werden von einer Krankenhausapotheke an einen privat versicherten Patienten zur ambulanten Behandlung in der Klinik individuell hergestellte Krebsmedikamente entgeltlich abgegeben, ist auf das zwischen dem Krankenhaus und dem Patienten bestehende Vertragsverhältnis Werklieferungsrecht (§ 650 BGB; bis 31. Dezember 2017: § 651 BGB aF) anzuwenden, so dass bezüglich der Entgeltpflicht § 433 Abs. 2 BGB gilt (vgl. etwa OLG Köln, NJW-RR 2012, 1520, 1521). Teilweise wird ein solches Vertragsverhältnis in der Instanzrechtsprechung als Behandlungsvertrag nach § 611 BGB (heute: §§ 630a, 630b BGB) eingeordnet mit der Folge, dass dann zumindest die übliche Vergütung (§ 612 Abs. 2 BGB) geschuldet wäre (vgl. etwa LG Köln, Urteil vom 18. Juli 2018 - 25 S 15/17; Revision anhängig unter dem Az. VIII ZR 264/18).
- 20
- Hierbei wird außer Acht gelassen, dass die ambulante Heilbehandlung durch den zuständigen Krankenhausarzt und die Abgabe der Krebsmedikamente durch die Krankenhausapotheke zwei selbständige Leistungen (ärztliche Behandlung durch den Arzt; Herstellung der Medikamente durch die Apotheke) darstellen, die entweder im Rahmen zweier getrennter Vertragsverhältnisse oder als selbständige Teile eines einheitlichen typengemischten Vertrags mit dem Krankenhausträger als Betreiber der Ambulanz erbracht werden. Auch im letztgenannten Fall wäre die Bereitstellung der Arzneimittel - ungeachtet des Schwerpunkts des Vertrags - nach den Grundsätzen des Werklieferungsrechts zu beurteilen, da diese Leistungen separat berechnet werden und eine Apothe- ke keine ärztlichen Leistungen vornimmt (vgl. BT-Drucks. 17/10448, S. 18). Nur auf diese Weise wird bei Annahme eines einheitlichen Vertragsverhältnisses der durch wesensverschiedene eigenständige Leistungspflichten begründeten Eigenart des Vertragsverhältnisses Rechnung getragen (vgl. BGH, Urteil vom 29. Oktober 1980 - VIII ZR 326/79, NJW 1981, 341 unter 3 b cc; Beschluss vom 21. April 2005 - III ZR 293/04, NJW 2005, 2008 unter II 3).
- 21
- b) Bezüglich des somit nach § 433 Abs. 2 BGB zu erbringenden Kaufpreises für patientenindividuell im Rahmen einer ambulanten Behandlung im Krankenhaus hergestellte Zytostatika herrscht in der einschlägigen Instanzrechtsprechung weitgehend Uneinigkeit darüber, ob ein privat versicherter Patient eine darin enthaltene Umsatzsteuer auch dann schuldet, wenn diese - wie hier - aus materiell-rechtlicher Sicht gar nicht angefallen ist (vgl. die Nachweise bei Makoski/Clausen, ZMGR 2018, 231, 233 ff.). Dieses Bild zeigt sich auch, wenn man allein die bislang beim Bundesgerichtshof anhängigen Verfahren zugrunde legt.
- 22
- aa) Teilweise wird bezüglich der in den gestellten Rechnungen im steuerrechtlichen Sinne (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 7 und 8, § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG) gesondert ausgewiesenen oder - wie hier - lediglich unstreitig darin enthaltenen Umsatzsteuer mit unterschiedlichen Begründungen (einseitiges Preisbestimmungsrecht der Krankenhausapotheke; stillschweigend getroffene Vergütungsvereinbarung ) eine Bruttopreisabrede angenommen, also die Umsatzsteuer nur als unselbständiger Entgeltbestandteil gewertet (so etwa OLG Schleswig, Urteil vom 20. Dezember 2017 - 4 U 69/17, juris [nachfolgend Senatsurteil vom heutigen Tag - VIII ZR 7/18, zur Veröffentlichung bestimmt]; LG Essen, Urteil vom 27. Februar 2018 - 15 S 162/17, juris [nachfolgend Senatsurteil vom heutigen Tag - VIII ZR 115/18, zur Veröffentlichung bestimmt]; LG Chemnitz, Urteil vom 2. November 2018 - 3 S 7/18 [Revision anhängig unter dem Az. VIII ZR 360/18]; LG Darmstadt, Urteil vom 4. Oktober 2018 - 6 S 56/18 [Revision anhängig unter dem Az. VIII ZR 351/18]; LG Köln, Urteil vom 18. Juni 2018 - 25 S 15/17 [Revision anhängig unter dem Az. VIII ZR 264/18]; wohl auch LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 5. Juli 2018 - 4 S 5126/17 [Revision anhängig unter dem Az. VIII ZR 247/18]).
- 23
- Die unterschiedlichen Begründungsansätze führen zu abweichenden Rechtsfolgen. Ein vereinbartes Bruttoentgelt deckt nach höchstrichterlicher Rechtsprechung grundsätzlich auch die Aufwendung für die vom Leistenden zu entrichtende Umsatzsteuer ab, die in diesem Fall nur einen unselbständigen Bestandteil des vereinbarten Entgelts darstellt (vgl. etwa BGH, Urteile vom 24. Februar 1988 - VIII ZR 64/87, BGHZ 103, 284, 287; vom 26. Juni 1991 - VIII ZR 198/90, BGHZ 115, 47, 50; vom 11. Mai 2001 - V ZR 492/99, NJW 2001, 2464 unter II 1; vom 28. Februar 2002 - I ZR 318/99, NJW 2002, 2312 unter II 1; Beschluss vom 29. Januar 2015 - IX ZR 138/14, juris Rn. 3; jeweils mwN; BSG, NJOZ 2009, 1914 Rn. 17). Dies hat zur Folge, dass - von bestimmten Ausnahmen abgesehen - weder der Leistende eine wider sein Erwarten anfallende Umsatzsteuer von seinem Vertragspartner nachfordern (vgl. etwa BGH, Urteile vom 24. Februar 1988 - VIII ZR 64/87, aaO; vom 28. Februar 2002 - I ZR 318/99, aaO unter II) noch der Leistungsempfänger im Falle der Umsatzsteuerfreiheit den auf die Umsatzsteuer entfallenden Anteil seiner Vergütung zurückverlangen kann (vgl. hierzu BSG, aaO Rn. 25).
- 24
- Wird - wie manche Stimmen annehmen (vgl. LG Essen, Urteil vom 27. Februar 2018 - 15 S 162/17, aaO [nachfolgend Senatsurteil vom heutigen Tag - VIII ZR 115/18]; LG Chemnitz, Urteil vom 2. November 2018 - 3 S 7/18 [Revision anhängig unter dem Az. VIII ZR 360/18]) - der Bruttopreis einseitig von der Krankenhausapotheke im Rahmen eines Preisbestimmungsrechts nach § 316 BGB bestimmt, wäre die Rückforderung zu Unrecht bezahlter Umsatzsteuer wegen der Bindungswirkung nach § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB gänzlich ausgeschlossen, weil eine solche Zuvielforderung bei im Übrigen nicht zu beanstandenden Preisen nicht zur Unbilligkeit des Gesamtbetrags führen würde.
- 25
- bb) Andere Stimmen werten die getroffenen Abreden als Nettopreisvereinbarungen und sehen daher die Umsatzsteuer als eigenständigen Preisanteil nur dann als geschuldet an, wenn materiell-rechtlich eine entsprechende Steuerpflicht besteht (vgl. etwa das Berufungsgericht; OLG Braunschweig, Urteil vom 22. Mai 2018 - 8 U 130/17, juris Rn. 20 ff. [Revision anhängig unter dem Az. VIII ZR 212/18]). Die Selbständigkeit des Umsatzsteueranteils bei einer Nettopreisvereinbarung führt dazu, dass eine vom Leistenden angesetzte, dem Gesetz nach aber nicht angefallene Umsatzsteuer von diesem ohne Rechtsgrund vereinnahmt und daher ohne weiteres gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB an den Vertragspartner herauszugeben ist (vgl. auch Senatsurteil vom 2. November 2005 - VIII ZR 39/04, NJW 2006, 364 Rn. 14).
- 26
- c) Das Berufungsgericht hat angenommen, die jeweiligen Vertragsparteien hätten der Beklagten ein einseitiges Preisbestimmungsrecht nach §§ 316, 315 Abs. 3 Satz 1 BGB eingeräumt, das diese dahin ausgeübt habe, dass die für die Veräußerung von Zytostatika angesetzte Umsatzsteuer als selbständiger Preisbestandteil verlangt, also ein Nettopreis bestimmt worden sei. Dies ist in mehrfacher Hinsicht von Rechtsfehlern beeinflusst.
- 27
- aa) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass die Vertragsparteien keine Entgeltvereinbarung bezüglich der Herstellung und Lieferung von Zytostatika getroffen, sondern es vielmehr der Beklagten überlassen hätten, einseitig den Preis nach Maßgabe der §§ 316, 315 Abs. 3 Satz 1 BGB zu bestimmen. Es bleibt bereits unklar, worauf sich die Annahme des Berufungsgerichts gründet, die Vertragsparteien hätten keine stillschweigende Übereinkunft über die konkret geschuldete Vergütung getroffen. Selbst wenn es aber an einer konkreten Entgeltvereinbarung fehlte, führte dies nicht dazu, dass der Beklagten die Befugnis eingeräumt wäre, die Vergütung einseitig nach den Grundsätzen der §§ 316, 315 Abs. 3 Satz 1 BGB zu bemessen.
- 28
- (1) Das Berufungsgericht hat übersehen, dass eine vertragliche Vereinbarung über die für die gefertigten Krebsmedikamente konkret geschuldete Vergütung auch noch nach der Herstellung oder gar der Verabreichung der Medikamente erfolgen kann. Eine solche Einigung kann unter den hier gegebenen besonderen Umständen (Vertragsgegenstand, keine angemeldeten oder ersichtlichen Bedenken gegen die Angemessenheit der verlangten Vergütung; Erstattung durch den privaten Krankenversicherer der Patienten) insbesondere dadurch erzielt werden, dass der Versicherungsnehmer des privaten Krankenversicherers die von dem Krankenhaus jeweils in den gestellten Rechnungen geforderten Beträge durch vorbehaltlos erbrachte Zahlungen entsprechend § 151 BGB billigt und dadurch die bis dahin bezüglich der konkreten Vergütungshöhe bestehende Vertragslücke schließt (Senatsurteile vom heutigen Tag - VIII ZR 7/18, unter II 1 c aa (2) (b) (cc); VIII ZR 115/18, unter II 1 c aa (1); VIII ZR 189/18, unter II 1 c aa (1); jeweils zur Veröffentlichung bestimmt; vgl. auch BSG, NJOZ 2009, 1914 Rn. 16). Dieser Möglichkeit hat sich das Berufungsgericht verschlossen und ist stattdessen in Einklang mit einer in der Instanzrechtsprechung häufiger vertretenen Auffassung (vgl. etwa OLG Köln, NJW-RR 2012, 1520, 1521) zu der Einschätzung gelangt, dass die jeweiligen Vertragsparteien der Beklagten ein einseitiges Preisbestimmungsrecht nach § 316 BGB mit der Bindungswirkung nach § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB eingeräumt hätten.
- 29
- (2) Dies hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Zwar darf bei Individualerklärungen deren Auslegung durch den Tatrichter vom Revisionsgericht nur eingeschränkt daraufhin überprüft werden, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, die Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt sind, wesentlicher Auslegungsstoff außer Acht gelassen worden ist oder die Auslegung auf mit der Revision gerügten Verfahrensfehlern beruht (st. Rspr.; vgl. etwa Senatsurteile vom 12. Oktober 2016 - VIII ZR 55/15, BGHZ 212, 248 Rn. 35; vom 25. April 2018 - VIII ZR 176/17, NJW 2018, 2472 Rn. 30). Solche Rechtsfehler sind dem Berufungsgericht jedoch unterlaufen.
- 30
- (a) Ein Patient, der von einem Krankenhaus ambulant mit von der hauseigenen Apotheke individuell hergestellten Zytostatika behandelt wird, kommt zwar regelmäßig nicht mit der Apotheke in Kontakt und erhält grundsätzlich vorher auch keine Informationen über die konkret geschuldete Höhe der Vergütung. Aus diesem Umstand kann jedoch nicht abgeleitet werden, Patient und Krankenhaus hätten keine konkreten Preisabreden getroffen, sondern letzterem ein Preisbestimmungsrecht nach den Grundsätzen der §§ 315, 316 BGB (so aber etwa OLG Köln, aaO) mit der Bindungswirkung des § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB eingeräumt. Denn dies wird weder dem eingeschränkten Anwendungsbereich des § 316 BGB noch der beiderseitigen Interessenlage gerecht.
- 31
- (aa) In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist schon seit langem anerkannt , dass bei fehlenden Preisabreden eine Heranziehung des § 316 BGB nur ausnahmsweise in Betracht kommt. Die genannte Vorschrift stellt lediglich eine nur im Zweifel eingreifende gesetzliche Auslegungsregel dar, der gegen- über die Vertragsauslegung den Vorrang hat (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 13. März 1985 - IVa ZR 211/82, BGHZ 94, 98, 101 f. mwN; vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, NJW 2010, 1742 Rn. 18). Daher kann eine Vertragslücke nicht durch Rückgriff auf § 316 BGB geschlossen werden, wenn und weil dies dem Interesse der Vertragsparteien und ihrer wirklichen oder mutmaßlichen Willensrichtung typischerweise nicht entspricht (vgl. etwa BGH, Urteile vom 13. März 1985 - IVa ZR 211/82, aaO S. 102 mwN; vom 13. April 2010 - XI ZR197/09, aaO). Vielmehr ist es geboten, die bestehende Lücke durch Auslegung (BGH, Urteil vom 13. März 1985 - IVa ZR 211/82, aaO S. 103 f.) oder durch Anwendung der Grundsätze der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen, wobei im letztgenannten Fall die den Gegenstand der Leistung und die das Vertragsverhältnis prägenden Umstände maßgebend sind (vgl. etwa BGH, Urteile vom 4. April 2006 - X ZR 122/05, BGHZ 167, 139 Rn. 10; vom 26. September 2006 - X ZR 181/03, NJW-RR 2007, 103 Rn. 20; vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, aaO).
- 32
- (bb) Gemessen an diesen Maßstäben hat ein einseitiges Preisbestimmungsrecht der Beklagten nach § 316 BGB von vornherein auszuscheiden. Es spricht einiges dafür, dass sich die Beteiligten - was im Wege der Parteiautonomie ohne weiteres möglich ist - stillschweigend bereits bei der Zurverfügungstellung der Zytostatika gegen spätere Rechnungstellung konkludent dahin geeinigt haben, dass diese Medikamente nur gegen Zahlung eines angemessenen und grundsätzlich erstattungsfähigen Entgelts geliefert werden sollen und dass über deren konkrete Höhe später noch eine Übereinkunft erzielt werden muss (vgl. hierzu etwa BGH, Urteile vom 28. Juni 1982 - II ZR 226/81, NJW 1982, 2816 unter 1; vom 11. Mai 2009 - VII ZR 11/08, BGHZ 181, 47 Rn. 44). Die betroffenen Patienten, wie hier die Versicherungsnehmer der Klägerin, erhalten die benötigten Medikamente in dem Bewusstsein, dass sie hierfür eine angemessene Vergütung zu erbringen haben. Durch die gewählte Vorgehensweise - Zurverfügungstellung der Zytostatika gegen spätere Rechnungstellung - gibt das Krankenhaus (hier die Beklagte) zu erkennen, dass sie damit einverstanden ist, die konkret geschuldete Vergütung erst im Nachhinein zu vereinbaren.
- 33
- Letztlich kann jedoch dahinstehen, ob den Erklärungen der Vertragsparteien im Wege der Auslegung (§§ 133, 157 BGB) zu entnehmen ist, dass sie sich bereits bei Verabreichung der Medikamente stillschweigend über die Grundsätze der Preisbemessung geeinigt haben. Denn falls dies nicht der Fall gewesen sein sollte, ergäbe sich jedenfalls im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung , dass der Beklagten ein Rückgriff auf die Bemessungsgrundsätze der §§ 316, 315 BGB versagt ist. Bei dem Erwerb von durch die Krankenhausapotheke individuell hergestellten Zytostatika für eine ambulante Krankenhausbehandlung entspricht es weder den Interessen der Beteiligten noch deren mutmaßlichem Willen, dass das Krankenhaus eine einseitige Preisbestimmung nach §§ 316, 315 BGB vornimmt.
- 34
- Ein privatversicherter Patient hat kein erkennbares Interesse daran, dem Träger einer Krankenhausapotheke, zu der er nicht einmal Kontakt aufgenommen hat, das Recht einzuräumen, die Höhe der geschuldeten Gegenleistung nach freiem Ermessen und damit bis zur Grenze der Unbilligkeit (§§ 316, 315 BGB) einseitig zu bestimmen. Denn in einem solchen Fall wäre er gezwungen, auch einen Betrag zu bezahlen, der sogar an der Obergrenze der Spanne läge, die sich noch innerhalb der Billigkeit bewegte (vgl. BGH, Urteil vom 13. März 1985 - IVa ZR 211/82, aaO S. 102). Dass dies seinen Interessen zuwiderläuft, ergibt sich bereits daraus, dass der Patient darauf angewiesen ist, von seiner Krankenversicherung (und gegebenenfalls zusätzlich von anderer Stelle) eine Kostenerstattung zu erhalten, was wiederum voraussetzt, dass angemessene und grundsätzlich erstattungsfähige Preise berechnet werden. Das Krankenhaus hat ebenfalls kein berechtigtes Interesse daran, einen über das Angemessene (einschließlich einer üblichen Gewinnspanne) hinausgehenden, allein nach billigem Ermessen festzusetzenden Preis zu verlangen.
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- Im Hinblick auf diese Interessenlage entspräche ein solches Vorgehen auch nicht dem mutmaßlichen Willen der Vertragsparteien. Soweit dies den beim Bundesgerichtshof anhängigen Verfahren zu entnehmen ist, haben die Krankenhäuser sich bei ihrer Preisbemessung auch nicht an § 316 BGB, sondern an den Preisen der verarbeiteten Ausgangsstoffe orientiert (vgl. hierzu auch Senatsurteil vom 9. Mai 2018 - VIII ZR 135/17, NJW-RR 2018, 942 Rn. 25) und lediglich (angemessene) Zuschläge (insbesondere Zubereitungs- pauschale in Höhe von 90 €; vgl. § 5 Abs. 1 Arzneimittelpreisverordnung [AMPreisVO]) zur Vergütung ihrer Eigenleistung verlangt.
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- (b) Damit käme das vom Berufungsgericht angenommene einseitige Preisbestimmungsrecht der Beklagten selbst dann nicht in Betracht, wenn es - was im Streitfall keiner endgültigen Klärung bedarf - an einer Vergütungsabrede der Vertragsparteien (zunächst) gefehlt hätte. Denn die in diesem Fall bestehende Vertragslücke wäre nach den Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung , die der Senat selbst vornehmen könnte, weil weitere auslegungsrelevante Feststellungen nicht zu erwarten sind, dahin zu schließen, dass ein angemessener, grundsätzlich von den Krankenversicherern erstattungsfähiger Preis geschuldet gewesen wäre.
- 37
- Eine solche Lückenschließung ist aber im Streitfall deswegen entbehrlich (geworden), weil die Vertragsparteien dadurch nachträglich wirksame Preisab- reden getroffen haben, dass die Beklagte dem Versicherungsnehmer der Klägerin für die verabreichten Medikamente jeweils Rechnungen unter Ausweis der verlangten Beträge gestellt und dieser deren Angebote durch vorbehaltlose Zahlungen gemäß § 151 BGB angenommen hat. Da der Senat an das rechtsfehlerhaft gewonnene Auslegungsergebnis des Berufungsgerichts nicht gebunden ist und weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind, kann der Senat diese Auslegung selbst vornehmen (vgl. etwa Senatsurteil vom 25. April 2018 - VIII ZR 176/17, aaO Rn. 32 mwN). Durch die gewählte Vorgehensweise - Bekanntgabe der Preise erst im Rahmen der Rechnungstellung - brachte die Beklagte zum Ausdruck, dass sie auf die Erklärung einer Annahme des Vergütungsangebots dem Versicherungsnehmer der Klägerin gegenüber verzichtete und es aus ihrer Sicht vielmehr genügte, dass dieser den Rechnungsbetrag ausglich. Mit der vorbehaltlosen Begleichung des Rechnungsbetrags bestätigte der Versicherungsnehmer der Klägerin die Annahme dieses Angebots nach außen (§ 151 BGB; dazu bereits unter II 1 c aa (1); vgl. Senatsurteile vom heutigen Tag - VIII ZR 7/18, unter II 1 c aa (2); VIII ZR 115/18, unter II 1 c aa (1); VIII ZR 189/18, unter II 1 c aa (1); jeweils zur Veröffentlichung bestimmt; auch BSG, NJOZ 2009, 1914 Rn. 16; RGZ 129, 109, 113).
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- bb) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht weiter den gestellten Rechnungen entnommen, dass die Beklagte jeweils Nettopreise verlangt, also die angesetzte Umsatzsteuer als selbständigen Entgeltanteil gefordert habe. Diese Auffassung stützt es darauf, dass die Rechnungen sowohl Nettobeträge als auch die Umsatzsteuer auswiesen.
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- (1) Im Ausgangspunkt hat das Berufungsgericht zwar erkannt, dass nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung regelmäßig - auch wenn sich die Vertragsparteien nicht ausdrücklich darauf verständigt haben (vgl. Senatsurteil vom 24. Februar 1988 - VIII ZR 64/87, BGHZ 103, 284, 287) - vom Vorliegen einer Bruttopreisabrede auszugehen ist. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Vertragsparteien einen "Nettopreis" vereinbart haben, wofür auch ein Handelsbrauch oder eine Verkehrssitte maßgeblich sein kann (BGH, Urteile vom 14. Januar 2000 - V ZR 416/97, WM 2000, 915 unter II 1 mwN; vom 11. Mai 2001 - V ZR 492/99, NJW 2001, 2464 unter II 1; vom 28. Februar 2002 - I ZR 318/99, NJW 2002, 2312 unter II 1; BSG, aaO Rn. 17).
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- (2) Das Berufungsgericht hat diese Grundsätze aber deswegen nicht für anwendbar gehalten, weil eine Entgeltabrede nicht getroffen, sondern durch die Beklagte eine einseitige Preisbestimmung vorgenommen worden sei. Dabei hat es nicht nur verkannt, dass der Beklagten - wie bereits ausgeführt - ein Preisbestimmungsrecht nach §§ 316, 315 Abs. 3 Satz 1 BGB nicht eingeräumt worden ist, sondern hat sich auch den Blick dafür verschlossen, dass es für die Einordnung als "Bruttopreis- oder Nettopreisabrede" stets allein darauf ankommt , ob die Erklärungen der Vertragspartner ausdrücklich oder mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck bringen, dass ein Nettopreis geschuldet sein soll. Dies gilt nicht nur in den Fällen, in denen (stillschweigend) eine konkrete Engeltvereinbarung getroffen worden ist, sondern auch dann, wenn der Leistende den Preis einseitig nach §§ 316, 315 Abs. 3 Satz 1 BGB bestimmt haben sollte.
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- In der vorliegend in Frage stehenden Sachverhaltskonstellation sind die maßgeblichen Erklärungen der Krankenhäuser in den Rechnungstellungen zu sehen, deren Inhalt im Wege der Auslegung zu ermitteln ist. Die hierin liegende Erklärung der Krankenhäuser wird von den Instanzgerichten unterschiedlich ausgelegt. Manche Gerichte sehen darin richtigerweise ein an den Patienten gerichtetes Angebot auf Abschluss einer Vergütungsvereinbarung (siehe hierzu etwa OLG Schleswig, Urteil vom 20. Dezember 2017 - 4 U 69/17, juris Rn. 27, 38 [bestätigt durch Senatsurteil vom heutigen Tag - VIII ZR 7/18, unter II 1 c aa (2)]). Andere - so auch das Berufungsgericht - werten die Rechnungstellung als Ausübung eines einseitigen Preisbestimmungsrechts des Krankenhauses, die aber häufig - anders als vom Berufungsgericht - als Bruttopreisbestimmung angesehen wird (so etwa LG Essen, Urteil vom 27. Februar 2018 - 15 S 162/17, juris [nachfolgend Senatsurteil vom heutigen Tag - VIII ZR 115/18, aaO]).
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- (a) Die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung der in den Rechnungstellungen zu sehenden Erklärungen der Beklagten kann aus revisionsrechtlicher Sicht keinen Bestand haben. Seine Deutung, in den Rechnungstellungen sei die Ausübung eines einseitigen Preisbestimmungsrechts dahin erfolgt, dass ein Nettopreis verlangt werde, verstößt gegen den höchstrichterlich anerkannten Auslegungsgrundsatz, dass ein Nettoentgelt nur dann anzunehmen ist, wenn dies ausdrücklich oder wenigstens mit hinreichender Deutlichkeit den maßgeblichen Erklärungen der Vertragsparteien zu entnehmen ist. Aus den Angaben in den gestellten Rechnungen ergibt sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts gerade nicht, dass der von der Beklagten jeweils verlangte Preis die Umsatzsteuer als von den Versicherungsnehmern der Klägerin in zivilrechtlicher Hinsicht selbständig zu entrichtenden Preisbestandteil ausweist.
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- Zwar ist dort für jedes einzelne Medikament ein "Einzelpreis" und ein "Gesamtpreis" aufgeführt sowie unter der Rubrik "MWSt" ein Umsatzsteueranteil in Höhe eines Steuersatzes von 19 % angegeben. Der "Einzelpreis" ist in den Fällen, in denen nur eine Medikamenteneinheit abgerechnet wurde, unter der Rubrik "Menge" mit dem Faktor "1" versehen und damit identisch mit deren Nettopreis. Werden mehrere Einheiten (in der Rubrik "Menge" aufgeführt) in Rechnung gestellt, gibt der "Einzelpreis" den Nettopreis für eine Einheit wieder. Aus der an dieser Stelle allein interessierenden zivilrechtlichen Sicht ist daher der Sache nach, anders als die Revision meint, die tatrichterliche Bewertung des Berufungsgerichts - eine bindende tatsächliche Feststellung (vgl. hierzu Zöller/Feskorn, ZPO, 32. Aufl., § 314 Rn. 3) liegt entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung nicht vor -, dass die Rechnungen auch Nettobeträge enthalten , nicht zu beanstanden. Anderes gilt allerdings - dazu unter II 2 a aa (3) - in umsatzsteuerrechtlicher Hinsicht; insoweit hat das Berufungsgericht ohne Rücksicht auf die deutlich formaleren Anforderungen des Umsatzsteuerrechts das Vorliegen von "Rechnungen iSv § 14 UStG" bejaht. Die vom Berufungsgericht unzutreffend bewerteten steuerrechtlichen Anforderungen stellen jedoch dessen Bewertung, dass sich den Rechnungen auch Nettopreise entnehmen lassen, nicht in Frage.
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- Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung kann aus dem Umstand , dass sich den Rechnungen aufgrund der Angabe der Einzelpreise letztlich auch die einzelnen Nettobeträge entnehmen lassen, nicht abgeleitet werden , dass es sich deswegen um "Nettoentgeltabreden" handele (eingehend hierzu Senatsurteil vom heutigen Tag - VIII ZR 115/18, unter II 1 c bb (2), zur Veröffentlichung bestimmt). Die Ausweisung eines "Einzelpreises", des Gesamtbetrags und des Umsatzsteuersatzes sowie die Angabe der im verlangten Rechnungsbetrag enthaltenen Umsatzsteuer lassen nicht den belastbaren Schluss zu, dass damit in zivilrechtlicher Hinsicht allein die Nettobeträge endgültig und der Umsatzsteueranteil nur im Falle des Bestehens einer Umsatzsteuerpflicht geschuldet sein sollten. Denn solche Angaben können auch allein deswegen erfolgt sein, um - wozu die Beklagte nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG befugt, wenn auch nicht verpflichtet war - eine Rechnung mit den in § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 7 und 8 UStG erforderlichen Angaben zu erstellen (Senatsur- teil vom heutigen Tag - VIII ZR 115/18), was der Beklagten allerdings - wie noch näher dazulegen sein wird - nicht vollständig gelungen ist.
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- (b) Die Auslegung des Berufungsgerichts, dass ein Nettopreis geschuldet ist und somit die zu Unrecht angesetzte Umsatzsteuer ohne weiteres nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB aus übergegangenem Recht (§ 86 Abs. 1 Satz 1, § 194 Abs. 2 VVG) an die Klägerin zurückzugewähren ist, kann folglich keinen Bestand haben. Vielmehr ist entsprechend dem von der höchstrichterlichen Rechtsprechung geprägten Grundsatz, dass regelmäßig von einem Bruttopreis auszugehen ist, auch vorliegend eine Bruttopreisvereinbarung anzunehmen , die - wie bereits ausgeführt - spätestens mit Übersendung der Rechnung und vorbehaltloser Zahlung der verlangten Beträge (stillschweigend) gemäß § 151 BGB zustande gekommen ist (vgl. hierzu Senatsurteile vom heutigen Tag - VIII ZR 7/18, unter II 1 c und VIII ZR 115/18, unter II 1 c; jeweils zur Veröffentlichung bestimmt). Da auch insoweit weitere Feststellungen nicht in Betracht kommen, kann der Senat diese Auslegung der Erklärungen der Vertragsparteien selbst vornehmen. Die in den verlangten Beträgen enthaltene Umsatzsteuer war damit als unselbständiger Bestandteil der Vergütung geschuldet.
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- 2. Aus den getroffenen Bruttopreisabreden folgt - anders als dies bei einer in den Grenzen der Billigkeit bindenden (Brutto-)Preisbestimmung der Beklagten nach § 316 BGB der Fall wäre - nicht, dass es der Klägerin aus übergegangenem Recht gänzlich verwehrt wäre, die auf die zu Unrecht angesetzten Umsatzsteueranteile entfallenden Beträge teilweise wegen ungerechtfertigter Bereicherung zurückzufordern. Vielmehr stehen der Klägerin gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1, § 194 Abs. 2 VVG auf sie übergegangene Rückzahlungsansprüche ihrer Versicherungsnehmer aus § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BGB aufgrund einer ergänzenden Vertragsauslegung (§ 157 BGB) der zwischen den Versicherungsnehmern der Klägerin und der Beklagten geschlossenen Verträge zu. Denn diese Vereinbarungen sind ergänzend dahin auszulegen, dass die Versicherungsnehmer der Klägerin nicht verpflichtet sein sollen, den in der vereinbarten Vergütung eingeschlossenen unselbständigen Umsatzsteueranteil auch dann zu tragen, wenn und sobald für die Beklagte die Möglichkeit besteht, ihrerseits einen Rückerstattungsanspruch betreffend die von ihr abgeführte Umsatzsteuer gegen das Finanzamt geltend zu machen.
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- a) Die Voraussetzungen einer ergänzenden Vertragsauslegung (§ 157 BGB) liegen vor. Der Senat kann die gebotene ergänzende Vertragsauslegung, die in ers48 ter Linie dem Tatrichter obliegt, selbst vornehmen, weil weitere tatsächliche Feststellungen nicht notwendig sind und es auch keiner Ermittlung von Erfahrungswissen oder Verkehrssitten bedarf (vgl. BGH, Urteile vom 25. November 2004 - I ZR 49/02, NJW-RR 2005, 687 unter A I 2 c; vom 18. Februar 2000 - V ZR 334/98, NJW-RR 2000, 894 unter II 3; jeweils mwN). Die Verträge zwischen den Versicherungsnehmern der Klägerin und der
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- Beklagten weisen - was das Berufungsgericht angesichts seiner unzutreffenden Annahme von Nettopreisabreden übersehen hat - infolge ihrer nicht bedachten Unvollständigkeit eine planwidrige Regelungslücke auf, die auch nicht durch das dispositive Recht geschlossen werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 11. Januar 2012 - XII ZR 40/10, NJW 2012, 844 Rn. 24 mwN; vom 4. März 2004 - III ZR 96/03, BGHZ 158, 201, 206 f.; Palandt/Ellenberger, BGB, 78. Aufl., § 157 Rn. 6 mwN). Denn die getroffenen Preisvereinbarungen lassen eine Bestimmung vermissen, die erforderlich ist, um den den geschlossenen Verträgen jeweils zu Grunde liegenden Regelungsplan der Vertragsparteien zu verwirkli- chen, so dass ohne die Vervollständigung der Abreden eine angemessene, interessengerechte Lösung nicht zu erzielen ist (vgl. BGH, Urteile vom 3. Dezember 2014 - VIII ZR 370/13, NJW 2015, 1167 Rn. 24 mwN; vom 11. Januar 2012 - XII ZR 40/10, aaO mwN). Die planwidrige Regelungslücke besteht darin, dass die Vertragsparteien
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- entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts weder ausdrücklich noch konkludent bestimmt haben, wie ihre jeweilige Preisabrede vor dem Hintergrund der ihnen nicht bekannten, zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses von ihnen fehlerhaft beurteilten umsatzsteuerlichen Rechtslage sowie der daran anknüpfenden rechtstatsächlichen Entwicklungen ausgestaltet sein sollte (dazu unter aa). Der Annahme einer ausfüllungsbedürftigen Regelungslücke steht nicht entgegen , dass die getroffenen Preisvereinbarungen als Bruttopreisabreden einzuordnen sind (dazu unter bb). aa) Die Versicherungsnehmer der Klägerin und die Beklagte gingen - wie
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- die Finanzbehörden und die maßgeblichen Verkehrskreise - zum Zeitpunkt der jeweiligen Vertragsschlüsse von einer materiellen Umsatzsteuerpflicht in Bezug auf die streitgegenständlichen Zytostatikalieferungen aus. Hieran zu zweifeln, bestand für die Vertragsparteien kein begründeter Anlass. Auch das Berufungsgericht hat keine gegenteiligen Feststellungen getroffen; insoweit übergangenen Sachvortrag zeigen weder die Revision noch die Revisionserwiderung auf. Vor dem Hintergrund dieser unzutreffenden Annahme einer bei Ver52 tragsabschluss bestehenden materiell-rechtlichen Umsatzsteuerpflicht der Beklagten haben die Vertragsparteien sich darauf beschränkt, den Inhalt der jeweils vertraglich begründeten Zahlungsverpflichtung der Versicherungsnehmer der Klägerin (§ 651 Satz 1 BGB aF, § 433 Abs. 2 BGB) allein dahin zu regeln, dass diese auch den - nach ihren Vorstellungen - auf den Umsatz der Beklagten entfallenden Umsatzsteueranteil tragen und damit in wirtschaftlicher Hinsicht die entsprechende Steuerlast (§ 13a Abs. 1 Nr. 1, § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1, § 2 Abs. 1 UStG) der Beklagten übernehmen sollten. Dagegen haben sie keine Regelung darüber getroffen, wie mit dem von den Versicherungsnehmern der Klägerin übernommenen Umsatzsteueranteil für den von den Vertragsparteien nicht bedachten und ihren Vorstellungen zuwiderlaufenden Fall zu verfahren ist, dass die ausgeführten Geschäfte bereits bei Vertragsschluss materiell-rechtlich nicht der Umsatzsteuerpflicht unterlagen (§ 4 Nr. 14 Buchst. b UStG) und die Finanzverwaltung in Anerkennung dieses Umstands später ihre steuerrechtliche Handhabung änderte und hierdurch der Beklagten die Möglichkeit eröffnete, ohne Beschreiten des Finanzrechtswegs eigene Rückerstattungsansprüche in Bezug auf die abgeführte Umsatzsteuer gegenüber dem Finanzamt erfolgreich geltend zu machen. (1) Anders als die Vertragsparteien bei dem Abschluss ihrer Vereinba53 rungen meinten, bestand für die Beklagte bezüglich der vereinbarten Herstellung und Lieferung von Zytostatika materiell-rechtlich keine Umsatzsteuerpflicht. Dies ergibt sich aus dem nach Durchführung der getätigten Rechtsgeschäfte ergangenen Urteil des Bundesfinanzhofs vom 24. September 2014 (V R 19/11, BFHE 247, 369), wonach die Verabreichung von individuell für den einzelnen Patienten in einer Krankenhausapotheke im Rahmen einer ambulant in einem Krankenhaus durchgeführten ärztlichen Heilbehandlung hergestellten Zytostatika entgegen den Regelungen in Abschn. 100 Abs. 3 Nr. 4 UmsatzsteuerRichtlinien 2005 (UStR 2005) und Abschn. 4.14.6 Abs. 3 Nr. 3, 4 UmsatzsteuerAnwendungserlass (UStAE) in der Fassung vom 1. Oktober 2010 (BStBl I S. 846; im Folgenden: UStAE aF) als ein mit der ärztlichen Heilbehandlung eng verbundener Umsatz gemäß § 4 Nr. 16 Buchst. b UStG aF (entsprechend § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG nF) steuerfrei ist.
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- (2) Bei Abschluss und Durchführung der mit dem Versicherungsnehmer der Klägerin getroffenen Vereinbarungen unterlag die Beklagte jedoch faktisch einer Verpflichtung zur Abführung der Umsatzsteuer, weil die Finanzbehörden und die maßgeblichen Verkehrskreise (vgl. Abschn. 100 Abs. 3 Nr. 4 UStR 2005 und Abschn. 4.14.6 Abs. 3 Nr. 3, 4 UStAE aF) von einer materiellrechtlichen Umsatzsteuerpflicht ausgingen (vgl. zu der Maßgeblichkeit auch dieser faktischen Umsatzsteuerpflicht im Vertragsverhältnis zwischen steuerpflichtigem Unternehmer und Leistungsempfänger BSG, NZS 2010, 154 Rn. 17 ff.). Dies änderte sich erst mit dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 28. September 2016 (Az. III C 3 - S 7170/11/10004, UR 2016, 891), mit dem dieses unter entsprechender Änderung des UmsatzsteuerAnwendungserlasses klarstellte, dass der Entscheidung des Bundesfinanzhofs in der Finanzverwaltung gefolgt werde und die Grundsätze dieses Urteils auch im Hinblick auf andere Arzneimittel, die wie Zytostatika patientenindividuell hergestellt würden, Anwendung fänden. Zudem führte das Bundesministerium der Finanzen in dem genannten Schreiben aus, dass der Unternehmer, der sich für einen bereits getätigten Umsatz auf die Grundsätze des Urteils des Bundesfinanzhofs berufe und davon abweichend in einer Rechnung Umsatzsteuer ausgewiesen habe, zwar diese nach § 14c Abs. 1 UStG schulde (vgl. zur Anwendbarkeit von § 14c Abs. 1 UStG auf Fälle des gesonderten Steuerausweises bei Umsatzsteuerfreiheit: BFHE 261, 451 Rn. 36 mwN [zu § 14 Abs. 2 UStG 1993/1999]; Abschn. 14c.1. Abs. 1 Satz 4 Alt. 1 und Satz 5 Nr. 3 UStAE), die Rechnung aber bei Behandlung des Umsatzes als steuerfrei gemäß § 31 Abs. 5 Satz 1 Buchst. b Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) berichtigen könne. (3) Die Krankenhäuser, die in der Vergangenheit für die Lieferung der
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- hier in Rede stehenden Zytostatika Umsatzsteuer abgeführt hatten, waren damit erstmals - ohne auf eine finanzgerichtliche Durchsetzung ihrer Ansprüche angewiesen zu sein - in die Lage versetzt, entweder entsprechend dem durch das Bundesministerium der Finanzen ausdrücklich gestatteten Vorgehen die gemäß § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG im Wege des gesonderten Steuerausweises ausgestellten Rechnungen gemäß § 14c Abs. 1 Satz 2, § 14 Abs. 6 Nr. 5 UStG in Verbindung mit § 31 Abs. 5 Satz 1 Buchst. b UStDV zu berichtigen oder (insoweit in dem genannten Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen nicht ausdrücklich angesprochen) in den Fällen der Abführung der Umsatzsteuer ohne einen - eine Rechnungskorrektur nach § 14c Abs. 1 Satz 2 UStG bedingenden - gesonderten Steuerausweis in den an die Patienten gerichteten Rechnungen geänderte Steueranmeldungen (§ 18 Abs. 3 UStG iVm § 150 Abs. 1 Satz 3, § 168 Satz 1, § 164 Abs. 2 Satz 1 AO) rückwirkend für die vergangenen Besteuerungszeiträume einzureichen, in denen die entsprechenden Verträge geschlossen worden waren. Die letztgenannte Fallgestaltung (kein gesonderter Ausweis der Umsatzsteuer) liegt hier entgegen der Annahme des Berufungsgerichts vor, wie im weiteren Verlauf noch näher auszuführen sein wird. Damit war auch die bei Vertragsschluss zunächst noch faktisch bestehende Umsatzsteuerpflicht der Beklagten entfallen und für sie die Möglichkeit eröffnet , die zunächst abgeführten Umsatzsteuerbeträge von dem Finanzamt sicher zurückzuerlangen. In umsatzsteuerrechtlicher Hinsicht wäre als Pflichtangabe einer Rech56 nung (§ 14 Abs. 1 Satz 1 UStG) gemäß § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 7 UStG (sowie als Voraussetzung eines gesonderten Steuerausweises im Sinne des § 14c UStG) eine - vorliegend nicht erfolgte - ausdrückliche Mitteilung des (Netto-) Entgelts im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG (BFHE 255, 340 Rn. 27; BFH/NV 2015 Rn. 16; BFHE 233, 94 Rn. 25) in Form eines Gesamtbetrags erforderlich gewesen. Denn das Entgelt als umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage (vgl. BFHE 193, 156, 158 mwN; BeckOK-UStG/Weymüller, Stand 15. Januar 2019, § 14 Rn. 390 f.) des - hier ebenfalls nur als Gesamtbetrag nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8 UStG ausgewiesenen - Umsatzsteuerbetrags muss sich aus der Rechnung "auf den ersten Blick" ergeben. Es genügt daher für eine Rechnung mit gesondertem Steuerausweis nicht, wenn das Gesamtnettoentgelt lediglich aufgrund der enthaltenen übrigen Angaben - hier durch das "Herausrechnen" der (Gesamt-)Umsatzsteuer aus dem Bruttorechnungsbetrag oder durch Addition der Einzelentgelte (ihrerseits zuvor multipliziert mit dem jeweils angegebenen Faktor) - errechnet werden kann (BFHE 193, 156, 160 mwN). (4) Der beschriebenen Rückerlangungsmöglichkeit steht auch nicht etwa
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- im konkreten Fall eine Bestandskraft der Steueranmeldungen der Jahre 2012 und 2013 der Beklagten entgegen. Denn nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist eine Bestandskraft der Steueranmeldungen (§ 168 AO) mit der Folge, dass die Beklagte nicht mehr gegen diese vorgehen könnte, nicht eingetreten; sei es - was allerdings durch das Berufungsgericht nicht festgestellt worden ist -, weil ein Vorbehalt iSd § 168 Satz 1, § 164 Abs. 1, Abs. 2 AO weiterhin wirksam, sei es, weil über einen etwaig fristgemäß (§ 355 Abs. 1 Satz 2 AO) eingelegten Einspruch der Beklagten gemäß § 347 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 AO bislang nicht entschieden worden ist. (5) Aufgrund der beschriebenen nachträglich erfolgten Entwicklungen
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- erweist sich das ursprünglich mit den getroffenen Preisvereinbarungen verfolgte Regelungsvorhaben als planwidrig unvollständig. Denn in Anbetracht der einvernehmlich angenommenen Umsatzsteuerpflicht lag ihnen die Vorstellung der Vertragsparteien zugrunde, dass die Beklagte den Umsatzsteueranteil in den vereinbarten Preisen allein zu dem Zweck erhalten (und im Verhältnis zu den Versicherungsnehmern der Klägerin - gegebenenfalls nach einem erfolgten Vorsteuerabzug - einbehalten) sollte, ihre Umsatzsteuerpflicht auf deren Kosten zu erfüllen. Da es der Beklagten aber nunmehr freisteht, die Umsätze aus den geschlossenen Verträgen gegenüber dem Finanzamt nachträglich ohne Beschreiten des Rechtswegs als steuerfrei zu behandeln, ist der (vollständige) Verbleib des auf den angesetzten Regelsteuersatz entfallenden Betrages bei der Beklagten ab dem Zeitpunkt des Bestehens dieser Möglichkeit nicht mehr von dem ursprünglich bestehenden Willen der Vertragsparteien gedeckt. Bliebe es unverändert bei den Preisvereinbarungen der Vertragsparteien, würde dies die Versicherungsnehmer der Klägerin ohne erkennbaren Grund zugunsten der Beklagten einseitig benachteiligen. Dies wäre unbillig und entspräche auch nicht dem objektiv zu ermittelnden hypothetischen Parteiwillen (dazu unter b). bb) Der Annahme einer planwidrigen Unvollständigkeit der streitgegen59 ständlichen Preisvereinbarungen steht auch nicht deren Einordnung als Bruttopreisabreden entgegen. Allein aus dem Umstand, dass die Vertragsparteien entgegen der Annahme des Berufungsgerichts jeweils keine Nettopreisabrede getroffen, sondern einen Preis vereinbart haben, der die Umsatzsteuer als unselbständigen Preisbestandteil mitumfassen sollte, kann nicht ohne weiteres geschlossen werden, dass diese Vereinbarungen in jeder Hinsicht abschließend und damit einer ergänzenden Vertragsauslegung nicht zugänglich wären, weil in sämtlichen Fällen einer solchen Vereinbarung beide Vertragsparteien das Risiko eines Irrtums über das Bestehen und die Höhe der Umsatzsteuerpflicht selbst tragen würden (so aber etwa BSG, NZS 2010, 154 Rn. 16; BSGE 101, 137 Rn. 12; BSG, NJOZ 2009, 1914 Rn. 19, 25). Eine solche Auffassung widerspricht dem allgemeinen zivilrechtlichen Grundsatz, dass es von dem im Wege der Auslegung unter Heranziehung aller Umstände des Einzelfalls zu ermittelnden wirklichen Willen der Vertragsparteien (§§ 133, 157 BGB) abhängt, ob und inwieweit die getroffenen Preisvereinbarungen abschließend sein sollten.
