vorgehend
Landgericht Hamburg, 327 O 514/07, 31.03.2008
Hanseatisches Oberlandesgericht, 6 U 89/08, 26.03.2009

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 122/09 Verkündet am:
29. Juni 2010
Böhringer-Mangold,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO § 32; BGB § 823 Abs. 2 (Bf); AuslInvestmG §§ 2, 8

a) Im Rahmen der Prüfung der internationalen Zuständigkeit entsprechend
§ 32 ZPO genügt es, dass der Kläger die nach dem insoweit maßgeblichen
deutschen Recht deliktischen Ansprüche schlüssig behauptet. Ihr tatsächliches
Vorliegen wird erst im Zusammenhang mit der Begründetheit der klägerischen
Ansprüche geprüft.

b) Zur Anwendbarkeit des Auslandinvestmentgesetzes auf den Erwerb von
Aktien einer nicht börsennotierten Gesellschaft türkischen Rechts.
BGH, Urteil vom 29. Juni 2010 - VI ZR 122/09 - Hanseatisches OLG Hamburg
LG Hamburg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 29. Juni 2010 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die Richter Zoll und
Wellner, die Richterin Diederichsen und den Richter Stöhr

für Recht erkannt:
Die Revision der Kläger gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 26. März 2009 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage als unbegründet abgewiesen wird. Die Kläger haben die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Kläger machen gegen die Beklagte, eine Aktiengesellschaft nach türkischem Recht, Schadensersatzansprüche aus dem Erwerb von Anteilen der Beklagten geltend.
2
Die Beklagte ist eine nicht börsennotierte Aktiengesellschaft mit Sitz in Konya/Türkei. Sie hielt Ende 1998 Anteile dreier einer GmbH deutschen Rechts vergleichbaren Gesellschaften sowie Aktien von einundzwanzig in der Türkei ansässigen Gesellschaften, von denen vierzehn im Mehrheitsbesitz der Beklagten standen. Die Gesellschaften waren wirtschaftlich in der Textil-, Lebensmit- tel-, Maschinenbau- und Baubranche tätig. Die Beklagte verfügte nicht über die Erlaubnis nach dem Gesetz über das Kreditwesen (in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. September 1998, BGBl. I 1998, S. 2776; künftig: KWG a.F.). Eine Anzeige nach dem bis zum 31. Dezember 2003 gültigen Gesetz über den Vertrieb ausländischer Investmentanteile und über die Besteuerung der Erträge aus ausländischen Investmentanteilen (in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. September 1998, BGBl. I 1998, S. 2820 künftig: AuslInvestmG ) hatte sie ebenfalls nicht erstattet.
3
Die Kläger, die ihr Vermögen islamischen Glaubensgrundsätzen entsprechend weder in verzinslichen noch in spekulativen Wertpapieren anlegen wollten, erwarben im Jahre 1999 über einen Vermittler für DM 54.000 nicht börsennotierte Anteilsscheine der Beklagten. Der Erwerb wurde über Y. A. abgewickelt. Einige Zeit später wurde den Klägern ein Teilhaberschaftssituationsbericht vom 28. März 2000 über 780 Anteile an der Beklagten mit einem Wert von DM 61.035 übermittelt. Mit der Klageschrift vom 4. Dezember 2006 kündigten die Kläger den Vertrag, hilfsweise fochten sie den Vertragsschluss wegen arglistiger Täuschung an.
4
Das Landgericht hat seine internationale und örtliche Zuständigkeit verneint und die Klage abgewiesen. Die Berufung der Kläger ist erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Das Berufungsgericht hält die Klage für unzulässig, weil weder der besondere Gerichtsstand des Erfüllungsorts, noch derjenige für Haustürgeschäfte und auch nicht der der unerlaubten Handlung gegeben sei. Die Bestimmungen der EuGVVO fänden keine Anwendung, weil die Beklagte ihren Sitz in der Türkei habe und die Türkei nicht Mitglied der Europäischen Union sei. Da die Beklagte keine Niederlassung in Deutschland unterhalte, lasse sich die internationale Zuständigkeit nicht auf §§ 12, 17 und 21 ZPO stützen. § 29 ZPO eröffne die Zuständigkeit vor den angerufenen Gerichten ebenfalls nicht, weil Erfüllungsort der begehrten Rückzahlung der Sitz der Beklagten in der Türkei sei. Die Parteien hätten weder eine ausdrückliche noch eine stillschweigende Rechtswahl getroffen. Auch habe die Beklagte in der Klageerwiderung ausdrücklich und von den Klägern unwidersprochen vorgetragen, dass der Erfüllungsort für etwaige vertragliche Rückgewähransprüche nach türkischem Recht in der Türkei liege. Der Gerichtsstand für Haustürwiderrufsgeschäfte nach § 29c ZPO sei nicht gegeben, weil nach dem eigenen Vortrag des Klägers zu 2 die für die Beklagte tätigen Personen erst auf seine ausdrückliche Aufforderung hin in seine Wohnung gekommen seien. Das Landgericht habe auch zu Recht die Voraussetzungen für den Gerichtsstand der unerlaubten Handlung gemäß § 32 ZPO verneint. Tatsachen, aus denen sich eine im Gerichtsbezirk begangene unerlaubte Handlung ergebe, hätten die Kläger nicht behauptet. Die unerlaubte Handlung sei insoweit eine doppelrelevante Tatsache, nämlich gleichzeitig zuständigkeits- und anspruchsbegründend. Nach Art. 40 Abs. 1 EGBGB richteten sich die auf das Deliktsrecht gestützten Ansprüche nach deutschem Recht, weil nach dem Vortrag der Kläger die unerlaubte Handlung im Inland begangen worden sei. Deliktische Ansprüche seien auf der Grundlage des klägerischen Vortrags nach deutschem Recht nicht gegeben. Die Beklagte habe die Kläger nicht durch die Zusage konkreter Gewinne und der Möglichkeit zu jederzeitiger Rückgabe der Anteile betrügerisch getäuscht, denn der Kläger zu 2 habe in seiner mündlichen Anhörung ausdrücklich bestätigt, dass bei dem Erwerb der Anteile in seiner Wohnung die Vermittler keine solchen Erklärungen abgegeben hätten. Im Hinblick auf den religiösen Hintergrund der von den Klägern gewünschten Anlage sei eine sittenwidrige Schädigung nicht deswegen gegeben, weil die Beklagte über die stark eingeschränkte Fungibilität der Anteile nicht aufgeklärt habe. Die Kläger seien an Aktien, die über Börsen gehandelt werden, nicht interessiert gewesen. Auch die Voraussetzungen für Ansprüche nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. mit den §§ 2, 7, 8 AuslInvestmG seien nicht schlüssig dargelegt. Eine Anzeigepflicht nach den §§2, 7, 8 AuslInvestmG habe der Beklagten vor der Veräußerung der Anteile nicht oblegen, weil es sich nicht um ausländische Investmentanteile im Sinne dieses Gesetzes gehandelt habe. Das Vermögen der Beklagten sei nicht nach den Grundsätzen der Risikomischung im Sinne des Auslandinvestmentgesetzes angelegt.

II.

