Bundesgerichtshof Urteil, 26. Juli 2016 - VI ZR 322/15

ECLI:ECLI:DE:BGH:2016:260716UVIZR322.15.0
26.07.2016
vorgehend
Amtsgericht Kehl, 4 C 357/12, 16.06.2014
Oberlandesgericht Karlsruhe, 22 U 1/14, 27.04.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 322/15
Verkündet am:
26. Juli 2016
Böhringer-Mangold
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 280 Abs. 1, § 611; SeelotsG § 21 Abs. 3

a) Die Möglichkeit der Inanspruchnahme eines Binnenlotsen auf Schadensersatz
ist in entsprechender Anwendung des § 21 Abs. 3 SeelotsG (BGH, Urteil
vom 20. Februar 1989 - II ZR 26/88, BGHZ 107, 32, 37) auf grob fahrlässig
und vorsätzlich herbeigeführte Schäden beschränkt.

b) Eine Ausweitung dieses "Lotsenprivilegs" durch entsprechende Anwendung
der zur Arbeitnehmerhaftung entwickelten Grundsätze mit der Folge einer
unter Umständen bestehenden Quotierungsmöglichkeit bei grob fahrlässiger
Schadensherbeiführung ist nicht zulässig.
BGH, Urteil vom 26. Juli 2016 - VI ZR 322/15 -
Rheinschifffahrtsobergericht des Oberlandesgerichts Karlsruhe
Rheinschifffahrtsgericht des Amtsgerichts Kehl
ECLI:DE:BGH:2016:260716UVIZR322.15.0

Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 26. Juli 2016 durch den Vorsitzenden Richter Galke, den Richter Wellner, die Richterin von Pentz, den Richter Offenloch und die Richterin Müller

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Grundurteil des Rheinschifffahrtsobergerichts des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 27. April 2015 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin nimmt den Beklagten nach einem Schiffsunfall aus übergegangenem Recht auf Schadensersatz in Anspruch.
2
Die Klägerin ist der Versicherer des Fahrgastkabinenschiffs "B. ". Die "B. " war am 17. April 2012 mit 114 Passagieren und Besatzung auf dem Rhein von Basel nach Köln unterwegs. Das 104,74 m lange und 11,61 m breite Schiff gehörte der niederländischen Cruiselines N. Um 3:26 Uhr kollidierte es im Plittersdorfer Grund bei Rhein-km 338,9 mit einer Buhne, wodurch es erheblich beschädigt wurde.
3
Der 1933 geborene Beklagte ist Lotse für den Oberrhein und Inhaber des entsprechenden Streckenpatents sowie des Radarpatents. Er war für die Schiffseignerin in der Vergangenheit wiederholt tätig geworden. Vier Wochen vor der Kollision war dem Beklagten die Tauglichkeit als Schiffsführer ärztlich bescheinigt worden.
4
Der Beklagte war am 17. April 2012 um 2:00 Uhr bei der Schleuse Iffezheim (Rhein-km 334,5) an Bord gekommen und sollte für eine Vergütung von 250 € das Schiff bis Speyerals Lotse begleiten. Der diensthabende Kapitän, der Zeuge D., besaß für den Streckenabschnitt von Iffezheim bis Speyer kein Streckenpatent. Er führte noch die Talschleusung in Iffezheim durch und übergab nach Ausfahrt aus der Schleusenkammer bei Rhein-km 336 dem Beklagten das Steuer des Schiffs. Kurze Zeit später kam starker Nebel auf. Der Beklagte steuerte das Schiff in Radarfahrt.
5
Im Plittersdorfer Grund (Rhein-km 338,9) macht das Fahrwasser rheinabwärts eine Linkskurve. Auf der rechten Seite neben dem Fahrwasser befinden sich Buhnen. Der Beklagte änderte um 3:25:40 Uhr den linksweisenden Kurs des Schiffs bei einer Geschwindigkeit von 21,5 km/h nach Steuerbord. Der Zeuge D., der den Kurs des Schiffes anhand GPS-gestützter Daten auf dem Tresco verfolgte, wies den Beklagten auf den zu weit Steuerbord angesetzten Kurs hin. Der Beklagte änderte den Kurs nicht. 49 Sekunden nach der Kursänderung , um 3:26:29 Uhr, fuhr das Schiff mit einer Geschwindigkeit von 21 km/h auf die erste Buhne auf.
6
Die Klägerin ist der Ansicht, der Beklagte habe als verantwortlicher Schiffsführer die Kollision grob fahrlässig verursacht und sei deshalb zum Schadensersatz verpflichtet.
7
Das Rheinschifffahrtsgericht hat die zunächst auf Zahlung von 493.620,46 € nebst Prozesszinsen gerichteteKlage abgewiesen. Die Klägerin hat in der Berufungsinstanz ihre Klage auf 100.000 Rechnungseinheiten im Sinne des § 5l des Binnenschifffahrtsgesetzes (BinSchG) nach Multiplikation mit dem Kurs des Sonderziehungsrechts des Internationalen Währungsfonds (XDR) am Tag des Urteilserlasses nebst Zinsen reduziert. Das Rheinschifffahrtsobergericht hat den Anspruch der Klägerin dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Begehren auf Zurückweisung der Berufung weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

8
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beklagte als Lotse im Rahmen eines Dienstvertrages oder zumindest dienstvertragsähnlichen Verhältnisses gegenüber der Rechtsvorgängerin der Klägerin verpflichtet gewesen sei, den Schiffsführer während der Reise zu beraten. Zum Zeitpunkt der Havarie sei der Beklagte zudem verantwortlicher Schiffsführer gewesen; ihm sei bekannt gewesen, dass er als Einziger an Bord über das erforderliche Streckenpatent verfügte.
9
Die Pflichten eines Schiffsführers aus § 1.04 Rheinschifffahrtspolizeiverordnung (RheinSchPV), Schiff, Besatzung und Passagiere nicht zu gefährden, habe der Beklagte objektiv verletzt, indem er das Schiff am frühen Morgen des 17. April 2012 in das Buhnenfeld im Plittersdorfer Grund gesteuert habe.
10
Der Haftungsausschluss analog § 21 Abs. 3 des Gesetzes über das Seelotswesen (SeelotsG) für einfache Fahrlässigkeit greife nicht. Der Beklagte habe sich objektiv grob fahrlässig verhalten, indem er ohne erkennbare Begründung um 3:25:40 Uhr den linksweisenden Kurs der "B. " nach Steuerbord geändert und das Schiff in Richtung des Buhnenfeldes gelenkt habe. Als Lotse für den Oberrhein und Inhaber des Streckenpatents habe ihm das Buhnenfeld bekannt sein müssen. Die besondere Streckenkenntnis des Lotsen stelle den Grund dar, warum dem Beklagten das Steuer und damit Befehl und Verantwortung für das Schiff übergeben worden seien.
11
Von einer geringfügigen und kurzfristigen Fehleinschätzung könne schon deshalb keine Rede sein, weil der Kollisionskurs 49 Sekunden vor der Havarie angelegt und trotz eines Hinweises des Zeugen D. von dem Beklagten nicht korrigiert worden sei. Aber auch ohne diesen Hinweis habe dem Beklagten mehr als ausreichend Zeit zur Verfügung gestanden, den auf dem TrescoSchirm deutlich erkennbaren Kurs zu ändern. Auch rechtfertigten die Umstände einer Nachtfahrt, dichten Nebels und möglicherweise unzureichender Radarbetonnung keine andere Bewertung. Der Beklagte habe den widrigen Umständen durch eine besonders umsichtige Fahrweise und Kursführung Rechnung tragen müssen.
12
Die Pflichtverletzung sei auch subjektiv unentschuldbar, wobei die festgestellte Verletzung einer zentralen beruflichen Kardinalpflicht den Schluss auf die inneren Vorgänge erlaube. Besondere, in seiner Person liegende Umstände , die sein Verhalten in subjektiver Hinsicht entschuldigen könnten, habe der Beklagte, dem insoweit die sekundäre Darlegungslast obliege, weder vorgetragen noch unter Beweis gestellt.
13
Die Revision sei zuzulassen, da die Frage nach dem Haftungsmaßstab der Binnenlotsen für grob fahrlässiges Verhalten angesichts der nach wie vor deutlichen Diskrepanz zwischen dem Haftungsrisiko und den Lotsgebühren sowie der Unmöglichkeit, dieses Risiko zu vernünftigen Prämien zu versichern, eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts erfordere.

II.