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- Da die Vertragsparteien bei ihren Preisvereinbarungen - wie auch die Finanzverwaltung und die maßgeblichen Verkehrskreise - übereinstimmend von dem Bestehen einer Umsatzsteuerpflicht ausgegangen sind, haben sie den Fall nicht für regelungsbedürftig gehalten, dass die getätigten Geschäfte bereits bei Vertragsabschluss umsatzsteuerfrei gewesen sind und die Finanzbehörden später auch ohne Beschreiten des Rechtswegs eine Rückforderungsmöglichkeit bezüglich der abgeführten Umsatzsteuer einräumen würden. In Anbetracht dieser besonderen Umstände kann nicht angenommen werden, die Vertragsparteien hätten eine abschließende Vereinbarung des Inhalts getroffen, dass es in jedem Fall bei dem vereinbarten Preis bleiben und die Versicherungsnehmer der Klägerin damit das Risiko tragen müssten, mehr zu zahlen, als erforderlich sein würde, um eine Umsatzsteuerpflicht der Beklagten aus den abgeschlossenen Verträgen zu erfüllen.
b) Die demnach eröffnete ergänzende Vertragsauslegung (§ 157 BGB)
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- führt vorliegend dazu, dass der Klägerin aus übergegangenem Recht ihrer Versicherungsnehmer nach § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BGB ein Erstattungsanspruch in Höhe der Differenz zwischen dem tatsächlich entrichteten und dem - bei anfänglicher Berücksichtigung der nachträglich eingetretenen steuerrechtlichen Entwicklungen - hypothetisch zwischen den Vertragsparteien vereinbarten Preis zusteht. Diese Differenz entspricht jeweils der durch die Versicherungsnehmer der Klägerin auf die gestellten Rechnungen geleisteten Umsatzsteuer , soweit diese auf solche Umsätze entfiel, für die eine entsprechende materiell -rechtliche Umsatzsteuerpflicht der Beklagten gemäß § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG zu keiner Zeit bestand, abzüglich der gegebenenfalls von der Beklagten in Bezug auf die umsatzsteuerfreien Umsätze anteilig in Abzug gebrachten Vorsteuer.
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- aa) Grundlage für die Ergänzung des Vertragsinhalts ist der hypothetische Wille der Vertragsparteien, wobei darauf abzustellen ist, was diese bei angemessener Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben redlicherweise im Zeitpunkt des Vertragsschlusses vereinbart hätten, wenn sie den nicht geregelten Fall bedacht hätten (BGH, Urteile vom 24. Januar 2008 - III ZR 79/07, NJW-RR 2008, 562 Rn. 15; vom 1. Juni 2005 - VIII ZR 234/04, NJW-RR 2005, 1421 unter II 2 b; vom 17. Mai 2004 - II ZR 261/01, NJW 2004, 2449 unter I 2; jeweils mwN). Dabei ist zunächst an den Vertrag selbst anzuknüpfen, dessen Regelungen und Wertungen sowie Sinn und Zweck Ausgangspunkt der Vertragsergänzung sind (BGH, Urteile vom 1. Juni 2005 - VIII ZR 234/04, aaO; vom 12. Februar 1988 - V ZR 8/87, NJW 1988, 2099 unter II 2; jeweils mwN). Die Regelungslücke ist hiernach im Wege einer ergänzenden Vertrags63 auslegung gemäß § 157 BGB in der Weise zu schließen, dass der jeweils geschlossene Vertrag insoweit nicht mehr als Rechtsgrund für einen der Höhe nach der entrichteten Umsatzsteuer entsprechenden Betrag dienen soll, als die Beklagte ihrerseits ohne das Beschreiten des Finanzrechtswegs nunmehr in der Lage ist, einen eigenen Rückzahlungsanspruch gegen das Finanzamt in Bezug auf die durch sie ohne materielle Rechtspflicht abgeführte Umsatzsteuer, also hinsichtlich des um einen etwaigen Vorsteuerabzug verminderten, zu Unrecht durch das Finanzamt vereinnahmten Steueranteils, erfolgreich geltend zu machen. (1) Mit Blick auf den Regelungsplan der jeweiligen Preisvereinbarung un64 ter Berücksichtigung von Treu und Glauben (§ 242 BGB) und der Verkehrssitte führt allein dieses Ergebnis zu einem angemessenen Interessenausgleich zwischen den Vertragsparteien. Unter den gegebenen Umständen entspricht es dem berechtigten Interesse der Versicherungsnehmer der Klägerin, eine an die Beklagte zum Zweck der Begleichung ihrer letztlich lediglich faktischen Um- satzsteuerpflicht erbrachte Vermögenszuwendung nur solange bei dieser zu belassen, wie sie diese zur Erfüllung ihrer vermeintlichen Steuerschuld auch fortdauernd "einsetzen" muss. Zugleich entspricht es auch dem hypothetischen Willen der Beklagten, die Versicherungsnehmer der Klägerin als ihre Vertragspartner nicht dauerhaft mit Zahlungspflichten zu belasten, wenn und soweit sie die abgeführte Umsatzsteuer vom Finanzamt zurückerlangen kann. (2) Der Annahme eines solchen hypothetischen Willens sowohl der Ver65 sicherungsnehmer der Klägerin als auch der Beklagten stehen auch nicht die von der Revision in anderem Zusammenhang vorgebrachten Einwände gegen die Zumutbarkeit einer umsatzsteuerrechtlichen Korrektur der getätigten Umsätze entgegen. (a) Dies gilt insbesondere für den von der Revision in anderem Zusam66 menhang vorgebrachten Einwand des mit einer Rückforderung der abgeführten Umsatzsteuer durch die Beklagte einhergehenden drohenden Verlustes der von dieser gegebenenfalls angemeldeten, auf die Verträge anteilig entfallenden Vorsteuerabzüge im Sinne des § 15 Abs. 1 UStG betreffend die Einkäufe von zur Herstellung der Zytostatika benötigten Grundstoffen. Denn der drohende Verlust der etwaig angemeldeten Vorsteuerabzüge betrifft nicht die Frage, ob eine ergänzende Vertragsauslegung vorzunehmen ist, sondern allein deren Inhalt , also die Frage, in welchem Umfang der Rechtsgrund für die jeweiligen Zahlungen des Versicherungsnehmers der Klägerin nach dem hypothetischen Willen der Vertragsparteien entfallen sollte. (b) Soweit die Revision weiter - wiederum in anderem Zusammenhang -
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- geltend macht, eine Rückerlangung der abgeführten Umsatzsteuer von dem Finanzamt sei für die Beklagte mit unzumutbar großen Mühen und Aufwendungen verbunden, steht dies der beschriebenen ergänzenden Vertragsauslegung (Wegfall des Rechtsgrunds bezüglich eines Betrags, der der entrichteten, materiell -rechtlich von der Beklagten aber nicht geschuldeten Umsatzsteuer entspricht , abzüglich des etwaig erfolgten Vorsteuerabzugs) ebenfalls nicht entgegen. (aa) Zunächst ist auch unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben
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- nicht zu erkennen, weshalb die Beklagte (ebenso wenig wie die Versicherungsnehmer der Klägerin) gänzlich frei von jeglichen Belastungen bleiben sollte, wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass die vertragliche Regelung allein zu Ungunsten ihres Vertragspartners lückenhaft geblieben ist. Soweit die Revision allein mit Blick auf solche Belastungen im Zusammenhang mit der Wiedererlangung der als Steuer von der Beklagten an das Finanzamt abgeführten Beträge zu dem Ergebnis gelangt, dass ein auf die Klägerin übergegangener Rückzahlungsanspruch ihrer Versicherungsnehmer im Ganzen nicht bestehen könne, stellt sie einseitig auf die Belange der Beklagten und nicht - wie geboten - darauf ab, was die Vertragsparteien bei angemessener Abwägung der beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien im Zeitpunkt des Vertragsschlusses vereinbart hätten, wenn sie den nicht geregelten Fall bedacht hätten. (bb) Der Beklagten ist insbesondere - was auch das Berufungsgericht im
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- Ergebnis zutreffend erkannt hat, von der Revision aber in anderem Zusammenhang in Zweifel gezogen wird - die Rückzahlung an die Klägerin auch nicht etwa deswegen unzumutbar, weil sie einen erheblichen Aufwand betreiben müsste, um ihrerseits die einmal abgeführte Umsatzsteuer von dem Finanzamt zurückzuerlangen. Ein solcher unzumutbarer (Verwaltungs-)Aufwand ist den weitgehend pauschal gehaltenen, ohnehin nicht auf entsprechenden Vortrag in den Tatsacheninstanzen gestützten Ausführungen der Revision zu dem "enorme[n]" personellen und materiellen Aufwand einer entsprechenden Korrektur nicht zu entnehmen und für den Senat auch sonst nicht ersichtlich. (aaa) Die Beklagte, die wie oben ausgeführt, mangels erforderlicher An70 gaben im Sinne des § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 7, 8 UStG keine Rechnungen im Sinne der §§ 14, 14c Abs. 1 UStG ausgestellt hat, hat daher auch eine Umsatzsteuerpflicht nicht durch einen gesonderten Steuerausweis gemäß § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG begründet (vgl. Abschn. 14c.1. Abs. 1 Satz 3 UStAE; vgl. zu dem gesonderten Steuerausweis bei § 14c Abs. 2 UStG: BFHE 255, 340 Rn. 32 f. mwN; bei § 14c Abs. 2 UStG 1999/2005: BFHE 233, 94 Rn. 25 f.). Damit ist ihr ein Vorgehen zur Erlangung eines Erstattungsanspruchs gegenüber dem Finanzamt im Wege der Rechnungskorrektur gemäß § 14c Abs. 1 Satz 2, § 14 Abs. 6 Nr. 5 UStG in Verbindung mit § 31 Abs. 5 Satz 1 Buchst. b UStDV verwehrt. Sie kann die abgeführte Umsatzsteuer jedoch zurückerlangen, indem sie
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- in Bezug auf die geschlossenen Verträge entweder vor dem Hintergrund eines noch wirksamen Vorbehalts der Steuerfestsetzung (§ 18 Abs. 3 UStG iVm § 150 Abs. 1 Satz 3, § 168 Satz 1, § 164 Abs. 2 Satz 1 AO) oder im Zuge eines gegebenenfalls noch laufenden Einspruchsverfahrens (§ 347 AO) geänderte Steueranmeldungen für die Jahre 2012 und 2013 einreicht. In beiden Fällen würde sie die betreffenden Ausgangsumsätze durch Streichung der jeweils als eingenommen angemeldeten Umsatzsteuer korrigieren. Mit diesem Vorgehen würde die Beklagte - jedenfalls anteilig - einen im Sinne des § 218 Abs. 1 Satz 1 und 2 AO durchsetzbaren Rückzahlungsanspruch gegen das Finanzamt gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 AO erlangen. Dafür, dass der Aufwand für die Angabe der jeweiligen Rechnungsnum72 mer und des Rechnungsbetrags der an die Versicherungsnehmer der Klägerin gestellten Rechnungen sowie die Bestimmung der etwaig umsatzsteuerfreien Positionen und das Herausrechnen der in Bezug auf die jeweilige Rechnung tatsächlich abgeführten Steuer - sofern eine Differenzierung zwischen umsatzsteuerfreien und etwaigen umsatzsteuerpflichtigen Positionen überhaupt in Betracht kommt - für die Beklagte so groß wäre, dass es gerechtfertigt erschiene, an dem durch Zahlung der Versicherungsnehmer der Klägerin eingetretenen Zustand dauerhaft festzuhalten und diesen eine Rückzahlung gänzlich vorzuenthalten , bestehen keine tragfähigen Anhaltspunkte. Die Revision macht zwar geltend, die Beklagte müsste manuell die betreffenden Rechnungen zunächst identifizieren und anschließend für sämtliche betroffenen Rechnungen den zur Rückforderung vom Finanzamt erforderlichen Verwaltungsaufwand betreiben, was die Einstellung und Einarbeitung neuer Mitarbeiter notwendig machte. Entsprechenden Sachvortrag in den Tatsacheninstanzen vermag sie insoweit jedoch nicht aufzuzeigen. (bbb) Im Anschluss an das beschriebene Vorgehen würde das Finanz73 amt im Hinblick auf den dann rückwirkend ausgeschlossenen, im damaligen Besteuerungszeitraum gegebenenfalls vorgenommenen Vorsteuerabzug (§ 15 Abs. 1 UStG) von Amts wegen tätig werden und die Beklagte dann auch daran mitwirken müssen, die von ihr nunmehr den einzelnen Verträgen zuzuordnenden Eingangsumsätze zu korrigieren. Denn die von der Beklagten aufgewendete Umsatzsteuer für die unter anderem auch zur Erfüllung der geschlossenen Verträge getätigten umsatzsteuerpflichtigen Aufwendungen (etwa beim Einkauf der zur Herstellung der Zytostatika erforderlichen Grundstoffe) bliebe infolge der rückwirkenden Behandlung der mit den Versicherungsnehmern der Klägerin getätigten Geschäfte als - ganz oder zumindest teilweise - umsatzsteuerfrei im Hinblick auf § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG nicht mehr vollständig gemäß § 15 Abs. 1 UStG dem Vorsteuerabzug unterworfen. Vielmehr wäre nun dem Umstand Rechnung zu tragen, dass der etwaige Vorsteuerabzug bei richtiger um- satzsteuerrechtlicher Behandlung der Geschäfte zwischen der Beklagten und den Versicherungsnehmern der Klägerin entsprechend § 15 Abs. 4 Satz 1 UStG (gemischte steuerfreie und steuerpflichtige Verwendung von gelieferten Gegenständen) von Anfang an nur gekürzt um diejenige anteilige Vorsteuer in Betracht gekommen wäre, die auf die Aufwendungen für die Lieferung von Zytostatika an die Versicherungsnehmer der Klägerin entfiel. Ein nicht mehr zumutbarer Aufwand für die Beklagte ist aber auch in die74 ser Mitwirkung bei der Rückgängigmachung der Vorsteuerabzüge nicht zu erkennen. Denn der Beklagten steht im Hinblick auf die für den einzelnen Vertrag etwaig anteilig in Abzug gebrachte Vorsteuer der Weg der sachgerechten Schätzung gemäß § 15 Abs. 4 Satz 2 UStG offen. Aus den im Verfahren vorgelegten Rezepten und Rechnungen ist für die Beklagte auch heute noch erkennbar , welche Medikamente sie jeweils in welcher Menge abgegeben hatte. (ccc) Ein übermäßiger und damit unzumutbarer Aufwand des Vorgehens
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- gegen das Finanzamt ergibt sich entgegen der Auffassung der Revision auch nicht aus anderen Gründen. Die Revision sieht insbesondere deswegen einen "enormen personellen
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- und materiellen Aufwand" auf die Beklagte zukommen, weil sie der Ansicht ist, das Vorgehen gegen das Finanzamt nicht auf einzelne Umsätze beschränken zu können, sondern in diesem Fall zu einer Berichtigung aller Rechnungen verpflichtet zu sein, gleich ob die Patienten privat oder gesetzlich krankenversichert seien. Für die Rückforderung der Umsatzsteuer würde mithin ein "Allesoder -Nichts"-Prinzip gelten, wonach die Beklagte nur einheitlich vorgehen könne , wobei sie dann für sämtliche in der Vergangenheit gestellte Rechnungen einheitlich vorgehen müsste.
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- Eine materiell-steuerrechtliche Vorschrift, die ein solches "Alles-oderNichts" -Prinzip für die rückwirkende Korrektur der Jahressteuerklärungen der Beklagten nach Maßgabe der tatsächlichen Rechtslage vorgibt, ist jedoch nicht ersichtlich. Insbesondere steht einem selektiven Vorgehen der Beklagten bei der Korrektur der Umsatzsteueranmeldungen nicht der sich aus Art. 3 Abs. 1 GG ergebende Grundsatz der Steuergerechtigkeit in seiner Ausprägung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung (vgl. Klein/Gersch, AO, 14. Auflage, § 3 Rn. 12) entgegen. Denn auch ein etwaig bestehendes Wahlrecht, nur einzelne, sämtliche oder keine Umsätze nachträglich im Verhältnis zu dem Finanzamt als umsatzsteuerfrei zu behandeln, stünde sämtlichen Umsatzsteuerpflichtigen, also allen beteiligten Krankenhäusern, in gleichgelagerten Fällen in gleicher Weise zu. Allerdings kann entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht
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- ausgeschlossen werden und ist daher im Revisionsverfahren zugunsten der Beklagten zu unterstellen, dass die Finanzbehörden ein solches einheitliches Vorgehen - sei es bezogen auf einzelne Veranlagungszeiträume, sei es insgesamt für die Vergangenheit - dennoch etwa aus Gründen einer praktikablen Handhabung der Rückabwicklung der Umsatzsteuer von den Steuerpflichtigen verlangen. Zwar ist dem Wortlaut des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen aus dem Jahr 2016 für den Bereich des Handelns der Finanzverwaltung ein solches "Alles-oder-Nichts"-Prinzip nicht zu entnehmen. Denn dort heißt es unter anderem: "Wird die Lieferung von Zytostatika als ein […] Umsatz […] steuerfrei behandelt", "Beruft sich der Unternehmer für einen bereits getä- tigten Umsatz auf die Grundsätze des BFH-Urteils […] V R 19/11", "Hat der Unternehmer in einer Rechnung für eine Lieferung einen Steuerbetrag ausgewie- sen […] kann er die Rechnung […] berichtigen" (UR 2016, 891, 892). Dies legt die Möglichkeit eines selektiven Vorgehens durch den betroffenen Unternehmer nahe. Welche Haltung die zuständigen Finanzbehörden einnehmen, ist aber offen. Diese Unwägbarkeiten führen jedoch nicht dazu, dass eine ergänzende
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- Vertragsauslegung auszuscheiden hätte. Denn selbst wenn sich die Beklagte im Hinblick auf die begehrte Rückerstattung der Umsatzsteuer gegenüber ihrem Finanzamt letztlich entscheiden müsste, ob sie sich bezüglich - im Extremfall - sämtlicher gleichgelagerter Verträge der Vergangenheit - soweit verfahrensrechtlich noch möglich - sich neu veranlagen lässt oder ob sie in keinem Fall eine Rückerstattung vom Finanzamt verlangt, ist aufgrund ihres Vortrags für den Senat nicht erkennbar, worin der unzumutbare Aufwand für eine solche vollständige Neuveranlagung für die Vergangenheit bestünde. Die bereits anfänglich ohne eine entsprechende materiell-rechtliche
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- Steuerpflicht abgeführte Umsatzsteuer könnte - nach einer gegebenenfalls notwendigen Unterscheidung zwischen steuerpflichtigen und steuerfreien Umsätzen innerhalb der Rechnungen - vielmehr im Ganzen zurückverlangt und die etwaigen Vorsteuerabzüge betreffend die hierfür durch die Beklagte getätigten umsatzsteuerpflichtigen Aufwendungen könnten im Einklang mit § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG durch das Finanzamt unkompliziert im Ganzen gestrichen werden. Hat die Beklagte zudem sämtliche Rechnungen wie hier ohne einen gesonderten Steuerausweis im Sinne des § 14c Abs. 1 UStG gestellt, würden diese Korrekturen nicht einmal davon abhängen, dass sie den vom Finanzamt verlangten Umsatzsteuerbetrag zuvor jeweils an ihre Vertragspartner zurückgezahlt hätte (so dagegen im Fall des gesonderten Steuerausweises: BFHE 261, 451 Rn. 49 ff.; Abschn. 14c.1. Abs. 5 Satz 4, Beispiel Satz 1 bis 3 UStAE). Ungeachtet dessen ist zumindest nicht auszuschließen, dass die Beklag81 te nicht von sämtlichen privaten Krankenversicherungen ihrer Vertragspartner beziehungsweise von sämtlichen gesetzlichen Krankenversicherungen überhaupt oder mit Erfolg (vgl. insoweit zum Beispiel: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 16. Januar 2018 - L 11 KR 1723/17, juris) in Anspruch genommen worden ist oder noch wird und sie auf diese Weise sogar noch einen Überschuss im Verhältnis zu den an sie gerichteten Rückzahlungsansprüchen erzielt. bb) Die sich im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung sonach erge82 benden Rückzahlungsansprüche der Versicherungsnehmer der Klägerin, die auf diese übergegangen sind, bestehen grundsätzlich nicht in voller Höhe der für den Erwerb von Zytostatika entrichteten Umsatzsteueranteile. Vielmehr ist er nur in Höhe der Differenz zwischen den vertraglich tatsächlich vereinbarten Entgelten und den Preisen gegeben, die die Versicherungsnehmer der Klägerin und die Beklagte zum Zeitpunkt der Vertragsschlüsse als redliche Vertragspartner hypothetisch vereinbart hätten, wenn ihnen die Steuerfreiheit der Umsätze der Beklagten aus den Verträgen über die Herstellung und Lieferung von Zytostatika bekannt gewesen wäre und sie ihrer Willensbildung weiter - als hypothetischen Umstand - zugrunde gelegt hätten, dass auch die Finanzbehörden bereits zum damaligen Zeitpunkt diesbezüglich von einer Umsatzsteuerfreiheit ausgingen. In Höhe dieser Differenz ist der Rechtsgrund für die jeweiligen Zahlungen der Versicherungsnehmer der Klägerin ab dem Zeitpunkt entfallen, in dem die Beklagte im Jahr 2016 schließlich die Möglichkeit erhielt, die abgeführte Umsatzsteuer von ihrem Finanzamt zurückzuerlangen. (1) Der danach maßgebliche hypothetisch vereinbarte Kaufpreis errech83 net sich für den jeweiligen Vertrag in der Weise, dass ein Betrag in Höhe des - auf die gemäß § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG steuerfreien Umsätze entfallenden - Umsatzsteueranteils von dem tatsächlich vereinbarten Kaufpreis abgezogen, dafür jedoch die auf die betreffenden Umsätze etwaig (anteilig) entfallende, von der Beklagten gegebenenfalls gemäß § 15 UStG bei ihrem Finanzamt angemeldete Vorsteuer addiert wird. (a) Die bei der Ermittlung der hypothetisch vereinbarten Preise vorzu84 nehmende Addition einer durch die Beklagte gegebenenfalls angemeldeten Vorsteuer entspricht dem - anknüpfend an die Regelungen und Wertungen der abgeschlossenen Verträge und gemessen an den Geboten von Treu und Glauben zu ermittelnden - hypothetischen Willen der Vertragsparteien. Wäre die Steuerfreiheit der streitgegenständlichen Umsätze gemäß § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG von Anfang an bekannt gewesen, hätte die Beklagte insoweit auch keinen Vorsteuerabzug gegenüber dem Finanzamt vornehmen können und damit die eigenen Umsatzsteueraufwendungen auf den jeweiligen Vertrag - ohne eine vertragliche Weitergabe an die Versicherungsnehmer der Klägerin - im Ergebnis zunächst selbst tragen müssen. (b) Der etwaige Entfall des Vorteils des Vorsteuerabzugs ist jedoch nach
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- dem hypothetischen Parteiwillen nicht endgültig von der Beklagten zu tragen. Denn dem Regelungsplan der jeweiligen Vertragsparteien liegt die Vorstellung zugrunde, dass die Aufwendungen, die die Beklagte für die Herstellung der Zytostatika dauerhaft zu erbringen hat, in voller Höhe an die Versicherungsnehmer der Klägerin weitergegeben werden. Ausgehend hiervon hätten die Vertragsparteien bei einer nicht gegebenen Möglichkeit des Vorsteuerabzugs der Beklagten ihren Preisvereinbarungen (neben etwaigen sonstigen zulässigerweise angesetzten Preisbestandteilen) redlicherweise - sofern dies nicht bereits (wegen unterbliebenen Vorsteuerabzugs) erfolgt sein sollte - auch die für die Medikamentenherstellung getätigten Aufwendungen (insbesondere die bei dem Einkauf der benötigten Grundstoffe und Materialien anfallenden Bruttopreise) zugrunde gelegt.
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- Dass der sich sonach ergebende Rückzahlungsanspruch der Klägerin wegen Schätzungsunwägbarkeiten (§ 15 Abs. 4 Satz 2 UStG) möglicherweise (geringfügig) einen von der Beklagten tatsächlich gegenüber dem Finanzamt realisierbaren Rückforderungsanspruch übersteigen würde, wäre unschädlich. Denn es entspricht nicht dem hypothetischen Willen der Vertragsparteien, den Versicherungsnehmern der Klägerin sämtliche Nachteile der Lückenhaftigkeit der mit der Beklagten getroffenen Preisvereinbarung aufzubürden. Diese haben bereits die Verpflichtung übernommen, der Beklagten auf ungewisse Zeit einen Umsatzsteuerbetrag zuzuwenden, dessen Abführung diese vorliegend materiell -rechtlich zu keinem Zeitpunkt geschuldet hatte. (2) Dagegen wären unter dem Gesichtspunkt eines (noch) angemesse87 nen Interessenausgleichs drohende erhebliche Zinsschulden der Beklagten gegenüber dem Finanzamt zu ihren Gunsten im Rahmen des hypothetischen Parteiwillens zu berücksichtigen. Die Bestimmungen der § 233a Abs. 1, 3 und 5, § 238 AO sehen vor, dass das Finanzamt bei einem rückwirkenden Ausschluss der vorgenommenen anteiligen Vorsteuerabzüge Zinsen in Höhe von jährlich sechs Prozent, beginnend 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres in dem die Steuer entstanden ist (§ 233a Abs. 2 Satz 1 AO), festsetzt. Allerdings drohen der Beklagten daraus in der vorliegenden Konstellation des nicht gesonderten Steuerausweises im Sinne des § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG selbst bei Verlust eines gegebenenfalls vorgenommenen Vorsteuerabzugs solche Nachteile nicht. Denn die Beklagte machte hier mit der geänderten Steueranmeldung
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- - anders als in den Fällen der Rechnungsberichtigung gemäß § 14c Abs. 1 Satz 2, § 14 Abs. 6 Nr. 5 UStG in Verbindung mit § 31 Abs. 5 Satz 1 Buchst. b UStDV - die Umsatzsteuerfreiheit der getätigten Geschäfte nicht im aktuellen Besteuerungszeitraum (§ 14c Abs. 1 Satz 2, § 17 Abs. 1 Satz 7 UStG), sondern rückwirkend für die damaligen Besteuerungszeiträume geltend, so dass sich angesichts des ursprünglichen Ansatzes des Regelsteuersatzes und (gegebenenfalls ) eines Vorsteuerabzugs einerseits und der mit der geänderten Steueranmeldung nunmehr geltend zu machenden Umsatzsteuerfreiheit (mit der Folge des Wegfalls eines etwaig erfolgten Vorsteuerabzugs) andererseits notwendig ein Saldo zugunsten der Beklagten ergeben wird, auf den das Finanzamt dann gemäß § 233a Abs. 1, 3 und 5, § 238 AO Zinsen allein zu Gunsten der Beklagten festsetzen wird. 3. Die Beklagte kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, sie sei auf89 grund der Abführung des jeweiligen Umsatzsteueranteils an das Finanzamt im Sinne des § 818 Abs. 3 BGB entreichert, weil der abgeführte Betrag nicht mehr in ihrem Vermögen vorhanden sei oder weil sie gegen das Finanzamt nur eine Rückforderung in etwas geringerem Umfang als den der Klägerin geschuldeten Rückzahlungsanspruch durchsetzen könne. Denn ungeachtet der Frage, in welchen Fallkonstellationen sich ein Be90 reicherungsschuldner gegebenenfalls auf den Wegfall der Bereicherung infolge einer Abführung der Umsatzsteuer berufen kann (vgl. hierzu BGH, Urteile vom 27. Januar 2015 - KZR 90/13, WM 2015, 680 Rn. 40; vom 18. April 2012 - VIII ZR 253/11, NVwZ-RR 2012, 570 Rn. 24; vom 8. Mai 2008 - IX ZR 229/06, NJW-RR 2008, 1369 Rn. 11; vom 15. Januar 1992 - IV ZR 317/90, WM 1992, 745 unter II 2; vom 25. März 1976 - VII ZR 32/75, BGHZ 66, 150, 157; vom 30. September 1970 - VIII ZR 221/68, NJW 1970, 2059 unter 4 b bb; RGZ 170, 65, 67 f.), ist der Beklagten die Möglichkeit der Berufung auf eine Entreicherung mit Blick auf die ergänzend ausgelegten Verträge zwischen ihr und den Versicherungsnehmern der Klägerin, auf denen der Wegfall des Rechtsgrunds und damit auch die nachträglich eintretende ungerechtfertigte Bereicherung der Beklagten beruht, bereits deswegen verwehrt, weil dies dem hypothetischen Parteiwillen zuwiderlaufen würde. Aus diesem Grund ist auch der Einwand der Re- vision unbeachtlich, dass eine Steuerschuld der Beklagten gemäß § 14c Abs. 1 UStG fortbestehe, weil diese mangels berechtigter Interessen der Versicherungsnehmer der Klägerin zur Vornahme einer nachträglichen Rechnungskorrektur gegenüber dem Finanzamt nicht verpflichtet sei. Wie oben ausgeführt, entspricht es dem hypothetischen Vertragswillen
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- der Vertragsparteien, dass die Beklagte den jeweiligen Umsatzsteueranteil zunächst erhält, um ihn ungeachtet des Fehlens einer entsprechenden materiellrechtlichen Verpflichtung auf Kosten der Versicherungsnehmer der Klägerin an das Finanzamt abzuführen und dort zu belassen, bis ihr in Zukunft eine Rückforderungsmöglichkeit eröffnet wird, und dass sie im Gegenzug in vertretbarem Umfang etwaige Nachteile einer erst nachträglichen Behandlung der Umsätze aus den Werklieferungsverträgen als umsatzsteuerfrei gegenüber ihrem Finanzamt übernimmt. In Anbetracht dieser sich aus der ergänzenden Auslegung der geschlossenen Verträge ergebenden Rechtslage kann die Beklagte sich weder mit Erfolg darauf berufen, dass ihr die an die Versicherungsnehmer der Klägerin auszukehrenden Beträge derzeit nicht mehr zur Verfügung stehen (zumal sie diese infolge einer geänderten Steueranmeldung ohne weiteres zurückerlangen kann), noch darauf, dass sie diese Beträge wegen steuerrechtlicher Unwägbarkeiten möglicherweise nur unter (geringfügigen) Kürzungen zurückerhält. Denn der hypothetische Parteiwille ist gerade darauf gerichtet, der Beklagten einen solchen Einwand abzuschneiden. 4. Ohne Erfolg erhebt die Revision schließlich bezüglich der auf die Klä92 gerin übergegangenen Rückzahlungsansprüche ihrer Versicherungsnehmer betreffend die auf die Rechnungen des Jahres 2012 erbrachten Zahlungen die Einrede der Verjährung. Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt gemäß § 195 BGB drei Jahre und wird nach § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB (frühestens) mit dem Schluss des Jahres in Lauf gesetzt, in dem der Anspruch entsteht. Die hier maßgeblichen Ansprüche aus § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BGB in Verbindung mit einer ergänzenden Vertragsauslegung (§ 157 BGB) sind erst mit Wegfall des Rechtsgrundes für die Rückzahlungsbeträge im Jahr 2016 entstanden, als der Beklagten die sichere Möglichkeit zur Rückforderung der vereinnahmten Umsatzsteuer vom Finanzamt infolge des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen und der darin unter anderem enthaltenen Anwendungserlassänderung - ohne eine etwaige finanzgerichtliche Durchsetzung - erstmals zur Verfügung stand. Die regelmäßige Verjährung würde damit bei ungestörtem Verlauf erst mit dem Verstreichen des 31. Dezember 2019 enden; zudem ist der Lauf der Verjährung mit der Klageerhebung gehemmt worden (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB).
III.
Nach alledem kann das Urteil des Berufungsgerichts keinen Bestand ha93 ben; es ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif. Sie ist deshalb zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das Berufungsgericht wird nach ergänzendem Parteivortrag Feststellun94 gen dazu zu treffen haben, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe die Beklagte in der Vergangenheit in Bezug auf die steuerfreien Umsätze der geschlossenen Verträge gegenüber dem Finanzamt bei ihren Umsatzsteuervoranmeldungen (§ 18 Abs. 1 UStG) beziehungsweise ihren (Jahres-)Steueranmeldungen (§ 18 Abs. 3 UStG) der Jahre 2012 und 2013 anteilig Vorsteuerabzüge vorgenommen hat. Diese Frage hat das Berufungsgericht aufgrund seiner rechtsfehlerhaften Annahme, es seien Nettopreisvereinbarungen zustande gekommen, bislang offengelassen.- 95
- Weiter wird das Berufungsgericht noch Feststellungen zu der Frage, ob tatsächlich sämtliche in den gestellten Rechnungen aufgeführten Umsätze gemäß § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG materiell-rechtlich umsatzsteuerfrei waren, zu treffen haben. Wie die Revision mit Erfolg rügt, hat das Berufungsgericht den Vortrag der Beklagten, nicht sämtliche in Rechnung gestellten Positionen hätten die umsatzsteuerfreie Abgabe von Zytostatika betroffen, zu Unrecht als unsubstantiiert bewertet (vgl. etwa Senatsbeschluss vom 11. Mai 2010 - VIII ZR 212/07, NJW-RR 2010, 1217 Rn. 11 mwN) und hat es zudem verfahrensfehlerhaft unterlassen, einen entsprechenden Hinweis (§ 139 ZPO) zu der aus seiner Sicht bestehenden Notwendigkeit ergänzenden Vortrags zu erteilen und zu dokumentieren. Dr. Milger Dr. Hessel Dr. Schneider Kosziol Dr. Schmidt
AG Aachen, Entscheidung vom 14.09.2017 - 107 C 540/16 -
LG Aachen, Entscheidung vom 09.02.2018 - 6 S 118/17 -
(1) Rechnung ist jedes Dokument, mit dem über eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird, gleichgültig, wie dieses Dokument im Geschäftsverkehr bezeichnet wird. Die Echtheit der Herkunft der Rechnung, die Unversehrtheit ihres Inhalts und ihre Lesbarkeit müssen gewährleistet werden. Echtheit der Herkunft bedeutet die Sicherheit der Identität des Rechnungsausstellers. Unversehrtheit des Inhalts bedeutet, dass die nach diesem Gesetz erforderlichen Angaben nicht geändert wurden. Jeder Unternehmer legt fest, in welcher Weise die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts und die Lesbarkeit der Rechnung gewährleistet werden. Dies kann durch jegliche innerbetriebliche Kontrollverfahren erreicht werden, die einen verlässlichen Prüfpfad zwischen Rechnung und Leistung schaffen können. Rechnungen sind auf Papier oder vorbehaltlich der Zustimmung des Empfängers elektronisch zu übermitteln. Eine elektronische Rechnung ist eine Rechnung, die in einem elektronischen Format ausgestellt und empfangen wird.
(2) Führt der Unternehmer eine Lieferung oder eine sonstige Leistung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 aus, gilt Folgendes:
- 1.
führt der Unternehmer eine steuerpflichtige Werklieferung (§ 3 Abs. 4 Satz 1) oder sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück aus, ist er verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen; - 2.
führt der Unternehmer eine andere als die in Nummer 1 genannte Leistung aus, ist er berechtigt, eine Rechnung auszustellen. Soweit er einen Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen oder an eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist, ausführt, ist er verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen. Eine Verpflichtung zur Ausstellung einer Rechnung besteht nicht, wenn der Umsatz nach § 4 Nummer 8 bis 29 steuerfrei ist. § 14a bleibt unberührt.
(3) Unbeschadet anderer nach Absatz 1 zulässiger Verfahren gelten bei einer elektronischen Rechnung die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit des Inhalts als gewährleistet durch
- 1.
eine qualifizierte elektronische Signatur oder - 2.
elektronischen Datenaustausch (EDI) nach Artikel 2 der Empfehlung 94/820/EG der Kommission vom 19. Oktober 1994 über die rechtlichen Aspekte des elektronischen Datenaustausches (ABl. L 338 vom 28.12.1994, S. 98), wenn in der Vereinbarung über diesen Datenaustausch der Einsatz von Verfahren vorgesehen ist, die die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit der Daten gewährleisten.
(4) Eine Rechnung muss folgende Angaben enthalten:
- 1.
den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers, - 2.
die dem leistenden Unternehmer vom Finanzamt erteilte Steuernummer oder die ihm vom Bundeszentralamt für Steuern erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, - 3.
das Ausstellungsdatum, - 4.
eine fortlaufende Nummer mit einer oder mehreren Zahlenreihen, die zur Identifizierung der Rechnung vom Rechnungsaussteller einmalig vergeben wird (Rechnungsnummer), - 5.
die Menge und die Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der sonstigen Leistung, - 6.
den Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung; in den Fällen des Absatzes 5 Satz 1 den Zeitpunkt der Vereinnahmung des Entgelts oder eines Teils des Entgelts, sofern der Zeitpunkt der Vereinnahmung feststeht und nicht mit dem Ausstellungsdatum der Rechnung übereinstimmt, - 7.
das nach Steuersätzen und einzelnen Steuerbefreiungen aufgeschlüsselte Entgelt für die Lieferung oder sonstige Leistung (§ 10) sowie jede im Voraus vereinbarte Minderung des Entgelts, sofern sie nicht bereits im Entgelt berücksichtigt ist, - 8.
den anzuwendenden Steuersatz sowie den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag oder im Fall einer Steuerbefreiung einen Hinweis darauf, dass für die Lieferung oder sonstige Leistung eine Steuerbefreiung gilt, - 9.
in den Fällen des § 14b Abs. 1 Satz 5 einen Hinweis auf die Aufbewahrungspflicht des Leistungsempfängers und - 10.
in den Fällen der Ausstellung der Rechnung durch den Leistungsempfänger oder durch einen von ihm beauftragten Dritten gemäß Absatz 2 Satz 2 die Angabe „Gutschrift”.
(5) Vereinnahmt der Unternehmer das Entgelt oder einen Teil des Entgelts für eine noch nicht ausgeführte Lieferung oder sonstige Leistung, gelten die Absätze 1 bis 4 sinngemäß. Wird eine Endrechnung erteilt, sind in ihr die vor Ausführung der Lieferung oder sonstigen Leistung vereinnahmten Teilentgelte und die auf sie entfallenden Steuerbeträge abzusetzen, wenn über die Teilentgelte Rechnungen im Sinne der Absätze 1 bis 4 ausgestellt worden sind.
(6) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens durch Rechtsverordnung bestimmen, in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen
- 1.
Dokumente als Rechnungen anerkannt werden können, - 2.
die nach Absatz 4 erforderlichen Angaben in mehreren Dokumenten enthalten sein können, - 3.
Rechnungen bestimmte Angaben nach Absatz 4 nicht enthalten müssen, - 4.
eine Verpflichtung des Unternehmers zur Ausstellung von Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis (Absatz 4) entfällt oder - 5.
Rechnungen berichtigt werden können.
(7) Führt der Unternehmer einen Umsatz im Inland aus, für den der Leistungsempfänger die Steuer nach § 13b schuldet, und hat der Unternehmer im Inland weder seinen Sitz noch seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte, von der aus der Umsatz ausgeführt wird oder die an der Erbringung dieses Umsatzes beteiligt ist, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, so gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 6 für die Rechnungserteilung die Vorschriften des Mitgliedstaats, in dem der Unternehmer seinen Sitz, seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte, von der aus der Umsatz ausgeführt wird, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. Satz 1 gilt nicht, wenn eine Gutschrift gemäß Absatz 2 Satz 2 vereinbart worden ist. Nimmt der Unternehmer in einem anderen Mitgliedstaat an einem der besonderen Besteuerungsverfahren entsprechend Titel XII Kapitel 6 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347 vom 11.12.2006, S. 1) in der jeweils gültigen Fassung teil, so gelten für die in den besonderen Besteuerungsverfahren zu erklärenden Umsätze abweichend von den Absätzen 1 bis 6 für die Rechnungserteilung die Vorschriften des Mitgliedstaates, in dem der Unternehmer seine Teilnahme anzeigt.
(1) Hat der Unternehmer in einer Rechnung für eine Lieferung oder sonstige Leistung einen höheren Steuerbetrag, als er nach diesem Gesetz für den Umsatz schuldet, gesondert ausgewiesen (unrichtiger Steuerausweis), schuldet er auch den Mehrbetrag. Berichtigt er den Steuerbetrag gegenüber dem Leistungsempfänger, ist § 17 Abs. 1 entsprechend anzuwenden. In den Fällen des § 1 Abs. 1a und in den Fällen der Rückgängigmachung des Verzichts auf die Steuerbefreiung nach § 9 gilt Absatz 2 Satz 3 bis 5 entsprechend.