6
Die Revision ist unbegründet.
7
1. Allerdings ist die Klage zulässig.
8
a) Die Revision moniert mit Recht, dass das Berufungsgericht die Sachprüfung in den Zuständigkeitsstreit verlagert hat. Von der Klagepartei behauptete doppelrelevante Tatsachen werden im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung als gegeben unterstellt. Ob sie tatsächlich gegeben sind, ist eine Frage der Begründetheit (so genannte doppelrelevante Tatsachen; Senat, Urteil vom 6. No- vember 2007 - VI ZR 34/07 - VersR 2008, 1129, 1130; BGHZ 124, 237, 240 f.; 132, 105, 110). Im Rahmen der Prüfung der internationalen Zuständigkeit entsprechend § 32 ZPO genügt es, dass der Kläger die nach dem insoweit maßgeblichen deutschen Recht deliktischen Ansprüche aus §§ 823, 826, 831 BGB schlüssig behauptet. Die ihnen zugrunde liegenden Tatsachen sind nämlich sowohl im Rahmen der Zulässigkeit als auch für die Begründetheit der Klage notwendigerweise erheblich. Ihr tatsächliches Vorliegen wird erst im Zusammenhang mit der Begründetheit der klägerischen Ansprüche geprüft (so genannte doppelrelevante Tatsachen; Senat, Urteil vom 6. November 2007 - VI ZR 34/07 - VersR 2008, 1129, 1130; BGHZ 124, 237, 240 f.; 132, 105, 110). Es müssen daher (nur) konkrete Tatsachen vorgetragen werden, die - ihre Richtigkeit unterstellt - bei zutreffender rechtlicher Würdigung alle Tatbestandsmerkmale der Deliktsnorm erfüllen (BGHZ 124, 237, 241; RGZ 95, 268, 271; Ost, Doppelrelevante Tatsachen im internationalen Zivilverfahrensrecht, S. 23 f.).
9
Ausgehend hiervon genügt der klägerische Vortrag den Schlüssigkeitsanforderungen. Ein Verstoß gegen das Auslandinvestmentgesetz ist schlüssig dargetan. Unterstellt man die streitige Behauptung der Kläger, die Beklagte habe nach ihrem Geschäftszweck die eingesammelten Gelder in erster Linie Kapitalwert sichernd anlegen wollen, als richtig, liegt ein Verstoß gegen die Regelungen in §§ 8, 2 AuslInvestmG vor. Dass sich diese Behauptung nach einer Würdigung aller Umstände als unrichtig erweist, hindert die Zuständigkeit nicht.
10
b) Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ist auch unter der Geltung des § 545 Abs. 2 ZPO in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfen (vgl. Senat, Urteil vom 2. März 2010 - VI ZR 23/09 - WRP 2010, 653, 654; BGHZ 153, 82, 84 ff.; BGH, Urteil vom 20. November 2008 - I ZR 70/06 - TranspR 2009, 26 Tz. 17 = VersR 2009, 807 m.w.N.; vom 22. Oktober 2009 - I ZR 88/07 - TranspR 2009, 479), denn die Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit (§§ 12 ff. ZPO) regeln mittelbar auch die Grenzziehung zwischen der Zuständigkeit deutscher und ausländischer Gerichte (vgl. Senat, Urteile vom 3. Mai 1977 - VI ZR 24/75 - NJW 1977, 1590 und vom 2. März 2010 - VI ZR 23/09 - aaO; BGH, Urteil vom 22. November 1994 - XI ZR 45/91 - NJW 1995, 1225, 1226 jeweils m.w.N.). Zur Begründung des Gerichtsstands gemäß § 32 ZPO reicht die schlüssige Behauptung von Tatsachen aus, auf deren Grundlage sich ein deliktischer Anspruch ergeben kann (Senat, Urteil vom 2. März 2010 - VI ZR 23/09 - aaO; BGHZ 132, 105, 110; Hüßtege in Thomas/ Putzo, ZPO, 30. Aufl., § 32 Rn. 8; Zöller/Vollkommer, ZPO, 28. Aufl. § 32 Rn. 19 m.w.N.). Nach § 32 ZPO ist für Klagen aus unerlaubten Handlungen das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen worden ist. Begehungsort der deliktischen Handlung kann sowohl der Handlungs- als auch der Erfolgsort sein, so dass eine Zuständigkeit wahlweise dort gegeben ist, wo die Verletzungshandlung begangen oder dort, wo in ein geschütztes Rechtsgut eingegriffen worden ist (vgl. BGHZ 132, 105, 110 f.).
11
c) Der Begehungsort der von den Klägern behaupteten unerlaubten Handlungen liegt danach im Inland, weil die Anteile an der Beklagten von ihnen im Inland erworben worden sind und der behauptete Schaden ebenfalls im Inland eingetreten ist. Auch sind deliktische Ansprüche auf der Grundlage des Klagevortrags hinreichend dargetan. Hätte die Beklagte nach ihrem Geschäftszweck die eingesammelten Gelder in erster Linie kapitalwertsichernd in Anlagen mit gemischten Risiken investieren wollen, wovon entsprechend dem Vortrag der Kläger im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung auszugehen ist, käme ein Schadensersatzanspruch der Kläger nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. den §§ 2, 8 AuslInvestmG in Betracht, da die Beklagte die Aufnahme der Geschäfte der Bundesanstalt für Kreditwesen gemäß § 7 AuslInvestmG nicht angezeigt hat und somit ihre Geschäfte im Widerspruch zu § 8 Abs. 1 AuslInvestmG getätigt hätte.
12
Somit ist die internationale Zuständigkeit nach dem deliktischen Gerichtsstand im Inland gegeben. Es ist mithin umfassend zu prüfen, ob das Schadensersatzbegehren der Kläger aufgrund eines deliktischen Anspruchs begründet ist. Die internationale Zuständigkeit ist allerdings lediglich für deliktische Ansprüche gegeben, sie zieht nicht - kraft Sachzusammenhangs - die Zuständigkeit auch für nicht deliktische Ansprüche nach sich. Insoweit steht dem deutschen Gericht keine Prüfungsbefugnis zu (vgl. hierzu ausführlich BGHZ 132, 105, 111 ff. m.w.N.).
13
2. Ist die Klage in der Vorinstanz zu Unrecht als unzulässig abgewiesen worden, so kann das Revisionsgericht in der Sache entscheiden, sofern das Berufungsurteil einen Sachverhalt ergibt, der eine verwertbare tatsächliche Grundlage für eine rechtliche Beurteilung bietet, und wenn im Falle einer Zurückverweisung der Sache ein anderes Ergebnis nicht möglich erscheint (BGHZ 123, 137, 141 f. m.w.N.; Musielak/Ball ZPO, 7. Aufl., § 563 Rn. 23). So liegt der Fall hier. Unter den Umständen des Streitfalles hat das Berufungsgericht deliktische Ansprüche der Kläger gegen die Beklagte nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. den §§ 2, 8 AuslInvestmG mit Recht verneint.
14
a) Ob das der Klage zugrunde gelegte von den Klägern behauptete Geschehen als unerlaubte Handlung einzuordnen ist, richtet sich nach dem am Gerichtsstand geltenden Recht. Deutsches Recht ist sowohl nach den Regelungen in Art. 40 ff. EGBGB (in Kraft getreten zum 1. Juni 1999 durch Gesetz vom 21. Mai 1999, BGBl. I 1999 S. 1026) als auch nach dem zuvor geltenden deutschen Kollisionsrecht analog Art. 220 Abs. 1 EGBGB (BT-Drucks. 14/343 S. 7) anzuwenden. Auch die von Amts wegen zu beachtende Regelung in Art. 41 EGBGB führt nicht zur Anwendung des türkischen Rechts als des Heimatrechts der Beklagten.
15
Zwar sind nach Art. 41 EGBGB bei Bestehen wesentlich engerer Verbindungen zu dem Recht eines Staates als zu dem Recht, das nach den Artt. 38 bis 40 Abs. 2 EGBGB maßgebend wäre, die Regelungen dieses anderen Rechts anzuwenden. Dabei kann sich eine wesentlich engere Verbindung zu dem anderen Recht auch im Zusammenhang mit einem Schuldverhältnis ergeben (Art. 41 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB). Jedoch muss diese schuldrechtliche Sonderbeziehung bereits vor Entstehen des deliktischen Rechtsverhältnisses gegeben sein (vgl. Palandt/Heldrich, BGB, 61. Aufl., EGBGB Art. 41 Rn. 4; Staudinger /v. Hoffmann, BGB (2001), Art. 41 Rn. 11; Kreuzer, RabelsZ 65 (2001), 383, 433; Rauscher, Internationales Privatrecht, 3. Aufl., Rn. 1273, 1287; Kropholler, Internationales Privatrecht, 6. Aufl., S. 530; vgl. nunmehr die Regelung in Art. 4 Abs. 3 Rom-II-VO). Die schuldrechtliche Sonderverbindung tritt nur dann in den Vordergrund und drängt das Deliktsstatut zurück, wenn sich die deliktsrechtliche Zuweisung gegenüber den bereits bestehenden engeren Verbindungen als zufällig erweist (Rauscher, Internationales Privatrecht, 3. Aufl., Rn. 1273). Muss demnach die anderweitige Verbindung bereits vor dem deliktischen Rechtsverhältnis bestehen, kann diese nicht in den Vordergrund treten, wenn das deliktische Handeln und die Begründung des Rechtsverhältnisses zwischen den Parteien in einem Geschehen zusammen fallen.
16
Im Streitfall kann danach die durch das Delikt vermittelte Verbindung ins Inland nicht durch eine engere Sonderbeziehung in die Türkei überwunden werden, weil die Kläger Ansprüche gegen die Beklagte aus deliktischem Verhalten im Inland beim Erwerb der Anteile herleitet und durch den selben Erwerbsvorgang das schuldrechtliche Sonderverhältnis zwischen den Parteien erst begründet worden ist.
17
b) Mit Recht verneint das Berufungsgericht einen Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. den §§ 2, 8 AuslInvestmG.
18
Zwar hat die ausländische Investmentgesellschaft, die beabsichtigt, ausländische Investmentanteile im Inland zu vertreiben, dem Bundesaufsichtsamt für Kreditwesen nach § 7 Abs. 1 AuslInvestmG dies anzuzeigen. Nach § 8 Abs. 1 AuslInvestmG darf der Vertrieb von ausländischen Investmentanteilen erst aufgenommen werden, wenn seit dem Eingang der vollständigen Anzeige drei Monate verstrichen sind, ohne dass die Behörde die Aufnahme des Vertriebs untersagt hat. Das vor einer Anzeige gemäß § 7 Abs. 1 AuslInvestmG geltende Vertriebsverbot des § 8 Abs. 1 AuslInvestmG ist eine den Anleger schützende Regelung im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB, weil das Anzeigeverfahren der Überprüfung der ausländischen Investmentgesellschaft und somit auch dem Interesse des Anlegerschutzes dient (BT-Drucks. V/3494 S. 21 f.; BGH, Urteil vom 13. September 2004 - II ZR 276/02 - NJW 2004, 3706, 3709; Baur, Investmentgesetze, 2. Aufl., § 8 AuslInvestmG, Rn. 2). Jedoch kann nach den Umständen des Streitfalls auch unter Berücksichtigung des Revisionsvorbringens nicht angenommen werden, dass die Beklagte mit dem Verkauf der Anteile an die Kläger ausländische Investmentanteile im Sinne der Legaldefinition des § 1 Abs. 1 AuslInvestmG im Inland vertrieben hat.
19
aa) Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AuslInvestmG, das zum Zeitpunkt des Erwerbs der Anteile durch die Kläger noch in Kraft war, galt für den Vertrieb von Anteilen an einem ausländischen Recht unterstehenden Vermögen, das nach dem Grundsatz der Risikomischung aus Wertpapieren, Forderungen aus Gelddarlehen , über die eine Urkunde ausgestellt war, Einlagen oder Grundstücken angelegt war, Abschnitt 1 dieses Gesetzes. Das Auslandinvestmentgesetz folgte einem wirtschaftlichen Investmentbegriff (BT-Drucks. V/3494 S. 17, Pfüller/ Schmitt in Brinkhaus/Scherer, AuslInvestmG, § 1 Rn. 24, 44; Assmann/ Schütze/Baur, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 2. Aufl., § 19 Rn. 14). Auf die gewählte Rechtsform des Unternehmens kam es nicht an. Anders als bei inländischen Investmentgesellschaften (vgl. § 1 Abs. 1 des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. September 1998; BGBl. I 1998, S. 2726) war die Bildung eines Sondervermögens nicht Voraussetzung. Es war unerheblich, ob die Anteile Miteigentum am Fondsvermögen verkörperten oder nur einen schuldrechtlichen Anspruch auf Beteiligung in bestimmter Höhe gewährten oder mitgliedschaftliche Rechte umfassten. Entscheidend war, dass das Vermögen nach den Grundsätzen der Risikomischung angelegt worden ist oder angelegt werden sollte. Risikomischung bedeutete in diesem Zusammenhang, dass die der Investmentgesellschaft zufließenden Gelder zur Sicherung des Kapitalwerts in einer Vielzahl von Wertpapieren oder Grundstücken oder beiden angelegt wurden (BT-Drucks. V/3494 S. 17).
20
bb) Ob ausländisches Investmentvermögen im Sinne des § 1 AuslInvestmG vorlag, ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles durch den Tatrichter zu beurteilen (vgl. Schreiben des Bundesaufsichtsamts für Kreditwesen vom 1. Juli 1977, V 2-X-10/77 in Beckmann/Scholtz/Vollmer, Investment, Stand Juli 2009, 448 Nr. 10; Baur, aaO § 1 AuslInvestmG Rn. 39). Die tatrichterliche Würdigung ist nur eingeschränkt in der Revision darauf überprüfbar , ob die Würdigung bei richtiger Anwendung der Norm vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt. Danach begegnet keinen durchgreifenden Bedenken, dass das Berufungsgericht eine Anzeigepflicht der Beklagten verneint hat, weil sie keine ausländischen Investmentanteile im Sinne des Auslandinvestmentgesetzes im Inland vertrieben hat.
21
(1) Die im Inland angebotenen Geschäftsanteile der Beklagten betreffen zwar Vermögen, das ausländischem Recht untersteht. Ausweislich des vorgelegten Handelsregisterauszuges liegt der Verwaltungssitz der Beklagten in Konya /Türkei. Die Beklagte unterliegt somit nach ihrem Gesellschaftsstatut, das für außerhalb der Europäischen Union liegende Staaten gewohnheitsrechtlich an den Sitz der Gesellschaft anknüpft, dem türkischen Recht (BGHZ 25, 134, 144; MünchKomm-BGB/Kindler 4. Aufl., IntGesR Rn. 5). Das türkische Recht nimmt die Verweisung an. Nach Art. 8 Abs. 4 Satz 1 des türkischen Gesetzes über internationales Privat- und Zivilverfahrensrecht (in Hirsch/Tekinalp, Das türkische Aktien- und GmbH-Recht, 2. Aufl., S. 114 ff.) ist auf das Recht des in den Statuten der Gesellschaft angegebenen Verwaltungssitzes abzustellen. Somit ist das Gesellschaftsstatut der Beklagten das türkische Recht. Die Anwendung der Regelungen des Auslandsinvestmentgesetzes setzt jedoch darüber hinaus voraus, dass das Vermögen der Beklagten zur Sicherung des Kapitalwerts nach dem Grundsatz der Risikomischung angelegt war. Dies war nach den vom Berufungsgericht getroffenen und nicht zu beanstandenden Feststellungen aber nicht der Fall.
22
(2) Die Beklagte verfolgte mit der Mischung der unternehmerischen Risiken nicht vorrangig das Ziel, den Kapitalwert des Anlagevermögens zu sichern, sondern Gewinne durch unterschiedliche unternehmerische Beteiligungen zu erwirtschaften.
23
Das Auslandinvestmentgesetz sollte nicht jede Form des Wertpapiererwerbs erfassen, sondern nur das Investmentsparen als wichtiges Bindeglied zwischen dem traditionellen Kontensparen und dem direkten Wertpapiererwerb in Form von Aktien (BT-Drucks. V/3494 S. 14). Es betrifft deshalb nicht Kapitalanlagen , die auf die Wertschöpfung aus dem Einsatz der Anlagemittel zur Finanzierung der Teilnahme am allgemeinen Wirtschaftsverkehr eines Unter- nehmens gerichtet sind (Volckens/Panzer, IStR 2005, 426, 427), selbst wenn eine risikogestreute Vermögensanlage das Ergebnis einer sonstigen operativen Tätigkeit ist (Volckens/Panzer, aaO, 429) und damit als "zufällige Risikomischung" anzusehen ist (Rundschreiben 14/2008 der BaFin - WA - zum Anwendungsbereich des Investmentgesetzes nach § 1 Satz 1 Nr. 3 Investmentgesetz ). Ein Investmentunternehmen muss primär das Ziel der Kapitalwertsicherung durch die Risikomischung verfolgen (BVerwG, NJW 1980, 2482; Pfüller /Schmitt in Brinkhaus/Scherer, aaO, § 1 AuslInvestmG Rn. 46). Die Anlage muss vorrangig den bestmöglichen Ausgleich von Ertrags-, Wertsicherungsund Liquiditätserwartungen der Anleger erreichen wollen (Cox in Schuster, Investmenthandbuch , 1971, S. 46; Beckmann/Scholtz/Vollmer/Beckmann, aaO, 410 § 1 Rn. 47), so dass durch die Risikomischung im Wesentlichen das gesamte Unternehmensrisiko abgefangen wird und sich das Unternehmensrisiko mit dem Anlagerisiko deckt (Schreiben des Bundesamtes für Kreditwesen vom 1. Juli 1977 - V 2-X-10/77 - in Beckmann/Scholtz/Vollmer, aaO, 448 Nr. 10; Volckens /Panzer, aaO). Hingegen genügt nicht, dass das Vermögen objektiv risikogemischt mit verschiedenen möglichen Verlust- und Gewinnchancen in einer Vielzahl von Vermögenswerten im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 AuslInvestmG angelegt ist. Zu der die Risiken mischenden Zusammensetzung des Vermögens muss vielmehr hinzukommen, dass der Geschäftsbetrieb des Unternehmens nach seiner objektiven Ausgestaltung gerade auf die Anlage von Geldvermögen und nicht auf andere Zwecke gerichtet ist (vgl. BVerwG, NJW 1980, 2482 "Hapimag"; Baur, aaO, § 1 AuslInvestmG Rn. 40 ff., Beckmann /Scholtz/Vollmer/Beckmann, aaO, 410 § 1 Rn. 12; Pfüller/Schmitt in Brinkhaus/Scherer, aaO, § 1 AuslInvestmG Rn. 45 ff.; Assmann/Schütze/Baur, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 2. Aufl., § 19 Rn. 18; Volckens/Panzer, IStR 2005, 426, 428).
24
Kein anzeigepflichtiges Investment liegt vor, wenn die unternehmerische Beteiligung mit dem Ziel erfolgt, in die unternehmerischen Entscheidungs- und Verantwortungsbereiche der Anlageobjekte einzutreten und deren Selbständigkeit einzuschränken, mithin also unternehmerischen Einfluss auf die Beteiligungsgesellschaften auszuüben (Schreiben des Bundesaufsichtsamts für Kreditwesen vom 30. August 1990 - V 2-X-11/90 - in Beckmann/Scholtz/Vollmer, aaO, 448 Nr. 26; vom 7. Dezember 2001 - V 2- IX-3818/2001 - aaO, 448 Nr. 38; Pfüller/Schmitt in Brinkhaus/Scherer, aaO, § 1 AuslInvestmG, Rn. 55; Baur, aaO, § 1 Rn. 47; Beckmann/ Scholtz/Vollmer/Beckmann, aaO, 410 § 1 Rn. 13 f.). Zur Ermittlung des objektiven Zwecks der unternehmerischen Beteiligungen können die Satzung, die Vertrags- und Anlagebedingungen sowie Verkaufsprospekte oder ähnliche Schriftstücke herangezogen werden (Beckmann /Scholtz/Vollmer/Beckmann, aaO, 410 § 1 Rn. 41; Rundschreiben 14/2008 der BaFin - WA - zum Anwendungsbereich des Investmentgesetzes nach § 1 Satz 1 Nr. 3 Investmentgesetz). Auf die subjektiven Ziele der Anleger kommt es hingegen nicht an.
25
(3) Der Geschäftszweck nach dem Inhalt der Satzung der Beklagten war auf Investitionen in unternehmerische Beteiligungen gerichtet. Gemäß § 3 der Satzung der Beklagten war Unternehmensgegenstand unter anderem die Produktion einer Vielzahl von Gegenständen der Textil- und Maschinenbauindustrie sowie die Produktion und der Handel mit landwirtschaftlichen Produkten und Baustoffen (§ 3 Satz 1 der Satzung der Beklagten). Nach § 3 Satz 2 der Satzung durfte sich die Beklagte an anderen Unternehmen beteiligen und in deren Vorständen vertreten sein. Weiter war der Beklagten gestattet, bei Unternehmensgründungen oder Kapitalerhöhungen Hilfe zu leisten und aus diesem Anlass oder bei Kreditaufnahmen oder Käufen Garantien abzugeben oder Sicherheiten zu stellen. Die Beklagte durfte Dienste in Bezug auf die Lagerhaltung, Zoll, Transport und Inkasso erbringen und finanzielle und rechtliche Beratungen durchführen sowie Verträge über Lizenzen, Patente und Marken, auch im Hinblick auf die Unternehmen, an denen Beteiligungen bestehen, abschließen. Schließlich konnte sie soziale Einrichtungen für das Personal von Firmen errichten und betreiben und sich damit auch am Personalwesen der Unternehmen beteiligen. Damit eröffnete sich aber der Beklagten ein erheblicher Einfluss auf die Finanzen und Investitionen der Anlageunternehmen. Mit den Engagements waren zwangsläufig finanzielle Risiken verbunden, die die Beklagte zusätzlich zum Wertverlust der eigenen Anteile treffen konnten. Auch gehen diese Befugnisse weit über die bloße Teilhabe am Kapitalwert unternehmerisch selbständig bleibender Anlageobjekte, die für das Investment ansonsten charakteristisch ist, hinaus (vgl. Schreiben des Bundesaufsichtsamts für Kreditwesen vom 30. August 1990, aaO). Nach den in der Satzung niedergelegten Geschäftszielen sollte sich die Beklagte auf vielfältige Weise an den unternehmerischen Entscheidungen der Anlageunternehmen beteiligen können, wozu sie unternehmerischen Sachverstand in strategische Entscheidungen dieser Unternehmen einbringen musste. Es bestand ein unternehmerisches Risiko neben dem Anlagerisiko. Die Gesellschaftsziele der Beklagten widersprachen damit dem Zweck der breiten Vermögensstreuung mit der Möglichkeit schneller Umschichtung, durch die auch kurzfristige Kurs- und Zinsschwankungen zur Gewinnerzielung ausgenutzt werden könnten. Ein solcher Zweck ist aber kennzeichnend für das von den Vorschriften des Auslandinvestmentgesetzes betroffene Kapitalinvestment (Schreiben des Bundesaufsichtsamts für Kreditwesen vom 30. August 1990, aaO; OLG Celle, WM 2003, 325, 328).
26
(4) Für eine unternehmerische Beteiligung sprechen maßgebend auch die Mehrheitsbeteiligungen der Beklagten. Mehrheitsbesitz führt regelmäßig zur Abhängigkeit und zu einem beherrschenden Einfluss auf die Gesellschaft, weil dem Mehrheitsaktionär über die Mehrheit der Stimmrechte die Möglichkeit offen steht, mehr als die Hälfte der Mitglieder der Führungsgremien der beherrschten Gesellschaft zu stellen und damit deren Leitung zu bestimmen. Des Nachweises konkreter, aktiver Beeinflussung, wie dies die Kläger verlangen, bedarf es dann nicht (vgl. Pfüller/Schmitt in Brinkhaus/Scherer, aaO, § 1 AuslInvestmG, Rn. 57; Schreiben des Bundesaufsichtsamts für Kreditwesen vom 28. August 1991 - V 2-X-12/91 in Beckmann/Scholtz/Vollmer, aaO, 448 Nr. 27; vom 7. Dezember 2001, aaO).
27
Die Beklagte besaß in vierzehn Aktiengesellschaften mehr als die Hälfte der Anteile, bei zwölf Kapitalgesellschaften hielt sie über 75 % der Anteile. Nach türkischem Aktienrecht geht damit regelmäßig eine entsprechende Stimmrechtsmehrheit in der Generalversammlung einher (Art. 373 Abs. 1 Satz 1 THGB in Hirsch/Tekinalp, aaO, S. 95 f.), sofern nicht besondere Umstände wie z.B. Mehrstimmrechtsaktien (Artt. 373 Abs. 1 Satz 2, 401 THGB aaO) oder Stimmbindungsverträge dies verhindern. In der Generalversammlung wird unter anderem über die Gewinnverteilung und die Wahl der Verwaltungsratsmitglieder entschieden (Art. 369 THGB aaO). Der Verwaltungsrat wiederum leitet die Aktiengesellschaft türkischen Rechts und vertritt sie entweder selbst oder durch von ihm eingesetzte Direktoren ("monistisches System" Artt. 317, 342 THGB aaO). Das Stimmrecht eröffnet mithin unmittelbar die Möglichkeit zur Einflussnahme auf die Zusammensetzung der leitenden Organe der Gesellschaft. Damit hatte die Beklagte die rechtliche Möglichkeit, entscheidenden unternehmerischen Einfluss zu nehmen auf die Gesellschaften, an denen sie beteiligt war, sofern sie ihre Aktionärsrechte wahrnahm. Dass dies der Fall war, haben auch die Kläger nicht in Frage gestellt.
28
Dass die Beteiligung der Beklagten in sieben weiteren Fällen unter 50 % lag, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die übrigen Anteile an diesen Unternehmen hielten die Schwestergesellschaften der Beklagten, so etwa die K. A.S. Dazu waren die Organe der Gesellschaften personell identisch besetzt, so dass von einer gegenseitigen Einflussnahme und Abstimmung auszugehen ist. Hinsichtlich der Beteiligung der Beklagten an drei Unternehmen, deren Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach deutschem Recht vergleichbar ist, fehlt bereits eine Vermögensanlage in Wertpapieren im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 AuslInvestmG. Geschäftsanteile an einer GmbH sind nämlich keine Wertpapiere, auch wenn sie verbrieft sind (Schreiben des Bundesaufsichtsamts für Kreditwesen vom 28. August 1991 - V 2-X-12/91 in Beckmann /Scholtz/Vollmer, aaO, 448, Nr. 27).
29
War - wie dargelegt - nach der aus der Satzung ersichtlichen Anlagestrategie der Beklagten nicht eine bloße Partizipation am Kapitalwert der unternehmerisch selbständig bleibenden Anlageobjekte gewollt, sondern ein die Selbständigkeit einschränkender Eintritt in deren unternehmerische Entscheidungsund Verantwortungsbereiche, entsprach die Kapitalanlage nicht dem Wesen des Investments im Sinne des Auslandinvestmentgesetzes (Schreiben des Bundesaufsichtsamts für Kreditwesen vom 20. August 1990, aaO; vom 7. Dezember 2001 aaO; Baur, aaO, § 1 AuslInvestmG, Rn. 47; Pfüller/Schmitt in Brinkhaus/Scherer, aaO, § 1 AuslInvestmG, Rn. 55, 57; Beckmann/Scholtz/ Vollmer/Beckmann, aaO, 410 § 1 Rn. 15).
30
cc) Erfolglos rügt die Revision, das Berufungsgericht habe die Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast der Kläger überspannt. Dass das Vermögen der Beklagten nach dem Grundsatz der Risikomischung angelegt ist, haben die Kläger nach allgemeinen Beweisgrundsätzen als anspruchsbegrün- dende Voraussetzung darzulegen und zu beweisen. Dies gilt auch für den Nachweis, dass der objektive Geschäftszweck primär auf Kapitalwertsicherung gerichtet ist. Erleichterungen kämen nur dann in Betracht, wenn den Klägern substantiierter Vortrag nicht möglich oder nicht zumutbar wäre, während die Beklagte Kenntnis von den maßgeblichen Tatsachen hätte und es ihr zumutbar wäre, nähere Angaben zu machen. Dies ist anzunehmen, wenn das Unwissen der darlegungspflichtigen Partei darauf beruht, dass sie außerhalb des von ihr vorzutragenden Geschehensablaufs steht (Senat, Urteil vom 24. November 1998 - VI ZR 388/97 - VersR 1999, 774, 775; Urteil vom 9. Dezember 2008 - VI ZR 173/07 - VersR 2009, 408, 409; BGHZ 140, 156, 158). Im Streitfall käme eine sekundäre Darlegungslast der Beklagten mithin erst in Betracht, wenn auch nach Auswertung der Satzung und anderer öffentlich oder den Klägern zugänglicher Quellen, wie auch zum Beispiel den Berichten der Aktiengesellschaft , Lücken im vorzutragenden Geschehensablauf verblieben. Dies ist hier nicht der Fall. Die Kläger stellen die Beteiligungen der Beklagten und die Ausübung der damit verbundenen Stimmrechte nicht in Frage. Unter Zugrundelegung des Vortrags der Kläger und der Satzung teilt der erkennende Senat die Auffassung des Berufungsgerichts, dass eine den Kapitalwert sichernde, risikogemischte Anlage im Sinne des Auslandinvestmentgesetzes nicht gegeben ist. Die Kläger können sich somit nicht auf den Schutz des Auslandinvestmentgesetzes berufen.
31
c) Die Revision wendet sich nicht dagegen, dass das Berufungsgericht Schadensersatzansprüche der Kläger nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB und § 826 BGB verneint hat. Dagegen ist auch von Rechts wegen nichts zu erinnern. Galke Zoll Wellner Diederichsen Stöhr
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 31.03.2008 - 327 O 514/07 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 26.03.2009 - 6 U 89/08 -

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(1) Für Streitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis und über dessen Bestehen ist das Gericht des Ortes zuständig, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist. (2) Eine Vereinbarung über den Erfüllungsort begründet die Zuständigkeit nur, we

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(1) Der allgemeine Gerichtsstand der Gemeinden, der Korporationen sowie derjenigen Gesellschaften, Genossenschaften oder anderen Vereine und derjenigen Stiftungen, Anstalten und Vermögensmassen, die als solche verklagt werden können, wird durch ihren

Zivilprozessordnung - ZPO | § 12 Allgemeiner Gerichtsstand; Begriff


Das Gericht, bei dem eine Person ihren allgemeinen Gerichtsstand hat, ist für alle gegen sie zu erhebenden Klagen zuständig, sofern nicht für eine Klage ein ausschließlicher Gerichtsstand begründet ist.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 21 Besonderer Gerichtsstand der Niederlassung


(1) Hat jemand zum Betrieb einer Fabrik, einer Handlung oder eines anderen Gewerbes eine Niederlassung, von der aus unmittelbar Geschäfte geschlossen werden, so können gegen ihn alle Klagen, die auf den Geschäftsbetrieb der Niederlassung Bezug haben,

Zivilprozessordnung - ZPO | § 29c Besonderer Gerichtsstand für Haustürgeschäfte


(1) Für Klagen aus außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen (§ 312b des Bürgerlichen Gesetzbuchs) ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk der Verbraucher zur Zeit der Klageerhebung seinen Wohnsitz, in Ermangelung eines solchen seinen

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Referenzen

Für Klagen aus unerlaubten Handlungen ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

Für Klagen aus unerlaubten Handlungen ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist.

Das Gericht, bei dem eine Person ihren allgemeinen Gerichtsstand hat, ist für alle gegen sie zu erhebenden Klagen zuständig, sofern nicht für eine Klage ein ausschließlicher Gerichtsstand begründet ist.