14
Das angegriffene Urteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand. Zutreffend hat das Berufungsgericht den Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten auf Schadensersatz infolge der Havarie vom 17. April 2012 dem Grunde nach für gerechtfertigt erachtet. Der Beklagte haftet der Klägerin aus übergegangenem Recht für durch die Havarie entstandene Schäden am Schiff nach § 280 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 86 Abs. 1 Satz 1 VVG. Zwischen dem Beklagten und der Rechtsvorgängerin der Klägerin bestand ein Lotsenvertrag, der in seinen wesentlichen Zügen ein Dienstvertrag ist oder zumindest ein dienstvertragsähnliches Verhältnis beinhaltet (BGH, Urteile vom 14. April 1958 - II ZR 45/57, BGHZ 27, 79, 81; vom 20. Juni 1968 - II ZR 78/67, BGHZ 50, 250, 255; vom 28. September 1972 - II ZR 6/71, BGHZ 59, 242, 246; vom 20. Februar 1989 - II ZR 26/88, BGHZ 107, 32, 33). Zum Zeitpunkt der Havarie war der Beklagte darüber hinaus verantwortlicher Schiffsführer. Die ihn treffenden Sorgfaltspflichten hat er grob fahrlässig verletzt, so dass ihm der Haftungsausschluss für einfache Fahrlässigkeit entsprechend § 21 Abs. 3 SeelotsG (BGH, Urteil vom 20. Februar 1989 - II ZR 26/88, aaO, 37) nicht zugute kommt. Eine entsprechende Anwendung der zur Arbeitnehmerhaftung entwickelten Grundsätze , die bei Vorliegen grober Fahrlässigkeit zugunsten des Schädigers eine Quotierung erlauben würden, scheidet aus.
15
1. Die Revision wendet sich ohne Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts , der Beklagte sei zum Zeitpunkt der Havarie verantwortlicher Schiffsführer im Sinne von § 1.02 RheinSchPV gewesen und habe deshalb nicht nur die Beratung des Schiffsführers in seiner eigentlichen Funktion als Lotse geschuldet, sondern darüber hinaus die allgemeinen Sorgfaltspflichten eines Schiffsführers nach § 1.04 RheinSchPV einhalten, insbesondere die Gefährdung von Menschenleben vermeiden müssen. Nach den Feststellungen des Rheinschifffahrtsgerichts, an deren Richtigkeit und Vollständigkeit das Berufungsgericht keine Zweifel hatte, wusste der Beklagte bei Übergabe des Steuerruders an ihn unter anderem aufgrund einer Mitteilung des diensthabenden Kapitäns , dass dieser - ebenso wie die übrigen Besatzungsmitglieder - nicht über das notwendige Schifferpatent für die vor ihnen liegende Strecke verfügte. Diese Mitteilung im Sinne des § 14 Abs. 3 Satz 2 der Lotsenordnung für den Rhein zwischen Basel und Mannheim/Ludwigshafen (RheinLotsO) ist dem ausdrücklichen Verlangen des (bisherigen) Schiffsführers an den Lotsen, Ruder und Befehl zu übernehmen (§ 14 Abs. 3 Satz 1 RheinLotsO), gleichgestellt. Sie führt nach § 14 Abs. 3 Satz 3 RheinLotsO dazu, dass der Lotse zum verantwortlichen Schiffsführer im Sinne des § 1.02 RheinSchPV wird.
16
Soweit sich die Revision auf den Vortrag des Beklagten in den Vorinstanzen beruft, diesem sei das Fehlen des Streckenpatents des diensthabenden Kapitäns unbekannt gewesen, wendet sie sich ohne Erfolg gegen die vom Berufungsgericht zugrunde gelegte Feststellung des Rheinschifffahrtsgerichts. Das Berufungsgericht ist gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO an die erstinstanzlichen Feststellungen gebunden, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit dieser Feststellungen gebieten. Solche Anhaltspunkte lägen etwa dann vor, wenn die erstinstanzliche Beweiswürdigung unvollständig oder in sich widersprüchlich wäre. Die Rüge der Revision , dies sei hier der Fall, greift nicht durch. Eine Widersprüchlichkeit oder Unvollständigkeit der Beweiswürdigung ergibt sich insbesondere nicht aus dem Umstand, dass im Bordbuch der "B. " für den 16./17. April 2012 der Beklagte als Lotse und der Zeuge D. als Kapitän eingetragen sind. Die Angaben im Bordbuch des Schiffs sind bereits nicht konstitutiv für die Rechtsstellung der Beteiligten im Sinne der Rheinschifffahrtspolizeiverordnung. Das Bordbuch dient, ähnlich einem Fahrtenschreiber, der schifffahrtspolizeilichen Überprüfbarkeit von Ruhezeiten und der Bestimmbarkeit der diensthabenden Mannschaft (vgl. § 3.13 RheinSchPersV). Dass der Beklagte als Lotse an Bord kam, gibt das Bordbuch - wenngleich aufgrund der eingetreten Verzögerungen im Fahrtablauf mit falschem Zeitpunkt - zudem richtig wieder.
17
2. Das Berufungsgericht hat das Verhalten des Beklagten ohne Rechtsfehler als grob fahrlässig gewertet mit der Folge, dass das Lotsenprivileg (§ 21 Abs. 3 SeelotsG analog) mit einem Haftungsausschluss für nur einfach fahrlässig herbeigeführte Schäden dem Beklagten nicht zugute kommt (BGH, Urteil vom 20. Februar 1989 - II ZR 26/88, BGHZ 107, 32, 37).
18
a) Die tatrichterliche Entscheidung, ob den Schädiger der Vorwurf grober Fahrlässigkeit trifft, ist mit der Revision nur beschränkt angreifbar. Der Nachprüfung unterliegt aber, ob der Tatrichter den Begriff der groben Fahrlässigkeit verkannt oder bei der Beurteilung des Verschuldensgrades wesentliche Umstände außer Betracht gelassen hat (vgl. Senatsurteile vom 12. Januar 1988 - VI ZR 158/87, VersR 1988, 474; vom 18. Oktober 1988 - VI ZR 15/88, VersR 1989, 109; vom 30. Januar 2001 - VI ZR 49/00, VersR 2001, 985; vom 18. Februar 2014 - VI ZR 51/13, VersR 2014, 481 Rn. 10).
19
Grobe Fahrlässigkeit erfordert eine objektiv schwere und subjektiv unentschuldbare Pflichtverletzung, die das in § 276 Abs. 2 BGB bestimmte Maß an Fahrlässigkeit erheblich übersteigt (vgl. Senatsurteile vom 11. Juli 1967 - VI ZR 14/66, VersR 1967, 909, 910; vom 12. Januar 1988 - VI ZR 158/87, aaO, 474 f.; vom 30. Januar 2001 - VI ZR 49/00, aaO, 986; vom 18. Februar 2014 - VI ZR 51/13, aaO, Rn. 7). Die verkehrserforderliche Sorgfalt muss dabei in ungewöhnlich hohem Maß verletzt und es muss dasjenige unbeachtet geblieben sein, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen (vgl. Senatsurteile vom 2. November 1971 - VI ZR 16/70, VersR 1972, 144, 145; vom 9. März 1973 - VI ZR 3/72, VersR 1973, 565 mwN; vom 18. November 2014 - VI ZR 141/13, VersR 2015, 193 Rn. 21). Ein objektiv grober Pflichtenverstoß recht- fertigt dabei für sich allein noch nicht den Schluss auf ein entsprechend gesteigertes personales Verschulden, nur weil ein solches häufig damit einherzugehen pflegt. Vielmehr sind auch Umstände zu berücksichtigen, die die subjektive, personale Seite der Verantwortlichkeit betreffen (Senatsurteil vom 11. Juli 1967 - VI ZR 14/66, aaO; BGH, Urteile vom 11. Mai 1953 - IV ZR 170/52, BGHZ 10, 14, 17; vom 5. Dezember 1966 - II ZR 174/65, VersR 1967, 127). In aller Regel ist es erforderlich, nicht nur zur objektiven Schwere der Pflichtverletzung, sondern auch zur subjektiven (personalen) Seite konkrete Feststellungen zu treffen (Senatsurteil vom 10. Mai 2011 - VI ZR 196/10, NJW-RR 2011, 1055 Rn. 10 mwN). Auch bei der Verletzung beruflicher Kardinalpflichten gilt grundsätzlich nichts anderes.
20
Zur Feststellung eines subjektiv unentschuldbaren Pflichtverstoßes ist es erforderlich, subjektive Besonderheiten, die unter Zugrundelegung des Sachvortrags der Parteien den Schädiger entlasten könnten, auszuschließen. Den Ausschluss hat grundsätzlich der Geschädigte darzulegen und zu beweisen. Steht der Geschädigte allerdings außerhalb des von ihm darzulegenden Geschehensablaufs und kennt er die maßgebenden Tatsachen nicht näher, während sie dem Schädiger bekannt sind und ihm ergänzende Angaben zuzumuten sind, so trifft diesen ausnahmsweise eine Substantiierungslast hinsichtlich etwaiger Entschuldigungsgründe (vgl. BGH, Urteil vom 29. Januar 2003 - IV ZR 173/01, VersR 2003, 364, 365).
21
b) Die tatrichterliche Beurteilung des Berufungsgerichts, dass der Beklagte grob fahrlässig gehandelt hat, ist jedenfalls im Ergebnis nicht zu beanstanden.
22
Rechtsfehlerfrei - und von der Revision nicht angegriffen - hat das Berufungsgericht einen objektiv grob fahrlässigen Pflichtenverstoß des Beklagten angenommen. Der Beklagte hatte als Lotse und Schiffsführer die Pflicht, auf den richtigen Kurs zu achten, um Passagiere, Besatzung und Schiff nicht zu gefährden. Diese Pflicht hat er in objektiv hohem Maße verletzt. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts waren der Flusslauf und das Buhnenfeld auf dem Tresco-Schirm klar und deutlich zu erkennen. Die Buhnenberührung, die infolge der durch den Beklagten ohne Notwendigkeit veranlassten Kursänderung drohte, war vorhersehbar und hätte durch eine weitere Kursänderung vermieden werden können. Der Beklagte hat aber nicht einmal den Hinweis des Zeugen D. auf den zu weit Steuerbord liegenden Kurs zum Anlass genommen, den Kurs zu korrigieren.
23
Im Ergebnis nicht zu beanstanden ist ferner die Bewertung des Berufungsgerichts , dass die Pflichtverletzung auch subjektiv unentschuldbar ist. Zwar ist der Ansatz des Berufungsgerichts, dass im Streitfall von der objektiven Pflichtverletzung auf das Vorliegen subjektiver grober Fahrlässigkeit geschlossen werden könne, weil es an entgegenstehendem konkretem Vortrag des Beklagten fehle, zu weitgehend. Zutreffend ist dies allerdings für etwaige gesundheitliche Beeinträchtigungen, für die der Beklagte die sekundäre Darlegungslast trägt. Es ist insoweit nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht betreffend den von der Revision in Zweifel gezogenen Gesundheitszustand des Beklagten zum Havariezeitpunkt auf die unstreitig nach dem Schlaganfall und nur vier Wochen vor der Fahrt durchgeführte ärztliche Tauglichkeitsprüfung des Beklagten abstellt. Dass der Beklagte Konkretes zu einer etwaigen zwischenzeitlichen Verschlechterung des Gesundheitszustandes vorgetragen hätte, macht die Revision nicht geltend.
24
Im Übrigen zeigt die Revision nicht auf, dass das Berufungsgericht sich aus dem Sachvortrag der Parteien ergebende Umstände übergangen hätte, die den Beklagten entlasten könnten. Soweit die Revision auf das Alter des Beklagten , den für den menschlichen Organismus allgemein belastenden Zeitpunkt der Übernahme des Ruders am frühen Morgen nach mehrstündiger Wartezeit, den Nebel und die anspruchsvolle Strecke verweist, vermag dies den Beklagten nicht zu entlasten. Der Beklagte ist aufgrund seiner besonderen Kenntnisse und Fähigkeiten Lotse für den Oberrhein und als solcher zum Zwecke der Verringerung der Risiken bei der Fahrt von Iffezheim nach Speyer verpflichtet worden. Der Komplexität der ihm übertragenen Aufgabe und der Größe der möglichen Gefahren entspricht das Maß der zu erwartenden Sorgfalt (vgl. BGH, Urteile vom 21. April 1977 - III ZR 200/74, VersR 1977, 817, 818; vom 8. Juli 1992 - IV ZR 223/91, BGHZ 119, 147, 151). Insbesondere verpflichteten den Beklagten gerade die von der Revision genannten Umstände und das sich daraus ergebende erhöhte Gefahrenpotential im Zeitpunkt der Übernahme des Ruders zur gewissenhaften Selbstprüfung, ob er den hohen Anforderungen gewachsen war (vgl. Senatsurteil vom 20. Oktober 1987 - VI ZR 280/86, VersR 1988, 388 zur Selbstprüfung eines Kraftfahrers). Sollte er das Ruder übernommen haben, obwohl er aufgrund der von der Revision genannten Umstände überfordert war, so hätte er seine Pflicht zur Selbstprüfung vor Übernahme des Ruders grob fahrlässig verletzt (vgl. OLG Schleswig, Beschluss vom 10. Dezember 2003 - 7 U 58/03, BeckRS 2003, 18187).
25
Ebenso wenig verfängt der Einwand der Revision, es sei nicht festgestellt , dass der Beklagte den zu weit Steuerbord angesetzten Kurs auf dem GPS-basierten Tresco habe verfolgen können. Sollte dies notwendig, dem Beklagten aber nicht möglich gewesen sein, hätte es an ihm gelegen, sich als Schiffsführer die zur sicheren Navigation des Schiffes notwendigen Informationen zu beschaffen und durch die Anpassung der Fahrweise, gegebenenfalls sogar durch den Abbruch der Fahrt, zu reagieren. Jedenfalls aber hätte ihn der Hinweis des den Tresco-Bildschirm beobachtenden Zeugen D. auf die kritische Kurswahl zu einer Reaktion veranlassen müssen.
26
Nicht zu beanstanden ist, dass das Berufungsgericht den Navigationsfehler des Beklagten nicht als geringfügige und kurzfristige Fehleinschätzung im Sinne eines Augenblickversagens gewertet hat. Der Ausdruck des Augenblickversagens beschreibt den Umstand, dass ein Handelnder für eine kurze Zeit die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt, und ist im Übrigen für sich genommen kein ausreichender Grund, den Schuldvorwurf der groben Fahrlässigkeit herabzustufen, wenn die objektiven Merkmale der groben Fahrlässigkeit gegeben sind (BGH, Urteil vom 8. Juli 1992 - IV ZR 223/91, aaO, 149). Angesichts der festgestellten Zeitspanne von 49 Sekunden zwischen der Kursänderung auf das Buhnenfeld hin und der Kollision mit der ersten Buhne sowie des Hinweises durch den Zeugen D. begegnet die Verneinung eines Augenblickversagens keinen revisionsrechtlichen Bedenken.
27
3. Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist es schließlich, dass das Berufungsgericht dem Grunde nach die volle Haftung des Beklagten bei festgestellter grob fahrlässiger Herbeiführung der Havarie als gegeben ansieht. Das bestehende Lotsenprivileg infolge entsprechender Anwendung des § 21 Abs. 3 SeelotsG (BGH, Urteil vom 20. Februar 1989 - II ZR 26/88, BGHZ 107, 32, 37) reduziert die Inanspruchnahmemöglichkeit eines Binnenlotsen auf grob fahrlässig und vorsätzlich herbeigeführte Schäden. Die entsprechende Anwendung des § 21 Abs. 3 SeelotsG basiert bereits - teilweise vergleichbar den Beweggründen für die Beschränkung der Arbeitnehmerhaftung durch die Rechtsprechung (vgl. BAG, Vorlagebeschluss vom 12. Juni 1992 - GS 1/89, BAGE 70, 337, 342 f.) - darauf, dass das wirtschaftliche Risiko einer Pflichtverletzung die Leistungsfähigkeit der einzelnen Lotsen übersteigt, in den Lotsgebühren kein angemessenes Äquivalent findet und nicht zu wirtschaftlich tragbaren Prämien versicherbar erscheint (BGH, Urteil vom 20. Februar 1989 - II ZR 26/88, aaO, 38; vgl. auch BT-Drucks. 10/925, S. 3).
28
Eine Ausweitung des Lotsenprivilegs durch eine entsprechende Anwendung der zur Arbeitnehmerhaftung entwickelten Grundsätze mit der Folge einer unter Umständen bestehenden Quotierungsmöglichkeit selbst bei grob fahrlässiger Schadensherbeiführung ist nach geltendem Recht nicht zulässig. Der Senat verkennt dabei nicht die vom Berufungsgericht festgestellte, nach wie vor bestehende Diskrepanz zwischen dem Haftungsrisiko und den durch Verordnung festgesetzten Lotsgebühren.
29
Die Einbeziehung des Binnenlotsen in den Anwendungsbereich der beschränkten Arbeitnehmerhaftung würde voraussetzen, dass er vergleichbar einem Arbeitnehmer in den Betrieb seines Auftraggebers, des Schiffseigners, eingegliedert ist. Rechtfertigung für die in richterlicher Rechtsfortbildung geschaffene Beschränkung der Arbeitnehmerhaftung und Mithaftung des Arbeitgebers ist die Organisations- und Personalhoheit des Arbeitgebers, der die Abhängigkeit und Weisungsgebundenheit des Arbeitnehmers entspricht. Der Arbeitgeber bestimmt durch die Organisation des Betriebes, die Festlegung der Abläufe und die Einwirkung auf die Tätigkeit des Arbeitnehmers, insbesondere durch Ausübung seines Weisungsrechts, einseitig die Schadensexposition und damit das Haftungsrisiko des Arbeitnehmers, weshalb er sich die so von ihm selbst geschaffenen Schadensrisiken im Rahmen des § 254 BGB zurechnen lassen muss (vgl. BAG, Vorlagebeschluss vom 12. Juni 1992 - GS 1/89, BAGE 70, 337, 342 f.). Demgegenüber fehlt es an einer vergleichbaren Steuerung der Tätigkeit des Binnenlotsen durch dessen Auftraggeber.
30
Der Lotse übt seit jeher eine selbständige Tätigkeit aus (BGH, Urteil vom 28. September 1972 - II ZR 6/71, BGHZ 59, 242, 247 f.; vgl. auch § 21 Abs. 1 SeelotsG). Weder durch die Eintragung des Lotsen in das Bordbuch noch durch die vom Gesetz in bestimmten Fällen vorgesehene Pflicht zur Übernahme von Befehl und Ruder (§ 14 Abs. 3 RheinLotsO) wird der Lotse zum Teil der Besat- zung und damit zum Arbeitnehmer oder arbeitnehmerähnlich Beschäftigten (BGH, aaO).
31
Auch im Übrigen fehlt die notwendige Vergleichbarkeit. Abgesehen davon , dass im Streitfall eine wirtschaftliche Abhängigkeit des Beklagten von der Rechtsvorgängerin der Klägerin nicht festgestellt ist, unterliegt der Oberrheinlotse keinem Weisungsrecht durch den Auftraggeber, das dem des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer vergleichbar wäre. Er wird beauftragt, um die mit der entsprechenden Schifffahrtsstrecke verbundenen Schadensrisiken zu begrenzen. Die Schadensrisiken, denen er sich (und andere) bei Ausübung seiner Lotsentätigkeit aussetzt, werden im Hinblick auf seine Eigenverantwortlichkeit wesentlich durch ihn selbst mitbestimmt.
32
Der Schiffseigner engagiert den Lotsen als externen und unabhängigen Berater (vgl. § 14 Abs. 1 RheinLotsO), üblicherweise für einen schwierigen und risikoreichen Teil der Schifffahrtsstraße, um mit dessen besonderem Sachverstand und dessen besonderen Streckenkenntnissen das Risiko von Havarien zu verringern. Er überlässt dem Lotsen die Art und Weise, wie er seiner Aufgabe nachkommt, zu eigener Verantwortung. Das gilt auch und gerade dann, wenn dem Lotsen nach § 14 Abs. 3 RheinLotsO Befehl und Ruder übertragen werden. Der Lotse hat das Schiff dann als verantwortlicher Schiffsführer selbständig zu führen. Der Kapitän ist zwar frei, dem Lotsen das Steuer jederzeit wieder zu entziehen. Dies ist aber allein Ausdruck der Freiheit, die Beratung oder Schiffsführung durch einen Lotsen jederzeit anzunehmen oder abzulehnen, nicht aber Ausfluss einer Weisungsbefugnis; denn für die Ausübung der Tätigkeit selbst können dem Lotsen keine Weisungen erteilt werden (BGH, Urteil vom 28. September 1972 - II ZR 6/71, aaO, 249). Eine andere Bewertung ergibt sich auch nicht aufgrund der Tatsache, dass der Lotse auf Verlangen des Schiffsführers zur Übernahme von Befehl und Ruder verpflichtet ist. Die in der Praxis der Binnen- und Seelotsen verbreitete Übung, dass der Lotse selbst die Manövrierelemente des Schiffs bedient und Anordnungen gegenüber der Mannschaft trifft, setzt die RheinLotsO zwar als Übernahmepflicht des Lotsen um. Der Übernahmepflicht liegen aber schifffahrtspolizeiliche und nicht arbeitsrechtliche Erwägungen zugrunde. Ihre Begründung findet sie in der Gefährlichkeit des kurvenreichen und fließenden Gewässers und dem erhöhten Risiko einer Havarie bei zeitverzögerten Reaktionen aufgrund längerer Kommandoketten.
33
Über die allgemeine Betriebsgefahr eines Binnenschiffs hinaus wird die Risikoexposition des Binnenlotsen - anders als beim Arbeitnehmer - nicht wesentlich durch Vorgaben des Auftraggebers, denen sich der Lotse unterwerfen müsste, sondern wesentlich durch die eigenbestimmte Aufgabenerledigung des Lotsen bestimmt.
34
Anlass, Zweck, Art und Qualität der Dienstleistung eines Binnenlotsen stehen der Übertragung der Grundsätze der Arbeitnehmerhaftung und einer Quotierungsmöglichkeit in Fällen grober Fahrlässigkeit entgegen. Der Binnenlotse wird durch Beschränkung seiner Haftung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit entsprechend § 21 Abs. 3 SeelotsG sowie durch die grundsätzliche Möglichkeit einer summenmäßigen Haftungsbeschränkung gemäß § 5i BinSchG vor übermäßigen Haftungsrisiken geschützt. Es ist dem Gesetzgeber vorbehalten, gegebenenfalls einen weitergehenden Schutz zu schaffen. Galke Wellner von Pentz Offenloch Müller
Vorinstanzen:
AG Kehl, Entscheidung vom 16.06.2014 - 4 C 357/12 RSchG -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 27.04.2015 - 22 U 1/14 RhSch -