(2) Wer in einer Rechnung einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er zum gesonderten Ausweis der Steuer nicht berechtigt ist (unberechtigter Steuerausweis), schuldet den ausgewiesenen Betrag. Das Gleiche gilt, wenn jemand wie ein leistender Unternehmer abrechnet und einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er nicht Unternehmer ist oder eine Lieferung oder sonstige Leistung nicht ausführt. Der nach den Sätzen 1 und 2 geschuldete Steuerbetrag kann berichtigt werden, soweit die Gefährdung des Steueraufkommens beseitigt worden ist. Die Gefährdung des Steueraufkommens ist beseitigt, wenn ein Vorsteuerabzug beim Empfänger der Rechnung nicht durchgeführt oder die geltend gemachte Vorsteuer an die Finanzbehörde zurückgezahlt worden ist. Die Berichtigung des geschuldeten Steuerbetrags ist beim Finanzamt gesondert schriftlich zu beantragen und nach dessen Zustimmung in entsprechender Anwendung des § 17 Abs. 1 für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem die Voraussetzungen des Satzes 4 eingetreten sind.
(1) Hat sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 geändert, hat der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, den dafür geschuldeten Steuerbetrag zu berichtigen. Ebenfalls ist der Vorsteuerabzug bei dem Unternehmer, an den dieser Umsatz ausgeführt wurde, zu berichtigen. Dies gilt nicht, soweit er durch die Änderung der Bemessungsgrundlage wirtschaftlich nicht begünstigt wird. Wird in diesen Fällen ein anderer Unternehmer durch die Änderung der Bemessungsgrundlage wirtschaftlich begünstigt, hat dieser Unternehmer seinen Vorsteuerabzug zu berichtigen. Die Sätze 1 bis 4 gelten in den Fällen des § 1 Abs. 1 Nr. 5 und des § 13b sinngemäß. Bei Preisnachlässen und Preiserstattungen eines Unternehmers in einer Leistungskette an einen in dieser Leistungskette nicht unmittelbar nachfolgenden Abnehmer liegt eine Minderung der Bemessungsgrundlage nach Satz 1 nur vor, wenn der Leistungsbezug dieses Abnehmers im Rahmen der Leistungskette im Inland steuerpflichtig ist. Die Berichtigung des Vorsteuerabzugs kann unterbleiben, soweit ein dritter Unternehmer den auf die Minderung des Entgelts entfallenden Steuerbetrag an das Finanzamt entrichtet; in diesem Fall ist der dritte Unternehmer Schuldner der Steuer. Die Berichtigungen nach den Sätzen 1 und 2 sind für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem die Änderung der Bemessungsgrundlage eingetreten ist. Die Berichtigung nach Satz 4 ist für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem der andere Unternehmer wirtschaftlich begünstigt wird.
(2) Absatz 1 gilt sinngemäß, wenn
- 1.
das vereinbarte Entgelt für eine steuerpflichtige Lieferung, sonstige Leistung oder einen steuerpflichtigen innergemeinschaftlichen Erwerb uneinbringlich geworden ist. Wird das Entgelt nachträglich vereinnahmt, sind Steuerbetrag und Vorsteuerabzug erneut zu berichtigen; - 2.
für eine vereinbarte Lieferung oder sonstige Leistung ein Entgelt entrichtet, die Lieferung oder sonstige Leistung jedoch nicht ausgeführt worden ist; - 3.
eine steuerpflichtige Lieferung, sonstige Leistung oder ein steuerpflichtiger innergemeinschaftlicher Erwerb rückgängig gemacht worden ist; - 4.
der Erwerber den Nachweis im Sinne des § 3d Satz 2 führt; - 5.
Aufwendungen im Sinne des § 15 Abs. 1a getätigt werden.
(3) Ist Einfuhrumsatzsteuer, die als Vorsteuer abgezogen worden ist, herabgesetzt, erlassen oder erstattet worden, so hat der Unternehmer den Vorsteuerabzug entsprechend zu berichtigen. Absatz 1 Satz 8 gilt sinngemäß.
(4) Werden die Entgelte für unterschiedlich besteuerte Lieferungen oder sonstige Leistungen eines bestimmten Zeitabschnitts gemeinsam geändert (z.B. Jahresboni, Jahresrückvergütungen), so hat der Unternehmer dem Leistungsempfänger einen Beleg zu erteilen, aus dem zu ersehen ist, wie sich die Änderung der Entgelte auf die unterschiedlich besteuerten Umsätze verteilt.
(1) Führt die Festsetzung der Einkommen-, Körperschaft-, Vermögen-, Umsatz- oder Gewerbesteuer zu einem Unterschiedsbetrag im Sinne des Absatzes 3, ist dieser zu verzinsen. Dies gilt nicht für die Festsetzung von Vorauszahlungen und Steuerabzugsbeträgen.
(2) Der Zinslauf beginnt 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist. Er beginnt für die Einkommen- und Körperschaftsteuer 23 Monate nach diesem Zeitpunkt, wenn die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft bei der erstmaligen Steuerfestsetzung die anderen Einkünfte überwiegen; hierbei sind Kapitalerträge nach § 32d Absatz 1 und § 43 Absatz 5 des Einkommensteuergesetzes nicht zu berücksichtigen. Er endet mit Ablauf des Tages, an dem die Steuerfestsetzung wirksam wird.
(2a) Soweit die Steuerfestsetzung auf der Berücksichtigung eines rückwirkenden Ereignisses (§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2) oder auf einem Verlustabzug nach § 10d Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes beruht, beginnt der Zinslauf abweichend von Absatz 2 Satz 1 und 2 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem das rückwirkende Ereignis eingetreten oder der Verlust entstanden ist.
(3) Maßgebend für die Zinsberechnung ist die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die bis zum Beginn des Zinslaufs festgesetzten Vorauszahlungen (Unterschiedsbetrag). Bei der Vermögensteuer ist als Unterschiedsbetrag für die Zinsberechnung die festgesetzte Steuer, vermindert um die festgesetzten Vorauszahlungen oder die bisher festgesetzte Jahressteuer, maßgebend. Ein Unterschiedsbetrag zugunsten des Steuerpflichtigen ist nur bis zur Höhe des zu erstattenden Betrags zu verzinsen; die Verzinsung beginnt frühestens mit dem Tag der Zahlung. Besteht der Erstattungsbetrag aus mehreren Teil-Leistungen, richtet sich der Zinsberechnungszeitraum jeweils nach dem Zeitpunkt der einzelnen Leistung; die Leistungen sind in chronologischer Reihenfolge zu berücksichtigen, beginnend mit der jüngsten Leistung.
(4) Die Festsetzung der Zinsen soll mit der Steuerfestsetzung verbunden werden.
(5) Wird die Steuerfestsetzung aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt, ist eine bisherige Zinsfestsetzung zu ändern; Gleiches gilt, wenn die Anrechnung von Steuerbeträgen zurückgenommen, widerrufen oder nach § 129 berichtigt wird. Maßgebend für die Zinsberechnung ist der Unterschiedsbetrag zwischen der festgesetzten Steuer und der vorher festgesetzten Steuer, jeweils vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge und um die anzurechnende Körperschaftsteuer. Dem sich hiernach ergebenden Zinsbetrag sind bisher festzusetzende Zinsen hinzuzurechnen; bei einem Unterschiedsbetrag zugunsten des Steuerpflichtigen entfallen darauf festgesetzte Zinsen. Im Übrigen gilt Absatz 3 Satz 3 und 4 entsprechend.
(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten bei der Durchführung des Lohnsteuer-Jahresausgleichs entsprechend.
(7) Bei Anwendung des Absatzes 2a gelten die Absätze 3 und 5 mit der Maßgabe, dass der Unterschiedsbetrag in Teil-Unterschiedsbeträge mit jeweils gleichem Zinslaufbeginn aufzuteilen ist; für jeden Teil-Unterschiedsbetrag sind Zinsen gesondert und in der zeitlichen Reihenfolge der Teil-Unterschiedsbeträge zu berechnen, beginnend mit den Zinsen auf den Teil-Unterschiedsbetrag mit dem ältesten Zinslaufbeginn. Ergibt sich ein Teil-Unterschiedsbetrag zugunsten des Steuerpflichtigen, entfallen auf diesen Betrag festgesetzte Zinsen frühestens ab Beginn des für diesen Teil-Unterschiedsbetrag maßgebenden Zinslaufs; Zinsen für den Zeitraum bis zum Beginn des Zinslaufs dieses Teil-Unterschiedsbetrags bleiben endgültig bestehen. Dies gilt auch, wenn zuvor innerhalb derselben Zinsberechnung Zinsen auf einen Teil-Unterschiedsbetrag zuungunsten des Steuerpflichtigen berechnet worden sind.
(8) Zinsen auf einen Unterschiedsbetrag zuungunsten des Steuerpflichtigen (Nachzahlungszinsen) sind entweder nicht festzusetzen oder zu erlassen, soweit Zahlungen oder andere Leistungen auf eine später wirksam gewordene Steuerfestsetzung erbracht wurden, die Finanzbehörde diese Leistungen angenommen und auf die festgesetzte und zu entrichtende Steuer angerechnet hat. Absatz 3 Satz 4 ist hierbei entsprechend anzuwenden. Soweit Nachzahlungszinsen aufgrund einer Aufhebung, Änderung oder Berichtigung der Steuerfestsetzung nach Absatz 5 Satz 3 zweiter Halbsatz entfallen, mindert sich der Zinsverzicht nach Satz 1 entsprechend. Die §§ 163 und 227 bleiben unberührt.
(1) Die Zinsen betragen für jeden Monat einhalb Prozent. Sie sind von dem Tag an, an dem der Zinslauf beginnt, nur für volle Monate zu zahlen; angefangene Monate bleiben außer Ansatz. Erlischt der zu verzinsende Anspruch durch Aufrechnung, gilt der Tag, an dem die Schuld des Aufrechnenden fällig wird, als Tag der Zahlung.
(1a) In den Fällen des § 233a betragen die Zinsen abweichend von Absatz 1 Satz 1 ab dem 1. Januar 2019 0,15 Prozent für jeden Monat, das heißt 1,8 Prozent für jedes Jahr.
(1b) Sind für einen Zinslauf unterschiedliche Zinssätze maßgeblich, ist der Zinslauf in Teilverzinsungszeiträume aufzuteilen. Die Zinsen für die Teilverzinsungszeiträume sind jeweils tageweise zu berechnen. Hierbei wird jeder Kalendermonat unabhängig von der tatsächlichen Anzahl der Kalendertage mit 30 Zinstagen und jedes Kalenderjahr mit 360 Tagen gerechnet.
(1c) Die Angemessenheit des Zinssatzes nach Absatz 1a ist unter Berücksichtigung der Entwicklung des Basiszinssatzes nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs wenigstens alle zwei Jahre zu evaluieren. Die erste Evaluierung erfolgt spätestens zum 1. Januar 2024.
(2) Für die Berechnung der Zinsen wird der zu verzinsende Betrag jeder Steuerart auf den nächsten durch 50 Euro teilbaren Betrag abgerundet.
(1) Hat sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 geändert, hat der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, den dafür geschuldeten Steuerbetrag zu berichtigen. Ebenfalls ist der Vorsteuerabzug bei dem Unternehmer, an den dieser Umsatz ausgeführt wurde, zu berichtigen. Dies gilt nicht, soweit er durch die Änderung der Bemessungsgrundlage wirtschaftlich nicht begünstigt wird. Wird in diesen Fällen ein anderer Unternehmer durch die Änderung der Bemessungsgrundlage wirtschaftlich begünstigt, hat dieser Unternehmer seinen Vorsteuerabzug zu berichtigen. Die Sätze 1 bis 4 gelten in den Fällen des § 1 Abs. 1 Nr. 5 und des § 13b sinngemäß. Bei Preisnachlässen und Preiserstattungen eines Unternehmers in einer Leistungskette an einen in dieser Leistungskette nicht unmittelbar nachfolgenden Abnehmer liegt eine Minderung der Bemessungsgrundlage nach Satz 1 nur vor, wenn der Leistungsbezug dieses Abnehmers im Rahmen der Leistungskette im Inland steuerpflichtig ist. Die Berichtigung des Vorsteuerabzugs kann unterbleiben, soweit ein dritter Unternehmer den auf die Minderung des Entgelts entfallenden Steuerbetrag an das Finanzamt entrichtet; in diesem Fall ist der dritte Unternehmer Schuldner der Steuer. Die Berichtigungen nach den Sätzen 1 und 2 sind für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem die Änderung der Bemessungsgrundlage eingetreten ist. Die Berichtigung nach Satz 4 ist für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem der andere Unternehmer wirtschaftlich begünstigt wird.
(2) Absatz 1 gilt sinngemäß, wenn
- 1.
das vereinbarte Entgelt für eine steuerpflichtige Lieferung, sonstige Leistung oder einen steuerpflichtigen innergemeinschaftlichen Erwerb uneinbringlich geworden ist. Wird das Entgelt nachträglich vereinnahmt, sind Steuerbetrag und Vorsteuerabzug erneut zu berichtigen; - 2.
für eine vereinbarte Lieferung oder sonstige Leistung ein Entgelt entrichtet, die Lieferung oder sonstige Leistung jedoch nicht ausgeführt worden ist; - 3.
eine steuerpflichtige Lieferung, sonstige Leistung oder ein steuerpflichtiger innergemeinschaftlicher Erwerb rückgängig gemacht worden ist; - 4.
der Erwerber den Nachweis im Sinne des § 3d Satz 2 führt; - 5.
Aufwendungen im Sinne des § 15 Abs. 1a getätigt werden.
(3) Ist Einfuhrumsatzsteuer, die als Vorsteuer abgezogen worden ist, herabgesetzt, erlassen oder erstattet worden, so hat der Unternehmer den Vorsteuerabzug entsprechend zu berichtigen. Absatz 1 Satz 8 gilt sinngemäß.
(4) Werden die Entgelte für unterschiedlich besteuerte Lieferungen oder sonstige Leistungen eines bestimmten Zeitabschnitts gemeinsam geändert (z.B. Jahresboni, Jahresrückvergütungen), so hat der Unternehmer dem Leistungsempfänger einen Beleg zu erteilen, aus dem zu ersehen ist, wie sich die Änderung der Entgelte auf die unterschiedlich besteuerten Umsätze verteilt.
BUNDESGERICHTSHOF
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 20. Februar 2019 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Milger, die Richterin Dr. Hessel sowie die Richter Dr. Schneider, Kosziol und Dr. Schmidt
für Recht erkannt:
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin ist eine private Krankenversicherung. Sie nimmt die Beklagte als Trägerin eines Krankenhauses auf Rückerstattung von Umsatzsteuer in Anspruch. Das von der Beklagten betriebene Krankenhaus stellt in seiner hauseigenen Apotheke patientenindividuell Zytostatika (Krebsmedikamente zur Anwendung in der Chemotherapie) her.
- 2
- Für die in den Jahren 2012 und 2013 erfolgte Abgabe solcher Medikamente an ambulant behandelte Versicherungsnehmer der Klägerin stellte die Beklagte diesen Rechnungen aus, die die Einzelpreise für die einzelnen Substanzen und auch die jeweils angesetzte Zubereitungspauschale für Zytostatika -Lösungen auflisteten sowie dabei für jede Positioneinen Umsatzsteuersatz in Höhe von 19 % auswiesen. Die Beklagte hat geltend gemacht, in den Rech- nungen seien auch Positionen enthalten, die keine Zytostatika oder patientenindividuelle Zubereitungen betroffen hätten und damit umsatzsteuerpflichtig seien. Die Versicherungsnehmer der Klägerin zahlten auf die genannten Rechnungen an die Beklagte einen Gesamtbetrag von 26.984,19 €, den sie von der Klägerin erstattet erhielten. Hiervon entfällt ein Betrag von 4.308,40 € auf die angesetzte Umsatzsteuer.
- 3
- Die Beklagte führte die in Ansatz gebrachten Umsatzsteuerbeträge an das zuständige Finanzamt ab. Ob und in welcher Höhe sie dabei einen Vorsteuerabzug vorgenommen hat, ist bislang ungeklärt. Dass die Umsatzsteuer bestandskräftig festgesetzt worden sei, macht die Beklagte nicht geltend.
- 4
- Am 24. September 2014 erging ein Urteil des Bundesfinanzhofs (Az. V R 19/11; veröffentlicht in BFHE 247, 369), wonach die im Rahmen einer ambulant in einem Krankenhaus durchgeführten Heilbehandlung erfolgte Verabreichung individuell für den einzelnen Patienten von einer Krankenhausapotheke hergestellter Zytostatika als ein mit der ärztlichen Heilbehandlung eng verbundener Umsatz gemäß § 4 Nr. 16 Buchst. b Umsatzsteuergesetz (UStG) (aF; seit 1. Januar 2009: § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG) steuerfrei ist. Unter dem 28. September 2016 folgte ein Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (Az. III C 3 - S 7170/11/10004; veröffentlicht in UR 2016, 891), das auf die genannte Entscheidung des Bundesfinanzhofs sowie - unter anderem - auf die Möglichkeit einer Berichtigung der wegen unrichtigen Ausweises der Steuer geschuldeten Beträge nach dem Umsatzsteuergesetz und auf einen dann eintretenden (rückwirkenden) Ausschluss der hierauf bezogenen Vorsteuerabzüge hinwies. Die Klägerin forderte daraufhin die Beklagte erfolglos zur Rückerstattung der vereinnahmten Umsatzsteuerbeträge auf.
- 5
- Mit der vorliegenden Klage hat die Klägerin einen auf Bereicherungsrecht gestützten Anspruch aus übergegangenem Recht ihrer Versicherungsnehmer auf Rückzahlung von insgesamt 4.308,40 € nebst Zinsen gegen die Beklagte geltend gemacht. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin hat das Landgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und der Klage stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
- 6
- Die Revision hat Erfolg.
I.
- 7
- Das Berufungsgericht (LG Aachen, Urteil vom 9. Februar 2018 - 6 S 118/17, juris) hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
- 8
- Der Klägerin stehe ein Anspruch auf Rückzahlung der von ihren Versicherungsnehmern an die Beklagte geleisteten Umsatzsteuer in Höhe von 4.308,40 € gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB in Verbindung mit §§ 86, 194 Abs. 2 VVG zu.
- 9
- In Höhe dieses Umsatzsteuerbetrags sei die Leistung der Versicherungsnehmer der Klägerin an die Beklagte ohne Rechtsgrund erfolgt. Die von der Beklagten abgerechneten Leistungen hätten sämtlich im Rahmen einer ambulant im Krankenhaus durchgeführten Heilbehandlung verabreichte und individuell von der Krankenhausapotheke hergestellte Zytostatika betroffen und seien damit - wie sich aus dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 24. September 2014 (aaO) ergebe - nicht umsatzsteuerpflichtig gewesen. Die Beklagte habe zwar geltend gemacht, einzelne, konkret bezeichnete Rechnungspositionen hätten der Umsatzsteuer unterlegen. Es fehle aber an Vorbringen dazu, auf welcher anderen Grundlage die genannten Positionen abgerechnet worden seien, so dass nicht habe ermittelt werden können, ob es sich insoweit um umsatzsteuerpflichtige Leistungen gehandelt habe.
- 10
- Da die Rechnungsbeträge zu Unrecht Umsatzsteuer in Höhe von 4.308,40 €eingeschlossen hätten und dieser Betrag auch von den Versicherungsnehmern der Klägerin an die Beklagte entrichtet worden sei, liege eine ungerechtfertigte Bereicherung der Beklagten vor. Denn im Verhältnis der Beklagten zu den Versicherungsnehmern der Klägerin seien Nettoentgeltvereinbarungen anzunehmen, die zur Folge hätten, dass die Umsatzsteuer einen selbständigen Entgeltbestandteil darstelle, der bei Bestehen einer Umsatzsteuerpflicht entweder einen Anspruch auf Umsatzsteuerzahlung oder im Falle der Umsatzsteuerfreiheit schlicht keine Verpflichtung zur Entrichtung des angesetzten Umsatzsteueranteils begründe.
- 11
- Zwar hätten die Vertragsparteien keine Vereinbarung über die Höhe des geschuldeten Entgelts getroffen. Auch die Vorschrift des § 632 BGB komme nicht zur Anwendung. Der Verkäufer von Medikamenten könne aber durch die Ausübung eines ihm zukommenden Leistungsbestimmungsrechts nach §§ 315, 316 BGB den Preis festlegen, was in der Regel durch die (erste) Rechnungstellung geschehe (vgl. OLG Köln, Urteil vom 22. Juni 2012 - 20 U 27/12, juris). Diese Befugnis erstrecke sich auch auf die Frage, ob ein in der verlangten Vergütung enthaltener Umsatzsteueranteil selbständiger oder unselbständiger Entgeltbestandteil sein solle. Von dem ihr zukommenden Bestimmungsrecht hinsichtlich der geschuldeten Gegenleistung habe die Beklagte durch den gesonderten Ausweis von Netto- und Umsatzsteuerbeträgen in den gestellten Rech- nungen dahin Gebrauch gemacht, dass die Umsatzsteuer ein selbständiger Preisbestandteil habe sein sollen, bezüglich dessen die Zahlungspflicht der Versicherungsnehmer der Klägerin allein davon abhänge, ob es sich tatsächlich um ein umsatzsteuerpflichtiges Geschäft handele. Aus diesem Grunde könne die Beklagte nicht geltend machen, dass die Möglichkeit eines Vorsteuerabzugs maßgebender Faktor bei der Preiskalkulation gewesen sei.
- 12
- Die Beklagte könne sich auch nicht gemäß § 818 Abs. 3 BGB auf eine Entreicherung berufen. Denn es treffe sie eine vertragliche Nebenpflicht, die erstellten Rechnungen zu berichtigen, so dass sie die gezahlten Umsatzsteuerbeträge vom Finanzamt erstattet verlangen könne, wonach ihre Bereicherung fortbestehe. Die Interessenlage sei mit der eines Unternehmers vergleichbar, der als Leistungsempfänger ohne eine ordnungsgemäße Rechnung des Leistenden einen Vorsteuerabzug nicht geltend machen könne. Für diese Fälle habe die höchstrichterliche Rechtsprechung aus den Geboten von Treu und Glauben eine Nebenpflicht zur ordnungsgemäßen Rechnungserteilung beziehungsweise zu einer Berichtigung einer Rechnung abgeleitet. Zwar handele es sich bei den Versicherungsnehmern der Klägerin nicht um Unternehmer, so dass bei diesen kein Vorsteuerabzug im Raume gestanden habe. Da aber die Beklagte eine Rechnung gemäß § 14 UStG erteilt und hierdurch ihr Leistungsbestimmungsrecht nach §§ 315, 316 BGB dahingehend ausgeübt habe, dass die Umsatzsteuer selbständiger Entgeltbestandteil habe sein sollen, sei auch bei den Versicherungsnehmern der Klägerin ein berechtigtes Interesse an der Ausstellung einer richtigen Rechnung entstanden, mit dem eine entsprechende Nebenpflicht der Beklagten einhergehe.
- 13
- Eine solche Nebenpflicht führe für die Beklagte auch nicht zu einem untragbaren Ergebnis im Hinblick auf ihren Verwaltungsaufwand. Dass damit ein außergewöhnlicher Aufwand verbunden sei, habe die Beklagte nicht hinrei- chend dargelegt. Zudem reiche die Nebenpflicht der Beklagten nur soweit, solche Rechnungen zu berichtigen, die Gegenstand bereicherungsrechtlicher Rückforderungsansprüche seien.
- 14
- Der Rückforderungsanspruch sei auch nicht verjährt, da die Klägerin nach dem Forderungsübergang erst mit dem bereits angeführten Urteil des Bundesfinanzhofs Kenntnis von dem Rückforderungsanspruch erlangt habe. Deshalb habe die dreijährige Regelverjährungsfrist (§ 195 BGB) gemäß § 199 Abs. 1 BGB erst mit Schluss des Jahres 2014 zu laufen begonnen und sei durch die erfolgte Klageerhebung rechtzeitig gehemmt worden.
II.
- 15
- Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein bereicherungsrechtlicher Anspruch der Klägerin aus übergegangenem Recht (§ 86 Abs. 1 Satz 1, § 194 Abs. 2 VVG) auf vollständige Rückzahlung der Beträge, die den von ihren Versicherungsnehmern jeweils geleisteten und von ihr erstatteten Umsatzsteueranteilen von 19 % entsprechen, mithin auf eine Rückzahlung von 4.308,40 € (nebst Zinsen), nicht bejaht werden.
- 16
- Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht die zwischen den Versicherungsnehmern der Klägerin und der Beklagten zustande gekommenen Entgeltvereinbarungen als Nettopreisabreden eingestuft, bei denen die Umsatzsteuer einen selbständigen Entgeltbestandteil darstelle und daher die Zahlungspflicht der Versicherungsnehmer der Klägerin insoweit allein davon abhänge, ob es sich tatsächlich um ein umsatzsteuerpflichtiges Geschäft handele. Dabei hat es zu Unrecht angenommen, der Beklagten sei bezüglich der geschuldeten Ge- genleistung ein Leistungsbestimmungsrecht nach §§ 315, 316 BGB eingeräumt worden, das diese mit Rechnungstellung wirksam dahin ausgeübt habe, dass der Umsatzsteueranteil selbständiger - und damit im Falle der Umsatzsteuerfreiheit nach Bereicherungsrecht rückforderbarer - Preisbestandteil gewesen sei. Daraus hat es die unzutreffende Rechtsfolge abgeleitet, die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, die Möglichkeit eines Vorsteuerabzugs sei maßgebender Faktor bei der Preiskalkulation gewesen.
- 17
- Die Klägerin kann aufgrund einer ergänzenden Vertragsauslegung (§ 157 BGB) der zwischen den Versicherungsnehmern der Klägerin und der Beklagten geschlossenen Verträge (dazu unter II 2 a) gemäß § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BGB in Verbindung mit § 86 Abs. 1 Satz 1, § 194 Abs. 2 VVG nur Rückzahlung der Beträge verlangen, die der von ihren Versicherungsnehmern auf die gestellten Rechnungen geleisteten Umsatzsteuer für Zytostatika abzüglich der von der Beklagten hierfür gegebenenfalls in Abzug gebrachten Vorsteuer , mithin also dem von der Beklagten letztlich insoweit an das Finanzamt abgeführten Teil der Umsatzsteuer entsprechen (dazu unter II 2 b).
- 18
- 1. Auf die zwischen den Versicherungsnehmern der Klägerin und der Beklagten begründeten Vertragsverhältnisse ist, soweit die Herstellung und die Veräußerung von Zytostatika betroffen sind, Werklieferungsrecht (§ 651 BGB aF; heute § 650 BGB) anzuwenden. Dabei haben die Vertragsparteien - anders als das Berufungsgericht angenommen hat - bezüglich der Entgeltpflicht der Versicherungsnehmer der Klägerin (§ 433 Abs. 2 BGB) stillschweigend Bruttopreisabreden getroffen, bei denen die im Preis eingeschlossene Umsatzsteuer von 19 % einen unselbständigen Entgeltbestandteil bildet. Dies führt dazu, dass einerseits eine Rückforderung der Beträge, die auf die zu Unrecht für die verabreichten Zytostatika angesetzten Umsatzsteueranteile entfallen, - anders als bei den vom Berufungsgericht bejahten Nettopreisabreden - nicht per se möglich ist, dass sie aber andererseits auch nicht - wie etwa bei einer von der Revision angenommenen nach § 315 Abs. 3Satz 1 BGB bis zur Grenze der Unbilligkeit bindenden (einseitigen) (Brutto-)Preisbestimmung der Beklagten gemäß § 316 BGB - gänzlich ausgeschlossen ist.
- 19
- a) Werden von einer Krankenhausapotheke an einen privat versicherten Patienten zur ambulanten Behandlung in der Klinik individuell hergestellte Krebsmedikamente entgeltlich abgegeben, ist auf das zwischen dem Krankenhaus und dem Patienten bestehende Vertragsverhältnis Werklieferungsrecht (§ 650 BGB; bis 31. Dezember 2017: § 651 BGB aF) anzuwenden, so dass bezüglich der Entgeltpflicht § 433 Abs. 2 BGB gilt (vgl. etwa OLG Köln, NJW-RR 2012, 1520, 1521). Teilweise wird ein solches Vertragsverhältnis in der Instanzrechtsprechung als Behandlungsvertrag nach § 611 BGB (heute: §§ 630a, 630b BGB) eingeordnet mit der Folge, dass dann zumindest die übliche Vergütung (§ 612 Abs. 2 BGB) geschuldet wäre (vgl. etwa LG Köln, Urteil vom 18. Juli 2018 - 25 S 15/17; Revision anhängig unter dem Az. VIII ZR 264/18).
- 20
- Hierbei wird außer Acht gelassen, dass die ambulante Heilbehandlung durch den zuständigen Krankenhausarzt und die Abgabe der Krebsmedikamente durch die Krankenhausapotheke zwei selbständige Leistungen (ärztliche Behandlung durch den Arzt; Herstellung der Medikamente durch die Apotheke) darstellen, die entweder im Rahmen zweier getrennter Vertragsverhältnisse oder als selbständige Teile eines einheitlichen typengemischten Vertrags mit dem Krankenhausträger als Betreiber der Ambulanz erbracht werden. Auch im letztgenannten Fall wäre die Bereitstellung der Arzneimittel - ungeachtet des Schwerpunkts des Vertrags - nach den Grundsätzen des Werklieferungsrechts zu beurteilen, da diese Leistungen separat berechnet werden und eine Apothe- ke keine ärztlichen Leistungen vornimmt (vgl. BT-Drucks. 17/10448, S. 18). Nur auf diese Weise wird bei Annahme eines einheitlichen Vertragsverhältnisses der durch wesensverschiedene eigenständige Leistungspflichten begründeten Eigenart des Vertragsverhältnisses Rechnung getragen (vgl. BGH, Urteil vom 29. Oktober 1980 - VIII ZR 326/79, NJW 1981, 341 unter 3 b cc; Beschluss vom 21. April 2005 - III ZR 293/04, NJW 2005, 2008 unter II 3).
- 21
- b) Bezüglich des somit nach § 433 Abs. 2 BGB zu erbringenden Kaufpreises für patientenindividuell im Rahmen einer ambulanten Behandlung im Krankenhaus hergestellte Zytostatika herrscht in der einschlägigen Instanzrechtsprechung weitgehend Uneinigkeit darüber, ob ein privat versicherter Patient eine darin enthaltene Umsatzsteuer auch dann schuldet, wenn diese - wie hier - aus materiell-rechtlicher Sicht gar nicht angefallen ist (vgl. die Nachweise bei Makoski/Clausen, ZMGR 2018, 231, 233 ff.). Dieses Bild zeigt sich auch, wenn man allein die bislang beim Bundesgerichtshof anhängigen Verfahren zugrunde legt.
- 22
- aa) Teilweise wird bezüglich der in den gestellten Rechnungen im steuerrechtlichen Sinne (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 7 und 8, § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG) gesondert ausgewiesenen oder - wie hier - lediglich unstreitig darin enthaltenen Umsatzsteuer mit unterschiedlichen Begründungen (einseitiges Preisbestimmungsrecht der Krankenhausapotheke; stillschweigend getroffene Vergütungsvereinbarung ) eine Bruttopreisabrede angenommen, also die Umsatzsteuer nur als unselbständiger Entgeltbestandteil gewertet (so etwa OLG Schleswig, Urteil vom 20. Dezember 2017 - 4 U 69/17, juris [nachfolgend Senatsurteil vom heutigen Tag - VIII ZR 7/18, zur Veröffentlichung bestimmt]; LG Essen, Urteil vom 27. Februar 2018 - 15 S 162/17, juris [nachfolgend Senatsurteil vom heutigen Tag - VIII ZR 115/18, zur Veröffentlichung bestimmt]; LG Chemnitz, Urteil vom 2. November 2018 - 3 S 7/18 [Revision anhängig unter dem Az. VIII ZR 360/18]; LG Darmstadt, Urteil vom 4. Oktober 2018 - 6 S 56/18 [Revision anhängig unter dem Az. VIII ZR 351/18]; LG Köln, Urteil vom 18. Juni 2018 - 25 S 15/17 [Revision anhängig unter dem Az. VIII ZR 264/18]; wohl auch LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 5. Juli 2018 - 4 S 5126/17 [Revision anhängig unter dem Az. VIII ZR 247/18]).
- 23
- Die unterschiedlichen Begründungsansätze führen zu abweichenden Rechtsfolgen. Ein vereinbartes Bruttoentgelt deckt nach höchstrichterlicher Rechtsprechung grundsätzlich auch die Aufwendung für die vom Leistenden zu entrichtende Umsatzsteuer ab, die in diesem Fall nur einen unselbständigen Bestandteil des vereinbarten Entgelts darstellt (vgl. etwa BGH, Urteile vom 24. Februar 1988 - VIII ZR 64/87, BGHZ 103, 284, 287; vom 26. Juni 1991 - VIII ZR 198/90, BGHZ 115, 47, 50; vom 11. Mai 2001 - V ZR 492/99, NJW 2001, 2464 unter II 1; vom 28. Februar 2002 - I ZR 318/99, NJW 2002, 2312 unter II 1; Beschluss vom 29. Januar 2015 - IX ZR 138/14, juris Rn. 3; jeweils mwN; BSG, NJOZ 2009, 1914 Rn. 17). Dies hat zur Folge, dass - von bestimmten Ausnahmen abgesehen - weder der Leistende eine wider sein Erwarten anfallende Umsatzsteuer von seinem Vertragspartner nachfordern (vgl. etwa BGH, Urteile vom 24. Februar 1988 - VIII ZR 64/87, aaO; vom 28. Februar 2002 - I ZR 318/99, aaO unter II) noch der Leistungsempfänger im Falle der Umsatzsteuerfreiheit den auf die Umsatzsteuer entfallenden Anteil seiner Vergütung zurückverlangen kann (vgl. hierzu BSG, aaO Rn. 25).
- 24
- Wird - wie manche Stimmen annehmen (vgl. LG Essen, Urteil vom 27. Februar 2018 - 15 S 162/17, aaO [nachfolgend Senatsurteil vom heutigen Tag - VIII ZR 115/18]; LG Chemnitz, Urteil vom 2. November 2018 - 3 S 7/18 [Revision anhängig unter dem Az. VIII ZR 360/18]) - der Bruttopreis einseitig von der Krankenhausapotheke im Rahmen eines Preisbestimmungsrechts nach § 316 BGB bestimmt, wäre die Rückforderung zu Unrecht bezahlter Umsatzsteuer wegen der Bindungswirkung nach § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB gänzlich ausgeschlossen, weil eine solche Zuvielforderung bei im Übrigen nicht zu beanstandenden Preisen nicht zur Unbilligkeit des Gesamtbetrags führen würde.
- 25
- bb) Andere Stimmen werten die getroffenen Abreden als Nettopreisvereinbarungen und sehen daher die Umsatzsteuer als eigenständigen Preisanteil nur dann als geschuldet an, wenn materiell-rechtlich eine entsprechende Steuerpflicht besteht (vgl. etwa das Berufungsgericht; OLG Braunschweig, Urteil vom 22. Mai 2018 - 8 U 130/17, juris Rn. 20 ff. [Revision anhängig unter dem Az. VIII ZR 212/18]). Die Selbständigkeit des Umsatzsteueranteils bei einer Nettopreisvereinbarung führt dazu, dass eine vom Leistenden angesetzte, dem Gesetz nach aber nicht angefallene Umsatzsteuer von diesem ohne Rechtsgrund vereinnahmt und daher ohne weiteres gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB an den Vertragspartner herauszugeben ist (vgl. auch Senatsurteil vom 2. November 2005 - VIII ZR 39/04, NJW 2006, 364 Rn. 14).
- 26
- c) Das Berufungsgericht hat angenommen, die jeweiligen Vertragsparteien hätten der Beklagten ein einseitiges Preisbestimmungsrecht nach §§ 316, 315 Abs. 3 Satz 1 BGB eingeräumt, das diese dahin ausgeübt habe, dass die für die Veräußerung von Zytostatika angesetzte Umsatzsteuer als selbständiger Preisbestandteil verlangt, also ein Nettopreis bestimmt worden sei. Dies ist in mehrfacher Hinsicht von Rechtsfehlern beeinflusst.
- 27
- aa) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass die Vertragsparteien keine Entgeltvereinbarung bezüglich der Herstellung und Lieferung von Zytostatika getroffen, sondern es vielmehr der Beklagten überlassen hätten, einseitig den Preis nach Maßgabe der §§ 316, 315 Abs. 3 Satz 1 BGB zu bestimmen. Es bleibt bereits unklar, worauf sich die Annahme des Berufungsgerichts gründet, die Vertragsparteien hätten keine stillschweigende Übereinkunft über die konkret geschuldete Vergütung getroffen. Selbst wenn es aber an einer konkreten Entgeltvereinbarung fehlte, führte dies nicht dazu, dass der Beklagten die Befugnis eingeräumt wäre, die Vergütung einseitig nach den Grundsätzen der §§ 316, 315 Abs. 3 Satz 1 BGB zu bemessen.
- 28
- (1) Das Berufungsgericht hat übersehen, dass eine vertragliche Vereinbarung über die für die gefertigten Krebsmedikamente konkret geschuldete Vergütung auch noch nach der Herstellung oder gar der Verabreichung der Medikamente erfolgen kann. Eine solche Einigung kann unter den hier gegebenen besonderen Umständen (Vertragsgegenstand, keine angemeldeten oder ersichtlichen Bedenken gegen die Angemessenheit der verlangten Vergütung; Erstattung durch den privaten Krankenversicherer der Patienten) insbesondere dadurch erzielt werden, dass der Versicherungsnehmer des privaten Krankenversicherers die von dem Krankenhaus jeweils in den gestellten Rechnungen geforderten Beträge durch vorbehaltlos erbrachte Zahlungen entsprechend § 151 BGB billigt und dadurch die bis dahin bezüglich der konkreten Vergütungshöhe bestehende Vertragslücke schließt (Senatsurteile vom heutigen Tag - VIII ZR 7/18, unter II 1 c aa (2) (b) (cc); VIII ZR 115/18, unter II 1 c aa (1); VIII ZR 189/18, unter II 1 c aa (1); jeweils zur Veröffentlichung bestimmt; vgl. auch BSG, NJOZ 2009, 1914 Rn. 16). Dieser Möglichkeit hat sich das Berufungsgericht verschlossen und ist stattdessen in Einklang mit einer in der Instanzrechtsprechung häufiger vertretenen Auffassung (vgl. etwa OLG Köln, NJW-RR 2012, 1520, 1521) zu der Einschätzung gelangt, dass die jeweiligen Vertragsparteien der Beklagten ein einseitiges Preisbestimmungsrecht nach § 316 BGB mit der Bindungswirkung nach § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB eingeräumt hätten.
- 29
- (2) Dies hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Zwar darf bei Individualerklärungen deren Auslegung durch den Tatrichter vom Revisionsgericht nur eingeschränkt daraufhin überprüft werden, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, die Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt sind, wesentlicher Auslegungsstoff außer Acht gelassen worden ist oder die Auslegung auf mit der Revision gerügten Verfahrensfehlern beruht (st. Rspr.; vgl. etwa Senatsurteile vom 12. Oktober 2016 - VIII ZR 55/15, BGHZ 212, 248 Rn. 35; vom 25. April 2018 - VIII ZR 176/17, NJW 2018, 2472 Rn. 30). Solche Rechtsfehler sind dem Berufungsgericht jedoch unterlaufen.
- 30
- (a) Ein Patient, der von einem Krankenhaus ambulant mit von der hauseigenen Apotheke individuell hergestellten Zytostatika behandelt wird, kommt zwar regelmäßig nicht mit der Apotheke in Kontakt und erhält grundsätzlich vorher auch keine Informationen über die konkret geschuldete Höhe der Vergütung. Aus diesem Umstand kann jedoch nicht abgeleitet werden, Patient und Krankenhaus hätten keine konkreten Preisabreden getroffen, sondern letzterem ein Preisbestimmungsrecht nach den Grundsätzen der §§ 315, 316 BGB (so aber etwa OLG Köln, aaO) mit der Bindungswirkung des § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB eingeräumt. Denn dies wird weder dem eingeschränkten Anwendungsbereich des § 316 BGB noch der beiderseitigen Interessenlage gerecht.
- 31
- (aa) In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist schon seit langem anerkannt , dass bei fehlenden Preisabreden eine Heranziehung des § 316 BGB nur ausnahmsweise in Betracht kommt. Die genannte Vorschrift stellt lediglich eine nur im Zweifel eingreifende gesetzliche Auslegungsregel dar, der gegen- über die Vertragsauslegung den Vorrang hat (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 13. März 1985 - IVa ZR 211/82, BGHZ 94, 98, 101 f. mwN; vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, NJW 2010, 1742 Rn. 18). Daher kann eine Vertragslücke nicht durch Rückgriff auf § 316 BGB geschlossen werden, wenn und weil dies dem Interesse der Vertragsparteien und ihrer wirklichen oder mutmaßlichen Willensrichtung typischerweise nicht entspricht (vgl. etwa BGH, Urteile vom 13. März 1985 - IVa ZR 211/82, aaO S. 102 mwN; vom 13. April 2010 - XI ZR197/09, aaO). Vielmehr ist es geboten, die bestehende Lücke durch Auslegung (BGH, Urteil vom 13. März 1985 - IVa ZR 211/82, aaO S. 103 f.) oder durch Anwendung der Grundsätze der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen, wobei im letztgenannten Fall die den Gegenstand der Leistung und die das Vertragsverhältnis prägenden Umstände maßgebend sind (vgl. etwa BGH, Urteile vom 4. April 2006 - X ZR 122/05, BGHZ 167, 139 Rn. 10; vom 26. September 2006 - X ZR 181/03, NJW-RR 2007, 103 Rn. 20; vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, aaO).
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- (bb) Gemessen an diesen Maßstäben hat ein einseitiges Preisbestimmungsrecht der Beklagten nach § 316 BGB von vornherein auszuscheiden. Es spricht einiges dafür, dass sich die Beteiligten - was im Wege der Parteiautonomie ohne weiteres möglich ist - stillschweigend bereits bei der Zurverfügungstellung der Zytostatika gegen spätere Rechnungstellung konkludent dahin geeinigt haben, dass diese Medikamente nur gegen Zahlung eines angemessenen und grundsätzlich erstattungsfähigen Entgelts geliefert werden sollen und dass über deren konkrete Höhe später noch eine Übereinkunft erzielt werden muss (vgl. hierzu etwa BGH, Urteile vom 28. Juni 1982 - II ZR 226/81, NJW 1982, 2816 unter 1; vom 11. Mai 2009 - VII ZR 11/08, BGHZ 181, 47 Rn. 44). Die betroffenen Patienten, wie hier die Versicherungsnehmer der Klägerin, erhalten die benötigten Medikamente in dem Bewusstsein, dass sie hierfür eine angemessene Vergütung zu erbringen haben. Durch die gewählte Vorgehensweise - Zurverfügungstellung der Zytostatika gegen spätere Rechnungstellung - gibt das Krankenhaus (hier die Beklagte) zu erkennen, dass sie damit einverstanden ist, die konkret geschuldete Vergütung erst im Nachhinein zu vereinbaren.