(1) Der allgemeine Gerichtsstand der Gemeinden, der Korporationen sowie derjenigen Gesellschaften, Genossenschaften oder anderen Vereine und derjenigen Stiftungen, Anstalten und Vermögensmassen, die als solche verklagt werden können, wird durch ihren Sitz bestimmt. Als Sitz gilt, wenn sich nichts anderes ergibt, der Ort, wo die Verwaltung geführt wird.

(2) Gewerkschaften haben den allgemeinen Gerichtsstand bei dem Gericht, in dessen Bezirk das Bergwerk liegt, Behörden, wenn sie als solche verklagt werden können, bei dem Gericht ihres Amtssitzes.

(3) Neben dem durch die Vorschriften dieses Paragraphen bestimmten Gerichtsstand ist ein durch Statut oder in anderer Weise besonders geregelter Gerichtsstand zulässig.

(1) Hat jemand zum Betrieb einer Fabrik, einer Handlung oder eines anderen Gewerbes eine Niederlassung, von der aus unmittelbar Geschäfte geschlossen werden, so können gegen ihn alle Klagen, die auf den Geschäftsbetrieb der Niederlassung Bezug haben, bei dem Gericht des Ortes erhoben werden, wo die Niederlassung sich befindet.

(2) Der Gerichtsstand der Niederlassung ist auch für Klagen gegen Personen begründet, die ein mit Wohn- und Wirtschaftsgebäuden versehenes Gut als Eigentümer, Nutznießer oder Pächter bewirtschaften, soweit diese Klagen die auf die Bewirtschaftung des Gutes sich beziehenden Rechtsverhältnisse betreffen.

(1) Für Streitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis und über dessen Bestehen ist das Gericht des Ortes zuständig, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist.

(2) Eine Vereinbarung über den Erfüllungsort begründet die Zuständigkeit nur, wenn die Vertragsparteien Kaufleute, juristische Personen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtliche Sondervermögen sind.

(1) Für Klagen aus außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen (§ 312b des Bürgerlichen Gesetzbuchs) ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk der Verbraucher zur Zeit der Klageerhebung seinen Wohnsitz, in Ermangelung eines solchen seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Für Klagen gegen den Verbraucher ist dieses Gericht ausschließlich zuständig.

(2) Verbraucher ist jede natürliche Person, die bei dem Erwerb des Anspruchs oder der Begründung des Rechtsverhältnisses nicht überwiegend im Rahmen ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.

(3) § 33 Abs. 2 findet auf Widerklagen der anderen Vertragspartei keine Anwendung.

(4) Eine von Absatz 1 abweichende Vereinbarung ist zulässig für den Fall, dass der Verbraucher nach Vertragsschluss seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt aus dem Geltungsbereich dieses Gesetzes verlegt oder sein Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt im Zeitpunkt der Klageerhebung nicht bekannt ist.

Für Klagen aus unerlaubten Handlungen ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
VI ZR 34/07 Verkündet am:
6. November 2007
Böhringer-Mangold
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Lugano-Übk Art. 5 Nr. 3
Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher
Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 16. September 1988 (LuganoÜbereinkommen
) Art. 5 Nr. 3
Zur internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte für die Entscheidung über eine
Klage auf Schadensersatz wegen Betrugs zum Nachteil eines Geschädigten mit
Wohnsitz in Deutschland durch einen in der Schweiz ansässigen Verwaltungsrat einer
Gesellschaft nach dem Recht der Schweiz.
BGH, Versäumnisurteil vom 6. November 2007 - VI ZR 34/07 - OLG Bamberg
LG Bamberg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 6. November 2007 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter
Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 17. Januar 2007 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger begehrt vom Beklagten Ersatz seines Schadens, den er bei einer Kapitalanlage erlitten hat.
2
Der Beklagte hat seinen Wohnsitz in der Schweiz. Er war PortfolioManager und Verwaltungsrat der GVP S.A. (künftig: GVP), mit welcher der Kläger am 3. Mai 1999 in seiner Wohnung durch Vermittlung des M. einen Vertrag über eine Anlage von 100.000 DM sowie einen Vertrag über Vermögensverwaltung abgeschlossen hat. Die prognostizierten Gewinne von 8,25 % Kapitalverzinsung und ein Jahresbonus von weiteren 3,75 % sollten durch Nutzung der Differenz zwischen den Kapitalmarktzinsen erwirtschaftet werden.
3
Der Kläger beantragte mit den ihm von der GVP mit Schreiben vom 22. April 1999 zugesandten Unterlagen die Eröffnung eines Kontos bei der S.Bank (Schweiz) AG (künftig: S.Bank). Mit einer von der GVP vorgefertigten "Verwaltungsvollmacht für Dritte", welche der Kläger unterzeichnete, ermächtigte er am 3. Mai 1999 u.a. den Beklagten zur Verwaltung dieses Kontos bei der S.Bank.
4
In der Folgezeit überwies der Kläger den Anlagebetrag auf das neu eröffnete Konto bei der S.Bank unter Verwendung eines von der GVP vorgefertigten Zahlungsauftrags. Die 100.000 DM wurden am 10. Mai 1999 auf diesem Konto valutiert.
5
Mit Schreiben vom 13. Juni 2000 kündigte der Kläger die Anlage in Höhe eines Teilbetrages von 50.000 DM. Als die GVP nicht reagierte, widerrief er die Verwaltungsvollmacht und die Teilkündigung ohne Reaktion seitens der GVP. Die S.Bank überwies dem Kläger am 10. August 2000 auf sein Verlangen den verbliebenen Restbetrag in Höhe von umgerechnet 21.905,04 €. Am 29. November 2000 kündigte der Kläger sämtliche Verträge, erhielt die restlichen Anlagegelder jedoch nicht zurück.
6
Mit Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 16. Dezember 2003 wurde der Beklagte wegen Untreue und Beihilfe zum Betrug zu einer Freiheitsstrafe verurteilt; die Schädigung des Klägers war nicht Gegenstand dieser Verurteilung.
7
Der Kläger begehrt vom Beklagten die restliche Anlagesumme nebst nicht ausgeschütteten Zinsen, Ersatz der Kosten der Rechtsverfolgung sowie die ihm von der Kündigung bis 1. August 2004 entgangenen Erträge, jeweils nebst Zinsen.
8
Das Landgericht hat die Klage wegen fehlender internationaler Zuständigkeit der deutschen Gerichte als unzulässig abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

9
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt, eine Zuständigkeit deutscher Gerichte sei nicht gegeben. Der Kläger habe die Voraussetzungen nach Art. 5 Nr. 3 des Luganer Übereinkommens nicht schlüssig vorgetragen. Die behauptete Tathandlung im Sinne einer Untreue gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 266 StGB oder einem entsprechenden Delikt sei in der Schweiz durch weisungswidrige Vermögensverwaltung am Arbeitsplatz des Beklagten vorgenommen worden. Auch der Taterfolg sei nicht im Inland eingetreten. Art. 5 Nr. 3 des Übereinkommens stelle nicht auf einen allgemeinen Schadensort, sondern auf den Ort ab, an welchem sich die Folgen der unerlaubten Handlung zunächst verwirklicht haben. Dieser liege hier an dem Ort, an dem das Anlagekonto des Klägers geführt worden sei, also nicht am Lebensmittelpunkt des Klägers in Deutschland, sondern in der Schweiz.
10
Einen in Deutschland begangenen Betrug zum Nachteil des Klägers (§ 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 263 StGB) habe dieser nicht nachvollziehbar dargelegt. Ein unmittelbarer Kontakt zwischen den Parteien habe nicht stattgefunden. Eine Beihilfe des Beklagten zu einem Betrug durch G. oder eine Mittäterschaft durch Täuschung des Klägers sei nicht schlüssig dargelegt. Der Verweis des Klägers auf die strafgerichtliche Verurteilung des Beklagten sei nicht ausreichend, weil der Beklagte nicht wegen einer Straftat zu Lasten des Klägers verurteilt worden sei. Aus demselben Grund könne sich der Kläger nicht auf ein Geständnis des Beklagten im Strafverfahren berufen. Eine Handlung , welche die Rechtsgutsverletzung durch G. tatsächlich gefördert habe, habe das Strafgericht in Bezug auf die sogenannten S.Bank-Fälle nicht dargestellt. Eine Beihilfe zum Betrug durch Schulungsveranstaltungen des Beklagten setze voraus, dass der Anlagevermittler M. den Kläger aufgrund einer Schulung durch den Beklagten zur Zeichnung veranlasst habe. Es fehle an einer konkreten Darlegung, welche Angaben der Vermittler über die Verwendung des Geldes gemacht habe und wie das Geld tatsächlich verwendet worden sei. Da schon unklar sei, welche Tatsachen dem Kläger mitgeteilt worden seien, könne auch nicht festgestellt werden, dass diese Tatsachen falsch gewesen seien und der Kläger deshalb getäuscht worden sei. Es sei auch nicht dargetan, welche unzutreffenden Angaben der Beklagte gegenüber den Schulungsteilnehmern gemacht habe und welche zu einer täuschungsbedingten Vermögensverfügung des Klägers geführt hätten. Konkrete Aussagen des Beklagten zu der streitgegenständlichen Anlage seien nicht vorgetragen. Zudem sei nicht ersichtlich, dass der Vermittler M. an einer Schulung des Beklagten teilgenommen habe. Hiernach schieden Mittäterschaft und Beihilfe des Beklagten an einem Betrug aus. Auch eine sukzessive Teilnahme des Beklagten an einem Betrug sei nicht nachvollziehbar. So sei nicht ersichtlich, dass der Beklagte das mit der Überlassung des Anlagekapitals zunächst nur gefährdete Vermögen des Klägers dem Haupttäter G. endgültig zugeführt habe. Eine unberechtigte Verwendung des Kapitals zu risikoreichen Devisentermingeschäften im Namen des Klägers sei weder eine Täuschungshandlung noch dazu geeignet, dem Haupttäter G. einen Vermögensvorteil zu verschaffen. Eine nur mittelbare Begünstigung des Beklagten oder eines Dritten durch ein hohes Gehalt und Unternehmensgewinne reiche für eine Strafbarkeit wegen Betrugs nicht aus. Es sei auch nicht erkennbar , dass der Beklagte über das Konto des Klägers verfügt habe.

II.