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Binnenschiffahrtsgesetz - BinSchPRG | § 5i


Abweichend von den §§ 5e, 5f Abs. 1 und § 5h kann ein Berger im Sinne von § 5c Abs. 1 Nr. 2 oder ein an Bord tätiger Lotse seine Haftung für die Gesamtheit der aus demselben Ereignis entstandenen Ansprüche wegen Personenschäden auf einen Haftungshöch

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Bundesgerichtshof Urteil, 26. Juli 2016 - VI ZR 322/15 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).

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Bundesgerichtshof Urteil, 10. Mai 2011 - VI ZR 196/10

bei uns veröffentlicht am 10.05.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 196/10 Verkündet am: 10. Mai 2011 Böhringer-Mangold Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:

Bundesgerichtshof Urteil, 29. Jan. 2003 - IV ZR 173/01

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 173/01 Verkündet am: 29. Januar 2003 Fritz Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein _____________________

Bundesgerichtshof Urteil, 18. Nov. 2014 - VI ZR 141/13

bei uns veröffentlicht am 18.11.2014

Tenor Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 11. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 14. März 2013 aufgehoben.

Bundesgerichtshof Urteil, 18. Feb. 2014 - VI ZR 51/13

bei uns veröffentlicht am 18.02.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 51/13 Verkündet am: 18. Februar 2014 Holmes Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:
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Oberlandesgericht Nürnberg Endurteil, 02. Mai 2019 - 13 U 1296/17

bei uns veröffentlicht am 02.05.2019

Tenor I. Das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 1. Juni 2017, Az.: 8 O 1980/16, wird abgeändert: Der Beklagte zu 1) wird verurteilt, an die Klägerin 11.947,69 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten übe

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(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

(1) Die für ein Seelotsrevier bestallten Seelotsinnen und Seelotsen üben ihre Tätigkeit als freien, nicht gewerblichen Beruf aus.