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- Letztlich kann jedoch dahinstehen, ob den Erklärungen der Vertragsparteien im Wege der Auslegung (§§ 133, 157 BGB) zu entnehmen ist, dass sie sich bereits bei Verabreichung der Medikamente stillschweigend über die Grundsätze der Preisbemessung geeinigt haben. Denn falls dies nicht der Fall gewesen sein sollte, ergäbe sich jedenfalls im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung , dass der Beklagten ein Rückgriff auf die Bemessungsgrundsätze der §§ 316, 315 BGB versagt ist. Bei dem Erwerb von durch die Krankenhausapotheke individuell hergestellten Zytostatika für eine ambulante Krankenhausbehandlung entspricht es weder den Interessen der Beteiligten noch deren mutmaßlichem Willen, dass das Krankenhaus eine einseitige Preisbestimmung nach §§ 316, 315 BGB vornimmt.
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- Ein privatversicherter Patient hat kein erkennbares Interesse daran, dem Träger einer Krankenhausapotheke, zu der er nicht einmal Kontakt aufgenommen hat, das Recht einzuräumen, die Höhe der geschuldeten Gegenleistung nach freiem Ermessen und damit bis zur Grenze der Unbilligkeit (§§ 316, 315 BGB) einseitig zu bestimmen. Denn in einem solchen Fall wäre er gezwungen, auch einen Betrag zu bezahlen, der sogar an der Obergrenze der Spanne läge, die sich noch innerhalb der Billigkeit bewegte (vgl. BGH, Urteil vom 13. März 1985 - IVa ZR 211/82, aaO S. 102). Dass dies seinen Interessen zuwiderläuft, ergibt sich bereits daraus, dass der Patient darauf angewiesen ist, von seiner Krankenversicherung (und gegebenenfalls zusätzlich von anderer Stelle) eine Kostenerstattung zu erhalten, was wiederum voraussetzt, dass angemessene und grundsätzlich erstattungsfähige Preise berechnet werden. Das Krankenhaus hat ebenfalls kein berechtigtes Interesse daran, einen über das Angemessene (einschließlich einer üblichen Gewinnspanne) hinausgehenden, allein nach billigem Ermessen festzusetzenden Preis zu verlangen.
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- Im Hinblick auf diese Interessenlage entspräche ein solches Vorgehen auch nicht dem mutmaßlichen Willen der Vertragsparteien. Soweit dies den beim Bundesgerichtshof anhängigen Verfahren zu entnehmen ist, haben die Krankenhäuser sich bei ihrer Preisbemessung auch nicht an § 316 BGB, sondern an den Preisen der verarbeiteten Ausgangsstoffe orientiert (vgl. hierzu auch Senatsurteil vom 9. Mai 2018 - VIII ZR 135/17, NJW-RR 2018, 942 Rn. 25) und lediglich (angemessene) Zuschläge (insbesondere Zubereitungs- pauschale in Höhe von 90 €; vgl. § 5 Abs. 1 Arzneimittelpreisverordnung [AMPreisVO]) zur Vergütung ihrer Eigenleistung verlangt.
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- (b) Damit käme das vom Berufungsgericht angenommene einseitige Preisbestimmungsrecht der Beklagten selbst dann nicht in Betracht, wenn es - was im Streitfall keiner endgültigen Klärung bedarf - an einer Vergütungsabrede der Vertragsparteien (zunächst) gefehlt hätte. Denn die in diesem Fall bestehende Vertragslücke wäre nach den Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung , die der Senat selbst vornehmen könnte, weil weitere auslegungsrelevante Feststellungen nicht zu erwarten sind, dahin zu schließen, dass ein angemessener, grundsätzlich von den Krankenversicherern erstattungsfähiger Preis geschuldet gewesen wäre.
- 37
- Eine solche Lückenschließung ist aber im Streitfall deswegen entbehrlich (geworden), weil die Vertragsparteien dadurch nachträglich wirksame Preisab- reden getroffen haben, dass die Beklagte dem Versicherungsnehmer der Klägerin für die verabreichten Medikamente jeweils Rechnungen unter Ausweis der verlangten Beträge gestellt und dieser deren Angebote durch vorbehaltlose Zahlungen gemäß § 151 BGB angenommen hat. Da der Senat an das rechtsfehlerhaft gewonnene Auslegungsergebnis des Berufungsgerichts nicht gebunden ist und weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind, kann der Senat diese Auslegung selbst vornehmen (vgl. etwa Senatsurteil vom 25. April 2018 - VIII ZR 176/17, aaO Rn. 32 mwN). Durch die gewählte Vorgehensweise - Bekanntgabe der Preise erst im Rahmen der Rechnungstellung - brachte die Beklagte zum Ausdruck, dass sie auf die Erklärung einer Annahme des Vergütungsangebots dem Versicherungsnehmer der Klägerin gegenüber verzichtete und es aus ihrer Sicht vielmehr genügte, dass dieser den Rechnungsbetrag ausglich. Mit der vorbehaltlosen Begleichung des Rechnungsbetrags bestätigte der Versicherungsnehmer der Klägerin die Annahme dieses Angebots nach außen (§ 151 BGB; dazu bereits unter II 1 c aa (1); vgl. Senatsurteile vom heutigen Tag - VIII ZR 7/18, unter II 1 c aa (2); VIII ZR 115/18, unter II 1 c aa (1); VIII ZR 189/18, unter II 1 c aa (1); jeweils zur Veröffentlichung bestimmt; auch BSG, NJOZ 2009, 1914 Rn. 16; RGZ 129, 109, 113).
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- bb) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht weiter den gestellten Rechnungen entnommen, dass die Beklagte jeweils Nettopreise verlangt, also die angesetzte Umsatzsteuer als selbständigen Entgeltanteil gefordert habe. Diese Auffassung stützt es darauf, dass die Rechnungen sowohl Nettobeträge als auch die Umsatzsteuer auswiesen.
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- (1) Im Ausgangspunkt hat das Berufungsgericht zwar erkannt, dass nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung regelmäßig - auch wenn sich die Vertragsparteien nicht ausdrücklich darauf verständigt haben (vgl. Senatsurteil vom 24. Februar 1988 - VIII ZR 64/87, BGHZ 103, 284, 287) - vom Vorliegen einer Bruttopreisabrede auszugehen ist. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Vertragsparteien einen "Nettopreis" vereinbart haben, wofür auch ein Handelsbrauch oder eine Verkehrssitte maßgeblich sein kann (BGH, Urteile vom 14. Januar 2000 - V ZR 416/97, WM 2000, 915 unter II 1 mwN; vom 11. Mai 2001 - V ZR 492/99, NJW 2001, 2464 unter II 1; vom 28. Februar 2002 - I ZR 318/99, NJW 2002, 2312 unter II 1; BSG, aaO Rn. 17).
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- (2) Das Berufungsgericht hat diese Grundsätze aber deswegen nicht für anwendbar gehalten, weil eine Entgeltabrede nicht getroffen, sondern durch die Beklagte eine einseitige Preisbestimmung vorgenommen worden sei. Dabei hat es nicht nur verkannt, dass der Beklagten - wie bereits ausgeführt - ein Preisbestimmungsrecht nach §§ 316, 315 Abs. 3 Satz 1 BGB nicht eingeräumt worden ist, sondern hat sich auch den Blick dafür verschlossen, dass es für die Einordnung als "Bruttopreis- oder Nettopreisabrede" stets allein darauf ankommt , ob die Erklärungen der Vertragspartner ausdrücklich oder mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck bringen, dass ein Nettopreis geschuldet sein soll. Dies gilt nicht nur in den Fällen, in denen (stillschweigend) eine konkrete Engeltvereinbarung getroffen worden ist, sondern auch dann, wenn der Leistende den Preis einseitig nach §§ 316, 315 Abs. 3 Satz 1 BGB bestimmt haben sollte.
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- In der vorliegend in Frage stehenden Sachverhaltskonstellation sind die maßgeblichen Erklärungen der Krankenhäuser in den Rechnungstellungen zu sehen, deren Inhalt im Wege der Auslegung zu ermitteln ist. Die hierin liegende Erklärung der Krankenhäuser wird von den Instanzgerichten unterschiedlich ausgelegt. Manche Gerichte sehen darin richtigerweise ein an den Patienten gerichtetes Angebot auf Abschluss einer Vergütungsvereinbarung (siehe hierzu etwa OLG Schleswig, Urteil vom 20. Dezember 2017 - 4 U 69/17, juris Rn. 27, 38 [bestätigt durch Senatsurteil vom heutigen Tag - VIII ZR 7/18, unter II 1 c aa (2)]). Andere - so auch das Berufungsgericht - werten die Rechnungstellung als Ausübung eines einseitigen Preisbestimmungsrechts des Krankenhauses, die aber häufig - anders als vom Berufungsgericht - als Bruttopreisbestimmung angesehen wird (so etwa LG Essen, Urteil vom 27. Februar 2018 - 15 S 162/17, juris [nachfolgend Senatsurteil vom heutigen Tag - VIII ZR 115/18, aaO]).
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- (a) Die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung der in den Rechnungstellungen zu sehenden Erklärungen der Beklagten kann aus revisionsrechtlicher Sicht keinen Bestand haben. Seine Deutung, in den Rechnungstellungen sei die Ausübung eines einseitigen Preisbestimmungsrechts dahin erfolgt, dass ein Nettopreis verlangt werde, verstößt gegen den höchstrichterlich anerkannten Auslegungsgrundsatz, dass ein Nettoentgelt nur dann anzunehmen ist, wenn dies ausdrücklich oder wenigstens mit hinreichender Deutlichkeit den maßgeblichen Erklärungen der Vertragsparteien zu entnehmen ist. Aus den Angaben in den gestellten Rechnungen ergibt sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts gerade nicht, dass der von der Beklagten jeweils verlangte Preis die Umsatzsteuer als von den Versicherungsnehmern der Klägerin in zivilrechtlicher Hinsicht selbständig zu entrichtenden Preisbestandteil ausweist.
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- Zwar ist dort für jedes einzelne Medikament ein "Einzelpreis" und ein "Gesamtpreis" aufgeführt sowie unter der Rubrik "MWSt" ein Umsatzsteueranteil in Höhe eines Steuersatzes von 19 % angegeben. Der "Einzelpreis" ist in den Fällen, in denen nur eine Medikamenteneinheit abgerechnet wurde, unter der Rubrik "Menge" mit dem Faktor "1" versehen und damit identisch mit deren Nettopreis. Werden mehrere Einheiten (in der Rubrik "Menge" aufgeführt) in Rechnung gestellt, gibt der "Einzelpreis" den Nettopreis für eine Einheit wieder. Aus der an dieser Stelle allein interessierenden zivilrechtlichen Sicht ist daher der Sache nach, anders als die Revision meint, die tatrichterliche Bewertung des Berufungsgerichts - eine bindende tatsächliche Feststellung (vgl. hierzu Zöller/Feskorn, ZPO, 32. Aufl., § 314 Rn. 3) liegt entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung nicht vor -, dass die Rechnungen auch Nettobeträge enthalten , nicht zu beanstanden. Anderes gilt allerdings - dazu unter II 2 a aa (3) - in umsatzsteuerrechtlicher Hinsicht; insoweit hat das Berufungsgericht ohne Rücksicht auf die deutlich formaleren Anforderungen des Umsatzsteuerrechts das Vorliegen von "Rechnungen iSv § 14 UStG" bejaht. Die vom Berufungsgericht unzutreffend bewerteten steuerrechtlichen Anforderungen stellen jedoch dessen Bewertung, dass sich den Rechnungen auch Nettopreise entnehmen lassen, nicht in Frage.
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- Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung kann aus dem Umstand , dass sich den Rechnungen aufgrund der Angabe der Einzelpreise letztlich auch die einzelnen Nettobeträge entnehmen lassen, nicht abgeleitet werden , dass es sich deswegen um "Nettoentgeltabreden" handele (eingehend hierzu Senatsurteil vom heutigen Tag - VIII ZR 115/18, unter II 1 c bb (2), zur Veröffentlichung bestimmt). Die Ausweisung eines "Einzelpreises", des Gesamtbetrags und des Umsatzsteuersatzes sowie die Angabe der im verlangten Rechnungsbetrag enthaltenen Umsatzsteuer lassen nicht den belastbaren Schluss zu, dass damit in zivilrechtlicher Hinsicht allein die Nettobeträge endgültig und der Umsatzsteueranteil nur im Falle des Bestehens einer Umsatzsteuerpflicht geschuldet sein sollten. Denn solche Angaben können auch allein deswegen erfolgt sein, um - wozu die Beklagte nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG befugt, wenn auch nicht verpflichtet war - eine Rechnung mit den in § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 7 und 8 UStG erforderlichen Angaben zu erstellen (Senatsur- teil vom heutigen Tag - VIII ZR 115/18), was der Beklagten allerdings - wie noch näher dazulegen sein wird - nicht vollständig gelungen ist.
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- (b) Die Auslegung des Berufungsgerichts, dass ein Nettopreis geschuldet ist und somit die zu Unrecht angesetzte Umsatzsteuer ohne weiteres nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB aus übergegangenem Recht (§ 86 Abs. 1 Satz 1, § 194 Abs. 2 VVG) an die Klägerin zurückzugewähren ist, kann folglich keinen Bestand haben. Vielmehr ist entsprechend dem von der höchstrichterlichen Rechtsprechung geprägten Grundsatz, dass regelmäßig von einem Bruttopreis auszugehen ist, auch vorliegend eine Bruttopreisvereinbarung anzunehmen , die - wie bereits ausgeführt - spätestens mit Übersendung der Rechnung und vorbehaltloser Zahlung der verlangten Beträge (stillschweigend) gemäß § 151 BGB zustande gekommen ist (vgl. hierzu Senatsurteile vom heutigen Tag - VIII ZR 7/18, unter II 1 c und VIII ZR 115/18, unter II 1 c; jeweils zur Veröffentlichung bestimmt). Da auch insoweit weitere Feststellungen nicht in Betracht kommen, kann der Senat diese Auslegung der Erklärungen der Vertragsparteien selbst vornehmen. Die in den verlangten Beträgen enthaltene Umsatzsteuer war damit als unselbständiger Bestandteil der Vergütung geschuldet.
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- 2. Aus den getroffenen Bruttopreisabreden folgt - anders als dies bei einer in den Grenzen der Billigkeit bindenden (Brutto-)Preisbestimmung der Beklagten nach § 316 BGB der Fall wäre - nicht, dass es der Klägerin aus übergegangenem Recht gänzlich verwehrt wäre, die auf die zu Unrecht angesetzten Umsatzsteueranteile entfallenden Beträge teilweise wegen ungerechtfertigter Bereicherung zurückzufordern. Vielmehr stehen der Klägerin gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1, § 194 Abs. 2 VVG auf sie übergegangene Rückzahlungsansprüche ihrer Versicherungsnehmer aus § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BGB aufgrund einer ergänzenden Vertragsauslegung (§ 157 BGB) der zwischen den Versicherungsnehmern der Klägerin und der Beklagten geschlossenen Verträge zu. Denn diese Vereinbarungen sind ergänzend dahin auszulegen, dass die Versicherungsnehmer der Klägerin nicht verpflichtet sein sollen, den in der vereinbarten Vergütung eingeschlossenen unselbständigen Umsatzsteueranteil auch dann zu tragen, wenn und sobald für die Beklagte die Möglichkeit besteht, ihrerseits einen Rückerstattungsanspruch betreffend die von ihr abgeführte Umsatzsteuer gegen das Finanzamt geltend zu machen.
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- a) Die Voraussetzungen einer ergänzenden Vertragsauslegung (§ 157 BGB) liegen vor. Der Senat kann die gebotene ergänzende Vertragsauslegung, die in ers48 ter Linie dem Tatrichter obliegt, selbst vornehmen, weil weitere tatsächliche Feststellungen nicht notwendig sind und es auch keiner Ermittlung von Erfahrungswissen oder Verkehrssitten bedarf (vgl. BGH, Urteile vom 25. November 2004 - I ZR 49/02, NJW-RR 2005, 687 unter A I 2 c; vom 18. Februar 2000 - V ZR 334/98, NJW-RR 2000, 894 unter II 3; jeweils mwN). Die Verträge zwischen den Versicherungsnehmern der Klägerin und der
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- Beklagten weisen - was das Berufungsgericht angesichts seiner unzutreffenden Annahme von Nettopreisabreden übersehen hat - infolge ihrer nicht bedachten Unvollständigkeit eine planwidrige Regelungslücke auf, die auch nicht durch das dispositive Recht geschlossen werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 11. Januar 2012 - XII ZR 40/10, NJW 2012, 844 Rn. 24 mwN; vom 4. März 2004 - III ZR 96/03, BGHZ 158, 201, 206 f.; Palandt/Ellenberger, BGB, 78. Aufl., § 157 Rn. 6 mwN). Denn die getroffenen Preisvereinbarungen lassen eine Bestimmung vermissen, die erforderlich ist, um den den geschlossenen Verträgen jeweils zu Grunde liegenden Regelungsplan der Vertragsparteien zu verwirkli- chen, so dass ohne die Vervollständigung der Abreden eine angemessene, interessengerechte Lösung nicht zu erzielen ist (vgl. BGH, Urteile vom 3. Dezember 2014 - VIII ZR 370/13, NJW 2015, 1167 Rn. 24 mwN; vom 11. Januar 2012 - XII ZR 40/10, aaO mwN). Die planwidrige Regelungslücke besteht darin, dass die Vertragsparteien
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- entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts weder ausdrücklich noch konkludent bestimmt haben, wie ihre jeweilige Preisabrede vor dem Hintergrund der ihnen nicht bekannten, zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses von ihnen fehlerhaft beurteilten umsatzsteuerlichen Rechtslage sowie der daran anknüpfenden rechtstatsächlichen Entwicklungen ausgestaltet sein sollte (dazu unter aa). Der Annahme einer ausfüllungsbedürftigen Regelungslücke steht nicht entgegen , dass die getroffenen Preisvereinbarungen als Bruttopreisabreden einzuordnen sind (dazu unter bb). aa) Die Versicherungsnehmer der Klägerin und die Beklagte gingen - wie
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- die Finanzbehörden und die maßgeblichen Verkehrskreise - zum Zeitpunkt der jeweiligen Vertragsschlüsse von einer materiellen Umsatzsteuerpflicht in Bezug auf die streitgegenständlichen Zytostatikalieferungen aus. Hieran zu zweifeln, bestand für die Vertragsparteien kein begründeter Anlass. Auch das Berufungsgericht hat keine gegenteiligen Feststellungen getroffen; insoweit übergangenen Sachvortrag zeigen weder die Revision noch die Revisionserwiderung auf. Vor dem Hintergrund dieser unzutreffenden Annahme einer bei Ver52 tragsabschluss bestehenden materiell-rechtlichen Umsatzsteuerpflicht der Beklagten haben die Vertragsparteien sich darauf beschränkt, den Inhalt der jeweils vertraglich begründeten Zahlungsverpflichtung der Versicherungsnehmer der Klägerin (§ 651 Satz 1 BGB aF, § 433 Abs. 2 BGB) allein dahin zu regeln, dass diese auch den - nach ihren Vorstellungen - auf den Umsatz der Beklagten entfallenden Umsatzsteueranteil tragen und damit in wirtschaftlicher Hinsicht die entsprechende Steuerlast (§ 13a Abs. 1 Nr. 1, § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1, § 2 Abs. 1 UStG) der Beklagten übernehmen sollten. Dagegen haben sie keine Regelung darüber getroffen, wie mit dem von den Versicherungsnehmern der Klägerin übernommenen Umsatzsteueranteil für den von den Vertragsparteien nicht bedachten und ihren Vorstellungen zuwiderlaufenden Fall zu verfahren ist, dass die ausgeführten Geschäfte bereits bei Vertragsschluss materiell-rechtlich nicht der Umsatzsteuerpflicht unterlagen (§ 4 Nr. 14 Buchst. b UStG) und die Finanzverwaltung in Anerkennung dieses Umstands später ihre steuerrechtliche Handhabung änderte und hierdurch der Beklagten die Möglichkeit eröffnete, ohne Beschreiten des Finanzrechtswegs eigene Rückerstattungsansprüche in Bezug auf die abgeführte Umsatzsteuer gegenüber dem Finanzamt erfolgreich geltend zu machen. (1) Anders als die Vertragsparteien bei dem Abschluss ihrer Vereinba53 rungen meinten, bestand für die Beklagte bezüglich der vereinbarten Herstellung und Lieferung von Zytostatika materiell-rechtlich keine Umsatzsteuerpflicht. Dies ergibt sich aus dem nach Durchführung der getätigten Rechtsgeschäfte ergangenen Urteil des Bundesfinanzhofs vom 24. September 2014 (V R 19/11, BFHE 247, 369), wonach die Verabreichung von individuell für den einzelnen Patienten in einer Krankenhausapotheke im Rahmen einer ambulant in einem Krankenhaus durchgeführten ärztlichen Heilbehandlung hergestellten Zytostatika entgegen den Regelungen in Abschn. 100 Abs. 3 Nr. 4 UmsatzsteuerRichtlinien 2005 (UStR 2005) und Abschn. 4.14.6 Abs. 3 Nr. 3, 4 UmsatzsteuerAnwendungserlass (UStAE) in der Fassung vom 1. Oktober 2010 (BStBl I S. 846; im Folgenden: UStAE aF) als ein mit der ärztlichen Heilbehandlung eng verbundener Umsatz gemäß § 4 Nr. 16 Buchst. b UStG aF (entsprechend § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG nF) steuerfrei ist.
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- (2) Bei Abschluss und Durchführung der mit dem Versicherungsnehmer der Klägerin getroffenen Vereinbarungen unterlag die Beklagte jedoch faktisch einer Verpflichtung zur Abführung der Umsatzsteuer, weil die Finanzbehörden und die maßgeblichen Verkehrskreise (vgl. Abschn. 100 Abs. 3 Nr. 4 UStR 2005 und Abschn. 4.14.6 Abs. 3 Nr. 3, 4 UStAE aF) von einer materiellrechtlichen Umsatzsteuerpflicht ausgingen (vgl. zu der Maßgeblichkeit auch dieser faktischen Umsatzsteuerpflicht im Vertragsverhältnis zwischen steuerpflichtigem Unternehmer und Leistungsempfänger BSG, NZS 2010, 154 Rn. 17 ff.). Dies änderte sich erst mit dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 28. September 2016 (Az. III C 3 - S 7170/11/10004, UR 2016, 891), mit dem dieses unter entsprechender Änderung des UmsatzsteuerAnwendungserlasses klarstellte, dass der Entscheidung des Bundesfinanzhofs in der Finanzverwaltung gefolgt werde und die Grundsätze dieses Urteils auch im Hinblick auf andere Arzneimittel, die wie Zytostatika patientenindividuell hergestellt würden, Anwendung fänden. Zudem führte das Bundesministerium der Finanzen in dem genannten Schreiben aus, dass der Unternehmer, der sich für einen bereits getätigten Umsatz auf die Grundsätze des Urteils des Bundesfinanzhofs berufe und davon abweichend in einer Rechnung Umsatzsteuer ausgewiesen habe, zwar diese nach § 14c Abs. 1 UStG schulde (vgl. zur Anwendbarkeit von § 14c Abs. 1 UStG auf Fälle des gesonderten Steuerausweises bei Umsatzsteuerfreiheit: BFHE 261, 451 Rn. 36 mwN [zu § 14 Abs. 2 UStG 1993/1999]; Abschn. 14c.1. Abs. 1 Satz 4 Alt. 1 und Satz 5 Nr. 3 UStAE), die Rechnung aber bei Behandlung des Umsatzes als steuerfrei gemäß § 31 Abs. 5 Satz 1 Buchst. b Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) berichtigen könne. (3) Die Krankenhäuser, die in der Vergangenheit für die Lieferung der
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- hier in Rede stehenden Zytostatika Umsatzsteuer abgeführt hatten, waren damit erstmals - ohne auf eine finanzgerichtliche Durchsetzung ihrer Ansprüche angewiesen zu sein - in die Lage versetzt, entweder entsprechend dem durch das Bundesministerium der Finanzen ausdrücklich gestatteten Vorgehen die gemäß § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG im Wege des gesonderten Steuerausweises ausgestellten Rechnungen gemäß § 14c Abs. 1 Satz 2, § 14 Abs. 6 Nr. 5 UStG in Verbindung mit § 31 Abs. 5 Satz 1 Buchst. b UStDV zu berichtigen oder (insoweit in dem genannten Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen nicht ausdrücklich angesprochen) in den Fällen der Abführung der Umsatzsteuer ohne einen - eine Rechnungskorrektur nach § 14c Abs. 1 Satz 2 UStG bedingenden - gesonderten Steuerausweis in den an die Patienten gerichteten Rechnungen geänderte Steueranmeldungen (§ 18 Abs. 3 UStG iVm § 150 Abs. 1 Satz 3, § 168 Satz 1, § 164 Abs. 2 Satz 1 AO) rückwirkend für die vergangenen Besteuerungszeiträume einzureichen, in denen die entsprechenden Verträge geschlossen worden waren. Die letztgenannte Fallgestaltung (kein gesonderter Ausweis der Umsatzsteuer) liegt hier entgegen der Annahme des Berufungsgerichts vor, wie im weiteren Verlauf noch näher auszuführen sein wird. Damit war auch die bei Vertragsschluss zunächst noch faktisch bestehende Umsatzsteuerpflicht der Beklagten entfallen und für sie die Möglichkeit eröffnet , die zunächst abgeführten Umsatzsteuerbeträge von dem Finanzamt sicher zurückzuerlangen. In umsatzsteuerrechtlicher Hinsicht wäre als Pflichtangabe einer Rech56 nung (§ 14 Abs. 1 Satz 1 UStG) gemäß § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 7 UStG (sowie als Voraussetzung eines gesonderten Steuerausweises im Sinne des § 14c UStG) eine - vorliegend nicht erfolgte - ausdrückliche Mitteilung des (Netto-) Entgelts im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG (BFHE 255, 340 Rn. 27; BFH/NV 2015 Rn. 16; BFHE 233, 94 Rn. 25) in Form eines Gesamtbetrags erforderlich gewesen. Denn das Entgelt als umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage (vgl. BFHE 193, 156, 158 mwN; BeckOK-UStG/Weymüller, Stand 15. Januar 2019, § 14 Rn. 390 f.) des - hier ebenfalls nur als Gesamtbetrag nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8 UStG ausgewiesenen - Umsatzsteuerbetrags muss sich aus der Rechnung "auf den ersten Blick" ergeben. Es genügt daher für eine Rechnung mit gesondertem Steuerausweis nicht, wenn das Gesamtnettoentgelt lediglich aufgrund der enthaltenen übrigen Angaben - hier durch das "Herausrechnen" der (Gesamt-)Umsatzsteuer aus dem Bruttorechnungsbetrag oder durch Addition der Einzelentgelte (ihrerseits zuvor multipliziert mit dem jeweils angegebenen Faktor) - errechnet werden kann (BFHE 193, 156, 160 mwN). (4) Der beschriebenen Rückerlangungsmöglichkeit steht auch nicht etwa
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- im konkreten Fall eine Bestandskraft der Steueranmeldungen der Jahre 2012 und 2013 der Beklagten entgegen. Denn nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist eine Bestandskraft der Steueranmeldungen (§ 168 AO) mit der Folge, dass die Beklagte nicht mehr gegen diese vorgehen könnte, nicht eingetreten; sei es - was allerdings durch das Berufungsgericht nicht festgestellt worden ist -, weil ein Vorbehalt iSd § 168 Satz 1, § 164 Abs. 1, Abs. 2 AO weiterhin wirksam, sei es, weil über einen etwaig fristgemäß (§ 355 Abs. 1 Satz 2 AO) eingelegten Einspruch der Beklagten gemäß § 347 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 AO bislang nicht entschieden worden ist. (5) Aufgrund der beschriebenen nachträglich erfolgten Entwicklungen
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- erweist sich das ursprünglich mit den getroffenen Preisvereinbarungen verfolgte Regelungsvorhaben als planwidrig unvollständig. Denn in Anbetracht der einvernehmlich angenommenen Umsatzsteuerpflicht lag ihnen die Vorstellung der Vertragsparteien zugrunde, dass die Beklagte den Umsatzsteueranteil in den vereinbarten Preisen allein zu dem Zweck erhalten (und im Verhältnis zu den Versicherungsnehmern der Klägerin - gegebenenfalls nach einem erfolgten Vorsteuerabzug - einbehalten) sollte, ihre Umsatzsteuerpflicht auf deren Kosten zu erfüllen. Da es der Beklagten aber nunmehr freisteht, die Umsätze aus den geschlossenen Verträgen gegenüber dem Finanzamt nachträglich ohne Beschreiten des Rechtswegs als steuerfrei zu behandeln, ist der (vollständige) Verbleib des auf den angesetzten Regelsteuersatz entfallenden Betrages bei der Beklagten ab dem Zeitpunkt des Bestehens dieser Möglichkeit nicht mehr von dem ursprünglich bestehenden Willen der Vertragsparteien gedeckt. Bliebe es unverändert bei den Preisvereinbarungen der Vertragsparteien, würde dies die Versicherungsnehmer der Klägerin ohne erkennbaren Grund zugunsten der Beklagten einseitig benachteiligen. Dies wäre unbillig und entspräche auch nicht dem objektiv zu ermittelnden hypothetischen Parteiwillen (dazu unter b). bb) Der Annahme einer planwidrigen Unvollständigkeit der streitgegen59 ständlichen Preisvereinbarungen steht auch nicht deren Einordnung als Bruttopreisabreden entgegen. Allein aus dem Umstand, dass die Vertragsparteien entgegen der Annahme des Berufungsgerichts jeweils keine Nettopreisabrede getroffen, sondern einen Preis vereinbart haben, der die Umsatzsteuer als unselbständigen Preisbestandteil mitumfassen sollte, kann nicht ohne weiteres geschlossen werden, dass diese Vereinbarungen in jeder Hinsicht abschließend und damit einer ergänzenden Vertragsauslegung nicht zugänglich wären, weil in sämtlichen Fällen einer solchen Vereinbarung beide Vertragsparteien das Risiko eines Irrtums über das Bestehen und die Höhe der Umsatzsteuerpflicht selbst tragen würden (so aber etwa BSG, NZS 2010, 154 Rn. 16; BSGE 101, 137 Rn. 12; BSG, NJOZ 2009, 1914 Rn. 19, 25). Eine solche Auffassung widerspricht dem allgemeinen zivilrechtlichen Grundsatz, dass es von dem im Wege der Auslegung unter Heranziehung aller Umstände des Einzelfalls zu ermittelnden wirklichen Willen der Vertragsparteien (§§ 133, 157 BGB) abhängt, ob und inwieweit die getroffenen Preisvereinbarungen abschließend sein sollten.
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- Da die Vertragsparteien bei ihren Preisvereinbarungen - wie auch die Finanzverwaltung und die maßgeblichen Verkehrskreise - übereinstimmend von dem Bestehen einer Umsatzsteuerpflicht ausgegangen sind, haben sie den Fall nicht für regelungsbedürftig gehalten, dass die getätigten Geschäfte bereits bei Vertragsabschluss umsatzsteuerfrei gewesen sind und die Finanzbehörden später auch ohne Beschreiten des Rechtswegs eine Rückforderungsmöglichkeit bezüglich der abgeführten Umsatzsteuer einräumen würden. In Anbetracht dieser besonderen Umstände kann nicht angenommen werden, die Vertragsparteien hätten eine abschließende Vereinbarung des Inhalts getroffen, dass es in jedem Fall bei dem vereinbarten Preis bleiben und die Versicherungsnehmer der Klägerin damit das Risiko tragen müssten, mehr zu zahlen, als erforderlich sein würde, um eine Umsatzsteuerpflicht der Beklagten aus den abgeschlossenen Verträgen zu erfüllen.
b) Die demnach eröffnete ergänzende Vertragsauslegung (§ 157 BGB)
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- führt vorliegend dazu, dass der Klägerin aus übergegangenem Recht ihrer Versicherungsnehmer nach § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BGB ein Erstattungsanspruch in Höhe der Differenz zwischen dem tatsächlich entrichteten und dem - bei anfänglicher Berücksichtigung der nachträglich eingetretenen steuerrechtlichen Entwicklungen - hypothetisch zwischen den Vertragsparteien vereinbarten Preis zusteht. Diese Differenz entspricht jeweils der durch die Versicherungsnehmer der Klägerin auf die gestellten Rechnungen geleisteten Umsatzsteuer , soweit diese auf solche Umsätze entfiel, für die eine entsprechende materiell -rechtliche Umsatzsteuerpflicht der Beklagten gemäß § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG zu keiner Zeit bestand, abzüglich der gegebenenfalls von der Beklagten in Bezug auf die umsatzsteuerfreien Umsätze anteilig in Abzug gebrachten Vorsteuer.
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- aa) Grundlage für die Ergänzung des Vertragsinhalts ist der hypothetische Wille der Vertragsparteien, wobei darauf abzustellen ist, was diese bei angemessener Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben redlicherweise im Zeitpunkt des Vertragsschlusses vereinbart hätten, wenn sie den nicht geregelten Fall bedacht hätten (BGH, Urteile vom 24. Januar 2008 - III ZR 79/07, NJW-RR 2008, 562 Rn. 15; vom 1. Juni 2005 - VIII ZR 234/04, NJW-RR 2005, 1421 unter II 2 b; vom 17. Mai 2004 - II ZR 261/01, NJW 2004, 2449 unter I 2; jeweils mwN). Dabei ist zunächst an den Vertrag selbst anzuknüpfen, dessen Regelungen und Wertungen sowie Sinn und Zweck Ausgangspunkt der Vertragsergänzung sind (BGH, Urteile vom 1. Juni 2005 - VIII ZR 234/04, aaO; vom 12. Februar 1988 - V ZR 8/87, NJW 1988, 2099 unter II 2; jeweils mwN). Die Regelungslücke ist hiernach im Wege einer ergänzenden Vertrags63 auslegung gemäß § 157 BGB in der Weise zu schließen, dass der jeweils geschlossene Vertrag insoweit nicht mehr als Rechtsgrund für einen der Höhe nach der entrichteten Umsatzsteuer entsprechenden Betrag dienen soll, als die Beklagte ihrerseits ohne das Beschreiten des Finanzrechtswegs nunmehr in der Lage ist, einen eigenen Rückzahlungsanspruch gegen das Finanzamt in Bezug auf die durch sie ohne materielle Rechtspflicht abgeführte Umsatzsteuer, also hinsichtlich des um einen etwaigen Vorsteuerabzug verminderten, zu Unrecht durch das Finanzamt vereinnahmten Steueranteils, erfolgreich geltend zu machen. (1) Mit Blick auf den Regelungsplan der jeweiligen Preisvereinbarung un64 ter Berücksichtigung von Treu und Glauben (§ 242 BGB) und der Verkehrssitte führt allein dieses Ergebnis zu einem angemessenen Interessenausgleich zwischen den Vertragsparteien. Unter den gegebenen Umständen entspricht es dem berechtigten Interesse der Versicherungsnehmer der Klägerin, eine an die Beklagte zum Zweck der Begleichung ihrer letztlich lediglich faktischen Um- satzsteuerpflicht erbrachte Vermögenszuwendung nur solange bei dieser zu belassen, wie sie diese zur Erfüllung ihrer vermeintlichen Steuerschuld auch fortdauernd "einsetzen" muss. Zugleich entspricht es auch dem hypothetischen Willen der Beklagten, die Versicherungsnehmer der Klägerin als ihre Vertragspartner nicht dauerhaft mit Zahlungspflichten zu belasten, wenn und soweit sie die abgeführte Umsatzsteuer vom Finanzamt zurückerlangen kann. (2) Der Annahme eines solchen hypothetischen Willens sowohl der Ver65 sicherungsnehmer der Klägerin als auch der Beklagten stehen auch nicht die von der Revision in anderem Zusammenhang vorgebrachten Einwände gegen die Zumutbarkeit einer umsatzsteuerrechtlichen Korrektur der getätigten Umsätze entgegen. (a) Dies gilt insbesondere für den von der Revision in anderem Zusam66 menhang vorgebrachten Einwand des mit einer Rückforderung der abgeführten Umsatzsteuer durch die Beklagte einhergehenden drohenden Verlustes der von dieser gegebenenfalls angemeldeten, auf die Verträge anteilig entfallenden Vorsteuerabzüge im Sinne des § 15 Abs. 1 UStG betreffend die Einkäufe von zur Herstellung der Zytostatika benötigten Grundstoffen. Denn der drohende Verlust der etwaig angemeldeten Vorsteuerabzüge betrifft nicht die Frage, ob eine ergänzende Vertragsauslegung vorzunehmen ist, sondern allein deren Inhalt , also die Frage, in welchem Umfang der Rechtsgrund für die jeweiligen Zahlungen des Versicherungsnehmers der Klägerin nach dem hypothetischen Willen der Vertragsparteien entfallen sollte. (b) Soweit die Revision weiter - wiederum in anderem Zusammenhang -
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- geltend macht, eine Rückerlangung der abgeführten Umsatzsteuer von dem Finanzamt sei für die Beklagte mit unzumutbar großen Mühen und Aufwendungen verbunden, steht dies der beschriebenen ergänzenden Vertragsauslegung (Wegfall des Rechtsgrunds bezüglich eines Betrags, der der entrichteten, materiell -rechtlich von der Beklagten aber nicht geschuldeten Umsatzsteuer entspricht , abzüglich des etwaig erfolgten Vorsteuerabzugs) ebenfalls nicht entgegen. (aa) Zunächst ist auch unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben
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- nicht zu erkennen, weshalb die Beklagte (ebenso wenig wie die Versicherungsnehmer der Klägerin) gänzlich frei von jeglichen Belastungen bleiben sollte, wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass die vertragliche Regelung allein zu Ungunsten ihres Vertragspartners lückenhaft geblieben ist. Soweit die Revision allein mit Blick auf solche Belastungen im Zusammenhang mit der Wiedererlangung der als Steuer von der Beklagten an das Finanzamt abgeführten Beträge zu dem Ergebnis gelangt, dass ein auf die Klägerin übergegangener Rückzahlungsanspruch ihrer Versicherungsnehmer im Ganzen nicht bestehen könne, stellt sie einseitig auf die Belange der Beklagten und nicht - wie geboten - darauf ab, was die Vertragsparteien bei angemessener Abwägung der beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien im Zeitpunkt des Vertragsschlusses vereinbart hätten, wenn sie den nicht geregelten Fall bedacht hätten. (bb) Der Beklagten ist insbesondere - was auch das Berufungsgericht im
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- Ergebnis zutreffend erkannt hat, von der Revision aber in anderem Zusammenhang in Zweifel gezogen wird - die Rückzahlung an die Klägerin auch nicht etwa deswegen unzumutbar, weil sie einen erheblichen Aufwand betreiben müsste, um ihrerseits die einmal abgeführte Umsatzsteuer von dem Finanzamt zurückzuerlangen. Ein solcher unzumutbarer (Verwaltungs-)Aufwand ist den weitgehend pauschal gehaltenen, ohnehin nicht auf entsprechenden Vortrag in den Tatsacheninstanzen gestützten Ausführungen der Revision zu dem "enorme[n]" personellen und materiellen Aufwand einer entsprechenden Korrektur nicht zu entnehmen und für den Senat auch sonst nicht ersichtlich. (aaa) Die Beklagte, die wie oben ausgeführt, mangels erforderlicher An70 gaben im Sinne des § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 7, 8 UStG keine Rechnungen im Sinne der §§ 14, 14c Abs. 1 UStG ausgestellt hat, hat daher auch eine Umsatzsteuerpflicht nicht durch einen gesonderten Steuerausweis gemäß § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG begründet (vgl. Abschn. 14c.1. Abs. 1 Satz 3 UStAE; vgl. zu dem gesonderten Steuerausweis bei § 14c Abs. 2 UStG: BFHE 255, 340 Rn. 32 f. mwN; bei § 14c Abs. 2 UStG 1999/2005: BFHE 233, 94 Rn. 25 f.). Damit ist ihr ein Vorgehen zur Erlangung eines Erstattungsanspruchs gegenüber dem Finanzamt im Wege der Rechnungskorrektur gemäß § 14c Abs. 1 Satz 2, § 14 Abs. 6 Nr. 5 UStG in Verbindung mit § 31 Abs. 5 Satz 1 Buchst. b UStDV verwehrt. Sie kann die abgeführte Umsatzsteuer jedoch zurückerlangen, indem sie
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- in Bezug auf die geschlossenen Verträge entweder vor dem Hintergrund eines noch wirksamen Vorbehalts der Steuerfestsetzung (§ 18 Abs. 3 UStG iVm § 150 Abs. 1 Satz 3, § 168 Satz 1, § 164 Abs. 2 Satz 1 AO) oder im Zuge eines gegebenenfalls noch laufenden Einspruchsverfahrens (§ 347 AO) geänderte Steueranmeldungen für die Jahre 2012 und 2013 einreicht. In beiden Fällen würde sie die betreffenden Ausgangsumsätze durch Streichung der jeweils als eingenommen angemeldeten Umsatzsteuer korrigieren. Mit diesem Vorgehen würde die Beklagte - jedenfalls anteilig - einen im Sinne des § 218 Abs. 1 Satz 1 und 2 AO durchsetzbaren Rückzahlungsanspruch gegen das Finanzamt gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 AO erlangen. Dafür, dass der Aufwand für die Angabe der jeweiligen Rechnungsnum72 mer und des Rechnungsbetrags der an die Versicherungsnehmer der Klägerin gestellten Rechnungen sowie die Bestimmung der etwaig umsatzsteuerfreien Positionen und das Herausrechnen der in Bezug auf die jeweilige Rechnung tatsächlich abgeführten Steuer - sofern eine Differenzierung zwischen umsatzsteuerfreien und etwaigen umsatzsteuerpflichtigen Positionen überhaupt in Betracht kommt - für die Beklagte so groß wäre, dass es gerechtfertigt erschiene, an dem durch Zahlung der Versicherungsnehmer der Klägerin eingetretenen Zustand dauerhaft festzuhalten und diesen eine Rückzahlung gänzlich vorzuenthalten , bestehen keine tragfähigen Anhaltspunkte. Die Revision macht zwar geltend, die Beklagte müsste manuell die betreffenden Rechnungen zunächst identifizieren und anschließend für sämtliche betroffenen Rechnungen den zur Rückforderung vom Finanzamt erforderlichen Verwaltungsaufwand betreiben, was die Einstellung und Einarbeitung neuer Mitarbeiter notwendig machte. Entsprechenden Sachvortrag in den Tatsacheninstanzen vermag sie insoweit jedoch nicht aufzuzeigen. (bbb) Im Anschluss an das beschriebene Vorgehen würde das Finanz73 amt im Hinblick auf den dann rückwirkend ausgeschlossenen, im damaligen Besteuerungszeitraum gegebenenfalls vorgenommenen Vorsteuerabzug (§ 15 Abs. 1 UStG) von Amts wegen tätig werden und die Beklagte dann auch daran mitwirken müssen, die von ihr nunmehr den einzelnen Verträgen zuzuordnenden Eingangsumsätze zu korrigieren. Denn die von der Beklagten aufgewendete Umsatzsteuer für die unter anderem auch zur Erfüllung der geschlossenen Verträge getätigten umsatzsteuerpflichtigen Aufwendungen (etwa beim Einkauf der zur Herstellung der Zytostatika erforderlichen Grundstoffe) bliebe infolge der rückwirkenden Behandlung der mit den Versicherungsnehmern der Klägerin getätigten Geschäfte als - ganz oder zumindest teilweise - umsatzsteuerfrei im Hinblick auf § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG nicht mehr vollständig gemäß § 15 Abs. 1 UStG dem Vorsteuerabzug unterworfen. Vielmehr wäre nun dem Umstand Rechnung zu tragen, dass der etwaige Vorsteuerabzug bei richtiger um- satzsteuerrechtlicher Behandlung der Geschäfte zwischen der Beklagten und den Versicherungsnehmern der Klägerin entsprechend § 15 Abs. 4 Satz 1 UStG (gemischte steuerfreie und steuerpflichtige Verwendung von gelieferten Gegenständen) von Anfang an nur gekürzt um diejenige anteilige Vorsteuer in Betracht gekommen wäre, die auf die Aufwendungen für die Lieferung von Zytostatika an die Versicherungsnehmer der Klägerin entfiel. Ein nicht mehr zumutbarer Aufwand für die Beklagte ist aber auch in die74 ser Mitwirkung bei der Rückgängigmachung der Vorsteuerabzüge nicht zu erkennen. Denn der Beklagten steht im Hinblick auf die für den einzelnen Vertrag etwaig anteilig in Abzug gebrachte Vorsteuer der Weg der sachgerechten Schätzung gemäß § 15 Abs. 4 Satz 2 UStG offen. Aus den im Verfahren vorgelegten Rezepten und Rechnungen ist für die Beklagte auch heute noch erkennbar , welche Medikamente sie jeweils in welcher Menge abgegeben hatte. (ccc) Ein übermäßiger und damit unzumutbarer Aufwand des Vorgehens
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- gegen das Finanzamt ergibt sich entgegen der Auffassung der Revision auch nicht aus anderen Gründen. Die Revision sieht insbesondere deswegen einen "enormen personellen
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- und materiellen Aufwand" auf die Beklagte zukommen, weil sie der Ansicht ist, das Vorgehen gegen das Finanzamt nicht auf einzelne Umsätze beschränken zu können, sondern in diesem Fall zu einer Berichtigung aller Rechnungen verpflichtet zu sein, gleich ob die Patienten privat oder gesetzlich krankenversichert seien. Für die Rückforderung der Umsatzsteuer würde mithin ein "Allesoder -Nichts"-Prinzip gelten, wonach die Beklagte nur einheitlich vorgehen könne , wobei sie dann für sämtliche in der Vergangenheit gestellte Rechnungen einheitlich vorgehen müsste.