11
Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision nicht in jeder Hinsicht stand, insbesondere sind deutsche Gerichte zur Entscheidung des Rechtsstreits international zuständig.
12
Über die Revision ist, da der Beklagte im Revisionstermin trotz rechtzeitiger Ladung nicht vertreten war, auf Antrag des Klägers durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Das Urteil ist jedoch keine Folge der Säumnis, sondern beruht auf einer Sachprüfung (vgl. BGHZ 37, 79, 81).
13
1. Im Ausgangspunkt ohne Rechtsfehler legt das Berufungsgericht seiner Entscheidung das Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, geschlossen in Lugano am 16. September 1988 (BGBl 1994 II 2658 ff., 2660, 3772), zugrunde. Diesem Übereinkommen sind sowohl die Bundesrepublik Deutschland als Wohnsitzstaat des Klägers mit Wirkung vom 1. März 1995 (vgl. Art. 5 Abs. 2 des Gesetzes vom 30. September 1994 zu dem Übereinkommen vom 16. September 1988 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen - BGBl 1994 II 2658, 2659, 3772 - in Verbindung mit der Bekanntmachung vom 8. Februar 1995 - BGBl 1995 II 221) als auch die Schweiz als Wohnsitzstaat des Beklagten mit Wirkung vom 1. Januar 1992 (vgl. die genannte Bekanntmachung, BGBl 1995 II 221) beigetreten. Das Übereinkommen (künftig: LugÜ) ist deshalb von den deutschen Gerichten im Verhältnis zur Schweiz anzuwenden (Art. 54b Abs. 2 (a) LugÜ; Zöller/Geimer, ZPO, 26. Aufl., Anh. I Lit. A EuGVVO Art. 1 Rn. 18).
14
2. Ohne Rechtsfehler geht das Berufungsgericht weiter davon aus, dass Art. 5 Nr. 3 LugÜ die internationale Entscheidungszuständigkeit deutscher Gerichte für einen Rechtsstreit mit einer in der Schweiz ansässigen Partei begründet , wenn der Kläger eine im Inland begangene unerlaubte Handlung des Beklagten schlüssig darlegt. Das gilt auch, soweit dieselben Tatsachen sowohl für die Zulässigkeit als auch für die Begründetheit der Klage erheblich sind (sogenannte doppelrelevante Tatsachen; vgl. BGH, Urteil vom 25. November 1993 - IX ZR 32/93 - NJW 1994, 1413 f.; Auer in: Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Band III, B I 1e EuGVÜ und LugÜ Art. 5 Rn. 117). Für die Zulässigkeit der Klage reicht in solchen Fällen eine schlüssige Behauptung der erforderlichen Tatsachen durch den Kläger aus; die Feststellung dieser Tatsachen ist erst zur Begründetheit der Klage erforderlich (vgl. BGH, Urteil vom 25. November 1993 - IX ZR 32/92 - aaO m.w.N.).
15
3. Ebenfalls ohne Rechtsfehler verneint das Berufungsgericht die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für die Klage, soweit sie auf den Vorwurf einer Untreue des Beklagten durch weisungswidrige Verfügung über das Konto des Klägers bei der S.Bank in der Schweiz gestützt ist (§ 823 Abs. 2 BGB, § 266 StGB).
16
a) Art. 5 Nr. 3 LugÜ bestimmt abweichend von dem in Art. 2 Abs. 1 des Übereinkommens verankerten Grundsatz der Zuständigkeit der Gerichte des Staates, in dem der Beklagte seinen Wohnsitz hat, in nahezu wörtlicher Übereinstimmung mit Art. 5 Nr. 3 EuGVVO (und früher Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ): "Eine Person, die ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats hat, kann in einem anderen Vertragsstaat verklagt werden:... 3. wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden, vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist; ..."
17
Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur gleichlautenden Regelung in Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ beruht diese besondere Zuständigkeit , die nach Wahl des Klägers zur Anwendung kommt, darauf, dass zwischen der Streitigkeit und anderen Gerichten als denen des Staates, in dem der Beklagte seinen Wohnsitz hat, eine besonders enge Beziehung besteht, die aus Gründen einer geordneten Rechtspflege und einer sachgerechten Gestaltung des Prozesses eine Zuständigkeit dieser Gerichte rechtfertigt (vgl. Urteile vom 30. November 1976 - C-21/76, Slg. 1976, 1735 Rn. 11 = NJW 1977, 493 - Mines de Potasse; vom 11. Januar 1990 - C-220/88, Slg. 1990, I-49 = NJW 1991, 631 Rn. 17 - Dumez France). Dabei ist dann, wenn der Ort, an dem das für die Begründung einer Schadensersatzpflicht wegen unerlaubter Handlung in Betracht kommende Ereignis stattgefunden hat, nicht auch der Ort ist, an dem aus diesem Ereignis ein Schaden entstanden ist, der Begriff "Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist" in Art. 5 Nr. 3 des Übereinkommens so zu verstehen, dass er sowohl den Ort, an dem der Schaden eingetreten ist, als auch den Ort des ursächlichen Geschehens meint. Der Beklagte kann dann nach Wahl des Klägers bei dem Gericht des Ortes, an dem der Schaden eingetreten ist, oder bei dem Gericht des Ortes des dem Schaden zugrunde liegenden ursächlichen Geschehens verklagt werden (vgl. EuGH, Urteile vom 30. November 1976 - C-21/76, aaO Rn. 24 f.; vom 7. März 1995 - C-68/93, Slg. 1995, I-415 = NJW 1995, 1881 Rn. 20 - Shevill; vom 19. September 1995 -C364 /93, Slg. 1995, I-2719 = JZ 1995, 1107 Rn. 11 - Marinari). Der Schadenserfolg ist in diesem Zusammenhang an dem Ort verwirklicht, an dem die schädi- genden Auswirkungen des haftungsauslösenden Ereignisses zu Lasten des Betroffenen eintreten. Diese dem Kläger eröffnete Wahlmöglichkeit darf jedoch nicht über die sie rechtfertigenden besonderen Umstände hinaus erstreckt werden , soll nicht der in Art. 2 Abs. 1 LugÜ aufgestellte allgemeine Grundsatz der Zuständigkeit der Gerichte des Vertragsstaats, in dessen Hoheitsgebiet der Beklagte seinen Wohnsitz hat, ausgehöhlt und im Ergebnis über die ausdrücklich vorgesehenen Fälle hinaus die Zuständigkeit der Gerichte am Wohnsitz des Klägers anerkannt werden (vgl. EuGH, Urteil vom 10. Juni 2004 - C-168/02, IPRax 2005, 32 Rn. 14 - Kronhofer). Nach diesen Grundsätzen kann die Wendung "Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist" im Sinne von Art. 5 Nr. 3 LugÜ zwar sowohl den Ort, an dem der Schaden entstanden ist, als auch den Ort des ursächlichen Geschehens bezeichnen. Sie kann jedoch nicht so weit ausgelegt werden, dass sie jeden Ort erfasst, an dem schädliche Folgen eines Umstands spürbar werden können, der bereits einen Schaden verursacht hat, der tatsächlich an einem anderen Ort entstanden ist (vgl. EuGH, Urteil vom 19. September 1995 - C-364/93, aaO Rn. 14 f.; Urteil vom 10. Juni 2004 - C168 /02, aaO Rn. 19 - Kronhofer).
18
b) Das Berufungsgericht hat die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für eine Schadensersatzklage wegen Untreue in Beachtung dieser Grundsätze verneint.
19
Es hat offen gelassen, ob der Kläger die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Untreue (§ 823 Abs. 2 BGB, § 266 StGB) vorgetragen hat. Die Voraussetzungen für einen Ersatzanspruch des Klägers wegen Untreue des Beklagten sind daher zu Gunsten der Revision zu unterstellen.
20
Mit seiner so begründeten Klage macht der Kläger eine Schadenshaftung des Beklagten geltend, die nicht an einen "Vertrag" im Sinne von Art. 5 Nr. 1 LugÜ anknüpft. Die Klage hat vielmehr eine (autonom zu verstehende) unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder Ansprüche aus einer solchen Handlung im Sinn von Art. 5 Nr. 3 LugÜ zum Gegenstand, so dass die Anwendung des allgemeinen Grundsatzes des Art. 2 Abs. 1 des Übereinkommens ausgeschlossen sein könnte (vgl. EuGH, Urteil vom 27. Oktober 1998 - C-51/97, Slg. 1998, I-6511 Rn. 22 f. - Réunion).
21
Der vorliegende Fall rechtfertigt aber nicht die Zuständigkeit eines anderen Vertragsstaats als der Schweiz als desjenigen Staats, in dem das ursächliche Geschehen stattgefunden hat und der Schaden eingetreten ist, d.h. sämtliche Tatbestandsmerkmale der Haftung sich verwirklicht haben. Die Tathandlung einer weisungswidrigen Vermögensverwaltung ist am Arbeitsplatz des Beklagten in der Schweiz begangen worden. Der Taterfolg ist in der Schweiz eingetreten. Der Wohnsitz des Klägers in Deutschland ist demgegenüber als Ort des Mittelpunkts des Vermögens des Geschädigten lediglich ein für die internationale Zuständigkeit unerheblicher Schadensort und rechtfertigt allein keine Abweichung von der grundsätzlichen Zuständigkeit der Gerichte am Wohnsitz des Beklagten (vgl. EuGH, Urteil vom 10. Juni 2004 - C-168/02, aaO Rn. 18 f.).
22
Allerdings obliegt dem nationalen Gericht die Entscheidung, ob die finanziellen Verluste des Klägers als an dem Ort eingetreten betrachtet werden können , an dem der Kläger seinen Wohnsitz hat (vgl. EuGH, Urteil vom 5. Februar 2004 - C-18/02, Slg. 2004, I-1417 Rn. 43 - Torline). Feststellungen dazu, dass nach Art. 5 Nr. 3 LugÜ oder nach schweizerischem Recht als dem nach deutschem internationalem Privatrecht anzuwendenden Recht nicht die durch das angebliche Handeln des Beklagten entwertete Forderung des Klägers gegen die S.Bank auf Rückzahlung des Bankguthabens, sondern das Vermögen des Klägers als Ganzes betroffen ist, hat das Berufungsgericht nicht getroffen, ohne dass die Revision dies beanstandet. Dafür, dass nicht der teilweise Verlust der Rückzahlungsforderung des Kontoinhabers, sondern dessen Gesamtvermögen entscheidend wäre, ist nach dem derzeitigen Vortrag nichts geltend gemacht und nichts ersichtlich (§ 293 ZPO).
23
4. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte ist jedoch (auch) im Hinblick auf eine Beteiligung des Beklagten an einem Betrug zum Nachteil des Klägers möglich, wie das Landgericht und ihm folgend das Berufungsgericht nicht verkannt haben. Insoweit ist maßgebende Tathandlung nach Art. 5 Nr. 3 LugÜ die Täuschung des Klägers, die bei Abschluss des Anlagevertrages und des Vermögensverwaltungsvertrages in der Wohnung des Klägers im Inland erfolgt ist. Das beanstandet die Revision als ihr günstig nicht; Rechtsfehler sind insoweit nicht ersichtlich.
24
a) Die in Art. 5 Nr. 3 LugÜ enthaltene Wendung "Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist", ist dahin zu verstehen, dass sie sowohl den Ort, an dem der schädigende Erfolg eingetreten ist, als auch den Ort der ursächlichen Handlung meint. Der Beklagte kann daher nach Wahl des Klägers bei dem Gericht des Ortes, an dem der schädigende Erfolg eingetreten ist, oder bei dem Gericht des Ortes der dem Schaden zugrunde liegenden ursächlichen Handlung verklagt werden (vgl. zu Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ: EuGH, Urteil vom 7. März 1995 - C-68/93 - aaO Rn. 20).
25
b) Das Berufungsurteil überspannt aber die Anforderungen an die erforderliche Behauptung der Tatsachen, soweit es eine Beteiligung des Beklagten an einem im Inland begangenen Betrug zum Nachteil des Klägers (§ 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 263 StGB) für nicht dargelegt hält.
26
aa) Der Kläger hat ausreichend dargetan, dass die Anlage gegenüber den Anlegern und damit auch gegenüber dem Kläger mit Wissen und Wollen des Beklagten als weitgehend risikofrei dargestellt worden ist. Die Revision weist zu Recht darauf hin, dass sich der Kläger auch für einen Betrug zu seinem Nachteil auf die im Strafverfahren gegen den Beklagten vor dem Landgericht Darmstadt getroffenen Feststellungen berufen und darüber hinaus dargelegt hatte, dass ihm konservative Anlageobjekte (Staatsanleihen, sonstige Obligationen erstklassiger Emittenten) genannt wurden. Auch hatte er vorgetragen, dass sein Anlagekapital in das Schneeballsystem der GVP unter Mitwirkung des Beklagten eingespeist worden sei.
27
Unstreitig hat zwar ein unmittelbarer persönlicher Kontakt zwischen den Parteien vor der Anlageentscheidung weder schriftlich noch mündlich stattgefunden. Im Strafurteil gegen den Beklagten ist aber zum Tatkomplex "S.Bank", um den es hier geht, festgestellt worden, die der Beauftragung des Beklagten durch die jeweiligen Anleger zugrunde liegende Anlagekonzeption sei mit Wissen und Wollen des Beklagten gegenüber den Anlegern so dargestellt worden, dass bei diesen der Eindruck erweckt worden sei, die Anlage sei praktisch risikofrei. Des Weiteren hat der Kläger zu den Umständen der Anlageentscheidung vorgetragen, der Vermittler M. habe ihm in Übereinstimmung mit einem (dem Kläger allerdings nicht vorgelegten) Prospekt versprochen, dass das Geld konservativ angelegt werde. Dementsprechend habe der Kläger einen Überweisungsauftrag an seine Hausbank unterzeichnet, mit dem das Geld auf das vom Beklagten verwaltete Konto bei der S.Bank überwiesen worden sei. Diesen Überweisungsauftrag habe er mit dem bereits eingetragenen Verwendungszweck "festverzinsliche Wertpapiere und Staatsanleihen" zugesandt erhalten. Entgegen diesen Mitteilungen habe der Beklagte jedoch (entsprechend der Anlagestrategie ) riskante Devisentermingeschäfte für die jeweiligen Anleger ausgeführt und damit deren Vermögen einem großen Verlustrisiko ausgesetzt. Auch für den Kläger habe der Beklagte Devisentermingeschäfte in Yen und Dollar durchgeführt.
28
Dieser Vortrag war zur Darlegung einer Täuschung des Klägers über Tatsachen ausreichend und in sich schlüssig. Angesichts der geständigen Einlassung des Beklagten im Strafverfahren ändert sich daran nichts deshalb, weil der Beklagte sein Verhalten im Strafverfahren als "taktisch" gewertet wissen will. Er hat mit der Abgabe seines Geständnisses im Strafverfahren zu erkennen gegeben, dass die strafrechtlichen Vorwürfe der Wahrheit entsprechen, und damit ein starkes Indiz für die Wahrheit der zugestandenen Tatsachen geschaffen , ohne dass hier zu entscheiden wäre, ob allein aus diesem Grund der Beklagte im Sinne einer sekundären Darlegungslast zur Unrichtigkeit der zugestandenen Tatsachen näher auszuführen hätte.
29
bb) Infolge der falschen Angaben des Vermittlers M., die durch den von der GVP ausgefüllten Überweisungsauftrag mit dem Verwendungszweck "festverzinsliche Wertpapiere und Staatsanleihen" unterstützt wurden, hat sich der Kläger nach seinem Vortrag nachvollziehbar über die Verwendung des Geldes geirrt und deshalb die Anlage getätigt.
30
cc) Die Anlageentscheidung des Klägers beruhte in Höhe von 100.000 DM nach dem Vortrag des Klägers auf dem täuschungsbedingten Irrtum. Der Kläger hätte nach seinem Vortrag die Verträge jedenfalls nicht so abgeschlossen , wenn er nicht über die Tatsache "Anlagestrategie" der GVP geirrt hätte.
31
dd) Der Kläger hat auch dargelegt, dass ihm durch die Vermögensverfügung ein Vermögensschaden entstanden ist, weil seine Geldanlage zum größten Teil verloren ist.
32
ee) Auch zum subjektiven Tatbestand des § 263 StGB reicht der Vortrag des Klägers aus. Die Berufung hatte beanstandet, das Landgericht habe den Vortrag des Klägers nicht berücksichtigt, der Beklagte habe gewusst, dass mit dem Geld trotz vorgespiegelter Sicherheit riskante Spekulationsgeschäfte ausgeführt würden. Dies ergab sich nach der nachvollziehbaren Ansicht des Klägers daraus, dass der Beklagte vor der Anlageentscheidung des Klägers vor Vermittlern und Mitarbeitern über die Anlagestrategie referiert hatte. Der Beklagte sei sogar von G. angewiesen worden, gegenüber Kunden, Vermittlern und Mitarbeitern nicht über die Risiken der Anlage zu sprechen. Wenn der Beklagte sich unter solchen Umständen in den Dienst der GVP stellte und entsprechend der Anlagestrategie auch für den Kläger Devisentermingeschäfte in Yen und Dollar ausführte, handelte er bedingt vorsätzlich und zwar in der Absicht , der GVP einen Vermögensvorteil zu verschaffen. Das ergibt sich schon daraus, dass er in Kenntnis der Täuschung der Anleger über die Risiken der Anlagestrategie (Devisentermingeschäfte statt Staatsanleihen) an dem Vorhaben , das zudem - ihm bekannt - zumindest in Teilen ein Schneeballsystem war, mitwirkte. Dieser erstrebte Vorteil war rechtswidrig, denn die GVP hatte auf Anlagegelder für Devisentermingeschäfte keinen Anspruch.
33
Der Vorteil der GVP war stoffgleich mit dem Schaden des Klägers. Aufgrund der Vermögensverfügung ist sowohl dem Kläger der Schaden als auch der GVP der Vorteil entstanden.
34
ff) Der Beklagte hat nach dem Vortrag des Klägers in Kenntnis der Umstände an dem betrügerischen System der GVP als Portfolio-Manager und Verwaltungsrat (zu dessen Stellung als Leitungs- und Geschäftsführungsorgan der AG vgl. Art. 716 Abs. 2 OR; Forstmoser, ZGR 2003, 688 ff., 694) mitgewirkt. Er war in die Gewinnung von Anlegern über Schulungen der Vermittler und die Mitgestaltung von Prospekten eingebunden.
35
Danach handelte der Beklagte mit mindestens bedingtem Vorsatz, denn er kannte nach dem Vortrag des Klägers alle nach 1996 veröffentlichten Pros- pekte und die mit den Anlegern geschlossenen Verträge und wusste - aufgrund seiner Stellung in der GVP naheliegend -, dass die Anlage in festverzinslichen Anleihen "erstklassiger Emittenten" erfolgen sollte. Dies ist ausreichend für die Annahme mindestens von vorsätzlich begangener Beihilfe (§ 27 Abs. 1 StGB; § 830 Abs. 2 BGB) zu einem Betrug zum Nachteil des Klägers.
36
c) Hiernach hatte der Kläger sämtliche Tatbestandsmerkmale für eine Anwendung des Schutzgesetzes § 263 StGB schlüssig vorgetragen. Dass die Beihilfe zum Betrug zum Nachteil des Klägers möglicherweise mitbestrafte Vortat zu der von dem Beklagten begangenen Untreue ist, ist für die Anwendung von § 823 Abs. 2 BGB nicht entscheidungserheblich. Die Vorschrift stellt nicht auf die Strafbarkeit der Handlung, sondern auf die Verwirklichung der Tatbestandsvoraussetzungen des Schutzgesetzes ab (vgl. Soergel/Spickhoff, BGB, 13. Aufl., § 823 Rn. 214 f. m.w.N.).
37
Die Täuschung des Klägers ist - was insoweit zwischen den Parteien unstreitig ist - in Deutschland erfolgt, wo der Kläger seinen Wohnsitz hat. Das Berufungsgericht hätte seine internationale Zuständigkeit daher jedenfalls hinsichtlich des Betrugsvorwurfs bejahen müssen.
38
5. Nach allem hätte das Berufungsgericht die Abweisung der Klage nicht mit dem Fehlen der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte begründen dürfen. Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
39
Sollte es im weiteren Verlauf des Verfahrens auf eine Entscheidung zu § 266 StGB ankommen, wird das Berufungsgericht eine Vorabentscheidungskompetenz des Europäischen Gerichtshofs zur internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte über die mit Ansprüchen auf Schadensersatz aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 266 StGB zusammenhängenden Fragen in Betracht zu ziehen haben (vgl. EuGH, Urteil vom 28. März 1995 - C-346/93 - Slg. 1995 I-615 = IPRax 1996, 190 Rn. 20, 22 - Kleinwort Benson; Lechner /Mayr, Das Übereinkommen von Lugano, 1996, S. 47; Heerstrassen RIW 1993, 179, 180 zu FN 10, 183 zu FN 50, 184 zu FN 53; Holl IPRax 1996, 174, 176; a.A. Zöller/Geimer, aaO, Anh. I Lit. A EuGVVO Art. 1 Rn. 17; Kohler in Jayme, Ein internationales Zivilverfahrensrecht für Gesamteuropa, 11 ff., 24 ff.; vgl. noch Kindler, ZVglRWiss 105 (2006) 243 ff., 247; von Hein, IPRax 2005, 17, 21; Blobel, European Legal Forum, 2004 (D), 187 ff., 190 f.). Vorsorglich wird in diesem Zusammenhang zur Frage einer Verjährung der Ansprüche des Klägers gegen den Beklagten auf die Entscheidung des erkennenden Senats vom heutigen Tage in der Sache S. gegen J. - VI ZR 182/06 - z.V.b. hingewiesen. Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll
Vorinstanzen:
LG Bamberg, Entscheidung vom 28.10.2005 - 2 O 688/04 -
OLG Bamberg, Entscheidung vom 17.01.2007 - 3 U 339/05 -

Für Klagen aus unerlaubten Handlungen ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

(1) Wer einen anderen zu einer Verrichtung bestellt, ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den der andere in Ausführung der Verrichtung einem Dritten widerrechtlich zufügt. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Geschäftsherr bei der Auswahl der bestellten Person und, sofern er Vorrichtungen oder Gerätschaften zu beschaffen oder die Ausführung der Verrichtung zu leiten hat, bei der Beschaffung oder der Leitung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.

(2) Die gleiche Verantwortlichkeit trifft denjenigen, welcher für den Geschäftsherrn die Besorgung eines der im Absatz 1 Satz 2 bezeichneten Geschäfte durch Vertrag übernimmt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
VI ZR 34/07 Verkündet am:
6. November 2007
Böhringer-Mangold
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Lugano-Übk Art. 5 Nr. 3
Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher
Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 16. September 1988 (LuganoÜbereinkommen
) Art. 5 Nr. 3
Zur internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte für die Entscheidung über eine
Klage auf Schadensersatz wegen Betrugs zum Nachteil eines Geschädigten mit
Wohnsitz in Deutschland durch einen in der Schweiz ansässigen Verwaltungsrat einer
Gesellschaft nach dem Recht der Schweiz.
BGH, Versäumnisurteil vom 6. November 2007 - VI ZR 34/07 - OLG Bamberg
LG Bamberg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 6. November 2007 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter
Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 17. Januar 2007 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger begehrt vom Beklagten Ersatz seines Schadens, den er bei einer Kapitalanlage erlitten hat.
2
Der Beklagte hat seinen Wohnsitz in der Schweiz. Er war PortfolioManager und Verwaltungsrat der GVP S.A. (künftig: GVP), mit welcher der Kläger am 3. Mai 1999 in seiner Wohnung durch Vermittlung des M. einen Vertrag über eine Anlage von 100.000 DM sowie einen Vertrag über Vermögensverwaltung abgeschlossen hat. Die prognostizierten Gewinne von 8,25 % Kapitalverzinsung und ein Jahresbonus von weiteren 3,75 % sollten durch Nutzung der Differenz zwischen den Kapitalmarktzinsen erwirtschaftet werden.
3
Der Kläger beantragte mit den ihm von der GVP mit Schreiben vom 22. April 1999 zugesandten Unterlagen die Eröffnung eines Kontos bei der S.Bank (Schweiz) AG (künftig: S.Bank). Mit einer von der GVP vorgefertigten "Verwaltungsvollmacht für Dritte", welche der Kläger unterzeichnete, ermächtigte er am 3. Mai 1999 u.a. den Beklagten zur Verwaltung dieses Kontos bei der S.Bank.
4
In der Folgezeit überwies der Kläger den Anlagebetrag auf das neu eröffnete Konto bei der S.Bank unter Verwendung eines von der GVP vorgefertigten Zahlungsauftrags. Die 100.000 DM wurden am 10. Mai 1999 auf diesem Konto valutiert.
5
Mit Schreiben vom 13. Juni 2000 kündigte der Kläger die Anlage in Höhe eines Teilbetrages von 50.000 DM. Als die GVP nicht reagierte, widerrief er die Verwaltungsvollmacht und die Teilkündigung ohne Reaktion seitens der GVP. Die S.Bank überwies dem Kläger am 10. August 2000 auf sein Verlangen den verbliebenen Restbetrag in Höhe von umgerechnet 21.905,04 €. Am 29. November 2000 kündigte der Kläger sämtliche Verträge, erhielt die restlichen Anlagegelder jedoch nicht zurück.
6
Mit Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 16. Dezember 2003 wurde der Beklagte wegen Untreue und Beihilfe zum Betrug zu einer Freiheitsstrafe verurteilt; die Schädigung des Klägers war nicht Gegenstand dieser Verurteilung.
7
Der Kläger begehrt vom Beklagten die restliche Anlagesumme nebst nicht ausgeschütteten Zinsen, Ersatz der Kosten der Rechtsverfolgung sowie die ihm von der Kündigung bis 1. August 2004 entgangenen Erträge, jeweils nebst Zinsen.
8
Das Landgericht hat die Klage wegen fehlender internationaler Zuständigkeit der deutschen Gerichte als unzulässig abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

9
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt, eine Zuständigkeit deutscher Gerichte sei nicht gegeben. Der Kläger habe die Voraussetzungen nach Art. 5 Nr. 3 des Luganer Übereinkommens nicht schlüssig vorgetragen. Die behauptete Tathandlung im Sinne einer Untreue gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 266 StGB oder einem entsprechenden Delikt sei in der Schweiz durch weisungswidrige Vermögensverwaltung am Arbeitsplatz des Beklagten vorgenommen worden. Auch der Taterfolg sei nicht im Inland eingetreten. Art. 5 Nr. 3 des Übereinkommens stelle nicht auf einen allgemeinen Schadensort, sondern auf den Ort ab, an welchem sich die Folgen der unerlaubten Handlung zunächst verwirklicht haben. Dieser liege hier an dem Ort, an dem das Anlagekonto des Klägers geführt worden sei, also nicht am Lebensmittelpunkt des Klägers in Deutschland, sondern in der Schweiz.
10
Einen in Deutschland begangenen Betrug zum Nachteil des Klägers (§ 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 263 StGB) habe dieser nicht nachvollziehbar dargelegt. Ein unmittelbarer Kontakt zwischen den Parteien habe nicht stattgefunden. Eine Beihilfe des Beklagten zu einem Betrug durch G. oder eine Mittäterschaft durch Täuschung des Klägers sei nicht schlüssig dargelegt. Der Verweis des Klägers auf die strafgerichtliche Verurteilung des Beklagten sei nicht ausreichend, weil der Beklagte nicht wegen einer Straftat zu Lasten des Klägers verurteilt worden sei. Aus demselben Grund könne sich der Kläger nicht auf ein Geständnis des Beklagten im Strafverfahren berufen. Eine Handlung , welche die Rechtsgutsverletzung durch G. tatsächlich gefördert habe, habe das Strafgericht in Bezug auf die sogenannten S.Bank-Fälle nicht dargestellt. Eine Beihilfe zum Betrug durch Schulungsveranstaltungen des Beklagten setze voraus, dass der Anlagevermittler M. den Kläger aufgrund einer Schulung durch den Beklagten zur Zeichnung veranlasst habe. Es fehle an einer konkreten Darlegung, welche Angaben der Vermittler über die Verwendung des Geldes gemacht habe und wie das Geld tatsächlich verwendet worden sei. Da schon unklar sei, welche Tatsachen dem Kläger mitgeteilt worden seien, könne auch nicht festgestellt werden, dass diese Tatsachen falsch gewesen seien und der Kläger deshalb getäuscht worden sei. Es sei auch nicht dargetan, welche unzutreffenden Angaben der Beklagte gegenüber den Schulungsteilnehmern gemacht habe und welche zu einer täuschungsbedingten Vermögensverfügung des Klägers geführt hätten. Konkrete Aussagen des Beklagten zu der streitgegenständlichen Anlage seien nicht vorgetragen. Zudem sei nicht ersichtlich, dass der Vermittler M. an einer Schulung des Beklagten teilgenommen habe. Hiernach schieden Mittäterschaft und Beihilfe des Beklagten an einem Betrug aus. Auch eine sukzessive Teilnahme des Beklagten an einem Betrug sei nicht nachvollziehbar. So sei nicht ersichtlich, dass der Beklagte das mit der Überlassung des Anlagekapitals zunächst nur gefährdete Vermögen des Klägers dem Haupttäter G. endgültig zugeführt habe. Eine unberechtigte Verwendung des Kapitals zu risikoreichen Devisentermingeschäften im Namen des Klägers sei weder eine Täuschungshandlung noch dazu geeignet, dem Haupttäter G. einen Vermögensvorteil zu verschaffen. Eine nur mittelbare Begünstigung des Beklagten oder eines Dritten durch ein hohes Gehalt und Unternehmensgewinne reiche für eine Strafbarkeit wegen Betrugs nicht aus. Es sei auch nicht erkennbar , dass der Beklagte über das Konto des Klägers verfügt habe.