(2) Die Seelotsin oder der Seelotse führt die Lotsung in eigener Verantwortung durch. Im übrigen unterliegt sie oder er der Aufsicht nach Maßgabe dieses Gesetzes.

(3) Für einen in Ausübung der Lotstätigkeit verursachten Schaden ist die Seelotsin oder der Seelotse dem Reeder des gelotsten Schiffes oder einem anderen Auftraggeber nur insoweit zum Ersatz verpflichtet, als ihr oder ihm Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt. Ist für einen Schaden, den die Seelotsin oder der Seelotse in Ausübung der Lotstätigkeit einem Dritten zugefügt hat, neben der Seelotsin oder dem Seelotsen auch der Reeder oder andere Auftraggeber verantwortlich, so ist in ihrem Verhältnis zueinander der Reeder oder andere Auftraggeber zum Ersatz verpflichtet, soweit nicht der Seelotsin oder dem Seelotsen Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Steht dem Versicherungsnehmer ein Ersatzanspruch gegen einen Dritten zu, geht dieser Anspruch auf den Versicherer über, soweit der Versicherer den Schaden ersetzt. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers geltend gemacht werden.

(2) Der Versicherungsnehmer hat seinen Ersatzanspruch oder ein zur Sicherung dieses Anspruchs dienendes Recht unter Beachtung der geltenden Form- und Fristvorschriften zu wahren und bei dessen Durchsetzung durch den Versicherer soweit erforderlich mitzuwirken. Verletzt der Versicherungsnehmer diese Obliegenheit vorsätzlich, ist der Versicherer zur Leistung insoweit nicht verpflichtet, als er infolgedessen keinen Ersatz von dem Dritten erlangen kann. Im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung der Obliegenheit ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen; die Beweislast für das Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit trägt der Versicherungsnehmer.

(3) Richtet sich der Ersatzanspruch des Versicherungsnehmers gegen eine Person, mit der er bei Eintritt des Schadens in häuslicher Gemeinschaft lebt, kann der Übergang nach Absatz 1 nicht geltend gemacht werden, es sei denn, diese Person hat den Schaden vorsätzlich verursacht.

1. Der Lotse ist Berater des Schiffsführers; er hat diesen bei der Führung des Fahrzeugs zu unterstützen, ihn auf alle Besonderheiten der zu durchfahrenden Strecke aufmerksam zu machen und ihm die etwa zu treffenden Maßnahmen zu empfehlen.
2. Der Lotse hat sich alsbald nach dem Anbordkommen über den Tiefgang des Fahrzeugs und seine Fahreigenschaften zu unterrichten.
3. Der Lotse hat auf ausdrückliches Verlangen des Schiffsführers den Befehl über die Mannschaft und das Steuerruder zu übernehmen. Als ausdrückliches Verlangen gilt auch die Mitteilung des Schiffsführers, daß er für die zu befahrende Strecke kein Schifferpatent besitzt. Der Lotse wird in diesen Fällen zum verantwortlichen Schiffsführer im Sinne des §2der Rheinschiffahrtpolizeiverordnung. Ist der Lotse nicht Inhaber des Rheinschifferpatents für die Führung von Fahrzeugen ohne eigene Triebkraft, so hat er die Übernahme der Führung eines solchen Fahrzeugs abzulehnen.
4.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

10
a) Zwar ist die tatrichterliche Entscheidung, ob den Schädiger der Vorwurf grober Fahrlässigkeit trifft, mit der Revision nur beschränkt angreifbar. Der Nachprüfung unterliegt aber, ob der Tatrichter den Begriff der groben Fahrlässigkeit verkannt oder bei der Beurteilung des Verschuldensgrades wesentliche Umstände außer Betracht gelassen hat (vgl. Senatsurteile vom 30. Januar 2001 - VI ZR 49/00, aaO, 985 und vom 18. Oktober 1988 - VI ZR 15/88, aaO, 109 mwN). Wie die Revision mit Recht beanstandet (§ 286 ZPO), hat das Berufungsgericht die vom Gesetz vorgeschriebene Gesamtwürdigung nicht in der gebotenen Weise vorgenommen (vgl. Senatsurteil vom 8. Mai 1984 - VI ZR 296/82, aaO). Auch sind für die Beurteilung des Verschuldensgrades der Beklagten wesentliche Umstände noch nicht geklärt.

(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, zu entnehmen ist. Die Vorschriften der §§ 827 und 828 finden entsprechende Anwendung.

(2) Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.

(3) Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden.

10
a) Zwar ist die tatrichterliche Entscheidung, ob den Schädiger der Vorwurf grober Fahrlässigkeit trifft, mit der Revision nur beschränkt angreifbar. Der Nachprüfung unterliegt aber, ob der Tatrichter den Begriff der groben Fahrlässigkeit verkannt oder bei der Beurteilung des Verschuldensgrades wesentliche Umstände außer Betracht gelassen hat (vgl. Senatsurteile vom 30. Januar 2001 - VI ZR 49/00, aaO, 985 und vom 18. Oktober 1988 - VI ZR 15/88, aaO, 109 mwN). Wie die Revision mit Recht beanstandet (§ 286 ZPO), hat das Berufungsgericht die vom Gesetz vorgeschriebene Gesamtwürdigung nicht in der gebotenen Weise vorgenommen (vgl. Senatsurteil vom 8. Mai 1984 - VI ZR 296/82, aaO). Auch sind für die Beurteilung des Verschuldensgrades der Beklagten wesentliche Umstände noch nicht geklärt.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 11. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 14. März 2013 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin, eine Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung, nimmt den Beklagten als Inhaber eines Unternehmens für Elektroninstallation gemäß § 110 Abs. 1 SGB VII auf Ersatz von Aufwendungen für einen Arbeitsunfall des Zeugen M. (im Folgenden: der Geschädigte) in Anspruch.

2

Am 9. Juni 2008 führten ein Mitarbeiter des Beklagten, der Zeuge S., sowie zwei vom Beklagten bei einer Zeitarbeitsfirma georderte Leiharbeitnehmer, der Zeuge G. und der Geschädigte, Arbeiten auf dem Dach einer Reithalle aus, auf dem eine Photovoltaikanlage installiert werden sollte. Sicherheitsnetze und ein Schutzgerüst waren an diesem Tag noch nicht angebracht. Der Geschädigte trat auf eine zum Dach gehörende Lichtplatte, wodurch diese zerbrach. Er stürzte etwa sieben Meter tief auf den Hallenboden und verletzte sich schwer.

3

Das Landgericht hat die Klage nach Vernehmung der drei Zeugen abgewiesen, weil der Beklagte den Versicherungsfall nicht grob fahrlässig herbeigeführt habe. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht das landgerichtliche Urteil ohne weitere Beweisaufnahme abgeändert. Es hat einen Anspruch auf Zahlung von 86.788,91 € nebst Zinsen dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin auch alle weiteren gemäß § 110 SGB VII erstattungsfähigen Aufwendungen zu ersetzen, die ihr wegen des Unfalls entstanden sind oder künftig entstehen werden. Dagegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision des Beklagten, mit der dieser seinen Antrag auf Zurückweisung der Berufung weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe

I.

4

Das Berufungsgericht, dessen Urteil in r+s 2013, 409 veröffentlicht ist, hat ausgeführt, die Anspruchsvoraussetzungen des § 110 Abs. 1 Satz 1 SGB VII lägen dem Grunde nach vor. Aus dem Bescheid der Klägerin vom 27. Juli 2009 ergebe sich mit bindender Wirkung, dass der Unfall des Geschädigten ein Versicherungsfall sei, für den die Klägerin zuständig sei. Auch sei die Haftung des Beklagten gemäß § 104 SGB VII beschränkt. Der Geschädigte habe zum Unfallzeitpunkt in einer sonstigen die Versicherung begründenden Beziehung zum Beklagten gestanden, weil er als Leiharbeiter auf einer Baustelle des Beklagten tätig gewesen sei und dort dessen Weisungen unterlegen habe.

5

Der Beklagte habe den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt, da er Unfallverhütungsvorschriften nicht beachtet habe, die elementare Sicherungspflichten zum Inhalt hätten. Angesichts der Firsthöhe des Daches von sieben Metern und der nicht tragfähigen Lichtbänder seien Sicherungseinrichtungen zur Verhinderung eines Durchbruchs notwendig gewesen, die jedoch zum Unfallzeitpunkt nicht vorhanden gewesen seien. Insbesondere seien nach den nicht angegriffenen, bindenden Feststellungen des Landgerichts jedenfalls zum Unfallzeitpunkt keine Aluprofile mehr in den Sicken des betreffenden Lichtbandes vorhanden gewesen; die Profile seien zuvor von dem Lichtband entfernt worden, um sie zwischen den Lichtbändern zu montieren. Bei einem derart schwer wiegenden Verstoß sei der Schluss auf ein auch subjektiv gesteigertes Verschulden gerechtfertigt. Die vom Beklagten behauptete Anweisung, nicht auf die Lichtbänder zu treten, sei unzureichend gewesen, da bei Handwerksarbeiten auf einem Hallendach auch Vorsorge gegen unbedarfte Bewegungen getroffen werden müsse.

6

Auch die angebliche weitere Anweisung, Aluprofile in die Sicken der Lichtbänder zu legen, sei entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht geeignet, den Beklagten subjektiv zu entlasten. Der Beklagte habe nicht davon ausgehen dürfen, dass die angeordnete Maßnahme geeignet gewesen sei, den Durchbruch eines Mitarbeiters durch ein Lichtband zu verhindern. Denn bei der Durchführung der geplanten Arbeiten hätten die Profile zwangsläufig wieder von den Lichtbändern entfernt werden müssen. Soweit das Landgericht die vor Abschluss der Arbeiten erfolgte Entfernung der Aluprofile von den Lichtbändern als Verstoß gegen die Anordnungen des Beklagten angesehen habe, sei der Senat daran nicht gebunden, weil den Aussagen der im ersten Rechtszug vernommenen Zeugen konkrete Anhaltspunkte zu entnehmen seien, die Zweifel an der Richtigkeit dieser Ausführungen begründeten. Aus den protokollierten Aussagen des Zeugen S. und des Geschädigten ergebe sich, dass die Aluprofile nach dem vom Beklagten erteilten Arbeitsauftrag zwischen den Lichtbändern befestigt werden sollten, damit am nächsten Tag mit der Montage der Photovoltaik-Module begonnen werden konnte; dazu hätten die Profile von den Lichtbändern entfernt werden müssen. Eine nochmalige Vernehmung der Zeugen sei nicht erforderlich, da das Landgericht den Aussagen gefolgt sei.