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- Eine materiell-steuerrechtliche Vorschrift, die ein solches "Alles-oderNichts" -Prinzip für die rückwirkende Korrektur der Jahressteuerklärungen der Beklagten nach Maßgabe der tatsächlichen Rechtslage vorgibt, ist jedoch nicht ersichtlich. Insbesondere steht einem selektiven Vorgehen der Beklagten bei der Korrektur der Umsatzsteueranmeldungen nicht der sich aus Art. 3 Abs. 1 GG ergebende Grundsatz der Steuergerechtigkeit in seiner Ausprägung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung (vgl. Klein/Gersch, AO, 14. Auflage, § 3 Rn. 12) entgegen. Denn auch ein etwaig bestehendes Wahlrecht, nur einzelne, sämtliche oder keine Umsätze nachträglich im Verhältnis zu dem Finanzamt als umsatzsteuerfrei zu behandeln, stünde sämtlichen Umsatzsteuerpflichtigen, also allen beteiligten Krankenhäusern, in gleichgelagerten Fällen in gleicher Weise zu. Allerdings kann entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht
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- ausgeschlossen werden und ist daher im Revisionsverfahren zugunsten der Beklagten zu unterstellen, dass die Finanzbehörden ein solches einheitliches Vorgehen - sei es bezogen auf einzelne Veranlagungszeiträume, sei es insgesamt für die Vergangenheit - dennoch etwa aus Gründen einer praktikablen Handhabung der Rückabwicklung der Umsatzsteuer von den Steuerpflichtigen verlangen. Zwar ist dem Wortlaut des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen aus dem Jahr 2016 für den Bereich des Handelns der Finanzverwaltung ein solches "Alles-oder-Nichts"-Prinzip nicht zu entnehmen. Denn dort heißt es unter anderem: "Wird die Lieferung von Zytostatika als ein […] Umsatz […] steuerfrei behandelt", "Beruft sich der Unternehmer für einen bereits getä- tigten Umsatz auf die Grundsätze des BFH-Urteils […] V R 19/11", "Hat der Unternehmer in einer Rechnung für eine Lieferung einen Steuerbetrag ausgewie- sen […] kann er die Rechnung […] berichtigen" (UR 2016, 891, 892). Dies legt die Möglichkeit eines selektiven Vorgehens durch den betroffenen Unternehmer nahe. Welche Haltung die zuständigen Finanzbehörden einnehmen, ist aber offen. Diese Unwägbarkeiten führen jedoch nicht dazu, dass eine ergänzende
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- Vertragsauslegung auszuscheiden hätte. Denn selbst wenn sich die Beklagte im Hinblick auf die begehrte Rückerstattung der Umsatzsteuer gegenüber ihrem Finanzamt letztlich entscheiden müsste, ob sie sich bezüglich - im Extremfall - sämtlicher gleichgelagerter Verträge der Vergangenheit - soweit verfahrensrechtlich noch möglich - sich neu veranlagen lässt oder ob sie in keinem Fall eine Rückerstattung vom Finanzamt verlangt, ist aufgrund ihres Vortrags für den Senat nicht erkennbar, worin der unzumutbare Aufwand für eine solche vollständige Neuveranlagung für die Vergangenheit bestünde. Die bereits anfänglich ohne eine entsprechende materiell-rechtliche
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- Steuerpflicht abgeführte Umsatzsteuer könnte - nach einer gegebenenfalls notwendigen Unterscheidung zwischen steuerpflichtigen und steuerfreien Umsätzen innerhalb der Rechnungen - vielmehr im Ganzen zurückverlangt und die etwaigen Vorsteuerabzüge betreffend die hierfür durch die Beklagte getätigten umsatzsteuerpflichtigen Aufwendungen könnten im Einklang mit § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG durch das Finanzamt unkompliziert im Ganzen gestrichen werden. Hat die Beklagte zudem sämtliche Rechnungen wie hier ohne einen gesonderten Steuerausweis im Sinne des § 14c Abs. 1 UStG gestellt, würden diese Korrekturen nicht einmal davon abhängen, dass sie den vom Finanzamt verlangten Umsatzsteuerbetrag zuvor jeweils an ihre Vertragspartner zurückgezahlt hätte (so dagegen im Fall des gesonderten Steuerausweises: BFHE 261, 451 Rn. 49 ff.; Abschn. 14c.1. Abs. 5 Satz 4, Beispiel Satz 1 bis 3 UStAE). Ungeachtet dessen ist zumindest nicht auszuschließen, dass die Beklag81 te nicht von sämtlichen privaten Krankenversicherungen ihrer Vertragspartner beziehungsweise von sämtlichen gesetzlichen Krankenversicherungen überhaupt oder mit Erfolg (vgl. insoweit zum Beispiel: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 16. Januar 2018 - L 11 KR 1723/17, juris) in Anspruch genommen worden ist oder noch wird und sie auf diese Weise sogar noch einen Überschuss im Verhältnis zu den an sie gerichteten Rückzahlungsansprüchen erzielt. bb) Die sich im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung sonach erge82 benden Rückzahlungsansprüche der Versicherungsnehmer der Klägerin, die auf diese übergegangen sind, bestehen grundsätzlich nicht in voller Höhe der für den Erwerb von Zytostatika entrichteten Umsatzsteueranteile. Vielmehr ist er nur in Höhe der Differenz zwischen den vertraglich tatsächlich vereinbarten Entgelten und den Preisen gegeben, die die Versicherungsnehmer der Klägerin und die Beklagte zum Zeitpunkt der Vertragsschlüsse als redliche Vertragspartner hypothetisch vereinbart hätten, wenn ihnen die Steuerfreiheit der Umsätze der Beklagten aus den Verträgen über die Herstellung und Lieferung von Zytostatika bekannt gewesen wäre und sie ihrer Willensbildung weiter - als hypothetischen Umstand - zugrunde gelegt hätten, dass auch die Finanzbehörden bereits zum damaligen Zeitpunkt diesbezüglich von einer Umsatzsteuerfreiheit ausgingen. In Höhe dieser Differenz ist der Rechtsgrund für die jeweiligen Zahlungen der Versicherungsnehmer der Klägerin ab dem Zeitpunkt entfallen, in dem die Beklagte im Jahr 2016 schließlich die Möglichkeit erhielt, die abgeführte Umsatzsteuer von ihrem Finanzamt zurückzuerlangen. (1) Der danach maßgebliche hypothetisch vereinbarte Kaufpreis errech83 net sich für den jeweiligen Vertrag in der Weise, dass ein Betrag in Höhe des - auf die gemäß § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG steuerfreien Umsätze entfallenden - Umsatzsteueranteils von dem tatsächlich vereinbarten Kaufpreis abgezogen, dafür jedoch die auf die betreffenden Umsätze etwaig (anteilig) entfallende, von der Beklagten gegebenenfalls gemäß § 15 UStG bei ihrem Finanzamt angemeldete Vorsteuer addiert wird. (a) Die bei der Ermittlung der hypothetisch vereinbarten Preise vorzu84 nehmende Addition einer durch die Beklagte gegebenenfalls angemeldeten Vorsteuer entspricht dem - anknüpfend an die Regelungen und Wertungen der abgeschlossenen Verträge und gemessen an den Geboten von Treu und Glauben zu ermittelnden - hypothetischen Willen der Vertragsparteien. Wäre die Steuerfreiheit der streitgegenständlichen Umsätze gemäß § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG von Anfang an bekannt gewesen, hätte die Beklagte insoweit auch keinen Vorsteuerabzug gegenüber dem Finanzamt vornehmen können und damit die eigenen Umsatzsteueraufwendungen auf den jeweiligen Vertrag - ohne eine vertragliche Weitergabe an die Versicherungsnehmer der Klägerin - im Ergebnis zunächst selbst tragen müssen. (b) Der etwaige Entfall des Vorteils des Vorsteuerabzugs ist jedoch nach
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- dem hypothetischen Parteiwillen nicht endgültig von der Beklagten zu tragen. Denn dem Regelungsplan der jeweiligen Vertragsparteien liegt die Vorstellung zugrunde, dass die Aufwendungen, die die Beklagte für die Herstellung der Zytostatika dauerhaft zu erbringen hat, in voller Höhe an die Versicherungsnehmer der Klägerin weitergegeben werden. Ausgehend hiervon hätten die Vertragsparteien bei einer nicht gegebenen Möglichkeit des Vorsteuerabzugs der Beklagten ihren Preisvereinbarungen (neben etwaigen sonstigen zulässigerweise angesetzten Preisbestandteilen) redlicherweise - sofern dies nicht bereits (wegen unterbliebenen Vorsteuerabzugs) erfolgt sein sollte - auch die für die Medikamentenherstellung getätigten Aufwendungen (insbesondere die bei dem Einkauf der benötigten Grundstoffe und Materialien anfallenden Bruttopreise) zugrunde gelegt.
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- Dass der sich sonach ergebende Rückzahlungsanspruch der Klägerin wegen Schätzungsunwägbarkeiten (§ 15 Abs. 4 Satz 2 UStG) möglicherweise (geringfügig) einen von der Beklagten tatsächlich gegenüber dem Finanzamt realisierbaren Rückforderungsanspruch übersteigen würde, wäre unschädlich. Denn es entspricht nicht dem hypothetischen Willen der Vertragsparteien, den Versicherungsnehmern der Klägerin sämtliche Nachteile der Lückenhaftigkeit der mit der Beklagten getroffenen Preisvereinbarung aufzubürden. Diese haben bereits die Verpflichtung übernommen, der Beklagten auf ungewisse Zeit einen Umsatzsteuerbetrag zuzuwenden, dessen Abführung diese vorliegend materiell -rechtlich zu keinem Zeitpunkt geschuldet hatte. (2) Dagegen wären unter dem Gesichtspunkt eines (noch) angemesse87 nen Interessenausgleichs drohende erhebliche Zinsschulden der Beklagten gegenüber dem Finanzamt zu ihren Gunsten im Rahmen des hypothetischen Parteiwillens zu berücksichtigen. Die Bestimmungen der § 233a Abs. 1, 3 und 5, § 238 AO sehen vor, dass das Finanzamt bei einem rückwirkenden Ausschluss der vorgenommenen anteiligen Vorsteuerabzüge Zinsen in Höhe von jährlich sechs Prozent, beginnend 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres in dem die Steuer entstanden ist (§ 233a Abs. 2 Satz 1 AO), festsetzt. Allerdings drohen der Beklagten daraus in der vorliegenden Konstellation des nicht gesonderten Steuerausweises im Sinne des § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG selbst bei Verlust eines gegebenenfalls vorgenommenen Vorsteuerabzugs solche Nachteile nicht. Denn die Beklagte machte hier mit der geänderten Steueranmeldung
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- - anders als in den Fällen der Rechnungsberichtigung gemäß § 14c Abs. 1 Satz 2, § 14 Abs. 6 Nr. 5 UStG in Verbindung mit § 31 Abs. 5 Satz 1 Buchst. b UStDV - die Umsatzsteuerfreiheit der getätigten Geschäfte nicht im aktuellen Besteuerungszeitraum (§ 14c Abs. 1 Satz 2, § 17 Abs. 1 Satz 7 UStG), sondern rückwirkend für die damaligen Besteuerungszeiträume geltend, so dass sich angesichts des ursprünglichen Ansatzes des Regelsteuersatzes und (gegebenenfalls ) eines Vorsteuerabzugs einerseits und der mit der geänderten Steueranmeldung nunmehr geltend zu machenden Umsatzsteuerfreiheit (mit der Folge des Wegfalls eines etwaig erfolgten Vorsteuerabzugs) andererseits notwendig ein Saldo zugunsten der Beklagten ergeben wird, auf den das Finanzamt dann gemäß § 233a Abs. 1, 3 und 5, § 238 AO Zinsen allein zu Gunsten der Beklagten festsetzen wird. 3. Die Beklagte kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, sie sei auf89 grund der Abführung des jeweiligen Umsatzsteueranteils an das Finanzamt im Sinne des § 818 Abs. 3 BGB entreichert, weil der abgeführte Betrag nicht mehr in ihrem Vermögen vorhanden sei oder weil sie gegen das Finanzamt nur eine Rückforderung in etwas geringerem Umfang als den der Klägerin geschuldeten Rückzahlungsanspruch durchsetzen könne. Denn ungeachtet der Frage, in welchen Fallkonstellationen sich ein Be90 reicherungsschuldner gegebenenfalls auf den Wegfall der Bereicherung infolge einer Abführung der Umsatzsteuer berufen kann (vgl. hierzu BGH, Urteile vom 27. Januar 2015 - KZR 90/13, WM 2015, 680 Rn. 40; vom 18. April 2012 - VIII ZR 253/11, NVwZ-RR 2012, 570 Rn. 24; vom 8. Mai 2008 - IX ZR 229/06, NJW-RR 2008, 1369 Rn. 11; vom 15. Januar 1992 - IV ZR 317/90, WM 1992, 745 unter II 2; vom 25. März 1976 - VII ZR 32/75, BGHZ 66, 150, 157; vom 30. September 1970 - VIII ZR 221/68, NJW 1970, 2059 unter 4 b bb; RGZ 170, 65, 67 f.), ist der Beklagten die Möglichkeit der Berufung auf eine Entreicherung mit Blick auf die ergänzend ausgelegten Verträge zwischen ihr und den Versicherungsnehmern der Klägerin, auf denen der Wegfall des Rechtsgrunds und damit auch die nachträglich eintretende ungerechtfertigte Bereicherung der Beklagten beruht, bereits deswegen verwehrt, weil dies dem hypothetischen Parteiwillen zuwiderlaufen würde. Aus diesem Grund ist auch der Einwand der Re- vision unbeachtlich, dass eine Steuerschuld der Beklagten gemäß § 14c Abs. 1 UStG fortbestehe, weil diese mangels berechtigter Interessen der Versicherungsnehmer der Klägerin zur Vornahme einer nachträglichen Rechnungskorrektur gegenüber dem Finanzamt nicht verpflichtet sei. Wie oben ausgeführt, entspricht es dem hypothetischen Vertragswillen
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- der Vertragsparteien, dass die Beklagte den jeweiligen Umsatzsteueranteil zunächst erhält, um ihn ungeachtet des Fehlens einer entsprechenden materiellrechtlichen Verpflichtung auf Kosten der Versicherungsnehmer der Klägerin an das Finanzamt abzuführen und dort zu belassen, bis ihr in Zukunft eine Rückforderungsmöglichkeit eröffnet wird, und dass sie im Gegenzug in vertretbarem Umfang etwaige Nachteile einer erst nachträglichen Behandlung der Umsätze aus den Werklieferungsverträgen als umsatzsteuerfrei gegenüber ihrem Finanzamt übernimmt. In Anbetracht dieser sich aus der ergänzenden Auslegung der geschlossenen Verträge ergebenden Rechtslage kann die Beklagte sich weder mit Erfolg darauf berufen, dass ihr die an die Versicherungsnehmer der Klägerin auszukehrenden Beträge derzeit nicht mehr zur Verfügung stehen (zumal sie diese infolge einer geänderten Steueranmeldung ohne weiteres zurückerlangen kann), noch darauf, dass sie diese Beträge wegen steuerrechtlicher Unwägbarkeiten möglicherweise nur unter (geringfügigen) Kürzungen zurückerhält. Denn der hypothetische Parteiwille ist gerade darauf gerichtet, der Beklagten einen solchen Einwand abzuschneiden. 4. Ohne Erfolg erhebt die Revision schließlich bezüglich der auf die Klä92 gerin übergegangenen Rückzahlungsansprüche ihrer Versicherungsnehmer betreffend die auf die Rechnungen des Jahres 2012 erbrachten Zahlungen die Einrede der Verjährung. Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt gemäß § 195 BGB drei Jahre und wird nach § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB (frühestens) mit dem Schluss des Jahres in Lauf gesetzt, in dem der Anspruch entsteht. Die hier maßgeblichen Ansprüche aus § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BGB in Verbindung mit einer ergänzenden Vertragsauslegung (§ 157 BGB) sind erst mit Wegfall des Rechtsgrundes für die Rückzahlungsbeträge im Jahr 2016 entstanden, als der Beklagten die sichere Möglichkeit zur Rückforderung der vereinnahmten Umsatzsteuer vom Finanzamt infolge des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen und der darin unter anderem enthaltenen Anwendungserlassänderung - ohne eine etwaige finanzgerichtliche Durchsetzung - erstmals zur Verfügung stand. Die regelmäßige Verjährung würde damit bei ungestörtem Verlauf erst mit dem Verstreichen des 31. Dezember 2019 enden; zudem ist der Lauf der Verjährung mit der Klageerhebung gehemmt worden (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB).
III.
Nach alledem kann das Urteil des Berufungsgerichts keinen Bestand ha93 ben; es ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif. Sie ist deshalb zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das Berufungsgericht wird nach ergänzendem Parteivortrag Feststellun94 gen dazu zu treffen haben, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe die Beklagte in der Vergangenheit in Bezug auf die steuerfreien Umsätze der geschlossenen Verträge gegenüber dem Finanzamt bei ihren Umsatzsteuervoranmeldungen (§ 18 Abs. 1 UStG) beziehungsweise ihren (Jahres-)Steueranmeldungen (§ 18 Abs. 3 UStG) der Jahre 2012 und 2013 anteilig Vorsteuerabzüge vorgenommen hat. Diese Frage hat das Berufungsgericht aufgrund seiner rechtsfehlerhaften Annahme, es seien Nettopreisvereinbarungen zustande gekommen, bislang offengelassen.- 95
- Weiter wird das Berufungsgericht noch Feststellungen zu der Frage, ob tatsächlich sämtliche in den gestellten Rechnungen aufgeführten Umsätze gemäß § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG materiell-rechtlich umsatzsteuerfrei waren, zu treffen haben. Wie die Revision mit Erfolg rügt, hat das Berufungsgericht den Vortrag der Beklagten, nicht sämtliche in Rechnung gestellten Positionen hätten die umsatzsteuerfreie Abgabe von Zytostatika betroffen, zu Unrecht als unsubstantiiert bewertet (vgl. etwa Senatsbeschluss vom 11. Mai 2010 - VIII ZR 212/07, NJW-RR 2010, 1217 Rn. 11 mwN) und hat es zudem verfahrensfehlerhaft unterlassen, einen entsprechenden Hinweis (§ 139 ZPO) zu der aus seiner Sicht bestehenden Notwendigkeit ergänzenden Vortrags zu erteilen und zu dokumentieren. Dr. Milger Dr. Hessel Dr. Schneider Kosziol Dr. Schmidt
AG Aachen, Entscheidung vom 14.09.2017 - 107 C 540/16 -
LG Aachen, Entscheidung vom 09.02.2018 - 6 S 118/17 -
(1) Steht dem Versicherungsnehmer ein Ersatzanspruch gegen einen Dritten zu, geht dieser Anspruch auf den Versicherer über, soweit der Versicherer den Schaden ersetzt. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers geltend gemacht werden.
(2) Der Versicherungsnehmer hat seinen Ersatzanspruch oder ein zur Sicherung dieses Anspruchs dienendes Recht unter Beachtung der geltenden Form- und Fristvorschriften zu wahren und bei dessen Durchsetzung durch den Versicherer soweit erforderlich mitzuwirken. Verletzt der Versicherungsnehmer diese Obliegenheit vorsätzlich, ist der Versicherer zur Leistung insoweit nicht verpflichtet, als er infolgedessen keinen Ersatz von dem Dritten erlangen kann. Im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung der Obliegenheit ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen; die Beweislast für das Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit trägt der Versicherungsnehmer.
(3) Richtet sich der Ersatzanspruch des Versicherungsnehmers gegen eine Person, mit der er bei Eintritt des Schadens in häuslicher Gemeinschaft lebt, kann der Übergang nach Absatz 1 nicht geltend gemacht werden, es sei denn, diese Person hat den Schaden vorsätzlich verursacht.
(1) Soweit der Versicherungsschutz nach den Grundsätzen der Schadensversicherung gewährt wird, sind die §§ 74 bis 80 und 82 bis 87 anzuwenden. Die §§ 23 bis 27 und 29 sind auf die Krankenversicherung nicht anzuwenden. § 19 Abs. 4 ist auf die Krankenversicherung nicht anzuwenden, wenn der Versicherungsnehmer die Verletzung der Anzeigepflicht nicht zu vertreten hat. Abweichend von § 21 Abs. 3 Satz 1 beläuft sich die Frist für die Geltendmachung der Rechte des Versicherers auf drei Jahre.
(2) Steht dem Versicherungsnehmer oder einer versicherten Person ein Anspruch auf Rückzahlung ohne rechtlichen Grund gezahlter Entgelte gegen den Erbringer von Leistungen zu, für die der Versicherer auf Grund des Versicherungsvertrags Erstattungsleistungen erbracht hat, ist § 86 Abs. 1 und 2 entsprechend anzuwenden.
(3) Die §§ 43 bis 48 sind auf die Krankenversicherung mit der Maßgabe anzuwenden, dass ausschließlich die versicherte Person die Versicherungsleistung verlangen kann, wenn der Versicherungsnehmer sie gegenüber dem Versicherer in Textform als Empfangsberechtigten der Versicherungsleistung benannt hat; die Benennung kann widerruflich oder unwiderruflich erfolgen. Liegt diese Voraussetzung nicht vor, kann nur der Versicherungsnehmer die Versicherungsleistung verlangen. Einer Vorlage des Versicherungsscheins bedarf es nicht.
(1) Durch den Kaufvertrag wird der Verkäufer einer Sache verpflichtet, dem Käufer die Sache zu übergeben und das Eigentum an der Sache zu verschaffen. Der Verkäufer hat dem Käufer die Sache frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen.
(2) Der Käufer ist verpflichtet, dem Verkäufer den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen und die gekaufte Sache abzunehmen.
(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.
(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Durch den Kaufvertrag wird der Verkäufer einer Sache verpflichtet, dem Käufer die Sache zu übergeben und das Eigentum an der Sache zu verschaffen. Der Verkäufer hat dem Käufer die Sache frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen.
(2) Der Käufer ist verpflichtet, dem Verkäufer den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen und die gekaufte Sache abzunehmen.
(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.
(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.
(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.
(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.
(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.
(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.
(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.
(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.
(1) Steht dem Versicherungsnehmer ein Ersatzanspruch gegen einen Dritten zu, geht dieser Anspruch auf den Versicherer über, soweit der Versicherer den Schaden ersetzt. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers geltend gemacht werden.
(2) Der Versicherungsnehmer hat seinen Ersatzanspruch oder ein zur Sicherung dieses Anspruchs dienendes Recht unter Beachtung der geltenden Form- und Fristvorschriften zu wahren und bei dessen Durchsetzung durch den Versicherer soweit erforderlich mitzuwirken. Verletzt der Versicherungsnehmer diese Obliegenheit vorsätzlich, ist der Versicherer zur Leistung insoweit nicht verpflichtet, als er infolgedessen keinen Ersatz von dem Dritten erlangen kann. Im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung der Obliegenheit ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen; die Beweislast für das Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit trägt der Versicherungsnehmer.
(3) Richtet sich der Ersatzanspruch des Versicherungsnehmers gegen eine Person, mit der er bei Eintritt des Schadens in häuslicher Gemeinschaft lebt, kann der Übergang nach Absatz 1 nicht geltend gemacht werden, es sei denn, diese Person hat den Schaden vorsätzlich verursacht.
(1) Soweit der Versicherungsschutz nach den Grundsätzen der Schadensversicherung gewährt wird, sind die §§ 74 bis 80 und 82 bis 87 anzuwenden. Die §§ 23 bis 27 und 29 sind auf die Krankenversicherung nicht anzuwenden. § 19 Abs. 4 ist auf die Krankenversicherung nicht anzuwenden, wenn der Versicherungsnehmer die Verletzung der Anzeigepflicht nicht zu vertreten hat. Abweichend von § 21 Abs. 3 Satz 1 beläuft sich die Frist für die Geltendmachung der Rechte des Versicherers auf drei Jahre.
(2) Steht dem Versicherungsnehmer oder einer versicherten Person ein Anspruch auf Rückzahlung ohne rechtlichen Grund gezahlter Entgelte gegen den Erbringer von Leistungen zu, für die der Versicherer auf Grund des Versicherungsvertrags Erstattungsleistungen erbracht hat, ist § 86 Abs. 1 und 2 entsprechend anzuwenden.
(3) Die §§ 43 bis 48 sind auf die Krankenversicherung mit der Maßgabe anzuwenden, dass ausschließlich die versicherte Person die Versicherungsleistung verlangen kann, wenn der Versicherungsnehmer sie gegenüber dem Versicherer in Textform als Empfangsberechtigten der Versicherungsleistung benannt hat; die Benennung kann widerruflich oder unwiderruflich erfolgen. Liegt diese Voraussetzung nicht vor, kann nur der Versicherungsnehmer die Versicherungsleistung verlangen. Einer Vorlage des Versicherungsscheins bedarf es nicht.
Ist der Umfang der für eine Leistung versprochenen Gegenleistung nicht bestimmt, so steht die Bestimmung im Zweifel demjenigen Teil zu, welcher die Gegenleistung zu fordern hat.
(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.
(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.
(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.
BUNDESGERICHTSHOF
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 20. Februar 2019 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Milger, die Richterin Dr. Hessel sowie die Richter Dr. Schneider, Kosziol und Dr. Schmidt
für Recht erkannt:
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin ist eine private Krankenversicherung. Sie nimmt die Beklagte als Trägerin eines Krankenhauses auf Rückerstattung von Umsatzsteuer in Anspruch. Das von der Beklagten betriebene Krankenhaus stellt in seiner hauseigenen Apotheke patientenindividuell Zytostatika (Krebsmedikamente zur Anwendung in der Chemotherapie) her.
- 2
- Für die in den Jahren 2012 und 2013 erfolgte Abgabe solcher Medikamente an ambulant behandelte Versicherungsnehmer der Klägerin stellte die Beklagte diesen Rechnungen aus, die die Einzelpreise für die einzelnen Substanzen und auch die jeweils angesetzte Zubereitungspauschale für Zytostatika -Lösungen auflisteten sowie dabei für jede Positioneinen Umsatzsteuersatz in Höhe von 19 % auswiesen. Die Beklagte hat geltend gemacht, in den Rech- nungen seien auch Positionen enthalten, die keine Zytostatika oder patientenindividuelle Zubereitungen betroffen hätten und damit umsatzsteuerpflichtig seien. Die Versicherungsnehmer der Klägerin zahlten auf die genannten Rechnungen an die Beklagte einen Gesamtbetrag von 26.984,19 €, den sie von der Klägerin erstattet erhielten. Hiervon entfällt ein Betrag von 4.308,40 € auf die angesetzte Umsatzsteuer.
- 3
- Die Beklagte führte die in Ansatz gebrachten Umsatzsteuerbeträge an das zuständige Finanzamt ab. Ob und in welcher Höhe sie dabei einen Vorsteuerabzug vorgenommen hat, ist bislang ungeklärt. Dass die Umsatzsteuer bestandskräftig festgesetzt worden sei, macht die Beklagte nicht geltend.
- 4
- Am 24. September 2014 erging ein Urteil des Bundesfinanzhofs (Az. V R 19/11; veröffentlicht in BFHE 247, 369), wonach die im Rahmen einer ambulant in einem Krankenhaus durchgeführten Heilbehandlung erfolgte Verabreichung individuell für den einzelnen Patienten von einer Krankenhausapotheke hergestellter Zytostatika als ein mit der ärztlichen Heilbehandlung eng verbundener Umsatz gemäß § 4 Nr. 16 Buchst. b Umsatzsteuergesetz (UStG) (aF; seit 1. Januar 2009: § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG) steuerfrei ist. Unter dem 28. September 2016 folgte ein Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (Az. III C 3 - S 7170/11/10004; veröffentlicht in UR 2016, 891), das auf die genannte Entscheidung des Bundesfinanzhofs sowie - unter anderem - auf die Möglichkeit einer Berichtigung der wegen unrichtigen Ausweises der Steuer geschuldeten Beträge nach dem Umsatzsteuergesetz und auf einen dann eintretenden (rückwirkenden) Ausschluss der hierauf bezogenen Vorsteuerabzüge hinwies. Die Klägerin forderte daraufhin die Beklagte erfolglos zur Rückerstattung der vereinnahmten Umsatzsteuerbeträge auf.
- 5
- Mit der vorliegenden Klage hat die Klägerin einen auf Bereicherungsrecht gestützten Anspruch aus übergegangenem Recht ihrer Versicherungsnehmer auf Rückzahlung von insgesamt 4.308,40 € nebst Zinsen gegen die Beklagte geltend gemacht. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin hat das Landgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und der Klage stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
- 6
- Die Revision hat Erfolg.
I.
- 7
- Das Berufungsgericht (LG Aachen, Urteil vom 9. Februar 2018 - 6 S 118/17, juris) hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
- 8
- Der Klägerin stehe ein Anspruch auf Rückzahlung der von ihren Versicherungsnehmern an die Beklagte geleisteten Umsatzsteuer in Höhe von 4.308,40 € gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB in Verbindung mit §§ 86, 194 Abs. 2 VVG zu.
- 9
- In Höhe dieses Umsatzsteuerbetrags sei die Leistung der Versicherungsnehmer der Klägerin an die Beklagte ohne Rechtsgrund erfolgt. Die von der Beklagten abgerechneten Leistungen hätten sämtlich im Rahmen einer ambulant im Krankenhaus durchgeführten Heilbehandlung verabreichte und individuell von der Krankenhausapotheke hergestellte Zytostatika betroffen und seien damit - wie sich aus dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 24. September 2014 (aaO) ergebe - nicht umsatzsteuerpflichtig gewesen. Die Beklagte habe zwar geltend gemacht, einzelne, konkret bezeichnete Rechnungspositionen hätten der Umsatzsteuer unterlegen. Es fehle aber an Vorbringen dazu, auf welcher anderen Grundlage die genannten Positionen abgerechnet worden seien, so dass nicht habe ermittelt werden können, ob es sich insoweit um umsatzsteuerpflichtige Leistungen gehandelt habe.
- 10
- Da die Rechnungsbeträge zu Unrecht Umsatzsteuer in Höhe von 4.308,40 €eingeschlossen hätten und dieser Betrag auch von den Versicherungsnehmern der Klägerin an die Beklagte entrichtet worden sei, liege eine ungerechtfertigte Bereicherung der Beklagten vor. Denn im Verhältnis der Beklagten zu den Versicherungsnehmern der Klägerin seien Nettoentgeltvereinbarungen anzunehmen, die zur Folge hätten, dass die Umsatzsteuer einen selbständigen Entgeltbestandteil darstelle, der bei Bestehen einer Umsatzsteuerpflicht entweder einen Anspruch auf Umsatzsteuerzahlung oder im Falle der Umsatzsteuerfreiheit schlicht keine Verpflichtung zur Entrichtung des angesetzten Umsatzsteueranteils begründe.
- 11
- Zwar hätten die Vertragsparteien keine Vereinbarung über die Höhe des geschuldeten Entgelts getroffen. Auch die Vorschrift des § 632 BGB komme nicht zur Anwendung. Der Verkäufer von Medikamenten könne aber durch die Ausübung eines ihm zukommenden Leistungsbestimmungsrechts nach §§ 315, 316 BGB den Preis festlegen, was in der Regel durch die (erste) Rechnungstellung geschehe (vgl. OLG Köln, Urteil vom 22. Juni 2012 - 20 U 27/12, juris). Diese Befugnis erstrecke sich auch auf die Frage, ob ein in der verlangten Vergütung enthaltener Umsatzsteueranteil selbständiger oder unselbständiger Entgeltbestandteil sein solle. Von dem ihr zukommenden Bestimmungsrecht hinsichtlich der geschuldeten Gegenleistung habe die Beklagte durch den gesonderten Ausweis von Netto- und Umsatzsteuerbeträgen in den gestellten Rech- nungen dahin Gebrauch gemacht, dass die Umsatzsteuer ein selbständiger Preisbestandteil habe sein sollen, bezüglich dessen die Zahlungspflicht der Versicherungsnehmer der Klägerin allein davon abhänge, ob es sich tatsächlich um ein umsatzsteuerpflichtiges Geschäft handele. Aus diesem Grunde könne die Beklagte nicht geltend machen, dass die Möglichkeit eines Vorsteuerabzugs maßgebender Faktor bei der Preiskalkulation gewesen sei.
- 12
- Die Beklagte könne sich auch nicht gemäß § 818 Abs. 3 BGB auf eine Entreicherung berufen. Denn es treffe sie eine vertragliche Nebenpflicht, die erstellten Rechnungen zu berichtigen, so dass sie die gezahlten Umsatzsteuerbeträge vom Finanzamt erstattet verlangen könne, wonach ihre Bereicherung fortbestehe. Die Interessenlage sei mit der eines Unternehmers vergleichbar, der als Leistungsempfänger ohne eine ordnungsgemäße Rechnung des Leistenden einen Vorsteuerabzug nicht geltend machen könne. Für diese Fälle habe die höchstrichterliche Rechtsprechung aus den Geboten von Treu und Glauben eine Nebenpflicht zur ordnungsgemäßen Rechnungserteilung beziehungsweise zu einer Berichtigung einer Rechnung abgeleitet. Zwar handele es sich bei den Versicherungsnehmern der Klägerin nicht um Unternehmer, so dass bei diesen kein Vorsteuerabzug im Raume gestanden habe. Da aber die Beklagte eine Rechnung gemäß § 14 UStG erteilt und hierdurch ihr Leistungsbestimmungsrecht nach §§ 315, 316 BGB dahingehend ausgeübt habe, dass die Umsatzsteuer selbständiger Entgeltbestandteil habe sein sollen, sei auch bei den Versicherungsnehmern der Klägerin ein berechtigtes Interesse an der Ausstellung einer richtigen Rechnung entstanden, mit dem eine entsprechende Nebenpflicht der Beklagten einhergehe.
- 13
- Eine solche Nebenpflicht führe für die Beklagte auch nicht zu einem untragbaren Ergebnis im Hinblick auf ihren Verwaltungsaufwand. Dass damit ein außergewöhnlicher Aufwand verbunden sei, habe die Beklagte nicht hinrei- chend dargelegt. Zudem reiche die Nebenpflicht der Beklagten nur soweit, solche Rechnungen zu berichtigen, die Gegenstand bereicherungsrechtlicher Rückforderungsansprüche seien.
- 14
- Der Rückforderungsanspruch sei auch nicht verjährt, da die Klägerin nach dem Forderungsübergang erst mit dem bereits angeführten Urteil des Bundesfinanzhofs Kenntnis von dem Rückforderungsanspruch erlangt habe. Deshalb habe die dreijährige Regelverjährungsfrist (§ 195 BGB) gemäß § 199 Abs. 1 BGB erst mit Schluss des Jahres 2014 zu laufen begonnen und sei durch die erfolgte Klageerhebung rechtzeitig gehemmt worden.
II.
- 15
- Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein bereicherungsrechtlicher Anspruch der Klägerin aus übergegangenem Recht (§ 86 Abs. 1 Satz 1, § 194 Abs. 2 VVG) auf vollständige Rückzahlung der Beträge, die den von ihren Versicherungsnehmern jeweils geleisteten und von ihr erstatteten Umsatzsteueranteilen von 19 % entsprechen, mithin auf eine Rückzahlung von 4.308,40 € (nebst Zinsen), nicht bejaht werden.
- 16
- Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht die zwischen den Versicherungsnehmern der Klägerin und der Beklagten zustande gekommenen Entgeltvereinbarungen als Nettopreisabreden eingestuft, bei denen die Umsatzsteuer einen selbständigen Entgeltbestandteil darstelle und daher die Zahlungspflicht der Versicherungsnehmer der Klägerin insoweit allein davon abhänge, ob es sich tatsächlich um ein umsatzsteuerpflichtiges Geschäft handele. Dabei hat es zu Unrecht angenommen, der Beklagten sei bezüglich der geschuldeten Ge- genleistung ein Leistungsbestimmungsrecht nach §§ 315, 316 BGB eingeräumt worden, das diese mit Rechnungstellung wirksam dahin ausgeübt habe, dass der Umsatzsteueranteil selbständiger - und damit im Falle der Umsatzsteuerfreiheit nach Bereicherungsrecht rückforderbarer - Preisbestandteil gewesen sei. Daraus hat es die unzutreffende Rechtsfolge abgeleitet, die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, die Möglichkeit eines Vorsteuerabzugs sei maßgebender Faktor bei der Preiskalkulation gewesen.
- 17
- Die Klägerin kann aufgrund einer ergänzenden Vertragsauslegung (§ 157 BGB) der zwischen den Versicherungsnehmern der Klägerin und der Beklagten geschlossenen Verträge (dazu unter II 2 a) gemäß § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BGB in Verbindung mit § 86 Abs. 1 Satz 1, § 194 Abs. 2 VVG nur Rückzahlung der Beträge verlangen, die der von ihren Versicherungsnehmern auf die gestellten Rechnungen geleisteten Umsatzsteuer für Zytostatika abzüglich der von der Beklagten hierfür gegebenenfalls in Abzug gebrachten Vorsteuer , mithin also dem von der Beklagten letztlich insoweit an das Finanzamt abgeführten Teil der Umsatzsteuer entsprechen (dazu unter II 2 b).
- 18
- 1. Auf die zwischen den Versicherungsnehmern der Klägerin und der Beklagten begründeten Vertragsverhältnisse ist, soweit die Herstellung und die Veräußerung von Zytostatika betroffen sind, Werklieferungsrecht (§ 651 BGB aF; heute § 650 BGB) anzuwenden. Dabei haben die Vertragsparteien - anders als das Berufungsgericht angenommen hat - bezüglich der Entgeltpflicht der Versicherungsnehmer der Klägerin (§ 433 Abs. 2 BGB) stillschweigend Bruttopreisabreden getroffen, bei denen die im Preis eingeschlossene Umsatzsteuer von 19 % einen unselbständigen Entgeltbestandteil bildet. Dies führt dazu, dass einerseits eine Rückforderung der Beträge, die auf die zu Unrecht für die verabreichten Zytostatika angesetzten Umsatzsteueranteile entfallen, - anders als bei den vom Berufungsgericht bejahten Nettopreisabreden - nicht per se möglich ist, dass sie aber andererseits auch nicht - wie etwa bei einer von der Revision angenommenen nach § 315 Abs. 3Satz 1 BGB bis zur Grenze der Unbilligkeit bindenden (einseitigen) (Brutto-)Preisbestimmung der Beklagten gemäß § 316 BGB - gänzlich ausgeschlossen ist.
- 19
- a) Werden von einer Krankenhausapotheke an einen privat versicherten Patienten zur ambulanten Behandlung in der Klinik individuell hergestellte Krebsmedikamente entgeltlich abgegeben, ist auf das zwischen dem Krankenhaus und dem Patienten bestehende Vertragsverhältnis Werklieferungsrecht (§ 650 BGB; bis 31. Dezember 2017: § 651 BGB aF) anzuwenden, so dass bezüglich der Entgeltpflicht § 433 Abs. 2 BGB gilt (vgl. etwa OLG Köln, NJW-RR 2012, 1520, 1521). Teilweise wird ein solches Vertragsverhältnis in der Instanzrechtsprechung als Behandlungsvertrag nach § 611 BGB (heute: §§ 630a, 630b BGB) eingeordnet mit der Folge, dass dann zumindest die übliche Vergütung (§ 612 Abs. 2 BGB) geschuldet wäre (vgl. etwa LG Köln, Urteil vom 18. Juli 2018 - 25 S 15/17; Revision anhängig unter dem Az. VIII ZR 264/18).
- 20
- Hierbei wird außer Acht gelassen, dass die ambulante Heilbehandlung durch den zuständigen Krankenhausarzt und die Abgabe der Krebsmedikamente durch die Krankenhausapotheke zwei selbständige Leistungen (ärztliche Behandlung durch den Arzt; Herstellung der Medikamente durch die Apotheke) darstellen, die entweder im Rahmen zweier getrennter Vertragsverhältnisse oder als selbständige Teile eines einheitlichen typengemischten Vertrags mit dem Krankenhausträger als Betreiber der Ambulanz erbracht werden. Auch im letztgenannten Fall wäre die Bereitstellung der Arzneimittel - ungeachtet des Schwerpunkts des Vertrags - nach den Grundsätzen des Werklieferungsrechts zu beurteilen, da diese Leistungen separat berechnet werden und eine Apothe- ke keine ärztlichen Leistungen vornimmt (vgl. BT-Drucks. 17/10448, S. 18). Nur auf diese Weise wird bei Annahme eines einheitlichen Vertragsverhältnisses der durch wesensverschiedene eigenständige Leistungspflichten begründeten Eigenart des Vertragsverhältnisses Rechnung getragen (vgl. BGH, Urteil vom 29. Oktober 1980 - VIII ZR 326/79, NJW 1981, 341 unter 3 b cc; Beschluss vom 21. April 2005 - III ZR 293/04, NJW 2005, 2008 unter II 3).