II.

11
Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision nicht in jeder Hinsicht stand, insbesondere sind deutsche Gerichte zur Entscheidung des Rechtsstreits international zuständig.
12
Über die Revision ist, da der Beklagte im Revisionstermin trotz rechtzeitiger Ladung nicht vertreten war, auf Antrag des Klägers durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Das Urteil ist jedoch keine Folge der Säumnis, sondern beruht auf einer Sachprüfung (vgl. BGHZ 37, 79, 81).
13
1. Im Ausgangspunkt ohne Rechtsfehler legt das Berufungsgericht seiner Entscheidung das Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, geschlossen in Lugano am 16. September 1988 (BGBl 1994 II 2658 ff., 2660, 3772), zugrunde. Diesem Übereinkommen sind sowohl die Bundesrepublik Deutschland als Wohnsitzstaat des Klägers mit Wirkung vom 1. März 1995 (vgl. Art. 5 Abs. 2 des Gesetzes vom 30. September 1994 zu dem Übereinkommen vom 16. September 1988 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen - BGBl 1994 II 2658, 2659, 3772 - in Verbindung mit der Bekanntmachung vom 8. Februar 1995 - BGBl 1995 II 221) als auch die Schweiz als Wohnsitzstaat des Beklagten mit Wirkung vom 1. Januar 1992 (vgl. die genannte Bekanntmachung, BGBl 1995 II 221) beigetreten. Das Übereinkommen (künftig: LugÜ) ist deshalb von den deutschen Gerichten im Verhältnis zur Schweiz anzuwenden (Art. 54b Abs. 2 (a) LugÜ; Zöller/Geimer, ZPO, 26. Aufl., Anh. I Lit. A EuGVVO Art. 1 Rn. 18).
14
2. Ohne Rechtsfehler geht das Berufungsgericht weiter davon aus, dass Art. 5 Nr. 3 LugÜ die internationale Entscheidungszuständigkeit deutscher Gerichte für einen Rechtsstreit mit einer in der Schweiz ansässigen Partei begründet , wenn der Kläger eine im Inland begangene unerlaubte Handlung des Beklagten schlüssig darlegt. Das gilt auch, soweit dieselben Tatsachen sowohl für die Zulässigkeit als auch für die Begründetheit der Klage erheblich sind (sogenannte doppelrelevante Tatsachen; vgl. BGH, Urteil vom 25. November 1993 - IX ZR 32/93 - NJW 1994, 1413 f.; Auer in: Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Band III, B I 1e EuGVÜ und LugÜ Art. 5 Rn. 117). Für die Zulässigkeit der Klage reicht in solchen Fällen eine schlüssige Behauptung der erforderlichen Tatsachen durch den Kläger aus; die Feststellung dieser Tatsachen ist erst zur Begründetheit der Klage erforderlich (vgl. BGH, Urteil vom 25. November 1993 - IX ZR 32/92 - aaO m.w.N.).
15
3. Ebenfalls ohne Rechtsfehler verneint das Berufungsgericht die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für die Klage, soweit sie auf den Vorwurf einer Untreue des Beklagten durch weisungswidrige Verfügung über das Konto des Klägers bei der S.Bank in der Schweiz gestützt ist (§ 823 Abs. 2 BGB, § 266 StGB).
16
a) Art. 5 Nr. 3 LugÜ bestimmt abweichend von dem in Art. 2 Abs. 1 des Übereinkommens verankerten Grundsatz der Zuständigkeit der Gerichte des Staates, in dem der Beklagte seinen Wohnsitz hat, in nahezu wörtlicher Übereinstimmung mit Art. 5 Nr. 3 EuGVVO (und früher Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ): "Eine Person, die ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats hat, kann in einem anderen Vertragsstaat verklagt werden:... 3. wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden, vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist; ..."
17
Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur gleichlautenden Regelung in Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ beruht diese besondere Zuständigkeit , die nach Wahl des Klägers zur Anwendung kommt, darauf, dass zwischen der Streitigkeit und anderen Gerichten als denen des Staates, in dem der Beklagte seinen Wohnsitz hat, eine besonders enge Beziehung besteht, die aus Gründen einer geordneten Rechtspflege und einer sachgerechten Gestaltung des Prozesses eine Zuständigkeit dieser Gerichte rechtfertigt (vgl. Urteile vom 30. November 1976 - C-21/76, Slg. 1976, 1735 Rn. 11 = NJW 1977, 493 - Mines de Potasse; vom 11. Januar 1990 - C-220/88, Slg. 1990, I-49 = NJW 1991, 631 Rn. 17 - Dumez France). Dabei ist dann, wenn der Ort, an dem das für die Begründung einer Schadensersatzpflicht wegen unerlaubter Handlung in Betracht kommende Ereignis stattgefunden hat, nicht auch der Ort ist, an dem aus diesem Ereignis ein Schaden entstanden ist, der Begriff "Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist" in Art. 5 Nr. 3 des Übereinkommens so zu verstehen, dass er sowohl den Ort, an dem der Schaden eingetreten ist, als auch den Ort des ursächlichen Geschehens meint. Der Beklagte kann dann nach Wahl des Klägers bei dem Gericht des Ortes, an dem der Schaden eingetreten ist, oder bei dem Gericht des Ortes des dem Schaden zugrunde liegenden ursächlichen Geschehens verklagt werden (vgl. EuGH, Urteile vom 30. November 1976 - C-21/76, aaO Rn. 24 f.; vom 7. März 1995 - C-68/93, Slg. 1995, I-415 = NJW 1995, 1881 Rn. 20 - Shevill; vom 19. September 1995 -C364 /93, Slg. 1995, I-2719 = JZ 1995, 1107 Rn. 11 - Marinari). Der Schadenserfolg ist in diesem Zusammenhang an dem Ort verwirklicht, an dem die schädi- genden Auswirkungen des haftungsauslösenden Ereignisses zu Lasten des Betroffenen eintreten. Diese dem Kläger eröffnete Wahlmöglichkeit darf jedoch nicht über die sie rechtfertigenden besonderen Umstände hinaus erstreckt werden , soll nicht der in Art. 2 Abs. 1 LugÜ aufgestellte allgemeine Grundsatz der Zuständigkeit der Gerichte des Vertragsstaats, in dessen Hoheitsgebiet der Beklagte seinen Wohnsitz hat, ausgehöhlt und im Ergebnis über die ausdrücklich vorgesehenen Fälle hinaus die Zuständigkeit der Gerichte am Wohnsitz des Klägers anerkannt werden (vgl. EuGH, Urteil vom 10. Juni 2004 - C-168/02, IPRax 2005, 32 Rn. 14 - Kronhofer). Nach diesen Grundsätzen kann die Wendung "Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist" im Sinne von Art. 5 Nr. 3 LugÜ zwar sowohl den Ort, an dem der Schaden entstanden ist, als auch den Ort des ursächlichen Geschehens bezeichnen. Sie kann jedoch nicht so weit ausgelegt werden, dass sie jeden Ort erfasst, an dem schädliche Folgen eines Umstands spürbar werden können, der bereits einen Schaden verursacht hat, der tatsächlich an einem anderen Ort entstanden ist (vgl. EuGH, Urteil vom 19. September 1995 - C-364/93, aaO Rn. 14 f.; Urteil vom 10. Juni 2004 - C168 /02, aaO Rn. 19 - Kronhofer).
18
b) Das Berufungsgericht hat die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für eine Schadensersatzklage wegen Untreue in Beachtung dieser Grundsätze verneint.
19
Es hat offen gelassen, ob der Kläger die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Untreue (§ 823 Abs. 2 BGB, § 266 StGB) vorgetragen hat. Die Voraussetzungen für einen Ersatzanspruch des Klägers wegen Untreue des Beklagten sind daher zu Gunsten der Revision zu unterstellen.
20
Mit seiner so begründeten Klage macht der Kläger eine Schadenshaftung des Beklagten geltend, die nicht an einen "Vertrag" im Sinne von Art. 5 Nr. 1 LugÜ anknüpft. Die Klage hat vielmehr eine (autonom zu verstehende) unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder Ansprüche aus einer solchen Handlung im Sinn von Art. 5 Nr. 3 LugÜ zum Gegenstand, so dass die Anwendung des allgemeinen Grundsatzes des Art. 2 Abs. 1 des Übereinkommens ausgeschlossen sein könnte (vgl. EuGH, Urteil vom 27. Oktober 1998 - C-51/97, Slg. 1998, I-6511 Rn. 22 f. - Réunion).
21
Der vorliegende Fall rechtfertigt aber nicht die Zuständigkeit eines anderen Vertragsstaats als der Schweiz als desjenigen Staats, in dem das ursächliche Geschehen stattgefunden hat und der Schaden eingetreten ist, d.h. sämtliche Tatbestandsmerkmale der Haftung sich verwirklicht haben. Die Tathandlung einer weisungswidrigen Vermögensverwaltung ist am Arbeitsplatz des Beklagten in der Schweiz begangen worden. Der Taterfolg ist in der Schweiz eingetreten. Der Wohnsitz des Klägers in Deutschland ist demgegenüber als Ort des Mittelpunkts des Vermögens des Geschädigten lediglich ein für die internationale Zuständigkeit unerheblicher Schadensort und rechtfertigt allein keine Abweichung von der grundsätzlichen Zuständigkeit der Gerichte am Wohnsitz des Beklagten (vgl. EuGH, Urteil vom 10. Juni 2004 - C-168/02, aaO Rn. 18 f.).
22
Allerdings obliegt dem nationalen Gericht die Entscheidung, ob die finanziellen Verluste des Klägers als an dem Ort eingetreten betrachtet werden können , an dem der Kläger seinen Wohnsitz hat (vgl. EuGH, Urteil vom 5. Februar 2004 - C-18/02, Slg. 2004, I-1417 Rn. 43 - Torline). Feststellungen dazu, dass nach Art. 5 Nr. 3 LugÜ oder nach schweizerischem Recht als dem nach deutschem internationalem Privatrecht anzuwendenden Recht nicht die durch das angebliche Handeln des Beklagten entwertete Forderung des Klägers gegen die S.Bank auf Rückzahlung des Bankguthabens, sondern das Vermögen des Klägers als Ganzes betroffen ist, hat das Berufungsgericht nicht getroffen, ohne dass die Revision dies beanstandet. Dafür, dass nicht der teilweise Verlust der Rückzahlungsforderung des Kontoinhabers, sondern dessen Gesamtvermögen entscheidend wäre, ist nach dem derzeitigen Vortrag nichts geltend gemacht und nichts ersichtlich (§ 293 ZPO).
23
4. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte ist jedoch (auch) im Hinblick auf eine Beteiligung des Beklagten an einem Betrug zum Nachteil des Klägers möglich, wie das Landgericht und ihm folgend das Berufungsgericht nicht verkannt haben. Insoweit ist maßgebende Tathandlung nach Art. 5 Nr. 3 LugÜ die Täuschung des Klägers, die bei Abschluss des Anlagevertrages und des Vermögensverwaltungsvertrages in der Wohnung des Klägers im Inland erfolgt ist. Das beanstandet die Revision als ihr günstig nicht; Rechtsfehler sind insoweit nicht ersichtlich.
24
a) Die in Art. 5 Nr. 3 LugÜ enthaltene Wendung "Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist", ist dahin zu verstehen, dass sie sowohl den Ort, an dem der schädigende Erfolg eingetreten ist, als auch den Ort der ursächlichen Handlung meint. Der Beklagte kann daher nach Wahl des Klägers bei dem Gericht des Ortes, an dem der schädigende Erfolg eingetreten ist, oder bei dem Gericht des Ortes der dem Schaden zugrunde liegenden ursächlichen Handlung verklagt werden (vgl. zu Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ: EuGH, Urteil vom 7. März 1995 - C-68/93 - aaO Rn. 20).
25
b) Das Berufungsurteil überspannt aber die Anforderungen an die erforderliche Behauptung der Tatsachen, soweit es eine Beteiligung des Beklagten an einem im Inland begangenen Betrug zum Nachteil des Klägers (§ 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 263 StGB) für nicht dargelegt hält.
26
aa) Der Kläger hat ausreichend dargetan, dass die Anlage gegenüber den Anlegern und damit auch gegenüber dem Kläger mit Wissen und Wollen des Beklagten als weitgehend risikofrei dargestellt worden ist. Die Revision weist zu Recht darauf hin, dass sich der Kläger auch für einen Betrug zu seinem Nachteil auf die im Strafverfahren gegen den Beklagten vor dem Landgericht Darmstadt getroffenen Feststellungen berufen und darüber hinaus dargelegt hatte, dass ihm konservative Anlageobjekte (Staatsanleihen, sonstige Obligationen erstklassiger Emittenten) genannt wurden. Auch hatte er vorgetragen, dass sein Anlagekapital in das Schneeballsystem der GVP unter Mitwirkung des Beklagten eingespeist worden sei.
27
Unstreitig hat zwar ein unmittelbarer persönlicher Kontakt zwischen den Parteien vor der Anlageentscheidung weder schriftlich noch mündlich stattgefunden. Im Strafurteil gegen den Beklagten ist aber zum Tatkomplex "S.Bank", um den es hier geht, festgestellt worden, die der Beauftragung des Beklagten durch die jeweiligen Anleger zugrunde liegende Anlagekonzeption sei mit Wissen und Wollen des Beklagten gegenüber den Anlegern so dargestellt worden, dass bei diesen der Eindruck erweckt worden sei, die Anlage sei praktisch risikofrei. Des Weiteren hat der Kläger zu den Umständen der Anlageentscheidung vorgetragen, der Vermittler M. habe ihm in Übereinstimmung mit einem (dem Kläger allerdings nicht vorgelegten) Prospekt versprochen, dass das Geld konservativ angelegt werde. Dementsprechend habe der Kläger einen Überweisungsauftrag an seine Hausbank unterzeichnet, mit dem das Geld auf das vom Beklagten verwaltete Konto bei der S.Bank überwiesen worden sei. Diesen Überweisungsauftrag habe er mit dem bereits eingetragenen Verwendungszweck "festverzinsliche Wertpapiere und Staatsanleihen" zugesandt erhalten. Entgegen diesen Mitteilungen habe der Beklagte jedoch (entsprechend der Anlagestrategie ) riskante Devisentermingeschäfte für die jeweiligen Anleger ausgeführt und damit deren Vermögen einem großen Verlustrisiko ausgesetzt. Auch für den Kläger habe der Beklagte Devisentermingeschäfte in Yen und Dollar durchgeführt.
28
Dieser Vortrag war zur Darlegung einer Täuschung des Klägers über Tatsachen ausreichend und in sich schlüssig. Angesichts der geständigen Einlassung des Beklagten im Strafverfahren ändert sich daran nichts deshalb, weil der Beklagte sein Verhalten im Strafverfahren als "taktisch" gewertet wissen will. Er hat mit der Abgabe seines Geständnisses im Strafverfahren zu erkennen gegeben, dass die strafrechtlichen Vorwürfe der Wahrheit entsprechen, und damit ein starkes Indiz für die Wahrheit der zugestandenen Tatsachen geschaffen , ohne dass hier zu entscheiden wäre, ob allein aus diesem Grund der Beklagte im Sinne einer sekundären Darlegungslast zur Unrichtigkeit der zugestandenen Tatsachen näher auszuführen hätte.
29
bb) Infolge der falschen Angaben des Vermittlers M., die durch den von der GVP ausgefüllten Überweisungsauftrag mit dem Verwendungszweck "festverzinsliche Wertpapiere und Staatsanleihen" unterstützt wurden, hat sich der Kläger nach seinem Vortrag nachvollziehbar über die Verwendung des Geldes geirrt und deshalb die Anlage getätigt.
30
cc) Die Anlageentscheidung des Klägers beruhte in Höhe von 100.000 DM nach dem Vortrag des Klägers auf dem täuschungsbedingten Irrtum. Der Kläger hätte nach seinem Vortrag die Verträge jedenfalls nicht so abgeschlossen , wenn er nicht über die Tatsache "Anlagestrategie" der GVP geirrt hätte.
31
dd) Der Kläger hat auch dargelegt, dass ihm durch die Vermögensverfügung ein Vermögensschaden entstanden ist, weil seine Geldanlage zum größten Teil verloren ist.
32
ee) Auch zum subjektiven Tatbestand des § 263 StGB reicht der Vortrag des Klägers aus. Die Berufung hatte beanstandet, das Landgericht habe den Vortrag des Klägers nicht berücksichtigt, der Beklagte habe gewusst, dass mit dem Geld trotz vorgespiegelter Sicherheit riskante Spekulationsgeschäfte ausgeführt würden. Dies ergab sich nach der nachvollziehbaren Ansicht des Klägers daraus, dass der Beklagte vor der Anlageentscheidung des Klägers vor Vermittlern und Mitarbeitern über die Anlagestrategie referiert hatte. Der Beklagte sei sogar von G. angewiesen worden, gegenüber Kunden, Vermittlern und Mitarbeitern nicht über die Risiken der Anlage zu sprechen. Wenn der Beklagte sich unter solchen Umständen in den Dienst der GVP stellte und entsprechend der Anlagestrategie auch für den Kläger Devisentermingeschäfte in Yen und Dollar ausführte, handelte er bedingt vorsätzlich und zwar in der Absicht , der GVP einen Vermögensvorteil zu verschaffen. Das ergibt sich schon daraus, dass er in Kenntnis der Täuschung der Anleger über die Risiken der Anlagestrategie (Devisentermingeschäfte statt Staatsanleihen) an dem Vorhaben , das zudem - ihm bekannt - zumindest in Teilen ein Schneeballsystem war, mitwirkte. Dieser erstrebte Vorteil war rechtswidrig, denn die GVP hatte auf Anlagegelder für Devisentermingeschäfte keinen Anspruch.
33
Der Vorteil der GVP war stoffgleich mit dem Schaden des Klägers. Aufgrund der Vermögensverfügung ist sowohl dem Kläger der Schaden als auch der GVP der Vorteil entstanden.
34
ff) Der Beklagte hat nach dem Vortrag des Klägers in Kenntnis der Umstände an dem betrügerischen System der GVP als Portfolio-Manager und Verwaltungsrat (zu dessen Stellung als Leitungs- und Geschäftsführungsorgan der AG vgl. Art. 716 Abs. 2 OR; Forstmoser, ZGR 2003, 688 ff., 694) mitgewirkt. Er war in die Gewinnung von Anlegern über Schulungen der Vermittler und die Mitgestaltung von Prospekten eingebunden.
35
Danach handelte der Beklagte mit mindestens bedingtem Vorsatz, denn er kannte nach dem Vortrag des Klägers alle nach 1996 veröffentlichten Pros- pekte und die mit den Anlegern geschlossenen Verträge und wusste - aufgrund seiner Stellung in der GVP naheliegend -, dass die Anlage in festverzinslichen Anleihen "erstklassiger Emittenten" erfolgen sollte. Dies ist ausreichend für die Annahme mindestens von vorsätzlich begangener Beihilfe (§ 27 Abs. 1 StGB; § 830 Abs. 2 BGB) zu einem Betrug zum Nachteil des Klägers.
36
c) Hiernach hatte der Kläger sämtliche Tatbestandsmerkmale für eine Anwendung des Schutzgesetzes § 263 StGB schlüssig vorgetragen. Dass die Beihilfe zum Betrug zum Nachteil des Klägers möglicherweise mitbestrafte Vortat zu der von dem Beklagten begangenen Untreue ist, ist für die Anwendung von § 823 Abs. 2 BGB nicht entscheidungserheblich. Die Vorschrift stellt nicht auf die Strafbarkeit der Handlung, sondern auf die Verwirklichung der Tatbestandsvoraussetzungen des Schutzgesetzes ab (vgl. Soergel/Spickhoff, BGB, 13. Aufl., § 823 Rn. 214 f. m.w.N.).
37
Die Täuschung des Klägers ist - was insoweit zwischen den Parteien unstreitig ist - in Deutschland erfolgt, wo der Kläger seinen Wohnsitz hat. Das Berufungsgericht hätte seine internationale Zuständigkeit daher jedenfalls hinsichtlich des Betrugsvorwurfs bejahen müssen.
38
5. Nach allem hätte das Berufungsgericht die Abweisung der Klage nicht mit dem Fehlen der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte begründen dürfen. Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
39
Sollte es im weiteren Verlauf des Verfahrens auf eine Entscheidung zu § 266 StGB ankommen, wird das Berufungsgericht eine Vorabentscheidungskompetenz des Europäischen Gerichtshofs zur internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte über die mit Ansprüchen auf Schadensersatz aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 266 StGB zusammenhängenden Fragen in Betracht zu ziehen haben (vgl. EuGH, Urteil vom 28. März 1995 - C-346/93 - Slg. 1995 I-615 = IPRax 1996, 190 Rn. 20, 22 - Kleinwort Benson; Lechner /Mayr, Das Übereinkommen von Lugano, 1996, S. 47; Heerstrassen RIW 1993, 179, 180 zu FN 10, 183 zu FN 50, 184 zu FN 53; Holl IPRax 1996, 174, 176; a.A. Zöller/Geimer, aaO, Anh. I Lit. A EuGVVO Art. 1 Rn. 17; Kohler in Jayme, Ein internationales Zivilverfahrensrecht für Gesamteuropa, 11 ff., 24 ff.; vgl. noch Kindler, ZVglRWiss 105 (2006) 243 ff., 247; von Hein, IPRax 2005, 17, 21; Blobel, European Legal Forum, 2004 (D), 187 ff., 190 f.). Vorsorglich wird in diesem Zusammenhang zur Frage einer Verjährung der Ansprüche des Klägers gegen den Beklagten auf die Entscheidung des erkennenden Senats vom heutigen Tage in der Sache S. gegen J. - VI ZR 182/06 - z.V.b. hingewiesen. Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll
Vorinstanzen:
LG Bamberg, Entscheidung vom 28.10.2005 - 2 O 688/04 -
OLG Bamberg, Entscheidung vom 17.01.2007 - 3 U 339/05 -