7

Der Beklagte behaupte zwar nunmehr, die Entfernung der Aluprofile von den Lichtbändern sei weder geplant noch notwendig gewesen, weil die Aluschienen im Bereich unterhalb der Lichtbänder erst am nächsten Tag hätten montiert werden sollen. Dieser neue Vortrag sei jedoch nicht zuzulassen und ändere im Übrigen auch nichts an der Ungeeignetheit der angeordneten Maßnahme. Die für den Bereich unterhalb der Lichtbänder vorgesehenen Profile könnten, da dieser schmale Streifen allenfalls ein Viertel der Dachfläche ausmache, nicht zur Abdeckung aller Lichtbänder ausgereicht haben. Daher hätte auf jeden Fall ein Teil der zur Abdeckung der Lichtbänder verwendeten Profile im Laufe der Arbeiten wieder entfernt werden müssen. Die in die Sicken der Lichtbänder gelegten Aluprofile seien außerdem auch nicht gegen ein Abrutschen gesichert gewesen und eine seitliche Absturzsicherung habe weitgehend gefehlt. Unter diesen Umständen seien die behaupteten Sicherungsmaßnahmen derart lückenhaft und ungeeignet gewesen, dass die Pflichtverletzung unter Berücksichtigung der auf der Hand liegenden tödlichen Gefahren als subjektiv unentschuldbar angesehen werden müsse.

II.

8

Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht in vollem Umfang stand.

9

1. Mit Recht hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass der Beklagte eine Person ist, deren Haftung nach § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB VII beschränkt ist. Nach dieser Bestimmung sind Unternehmer den Versicherten, die für ihre Unternehmen tätig sind oder zu ihren Unternehmen in einer sonstigen die Versicherung begründenden Beziehung stehen, zum Ersatz des Personenschadens, den ein Versicherungsfall verursacht hat, nur verpflichtet, wenn sie den Versicherungsfall vorsätzlich oder auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 versicherten Weg herbeigeführt haben. Danach haftet der Beklagte vorliegend nicht. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat er die Verletzungen des Geschädigten weder vorsätzlich herbeigeführt noch handelt es sich um einen Wegeunfall. Der Unfall ist haftungsrechtlich auch dem Unternehmen des Beklagten zuzuordnen, denn der Geschädigte war zum Unfallzeitpunkt auf dessen Baustelle als ein ihm überlassener Leiharbeitnehmer eingesetzt und damit als Versicherter für ihn tätig. Dies gilt unbeschadet des Umstands, dass die Klägerin als für das Unternehmen des Verleihers zuständige Berufsgenossenschaft den Unfall des Geschädigten als Arbeitsunfall anerkannt hat.

10

a) Zwar ist der Zivilrichter gemäß § 112 i.V.m. § 108 Abs. 1 SGB VII an unanfechtbare Entscheidungen der Unfallversicherungsträger hinsichtlich der Frage gebunden, ob ein Arbeitsunfall vorliegt, in welchem Umfang Leistungen zu erbringen sind und ob der Unfallversicherungsträger zuständig ist. Nach der neueren Rechtsprechung des Senats erstreckt sich die Bindungswirkung auch auf die Entscheidung darüber, ob der Verletzte den Unfall als Versicherter aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 oder Abs. 2 Satz 1 SGB VII erlitten hat und welchem Unternehmen der Unfall zuzurechnen ist (vgl. Senatsurteile vom 22. April 2008 - VI ZR 202/07, VersR 2008, 820 Rn. 9, 13; vom 19. Mai 2009 - VI ZR 56/08, BGHZ 181, 160 Rn. 17, 21; vom 30. April 2013 - VI ZR 155/12, VersR 2013, 862 Rn. 9, jeweils mwN). An der Zuordnung des Unfalls zu einem anderen Unternehmen gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII sind die Zivilgerichte danach gehindert (vgl. Senatsurteile vom 22. April 2008 - VI ZR 202/07, VersR 2008, 820 Rn. 13; vom 19. Mai 2009 - VI ZR 56/08, BGHZ 181, 160 Rn. 17, 20 f.; aA BAG, NZA-RR 2010, 123 Rn. 27, 54 f.).

11

b) Die unanfechtbare Entscheidung des für den Verleiher zuständigen Versicherungsträgers, in der der Unfall eines - auf Grund eines wirksamen Vertrags - entliehenen Arbeitnehmers (§ 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG) im Unternehmen des Entleihers als Arbeitsunfall anerkannt wird, hindert die Zivilgerichte jedoch nicht, den Unfall haftungsrechtlich dem Unternehmen des Entleihers zuzuordnen und diesen als haftungsprivilegiert anzusehen.

12

aa) Der Senat hat seine Auffassung, die Bindungswirkung des § 108 SGB VII erstrecke sich auch auf die Entscheidung darüber, welchem Unternehmen der Unfall zuzurechnen ist, damit begründet, dass durch die - im Zuge der Einordnung des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung in das Sozialgesetzbuch VII neu geschaffenen - Konkurrenzregelungen des § 135 SGB VII nicht nur die Zuständigkeit mehrerer Unfallversicherungsträger und ein mehrfacher Versicherungsschutz, sondern auch die Zuordnung eines Arbeitsunfalls zu mehreren Unternehmen verhindert werden solle (Urteile vom 22. April 2008 - VI ZR 202/07 aaO und vom 19. Mai 2009 - VI ZR 5VI ZR 56/08, aaO Rn. 13, 18; zustimmend ErfK/Rolfs, 14. Aufl., § 108 SGB VII Rn. 3; Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 104 Rn. 4.4 [Stand: Mai 2011]; Waltermann in Eichenhofer/Wenner, SGB VII, § 108 Rn. 4; ablehnend Ricke in Kasseler Kommentar, § 104 SGB VII Rn. 10 [Stand: Dezember 2011]; ders., NZS 2011, 454; von Koppenfels-Spies, SGb 2013, 373; Burmann/Jahnke, NZV 2014, 5, 10; anders auch BAG, aaO).

13

bb) Diese Erwägungen lassen sich jedoch nicht auf die erlaubte Arbeitnehmerüberlassung übertragen. Sie ist durch Besonderheiten gekennzeichnet, die der Annahme entgegenstehen, dass die Beschränkung der Zuordnung eines Arbeitsunfalls zu einem Unternehmen auch in dieser Fallkonstellation dem Willen des Gesetzgebers entspricht und den Schutzzwecken der §§ 104 ff. SGB VII Rechnung trägt (vgl. Senatsurteil vom 19. Mai 2009 - VI ZR 56/08, BGHZ 181, 160 Rn. 20).

14

So wird ein mehrfacher Versicherungsschutz bei der Arbeitnehmerüberlassung in erster Linie durch die spezielle Vorschrift des § 133 Abs. 2 SGB VII verhindert, wonach sich die Zuständigkeit des Unfallversicherungsträgers nach der Zuständigkeit für das Unternehmen des Verleihers bestimmt (vgl. Köhler in Becker/Franke/Molkentin, SGB VII, 4. Aufl., § 133 Rn. 10; Quabach in jurisPK-SGB VII, 2. Aufl., § 133 Rn. 29). Anders als § 135 SGB VII (vgl. Senatsurteil vom 19. Mai 2009 - VI ZR 56/08, BGHZ 181, 160 Rn. 13) hat die Bestimmung des § 133 Abs. 2 SGB VII ein Vorbild in der Reichsversicherungsordnung. Sie entspricht im Wesentlichen dem mit Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetz vom 30. April 1963 (BGBl. I S. 241) geschaffenen § 648 RVO, wonach eine Berufsgenossenschaft Arbeitsunfälle bei Tätigkeit in einem Unternehmen, das für Rechnung eines ihr nicht angehörigen Unternehmers geht, dann zu entschädigen hat, wenn ein ihr angehöriger Unternehmer den Auftrag gegeben und das Entgelt zu zahlen hat (vgl. BT-Drucks. 13/2204, S. 108). Trotz dieser Regelung bestand unter der Geltung der Reichsversicherungsordnung kein Zweifel daran, dass ein Arbeitsunfall haftungsrechtlich dem Unternehmen des Entleihers zugeordnet werden konnte und diesem deshalb das Haftungsprivileg des § 636 Abs. 1 RVO zugute kam. Dies ergab sich bereits aus der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung in § 636 Abs. 2 RVO, durch die klargestellt werden sollte, dass der grundsätzliche Ausschluss der Haftung des Unternehmers gemäß § 636 Abs. 1 RVO auch für den Entleiher im Verhältnis zu dem für ihn tätigen Leiharbeitnehmer gilt (BT-Drucks. 3/758 S. 60; vgl. BAGE 42, 194, 200). Diesen Rechtszustand wollte der Gesetzgeber mit dem Erlass des Sozialgesetzbuchs VII nicht ändern. Ausweislich der Gesetzesbegründung ist er davon ausgegangen, dass dem Entleiher die Haftungsprivilegierung auch nach neuem Recht zugute kommt. Wegen des vermeintlich klaren Wortlauts des § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB VII - "Versicherte, die für ihre Unternehmen tätig sind" - hat er eine besondere Regelung für Leiharbeitnehmer für entbehrlich gehalten (BT-Drucks. 13/2204 S. 100; vgl. Lemcke, r+s 2009, 391, 392; Kampen, NJW 2010, 2311, 2315; Ricke, NZS 2011, 454, 457; von Koppenfels-Spies, SGb 2013, 373, 378; Burmann/Jahnke, NZV 2014, 5, 10).

15

Auch steht der Schutzzweck des § 133 Abs. 2 SGB VII, insbesondere für Leiharbeitnehmer ständig wechselnde Zuständigkeiten zu verhindern (Lemcke, r+s 2013, 411, 412; Köhler in Becker/Franke/Molkentin, SGB VII, 4. Aufl., § 133 Rn. 5), in keinem Bezug zu Sinn und Zweck der Haftungsprivilegierung. Diese dient zunächst als Ausgleich für die allein von dem Unternehmer getragene Beitragslast. Darüber hinaus bezweckt sie die Wahrung des Betriebsfriedens, indem Streitigkeiten über die Unfallverantwortung vermieden werden (vgl. Senatsurteile vom 16. Januar 1953 - VI ZR 161/52, BGHZ 8, 330, 338; vom 24. Januar 2006 - VI ZR 290/04, BGHZ 166, 42 Rn. 11; vom 16. Dezember 2003 - VI ZR 103/03, BGHZ, 157, 213, 218, jeweils mwN; BVerfGE 34, 118, 129 f., 132). Schließlich soll sie auch dem Umstand Rechnung tragen, dass die Betriebsgemeinschaft eine Gefahrengemeinschaft darstellt (vgl. BVerfGE 34, 118, 136; Ricke in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 104 SGB VII Rn. 2 [Stand: Dezember 2011]; Hollo in jurisPK-SGB VII, 2. Aufl., § 104 Rn. 9; von Koppenfels-Spies, SGb 2013, 373, 377).