- 21
- b) Bezüglich des somit nach § 433 Abs. 2 BGB zu erbringenden Kaufpreises für patientenindividuell im Rahmen einer ambulanten Behandlung im Krankenhaus hergestellte Zytostatika herrscht in der einschlägigen Instanzrechtsprechung weitgehend Uneinigkeit darüber, ob ein privat versicherter Patient eine darin enthaltene Umsatzsteuer auch dann schuldet, wenn diese - wie hier - aus materiell-rechtlicher Sicht gar nicht angefallen ist (vgl. die Nachweise bei Makoski/Clausen, ZMGR 2018, 231, 233 ff.). Dieses Bild zeigt sich auch, wenn man allein die bislang beim Bundesgerichtshof anhängigen Verfahren zugrunde legt.
- 22
- aa) Teilweise wird bezüglich der in den gestellten Rechnungen im steuerrechtlichen Sinne (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 7 und 8, § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG) gesondert ausgewiesenen oder - wie hier - lediglich unstreitig darin enthaltenen Umsatzsteuer mit unterschiedlichen Begründungen (einseitiges Preisbestimmungsrecht der Krankenhausapotheke; stillschweigend getroffene Vergütungsvereinbarung ) eine Bruttopreisabrede angenommen, also die Umsatzsteuer nur als unselbständiger Entgeltbestandteil gewertet (so etwa OLG Schleswig, Urteil vom 20. Dezember 2017 - 4 U 69/17, juris [nachfolgend Senatsurteil vom heutigen Tag - VIII ZR 7/18, zur Veröffentlichung bestimmt]; LG Essen, Urteil vom 27. Februar 2018 - 15 S 162/17, juris [nachfolgend Senatsurteil vom heutigen Tag - VIII ZR 115/18, zur Veröffentlichung bestimmt]; LG Chemnitz, Urteil vom 2. November 2018 - 3 S 7/18 [Revision anhängig unter dem Az. VIII ZR 360/18]; LG Darmstadt, Urteil vom 4. Oktober 2018 - 6 S 56/18 [Revision anhängig unter dem Az. VIII ZR 351/18]; LG Köln, Urteil vom 18. Juni 2018 - 25 S 15/17 [Revision anhängig unter dem Az. VIII ZR 264/18]; wohl auch LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 5. Juli 2018 - 4 S 5126/17 [Revision anhängig unter dem Az. VIII ZR 247/18]).
- 23
- Die unterschiedlichen Begründungsansätze führen zu abweichenden Rechtsfolgen. Ein vereinbartes Bruttoentgelt deckt nach höchstrichterlicher Rechtsprechung grundsätzlich auch die Aufwendung für die vom Leistenden zu entrichtende Umsatzsteuer ab, die in diesem Fall nur einen unselbständigen Bestandteil des vereinbarten Entgelts darstellt (vgl. etwa BGH, Urteile vom 24. Februar 1988 - VIII ZR 64/87, BGHZ 103, 284, 287; vom 26. Juni 1991 - VIII ZR 198/90, BGHZ 115, 47, 50; vom 11. Mai 2001 - V ZR 492/99, NJW 2001, 2464 unter II 1; vom 28. Februar 2002 - I ZR 318/99, NJW 2002, 2312 unter II 1; Beschluss vom 29. Januar 2015 - IX ZR 138/14, juris Rn. 3; jeweils mwN; BSG, NJOZ 2009, 1914 Rn. 17). Dies hat zur Folge, dass - von bestimmten Ausnahmen abgesehen - weder der Leistende eine wider sein Erwarten anfallende Umsatzsteuer von seinem Vertragspartner nachfordern (vgl. etwa BGH, Urteile vom 24. Februar 1988 - VIII ZR 64/87, aaO; vom 28. Februar 2002 - I ZR 318/99, aaO unter II) noch der Leistungsempfänger im Falle der Umsatzsteuerfreiheit den auf die Umsatzsteuer entfallenden Anteil seiner Vergütung zurückverlangen kann (vgl. hierzu BSG, aaO Rn. 25).
- 24
- Wird - wie manche Stimmen annehmen (vgl. LG Essen, Urteil vom 27. Februar 2018 - 15 S 162/17, aaO [nachfolgend Senatsurteil vom heutigen Tag - VIII ZR 115/18]; LG Chemnitz, Urteil vom 2. November 2018 - 3 S 7/18 [Revision anhängig unter dem Az. VIII ZR 360/18]) - der Bruttopreis einseitig von der Krankenhausapotheke im Rahmen eines Preisbestimmungsrechts nach § 316 BGB bestimmt, wäre die Rückforderung zu Unrecht bezahlter Umsatzsteuer wegen der Bindungswirkung nach § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB gänzlich ausgeschlossen, weil eine solche Zuvielforderung bei im Übrigen nicht zu beanstandenden Preisen nicht zur Unbilligkeit des Gesamtbetrags führen würde.
- 25
- bb) Andere Stimmen werten die getroffenen Abreden als Nettopreisvereinbarungen und sehen daher die Umsatzsteuer als eigenständigen Preisanteil nur dann als geschuldet an, wenn materiell-rechtlich eine entsprechende Steuerpflicht besteht (vgl. etwa das Berufungsgericht; OLG Braunschweig, Urteil vom 22. Mai 2018 - 8 U 130/17, juris Rn. 20 ff. [Revision anhängig unter dem Az. VIII ZR 212/18]). Die Selbständigkeit des Umsatzsteueranteils bei einer Nettopreisvereinbarung führt dazu, dass eine vom Leistenden angesetzte, dem Gesetz nach aber nicht angefallene Umsatzsteuer von diesem ohne Rechtsgrund vereinnahmt und daher ohne weiteres gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB an den Vertragspartner herauszugeben ist (vgl. auch Senatsurteil vom 2. November 2005 - VIII ZR 39/04, NJW 2006, 364 Rn. 14).
- 26
- c) Das Berufungsgericht hat angenommen, die jeweiligen Vertragsparteien hätten der Beklagten ein einseitiges Preisbestimmungsrecht nach §§ 316, 315 Abs. 3 Satz 1 BGB eingeräumt, das diese dahin ausgeübt habe, dass die für die Veräußerung von Zytostatika angesetzte Umsatzsteuer als selbständiger Preisbestandteil verlangt, also ein Nettopreis bestimmt worden sei. Dies ist in mehrfacher Hinsicht von Rechtsfehlern beeinflusst.
- 27
- aa) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass die Vertragsparteien keine Entgeltvereinbarung bezüglich der Herstellung und Lieferung von Zytostatika getroffen, sondern es vielmehr der Beklagten überlassen hätten, einseitig den Preis nach Maßgabe der §§ 316, 315 Abs. 3 Satz 1 BGB zu bestimmen. Es bleibt bereits unklar, worauf sich die Annahme des Berufungsgerichts gründet, die Vertragsparteien hätten keine stillschweigende Übereinkunft über die konkret geschuldete Vergütung getroffen. Selbst wenn es aber an einer konkreten Entgeltvereinbarung fehlte, führte dies nicht dazu, dass der Beklagten die Befugnis eingeräumt wäre, die Vergütung einseitig nach den Grundsätzen der §§ 316, 315 Abs. 3 Satz 1 BGB zu bemessen.
- 28
- (1) Das Berufungsgericht hat übersehen, dass eine vertragliche Vereinbarung über die für die gefertigten Krebsmedikamente konkret geschuldete Vergütung auch noch nach der Herstellung oder gar der Verabreichung der Medikamente erfolgen kann. Eine solche Einigung kann unter den hier gegebenen besonderen Umständen (Vertragsgegenstand, keine angemeldeten oder ersichtlichen Bedenken gegen die Angemessenheit der verlangten Vergütung; Erstattung durch den privaten Krankenversicherer der Patienten) insbesondere dadurch erzielt werden, dass der Versicherungsnehmer des privaten Krankenversicherers die von dem Krankenhaus jeweils in den gestellten Rechnungen geforderten Beträge durch vorbehaltlos erbrachte Zahlungen entsprechend § 151 BGB billigt und dadurch die bis dahin bezüglich der konkreten Vergütungshöhe bestehende Vertragslücke schließt (Senatsurteile vom heutigen Tag - VIII ZR 7/18, unter II 1 c aa (2) (b) (cc); VIII ZR 115/18, unter II 1 c aa (1); VIII ZR 189/18, unter II 1 c aa (1); jeweils zur Veröffentlichung bestimmt; vgl. auch BSG, NJOZ 2009, 1914 Rn. 16). Dieser Möglichkeit hat sich das Berufungsgericht verschlossen und ist stattdessen in Einklang mit einer in der Instanzrechtsprechung häufiger vertretenen Auffassung (vgl. etwa OLG Köln, NJW-RR 2012, 1520, 1521) zu der Einschätzung gelangt, dass die jeweiligen Vertragsparteien der Beklagten ein einseitiges Preisbestimmungsrecht nach § 316 BGB mit der Bindungswirkung nach § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB eingeräumt hätten.
- 29
- (2) Dies hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Zwar darf bei Individualerklärungen deren Auslegung durch den Tatrichter vom Revisionsgericht nur eingeschränkt daraufhin überprüft werden, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, die Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt sind, wesentlicher Auslegungsstoff außer Acht gelassen worden ist oder die Auslegung auf mit der Revision gerügten Verfahrensfehlern beruht (st. Rspr.; vgl. etwa Senatsurteile vom 12. Oktober 2016 - VIII ZR 55/15, BGHZ 212, 248 Rn. 35; vom 25. April 2018 - VIII ZR 176/17, NJW 2018, 2472 Rn. 30). Solche Rechtsfehler sind dem Berufungsgericht jedoch unterlaufen.
- 30
- (a) Ein Patient, der von einem Krankenhaus ambulant mit von der hauseigenen Apotheke individuell hergestellten Zytostatika behandelt wird, kommt zwar regelmäßig nicht mit der Apotheke in Kontakt und erhält grundsätzlich vorher auch keine Informationen über die konkret geschuldete Höhe der Vergütung. Aus diesem Umstand kann jedoch nicht abgeleitet werden, Patient und Krankenhaus hätten keine konkreten Preisabreden getroffen, sondern letzterem ein Preisbestimmungsrecht nach den Grundsätzen der §§ 315, 316 BGB (so aber etwa OLG Köln, aaO) mit der Bindungswirkung des § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB eingeräumt. Denn dies wird weder dem eingeschränkten Anwendungsbereich des § 316 BGB noch der beiderseitigen Interessenlage gerecht.
- 31
- (aa) In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist schon seit langem anerkannt , dass bei fehlenden Preisabreden eine Heranziehung des § 316 BGB nur ausnahmsweise in Betracht kommt. Die genannte Vorschrift stellt lediglich eine nur im Zweifel eingreifende gesetzliche Auslegungsregel dar, der gegen- über die Vertragsauslegung den Vorrang hat (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 13. März 1985 - IVa ZR 211/82, BGHZ 94, 98, 101 f. mwN; vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, NJW 2010, 1742 Rn. 18). Daher kann eine Vertragslücke nicht durch Rückgriff auf § 316 BGB geschlossen werden, wenn und weil dies dem Interesse der Vertragsparteien und ihrer wirklichen oder mutmaßlichen Willensrichtung typischerweise nicht entspricht (vgl. etwa BGH, Urteile vom 13. März 1985 - IVa ZR 211/82, aaO S. 102 mwN; vom 13. April 2010 - XI ZR197/09, aaO). Vielmehr ist es geboten, die bestehende Lücke durch Auslegung (BGH, Urteil vom 13. März 1985 - IVa ZR 211/82, aaO S. 103 f.) oder durch Anwendung der Grundsätze der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen, wobei im letztgenannten Fall die den Gegenstand der Leistung und die das Vertragsverhältnis prägenden Umstände maßgebend sind (vgl. etwa BGH, Urteile vom 4. April 2006 - X ZR 122/05, BGHZ 167, 139 Rn. 10; vom 26. September 2006 - X ZR 181/03, NJW-RR 2007, 103 Rn. 20; vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, aaO).
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- (bb) Gemessen an diesen Maßstäben hat ein einseitiges Preisbestimmungsrecht der Beklagten nach § 316 BGB von vornherein auszuscheiden. Es spricht einiges dafür, dass sich die Beteiligten - was im Wege der Parteiautonomie ohne weiteres möglich ist - stillschweigend bereits bei der Zurverfügungstellung der Zytostatika gegen spätere Rechnungstellung konkludent dahin geeinigt haben, dass diese Medikamente nur gegen Zahlung eines angemessenen und grundsätzlich erstattungsfähigen Entgelts geliefert werden sollen und dass über deren konkrete Höhe später noch eine Übereinkunft erzielt werden muss (vgl. hierzu etwa BGH, Urteile vom 28. Juni 1982 - II ZR 226/81, NJW 1982, 2816 unter 1; vom 11. Mai 2009 - VII ZR 11/08, BGHZ 181, 47 Rn. 44). Die betroffenen Patienten, wie hier die Versicherungsnehmer der Klägerin, erhalten die benötigten Medikamente in dem Bewusstsein, dass sie hierfür eine angemessene Vergütung zu erbringen haben. Durch die gewählte Vorgehensweise - Zurverfügungstellung der Zytostatika gegen spätere Rechnungstellung - gibt das Krankenhaus (hier die Beklagte) zu erkennen, dass sie damit einverstanden ist, die konkret geschuldete Vergütung erst im Nachhinein zu vereinbaren.
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- Letztlich kann jedoch dahinstehen, ob den Erklärungen der Vertragsparteien im Wege der Auslegung (§§ 133, 157 BGB) zu entnehmen ist, dass sie sich bereits bei Verabreichung der Medikamente stillschweigend über die Grundsätze der Preisbemessung geeinigt haben. Denn falls dies nicht der Fall gewesen sein sollte, ergäbe sich jedenfalls im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung , dass der Beklagten ein Rückgriff auf die Bemessungsgrundsätze der §§ 316, 315 BGB versagt ist. Bei dem Erwerb von durch die Krankenhausapotheke individuell hergestellten Zytostatika für eine ambulante Krankenhausbehandlung entspricht es weder den Interessen der Beteiligten noch deren mutmaßlichem Willen, dass das Krankenhaus eine einseitige Preisbestimmung nach §§ 316, 315 BGB vornimmt.
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- Ein privatversicherter Patient hat kein erkennbares Interesse daran, dem Träger einer Krankenhausapotheke, zu der er nicht einmal Kontakt aufgenommen hat, das Recht einzuräumen, die Höhe der geschuldeten Gegenleistung nach freiem Ermessen und damit bis zur Grenze der Unbilligkeit (§§ 316, 315 BGB) einseitig zu bestimmen. Denn in einem solchen Fall wäre er gezwungen, auch einen Betrag zu bezahlen, der sogar an der Obergrenze der Spanne läge, die sich noch innerhalb der Billigkeit bewegte (vgl. BGH, Urteil vom 13. März 1985 - IVa ZR 211/82, aaO S. 102). Dass dies seinen Interessen zuwiderläuft, ergibt sich bereits daraus, dass der Patient darauf angewiesen ist, von seiner Krankenversicherung (und gegebenenfalls zusätzlich von anderer Stelle) eine Kostenerstattung zu erhalten, was wiederum voraussetzt, dass angemessene und grundsätzlich erstattungsfähige Preise berechnet werden. Das Krankenhaus hat ebenfalls kein berechtigtes Interesse daran, einen über das Angemessene (einschließlich einer üblichen Gewinnspanne) hinausgehenden, allein nach billigem Ermessen festzusetzenden Preis zu verlangen.
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- Im Hinblick auf diese Interessenlage entspräche ein solches Vorgehen auch nicht dem mutmaßlichen Willen der Vertragsparteien. Soweit dies den beim Bundesgerichtshof anhängigen Verfahren zu entnehmen ist, haben die Krankenhäuser sich bei ihrer Preisbemessung auch nicht an § 316 BGB, sondern an den Preisen der verarbeiteten Ausgangsstoffe orientiert (vgl. hierzu auch Senatsurteil vom 9. Mai 2018 - VIII ZR 135/17, NJW-RR 2018, 942 Rn. 25) und lediglich (angemessene) Zuschläge (insbesondere Zubereitungs- pauschale in Höhe von 90 €; vgl. § 5 Abs. 1 Arzneimittelpreisverordnung [AMPreisVO]) zur Vergütung ihrer Eigenleistung verlangt.
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- (b) Damit käme das vom Berufungsgericht angenommene einseitige Preisbestimmungsrecht der Beklagten selbst dann nicht in Betracht, wenn es - was im Streitfall keiner endgültigen Klärung bedarf - an einer Vergütungsabrede der Vertragsparteien (zunächst) gefehlt hätte. Denn die in diesem Fall bestehende Vertragslücke wäre nach den Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung , die der Senat selbst vornehmen könnte, weil weitere auslegungsrelevante Feststellungen nicht zu erwarten sind, dahin zu schließen, dass ein angemessener, grundsätzlich von den Krankenversicherern erstattungsfähiger Preis geschuldet gewesen wäre.
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- Eine solche Lückenschließung ist aber im Streitfall deswegen entbehrlich (geworden), weil die Vertragsparteien dadurch nachträglich wirksame Preisab- reden getroffen haben, dass die Beklagte dem Versicherungsnehmer der Klägerin für die verabreichten Medikamente jeweils Rechnungen unter Ausweis der verlangten Beträge gestellt und dieser deren Angebote durch vorbehaltlose Zahlungen gemäß § 151 BGB angenommen hat. Da der Senat an das rechtsfehlerhaft gewonnene Auslegungsergebnis des Berufungsgerichts nicht gebunden ist und weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind, kann der Senat diese Auslegung selbst vornehmen (vgl. etwa Senatsurteil vom 25. April 2018 - VIII ZR 176/17, aaO Rn. 32 mwN). Durch die gewählte Vorgehensweise - Bekanntgabe der Preise erst im Rahmen der Rechnungstellung - brachte die Beklagte zum Ausdruck, dass sie auf die Erklärung einer Annahme des Vergütungsangebots dem Versicherungsnehmer der Klägerin gegenüber verzichtete und es aus ihrer Sicht vielmehr genügte, dass dieser den Rechnungsbetrag ausglich. Mit der vorbehaltlosen Begleichung des Rechnungsbetrags bestätigte der Versicherungsnehmer der Klägerin die Annahme dieses Angebots nach außen (§ 151 BGB; dazu bereits unter II 1 c aa (1); vgl. Senatsurteile vom heutigen Tag - VIII ZR 7/18, unter II 1 c aa (2); VIII ZR 115/18, unter II 1 c aa (1); VIII ZR 189/18, unter II 1 c aa (1); jeweils zur Veröffentlichung bestimmt; auch BSG, NJOZ 2009, 1914 Rn. 16; RGZ 129, 109, 113).
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- bb) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht weiter den gestellten Rechnungen entnommen, dass die Beklagte jeweils Nettopreise verlangt, also die angesetzte Umsatzsteuer als selbständigen Entgeltanteil gefordert habe. Diese Auffassung stützt es darauf, dass die Rechnungen sowohl Nettobeträge als auch die Umsatzsteuer auswiesen.
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- (1) Im Ausgangspunkt hat das Berufungsgericht zwar erkannt, dass nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung regelmäßig - auch wenn sich die Vertragsparteien nicht ausdrücklich darauf verständigt haben (vgl. Senatsurteil vom 24. Februar 1988 - VIII ZR 64/87, BGHZ 103, 284, 287) - vom Vorliegen einer Bruttopreisabrede auszugehen ist. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Vertragsparteien einen "Nettopreis" vereinbart haben, wofür auch ein Handelsbrauch oder eine Verkehrssitte maßgeblich sein kann (BGH, Urteile vom 14. Januar 2000 - V ZR 416/97, WM 2000, 915 unter II 1 mwN; vom 11. Mai 2001 - V ZR 492/99, NJW 2001, 2464 unter II 1; vom 28. Februar 2002 - I ZR 318/99, NJW 2002, 2312 unter II 1; BSG, aaO Rn. 17).
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- (2) Das Berufungsgericht hat diese Grundsätze aber deswegen nicht für anwendbar gehalten, weil eine Entgeltabrede nicht getroffen, sondern durch die Beklagte eine einseitige Preisbestimmung vorgenommen worden sei. Dabei hat es nicht nur verkannt, dass der Beklagten - wie bereits ausgeführt - ein Preisbestimmungsrecht nach §§ 316, 315 Abs. 3 Satz 1 BGB nicht eingeräumt worden ist, sondern hat sich auch den Blick dafür verschlossen, dass es für die Einordnung als "Bruttopreis- oder Nettopreisabrede" stets allein darauf ankommt , ob die Erklärungen der Vertragspartner ausdrücklich oder mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck bringen, dass ein Nettopreis geschuldet sein soll. Dies gilt nicht nur in den Fällen, in denen (stillschweigend) eine konkrete Engeltvereinbarung getroffen worden ist, sondern auch dann, wenn der Leistende den Preis einseitig nach §§ 316, 315 Abs. 3 Satz 1 BGB bestimmt haben sollte.
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- In der vorliegend in Frage stehenden Sachverhaltskonstellation sind die maßgeblichen Erklärungen der Krankenhäuser in den Rechnungstellungen zu sehen, deren Inhalt im Wege der Auslegung zu ermitteln ist. Die hierin liegende Erklärung der Krankenhäuser wird von den Instanzgerichten unterschiedlich ausgelegt. Manche Gerichte sehen darin richtigerweise ein an den Patienten gerichtetes Angebot auf Abschluss einer Vergütungsvereinbarung (siehe hierzu etwa OLG Schleswig, Urteil vom 20. Dezember 2017 - 4 U 69/17, juris Rn. 27, 38 [bestätigt durch Senatsurteil vom heutigen Tag - VIII ZR 7/18, unter II 1 c aa (2)]). Andere - so auch das Berufungsgericht - werten die Rechnungstellung als Ausübung eines einseitigen Preisbestimmungsrechts des Krankenhauses, die aber häufig - anders als vom Berufungsgericht - als Bruttopreisbestimmung angesehen wird (so etwa LG Essen, Urteil vom 27. Februar 2018 - 15 S 162/17, juris [nachfolgend Senatsurteil vom heutigen Tag - VIII ZR 115/18, aaO]).
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- (a) Die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung der in den Rechnungstellungen zu sehenden Erklärungen der Beklagten kann aus revisionsrechtlicher Sicht keinen Bestand haben. Seine Deutung, in den Rechnungstellungen sei die Ausübung eines einseitigen Preisbestimmungsrechts dahin erfolgt, dass ein Nettopreis verlangt werde, verstößt gegen den höchstrichterlich anerkannten Auslegungsgrundsatz, dass ein Nettoentgelt nur dann anzunehmen ist, wenn dies ausdrücklich oder wenigstens mit hinreichender Deutlichkeit den maßgeblichen Erklärungen der Vertragsparteien zu entnehmen ist. Aus den Angaben in den gestellten Rechnungen ergibt sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts gerade nicht, dass der von der Beklagten jeweils verlangte Preis die Umsatzsteuer als von den Versicherungsnehmern der Klägerin in zivilrechtlicher Hinsicht selbständig zu entrichtenden Preisbestandteil ausweist.
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- Zwar ist dort für jedes einzelne Medikament ein "Einzelpreis" und ein "Gesamtpreis" aufgeführt sowie unter der Rubrik "MWSt" ein Umsatzsteueranteil in Höhe eines Steuersatzes von 19 % angegeben. Der "Einzelpreis" ist in den Fällen, in denen nur eine Medikamenteneinheit abgerechnet wurde, unter der Rubrik "Menge" mit dem Faktor "1" versehen und damit identisch mit deren Nettopreis. Werden mehrere Einheiten (in der Rubrik "Menge" aufgeführt) in Rechnung gestellt, gibt der "Einzelpreis" den Nettopreis für eine Einheit wieder. Aus der an dieser Stelle allein interessierenden zivilrechtlichen Sicht ist daher der Sache nach, anders als die Revision meint, die tatrichterliche Bewertung des Berufungsgerichts - eine bindende tatsächliche Feststellung (vgl. hierzu Zöller/Feskorn, ZPO, 32. Aufl., § 314 Rn. 3) liegt entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung nicht vor -, dass die Rechnungen auch Nettobeträge enthalten , nicht zu beanstanden. Anderes gilt allerdings - dazu unter II 2 a aa (3) - in umsatzsteuerrechtlicher Hinsicht; insoweit hat das Berufungsgericht ohne Rücksicht auf die deutlich formaleren Anforderungen des Umsatzsteuerrechts das Vorliegen von "Rechnungen iSv § 14 UStG" bejaht. Die vom Berufungsgericht unzutreffend bewerteten steuerrechtlichen Anforderungen stellen jedoch dessen Bewertung, dass sich den Rechnungen auch Nettopreise entnehmen lassen, nicht in Frage.
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- Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung kann aus dem Umstand , dass sich den Rechnungen aufgrund der Angabe der Einzelpreise letztlich auch die einzelnen Nettobeträge entnehmen lassen, nicht abgeleitet werden , dass es sich deswegen um "Nettoentgeltabreden" handele (eingehend hierzu Senatsurteil vom heutigen Tag - VIII ZR 115/18, unter II 1 c bb (2), zur Veröffentlichung bestimmt). Die Ausweisung eines "Einzelpreises", des Gesamtbetrags und des Umsatzsteuersatzes sowie die Angabe der im verlangten Rechnungsbetrag enthaltenen Umsatzsteuer lassen nicht den belastbaren Schluss zu, dass damit in zivilrechtlicher Hinsicht allein die Nettobeträge endgültig und der Umsatzsteueranteil nur im Falle des Bestehens einer Umsatzsteuerpflicht geschuldet sein sollten. Denn solche Angaben können auch allein deswegen erfolgt sein, um - wozu die Beklagte nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG befugt, wenn auch nicht verpflichtet war - eine Rechnung mit den in § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 7 und 8 UStG erforderlichen Angaben zu erstellen (Senatsur- teil vom heutigen Tag - VIII ZR 115/18), was der Beklagten allerdings - wie noch näher dazulegen sein wird - nicht vollständig gelungen ist.
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- (b) Die Auslegung des Berufungsgerichts, dass ein Nettopreis geschuldet ist und somit die zu Unrecht angesetzte Umsatzsteuer ohne weiteres nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB aus übergegangenem Recht (§ 86 Abs. 1 Satz 1, § 194 Abs. 2 VVG) an die Klägerin zurückzugewähren ist, kann folglich keinen Bestand haben. Vielmehr ist entsprechend dem von der höchstrichterlichen Rechtsprechung geprägten Grundsatz, dass regelmäßig von einem Bruttopreis auszugehen ist, auch vorliegend eine Bruttopreisvereinbarung anzunehmen , die - wie bereits ausgeführt - spätestens mit Übersendung der Rechnung und vorbehaltloser Zahlung der verlangten Beträge (stillschweigend) gemäß § 151 BGB zustande gekommen ist (vgl. hierzu Senatsurteile vom heutigen Tag - VIII ZR 7/18, unter II 1 c und VIII ZR 115/18, unter II 1 c; jeweils zur Veröffentlichung bestimmt). Da auch insoweit weitere Feststellungen nicht in Betracht kommen, kann der Senat diese Auslegung der Erklärungen der Vertragsparteien selbst vornehmen. Die in den verlangten Beträgen enthaltene Umsatzsteuer war damit als unselbständiger Bestandteil der Vergütung geschuldet.
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- 2. Aus den getroffenen Bruttopreisabreden folgt - anders als dies bei einer in den Grenzen der Billigkeit bindenden (Brutto-)Preisbestimmung der Beklagten nach § 316 BGB der Fall wäre - nicht, dass es der Klägerin aus übergegangenem Recht gänzlich verwehrt wäre, die auf die zu Unrecht angesetzten Umsatzsteueranteile entfallenden Beträge teilweise wegen ungerechtfertigter Bereicherung zurückzufordern. Vielmehr stehen der Klägerin gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1, § 194 Abs. 2 VVG auf sie übergegangene Rückzahlungsansprüche ihrer Versicherungsnehmer aus § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BGB aufgrund einer ergänzenden Vertragsauslegung (§ 157 BGB) der zwischen den Versicherungsnehmern der Klägerin und der Beklagten geschlossenen Verträge zu. Denn diese Vereinbarungen sind ergänzend dahin auszulegen, dass die Versicherungsnehmer der Klägerin nicht verpflichtet sein sollen, den in der vereinbarten Vergütung eingeschlossenen unselbständigen Umsatzsteueranteil auch dann zu tragen, wenn und sobald für die Beklagte die Möglichkeit besteht, ihrerseits einen Rückerstattungsanspruch betreffend die von ihr abgeführte Umsatzsteuer gegen das Finanzamt geltend zu machen.
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- a) Die Voraussetzungen einer ergänzenden Vertragsauslegung (§ 157 BGB) liegen vor. Der Senat kann die gebotene ergänzende Vertragsauslegung, die in ers48 ter Linie dem Tatrichter obliegt, selbst vornehmen, weil weitere tatsächliche Feststellungen nicht notwendig sind und es auch keiner Ermittlung von Erfahrungswissen oder Verkehrssitten bedarf (vgl. BGH, Urteile vom 25. November 2004 - I ZR 49/02, NJW-RR 2005, 687 unter A I 2 c; vom 18. Februar 2000 - V ZR 334/98, NJW-RR 2000, 894 unter II 3; jeweils mwN). Die Verträge zwischen den Versicherungsnehmern der Klägerin und der
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- Beklagten weisen - was das Berufungsgericht angesichts seiner unzutreffenden Annahme von Nettopreisabreden übersehen hat - infolge ihrer nicht bedachten Unvollständigkeit eine planwidrige Regelungslücke auf, die auch nicht durch das dispositive Recht geschlossen werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 11. Januar 2012 - XII ZR 40/10, NJW 2012, 844 Rn. 24 mwN; vom 4. März 2004 - III ZR 96/03, BGHZ 158, 201, 206 f.; Palandt/Ellenberger, BGB, 78. Aufl., § 157 Rn. 6 mwN). Denn die getroffenen Preisvereinbarungen lassen eine Bestimmung vermissen, die erforderlich ist, um den den geschlossenen Verträgen jeweils zu Grunde liegenden Regelungsplan der Vertragsparteien zu verwirkli- chen, so dass ohne die Vervollständigung der Abreden eine angemessene, interessengerechte Lösung nicht zu erzielen ist (vgl. BGH, Urteile vom 3. Dezember 2014 - VIII ZR 370/13, NJW 2015, 1167 Rn. 24 mwN; vom 11. Januar 2012 - XII ZR 40/10, aaO mwN). Die planwidrige Regelungslücke besteht darin, dass die Vertragsparteien
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- entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts weder ausdrücklich noch konkludent bestimmt haben, wie ihre jeweilige Preisabrede vor dem Hintergrund der ihnen nicht bekannten, zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses von ihnen fehlerhaft beurteilten umsatzsteuerlichen Rechtslage sowie der daran anknüpfenden rechtstatsächlichen Entwicklungen ausgestaltet sein sollte (dazu unter aa). Der Annahme einer ausfüllungsbedürftigen Regelungslücke steht nicht entgegen , dass die getroffenen Preisvereinbarungen als Bruttopreisabreden einzuordnen sind (dazu unter bb). aa) Die Versicherungsnehmer der Klägerin und die Beklagte gingen - wie
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- die Finanzbehörden und die maßgeblichen Verkehrskreise - zum Zeitpunkt der jeweiligen Vertragsschlüsse von einer materiellen Umsatzsteuerpflicht in Bezug auf die streitgegenständlichen Zytostatikalieferungen aus. Hieran zu zweifeln, bestand für die Vertragsparteien kein begründeter Anlass. Auch das Berufungsgericht hat keine gegenteiligen Feststellungen getroffen; insoweit übergangenen Sachvortrag zeigen weder die Revision noch die Revisionserwiderung auf. Vor dem Hintergrund dieser unzutreffenden Annahme einer bei Ver52 tragsabschluss bestehenden materiell-rechtlichen Umsatzsteuerpflicht der Beklagten haben die Vertragsparteien sich darauf beschränkt, den Inhalt der jeweils vertraglich begründeten Zahlungsverpflichtung der Versicherungsnehmer der Klägerin (§ 651 Satz 1 BGB aF, § 433 Abs. 2 BGB) allein dahin zu regeln, dass diese auch den - nach ihren Vorstellungen - auf den Umsatz der Beklagten entfallenden Umsatzsteueranteil tragen und damit in wirtschaftlicher Hinsicht die entsprechende Steuerlast (§ 13a Abs. 1 Nr. 1, § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1, § 2 Abs. 1 UStG) der Beklagten übernehmen sollten. Dagegen haben sie keine Regelung darüber getroffen, wie mit dem von den Versicherungsnehmern der Klägerin übernommenen Umsatzsteueranteil für den von den Vertragsparteien nicht bedachten und ihren Vorstellungen zuwiderlaufenden Fall zu verfahren ist, dass die ausgeführten Geschäfte bereits bei Vertragsschluss materiell-rechtlich nicht der Umsatzsteuerpflicht unterlagen (§ 4 Nr. 14 Buchst. b UStG) und die Finanzverwaltung in Anerkennung dieses Umstands später ihre steuerrechtliche Handhabung änderte und hierdurch der Beklagten die Möglichkeit eröffnete, ohne Beschreiten des Finanzrechtswegs eigene Rückerstattungsansprüche in Bezug auf die abgeführte Umsatzsteuer gegenüber dem Finanzamt erfolgreich geltend zu machen. (1) Anders als die Vertragsparteien bei dem Abschluss ihrer Vereinba53 rungen meinten, bestand für die Beklagte bezüglich der vereinbarten Herstellung und Lieferung von Zytostatika materiell-rechtlich keine Umsatzsteuerpflicht. Dies ergibt sich aus dem nach Durchführung der getätigten Rechtsgeschäfte ergangenen Urteil des Bundesfinanzhofs vom 24. September 2014 (V R 19/11, BFHE 247, 369), wonach die Verabreichung von individuell für den einzelnen Patienten in einer Krankenhausapotheke im Rahmen einer ambulant in einem Krankenhaus durchgeführten ärztlichen Heilbehandlung hergestellten Zytostatika entgegen den Regelungen in Abschn. 100 Abs. 3 Nr. 4 UmsatzsteuerRichtlinien 2005 (UStR 2005) und Abschn. 4.14.6 Abs. 3 Nr. 3, 4 UmsatzsteuerAnwendungserlass (UStAE) in der Fassung vom 1. Oktober 2010 (BStBl I S. 846; im Folgenden: UStAE aF) als ein mit der ärztlichen Heilbehandlung eng verbundener Umsatz gemäß § 4 Nr. 16 Buchst. b UStG aF (entsprechend § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG nF) steuerfrei ist.
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- (2) Bei Abschluss und Durchführung der mit dem Versicherungsnehmer der Klägerin getroffenen Vereinbarungen unterlag die Beklagte jedoch faktisch einer Verpflichtung zur Abführung der Umsatzsteuer, weil die Finanzbehörden und die maßgeblichen Verkehrskreise (vgl. Abschn. 100 Abs. 3 Nr. 4 UStR 2005 und Abschn. 4.14.6 Abs. 3 Nr. 3, 4 UStAE aF) von einer materiellrechtlichen Umsatzsteuerpflicht ausgingen (vgl. zu der Maßgeblichkeit auch dieser faktischen Umsatzsteuerpflicht im Vertragsverhältnis zwischen steuerpflichtigem Unternehmer und Leistungsempfänger BSG, NZS 2010, 154 Rn. 17 ff.). Dies änderte sich erst mit dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 28. September 2016 (Az. III C 3 - S 7170/11/10004, UR 2016, 891), mit dem dieses unter entsprechender Änderung des UmsatzsteuerAnwendungserlasses klarstellte, dass der Entscheidung des Bundesfinanzhofs in der Finanzverwaltung gefolgt werde und die Grundsätze dieses Urteils auch im Hinblick auf andere Arzneimittel, die wie Zytostatika patientenindividuell hergestellt würden, Anwendung fänden. Zudem führte das Bundesministerium der Finanzen in dem genannten Schreiben aus, dass der Unternehmer, der sich für einen bereits getätigten Umsatz auf die Grundsätze des Urteils des Bundesfinanzhofs berufe und davon abweichend in einer Rechnung Umsatzsteuer ausgewiesen habe, zwar diese nach § 14c Abs. 1 UStG schulde (vgl. zur Anwendbarkeit von § 14c Abs. 1 UStG auf Fälle des gesonderten Steuerausweises bei Umsatzsteuerfreiheit: BFHE 261, 451 Rn. 36 mwN [zu § 14 Abs. 2 UStG 1993/1999]; Abschn. 14c.1. Abs. 1 Satz 4 Alt. 1 und Satz 5 Nr. 3 UStAE), die Rechnung aber bei Behandlung des Umsatzes als steuerfrei gemäß § 31 Abs. 5 Satz 1 Buchst. b Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) berichtigen könne. (3) Die Krankenhäuser, die in der Vergangenheit für die Lieferung der
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- hier in Rede stehenden Zytostatika Umsatzsteuer abgeführt hatten, waren damit erstmals - ohne auf eine finanzgerichtliche Durchsetzung ihrer Ansprüche angewiesen zu sein - in die Lage versetzt, entweder entsprechend dem durch das Bundesministerium der Finanzen ausdrücklich gestatteten Vorgehen die gemäß § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG im Wege des gesonderten Steuerausweises ausgestellten Rechnungen gemäß § 14c Abs. 1 Satz 2, § 14 Abs. 6 Nr. 5 UStG in Verbindung mit § 31 Abs. 5 Satz 1 Buchst. b UStDV zu berichtigen oder (insoweit in dem genannten Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen nicht ausdrücklich angesprochen) in den Fällen der Abführung der Umsatzsteuer ohne einen - eine Rechnungskorrektur nach § 14c Abs. 1 Satz 2 UStG bedingenden - gesonderten Steuerausweis in den an die Patienten gerichteten Rechnungen geänderte Steueranmeldungen (§ 18 Abs. 3 UStG iVm § 150 Abs. 1 Satz 3, § 168 Satz 1, § 164 Abs. 2 Satz 1 AO) rückwirkend für die vergangenen Besteuerungszeiträume einzureichen, in denen die entsprechenden Verträge geschlossen worden waren. Die letztgenannte Fallgestaltung (kein gesonderter Ausweis der Umsatzsteuer) liegt hier entgegen der Annahme des Berufungsgerichts vor, wie im weiteren Verlauf noch näher auszuführen sein wird. Damit war auch die bei Vertragsschluss zunächst noch faktisch bestehende Umsatzsteuerpflicht der Beklagten entfallen und für sie die Möglichkeit eröffnet , die zunächst abgeführten Umsatzsteuerbeträge von dem Finanzamt sicher zurückzuerlangen. In umsatzsteuerrechtlicher Hinsicht wäre als Pflichtangabe einer Rech56 nung (§ 14 Abs. 1 Satz 1 UStG) gemäß § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 7 UStG (sowie als Voraussetzung eines gesonderten Steuerausweises im Sinne des § 14c UStG) eine - vorliegend nicht erfolgte - ausdrückliche Mitteilung des (Netto-) Entgelts im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG (BFHE 255, 340 Rn. 27; BFH/NV 2015 Rn. 16; BFHE 233, 94 Rn. 25) in Form eines Gesamtbetrags erforderlich gewesen. Denn das Entgelt als umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage (vgl. BFHE 193, 156, 158 mwN; BeckOK-UStG/Weymüller, Stand 15. Januar 2019, § 14 Rn. 390 f.) des - hier ebenfalls nur als Gesamtbetrag nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8 UStG ausgewiesenen - Umsatzsteuerbetrags muss sich aus der Rechnung "auf den ersten Blick" ergeben. Es genügt daher für eine Rechnung mit gesondertem Steuerausweis nicht, wenn das Gesamtnettoentgelt lediglich aufgrund der enthaltenen übrigen Angaben - hier durch das "Herausrechnen" der (Gesamt-)Umsatzsteuer aus dem Bruttorechnungsbetrag oder durch Addition der Einzelentgelte (ihrerseits zuvor multipliziert mit dem jeweils angegebenen Faktor) - errechnet werden kann (BFHE 193, 156, 160 mwN). (4) Der beschriebenen Rückerlangungsmöglichkeit steht auch nicht etwa
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- im konkreten Fall eine Bestandskraft der Steueranmeldungen der Jahre 2012 und 2013 der Beklagten entgegen. Denn nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist eine Bestandskraft der Steueranmeldungen (§ 168 AO) mit der Folge, dass die Beklagte nicht mehr gegen diese vorgehen könnte, nicht eingetreten; sei es - was allerdings durch das Berufungsgericht nicht festgestellt worden ist -, weil ein Vorbehalt iSd § 168 Satz 1, § 164 Abs. 1, Abs. 2 AO weiterhin wirksam, sei es, weil über einen etwaig fristgemäß (§ 355 Abs. 1 Satz 2 AO) eingelegten Einspruch der Beklagten gemäß § 347 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 AO bislang nicht entschieden worden ist. (5) Aufgrund der beschriebenen nachträglich erfolgten Entwicklungen
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- erweist sich das ursprünglich mit den getroffenen Preisvereinbarungen verfolgte Regelungsvorhaben als planwidrig unvollständig. Denn in Anbetracht der einvernehmlich angenommenen Umsatzsteuerpflicht lag ihnen die Vorstellung der Vertragsparteien zugrunde, dass die Beklagte den Umsatzsteueranteil in den vereinbarten Preisen allein zu dem Zweck erhalten (und im Verhältnis zu den Versicherungsnehmern der Klägerin - gegebenenfalls nach einem erfolgten Vorsteuerabzug - einbehalten) sollte, ihre Umsatzsteuerpflicht auf deren Kosten zu erfüllen. Da es der Beklagten aber nunmehr freisteht, die Umsätze aus den geschlossenen Verträgen gegenüber dem Finanzamt nachträglich ohne Beschreiten des Rechtswegs als steuerfrei zu behandeln, ist der (vollständige) Verbleib des auf den angesetzten Regelsteuersatz entfallenden Betrages bei der Beklagten ab dem Zeitpunkt des Bestehens dieser Möglichkeit nicht mehr von dem ursprünglich bestehenden Willen der Vertragsparteien gedeckt. Bliebe es unverändert bei den Preisvereinbarungen der Vertragsparteien, würde dies die Versicherungsnehmer der Klägerin ohne erkennbaren Grund zugunsten der Beklagten einseitig benachteiligen. Dies wäre unbillig und entspräche auch nicht dem objektiv zu ermittelnden hypothetischen Parteiwillen (dazu unter b). bb) Der Annahme einer planwidrigen Unvollständigkeit der streitgegen59 ständlichen Preisvereinbarungen steht auch nicht deren Einordnung als Bruttopreisabreden entgegen. Allein aus dem Umstand, dass die Vertragsparteien entgegen der Annahme des Berufungsgerichts jeweils keine Nettopreisabrede getroffen, sondern einen Preis vereinbart haben, der die Umsatzsteuer als unselbständigen Preisbestandteil mitumfassen sollte, kann nicht ohne weiteres geschlossen werden, dass diese Vereinbarungen in jeder Hinsicht abschließend und damit einer ergänzenden Vertragsauslegung nicht zugänglich wären, weil in sämtlichen Fällen einer solchen Vereinbarung beide Vertragsparteien das Risiko eines Irrtums über das Bestehen und die Höhe der Umsatzsteuerpflicht selbst tragen würden (so aber etwa BSG, NZS 2010, 154 Rn. 16; BSGE 101, 137 Rn. 12; BSG, NJOZ 2009, 1914 Rn. 19, 25). Eine solche Auffassung widerspricht dem allgemeinen zivilrechtlichen Grundsatz, dass es von dem im Wege der Auslegung unter Heranziehung aller Umstände des Einzelfalls zu ermittelnden wirklichen Willen der Vertragsparteien (§§ 133, 157 BGB) abhängt, ob und inwieweit die getroffenen Preisvereinbarungen abschließend sein sollten.