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht.

(2) Die Revision kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen oder verneint hat.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 23/09 Verkündet am:
2. März 2010
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
ZPO § 32; BGB §§ 823 Abs. 1 Ah, 1004 Abs. 1 Satz 2

a) Die deutschen Gerichte sind zur Entscheidung über Klagen wegen Persönlichkeitsbeeinträchtigungen
durch im Internet abrufbare Veröffentlichungen
international zuständig, wenn die als rechtsverletzend beanstandeten Inhalte
objektiv einen deutlichen Bezug zum Inland in dem Sinne aufweisen, dass
eine Kollision der widerstreitenden Interessen - Interesse des Klägers an der
Achtung seines Persönlichkeitsrechts einerseits, Interesse des Beklagten an
der Gestaltung seines Internetauftritts und an einer Berichterstattung andererseits
- nach den Umständen des konkreten Falls, insbesondere aufgrund
des Inhalts der beanstandeten Meldung, im Inland tatsächlich eingetreten
sein kann oder eintreten kann.

b) Dies ist dann anzunehmen, wenn eine Kenntnisnahme von der beanstandeten
Meldung nach den Umständen des konkreten Falls im Inland erheblich
näher liegt als es aufgrund der bloßen Abrufbarkeit des Angebots der Fall
wäre und die vom Kläger behauptete Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechts
durch Kenntnisnahme von der Meldung (auch) im Inland eintreten
würde.
BGH, Urteil vom 2. März 2010 - VI ZR 23/09 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 2. März 2010 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die Richterin Diederichsen
, die Richter Pauge und Stöhr und die Richterin von Pentz

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 30. Dezember 2008 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die auf ein Verbot des Bereithaltens der beanstandeten Äußerungen zum Abruf im Internet gerichtete Unterlassungsklage des Klägers als unzulässig abgewiesen worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der in Deutschland wohnhafte Kläger nimmt die Verlegerin der Tageszeitung "The New York Times" sowie den in New York ansässigen Autor eines am 12. Juni 2001 in der Printausgabe der Zeitung veröffentlichten und am selben Tag in den Internetauftritt der Zeitung eingestellten und dort im "Online-Archiv" zum Abruf bereit gehaltenen Artikels, durch den sich der Kläger in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt sieht, auf Unterlassung in Anspruch.
2
Der beanstandete Artikel befasst sich mit einem in der Stadt New York eingeleiteten Ermittlungsverfahren gegen R. L. und das von ihm beherrschte Unternehmen C.E.M. wegen Bestechung ukrainischer Regierungsangestellter. In dem Artikel wird der Kläger namentlich erwähnt und als Goldschmuggler und Täter einer Unterschlagung bezeichnet, dessen Unternehmen in Deutschland nach Berichten der amerikanischen und deutschen Ermittlungsbehörden Teil der russischen organisierten Kriminalität sei. Es wird behauptet, der Kläger habe Verbindungen zum organisierten Verbrechen in Russland und ihm sei die Einreise in die USA untersagt.
3
Beide Vorinstanzen haben die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte verneint und die Klage deshalb als unzulässig abgewiesen. Mit seiner vom Bundesgerichtshof zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter, soweit es darauf gerichtet ist, den Beklagten zu untersagen, die beanstandeten Äußerungen im Internet zum Abruf bereit zu halten.

Entscheidungsgründe:

I.

4
Das Berufungsgericht, dessen Urteil u.a. in AfP 2009, 159 veröffentlicht ist, hat die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte nach § 32 ZPO verneint, weil die vom Kläger behauptete Verletzung seines Persönlichkeitsrechts durch den beanstandeten Artikel nicht in Deutschland begangen worden sei. Die Printausgabe der "New York Times" vom 12. Juni 2001 sei nicht im regelmäßigen Geschäftsverkehr nach Deutschland ausgeliefert worden, weshalb es an einer zuständigkeitsbegründenden Verbreitung im Inland fehle.
5
Auch die Veröffentlichung des Artikels im Internet begründe keinen Gerichtsstand in Deutschland. Der Artikel weise nicht den erforderlichen Inlandsbezug auf. Er richte sich nicht gezielt bzw. bestimmungsgemäß an Internetnutzer in Deutschland. Für diese Beurteilung sei insbesondere maßgebend, dass der Artikel lediglich im Lokalteil der "New York Times" abrufbar und deshalb von seinem äußeren Erscheinungsbild her auf das amerikanische, insbesondere das Publikum im Raum New York, abgestimmt sei. Die Sachlage sei insoweit vergleichbar mit der Online-Ausgabe einer lokalen oder regionalen Tageszeitung mit vornehmlich lokalen Inhalten, die typischerweise objektiv auf die entsprechende Region ausgerichtet seien. Es sei deshalb anzunehmen, dass der Artikel im Ausland kaum auf nennenswertes Interesse stoße. Dass Deutschland in der Online-Ausgabe der "New York Times" als "country of residence" genannt werde, führe ebenso wenig zu einer anderen Beurteilung wie die Tatsache, dass 14.484 Leser im Juni 2001 im Wege der Selbstauskunft Deutschland als Wohnsitz angegeben hätten; denn dies entspreche lediglich einem Anteil von etwa einem halben Prozent der gesamten registrierten Online-Leserschaft der "New York Times" und bedeute unter Spürbarkeitsgesichtspunkten eine zu vernachlässigende Auswirkung im inländischen Marktbereich. Unerheblich sei, ob der beanstandete Artikel gerade auch in Deutschland Aufsehen erregt habe und dort von der deutschen Presse zitiert worden sei. Dass der Kläger in Deutschland einen Wohnsitz habe und in dem Artikel im Zusammenhang mit Straftaten genannt werde, begründe den erforderlichen Inlandsbezug ebenfalls nicht.

II.

6
Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte gegeben.
7
Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass sich die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte, die auch unter der Geltung des § 545 Abs. 2 ZPO in der Revisionsinstanz zu prüfen ist (vgl. BGHZ 153, 82, 84 ff.; BGH, Urteil vom 20. November 2008 - I ZR 70/06 - TranspR 2009, 26 Tz. 17 = VersR 2009, 807 m.w.N; vom 22. Oktober 2009 - I ZR 88/07 - TranspR 2009, 479), nach § 32 ZPO bestimmt. Denn die Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit (§§ 12 ff. ZPO) regeln mittelbar auch die Grenzziehung zwischen der Zuständigkeit deutscher und ausländischer Gerichte (vgl. Senatsurteil vom 3. Mai 1977 - VI ZR 24/75 - NJW 1977, 1590; BGH, Urteil vom 22. November 1994 - XI ZR 45/91 - NJW 1995, 1225, 1226 jeweils m.w.N.).
8
1. Nach § 32 ZPO ist für Klagen aus unerlaubten Handlungen das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist. Zur Begründung der Zuständigkeit genügt es, wenn der Kläger schlüssig Tatsachen behauptet, aus denen sich eine im Gerichtsbezirk begangene unerlaubte Handlung ergibt (vgl. BGHZ 124, 237, 241; 132, 105, 110 f., jeweils m.w.N.). Begehungsort der deliktischen Handlung ist dabei sowohl der Handlungs- als auch der Erfolgsort, so dass eine Zuständigkeit wahlweise dort gegeben ist, wo die Verletzungshandlung begangen wurde, oder dort, wo in ein geschütztes Rechtsgut eingegriffen wurde (vgl. BGHZ 132, 105, 110 f.). Erfasst werden neben Ansprüchen auf Schadensersatz auch Unterlassungsansprüche (vgl. BGH, Beschluss vom 17. März 1994 - I ZR 304/91 - AfP 1994, 288, 290; Zöller/Vollkommer, ZPO, 28. Aufl., § 32 Rn. 14, 16; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl., § 32 Rn. 23). § 32 ZPO setzt nicht voraus, dass eine Rechtsgutsverletzung eingetreten ist. Es genügt , wenn eine solche droht, so dass auch vorbeugende Klagen in den Anwendungsbereich dieser Bestimmung fallen.
9
2. In der Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, welche Anknüpfungskriterien für die Bestimmung und Abgrenzung des Ortes, an dem in ein geschütztes Rechtsgut eingegriffen wurde bzw. an dem ein solcher Eingriff droht, maßgeblich sind, wenn die behauptete Rechtsgutsverletzung durch den Abruf von auf einer Internet-Website eingestellten Inhalten eintritt oder einzutreten droht.
10
a) Zu Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch ehrverletzende Äußerungen in einem Druckerzeugnis hat der erkennende Senat entschieden, dass die Rechtsgutsverletzung u.a. an dem Ort "begangen" werde, an dem das Presseerzeugnis verbreitet werde (Senatsurteil vom 3. Mai 1977 - VI ZR 24/75 - aaO, S. 1590 f.). Von einem Verbreiten könne allerdings nur dann die Rede sein, wenn der Inhalt des Presseerzeugnisses dritten Personen bestimmungsgemäß und nicht bloß zufällig zur Kenntnis gebracht werde. Es könne nicht ausreichen, dass nur hier und da einmal durch Dritte ein oder mehrere Exemplare in ein Gebiet gelangten, das von der Betriebsorganisation des Verlegers oder Her- ausgebers nicht erfasst und in das das Druckerzeugnis nicht regelmäßig geliefert werde (ebenda).
11
b) Die genannte Entscheidung kann auf Internetdelikte allerdings nicht ohne weiteres übertragen werden. Internetinhalte werden regelmäßig nicht "verbreitet", sondern zum Abruf bereit gehalten (vgl. Pichler in Hoeren/Sieber, Handbuch Multimedia-Recht, Stand Juni 2009, Kap. 25 Rn. 210; vgl. auch die Formulierung in § 7 Abs. 1 TMG: Informationen, die Diensteanbieter "zur Nutzung bereit halten"). Im Gegensatz zu Druckerzeugnissen lässt sich im Internet auch ein räumlich abgegrenztes Verbreitungsgebiet einer Website nur schwer bestimmen (vgl. Roth, Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen im Internet, S. 254 f.). Dementsprechend ist die Übertragbarkeit der vom Senat entwickelten Einschränkung auf Delikte im Internet ebenso umstritten wie im Falle der grundsätzlichen Bejahung eines Erfordernisses der bestimmungsgemäßen "Verbreitung" dessen Konkretisierung (vgl. zum Meinungsstand Roth, aaO, S. 232 ff.).
12
aa) Ein Teil der Instanzgerichte und der Literatur hält im Hinblick auf den Charakter des World-Wide-Web die bloße Abrufbarkeit der rechtsverletzenden Inhalte im Inland ohne weiteres für zuständigkeitsbegründend (vgl. Damm/Rehbock, Widerruf, Unterlassung und Schadensersatz in den Medien, 3. Aufl., Rn. 831; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 67. Aufl. Art. 5 EuGVVO Rn. 23; Bachmann, IPrax 1998, 179, 184; Coester-Waltjen, Festschrift für Schütze, 1999, S. 175, 184; Spindler, ZUM 1996, 533, 562; Schack MMR 2000, 135, 138 f.; zum Kennzeichenrecht: OLG Karlsruhe, MMR 2002, 814, 815; OLG Hamburg, MMR 2002, 822, 823; OLG Hamburg, IPrax 2004, 125, 126; zum Namensrecht: OLG München, MMR 2002, 166, 167; zum Persönlichkeitsrecht : KG AfP 2006, 258, 259).
13
bb) Andere nehmen einen Erfolgsort bei Internetdelikten im Inland sowohl im Rahmen des § 32 ZPO als auch im Rahmen der - § 32 ZPO im Wesentlichen gleichgelagerten - Bestimmung des Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ/EuGVVO nur dann an, wenn der beanstandete Internetauftritt gemäß der zielgerichteten Bestimmung des Betreibers im Inland abrufbar ist (vgl. Pichler in Hoeren/Sieber, aaO, Rn. 207 ff. m.w.N.). So hält der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte gemäß Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ bei Wettbewerbsverletzungen nur dann für gegeben, wenn sich der beanstandete Internetauftritt bestimmungsgemäß im Inland auswirken soll bzw. sich bestimmungsgemäß auch an deutsche Internetnutzer richtet (vgl. BGHZ 167, 91, 98 f.). Diese Grundsätze haben verschiedene Instanzgerichte zur Vermeidung einer uferlosen Gerichtspflichtigkeit des Beklagten auf Urheberrechtsverletzungen (OLG Köln, GRUR-RR 2008, 71), Namensrechtsverletzungen (KG, NJW 1997, 3321), Kennzeichenverletzungen (LG Düsseldorf, NJW-RR 1998, 979, 980), Eingriffe in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb (LG Krefeld , AfP 2008, 99, 100) und auf Persönlichkeitsrechtsverletzungen (OLG Celle, OLGR 2003, 47; OLG Düsseldorf, AfP 2009, 159; AG Charlottenburg, MMR 2006, 254, 255) übertragen.
14
cc) Das Tribunal de grande instance de Paris hält im Anwendungsbereich des Art. 5 Nr. 3 EuGVVO die Anzahl der Abrufe der rechtsverletzenden Inhalte vom Gerichtsstaat für ein maßgebliches Abgrenzungskriterium (vgl. Ordonnance du Juge de la Mise en Etat, rendue le 27 Avril 2009, 17. Ch. PresseCivile , Nr. Rg. 08/15331 sowie Ordonnance du Juge de la Mise en Etat, rendue le 6 Juillet 2009, 17. Ch. Presse-Civile, Nr. Rg. 08/15331 = Vorabentscheidungsersuchen in der Rechtssache C-278/09 - Verfahren erledigt durch die Unzuständigkeit feststellenden Beschluss des EuGH vom 20. November 2009, ABl. C 24/18 vom 30. Januar 2010).
15
dd) Für Kennzeichenverletzungen neigt der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs im Anwendungsbereich des Art. 5 Nr. 3 EuGVVO zu einer Begrenzung der Gerichtsstände auf diejenigen, in deren Zuständigkeitsbereich eine Interessenkollision tatsächlich eingetreten sein kann (BGH, Urteil vom 13. Oktober 2004 - I ZR 163/02 - NJW 2005, 1435, 1436; ähnlich Roth, aaO, S. 276 ff.; von Hinden, Persönlichkeitsrechtsverletzungen im Internet, S. 80 ff., 88). Ähnliche Erwägungen liegen der Entscheidung des 1. Strafsenats des Bundesgerichtshofs vom 12. Dezember 2000 (BGHSt 46, 212) zugrunde. Danach tritt dann, wenn ein Ausländer von ihm verfasste Äußerungen, die den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllen, auf einem ausländischen Server in das Internet einstellt, der Internetnutzern in Deutschland zugänglich ist, ein zum Tatbestand gehörender Erfolg im Inland ein, wenn die Äußerungen konkret zur Friedensstörung im Inland geeignet sind (ebenda).
16
c) Für Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch Internetveröffentlichungen ist die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte entsprechend der zuletzt genannten Auffassung zu bestimmen.
17
aa) Die Ansicht, die die bloße Abrufbarkeit der rechtsverletzenden Inhalte für zuständigkeitsbegründend hält, widerspricht dem Sinn und Zweck des § 32 ZPO. Die in dieser Bestimmung geregelte Tatortanknüpfung stellt eine Ausnahme von dem Grundsatz dar, dass die Klage am Gerichtsstand des Beklagten zu erheben ist (actor sequitur forum rei, vgl. BGHZ 115, 90, 92; Pichler in Hoeren/Sieber, aaO, Rn. 9 ff.). Ihre Rechtfertigung liegt in der durch den Handlungs - oder Erfolgsort begründeten besonderen Beziehung der Streitigkeit zum Forum (vgl. Senatsurteil vom 3. Mai 1977 - VI ZR 24/75 - aaO; Pichler in Hoeren /Sieber, aaO, Rn. 180, 195; Bachmann, aaO, S. 181; Roth, aaO, S. 276; Zöller-Vollkommer, aaO, § 32 Rn. 1). Eine besondere Beziehung zu einem bestimmten Forum wird durch die bloße Abrufbarkeit der rechtsverletzenden Inhal- te allein jedoch nicht begründet. Denn die Abrufbarkeit einer Website ist infolge der technischen Rahmenbedingungen in jedem Staat gegeben. Ließe man die bloße Abrufbarkeit genügen, so käme es zu einer uferlosen Ausweitung der Gerichtspflichtigkeit des Beklagten, die den zuständigkeitsrechtlichen Leitprinzipien der Vermeidung beziehungsarmer Gerichtsstände, der Reduzierung konkurrierender Zuständigkeiten und der Vorhersehbarkeit und präventiven Steuerbarkeit der potentiellen Gerichtspflichtigkeit eklatant zuwiderliefe (vgl. Pichler in Hoeren/Sieber, aaO, Rn. 198).
18
bb) Um das zu vermeiden, ist ein über die bloße Abrufbarkeit der rechtsverletzenden Inhalte hinausgehender Inlandsbezug erforderlich (vgl. Senatsbeschluss vom 10. November 2009 - VI ZR 217/08 - VersR 2010, 226 Rn. 19). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann ein derartiger Bezug bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen aber nicht voraussetzen, dass sich die beanstandete Website "gezielt" oder "bestimmungsgemäß" auch an deutsche Internetnutzer richten soll. Dieses Einschränkungskriterium, das bei marktbezogenen Delikten wie Wettbewerbsverletzungen seine Berechtigung hat, ist für die erforderliche Begrenzung der ansonsten bestehenden Vielzahl von Gerichtsständen bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen nicht geeignet. Eine Persönlichkeitsrechtsverletzung setzt keine Marktbeeinflussung voraus, sondern tritt unabhängig von den Intentionen des Verletzers mit der Kenntnisnahme des rechtsverletzenden Inhalts durch Dritte ein (vgl. Pichler in Hoeren/Sieber, aaO, Rn. 229, 251; von Hinden, aaO, S. 83).
19
cc) Der Senat misst auch der Anzahl der Abrufe der rechtsverletzenden Inhalte vom Gerichtsstaat aus jedenfalls bei Unterlassungsansprüchen keine über ein bloßes Indiz hinausgehende Bedeutung für die Bestimmung des erforderlichen Inlandsbezugs zu. Denn zum einen ist die Anzahl der erfolgten Abrufe nicht immer zuverlässig feststellbar; zum anderen ist sie dem insoweit darle- gungs- und beweisbelasteten Kläger schon aus Datenschutzgründen nicht uneingeschränkt zugänglich (vgl. Roth, aaO., S. 232 ff.). Abgesehen davon ist der Unterlassungsanspruch in die Zukunft gerichtet und setzt keine bereits eingetretene Rechtsgutsverletzung voraus.
20
dd) Entscheidend ist vielmehr, ob die als rechtsverletzend beanstandeten Inhalte objektiv einen deutlichen Bezug zum Inland in dem Sinne aufweisen, dass eine Kollision der widerstreitenden Interessen - Interesse des Klägers an der Achtung seines Persönlichkeitsrechts einerseits, Interesse des Beklagten an der Gestaltung seines Internetauftritts und an einer Berichterstattung andererseits - nach den Umständen des konkreten Falls, insbesondere aufgrund des Inhalts der beanstandeten Meldung, im Inland tatsächlich eingetreten sein kann oder eintreten kann (vgl. Senatsbeschluss vom 10. November 2009 - VI ZR 217/08 - aaO, Rn. 21; BGH, Urteil vom 13. Oktober 2004 - I ZR 163/02 - aaO; Pichler, in: Hoeren/Sieber aaO, Kap. 25 Rn. 210; Lütcke, Persönlichkeitsrechtsverletzungen im Internet, 2000, S. 135, 137; Roth aaO, S. 276 f.; ähnlich High Court of Australia, Urteil vom 10. Dezember 2002 - Dow Jones and Company Inc. v. Gutnick [2002] HCA 56; 210 CLR 575; 194 ALR 433; 77 ALJR 255, abrufbar unter http://www.austlii.edu.au/au/cases/cth/HCA/2002/56.html). Dies ist dann anzunehmen, wenn eine Kenntnisnahme von der beanstandeten Meldung nach den Umständen des konkreten Falls im Inland erheblich näher liegt als dies aufgrund der bloßen Abrufbarkeit des Angebots der Fall wäre (vgl. Roth aaO, S. 278 ff.) und die vom Kläger behauptete Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechts durch Kenntnisnahme von der Meldung (auch) im Inland eintreten würde (vgl. Bachmann, IPrax 1998, 179, 185; Pichler in Hoeren/Sieber, aaO, Rn. 251; Roth aaO, S. 282 ff.).
21
3. Nach diesen Grundsätzen ist die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte zur Entscheidung über den in der Revisionsinstanz noch anhängigen Unterlassungsanspruch gemäß § 32 ZPO zu bejahen. Die angegriffenen Äußerungen weisen schon inhaltlich einen deutlichen Inlandsbezug auf, der ein erhebliches Interesse deutscher Internetnutzer an ihrer Kenntnisnahme nahe legt. In dem angegriffenen Artikel wird der in Deutschland wohnhafte Kläger namentlich genannt. Ihm werden unter Berufung auf Berichte europäischer Strafverfolgungsbehörden Verbindungen zur russischen Mafia nachgesagt. Es wird behauptet, seine Firma in Deutschland sei ausweislich der Berichte deutscher Strafverfolgungsbehörden Teil eines Netzwerkes des internationalen organisierten Verbrechens und dem Kläger sei die Einreise in die USA untersagt.
22
Es liegt nahe, dass der Artikel im Inland zur Kenntnis genommen wurde oder wird. Bei der "New York Times" handelt es sich um ein international anerkanntes Presseerzeugnis, das einen weltweiten Interessentenkreis ansprechen und erreichen will. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war und ist die Online-Ausgabe der Zeitung auch in Deutschland abrufbar. Deutschland ist im Registrierungsbereich des Online-Portals ausdrücklich als "country of residence" aufgeführt. Im Juni 2001 waren nach den Feststellungen des Berufungsgerichts 14.484 Internetnutzer registriert, die Deutschland als Wohnsitz angegeben hatten.
23
Durch die angegriffenen Äußerungen wird die Achtung, die der in Deutschland wohnhafte und geschäftlich tätige Kläger in seinem Lebenskreis in Deutschland genießt, jedenfalls auch in Deutschland gestört bzw. gefährdet (vgl. zur Störung des Achtungsanspruchs am Wohnort des Betroffenen: Senatsurteil vom 3. Mai 1977 - VI ZR 24/75 - aaO).
24
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist dem Artikel der erforderliche Inlandsbezug nicht deshalb abzusprechen, weil er im Lokalteil des Internetauftritts, dem sogenannten "Metropolitan Desk", zum Abruf bereit gehalten wird. Er kann insbesondere nicht einer Meldung in der Onlineausgabe einer lokalen Tageszeitung oder einem Stadtmagazin mit vornehmlich lokalen Inhalten gleichgesetzt werden, die typischerweise objektiv auf die entsprechende Region ausgerichtet ist. Ausweislich des Artikels wurde er in Washington verfasst ; er befasst sich offensichtlich nicht mit einem lokalen Ereignis, sondern mit Vorgängen von erheblichem internationalen Interesse, nämlich der Bestechung osteuropäischer Beamter zur Förderung eigener geschäftlicher Interessen. Abgesehen davon ist zu berücksichtigen, dass der Leser einer Online-Ausgabe anders als der herkömmliche Zeitungsleser die Möglichkeit hat, ihn interessierende Inhalte mit der Suchfunktion - beispielsweise durch Eingabe des Wortes "Germany" in das Suchfeld - zu ermitteln. Soweit das Berufungsgericht annimmt , der angegriffene Artikel habe im Inland zu vernachlässigende Auswirkungen , weil ihn lediglich 14.484 Personen zur Kenntnis hätten nehmen können , übersieht es zum einen, dass es zur Begründung der internationalen Zuständigkeit bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen nicht auf Spürbarkeitsgesichtspunkte ankommt (vgl. Senatsurteil vom 3. Mai 1977 - VI ZR 24/75 - aaO, S. 1591). Zum anderen berücksichtigt es nicht hinreichend, dass der soziale Geltungsanspruch des Klägers bereits dann erheblich tangiert sein kann, wenn auch nur eine Person aus seinem Lebenskreis die für ihn abträglichen Behauptungen zur Kenntnis nimmt.
25
4. Das Berufungsurteil war gemäß § 562 Abs. 1 ZPO teilweise aufzuheben und die Sache im Umfang der Aufhebung nach § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Eine Zurückverweisung an das Landgericht im Wege eigener Sachentscheidung des Senats nach §§ 563 Abs. 3, 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO kam schon deshalb nicht in Betracht, weil dies von keiner Partei beantragt worden ist (§ 538 Abs. 2 Satz 1 ZPO; vgl. BGH, Urteil vom 13. Februar 2003 - III ZR 176/02 - NZM 2003, 375; Musielak/Ball, ZPO, 7. Aufl., § 563 Rn. 3, 23). Im weiteren Verfahren wird das Berufungsgericht auch den in der Revisionserwiderung vorgebrachten Bedenken gegen die Fassung des Klageantrags Rechnung zu tragen haben. Galke Diederichsen Pauge Stöhr von Pentz
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 09.01.2008 - 12 O 393/02 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 30.12.2008 - I-15 U 17/08 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 70/06 Verkündet am:
20. November 2008
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
CMR Art. 1 Abs. 1; Art. 31 Abs. 1 lit. b