16

Diese Schutzzwecke würden im Fall der Arbeitnehmerüberlassung weitgehend verfehlt, wenn eine Haftungsprivilegierung des Entleihers verneint würde. Denn bei Arbeitsunfällen von Leiharbeitnehmern kommt eine Haftung der Verleiher unabhängig von einer Haftungsbeschränkung typischerweise nur selten in Betracht (vgl. Thüsing, AÜG, 3. Aufl., Einf. Rn. 78; Schüren in ders./Hamann, AÜG, 4. Aufl., Einl. Rn. 758). Demgegenüber wären die Entleiher auf Grund der sie treffenden Fürsorgepflicht (vgl. BAGE 25, 514, 522; BAG, NZA 1989, 340, 341; NZA-RR 2010, 123 Rn. 43 f.) - insbesondere der Pflicht, die Arbeit in den Unternehmen durch Beachtung der Unfallverhütungsvorschriften unfallsicher auszugestalten (vgl. bereits BT-Drucks. 3/758 S. 60) - und infolge der Eingliederung der Leiharbeitnehmer in ihr Unternehmen (vgl. BAGE 25, 514, 520; 77, 102, 110; 144, 222 Rn. 13) bei einer Verneinung der Haftungsbeschränkung einem erheblichen Haftungsrisiko ausgesetzt. Es steht in Einklang mit den Schutzzwecken des Haftungsprivilegs, dieses Risiko als durch die für die Leiharbeitnehmer gezahlten Unfallversicherungsbeiträge abgelöst anzusehen (vgl. bereits BT-Drucks. 3/758 S. 60).

17

cc) Dem steht nicht entgegen, dass der Entleiher die Beiträge regelmäßig nicht selbst an die zuständige Berufsgenossenschaft abführt, weil der Verleiher Beitragsschuldner ist (Schmitt, SGB VII, 4. Aufl., § 150 Rn. 11; Schlaeger in BeckOK SozR, § 150 SGB VII Rn. 7 [Stand: Juni 2014]). In den praktisch bedeutsamen Fällen der entgeltlichen Arbeitnehmerüberlassung wird der Verleiher die Beiträge bei der Kalkulation des Entgelts berücksichtigen und an den Entleiher weiterreichen (vgl. Senatsurteil vom 16. Januar 1953 - VI ZR 161/52, BGHZ 8, 330, 333; Lehmacher, r+s-Beil. 2011, 79, 81). Darüber hinaus haftet der Entleiher dem Unfallversicherungsträger gegenüber wie ein selbstschuldnerischer Bürge (§ 150 Abs. 3 Satz 1 SGB VII i.V.m. § 28e Abs. 2 Satz 1 SGB IV). Die Loslösung des Haftungsprivilegs von der Beitragspflicht ist im Übrigen eine Folge der Aufspaltung der Arbeitgeber-Stellung, die für die spezielle Situation der Leiharbeitnehmer kennzeichnend ist (vgl. BAGE 144, 340 Rn. 26).

18

Vor diesem Hintergrund ist ein hinreichender Sachgrund dafür, Arbeitsunfälle von Leiharbeitnehmern im Verhältnis zum Entleiher haftungsrechtlich anders zu behandeln als Arbeitsunfälle der in gleicher Gefahrenlage arbeitenden eigenen Arbeitnehmer des Entleihers, nicht zu erkennen (so bereits RGZ 171, 393, 398 und Senatsurteil vom 16. Januar 1953 - VI ZR 161/52, aaO).

19

c) Der Geschädigte war zum Unfallzeitpunkt als Versicherter gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII für den Beklagten tätig. Er war als ein ihm überlassener Leiharbeitnehmer gemeinsam mit einem eigenen Arbeitnehmer des Beklagten auf dessen Baustelle eingesetzt und damit wie ein Beschäftigter des Beklagten tätig (§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Für die Beantwortung der Frage, ob der Geschädigte wie ein Beschäftigter im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII tätig geworden ist, ist entscheidend, ob er Aufgaben des anderen Unternehmens wahrgenommen hat und die Aufgaben seiner Tätigkeit bei wertender Betrachtung der Einzelfallumstände auch das Gepräge gegeben haben (Senatsurteil vom 23. März 2004 - VI ZR 160/03, VersR 2004, 1045, 1046 f.; BAG, NZA-RR 2010, 123 Rn. 35). Diese Voraussetzungen sind erfüllt, wenn ein dem Entleiher zur Arbeitsleistung überlassener Arbeitnehmer im Unternehmen des Entleihers eingesetzt wird (vgl. BSGE 98, 285 Rn. 17; OLG Jena r+s 2010, 533; LAG Berlin-Brandenburg, r+s 2014, 48; Krasney in: Becker/Burchardt/ders./Kruschinsky, Gesetzliche Unfallversicherung, § 104 Rn. 11 [Stand: September 2010]; Schmitt, SGB VII, 4. Aufl., § 104 Rn. 8; Waltermann in Eichenhofer/Wenner, SGB VII, § 104 Rn. 10; Grüner in Becker/Franke/Molkentin, SGB VII, 4. Aufl., § 104 Rn. 11 f.; Hollo in jurisPK-SGB VII, 2. Aufl., § 104 Rn. 25; Schüren in ders./Hamann, AÜG, 4. Aufl., Einl. Rn. 756; Thüsing, AÜG, 3. Aufl., Einf. Rn. 77; Geigel/Wellner, Der Haftpflichtprozess, 26. Aufl., Kap. 31 Rn. 81; Lepa, Haftungsbeschränkungen bei Personenschäden nach dem Unfallversicherungsrecht, S. 154 f.). Die von dem Leiharbeitnehmer wahrgenommenen Aufgaben werden nämlich - anders als bei einem Dienst- oder Werkvertrag - nicht aufgrund des Arbeitnehmerüberlassungsvertrags von dem Verleiher übernommen. Dessen Verpflichtung beschränkt sich vielmehr darauf, dem Entleiher Arbeitskräfte zur Verfügung zu stellen, die dieser nach seinen Vorstellungen und Zielen in seinem Betrieb wie eigene Arbeitnehmer einsetzt (BAGE 77, 102, 110 f.; 87, 186, 189; 96, 150, 153).

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2. Rechtsfehlerhaft ist aber die Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagte habe den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt.

21

a) Grobe Fahrlässigkeit setzt einen objektiv schweren und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus. Diese Sorgfalt muss in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und es muss dasjenige unbeachtet geblieben sein, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Ein solcher Verstoß lässt sich nicht allein mit der Verletzung von Unfallverhütungsvorschriften begründen. Vielmehr ist auch in solchen Fällen eine Wertung des Verhaltens des Schädigers geboten, in die auch die weiteren Umstände des Einzelfalls einzubeziehen sind. So kommt es darauf an, ob es sich um eine Unfallverhütungsvorschrift handelt, die sich mit Vorrichtungen zum Schutz der Arbeiter vor tödlichen Gefahren befasst und elementare Sicherungspflichten zum Inhalt hat. Auch spielt insbesondere eine Rolle, ob der Schädiger nur unzureichende Sicherungsmaßnahmen getroffen oder von den vorgeschriebenen Schutzvorkehrungen völlig abgesehen hat, obwohl die Sicherungsanweisungen eindeutig waren. Im letzteren Fall kann der objektive Verstoß gegen elementare Sicherungspflichten ein solches Gewicht haben, dass der Schluss auf ein auch subjektiv gesteigertes Verschulden gerechtfertigt ist (Senatsurteile vom 30. Januar 2001 - VI ZR 49/00, VersR 2001, 985, 986 und vom 18. Februar 2014 - VI ZR 51/13, VersR 2014, 481 Rn. 7 f.; vgl. auch Senatsurteil vom 18. Oktober 1988 - VI ZR 15/88, VersR 1989, 109, 110 zu § 640 RVO).

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b) Diese rechtlichen Grundsätze hat das Berufungsgericht entgegen der Auffassung der Revision nicht verkannt. Es hat nicht allein daraus, dass an der Unfallstelle keinerlei Absturzsicherung vorhanden war und somit objektiv ein Verstoß gegen elementare Sicherungspflichten vorlag, auf ein auch subjektiv gesteigertes Verschulden des Beklagten geschlossen. Vielmehr hat es sich konkret mit der persönlichen Verantwortung des Beklagten für den objektiv vorschriftswidrigen Zustand befasst und hat geprüft, ob die vom Beklagten behaupteten Anweisungen geeignet waren, ihn wenigstens subjektiv zu entlasten.

23

c) Die diesbezügliche Würdigung beruht aber auf einem Verfahrensfehler. Dies rügt die Revision mit Erfolg.

24

Das Berufungsgericht hat angenommen, der Beklagte habe nicht davon ausgehen dürfen, dass die angebliche Anweisung, Aluprofile in die Sicken der Lichtbänder zu legen, geeignet gewesen sei, den Durchbruch eines Mitarbeiters durch ein Lichtband zu verhindern. Dies hat es - gestützt auf die protokollierten Aussagen des Geschädigten und des Zeugen S. vor dem Landgericht - damit begründet, dass die Aluprofile nach dem vom Beklagten erteilten Arbeitsauftrag im Zuge der Arbeiten wieder von den Lichtbändern entfernt werden mussten; dies ist im Falle des Lichtbandes, durch das der Beklagte gestürzt ist, auch tatsächlich geschehen. Allerdings verweist die Revision mit Recht darauf, dass der Beklagte nach seinem Vortrag Sicherheitsnetze und ein Schutzgerüst bestellt hatte, die am Tag nach dem Unfall montiert wurden; davon ist auch das Landgericht ausgegangen. In Ermangelung gegenteiliger Feststellungen ist für das Revisionsverfahren zu unterstellen, dass die Lichtbänder nach der Montage der Netze und des Gerüsts allein durch diese ausreichend gesichert waren. Die auf die Entfernung der Aluprofile von den Lichtbändern abstellende Begründung des Berufungsgerichts ist deshalb schon im Ansatz nur dann tragfähig, wenn es angenommen haben sollte, dass es dem Arbeitsauftrag des Beklagten entsprach, bereits am Unfalltag - also vor der Montage der anderen Sicherungseinrichtungen - Aluprofile von den Lichtbändern zu entfernen oder dass der Beklagte dies jedenfalls nicht in der gebotenen Weise verhindert hat. Die Ausführungen des Berufungsgerichts sind insoweit nicht eindeutig.

25

Versteht man das Berufungsurteil gleichwohl in dem genannten Sinne, so hat das Berufungsgericht die von ihm herangezogenen Zeugenaussagen anders gewürdigt als das Landgericht. Es wäre deshalb verpflichtet gewesen, die beiden Zeugen erneut zu vernehmen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 14. Juli 2009 - VIII ZR 3/09, NJW-RR 2009, 1291 Rn. 5; vom 10. November 2010 - IV ZR 122/09, NJW 2011, 1364 Rn. 6; vom 21. März 2012 - XII ZR 18/11, NJW-RR 2012, 704 Rn. 6 f.; Urteil vom 29. September 2011 - VII ZR 87/11, NJW 2011, 3780 Rn. 16). Denn das Landgericht hatte die vor der Montage der anderen Sicherungseinrichtungen erfolgte Entfernung der Aluprofile von den Lichtbändern als Verstoß gegen die Anordnungen des Beklagten gewertet, der diesem nicht zugerechnet werden könne. Zu dieser Einschätzung hätte das Landgericht nicht gelangen können, wenn es den auch von ihm für glaubhaft gehaltenen Zeugenaussagen entnommen hätte, dass die fraglichen Aluprofile nach dem vom Beklagten erteilten Arbeitsauftrag noch am Unfalltag wieder von den Lichtbändern entfernt werden sollten oder der Beklagte dies jedenfalls nicht in der gebotenen Weise verhindert hat. Dies lässt sich den protokollierten Zeugenaussagen im Übrigen auch nicht, jedenfalls nicht eindeutig entnehmen, so dass schon deshalb eine erneute Vernehmung geboten gewesen wäre.