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- Da die Vertragsparteien bei ihren Preisvereinbarungen - wie auch die Finanzverwaltung und die maßgeblichen Verkehrskreise - übereinstimmend von dem Bestehen einer Umsatzsteuerpflicht ausgegangen sind, haben sie den Fall nicht für regelungsbedürftig gehalten, dass die getätigten Geschäfte bereits bei Vertragsabschluss umsatzsteuerfrei gewesen sind und die Finanzbehörden später auch ohne Beschreiten des Rechtswegs eine Rückforderungsmöglichkeit bezüglich der abgeführten Umsatzsteuer einräumen würden. In Anbetracht dieser besonderen Umstände kann nicht angenommen werden, die Vertragsparteien hätten eine abschließende Vereinbarung des Inhalts getroffen, dass es in jedem Fall bei dem vereinbarten Preis bleiben und die Versicherungsnehmer der Klägerin damit das Risiko tragen müssten, mehr zu zahlen, als erforderlich sein würde, um eine Umsatzsteuerpflicht der Beklagten aus den abgeschlossenen Verträgen zu erfüllen.
b) Die demnach eröffnete ergänzende Vertragsauslegung (§ 157 BGB)
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- führt vorliegend dazu, dass der Klägerin aus übergegangenem Recht ihrer Versicherungsnehmer nach § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BGB ein Erstattungsanspruch in Höhe der Differenz zwischen dem tatsächlich entrichteten und dem - bei anfänglicher Berücksichtigung der nachträglich eingetretenen steuerrechtlichen Entwicklungen - hypothetisch zwischen den Vertragsparteien vereinbarten Preis zusteht. Diese Differenz entspricht jeweils der durch die Versicherungsnehmer der Klägerin auf die gestellten Rechnungen geleisteten Umsatzsteuer , soweit diese auf solche Umsätze entfiel, für die eine entsprechende materiell -rechtliche Umsatzsteuerpflicht der Beklagten gemäß § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG zu keiner Zeit bestand, abzüglich der gegebenenfalls von der Beklagten in Bezug auf die umsatzsteuerfreien Umsätze anteilig in Abzug gebrachten Vorsteuer.
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- aa) Grundlage für die Ergänzung des Vertragsinhalts ist der hypothetische Wille der Vertragsparteien, wobei darauf abzustellen ist, was diese bei angemessener Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben redlicherweise im Zeitpunkt des Vertragsschlusses vereinbart hätten, wenn sie den nicht geregelten Fall bedacht hätten (BGH, Urteile vom 24. Januar 2008 - III ZR 79/07, NJW-RR 2008, 562 Rn. 15; vom 1. Juni 2005 - VIII ZR 234/04, NJW-RR 2005, 1421 unter II 2 b; vom 17. Mai 2004 - II ZR 261/01, NJW 2004, 2449 unter I 2; jeweils mwN). Dabei ist zunächst an den Vertrag selbst anzuknüpfen, dessen Regelungen und Wertungen sowie Sinn und Zweck Ausgangspunkt der Vertragsergänzung sind (BGH, Urteile vom 1. Juni 2005 - VIII ZR 234/04, aaO; vom 12. Februar 1988 - V ZR 8/87, NJW 1988, 2099 unter II 2; jeweils mwN). Die Regelungslücke ist hiernach im Wege einer ergänzenden Vertrags63 auslegung gemäß § 157 BGB in der Weise zu schließen, dass der jeweils geschlossene Vertrag insoweit nicht mehr als Rechtsgrund für einen der Höhe nach der entrichteten Umsatzsteuer entsprechenden Betrag dienen soll, als die Beklagte ihrerseits ohne das Beschreiten des Finanzrechtswegs nunmehr in der Lage ist, einen eigenen Rückzahlungsanspruch gegen das Finanzamt in Bezug auf die durch sie ohne materielle Rechtspflicht abgeführte Umsatzsteuer, also hinsichtlich des um einen etwaigen Vorsteuerabzug verminderten, zu Unrecht durch das Finanzamt vereinnahmten Steueranteils, erfolgreich geltend zu machen. (1) Mit Blick auf den Regelungsplan der jeweiligen Preisvereinbarung un64 ter Berücksichtigung von Treu und Glauben (§ 242 BGB) und der Verkehrssitte führt allein dieses Ergebnis zu einem angemessenen Interessenausgleich zwischen den Vertragsparteien. Unter den gegebenen Umständen entspricht es dem berechtigten Interesse der Versicherungsnehmer der Klägerin, eine an die Beklagte zum Zweck der Begleichung ihrer letztlich lediglich faktischen Um- satzsteuerpflicht erbrachte Vermögenszuwendung nur solange bei dieser zu belassen, wie sie diese zur Erfüllung ihrer vermeintlichen Steuerschuld auch fortdauernd "einsetzen" muss. Zugleich entspricht es auch dem hypothetischen Willen der Beklagten, die Versicherungsnehmer der Klägerin als ihre Vertragspartner nicht dauerhaft mit Zahlungspflichten zu belasten, wenn und soweit sie die abgeführte Umsatzsteuer vom Finanzamt zurückerlangen kann. (2) Der Annahme eines solchen hypothetischen Willens sowohl der Ver65 sicherungsnehmer der Klägerin als auch der Beklagten stehen auch nicht die von der Revision in anderem Zusammenhang vorgebrachten Einwände gegen die Zumutbarkeit einer umsatzsteuerrechtlichen Korrektur der getätigten Umsätze entgegen. (a) Dies gilt insbesondere für den von der Revision in anderem Zusam66 menhang vorgebrachten Einwand des mit einer Rückforderung der abgeführten Umsatzsteuer durch die Beklagte einhergehenden drohenden Verlustes der von dieser gegebenenfalls angemeldeten, auf die Verträge anteilig entfallenden Vorsteuerabzüge im Sinne des § 15 Abs. 1 UStG betreffend die Einkäufe von zur Herstellung der Zytostatika benötigten Grundstoffen. Denn der drohende Verlust der etwaig angemeldeten Vorsteuerabzüge betrifft nicht die Frage, ob eine ergänzende Vertragsauslegung vorzunehmen ist, sondern allein deren Inhalt , also die Frage, in welchem Umfang der Rechtsgrund für die jeweiligen Zahlungen des Versicherungsnehmers der Klägerin nach dem hypothetischen Willen der Vertragsparteien entfallen sollte. (b) Soweit die Revision weiter - wiederum in anderem Zusammenhang -
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- geltend macht, eine Rückerlangung der abgeführten Umsatzsteuer von dem Finanzamt sei für die Beklagte mit unzumutbar großen Mühen und Aufwendungen verbunden, steht dies der beschriebenen ergänzenden Vertragsauslegung (Wegfall des Rechtsgrunds bezüglich eines Betrags, der der entrichteten, materiell -rechtlich von der Beklagten aber nicht geschuldeten Umsatzsteuer entspricht , abzüglich des etwaig erfolgten Vorsteuerabzugs) ebenfalls nicht entgegen. (aa) Zunächst ist auch unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben
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- nicht zu erkennen, weshalb die Beklagte (ebenso wenig wie die Versicherungsnehmer der Klägerin) gänzlich frei von jeglichen Belastungen bleiben sollte, wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass die vertragliche Regelung allein zu Ungunsten ihres Vertragspartners lückenhaft geblieben ist. Soweit die Revision allein mit Blick auf solche Belastungen im Zusammenhang mit der Wiedererlangung der als Steuer von der Beklagten an das Finanzamt abgeführten Beträge zu dem Ergebnis gelangt, dass ein auf die Klägerin übergegangener Rückzahlungsanspruch ihrer Versicherungsnehmer im Ganzen nicht bestehen könne, stellt sie einseitig auf die Belange der Beklagten und nicht - wie geboten - darauf ab, was die Vertragsparteien bei angemessener Abwägung der beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien im Zeitpunkt des Vertragsschlusses vereinbart hätten, wenn sie den nicht geregelten Fall bedacht hätten. (bb) Der Beklagten ist insbesondere - was auch das Berufungsgericht im
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- Ergebnis zutreffend erkannt hat, von der Revision aber in anderem Zusammenhang in Zweifel gezogen wird - die Rückzahlung an die Klägerin auch nicht etwa deswegen unzumutbar, weil sie einen erheblichen Aufwand betreiben müsste, um ihrerseits die einmal abgeführte Umsatzsteuer von dem Finanzamt zurückzuerlangen. Ein solcher unzumutbarer (Verwaltungs-)Aufwand ist den weitgehend pauschal gehaltenen, ohnehin nicht auf entsprechenden Vortrag in den Tatsacheninstanzen gestützten Ausführungen der Revision zu dem "enorme[n]" personellen und materiellen Aufwand einer entsprechenden Korrektur nicht zu entnehmen und für den Senat auch sonst nicht ersichtlich. (aaa) Die Beklagte, die wie oben ausgeführt, mangels erforderlicher An70 gaben im Sinne des § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 7, 8 UStG keine Rechnungen im Sinne der §§ 14, 14c Abs. 1 UStG ausgestellt hat, hat daher auch eine Umsatzsteuerpflicht nicht durch einen gesonderten Steuerausweis gemäß § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG begründet (vgl. Abschn. 14c.1. Abs. 1 Satz 3 UStAE; vgl. zu dem gesonderten Steuerausweis bei § 14c Abs. 2 UStG: BFHE 255, 340 Rn. 32 f. mwN; bei § 14c Abs. 2 UStG 1999/2005: BFHE 233, 94 Rn. 25 f.). Damit ist ihr ein Vorgehen zur Erlangung eines Erstattungsanspruchs gegenüber dem Finanzamt im Wege der Rechnungskorrektur gemäß § 14c Abs. 1 Satz 2, § 14 Abs. 6 Nr. 5 UStG in Verbindung mit § 31 Abs. 5 Satz 1 Buchst. b UStDV verwehrt. Sie kann die abgeführte Umsatzsteuer jedoch zurückerlangen, indem sie
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- in Bezug auf die geschlossenen Verträge entweder vor dem Hintergrund eines noch wirksamen Vorbehalts der Steuerfestsetzung (§ 18 Abs. 3 UStG iVm § 150 Abs. 1 Satz 3, § 168 Satz 1, § 164 Abs. 2 Satz 1 AO) oder im Zuge eines gegebenenfalls noch laufenden Einspruchsverfahrens (§ 347 AO) geänderte Steueranmeldungen für die Jahre 2012 und 2013 einreicht. In beiden Fällen würde sie die betreffenden Ausgangsumsätze durch Streichung der jeweils als eingenommen angemeldeten Umsatzsteuer korrigieren. Mit diesem Vorgehen würde die Beklagte - jedenfalls anteilig - einen im Sinne des § 218 Abs. 1 Satz 1 und 2 AO durchsetzbaren Rückzahlungsanspruch gegen das Finanzamt gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 AO erlangen. Dafür, dass der Aufwand für die Angabe der jeweiligen Rechnungsnum72 mer und des Rechnungsbetrags der an die Versicherungsnehmer der Klägerin gestellten Rechnungen sowie die Bestimmung der etwaig umsatzsteuerfreien Positionen und das Herausrechnen der in Bezug auf die jeweilige Rechnung tatsächlich abgeführten Steuer - sofern eine Differenzierung zwischen umsatzsteuerfreien und etwaigen umsatzsteuerpflichtigen Positionen überhaupt in Betracht kommt - für die Beklagte so groß wäre, dass es gerechtfertigt erschiene, an dem durch Zahlung der Versicherungsnehmer der Klägerin eingetretenen Zustand dauerhaft festzuhalten und diesen eine Rückzahlung gänzlich vorzuenthalten , bestehen keine tragfähigen Anhaltspunkte. Die Revision macht zwar geltend, die Beklagte müsste manuell die betreffenden Rechnungen zunächst identifizieren und anschließend für sämtliche betroffenen Rechnungen den zur Rückforderung vom Finanzamt erforderlichen Verwaltungsaufwand betreiben, was die Einstellung und Einarbeitung neuer Mitarbeiter notwendig machte. Entsprechenden Sachvortrag in den Tatsacheninstanzen vermag sie insoweit jedoch nicht aufzuzeigen. (bbb) Im Anschluss an das beschriebene Vorgehen würde das Finanz73 amt im Hinblick auf den dann rückwirkend ausgeschlossenen, im damaligen Besteuerungszeitraum gegebenenfalls vorgenommenen Vorsteuerabzug (§ 15 Abs. 1 UStG) von Amts wegen tätig werden und die Beklagte dann auch daran mitwirken müssen, die von ihr nunmehr den einzelnen Verträgen zuzuordnenden Eingangsumsätze zu korrigieren. Denn die von der Beklagten aufgewendete Umsatzsteuer für die unter anderem auch zur Erfüllung der geschlossenen Verträge getätigten umsatzsteuerpflichtigen Aufwendungen (etwa beim Einkauf der zur Herstellung der Zytostatika erforderlichen Grundstoffe) bliebe infolge der rückwirkenden Behandlung der mit den Versicherungsnehmern der Klägerin getätigten Geschäfte als - ganz oder zumindest teilweise - umsatzsteuerfrei im Hinblick auf § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG nicht mehr vollständig gemäß § 15 Abs. 1 UStG dem Vorsteuerabzug unterworfen. Vielmehr wäre nun dem Umstand Rechnung zu tragen, dass der etwaige Vorsteuerabzug bei richtiger um- satzsteuerrechtlicher Behandlung der Geschäfte zwischen der Beklagten und den Versicherungsnehmern der Klägerin entsprechend § 15 Abs. 4 Satz 1 UStG (gemischte steuerfreie und steuerpflichtige Verwendung von gelieferten Gegenständen) von Anfang an nur gekürzt um diejenige anteilige Vorsteuer in Betracht gekommen wäre, die auf die Aufwendungen für die Lieferung von Zytostatika an die Versicherungsnehmer der Klägerin entfiel. Ein nicht mehr zumutbarer Aufwand für die Beklagte ist aber auch in die74 ser Mitwirkung bei der Rückgängigmachung der Vorsteuerabzüge nicht zu erkennen. Denn der Beklagten steht im Hinblick auf die für den einzelnen Vertrag etwaig anteilig in Abzug gebrachte Vorsteuer der Weg der sachgerechten Schätzung gemäß § 15 Abs. 4 Satz 2 UStG offen. Aus den im Verfahren vorgelegten Rezepten und Rechnungen ist für die Beklagte auch heute noch erkennbar , welche Medikamente sie jeweils in welcher Menge abgegeben hatte. (ccc) Ein übermäßiger und damit unzumutbarer Aufwand des Vorgehens
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- gegen das Finanzamt ergibt sich entgegen der Auffassung der Revision auch nicht aus anderen Gründen. Die Revision sieht insbesondere deswegen einen "enormen personellen
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- und materiellen Aufwand" auf die Beklagte zukommen, weil sie der Ansicht ist, das Vorgehen gegen das Finanzamt nicht auf einzelne Umsätze beschränken zu können, sondern in diesem Fall zu einer Berichtigung aller Rechnungen verpflichtet zu sein, gleich ob die Patienten privat oder gesetzlich krankenversichert seien. Für die Rückforderung der Umsatzsteuer würde mithin ein "Allesoder -Nichts"-Prinzip gelten, wonach die Beklagte nur einheitlich vorgehen könne , wobei sie dann für sämtliche in der Vergangenheit gestellte Rechnungen einheitlich vorgehen müsste.
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- Eine materiell-steuerrechtliche Vorschrift, die ein solches "Alles-oderNichts" -Prinzip für die rückwirkende Korrektur der Jahressteuerklärungen der Beklagten nach Maßgabe der tatsächlichen Rechtslage vorgibt, ist jedoch nicht ersichtlich. Insbesondere steht einem selektiven Vorgehen der Beklagten bei der Korrektur der Umsatzsteueranmeldungen nicht der sich aus Art. 3 Abs. 1 GG ergebende Grundsatz der Steuergerechtigkeit in seiner Ausprägung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung (vgl. Klein/Gersch, AO, 14. Auflage, § 3 Rn. 12) entgegen. Denn auch ein etwaig bestehendes Wahlrecht, nur einzelne, sämtliche oder keine Umsätze nachträglich im Verhältnis zu dem Finanzamt als umsatzsteuerfrei zu behandeln, stünde sämtlichen Umsatzsteuerpflichtigen, also allen beteiligten Krankenhäusern, in gleichgelagerten Fällen in gleicher Weise zu. Allerdings kann entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht
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- ausgeschlossen werden und ist daher im Revisionsverfahren zugunsten der Beklagten zu unterstellen, dass die Finanzbehörden ein solches einheitliches Vorgehen - sei es bezogen auf einzelne Veranlagungszeiträume, sei es insgesamt für die Vergangenheit - dennoch etwa aus Gründen einer praktikablen Handhabung der Rückabwicklung der Umsatzsteuer von den Steuerpflichtigen verlangen. Zwar ist dem Wortlaut des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen aus dem Jahr 2016 für den Bereich des Handelns der Finanzverwaltung ein solches "Alles-oder-Nichts"-Prinzip nicht zu entnehmen. Denn dort heißt es unter anderem: "Wird die Lieferung von Zytostatika als ein […] Umsatz […] steuerfrei behandelt", "Beruft sich der Unternehmer für einen bereits getä- tigten Umsatz auf die Grundsätze des BFH-Urteils […] V R 19/11", "Hat der Unternehmer in einer Rechnung für eine Lieferung einen Steuerbetrag ausgewie- sen […] kann er die Rechnung […] berichtigen" (UR 2016, 891, 892). Dies legt die Möglichkeit eines selektiven Vorgehens durch den betroffenen Unternehmer nahe. Welche Haltung die zuständigen Finanzbehörden einnehmen, ist aber offen. Diese Unwägbarkeiten führen jedoch nicht dazu, dass eine ergänzende
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- Vertragsauslegung auszuscheiden hätte. Denn selbst wenn sich die Beklagte im Hinblick auf die begehrte Rückerstattung der Umsatzsteuer gegenüber ihrem Finanzamt letztlich entscheiden müsste, ob sie sich bezüglich - im Extremfall - sämtlicher gleichgelagerter Verträge der Vergangenheit - soweit verfahrensrechtlich noch möglich - sich neu veranlagen lässt oder ob sie in keinem Fall eine Rückerstattung vom Finanzamt verlangt, ist aufgrund ihres Vortrags für den Senat nicht erkennbar, worin der unzumutbare Aufwand für eine solche vollständige Neuveranlagung für die Vergangenheit bestünde. Die bereits anfänglich ohne eine entsprechende materiell-rechtliche
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- Steuerpflicht abgeführte Umsatzsteuer könnte - nach einer gegebenenfalls notwendigen Unterscheidung zwischen steuerpflichtigen und steuerfreien Umsätzen innerhalb der Rechnungen - vielmehr im Ganzen zurückverlangt und die etwaigen Vorsteuerabzüge betreffend die hierfür durch die Beklagte getätigten umsatzsteuerpflichtigen Aufwendungen könnten im Einklang mit § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG durch das Finanzamt unkompliziert im Ganzen gestrichen werden. Hat die Beklagte zudem sämtliche Rechnungen wie hier ohne einen gesonderten Steuerausweis im Sinne des § 14c Abs. 1 UStG gestellt, würden diese Korrekturen nicht einmal davon abhängen, dass sie den vom Finanzamt verlangten Umsatzsteuerbetrag zuvor jeweils an ihre Vertragspartner zurückgezahlt hätte (so dagegen im Fall des gesonderten Steuerausweises: BFHE 261, 451 Rn. 49 ff.; Abschn. 14c.1. Abs. 5 Satz 4, Beispiel Satz 1 bis 3 UStAE). Ungeachtet dessen ist zumindest nicht auszuschließen, dass die Beklag81 te nicht von sämtlichen privaten Krankenversicherungen ihrer Vertragspartner beziehungsweise von sämtlichen gesetzlichen Krankenversicherungen überhaupt oder mit Erfolg (vgl. insoweit zum Beispiel: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 16. Januar 2018 - L 11 KR 1723/17, juris) in Anspruch genommen worden ist oder noch wird und sie auf diese Weise sogar noch einen Überschuss im Verhältnis zu den an sie gerichteten Rückzahlungsansprüchen erzielt. bb) Die sich im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung sonach erge82 benden Rückzahlungsansprüche der Versicherungsnehmer der Klägerin, die auf diese übergegangen sind, bestehen grundsätzlich nicht in voller Höhe der für den Erwerb von Zytostatika entrichteten Umsatzsteueranteile. Vielmehr ist er nur in Höhe der Differenz zwischen den vertraglich tatsächlich vereinbarten Entgelten und den Preisen gegeben, die die Versicherungsnehmer der Klägerin und die Beklagte zum Zeitpunkt der Vertragsschlüsse als redliche Vertragspartner hypothetisch vereinbart hätten, wenn ihnen die Steuerfreiheit der Umsätze der Beklagten aus den Verträgen über die Herstellung und Lieferung von Zytostatika bekannt gewesen wäre und sie ihrer Willensbildung weiter - als hypothetischen Umstand - zugrunde gelegt hätten, dass auch die Finanzbehörden bereits zum damaligen Zeitpunkt diesbezüglich von einer Umsatzsteuerfreiheit ausgingen. In Höhe dieser Differenz ist der Rechtsgrund für die jeweiligen Zahlungen der Versicherungsnehmer der Klägerin ab dem Zeitpunkt entfallen, in dem die Beklagte im Jahr 2016 schließlich die Möglichkeit erhielt, die abgeführte Umsatzsteuer von ihrem Finanzamt zurückzuerlangen. (1) Der danach maßgebliche hypothetisch vereinbarte Kaufpreis errech83 net sich für den jeweiligen Vertrag in der Weise, dass ein Betrag in Höhe des - auf die gemäß § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG steuerfreien Umsätze entfallenden - Umsatzsteueranteils von dem tatsächlich vereinbarten Kaufpreis abgezogen, dafür jedoch die auf die betreffenden Umsätze etwaig (anteilig) entfallende, von der Beklagten gegebenenfalls gemäß § 15 UStG bei ihrem Finanzamt angemeldete Vorsteuer addiert wird. (a) Die bei der Ermittlung der hypothetisch vereinbarten Preise vorzu84 nehmende Addition einer durch die Beklagte gegebenenfalls angemeldeten Vorsteuer entspricht dem - anknüpfend an die Regelungen und Wertungen der abgeschlossenen Verträge und gemessen an den Geboten von Treu und Glauben zu ermittelnden - hypothetischen Willen der Vertragsparteien. Wäre die Steuerfreiheit der streitgegenständlichen Umsätze gemäß § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG von Anfang an bekannt gewesen, hätte die Beklagte insoweit auch keinen Vorsteuerabzug gegenüber dem Finanzamt vornehmen können und damit die eigenen Umsatzsteueraufwendungen auf den jeweiligen Vertrag - ohne eine vertragliche Weitergabe an die Versicherungsnehmer der Klägerin - im Ergebnis zunächst selbst tragen müssen. (b) Der etwaige Entfall des Vorteils des Vorsteuerabzugs ist jedoch nach
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- dem hypothetischen Parteiwillen nicht endgültig von der Beklagten zu tragen. Denn dem Regelungsplan der jeweiligen Vertragsparteien liegt die Vorstellung zugrunde, dass die Aufwendungen, die die Beklagte für die Herstellung der Zytostatika dauerhaft zu erbringen hat, in voller Höhe an die Versicherungsnehmer der Klägerin weitergegeben werden. Ausgehend hiervon hätten die Vertragsparteien bei einer nicht gegebenen Möglichkeit des Vorsteuerabzugs der Beklagten ihren Preisvereinbarungen (neben etwaigen sonstigen zulässigerweise angesetzten Preisbestandteilen) redlicherweise - sofern dies nicht bereits (wegen unterbliebenen Vorsteuerabzugs) erfolgt sein sollte - auch die für die Medikamentenherstellung getätigten Aufwendungen (insbesondere die bei dem Einkauf der benötigten Grundstoffe und Materialien anfallenden Bruttopreise) zugrunde gelegt.
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- Dass der sich sonach ergebende Rückzahlungsanspruch der Klägerin wegen Schätzungsunwägbarkeiten (§ 15 Abs. 4 Satz 2 UStG) möglicherweise (geringfügig) einen von der Beklagten tatsächlich gegenüber dem Finanzamt realisierbaren Rückforderungsanspruch übersteigen würde, wäre unschädlich. Denn es entspricht nicht dem hypothetischen Willen der Vertragsparteien, den Versicherungsnehmern der Klägerin sämtliche Nachteile der Lückenhaftigkeit der mit der Beklagten getroffenen Preisvereinbarung aufzubürden. Diese haben bereits die Verpflichtung übernommen, der Beklagten auf ungewisse Zeit einen Umsatzsteuerbetrag zuzuwenden, dessen Abführung diese vorliegend materiell -rechtlich zu keinem Zeitpunkt geschuldet hatte. (2) Dagegen wären unter dem Gesichtspunkt eines (noch) angemesse87 nen Interessenausgleichs drohende erhebliche Zinsschulden der Beklagten gegenüber dem Finanzamt zu ihren Gunsten im Rahmen des hypothetischen Parteiwillens zu berücksichtigen. Die Bestimmungen der § 233a Abs. 1, 3 und 5, § 238 AO sehen vor, dass das Finanzamt bei einem rückwirkenden Ausschluss der vorgenommenen anteiligen Vorsteuerabzüge Zinsen in Höhe von jährlich sechs Prozent, beginnend 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres in dem die Steuer entstanden ist (§ 233a Abs. 2 Satz 1 AO), festsetzt. Allerdings drohen der Beklagten daraus in der vorliegenden Konstellation des nicht gesonderten Steuerausweises im Sinne des § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG selbst bei Verlust eines gegebenenfalls vorgenommenen Vorsteuerabzugs solche Nachteile nicht. Denn die Beklagte machte hier mit der geänderten Steueranmeldung
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- - anders als in den Fällen der Rechnungsberichtigung gemäß § 14c Abs. 1 Satz 2, § 14 Abs. 6 Nr. 5 UStG in Verbindung mit § 31 Abs. 5 Satz 1 Buchst. b UStDV - die Umsatzsteuerfreiheit der getätigten Geschäfte nicht im aktuellen Besteuerungszeitraum (§ 14c Abs. 1 Satz 2, § 17 Abs. 1 Satz 7 UStG), sondern rückwirkend für die damaligen Besteuerungszeiträume geltend, so dass sich angesichts des ursprünglichen Ansatzes des Regelsteuersatzes und (gegebenenfalls ) eines Vorsteuerabzugs einerseits und der mit der geänderten Steueranmeldung nunmehr geltend zu machenden Umsatzsteuerfreiheit (mit der Folge des Wegfalls eines etwaig erfolgten Vorsteuerabzugs) andererseits notwendig ein Saldo zugunsten der Beklagten ergeben wird, auf den das Finanzamt dann gemäß § 233a Abs. 1, 3 und 5, § 238 AO Zinsen allein zu Gunsten der Beklagten festsetzen wird. 3. Die Beklagte kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, sie sei auf89 grund der Abführung des jeweiligen Umsatzsteueranteils an das Finanzamt im Sinne des § 818 Abs. 3 BGB entreichert, weil der abgeführte Betrag nicht mehr in ihrem Vermögen vorhanden sei oder weil sie gegen das Finanzamt nur eine Rückforderung in etwas geringerem Umfang als den der Klägerin geschuldeten Rückzahlungsanspruch durchsetzen könne. Denn ungeachtet der Frage, in welchen Fallkonstellationen sich ein Be90 reicherungsschuldner gegebenenfalls auf den Wegfall der Bereicherung infolge einer Abführung der Umsatzsteuer berufen kann (vgl. hierzu BGH, Urteile vom 27. Januar 2015 - KZR 90/13, WM 2015, 680 Rn. 40; vom 18. April 2012 - VIII ZR 253/11, NVwZ-RR 2012, 570 Rn. 24; vom 8. Mai 2008 - IX ZR 229/06, NJW-RR 2008, 1369 Rn. 11; vom 15. Januar 1992 - IV ZR 317/90, WM 1992, 745 unter II 2; vom 25. März 1976 - VII ZR 32/75, BGHZ 66, 150, 157; vom 30. September 1970 - VIII ZR 221/68, NJW 1970, 2059 unter 4 b bb; RGZ 170, 65, 67 f.), ist der Beklagten die Möglichkeit der Berufung auf eine Entreicherung mit Blick auf die ergänzend ausgelegten Verträge zwischen ihr und den Versicherungsnehmern der Klägerin, auf denen der Wegfall des Rechtsgrunds und damit auch die nachträglich eintretende ungerechtfertigte Bereicherung der Beklagten beruht, bereits deswegen verwehrt, weil dies dem hypothetischen Parteiwillen zuwiderlaufen würde. Aus diesem Grund ist auch der Einwand der Re- vision unbeachtlich, dass eine Steuerschuld der Beklagten gemäß § 14c Abs. 1 UStG fortbestehe, weil diese mangels berechtigter Interessen der Versicherungsnehmer der Klägerin zur Vornahme einer nachträglichen Rechnungskorrektur gegenüber dem Finanzamt nicht verpflichtet sei. Wie oben ausgeführt, entspricht es dem hypothetischen Vertragswillen
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- der Vertragsparteien, dass die Beklagte den jeweiligen Umsatzsteueranteil zunächst erhält, um ihn ungeachtet des Fehlens einer entsprechenden materiellrechtlichen Verpflichtung auf Kosten der Versicherungsnehmer der Klägerin an das Finanzamt abzuführen und dort zu belassen, bis ihr in Zukunft eine Rückforderungsmöglichkeit eröffnet wird, und dass sie im Gegenzug in vertretbarem Umfang etwaige Nachteile einer erst nachträglichen Behandlung der Umsätze aus den Werklieferungsverträgen als umsatzsteuerfrei gegenüber ihrem Finanzamt übernimmt. In Anbetracht dieser sich aus der ergänzenden Auslegung der geschlossenen Verträge ergebenden Rechtslage kann die Beklagte sich weder mit Erfolg darauf berufen, dass ihr die an die Versicherungsnehmer der Klägerin auszukehrenden Beträge derzeit nicht mehr zur Verfügung stehen (zumal sie diese infolge einer geänderten Steueranmeldung ohne weiteres zurückerlangen kann), noch darauf, dass sie diese Beträge wegen steuerrechtlicher Unwägbarkeiten möglicherweise nur unter (geringfügigen) Kürzungen zurückerhält. Denn der hypothetische Parteiwille ist gerade darauf gerichtet, der Beklagten einen solchen Einwand abzuschneiden. 4. Ohne Erfolg erhebt die Revision schließlich bezüglich der auf die Klä92 gerin übergegangenen Rückzahlungsansprüche ihrer Versicherungsnehmer betreffend die auf die Rechnungen des Jahres 2012 erbrachten Zahlungen die Einrede der Verjährung. Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt gemäß § 195 BGB drei Jahre und wird nach § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB (frühestens) mit dem Schluss des Jahres in Lauf gesetzt, in dem der Anspruch entsteht. Die hier maßgeblichen Ansprüche aus § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BGB in Verbindung mit einer ergänzenden Vertragsauslegung (§ 157 BGB) sind erst mit Wegfall des Rechtsgrundes für die Rückzahlungsbeträge im Jahr 2016 entstanden, als der Beklagten die sichere Möglichkeit zur Rückforderung der vereinnahmten Umsatzsteuer vom Finanzamt infolge des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen und der darin unter anderem enthaltenen Anwendungserlassänderung - ohne eine etwaige finanzgerichtliche Durchsetzung - erstmals zur Verfügung stand. Die regelmäßige Verjährung würde damit bei ungestörtem Verlauf erst mit dem Verstreichen des 31. Dezember 2019 enden; zudem ist der Lauf der Verjährung mit der Klageerhebung gehemmt worden (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB).
III.
Nach alledem kann das Urteil des Berufungsgerichts keinen Bestand ha93 ben; es ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif. Sie ist deshalb zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das Berufungsgericht wird nach ergänzendem Parteivortrag Feststellun94 gen dazu zu treffen haben, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe die Beklagte in der Vergangenheit in Bezug auf die steuerfreien Umsätze der geschlossenen Verträge gegenüber dem Finanzamt bei ihren Umsatzsteuervoranmeldungen (§ 18 Abs. 1 UStG) beziehungsweise ihren (Jahres-)Steueranmeldungen (§ 18 Abs. 3 UStG) der Jahre 2012 und 2013 anteilig Vorsteuerabzüge vorgenommen hat. Diese Frage hat das Berufungsgericht aufgrund seiner rechtsfehlerhaften Annahme, es seien Nettopreisvereinbarungen zustande gekommen, bislang offengelassen.- 95
- Weiter wird das Berufungsgericht noch Feststellungen zu der Frage, ob tatsächlich sämtliche in den gestellten Rechnungen aufgeführten Umsätze gemäß § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG materiell-rechtlich umsatzsteuerfrei waren, zu treffen haben. Wie die Revision mit Erfolg rügt, hat das Berufungsgericht den Vortrag der Beklagten, nicht sämtliche in Rechnung gestellten Positionen hätten die umsatzsteuerfreie Abgabe von Zytostatika betroffen, zu Unrecht als unsubstantiiert bewertet (vgl. etwa Senatsbeschluss vom 11. Mai 2010 - VIII ZR 212/07, NJW-RR 2010, 1217 Rn. 11 mwN) und hat es zudem verfahrensfehlerhaft unterlassen, einen entsprechenden Hinweis (§ 139 ZPO) zu der aus seiner Sicht bestehenden Notwendigkeit ergänzenden Vortrags zu erteilen und zu dokumentieren. Dr. Milger Dr. Hessel Dr. Schneider Kosziol Dr. Schmidt
AG Aachen, Entscheidung vom 14.09.2017 - 107 C 540/16 -
LG Aachen, Entscheidung vom 09.02.2018 - 6 S 118/17 -
(1) Durch den Kaufvertrag wird der Verkäufer einer Sache verpflichtet, dem Käufer die Sache zu übergeben und das Eigentum an der Sache zu verschaffen. Der Verkäufer hat dem Käufer die Sache frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen.
(2) Der Käufer ist verpflichtet, dem Verkäufer den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen und die gekaufte Sache abzunehmen.
(1) Auf einen Vertrag, der die Lieferung herzustellender oder zu erzeugender beweglicher Sachen zum Gegenstand hat, finden die Vorschriften über den Kauf Anwendung. § 442 Abs. 1 Satz 1 findet bei diesen Verträgen auch Anwendung, wenn der Mangel auf den vom Besteller gelieferten Stoff zurückzuführen ist. Soweit es sich bei den herzustellenden oder zu erzeugenden beweglichen Sachen um nicht vertretbare Sachen handelt, sind auch die §§ 642, 643, 645, 648 und 649 mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle der Abnahme der nach den §§ 446 und 447 maßgebliche Zeitpunkt tritt.
(2) Auf einen Verbrauchervertrag, bei dem der Unternehmer sich verpflichtet,
- 1.
digitale Inhalte herzustellen, - 2.
einen Erfolg durch eine digitale Dienstleistung herbeizuführen oder - 3.
einen körperlichen Datenträger herzustellen, der ausschließlich als Träger digitaler Inhalte dient,
(3) Auf einen Verbrauchervertrag, bei dem der Unternehmer sich verpflichtet, einen herzustellenden körperlichen Datenträger zu liefern, der ausschließlich als Träger digitaler Inhalte dient, sind abweichend von Absatz 1 Satz 1 und 2 § 433 Absatz 1 Satz 2, die §§ 434 bis 442, 475 Absatz 3 Satz 1, Absatz 4 bis 6 und die §§ 476 und 477 über die Rechte bei Mängeln nicht anzuwenden. An die Stelle der nach Satz 1 nicht anzuwendenden Vorschriften treten die Vorschriften des Abschnitts 3 Titel 2a.
(4) Für einen Verbrauchervertrag, bei dem der Unternehmer sich verpflichtet, eine Sache herzustellen, die ein digitales Produkt enthält oder mit digitalen Produkten verbunden ist, gilt der Anwendungsausschluss nach Absatz 2 entsprechend für diejenigen Bestandteile des Vertrags, welche die digitalen Produkte betreffen. Für einen Verbrauchervertrag, bei dem der Unternehmer sich verpflichtet, eine herzustellende Sache zu liefern, die ein digitales Produkt enthält oder mit digitalen Produkten verbunden ist, gilt der Anwendungsausschluss nach Absatz 3 entsprechend für diejenigen Bestandteile des Vertrags, welche die digitalen Produkte betreffen.
Ist der Umfang der für eine Leistung versprochenen Gegenleistung nicht bestimmt, so steht die Bestimmung im Zweifel demjenigen Teil zu, welcher die Gegenleistung zu fordern hat.
(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.
(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.
(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.
(1) Auf einen Vertrag, der die Lieferung herzustellender oder zu erzeugender beweglicher Sachen zum Gegenstand hat, finden die Vorschriften über den Kauf Anwendung. § 442 Abs. 1 Satz 1 findet bei diesen Verträgen auch Anwendung, wenn der Mangel auf den vom Besteller gelieferten Stoff zurückzuführen ist. Soweit es sich bei den herzustellenden oder zu erzeugenden beweglichen Sachen um nicht vertretbare Sachen handelt, sind auch die §§ 642, 643, 645, 648 und 649 mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle der Abnahme der nach den §§ 446 und 447 maßgebliche Zeitpunkt tritt.
(2) Auf einen Verbrauchervertrag, bei dem der Unternehmer sich verpflichtet,
- 1.
digitale Inhalte herzustellen, - 2.
einen Erfolg durch eine digitale Dienstleistung herbeizuführen oder - 3.
einen körperlichen Datenträger herzustellen, der ausschließlich als Träger digitaler Inhalte dient,
(3) Auf einen Verbrauchervertrag, bei dem der Unternehmer sich verpflichtet, einen herzustellenden körperlichen Datenträger zu liefern, der ausschließlich als Träger digitaler Inhalte dient, sind abweichend von Absatz 1 Satz 1 und 2 § 433 Absatz 1 Satz 2, die §§ 434 bis 442, 475 Absatz 3 Satz 1, Absatz 4 bis 6 und die §§ 476 und 477 über die Rechte bei Mängeln nicht anzuwenden. An die Stelle der nach Satz 1 nicht anzuwendenden Vorschriften treten die Vorschriften des Abschnitts 3 Titel 2a.
(4) Für einen Verbrauchervertrag, bei dem der Unternehmer sich verpflichtet, eine Sache herzustellen, die ein digitales Produkt enthält oder mit digitalen Produkten verbunden ist, gilt der Anwendungsausschluss nach Absatz 2 entsprechend für diejenigen Bestandteile des Vertrags, welche die digitalen Produkte betreffen. Für einen Verbrauchervertrag, bei dem der Unternehmer sich verpflichtet, eine herzustellende Sache zu liefern, die ein digitales Produkt enthält oder mit digitalen Produkten verbunden ist, gilt der Anwendungsausschluss nach Absatz 3 entsprechend für diejenigen Bestandteile des Vertrags, welche die digitalen Produkte betreffen.
(1) Durch den Kaufvertrag wird der Verkäufer einer Sache verpflichtet, dem Käufer die Sache zu übergeben und das Eigentum an der Sache zu verschaffen. Der Verkäufer hat dem Käufer die Sache frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen.
(2) Der Käufer ist verpflichtet, dem Verkäufer den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen und die gekaufte Sache abzunehmen.
(1) Durch den Behandlungsvertrag wird derjenige, welcher die medizinische Behandlung eines Patienten zusagt (Behandelnder), zur Leistung der versprochenen Behandlung, der andere Teil (Patient) zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet, soweit nicht ein Dritter zur Zahlung verpflichtet ist.
(2) Die Behandlung hat nach den zum Zeitpunkt der Behandlung bestehenden, allgemein anerkannten fachlichen Standards zu erfolgen, soweit nicht etwas anderes vereinbart ist.
Auf das Behandlungsverhältnis sind die Vorschriften über das Dienstverhältnis, das kein Arbeitsverhältnis im Sinne des § 622 ist, anzuwenden, soweit nicht in diesem Untertitel etwas anderes bestimmt ist.
(1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.
(2) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen.
(3) (weggefallen)
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Streitwert wird - unter Abänderung der erstinstanzlichen Festsetzung - bis zur Abgabe der Erledigungserklärungen auf 20.000 € und für den sich hieran anschließenden Verfahrensabschnitt auf bis zu 16.000 € festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Beklagte, ein mit dem Bayerischen Roten Kreuz verbun denes Unternehmen , unterhält in M. in einer Wohnungseigentumsanlage einen Senioren-Wohnsitz. Sie hat die hierfür erforderlichen Wohnungen von mehr als 200 Wohnungseigentümern zum Zweck des Betriebs eines "Senioren-Wohnheimes" angemietet und darf im Rahmen dieser Zweckbestimmung die Eigentumswohnungen an Dritte weitervermieten. Die (jetzt 81-jährige) Klägerin bewohnt aufgrund eines mit der Beklagten geschlossenen "Pensionsvertrags" mit Wirkung vom 1. Mai 2001 ein aus zwei Zimmern, Kochnische, Bad/WC, Diele
und Balkon bestehendes, abgesehen von einer Einbauküche unmöbliert überlassenes Appartement von 47 m² Größe. Zu den im Vertrag beschriebenen Grund- und Serviceleistungen, für die monatlich ein "Netto-Pensionspreis" von 2.295 DM zu entrichten ist, gehören neben der Nutzung des Appartements das Recht zur Mitbenutzung aller Gemeinschaftseinrichtungen, eine Notrufbereitschaft rund um die Uhr durch hauseigenes Fachpersonal, erste Hilfe zu jeder Tages- und Nachtzeit sowie bei vorübergehender Erkrankung pflegerische Betreuung durch das Pflegepersonal der Beklagten im Appartement bis zu zehn Tagen pro Jahr. Hinzu treten eine Reihe weiterer Beratungs- und Betreuungsdienste und -angebote. An zusätzlich zu entgeltenden Leistungen nimmt die Klägerin das Mittagessen und die Reinigung ihres Appartements in Anspruch. Es unterliegt nach dem Vertrag ihrer Entscheidung, ob sie im Bedarfsfall für die Erbringung von gesondert zu vergütenden Pflegeleistungen den hauseigenen oder fremde Dienste in Anspruch nimmt. Der auf Lebenszeit des Bewohners abgeschlossene Vertrag enthält in § 19 Nr. 2 bis 8 Regelungen zur Kündigung, die an § 4 b Abs. 2 bis 8 HeimG in der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Neufassung vom 23. April 1990 (BGBl. I S. 763; im folgenden: HeimG a.F.) angelehnt sind.