a) Bei der Frage, ob eine Streitigkeit aus einer der CMR unterliegenden Beförderung
resultiert, ist auf den zwischen dem Hauptfrachtführer und seinem Auftraggeber
geschlossenen Gesamtbeförderungsvertrag und nicht auf das Vertragsverhältnis
zwischen dem Haupt-/Unterfrachtführer und einem (weiteren) Unterfrachtführer
abzustellen.

b) Der Anwendungsbereich des Art. 31 Abs. 1 lit. b CMR ist – ebenso wie derjenige
des Art. 32 CMR – auf Ansprüche beschränkt, die mit dem Beförderungsvertrag
noch in einem hinreichend engen Zusammenhang stehen. Erfasst werden
aber jedenfalls Ansprüche von und gegen Personen, die an der Beförderung als
solcher unmittelbar beteiligt sind.

c) Die Anwendung des Art. 31 Abs. 1 lit. b CMR auf gegen den Unterfrachtführer
gerichtete deliktische Ansprüche ist nur dann gerechtfertigt, wenn er weiß oder
zumindest hätte wissen können, dass er im Rahmen einer der CMR unterliegenden
Gesamtbeförderung tätig wird.
BGH, Urt. v. 20. November 2008 – I ZR 70/06 – OLG Hamm
LG Essen
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 9. Oktober 2008 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die
Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 2. März 2006 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben , als das Berufungsgericht die Abweisung der Klage auch hinsichtlich des Anspruchs bestätigt hat, den die Klägerin aus übergegangenem Recht eines Unternehmens der S. -Gruppe geltend macht.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist nach ihrer Darstellung Rechtsnachfolgerin der G. Versicherungsbank VVaG, die Transportversicherer der S. -Gruppe war. Zur S. -Gruppe gehören unter anderem Unternehmen in Bochum, Essen und Gelsenkirchen. Die Klägerin nimmt die Beklagte, ein in Österreich ansässiges Transportunternehmen, aus abgetretenem und übergegangenem Recht wegen Beschädigung von Transportgut auf Schadensersatz in Anspruch.
2
Die S. -Gruppe beauftragte DKS Langenfeld (im Weiteren: DKS), deren Rechtsnachfolgerin B. Deutschland ist, im August 2000 mit der Beförderung von Textilwaren per LKW von Deutschland zu verschiedenen Empfängern in Österreich. Die Textilien wurden in Bochum, Gelsenkirchen und Essen übernommen und zunächst im Wege eines Sammeltransports zum Lager von B. Deutschland in Aschaffenburg befördert. Die von DKS als Unterfrachtführerin beauftragte B. Österreich übernahm das Gut am Lager von B. Deutschland und beförderte es zu ihrem Lager in Wien, wo die Waren mit anderen Transportgütern neu zusammengestellt und anschließend auf eine Wechselbrücke zum Weitertransport nach Salzburg verladen wurden. Mit der Beförderung von Wien nach Salzburg beauftragte B. Österreich die Beklagte. Ein durchgehender Frachtbrief für den Transport von Bochum, Essen und Gelsenkirchen nach Salzburg wurde nicht ausgestellt.
3
Ein Fahrer der Beklagten übernahm die Wechselbrücke in Wien. Auf der anschließenden Fahrt nach Salzburg kam es zu einem schweren Verkehrsunfall, bei dem die in der Wechselbrücke transportierten Textilien der S. -Gruppe beschädigt wurden.
4
Die Klägerin hat den entstandenen Schaden mit 31.656,48 € beziffert. In Höhe der nach der CMR bestehenden Grundhaftung hat DKS den Schaden reguliert. Sowohl B. Deutschland als auch B. Österreich haben ihre Ansprüche wegen des streitgegenständlichen Transportschadens an die Klägerin abgetreten.
5
Nach Ansicht der Klägerin haftet die Beklagte für den eingetretenen Schaden gemäß Art. 29 CMR unbeschränkt, weil ihr Fahrer, dessen Verhalten sich die Be- klagte zurechnen lassen müsse, den Verkehrsunfall durch ein qualifiziertes Verschulden verursacht habe. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ergebe sich aus Art. 31 Abs. 1 lit. b CMR, da die Orte, an denen die Waren übernommen worden seien, in der Bundesrepublik Deutschland lägen.
6
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 24.295,96 € nebst Zinsen zu zahlen.
7
Die Beklagte hat vor allem die fehlende internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte gerügt und dazu vorgebracht, sie habe bei Übernahme des Gutes keine Frachtbriefe oder sonstigen Papiere erhalten, aus denen sie hätte ersehen können, dass es sich um einen grenzüberschreitenden Gütertransport gehandelt habe. Sie sei von einem rein innerösterreichischen Transport ausgegangen.
8
Das Landgericht hat die Klage wegen fehlender internationaler Zuständigkeit der deutschen Gerichte als unzulässig abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben.
9
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter. Die Beklagte beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