26

Das angefochtene Urteil beruht auf dem Verfahrensfehler, weil das Berufungsgericht seine Würdigung maßgeblich auf die beiden Zeugenaussagen gestützt hat. Soweit es hilfsweise den nicht zugelassenen neuen Beklagtenvortrag gewürdigt und soweit es ergänzend auf die fehlende Sicherung der Aluprofile gegen ein Abrutschen abgestellt hat, lässt sich dem Berufungsurteil nicht entnehmen, dass dies allein seine Annahme trägt, die angebliche Anordnung, Aluprofile in die Sicken der Lichtbänder zu legen, sei nicht geeignet, den Beklagten subjektiv zu entlasten. Da das Lichtband, durch das der Geschädigte gestürzt ist, zu diesem Zeitpunkt überhaupt nicht gesichert war, war eine fehlende Befestigung der Profile im Übrigen auch nicht unfallursächlich. Dies gilt auch für das Fehlen einer seitlichen Absturzsicherung, so dass darauf allein der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit ebenfalls nicht gestützt werden kann.

27

3. Nach alledem kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben. Die Sache ist gemäß § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dies gibt dem Berufungsgericht auch Gelegenheit zu einer erneuten Prüfung des in den Urteilsgründen nicht behandelten Feststellungsinteresses (§ 256 Abs. 1 ZPO). Da der Klageanspruch aus der Verletzung eines auch deliktsrechtlich geschützten absoluten Rechtsgutes resultiert, wäre ein Feststellungsinteresse allerdings entgegen der Auffassung der Revision - anders als bei reinen Vermögensschäden (dazu BGH, Urteil vom 24. Januar 2006 - XI ZR 384/03, BGHZ 166, 84 Rn. 27 mwN) - nur zu verneinen, wenn aus der Sicht der Klägerin bei verständiger Würdigung kein Grund bestünde, mit weiteren Aufwendungen wenigstens zu rechnen (vgl. Senat, Urteil vom 16. Januar 2001 - VI ZR 381/99, VersR 2001, 874, 875 und Beschluss vom 9. Januar 2007 - VI ZR 133/06, VersR 2007, 708 Rn. 5 für Schadensersatzansprüche).

Galke                     Diederichsen                     Pauge

           Offenloch                           Oehler

10
b) Das Berufungsgericht hat den Begriff der groben Fahrlässigkeit nicht verkannt. Es hat seinem Urteil die vom Bundesgerichtshof aufgestellten Grundsätze zugrunde gelegt, wonach grobe Fahrlässigkeit einen objektiv schweren und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraussetzt. Diese Sorgfalt muss in ungewöhnlich hohem Maß verletzt und es muss dasjenige unbeachtet geblieben sein, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Ein objektiv grober Pflichtenverstoß rechtfertigt für sich allein noch nicht den Schluss auf ein entsprechend gesteigertes persönliches Verschulden, nur weil ein solches häufig damit einhergeht. Vielmehr erscheint ein solcher Vorwurf nur dann als gerechtfertigt , wenn eine auch subjektiv schlechthin unentschuldbare Pflichtverletzung vorliegt, die das in § 276 Abs. 2 BGB bestimmte Maß erheblich überschreitet (st. Rspr.; vgl. Senatsurteile vom 12. Juli 2005 - VI ZR 83/04, VersR 2005, 1559, insoweit in BGHZ 163, 351 nicht abgedruckt und vom 30. Januar 2001 - VI ZR 49/00, VersR 2001, 985, 986; BGH, Urteil vom 29. Januar 2003 - IV ZR 173/01, VersR 2003, 364). Hiernach ist es in aller Regel erforderlich, nicht nur zur objektiven Schwere der Pflichtwidrigkeit, sondern auch zur subjektiven (personalen) Seite konkrete Feststellungen zu treffen (Senatsurteile vom 12. Januar 1988 - VI ZR 158/87, aaO, 474 f. und vom 17. Februar 2009 - VI ZR 86/08, aaO Rn. 10).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 173/01 Verkündet am:
29. Januar 2003
Fritz
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
Es gibt keinen Grundsatz, nach dem das Nichtbeachten des Rotlichts einer Verkehrsampel
stets als grob fahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalls anzusehen
ist. Aus der Entscheidung BGHZ 119, 147 ergibt sich nichts anderes.
BGH, Urteil vom 29. Januar 2003 - IV ZR 173/01 - OLG Frankfurt am Main
LG Darmstadt
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Seiffert und Wendt, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch auf die mündliche Verhandlung
vom 29. Januar 2003

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 24. Zivilsenats in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 11. Mai 2001 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger verlangt vom Beklagten, seinem Kaskoversicherer, aus einem Verkehrsunfall Schadensersatz in Höhe von 26.900 DM. Er fuhr mit seinem PKW am 28. Oktober 1998 gegen 6.00 Uhr in Darmstadt in eine weitläufige Kreuzung ein, obwohl die für ihn maßgebliche Ampel Rotlicht zeigte. Im Kreuzungsbereich stieß er mit dem von rechts herankommenden Fahrzeug eines anderen Verkehrsteilnehmers zusammen, der bei Grünlicht in die Kreuzung eingefahren war. Der Beklagte hält sich nach § 61 VVG für leistungsfrei, weil der Kläger den Unfall durch grobe Fahrlässigkeit herbeigeführt habe.

Der Kläger behauptet, er habe sich der Kreuzung bei Rotlicht genähert und als erstes Fahrzeug auf der linken Geradeausspur angehalten. Rechts neben ihm hätten keine Fahrzeuge gestanden. Direkt neben ihm auf der Linksabbiegespur habe ein anderes Fahrzeug gestanden. Darin habe er einen Arbeitskollegen erkannt und diesen gegrüßt. Als er wieder nach rechts geschaut habe, habe er "Grün" gesehen und sei in der Meinung losgefahren, das Umschalten der Ampel während des Hinüberschauens zu seinem Arbeitskollegen verpaßt zu haben. Seinen Irrtum könne er sich nur so erklären, daß er das Umschalten eines anderen Elements der Ampelanlage mißgedeutet habe oder durch das im Rückspiegel registrierte Grünlicht einer hinter ihm an der zurückliegenden Kreuzung installierten Ampelanlage getäuscht worden sei.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht (r+s 2001, 313) hat ihr stattgegeben. Mit der zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


Die Revision des Beklagten hat keinen Erfolg. Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
I. Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts zum Unfallverlauf hat der Kläger zunächst bei Rotlicht angehalten, seinen Arbeitskollegen gesehen und gegrüßt und ist erst danach angefahren, weil er durch irgendein nachträglich nicht exakt

zu konkretisierendes, in seinem Blickfeld liegendes optisches Signal und dessen fehlerhafte Verarbeitung zu dem gleichsam natürlichen Eindruck gekommen sei, die Ampel sei auf "Grün" umgesprungen. Zu dieser Überzeugung ist das Berufungsgericht aufgrund der Zeugenaussage des Arbeitskollegen und des persönlich glaubwürdigen Eindrucks vom Kläger gelangt, den es auf seine früheren schriftlichen Äußerungen und seine Anhörung in der mündlichen Verhandlung gestützt hat.
Das Berufungsgericht meint, bei dem von ihm festgestellten Sachverhalt wäre auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteile vom 8. Juli 1992 - IV ZR 223/91 - VersR 1992, 1085 = BGHZ 119, 147 und vom 18. Dezember 1996 - IV ZR 321/95 - VersR 1997, 351) Leistungsfreiheit nach § 61 VVG wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalls anzunehmen. Dieser Rechtsprechung sei aber nicht zu folgen, weil ihr Sinn und Zweck von § 61 VVG entgegenstünden. Der Begriff der groben Fahrlässigkeit sei nicht für alle Rechtsgebiete gleich, sondern bei einer Verknüpfung mit der Leistungspflicht eines Versicherers nach dem Zweck der konkreten Versicherung zu bestimmen. Es würde eine mit dem Zweck der Vollkaskoversicherung unvereinbare Aushöhlung des Versicherungsschutzes bedeuten, die Folgen eines durch typisch menschliche Unzulänglichkeit verursachten Augenblicksversagens aus dem Kreise der versicherten Risiken auszunehmen. Mit dem regelhaften Schluß vom objektiv groben Pflichtverstoß auf die subjektive Unentschuldbarkeit dieses Verstoßes werde auch die nach § 61 VVG erforderliche positive Feststellung der besonderen subjektiven Vorwerfbarkeit in ein negatives Merkmal umgewandelt. Nunmehr müsse der Versicherungsnehmer das Gericht davon überzeugen, daß ein äußerlich grober Mißgriff ausnahmsweise zu entschuldigen sei.

Auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung nimmt das Berufungs- gericht an, der Kläger habe den Unfall zwar durch einen objektiv groben Verstoß gegen die Regeln des Straßenverkehrs schuldhaft herbeigeführt. Subjektive Unentschuldbarkeit lasse sich aber nicht feststellen, weil sich das Fehlverhalten des Klägers den Umständen nach nur durch ein Augenblicksversagen erklären lasse, das nicht auf Sorglosigkeit oder Gleichgültigkeit im Umgang mit dem versicherten Fahrzeug beruhe.
II. Die rechtlichen Erwägungen des Berufungsgerichts geben keinen Anlaß, die Rechtsprechung des Senats zu ändern. Auf der Grundlage der Entscheidungen des Senats zur grob fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalls im Sinne von § 61 VVG, auch der Entscheidung in BGHZ 119, 147, ist das angefochtene Urteil im Ergebnis revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
1. Nach ständiger Rechtsprechung der Zivilsenate des Bundesgerichtshofs wird der Rechtsbegriff der groben Fahrlässigkeit grundsätzlich einheitlich bestimmt (vgl. Urteil vom 17. Oktober 1966 - II ZR 123/64 - VersR 1966, 1150 unter III; Urteil vom 8. Februar 1989 - IVa ZR 57/88 - VersR 1989, 582 unter 2; Urteil vom 29. September 1992 - XI ZR 265/91 - NJW 1992, 3235 unter I 2 a und b; Urteil vom 30. Januar 2001 - VI ZR 49/00 - NJW 2001, 2092 unter II 1 a). An diesem Grundsatz ist schon aus Gründen der Rechtssicherheit festzuhalten. Die vom Berufungsgericht befürwortete unterschiedliche Definition des Begriffs jeweils nach der konkreten Versicherung würde im Versicherungsrecht wegen der zahlreichen verschiedenen Arten von Versicherungen zu einer kaum