Die Beklagte teilte den Bewohnern im Juni 2002 mit, sie wolle die vertragliche Laufzeit der Mietverhältnisse mit den Eigentümern nicht verlängern, was bedeute, daß der Betrieb des Senioren-Wohnsitzes zum 31. Dezember 2005 auslaufen werde. Die Wohnungen würden somit zum 1. Januar 2006 an die Eigentümer zurückgegeben. Zugleich wies sie darauf hin, sie und das Bayerische Rote Kreuz betrieben mehrere Häuser, in die die Bewohner ohne großen Aufwand umziehen könnten. Der Umzug werde von ihr organisiert und die Bewohner würden insoweit tatkräftig unterstützt. Als Grund für ihre Ent-
scheidung wurde angegeben, der Weiterbetrieb des Senioren-Wohnsitzes erfordere die Erfüllung weitreichender behördlicher Auflagen und die Tätigung von Investitionen, die wirtschaftlich nicht verkraftet werden könnten. Die Beklagte hat den Pensionsvertrag mit der Klägerin noch nicht gekündigt.
Auf die Feststellungsklage der Klägerin hat das Amtsgeri cht die Feststellung getroffen, daß die Beklagte verpflichtet sei, den als Pensionsvertrag bezeichneten Mietvertrag zu erfüllen, mit Ausnahme der vom Gesetz vorgesehenen Kündigungsgründe, und daß die Beklagte nicht berechtigt sei, den auf Lebenszeit geschlossenen Vertrag wegen einer Veränderung des Gesundheitszustands der Klägerin oder wegen der Einstellung des Betriebs des SeniorenWohnsitzes oder dessen wesentlicher Einschränkung oder Veränderung zu kündigen. Die weitergehende Klage auf Feststellung, daß die Beklagte nicht berechtigt sei, am 1. Januar 2006 die an die Klägerin vermietete Wohnung an die Eigentümer zurückzugeben, und daß die Beklagte den mit der Klägerin geschlossenen Vertrag durch die Rückgabe frei werdender Wohnungen an die Eigentümer verletze, hat das Amtsgericht abgewiesen. Das Landgericht hat die Klage auf die Berufung der Beklagten in vollem Umfang abgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision hat die Klägerin zunächst die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils begehrt. Während des Revisionsverfahrens hat sie den Pensionsvertrag mit der Beklagten gekündigt. Sie bewohnt das Appartement aufgrund eines mit dem Eigentümer geschlossenen Mietvertrags weiter und beschafft sich die bisher von der Beklagten erbrachten Dienste von Dritten. Mit Rücksicht auf diese Kündigung haben die Parteien in der mündlichen Revisionsverhandlung die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt und wechselseitige Kostenanträge gestellt.
II.
Nach der übereinstimmenden Erledigungserklärung ist übe r die Kosten des Rechtsstreits unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen zu entscheiden (§ 91a Abs. 1 ZPO). Hiernach hat die Klägerin die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, weil die Klage bis zu dem die Erledigung herbeiführenden Ereignis nicht begründet war.
1. Gegenstand der von der Klägerin begehrten Feststellungen, soweit das Amtsgericht den Anträgen entsprochen hat, ist eine Klärung des rechtlichen Charakters des Pensionsvertrags und der Möglichkeiten, ihn durch einseitige Erklärung zu beendigen. Dabei vertritt die Klägerin den Standpunkt, der das "Betreute Wohnen" ausgestaltende Vertrag sei als Mietvertrag zu qualifizieren, der von seiten der Beklagten nur unter den Voraussetzungen der für das Wohnraummietrecht geltenden gesetzlichen Kündigungsgründe beendet werden könne. Namentlich sei diese nicht berechtigt, sich zur Kündigung auf die in § 19 Nr. 3 a und b des Vertrags angesprochenen Gründe zu stützen, die an § 4b Abs. 3 Nr. 1 und 2 HeimG a.F. (vgl. jetzt mit einer gewissen Modifikation § 8 Abs. 3 Nr. 1 und 2 HeimG in der Neufassung vom 5. November 2001 - BGBl. I S. 2970; im folgenden: HeimG n.F.) angelehnt sind. Dabei haben die Vorinstanzen das Begehren der Klägerin so aufgefaßt, daß es ihr lediglich um die abstrakte Klärung der Frage ging, ob die vorgesehenen Kündigungsgründe - im Hinblick auf den auf die Lebensdauer der Klägerin abgeschlossenen Vertrag - überhaupt geeignet sind, den Vertrag wirksam zu beenden, nicht aber, ob die von der Beklagten bisher nur in Umrissen angedeuteten Gründe für die beabsichtigte Betriebseinstellung den vertraglich vorgesehenen Kündigungsgrund ausfüllen können.
Der Senat kann die Frage offenlassen, ob die Feststellu ngsanträge mit diesem Inhalt in jeder Beziehung zulässig gewesen sind, denn sie waren jedenfalls nicht begründet.
2. Gegen die im Pensionsvertrag vorgesehenen Kündigungsmöglichkeiten wegen einer Veränderung des Gesundheitszustands des Bewohners, der seine fachgerechte Betreuung nicht mehr möglich macht, und wegen einer Einstellung , wesentlichen Einschränkung oder Veränderung des Betriebs, wenn die Fortsetzung des Vertrags für den Träger eine (nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 HeimG n.F. unzumutbare) Härte bedeuten würde, bestünden von vornherein keine Bedenken , wenn der von der Beklagten betriebene Senioren-Wohnsitz als Heim im Sinn von § 1 Abs. 1 HeimG n.F. anzusehen wäre. Nach dieser Vorschrift, die gegenüber § 1 Abs. 1 HeimG a.F. gestrafft worden ist, muß es sich um eine Einrichtung handeln, die dem Zweck dient, ältere Menschen oder pflegebedürftige oder behinderte Volljährige aufzunehmen, ihnen Wohnraum zu überlassen sowie Betreuung und Verpflegung zur Verfügung zu stellen oder vorzuhalten, und die in ihrem Bestand von Wechsel und Zahl der Bewohner unabhängig ist und entgeltlich betrieben wird. Da die Vorhaltung von Betreuung und Verpflegung alternativ neben der Gewährung dieser Dienstleistungen steht, ist der Anwendungsbereich des Heimgesetzes zu verschiedenen neuen Formen des Betreuten Wohnens, die vielfach Dienstleistungen vorhalten, die bei Bedarf des Bewohners genutzt werden können, nicht einfach abzugrenzen. Im Gesetzgebungsverfahren zum Dritten Gesetz zur Änderung des Heimgese tzes ist zum Ausdruck gebracht worden, allgemeine Betreuungsleistungen (die in der Praxis oft auch als sogenannter Grundservice bezeichnet würden), die sich nur auf Beratung, Hausnotrufdienste, hausmeisterliche Dienste, Hilfe bei der Bean-
tragung von Sozialleistungen oder Vermittlung von hauswirtschaftlichen Hilfen oder von Pflegeleistungen bezögen, seien für Einrichtungen des Betreuten Wohnens typisch und von einer "heimmäßigen" Betreuung, die für die Anwendung des Heimgesetzes Voraussetzung sei, zu unterscheiden (vgl. BT-Drucks. 14/5399 S. 18). Der Gesetzgeber hat jedoch von einer genaueren Bestimmung der vielfältigen Erscheinungen des Betreuten Wohnens und der hierfür anwendbaren Regeln abgesehen und sich darauf beschränkt, in § 1 Abs. 2 HeimG Auslegungsregeln zu formulieren, nach denen sich die Anwendung des Heimgesetzes richten soll (kritisch hierzu Giese RsDE 48 (2001), S. 54, 56 f; Brünner RsDE 49 (2001) S. 66, 67 ff; Richter, Das neue Heimrecht, 2002, Rn. 52-71; Giese, in: Dahlem/Giese/Igl/Klie, HeimG, Stand Februar 2002, § 1 Rn. 16; Krahmer, in: LPK-HeimG, 2004, § 1 Rn. 15 f). Danach begründet der Umstand allein, daß ein Vermieter von Wohnraum sicherstellt, daß dem Mieter Betreuung und Verpflegung angeboten werden, nicht die Anwendung des Heimgesetzes. Gleiches gilt, wenn der Mieter verpflichtet ist, allgemeine Betreuungsleistungen wie Notrufdienste oder Vermittlung von Dienst- und Pflegeleistungen von bestimmten Anbietern anzunehmen, und das Entgelt hierfür im Verhältnis zur Miete von untergeordneter Bedeutung ist. Demgegenüber ist das Heimgesetz anwendbar, wenn die Mieter vertraglich verpflichtet sind, Verpflegung und weitergehende Betreuungsleistungen von bestimmten Anbietern anzunehmen. Die Vorhaltung von Gemeinschaftseinrichtungen und Angebote sozialer Betreuung sollen nach den mehrheitlich im Gesetzgebungsverfahren vertretenen Vorstellungen für sich allein nicht die Heimeigenschaft eines Wohnangebots begründen (vgl. Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, BT-Drucks. 14/6366 S. 28).
Gemessen an diesen Auslegungsregeln ergibt sich für den h ier zu beurteilenden Pensionsvertrag über den Senioren-Wohnsitz kein eindeutiges Bild. Es scheint zwar unstreitig zu sein, daß es sich bei dem Wohnsitz um kein Pflegeheim handelt, in dem Leistungen der vollstationären Pflege erbracht werden könnten. Der Bewohner wird vertraglich auch nicht an bestimmte Anbieter gebunden , soweit er bei Bedarf weitergehende Betreuungsleistungen in Anspruch nehmen möchte. Über die in § 1 Abs. 2 Satz 2 HeimG ausdrücklich angeführten allgemeinen Betreuungsleistungen wird hier den Bewohnern auch die Nutzung von - offenbar vorhandenen - Gemeinschaftseinrichtungen und bei vorübergehender Erkrankung pflegerische Betreuung gewährt. Welcher Anteil des vertraglichen Entgelts auf die Betreuung entfällt, läßt sich dem Vertrag mangels einer Aufgliederung nicht entnehmen, wie sie bei Vorliegen eines Heimvertrags nach § 5 Abs. 3 HeimG n.F. eigentlich geboten wäre (vgl. hierzu Senatsurteil vom 3. Februar 2005 - III ZR 411/04 - zur Veröffentlichung vorgesehen). Angesichts eines Entgelts für die die Wohnraumnutzung einschließenden Grundund Serviceleistungen von monatlich 2.295 DM und weiteren Wohnnebenkosten von 80 DM ist - wie die Revisionsverhandlung ergeben hat - bei einer Wohnfläche von 47 m² nicht zweifelhaft, daß die Betreuungspauschale hier nicht von untergeordneter Bedeutung ist. Denn sie liegt - wie dies im Gesetzgebungsverfahren als maßgeblich angesehen worden ist - erheblich über 20 v.H. des monatlichen Entgelts für die Miete einschließlich der Betriebskosten (vgl. BT-Drucks. 14/5399 S. 19; zu Modifikationen in Fällen eines Wohnungsbauförderungsprogramms BT-Drucks. 14/6366 S. 28).
3. Der Senat kann offenlassen, ob das Heimgesetz anzuwenden ist, wenn die Betreuungspauschale, gemessen am Entgelt für die Unterkunft, nicht von untergeordneter Bedeutung ist, während die anderen Auslegungsregeln eher
darauf hinweisen, daß es sich bei der Einrichtung nicht um ein Heim handelt. Insoweit dürfte wohl eine Gesamtbeurteilung den Ausschlag geben, ob die Bewohner "heimmäßig", gewissermaßen mit einer Versorgungsgarantie - auch für den Fall einer Verschlechterung ihres Gesundheitszustands - betreut und aufgenommen werden. Der Senat folgt dem Berufungsgericht nämlich darin, daß auch bei Nichtanwendung des Heimgesetzes keine Bedenken dagegen bestehen , daß sich der Pensionsvertrag für die hier vorliegende Einrichtung in bezug auf die Kündigungsmodalitäten an die Regelungen des Heimgesetzes anlehnt. Die von der Klägerin befürwortete alleinige Anwendung der gesetzlichen Kündigungsregeln des Wohnraummietrechts wird der Interessenlage der Parteien nämlich nicht hinreichend gerecht.
Der hier zu beurteilende Pensionsvertrag ist - ähnlich w ie ein Heimvertrag - ein gemischter Vertrag, der sich aus Elementen des Mietvertrags, des Dienstvertrags und des Kaufvertrags zusammensetzt (vgl. zu unterschiedlichen Ausprägungen gemischter Verträge BGH, Urteile vom 21. Februar 1979 - VIII ZR 88/78 - NJW 1979, 1288; vom 29. Oktober 1980 - VIII ZR 326/79 - NJW 1981, 341, 342; vom 22. März 1989 - VIII ZR 154/88 - NJW 1989, 1673, 1674; Senatsurteile BGHZ 148, 233, 234; vom 8. November 2001 - III ZR 14/01 - NJW 2002, 507, 508; insoweit ohne Abdruck in BGHZ 149, 146). Ein solcher Vertrag bildet ein einheitliches Ganzes und kann deshalb bei der rechtlichen Beurteilung nicht in dem Sinn in seine verschiedenen Bestandteile zerlegt werden, daß auf den Mietvertragsanteil Mietrecht, auf den Dienstvertragsanteil Dienstvertragsrecht und auf den Kaufvertragsanteil Kaufrecht anzuwenden wäre. Der Eigenart des Vertrags wird vielmehr grundsätzlich nur die Unterstellung unter ein einziges Vertragsrecht gerecht, nämlich dasjenige, in dessen Bereich der Schwerpunkt des Vertrags liegt. Eine solche rechtliche Einordnung
schließt es jedoch nicht aus, wie der Bundesgerichtshof bereits früher entschieden hat, auch Bestimmungen des Vertragsrechts heranzuziehen, bei dem der Schwerpunkt des Vertrags nicht liegt, wenn allein hierdurch die Eigenart des Vertrags richtig gewürdigt werden kann (vgl. Urteil vom 29. Oktober 1980 aaO).
Das Amtsgericht ist ohne weiteres davon ausgegangen, daß die mietrechtlichen Elemente des Vertrags überwiegen. Das erscheint nicht unzweifelhaft. Ein erheblicher Teil des Entgelts entfällt auf die angebotenen und vorgehaltenen Betreuungsleistungen. Das kann bei der rechtlichen Einordnung nicht unbeachtet bleiben. Schon die Bestimmung des § 1 Abs. 2 Satz 2 HeimG n.F. macht deutlich, daß sie in Fällen Betreuten Wohnens eine erhöhte Schutzbedürftigkeit der Bewohner annimmt, die zur Anwendung des Heimgesetzes führen soll, wenn die Betreuungspauschale im Rahmen des Entgelts nicht von untergeordneter Bedeutung ist. Es kommt hinzu, daß ein potentieller Interessent für Betreutes Wohnen neben der Anmietung einer - nach Möglichkeit - behindertengerecht eingerichteten Wohnung besonderen Wert darauf legen wird, im Falle von Pflegebedürftigkeit oder nachlassender Fähigkeit, seine Versorgung selbst sicherzustellen, einen Vertragspartner zu finden, der ihn mit den dann notwendigen Dienstleistungen in dieser Wohnung zuverlässig versieht. Deshalb ist auch dann, wenn zu Beginn der Vertragsbeziehung bei relativer Rüstigkeit des Bewohners die Nutzung der Wohnung im Vordergrund stehen mag, die weitere mögliche Entwicklung des Vertragsverhältnisses mit in den Blick zu nehmen. Eine allein mietrechtliche Betrachtung würde dem ersichtlich nicht gerecht. Daß der Eigentümer der Wohnung nach § 565 BGB in den Fällen der gewerblichen Weitervermietung nach Beendigung des Mietverhältnisses als Vermieter in die Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis zwischen der Beklagten und der Klägerin einzutreten hätte, ist zwar eine sachgerechte Lö-
sung, was die Nutzung der Wohnung selbst angeht. In bezug auf die versprochenen Betreuungsleistungen entspricht dies den Erwartungen des Mieters jedoch nicht, vor allem dann nicht, wenn er sich - wie die Klägerin - ein als "Betreuungsgesellschaft" firmierendes, mit dem Bayerischen Roten Kreuz verbundenes Unternehmen als Vertragspartner für eine kompetente und zuverlässige Betreuung ausgesucht hat.
Unter diesen Umständen sieht der Senat keine Bedenken, wenn Parteien eines Vertrags, der das Betreute Wohnen zum Gegenstand hat, für dessen vielfältige Erscheinungsformen es an hierauf zugeschnittenen gesetzlichen Regelungen fehlt, ihren Beziehungen Kündigungsbestimmungen zugrunde legen , die an das Heimgesetz angelehnt sind. Denn zum einen handelt es sich hierbei um eine Rechtsmaterie, bei der in ähnlicher Weise wie beim Betreuten Wohnen mietvertragliche und dienstvertragliche Elemente miteinander verbunden sind. Zum anderen wird den Interessen des schutzbedürftigen Bewohners in sachgerechter, den Notwendigkeiten der Betreuung angepaßter Weise Rechnung getragen. Das gilt etwa für den Fall, daß ein Bewohner die Vorteile des Betreuten Wohnens nicht mehr nutzen kann, weil er stationärer Pflege bedarf , die ihm in seiner angemieteten Wohnung nicht geboten werden kann. Hier ermöglicht ihm die an das Heimgesetz angelehnte Kündigungsmöglichkeit (§ 4 b Abs. 2 HeimG a.F.; vgl. jetzt mit noch kürzerer Kündigungsfrist § 8 Abs. 2 HeimG n.F.) eine schnellere Vertragsauflösung als § 573c Abs. 1 BGB. Daß auch die andere Vertragsseite bei einer Veränderung des Gesundheitszustands des Bewohners kündigen kann, wenn eine fachgerechte Betreuung nicht mehr möglich ist, ist ebenfalls sachgerecht, werden in solchen Fällen ohnehin die Grenzen für ein Betreutes Wohnen in Frage stehen. Die Kündigungsmöglichkeit wegen einer Einstellung oder wesentlichen Veränderung des
Betriebs erscheint zwar als Fremdkörper im Zusammenhang mit der allgemeinen Vorschrift des § 543 BGB, weil sie nicht dem Risikobereich des Kündigungsempfängers zuzuordnen sein dürfte. Abgesehen davon, daß diese Kündigung nach dem Vertrag (vgl. auch § 4b Abs. 6 Satz 2 HeimG a.F., § 8 Abs. 6 Satz 2 HeimG n.F.) nur mit einer Frist möglich ist, steht sie jedoch keineswegs im freien Belieben des Betreibers, sondern ist nur gerechtfertigt, wenn die Fortsetzung des Vertrags für diesen eine - wie § 8 Abs. 3 Nr. 1 HeimG n.F. jetzt regelt, was angesichts der offenkundigen Anlehnung der gesamten vertraglichen Kündigungsregelungen an die Bestimmungen des Heimgesetzes auch für den hier zugrundeliegenden Pensionsvertrag gilt - unzumutbare Härte darstellen würde. In diesem Zusammenhang ist das Interesse des Vertragspartners, in der gewählten Einrichtung auf Dauer bleiben zu können, zu berücksichtigen (vgl. zur Regelung im Heimgesetz Kunz/Butz/Wiedemann, HeimG, 10. Aufl. 2004, § 8 Rn. 14). Zugleich ist zu beachten, daß § 19 Nr. 7 des Vertrags die Beklagte in Anlehnung an die Regelung des § 8 Abs. 7 HeimG n.F. verpflichtet, dem Bewohner eine angemessene anderweitige Unterkunft und Betreuung zu zumutbaren Bedingungen nachzuweisen und die Kosten des Umzugs in angemessenem Umfang zu tragen.
4. Ob die Voraussetzungen für eine solche Kündigung hier vorlagen, war nicht Gegenstand der Klage.
Schlick Wurm Kapsa
Dörr Galke
(1) Durch den Kaufvertrag wird der Verkäufer einer Sache verpflichtet, dem Käufer die Sache zu übergeben und das Eigentum an der Sache zu verschaffen. Der Verkäufer hat dem Käufer die Sache frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen.
(2) Der Käufer ist verpflichtet, dem Verkäufer den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen und die gekaufte Sache abzunehmen.
(1) Rechnung ist jedes Dokument, mit dem über eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird, gleichgültig, wie dieses Dokument im Geschäftsverkehr bezeichnet wird. Die Echtheit der Herkunft der Rechnung, die Unversehrtheit ihres Inhalts und ihre Lesbarkeit müssen gewährleistet werden. Echtheit der Herkunft bedeutet die Sicherheit der Identität des Rechnungsausstellers. Unversehrtheit des Inhalts bedeutet, dass die nach diesem Gesetz erforderlichen Angaben nicht geändert wurden. Jeder Unternehmer legt fest, in welcher Weise die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts und die Lesbarkeit der Rechnung gewährleistet werden. Dies kann durch jegliche innerbetriebliche Kontrollverfahren erreicht werden, die einen verlässlichen Prüfpfad zwischen Rechnung und Leistung schaffen können. Rechnungen sind auf Papier oder vorbehaltlich der Zustimmung des Empfängers elektronisch zu übermitteln. Eine elektronische Rechnung ist eine Rechnung, die in einem elektronischen Format ausgestellt und empfangen wird.
(2) Führt der Unternehmer eine Lieferung oder eine sonstige Leistung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 aus, gilt Folgendes:
- 1.
führt der Unternehmer eine steuerpflichtige Werklieferung (§ 3 Abs. 4 Satz 1) oder sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück aus, ist er verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen; - 2.
führt der Unternehmer eine andere als die in Nummer 1 genannte Leistung aus, ist er berechtigt, eine Rechnung auszustellen. Soweit er einen Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen oder an eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist, ausführt, ist er verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen. Eine Verpflichtung zur Ausstellung einer Rechnung besteht nicht, wenn der Umsatz nach § 4 Nummer 8 bis 29 steuerfrei ist. § 14a bleibt unberührt.
(3) Unbeschadet anderer nach Absatz 1 zulässiger Verfahren gelten bei einer elektronischen Rechnung die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit des Inhalts als gewährleistet durch
- 1.
eine qualifizierte elektronische Signatur oder - 2.
elektronischen Datenaustausch (EDI) nach Artikel 2 der Empfehlung 94/820/EG der Kommission vom 19. Oktober 1994 über die rechtlichen Aspekte des elektronischen Datenaustausches (ABl. L 338 vom 28.12.1994, S. 98), wenn in der Vereinbarung über diesen Datenaustausch der Einsatz von Verfahren vorgesehen ist, die die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit der Daten gewährleisten.
(4) Eine Rechnung muss folgende Angaben enthalten:
- 1.
den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers, - 2.
die dem leistenden Unternehmer vom Finanzamt erteilte Steuernummer oder die ihm vom Bundeszentralamt für Steuern erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, - 3.
das Ausstellungsdatum, - 4.
eine fortlaufende Nummer mit einer oder mehreren Zahlenreihen, die zur Identifizierung der Rechnung vom Rechnungsaussteller einmalig vergeben wird (Rechnungsnummer), - 5.
die Menge und die Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der sonstigen Leistung, - 6.
den Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung; in den Fällen des Absatzes 5 Satz 1 den Zeitpunkt der Vereinnahmung des Entgelts oder eines Teils des Entgelts, sofern der Zeitpunkt der Vereinnahmung feststeht und nicht mit dem Ausstellungsdatum der Rechnung übereinstimmt, - 7.
das nach Steuersätzen und einzelnen Steuerbefreiungen aufgeschlüsselte Entgelt für die Lieferung oder sonstige Leistung (§ 10) sowie jede im Voraus vereinbarte Minderung des Entgelts, sofern sie nicht bereits im Entgelt berücksichtigt ist, - 8.
den anzuwendenden Steuersatz sowie den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag oder im Fall einer Steuerbefreiung einen Hinweis darauf, dass für die Lieferung oder sonstige Leistung eine Steuerbefreiung gilt, - 9.
in den Fällen des § 14b Abs. 1 Satz 5 einen Hinweis auf die Aufbewahrungspflicht des Leistungsempfängers und - 10.
in den Fällen der Ausstellung der Rechnung durch den Leistungsempfänger oder durch einen von ihm beauftragten Dritten gemäß Absatz 2 Satz 2 die Angabe „Gutschrift”.
(5) Vereinnahmt der Unternehmer das Entgelt oder einen Teil des Entgelts für eine noch nicht ausgeführte Lieferung oder sonstige Leistung, gelten die Absätze 1 bis 4 sinngemäß. Wird eine Endrechnung erteilt, sind in ihr die vor Ausführung der Lieferung oder sonstigen Leistung vereinnahmten Teilentgelte und die auf sie entfallenden Steuerbeträge abzusetzen, wenn über die Teilentgelte Rechnungen im Sinne der Absätze 1 bis 4 ausgestellt worden sind.
(6) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens durch Rechtsverordnung bestimmen, in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen
- 1.
Dokumente als Rechnungen anerkannt werden können, - 2.
die nach Absatz 4 erforderlichen Angaben in mehreren Dokumenten enthalten sein können, - 3.
Rechnungen bestimmte Angaben nach Absatz 4 nicht enthalten müssen, - 4.
eine Verpflichtung des Unternehmers zur Ausstellung von Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis (Absatz 4) entfällt oder - 5.
Rechnungen berichtigt werden können.
(7) Führt der Unternehmer einen Umsatz im Inland aus, für den der Leistungsempfänger die Steuer nach § 13b schuldet, und hat der Unternehmer im Inland weder seinen Sitz noch seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte, von der aus der Umsatz ausgeführt wird oder die an der Erbringung dieses Umsatzes beteiligt ist, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, so gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 6 für die Rechnungserteilung die Vorschriften des Mitgliedstaats, in dem der Unternehmer seinen Sitz, seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte, von der aus der Umsatz ausgeführt wird, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. Satz 1 gilt nicht, wenn eine Gutschrift gemäß Absatz 2 Satz 2 vereinbart worden ist. Nimmt der Unternehmer in einem anderen Mitgliedstaat an einem der besonderen Besteuerungsverfahren entsprechend Titel XII Kapitel 6 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347 vom 11.12.2006, S. 1) in der jeweils gültigen Fassung teil, so gelten für die in den besonderen Besteuerungsverfahren zu erklärenden Umsätze abweichend von den Absätzen 1 bis 6 für die Rechnungserteilung die Vorschriften des Mitgliedstaates, in dem der Unternehmer seine Teilnahme anzeigt.
(1) Hat der Unternehmer in einer Rechnung für eine Lieferung oder sonstige Leistung einen höheren Steuerbetrag, als er nach diesem Gesetz für den Umsatz schuldet, gesondert ausgewiesen (unrichtiger Steuerausweis), schuldet er auch den Mehrbetrag. Berichtigt er den Steuerbetrag gegenüber dem Leistungsempfänger, ist § 17 Abs. 1 entsprechend anzuwenden. In den Fällen des § 1 Abs. 1a und in den Fällen der Rückgängigmachung des Verzichts auf die Steuerbefreiung nach § 9 gilt Absatz 2 Satz 3 bis 5 entsprechend.
(2) Wer in einer Rechnung einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er zum gesonderten Ausweis der Steuer nicht berechtigt ist (unberechtigter Steuerausweis), schuldet den ausgewiesenen Betrag. Das Gleiche gilt, wenn jemand wie ein leistender Unternehmer abrechnet und einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er nicht Unternehmer ist oder eine Lieferung oder sonstige Leistung nicht ausführt. Der nach den Sätzen 1 und 2 geschuldete Steuerbetrag kann berichtigt werden, soweit die Gefährdung des Steueraufkommens beseitigt worden ist. Die Gefährdung des Steueraufkommens ist beseitigt, wenn ein Vorsteuerabzug beim Empfänger der Rechnung nicht durchgeführt oder die geltend gemachte Vorsteuer an die Finanzbehörde zurückgezahlt worden ist. Die Berichtigung des geschuldeten Steuerbetrags ist beim Finanzamt gesondert schriftlich zu beantragen und nach dessen Zustimmung in entsprechender Anwendung des § 17 Abs. 1 für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem die Voraussetzungen des Satzes 4 eingetreten sind.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Mit notariellen Verträgen vom 25. Juli, 26. September und 17. Dezember 1991 kaufte die Klägerin von der Beklagten, damals unter der Bezeichnung Treuhandanstalt, Bergwerkseigentum an einer Reihe von Bergwerksfeldern. Als Kaufpreise wurden 8.000.000 DM, 2.850.000 DM und 11.000.000 DM beurkundet. Am 19. November 1993 teilte das Finanzamt für Körperschaften in einer gleichgelagerten Angelegenheit der Beklagten mit, die Übertragung des Bergwerkeigentums gegen Entgelt unterliege der Umsatzsteuer, da die Beklagte hierbei als juristische Person des öffentlichen Rechts im Rahmen eines Betriebes gewerblicher Art tätig werde. Die Beklagte stellte der Klägerin daraufhin Rechnungen aus, die den jeweils beurkundeten Kaufpreis zuzüglich 14 v.H. Umsatzsteuer auswiesen und forderte sie auf, die zusätzlichen Beträge
von 1.120.000 DM, 399.000 DM und 1.540.000 DM nachzuentrichten. Die Klägerin lehnte dies ab und forderte ihrerseits die Beklagte auf, Rechnungen auszustellen , in denen ein im jeweils beurkundeten Kaufpreis enthaltener Mehrwertsteueranteil , nämlich Beträge von 982.456,14 DM, 350.000 DM und 1.350.877,19 DM, gesondert ausgewiesen ist.
Das Landgericht hat der Klage auf Ausstellung der Rechnungen stattgegeben und die Widerklage auf Zahlung der zusätzlichen Mehrwertsteueranteile abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten, soweit sie die Klage zum Gegenstand hatte, zurückgewiesen, im übrigen hat es das Rechtsmittel verworfen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihre Berufungsanträge weiter. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht hält die Behauptung der Beklagten nicht für erwiesen , beide Seiten seien irrtümlich davon ausgegangen, die Kaufverträge unterlägen nicht der Umsatzsteuer. Die Klägerin bestreite, daß sich ihr Verhandlungsführer Gedanken über die Steuerbarkeit der Kaufpreise gemacht habe. Die Beklagte behaupte nicht, dieser habe sich zu der Steuerfrage geäußert, sie stelle auch nicht die Behauptung auf, von ihrer Seite sei eine solche Ä ußerung gefallen. Der Umstand, daß die Beklagte ihre Kalkulationsgrundlagen offengelegt habe, lasse nicht den Schluß zu, die Klägerin habe von der steuerlichen Frage Kenntnis genommen. Ein Handelsbrauch, wonach unter vorsteuerabzugsberechtigten Personen zum vereinbarten Preis die Erstattung der Um-satzsteuer hinzutrete, sei nicht erwiesen. Vertragsinhalt seien daher nur die beurkundeten Kaufpreise, über die die Klägerin Rechnung mit gesondertem Ausweis der in ihnen enthaltenen Mehrwertsteueranteile verlangen könne. Eine Anpassung des Vertrags wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage komme nach dem Beweisergebnis nicht in Frage. Hinsichtlich der Widerklage sei das Rechtsmittel nicht begründet worden.
Dies hält im Ergebnis den Angriffen der Revision stand.
II. Zur Klage
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes gilt ein vereinbarter Kaufpreis grundsätzlich auch die Aufwendung für die von dem Leistenden zu entrichtende Umsatzsteuer ab. Die Abgeltung der Aufwendung ist unselbständiger Teil des zu zahlenden Entgelts ("Bruttopreis": BGHZ 58, 292, 295; 60, 199, 203; 103, 284, 287; 115, 47, 50; Senatsurt. v. 14. Januar 2000, V ZR 416/97, WM 2000, 915). Hiervon ist auch bei Angeboten an einen zum Vorsteuerabzug berechtigten Unternehmer auszugehen (BGH, Urt. v. 4. April 1973, VIII ZR 191/72, WM 1973, 677). Anderes gilt, wenn die Parteien einen "Nettopreis" vereinbart haben, wofür auch ein Handelsbrauch oder eine Verkehrssitte maßgeblich sein kann. Die Voraussetzungen hierfür hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei verneint.
a) Der Wortlaut der notariellen Urkunden läßt, entgegen der Auffassung der Revision, nicht offen, ob die Parteien "Bruttopreise" oder "Nettopreise" vereinbart haben. Aus ihm ergibt sich kein Anhaltspunkt dafür, daß die Klägerin
über die beurkundeten Summen von 8.000.000 DM, 2.850.000 DM und 11.000.000 DM hinaus weitere Geldleistungen an die Beklagte zu erbringen hatte. Daß in zwei Verträgen der Kaufpreis als Gesamtsumme ("insgesamt") bezeichnet ist, steht, was auch die Revision nicht verkennt, damit im Zusammenhang , daß für die verschiedenen Bergwerksfelder Einzelpreise ausgewiesen waren. Für Umstände außerhalb der Urkunde, die auf einen abweichenden Willen der Parteien deuten könnten, trägt die Beklagte die Beweislast (Senatsurt. v. 5. Februar 1999, V ZR 353/97, WM 1999, 965); dies ist die prozessuale Folge der Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Urkunde (zutr. Demharter, EWiR 1999, 441). An ihr scheitert die Rechtsverteidigung.
b) Die Angriffe der Revision gegen die Feststellung der für die Auslegung erheblichen, außerhalb der Urkunde liegenden Umstände (§ 286 ZPO; vgl. Senatsurt. v. 8. Dezember 1989, V ZR 53/88, WM 1990, 423) greifen nicht durch. Auch eine Verletzung des materiellen Rechts durch Verstoß gegen gesetzliche Auslegungsregeln, Denkgesetze und Erfahrungssätze (§§ 133, 157 BGB) ist zu verneinen.
Das Berufungsgericht war rechtlich nicht gezwungen, aus der Offenlegung der Kalkulationsgrundlage der Beklagten die von der Revision gewünschten Schlüsse auf das Vorstellungsbild des Verhandlungsführers der Klägerin zu ziehen; dasselbe gilt für das (ursprüngliche) Unterbleiben des Ansinnens an die Beklagte, Rechnung unter Ausweis der Umsatzsteuer nach § 14 UStG zu erteilen. Das Verhalten der Klägerin ist denkgesetzlich auch mit einem Vorstellungsbild vereinbar, das die Frage nach der Steuerbarkeit der Umsätze nicht erfaßte. Im übrigen war das Berufungsgericht nicht gehalten, überhaupt Feststellungen zum tatsächlichen Vorstellungsbild des Verhandlungsführers
der Klägerin zu treffen. Denn nach den, an der Beweiskraft des § 314 ZPO teilnehmenden tatbestandlichen Darlegungen in den Entscheidungsgründen (BGHZ 139, 36, 39) des Berufungsurteils hatte die Beklagte lediglich vorgetragen , der Verhandlungsführer habe anhand der Berechnungsunterlagen erkennen können, daß der Kaufpreis ohne Berücksichtigung der Umsatzsteuer ermittelt worden sei.
Einen Lebenserfahrungssatz hat das Berufungsgericht nicht übersehen. Dabei kann dahinstehen, ob, wie die Revision meint, "Teilnehmer am Geschäftsverkehr sich der Möglichkeit der Umsatzsteuerpflichtigkeit von Transaktionen bewußt sind und deshalb ein Geschäft entweder als steuerpflichtig oder als umsatzsteuerfrei einordnen". Für ein durch die hier vorliegenden Besonderheiten , nämlich die Veräußerung von Bergwerkseigentum durch die beklagte Anstalt des öffentlichen Rechts im Rahmen ihrer Privatisierungsaufgabe, geprägtes Geschäft besteht eine solche Erfahrung jedenfalls nicht. Zu Recht weist das Berufungsgericht auf die unter Beweis gestellte Behauptung der Beklagten hin, das Bundesministerium für Finanzen habe noch im Spätherbst 1990 eine Umsatzsteuerpflicht verneint. Daß sich ein Vertragspartner der Beklagten über die Steuerbarkeit eines solchen Geschäfts Gedanken machte, drängt sich nach der Lebenserfahrung nicht auf.
c) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht auch einen Handelsbrauch (§ 346 HGB) oder eine Verkehrssitte (§ 157 BGB) zum Zeitpunkt des Abschlusses der Verträge der Parteien verneint, nach denen die auf den Kaufpreis zu veranschlagende Umsatzsteuer nachzuentrichten wäre. Die Feststellung des Bestehens eines Handelsbrauches oder einer Verkehrssitte ist Tatfrage , ihr Inhalt ist im Revisionsrechtszuge nicht nachprüfbar (st.Rspr. BGH, Urt.
v. 1. Dezember 1965, VIII ZR 271/63, WM 1966, 219; Urt. v. 2. Juli 1980, VIII ZR 178/79, WM 1980, 1122, 1123). Daß das Berufungsgericht den sachlich -rechtlichen Begriff des Brauches oder der Sitte verkannt hätte, ist nicht ersichtlich; die Revision macht dies auch nicht geltend. Durchgreifende Verfahrensfehler sind dem Berufungsgericht bei der Würdigung der vorgelegten und eingeholten Auskünfte nicht unterlaufen. Die Beklagte hatte in erster Instanz eine Mitteilung der Industrie- und Handelskammer zu Berlin (IHK) vom 16. März 1995 vorgelegt, wonach die Kammer anläßlich eines an den DIHT gerichteten Auskunftsersuchens aus dem Jahre 1973 in ihrem Bezirk Ermittlungen angestellt hatte. Danach habe eine Mehrheit ("weitaus überwiegender Teil") der Befragten angegeben, zum vereinbarten Preis sei die Mehrwertsteuer hinzuzurechnen , eine Minderheit habe das verneint. Das Landgericht hatte eine Auskunft der IHK eingeholt, welche aufgrund einer "kleinen Handelsbrauchumfrage" seine 1995 vertretene Auffassung, der behauptete Handelsbrauch bestehe, bestätigt sah. Eine vom Landgericht anhand eines Fallbeispiels veranlaßte Umfrage unter Handelsrichtern hatte eine Mehrheit zugunsten eines "Nettopreises" ergeben. Im Hinblick auf die, marginale Bereiche deutlich überschreitenden Minderheitsstimmen (bei den Handelsrichtern ca. 25 v.H.) war es dem Berufungsgericht nicht verwehrt, von der Feststellung eines Handelsbrauches oder einer Verkehrssitte abzusehen; denn der Brauch muß auf einer gleichmäßigen und einheitlichen Übung beruhen (BGH, Urt. v. 2. Mai 1984, VIII ZR 38/83, WM 1984, 1000, 1002; Urt. v. 25. November 1993, VII ZR 17/93, WM 1994, 601). Auch war die Wertung des Berufungsgerichts, die Mitteilungen der IHK stellten weitgehend die Wiedergabe einer Rechtsauffassung dar, möglich (zu Meinungsäußerungen bei Umfragen über Handelsbräuche vgl. BGH, Urt. v. 4. April 1973, VIII ZR 191/72, aaO). Auf die vom Berufungsgericht weiter geäußerten Bedenken gegen die Kaufmannseigenschaft der Beklagten und,
verneinendenfalls, gegen deren Unterordnung unter einen Handelsbrauch, kommt es daher nicht mehr an. Auf unerledigte Beweisanträge zum behaupteten Handelsbrauch vermag die Revision nicht zu verweisen. Anlaß, nach § 144 ZPO, wie die Beklagte meint, weiteren Sachverständigenbeweis zu erheben, bestand nicht. Die Vorschrift greift, außerhalb der Verfahren mit Ermittlungsgrundsatz , vor allem dann ein, wenn das Gericht Anlaß zum Zweifel hat, ob die Partei sich des Erfordernisses, einen förmlichen Antrag zu stellen, bewußt ist (vgl. Baumbach/Hartmann, ZPO, 59. Aufl., § 143 Rdn. 3); in solchen Fällen kann auch ein Hinweis nach § 139 ZPO angebracht sein (BGH, Urt. v. 16. Oktober 1986, III ZR 121/85, BGHR ZPO § 144 Fremdsprache 1). Daß das Berufungsgericht von einer solchen Sachlage auszugehen hatte, vermag die Revision nicht darzutun. Das Gesamtergebnis der Ermittlungen des DIHT aus den Jahren 1973 und 1974 (Schaumburg/Schaumburg, NJW 1975, 1261), auf das die Revision Bezug nimmt, klammert außergewöhnliche Geschäftsvorfälle, zu denen der Vertrag der Parteien zählt (oben 1 b), ausdrücklich aus.
2. Nicht befaßt hat sich das Berufungsgericht mit der Frage der ergänzenden Auslegung der Kaufverträge unter dem Gesichtspunkt des hypothetischen Willens der Parteien. Das erschüttert seine Entscheidung im Ergebnis aber nicht. Nach der - allerdings nach Erlaß des Berufungsurteils - ergangenen Entscheidung des Senats vom 14. Januar 2000, V ZR 416/97 (aaO; weiter mit zust. Anm. von Wende: Stbg 2000, 322) kann zwar die Frage, wer die tatsächlich angefallene Umsatzsteuer zu tragen hat, einer ergänzenden Vertragsauslegung zugänglich sein, wenn die Parteien irrtümlicherweise übereinstimmend davon ausgegangen sind, daß ein über Bergwerkseigentum abgeschlossener Kaufvertrag nicht der Umsatzsteuer unterliegt. Die tatsächlichen Voraussetzungen hierfür sind nach den, den Verfahrensrügen der Beklagten standhal-
tenden (oben 1 b), Feststellungen des Berufungsgerichts aber nicht erfüllt. Ist davon auszugehen, daß sich eine Seite, hier die Klägerin, mit der Steuerbarkeit der Vorgänge nicht befaßt, diese mithin nicht bedacht hat, läßt sich eine planwidrige Lücke des Vereinbarten nicht feststellen (Senatsurt. v. 14. Januar 2000, aaO; BGH, Urt. v. 4. April 1973, VIII ZR 191/72, aaO). Das Fehlschlagen einseitiger Planvorstellungen berücksichtigt das Gesetz in den Grenzen der Irrtumsanfechtung, grundsätzlich also nur, wenn, woran es hier fehlt, eine Diskrepanz zwischen Wille und Erklärung auftritt (§§ 119 ff BGB).
3. Zutreffend lehnt das Berufungsgericht eine Anpassung der Verträge nach den Regeln über das Fehlen der Geschäftsgrundlage (§ 242 BGB) ab. Die Geschäftsgrundlage setzt, wie der vorrangig, nämlich bei der ergänzenden Vertragsauslegung ("planwidrige Lücke"), zu berücksichtigende Geschäftsplan (Senat, BGHZ 74, 370, 373), eine gemeinsame Vorstellung der Geschäftsbeteiligten voraus, die allerdings auch dann bejaht werden kann, wenn eine einseitige Vorstellung von der Geschäftsgrundlage dem anderen Teil erkennbar geworden und v on ihm nicht beanstandet worden ist (BGHZ 128, 230, 236). Hieran fehlt es, was die Bedeutung der Umsatzsteuer für die Verträge der Parteien angeht; das Berufungsgericht hat insbesondere rechtsfehlerfrei einen Schluß der Klägerin von den offengelegten Kalkulationsgrundlagen der Beklagten auf deren Vorstellungen zur Umsatzsteuerfrage abgelehnt (oben 1 b). Nach der Vertragslage, die einer Anpassung im Wege der ergänzenden Auslegung nicht zugänglich ist, verbleibt das Risiko der Fehleinschätzung der Steuerbarkeit der Umsätze bei der beklagten Verkäuferin. Diese Risikozuweisung kann unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben nicht verschoben werden. Da davon auszugehen ist, daß auf Seiten der Klägerin Vorstellungen über die steuerliche Seite der Angelegenheit nicht bestanden, scheidet auch die
Vorstellung, der Kauf