noch überschaubaren Aufsplitterung des Begriffs der groben Fahrlässigkeit im Sinne von § 61 VVG und damit zu einer nicht hinnehmbaren Rechtsunsicherheit führen.
2. Grob fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nach den gesamten Umständen in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und unbeachtet läßt, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Im Gegensatz zur einfachen Fahrlässigkeit muß es sich bei einem grob fahrlässigen Verhalten um ein auch in subjektiver Hinsicht unentschuldbares Fehlverhalten handeln, das ein gewöhnliches Maß erheblich übersteigt (BGH, Urteil vom 18. Dezember 1996 - IV ZR 321/95 - VersR 1997, 351 unter II 2 c; vgl. ferner die oben unter II. 1. aufgeführten Urteile). Diese Begriffsbestimmung berücksichtigt den Grundgedanken des § 61 VVG. Danach soll der Versicherungsnehmer, der sich in bezug auf das versicherte Interesse völlig sorglos oder sogar unlauter verhält, keine unverdiente Vergünstigung erhalten. So hat § 61 VVG ähnlich wie § 162 BGB den Gedanken von Treu und Glauben übernommen (BGH, Urteil vom 8. Februar 1989 aaO unter 1 a m.w.N.).
3. a) Aus dem Senatsurteil in BGHZ 119, 147 ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kein Grundsatz abzuleiten, nach dem die Mißachtung des roten Ampellichts stets grob fahrlässig ist (Römer, NVersZ 2001, 539 unter II; ders. ZfS 2001, 289 unter I 2 c). Der Senat hat lediglich die Ansicht der Vorinstanz als rechtsfehlerfrei bezeichnet, das Überfahren einer roten Ampel sei in aller Regel objektiv als grob fahrlässig zu bewerten (aaO S. 148 unter 1 der Gründe). Über eventuelle Ausnahmen in objektiver Hinsicht war nichts auszuführen, weil das Berufungsgericht mit Recht keine Ausnahme in Betracht gezogen hatte.


b) Das Nichtbeachten des roten Ampellichts wird wegen der damit verbundenen erheblichen Gefahren in aller Regel als objektiv grob fahr- lässig anzusehen sein. Nach den jeweiligen Umständen kann es jedoch schon an den objektiven oder an den subjektiven Voraussetzungen der groben Fahrlässigkeit fehlen. Dies kann der Fall sein, wenn die Ampel nur schwer zu erkennen oder verdeckt ist und bei besonders schwierigen , insbesondere überraschend eintretenden Verkehrssituationen (vgl. OLG Hamm VersR 2002, 603 f.; OLG Köln NVersZ 1999, 331 f.; OLG Nürnberg NJW-RR 1996, 986 f.; OLG Köln r+s 1991, 82 f.). Eine Beurteilung als nicht grob fahrlässig kann auch in Betracht kommen, wenn der Fahrer zunächst bei "Rot" angehalten hat und dann in der irrigen Annahme , die Ampel habe auf "Grün" umgeschaltet, wieder angefahren ist (so neuerdings wieder OLG Hamm r+s 2000, 232; OLG Jena VersR 1997, 691 f.; OLG München NJW-RR 1996, 407). Diese Beispiele sind nicht abschließend. Wegen der "Verschlingung" objektiver und subjektiver Gesichtspunkte und der Notwendigkeit, die Würdigung auf die besonderen Umstände des Einzelfalles abzustellen, lassen sich nur mit großen Vorbehalten allgemeine Regeln darüber entwickeln, wann eine unfallursächliche Fahrlässigkeit als grobe zu qualifizieren ist (BGH, Urteil vom 11. Juli 1967 - VI ZR 14/66 - VersR 1967, 909).

c) Ob die Fahrlässigkeit im Einzelfall als einfach oder grob zu werten ist, ist Sache der tatrichterlichen Würdigung. Sie erfordert eine Abwägung aller objektiven und subjektiven Tatumstände und entzieht sich deshalb weitgehend einer Anwendung fester Regeln (BGH, Urteil vom 5. Dezember 1966 - II ZR 174/65 - VersR 1967, 127 unter 1 und 2; BGH, Urteil vom 5. April 1989 - IVa ZR 39/88 - VersR 1989, 840 unter 2;

Römer, VersR 1992, 1187 unter II 3). Diese tatrichterliche Würdigung ist mit der Revision nur beschränkt angreifbar. Nachgeprüft werden kann nur, ob in der Tatsacheninstanz der Rechtsbegriff der groben Fahrlässigkeit verkannt worden ist oder ob beim Bewerten des Grades der Fahrlässigkeit wesentliche Umstände außer Betracht geblieben sind (BGH, Urteil vom 8. Februar 1989 aaO unter 1 b).
4. a) Aus dem Senatsurteil in BGHZ 119, 147 ergibt sich entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts auch nicht, daß aus einem objektiv groben Pflichtverstoß regelhaft auf die subjektive Unentschuldbarkeit geschlossen werden könne und entgegen der anerkannten Beweislast des Versicherers für das Eingreifen eines Risikoausschlusses der Versicherungsnehmer den Entschuldigungsbeweis zu führen habe (siehe dazu Römer, NVersZ 2001, 539 f.; Rixecker, ZfS 2001, 550 f.). Der Senat hat vielmehr daran festgehalten, daß nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vom äußeren Geschehensablauf und vom Ausmaß des objektiven Pflichtverstoßes auf innere Vorgänge und deren gesteigerte Vorwerfbarkeit geschlossen werden könne (BGHZ 119, 147, 151) und dazu auf sein Urteil vom 8. Februar 1989 (aaO unter 4 d) hingewiesen. Dort ist ausdrücklich klargestellt, daß auch für die subjektive Seite des Schuldvorwurfs gemäß § 61 VVG der Versicherer darlegungs- und beweispflichtig ist. Dabei sind die Grundsätze des Anscheinsbeweises nicht anwendbar (BGH, Urteil vom 21. April 1970 - VI ZR 226/68 - VersR 1970, 568 unter II 2). Allerdings ist es Sache des Versicherungsnehmers, ihn entlastende Tatsachen vorzutragen. Das entspricht dem allgemeinen prozessualen Grundsatz, wonach die nicht beweisbelastete Partei ausnahmsweise eine Substantiierungslast treffen kann. Ein solcher Fall liegt vor, wenn der darlegungspflichtige Gegner außerhalb des von ihm dar-

zulegenden Geschehensablaufs steht und die maßgebenden Tatsachen nicht näher kennt, während sie der anderen Partei bekannt sind und ihr ergänzende Angaben zuzumuten sind (BGH, Urteil vom 3. Februar 1999 - VIII ZR 14/98 - NJW 1999, 1404 unter II 2 b aa m.w.N.; Zöller/Greger, ZPO 23. Aufl. vor § 284 Rdn. 24, 34 ff.). Bei einem Verkehrsunfall wird diese Konstellation regelmäßig gegeben sein. An der Beweislast ändert dies nichts (OLG Hamm VersR 2002, 603).

b) Der Senat hält daran fest, daß die bloße Berufung des Kraftfahrers auf ein "Augenblicksversagen" kein ausreichender Grund ist, grobe Fahrlässigkeit zu verneinen. Die nur momentane Unaufmerksamkeit kann unterschiedliche Ursachen haben. Trägt der Versicherungsnehmer zur Ursache des kurzzeitigen Fehlverhaltens und den sonstigen Umständen nichts vor, kann der Tatrichter den Schluß ziehen, daß ein objektiv grob fahrlässiges Mißachten des Rotlichts auch subjektiv als unentschuldbares Fehlverhalten zu werten ist.
5. Das Berufungsurteil ist nicht deshalb aufzuheben, weil das Berufungsgericht der Ansicht ist, die von ihm gefundene Rechtsauffassung weiche von der Senatsrechtsprechung ab. Diese Ansicht beruht im wesentlichen auf einem nicht zutreffenden Verständnis der Senatsurteile vom 8. Juli 1992 (BGHZ 119, 147) und vom 18. Dezember 1996 (IV ZR 321/95 - VersR 1997, 351). Auch auf der Grundlage dieser Urteile und der vorstehend dargestellten sonstigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat die Würdigung des Berufungsgerichts Bestand, subjektiv grobe Fahrlässigkeit sei dem Kläger nicht anzulasten. Der Kläger hat sich nicht lediglich auf ein "Augenblicksversagen" berufen. Er hat im einzelnen dargelegt, was der Fehlreaktion vorausgegangen ist und wie es

nach seiner Erinnerung dazu gekommen ist oder gekommen sein muß. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hatte der Kläger bei "Rot" zunächst angehalten und ist nur deshalb noch bei "Rot" wieder angefahren , weil er aufgrund der Fehldeutung irgendeines in seinem Blickfeld liegenden optischen Signals zu der Überzeugung gelangt sei, die Ampel sei soeben auf "Grün" umgesprungen. Daß das Berufungsgericht dies nicht als ein in subjektiver Hinsicht unentschuldbares Fehlverhalten bewertet hat, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Es ist auszuschließen, daß das Berufungsgericht nach einer Zurückverweisung zu einem anderen Ergebnis gelangt.
Terno Seiffert Wendt
Dr. Kessal-Wulf Felsch

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

1. Der Lotse ist Berater des Schiffsführers; er hat diesen bei der Führung des Fahrzeugs zu unterstützen, ihn auf alle Besonderheiten der zu durchfahrenden Strecke aufmerksam zu machen und ihm die etwa zu treffenden Maßnahmen zu empfehlen.
2. Der Lotse hat sich alsbald nach dem Anbordkommen über den Tiefgang des Fahrzeugs und seine Fahreigenschaften zu unterrichten.
3. Der Lotse hat auf ausdrückliches Verlangen des Schiffsführers den Befehl über die Mannschaft und das Steuerruder zu übernehmen. Als ausdrückliches Verlangen gilt auch die Mitteilung des Schiffsführers, daß er für die zu befahrende Strecke kein Schifferpatent besitzt. Der Lotse wird in diesen Fällen zum verantwortlichen Schiffsführer im Sinne des §2der Rheinschiffahrtpolizeiverordnung. Ist der Lotse nicht Inhaber des Rheinschifferpatents für die Führung von Fahrzeugen ohne eigene Triebkraft, so hat er die Übernahme der Führung eines solchen Fahrzeugs abzulehnen.
4.

Abweichend von den §§ 5e, 5f Abs. 1 und § 5h kann ein Berger im Sinne von § 5c Abs. 1 Nr. 2 oder ein an Bord tätiger Lotse seine Haftung für die Gesamtheit der aus demselben Ereignis entstandenen Ansprüche wegen Personenschäden auf einen Haftungshöchstbetrag in Höhe von 400 000 Rechnungseinheiten sowie für Ansprüche wegen Sachschäden auf einen Haftungshöchstbetrag in Höhe von 200 000 Rechnungseinheiten beschränken. § 5f Abs. 2 und § 5g gelten entsprechend.