10
I. Das Berufungsgericht hat die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte verneint. Zur Begründung hat es ausgeführt:
11
Im Streitfall komme allein ein deliktischer Anspruch der der S. - Gruppe angehörenden Unternehmen gegen die Beklagte in Betracht. Für einen solchen gemäß § 67 Abs. 1 VVG a.F. übergegangenen Anspruch sei die internationale Zuständigkeit des Landgerichts Essen nicht gegeben. Der vorliegende Sachverhalt unterscheide sich in wesentlichen Punkten von der Fallgestaltung, über die der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 31. Mai 2001 (I ZR 85/00, TranspR 2001, 452) entschieden habe. In dem seinerzeit entschiedenen Fall sei es um den Transport einer „Komplettladung“ gegangen, während die beschädigten Waren im Streitfall im Zentrallager von B. Österreich in Wien zunächst abgeladen und anschließend mit anderen Transportgütern neu zusammengestellt worden seien. Die vom Bundesgerichtshof für den Fall der Beförderung einer „Komplettladung“ verwendeten Argumente ließen sich auf den Streitfall nicht übertragen. Im Übrigen sei es dem ausführenden Frachtführer nicht zumutbar, sich bei einem Unfall seines Fahrzeugs eventuell auf Klagen in allen möglichen Herkunftsländern einlassen zu müssen.
12
Soweit die Klage auf abgetretene Ansprüche der B. Deutschland und der B. Österreich gestützt sei, gälten die vorstehenden Ausführungen entsprechend.
13
II. Die Revision hat im Wesentlichen Erfolg. Soweit das Berufungsgericht die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte – und damit auch die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Essen – für einen auf die Klägerin gemäß § 67 Abs. 1 VVG a.F. übergegangenen Anspruch der der S. -Gruppe angehörenden Unternehmen verneint hat, führt sie zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte für von B. Deutschland oder von B. Österreich an die Klägerin abgetretene Ansprüche hat das Berufungsgericht dagegen mit Recht verneint.
14
1. Die Revision der Klägerin ist begründet, soweit sie sich auf mögliche Ansprüche bezieht, die von Unternehmen der S. -Gruppe auf die Klägerin übergegangen sind.
15
a) Die Revision wendet sich nicht dagegen, dass das Berufungsgericht einen gemäß § 67 Abs. 1 VVG a.F. auf die Klägerin übergegangenen vertraglichen Anspruch der der S. -Gruppe angehörenden Unternehmen verneint hat, weil die CMR keine vertraglichen Ansprüche des Auftraggebers des Transports gegen den ausführenden Frachtführer vorsehe, wenn – wie im Streitfall – die Voraussetzungen des Art. 34 CMR nicht erfüllt seien (vgl. BGHZ 172, 330 Tz. 21).
16
b) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klägerin könne den von ihr gegen die Beklagte geltend gemachten Schadensersatzanspruch möglicherweise auf deliktische Ansprüche der der S. -Gruppe angehörenden Unternehmen stützen, die gemäß § 67 Abs. 1 VVG a.F. auf sie übergegangen seien. Hiervon ist – da eine nähere Prüfung der Begründetheit solcher Ansprüche in den Vorinstanzen nicht erfolgt ist – auch für das Revisionsverfahren auszugehen.
17
c) Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte für derartige Ansprüche , die auch unter der Geltung des § 545 Abs. 2 ZPO in der Revisionsinstanz zu prüfen ist (vgl. nur BGHZ 173, 57 Tz. 21 – Cambridge Institute), kann sich für die gegen die in Österreich ansässige Beklagte gerichtete Klage auf der Grundlage des Vortrags der Klägerin entgegen der Auffassung der Vorinstanzen aus Art. 31 Abs. 1 lit. b CMR ergeben.
18
aa) Nach dieser Vorschrift können wegen aller Streitigkeiten aus einer der CMR unterliegenden Beförderung die Gerichte des Staates angerufen werden, auf dessen Gebiet der Ort der Übernahme des Gutes liegt. Bei der Frage, ob die Streitigkeit aus einer der CMR unterliegenden Beförderung resultiert, ist auf den zwi- schen dem Hauptfrachtführer und seinem Auftraggeber geschlossenen Frachtvertrag und nicht auf das Vertragsverhältnis zwischen dem Haupt-/Unterfrachtführer und einem (weiteren) Unterfrachtführer abzustellen. Maßgeblich ist der Gesamtbeförderungsvertrag , da dieser die Grundlage für die von dem Auftraggeber oder seinem Rechtsnachfolger geltend gemachten Ersatzansprüche bildet. Das gilt auch dann, wenn ein Unterfrachtführer als bloße Hilfsperson (Art. 3 CMR) des Hauptfrachtführers von dem Auftraggeber oder dessen Rechtsnachfolger aus Delikt auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird (BGH, Beschl. v. 31.5.2001 – I ZR 85/00, TranspR 2001, 452; a.A. Koller, TranspR 2002, 133, 135).
19
Von Art. 31 Abs. 1 CMR werden neben den aus dem Frachtvertrag resultierenden Ansprüchen auch außervertragliche Ansprüche, etwa aus unerlaubter Handlung, erfasst, sofern sie mit der Güterbeförderung in einem sachlichen Zusammenhang stehen (BGH TranspR 2001, 452; Koller, Transportrecht, 6. Aufl., Art. 31 CMR Rdn. 1; Thume/Demuth, CMR, 2. Aufl., Art. 31 Rdn. 7; Herber/Piper, CMR, Art. 31 Rdn. 4, 6).
20
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommen die Zuständigkeitsregelungen des Art. 31 Abs. 1 CMR grundsätzlich auch dann zur Anwendung, wenn ein (weiterer) Unterfrachtführer als bloße Hilfsperson (Art. 3 CMR) des Hauptfrachtführers von dessen Auftraggeber oder von dem Rechtsnachfolger des Auftraggebers wegen Verlusts oder Beschädigung des Transportguts aus Delikt auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird. Als Ort der Übernahme i.S. von Art. 31 Abs. 1 lit. b CMR ist in einem solchen Fall in der Regel nicht der Ort der Übernahme des Gutes durch den Unterfrachtführer, sondern der Abgangsort der gesamten Beförderung anzusehen (BGH TranspR 2001, 452; österr. OGH TranspR 2000, 34, 35).
21
bb) Das Berufungsgericht hat nicht verkannt, dass danach die Voraussetzungen für die Anwendung des Art. 31 Abs. 1 lit. b CMR im Streitfall an sich erfüllt sind. Der Gesamttransport unterlag den Vorschriften der CMR, da das Gut von Deutschland aus zu verschiedenen Empfängern in Österreich befördert werden sollte. Die Textilwaren wurden zu Beginn des Transports in Deutschland übernommen. Gleichwohl hat das Berufungsgericht die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte verneint. Es hat gemeint, bei der streitgegenständlichen Fallgestaltung , die sich dadurch auszeichne, dass die beschädigten Textilien mehrfach neu mit anderen Gütern zu einem Sammeltransport zusammengestellt worden seien, komme die Anwendung des Art. 31 Abs. 1 lit. b CMR nicht in Betracht, weil es dem aus unerlaubter Handlung in Anspruch genommenen ausführenden Frachtführer nicht zumutbar sei, sich bei Eintritt eines Schadens auf Klagen in einer Vielzahl von Herkunftsländern einlassen zu müssen.
22
Dieser Beurteilung des Berufungsgerichts vermag der Senat nicht beizutreten. Der Ansicht des Berufungsgerichts steht schon der Wortlaut des Art. 31 Abs. 1 CMR entgegen. Danach kommt es für die Anwendung der Zuständigkeitsregelung nicht darauf an, dass zwischen dem Kläger oder seinem Rechtsvorgänger und dem aus Delikt in Anspruch genommenen Unterfrachtführer vertragliche Beziehungen bestehen. Entscheidend ist vielmehr, ob die Streitigkeit aus einer der CMR unterliegenden Beförderung entstanden ist (BGH TranspR 2001, 452). Koller weist allerdings mit Recht darauf hin, dass die Anwendung des Art. 31 Abs. 1 lit. b CMR auf sämtliche Streitigkeiten, die aus einer der CMR unterliegenden Beförderung resultieren, zu unsachgemäßen Ergebnissen führen kann (Koller, TranspR 2002, 133 ff.). Denn zu den Gehilfen i.S. des Art. 3 CMR, für deren Handlungen und Unterlassungen der Frachtführer grundsätzlich einstehen muss, gehören nicht nur Unterfrachtführer, sondern beispielsweise auch die Arbeitnehmer des Hauptfrachtführers und die Bediensteten sämtlicher Unterfrachtführer sowie die von dem Haupt- oder Unterfrachtführer mit der Abwicklung der Beförderung in irgendeiner Weise betrauten Personen. Es gibt keinen sachgerechten Grund dafür, dass sich sämtliche Personen, die sich in irgendeiner Art und Weise bei der Transportdurchführung betätigt haben, im Falle einer Schadensverursachung entweder am ursprünglichen Ort der Übernahme des Gutes oder am vereinbarten Ablieferungsort auf eine gegen sie gerichtete Klage einlassen müssen. Der Anwendungsbereich des Art. 31 Abs. 1 lit. b CMR ist daher – ebenso wie derjenige des Art. 32 Abs. 1 CMR (vgl. BGH, Urt. v. 10.5.1990 – I ZR 234/88, TranspR 1990, 418, 420; MünchKomm.HGB/Basedow, Art. 32 CMR Rdn. 10; ferner Koller, Transportrecht aaO, Art. 32 CMR Rdn. 1, der allerdings eine Anwendung des Art. 32 Abs. 1 CMR auf Ansprüche gegen den Unterfrachtführer nur dann bejahen will, wenn dieser selbst einen CMR-Vertrag abgeschlossen hat) – auf Ansprüche zu beschränken, die mit dem Beförderungsvertrag noch in einem hinreichend engen Zusammenhang stehen. Erfasst werden jedenfalls Ansprüche von und gegen Personen, die an der Beförderung als solcher unmittelbar beteiligt sind. Das trifft auf die Beklagte zu. Die Versicherungsnehmer der Klägerin und DKS hatten eine durchgehende Gesamtbeförderung der Textilien von Deutschland nach Österreich vereinbart. Die Beklagte war mit dem Transport der Ware auf einer Teilstrecke von Wien nach Salzburg beauftragt worden. Bei dieser Beförderung ist der streitgegenständliche Schaden eingetreten. Er hat sich mithin innerhalb des nach der CMR maßgeblichen Haftungszeitraums (Art. 17 Abs. 1 CMR) ereignet und ist von einer Person verursacht worden, die unmittelbar mit dem Transport betraut war.
23
Für die Anwendung des Art. 31 Abs. 1 lit. b CMR auf gegen den Unterfrachtführer gerichtete deliktische Ansprüche spricht vor allem der Umstand, dass es damit den am Frachtvertrag beteiligten Personen ermöglicht wird, auch mehrere aus ein und demselben Beförderungsvertrag herrührende Rechtsstreitigkeiten vor den Gerichten eines Staates abzuwickeln (BGH TranspR 2001, 452; österr. OGH TranspR 2000, 34, 35). Verneinte man einen einheitlichen Gerichtsstand für eine Klage gegen den Frachtführer und dessen Unterfrachtführern, zu denen seitens des Absenders/Empfängers des Gutes keine Vertragsbeziehungen bestehen, so müsste, wie sich aus Art. 28 Abs. 2 CMR ergibt, das nur mit der außervertraglichen Haftung des (jeweiligen) Unterfrachtführers befasste Gericht gegebenenfalls auch die Vorschriften der CMR berücksichtigen und anwenden. Denn nach dieser Vorschrift kann sich ein Unterfrachtführer, für den der Frachtführer gemäß Art. 3 CMR haftet, auf die Bestimmungen der CMR berufen, die die Haftung des Frachtführers ausschließen oder den Umfang der zu leistenden Entschädigung bestimmen oder begrenzen, wenn gegen ihn Ansprüche aus außervertraglicher Haftung für Verlust und Beschädigung des Gutes erhoben werden. Ein derartiges Ergebnis liefe zum einen dem Sinn und Zweck des Art. 31 Abs. 1 CMR zuwider, der darin besteht, Streitigkeiten aus der CMR unterliegenden grenzüberschreitenden Beförderungen auf ganz bestimmte Gerichtsstände zu beschränken (vgl. BGH TranspR 2001, 452), und würde zum anderen die Gefahr divergierender Gerichtsentscheidungen über ein und denselben Lebenssachverhalt in sich bergen.
24
Der Umstand, dass die im Streitfall beschädigten Textilien zweimal umgeladen und mit anderen Gütern neu zu einem Sammeltransport zusammengestellt wurden, steht der Anwendung des Art. 31 Abs. 1 lit. b CMR nicht ohne weiteres entgegen. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass bei einem Sammelguttransport die Vorschriften der CMR zur Anwendung kommen, wenn die Beförderung des Gutes mit Kraftfahrzeugen im grenzüberschreitenden Verkehr erfolgt (BGHZ 65, 340, 342 ff.; BGH, Urt. v. 25.10.1995 – I ZR 230/93, TranspR 1996, 118, 119). Dementsprechend gilt bei einem grenzüberschreitenden Sammelguttransport auch die Zuständigkeitsvorschrift des Art. 31 Abs. 1 CMR. Sie sieht keinerlei Differenzierungen nach Art oder Ort des Schadenseintritts vor, so dass es für die Frage der internationalen Zuständigkeit nicht darauf ankommen kann, auf welcher Transportstrecke oder auf welche Art und Weise sich ein Schaden ereignet hat (BGH TranspR 2001, 452, 453).
25
Die Anwendung des Art. 31 Abs. 1 lit. b CMR auf gegen den Unterfrachtführer gerichtete deliktische Ansprüche ist aber nur dann gerechtfertigt, wenn er weiß oder zumindest hätte wissen können, dass er im Rahmen einer der CMR unterliegenden Gesamtbeförderung tätig wird (BGH TranspR 2001, 452, 453; österr. OGH TranspR 2000, 34, 36). Davon kann hier nicht ohne weiteres ausgegangen werden. Die Beklagte wurde von der B. Österreich mit dem Transport verschlossener Wechselbrücken von Wien nach Salzburg beauftragt. Sie ging nach ihrem Vortrag davon aus, mit einer rein innerösterreichischen Beförderung beauftragt worden zu sein, da sie von der Auftraggeberin keinerlei Frachtpapiere erhalten habe, aus denen sie hätte erkennen können, dass das Gut im Rahmen einer der CMR unterliegenden Gesamtbeförderung transportiert werden sollte mit der für sie wichtigen Folge, dass sie als Gehilfin der Hauptfrachtführerin (Art. 3 CMR) tätig wurde. In dem dem Senatsbeschluss vom 31. Mai 2001 (I ZR 85/00, TranspR 2001, 452) zugrunde liegenden Fall hatte der Unterfrachtführer das Gut entweder von Deutschland oder von Belgien aus nach Italien transportiert. Damit war klar, dass der Transport dem Haftungsregime der CMR unterlag. Der Unterfrachtführer konnte sich darauf von vornherein einstellen und diesen Umstand auch bei der Annahme des Auftrags berücksichtigen. Bei der Beklagten war dies, wenn man ihren Vortrag zugrunde legt, nicht der Fall.
26
Allerdings hat die Klägerin in ihrer Berufungsbegründung vom 4. Mai 2005 unter Beweisantritt vorgetragen, die Beklagte habe vor der Durchführung des Transports das Ausgangsbordero (Anlage K 26) erhalten, in dem die einzelnen Versender und die österreichischen Empfänger aufgeführt gewesen seien. Es sei für jeden, der sich hiermit auseinandergesetzt habe, sofort erkennbar gewesen, dass internationale Sendungen übernommen würden. Diesem Vorbringen der Klägerin, die für das Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 31 Abs. 1 lit. b CMR beweispflichtig ist (Thume/Demuth aaO Art. 31 Rdn. 73), wird das Berufungsgericht im wiedereröffneten Berufungsverfahren nachzugehen haben.
27
d) Die Vorschrift des Art. 31 Abs. 1 CMR regelt nur die internationale Zuständigkeit. Innerhalb des nach dieser Bestimmung festgestellten Staates wird die nationale Zuständigkeit durch das jeweilige innerstaatliche Zivilprozess- und Gerichtsverfassungsrecht bestimmt (BGHZ 79, 332, 333 f.; Thume/Demuth aaO Art. 31 Rdn. 12; MünchKomm.HGB/Basedow, Art. 31 CMR Rdn. 18 bis 20 und 23 f.). Durch Art. 1a des Gesetzes zur CMR vom 5. Juli 1989 (BGBl. II, S. 586) ist nunmehr der Übernahmeort als auch innerdeutscher Gerichtsstand bestimmt (BGH TranspR 2001, 452, 453). Bei mehreren Übernahmeorten kommt es darauf an, welcher Übernahmeort zum Schaden die stärkste Verbindung hat. Das ist im Allgemeinen der Ort, an dem die größere Menge des Transportguts übernommen wurde (Koller, Transportrecht aaO Art. 1a CMR-Vertragsgesetz Rdn. 1).
28
2. Keinen Erfolg hat die Revision, soweit sie sich gegen die Abweisung von Ansprüchen wendet, die der Klägerin von B. Deutschland und von B. Österreich abgetreten worden sind. Vertragliche oder deliktische Ansprüche, die bei B. Deutschland oder B. Österreich entstanden sein können und dem Haftungsregime der CMR unterfallen, sind nicht ersichtlich. Im Übrigen unterfällt das Vertragsverhältnis zwischen B. Österreich und der Beklagten nicht der CMR, da es keinen grenzüberschreitenden (Art. 1 Abs. 1 CMR), sondern einen rein innerösterreichischen Transport zum Gegenstand hat; damit kommt Art. 31 Abs. 1 lit. b CMR auch aus diesem Grunde nicht zur Anwendung.
29
III. Danach ist das Berufungsurteil auf die Revision der Klägerin insoweit aufzuheben, als sie Ansprüche geltend macht, die auf sie von der S. - Gruppe übergegangen sind. In diesem Umfang wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Bornkamm Pokrant Büscher
Schaffert Bergmann
Vorinstanzen:
LG Essen, Entscheidung vom 22.12.2004 - 41 O 118/03 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 02.03.2006 - 18 U 50/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 88/07 Verkündet am:
22. Oktober 2009
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
WA 1955 Art. 28 Abs. 1; EGBGB Art. 28 Abs. 1 und 4

a) Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte für eine auf Bestimmungen
des Warschauer Abkommens 1955 gestützte Schadensersatzklage
ist auch dann gegeben, wenn der Luftfrachtvertrag sachrechtlich zwar dem
Warschauer Abkommen 1955 in der Fassung des von der Bundesrepublik
Deutschland nicht ratifizierten Protokolls Nr. 4 von Montreal unterliegt, das
beklagte Luftfrachtunternehmen seinen Sitz aber in Deutschland hat.

b) Sind die Voraussetzungen für die Anwendung der Vermutungsregel des
Art. 28 Abs. 4 EGBGB nicht erfüllt, weil sich in dem Staat, in dem der Beförderer
seine Hauptniederlassung hat, weder der Verlade- oder Entladeort
noch die Hauptniederlassung des Absenders befinden, so wird das anwendbare
Recht mit Hilfe der engsten Verbindung nach Art. 28 Abs. 1 EGBGB bestimmt.
Auf die charakteristische Leistung nach Art. 28 Abs. 2 EGBGB
kommt es bei Güterbeförderungsverträgen nicht an, da diese Vorschrift von
Art. 28 Abs. 4 EGBGB vollständig verdrängt wird.
BGH, Urteil vom 22. Oktober 2009 - I ZR 88/07 - OLG Frankfurt a.M.
LG Darmstadt
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 9. Juli 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und
die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 13. Zivilsenats in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 18. April 2007 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Ausspruch zur Hauptsache teilweise aufgehoben und insoweit wie folgt neu gefasst: Die Beklagte wird unter Abweisung der weitergehenden Klage verurteilt, an die Klägerin 4.885,90 US-Dollar nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28. Juli 2004 zu zahlen. Die Kosten der Revision werden der Klägerin auferlegt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist Transportversicherer der B. S/A in Kopenhagen/ Dänemark (im Weiteren: Empfängerin). Sie nimmt die Beklagte, ein deutsches Luftfrachtunternehmen mit Sitz in Kelsterbach, aus übergegangenem Recht der Empfängerin wegen Verlustes von Transportgut auf Schadensersatz in Anspruch.
2
Die Empfängerin kaufte Ende April/Anfang Mai 2003 insgesamt 4.500 Computerbauteile zum Preis von 247.500 US-Dollar von einem in Istanbul /Türkei ansässigen Unternehmen. Die Beklagte übernahm die Ware Anfang Mai 2003 in Mailand/Italien, um sie per Luftfracht zur Empfängerin zu befördern. Das Gut ging während des Lufttransports verloren.
3
Die Klägerin zahlte deshalb an die Empfängerin den mit der Klage geltend gemachten Betrag von 247.500 US-Dollar. Sie ist der Auffassung, die Beklagte hafte für den durch den Verlust eingetretenen Schaden gemäß Art. 25 des Warschauer Abkommens in der Fassung von Den Haag 1955 (WA 1955) unbeschränkt, weil ihr ein qualifiziertes Verschulden im Sinne dieser Vorschrift zur Last falle. Die Beklagte habe nicht einmal ansatzweise dargelegt, auf welche Weise die Ware verlorengegangen sei und welche organisatorischen Schritte sie zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Gütertransports veranlasst habe. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ergebe sich sowohl aus § 17 ZPO als auch aus Art. 28 Abs. 1 WA 1955, da die Beklagte ihren Sitz in Deutschland habe.
4
Die Beklagte hat insbesondere die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte in Abrede gestellt. Der streitgegenständliche Güterbeförderungsvertrag unterstehe dem Haftungsregime des Warschauer Abkommens 1955 in der Fassung des Montrealer Zusatzprotokolls Nr. 4 (MP Nr. 4), da sowohl der Abgangsort (Mailand) als auch der Bestimmungsort (Kopenhagen) in Vertragsstaaten des Montrealer Zusatzprotokolls Nr. 4 lägen. Da Deutschland dieses Protokoll nicht ratifiziert habe, scheide ein deutscher Gerichtsstand aus. Selbst wenn die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte gegeben wäre, verbliebe es jedenfalls sachlich-rechtlich bei der limitierten Haftung der Beklagten gemäß Art. VII lit. b MP Nr. 4.
5
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels und unter Abweisung der Klage im Übrigen die Beklagte verurteilt , an die Klägerin 4.627,67 US-Dollar nebst Zinsen zu zahlen (OLG Frankfurt a.M. TranspR 2007, 367).
6
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Die Beklagte beantragt, das Rechtsmittel der Klägerin zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


7
I. Das Berufungsgericht hat die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte bejaht und in der Sache angenommen, dass die Haftung der Beklagten für den eingetretenen Verlust gemäß Art. VII lit. b MP Nr. 4 begrenzt sei. Hierzu hat das Berufungsgericht ausgeführt:
8
Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte für die Entscheidung des Rechtsstreits ergebe sich aus Art. 28 Abs. 1 WA 1955. Dies gelte auch dann, wenn das streitgegenständliche Rechtsverhältnis dem Warschauer Abkommen 1955 in der Fassung des Montrealer Zusatzprotokolls Nr. 4 unterliege. Die Bundesrepublik Deutschland sei Hoher Vertragschließender Teil i.S. des Art. 28 Abs. 1 WA 1955. Entscheidend sei allein, dass das angerufene Gericht im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland liege, die dem Warschauer Abkommen 1955 beigetreten sei.
9
Auf den von der Klägerin geltend gemachten Schadensersatzanspruch komme das Warschauer Abkommen 1955 in der Fassung des Montrealer Zu- satzprotokolls Nr. 4 unmittelbar zur Anwendung. Dies ergebe sich schon aus der von den Parteien im Luftfrachtbrief unter Ziffer 2.2.1 getroffenen Rechtswahl. Die Ermittlung des Vertragsstatuts nach dem deutschen internationalen Privatrecht (Art. 28 EGBGB) führte im Übrigen zu keiner anderen Beurteilung. Die spezielle Regelung für Güterbeförderungsverträge in Art. 28 Abs. 4 EGBGB sei im Streitfall allerdings nicht einschlägig. Nach dem deshalb anzuwendenden Art. 28 Abs. 1 EGBGB unterliege ein Vertrag dem Recht desjenigen Staates, mit dem er die engsten Verbindungen aufweise. Dies sei im vorliegenden Fall Italien. Hier habe die Beklagte den Beförderungsauftrag von einem italienischen Spediteur erhalten. Der Transport habe von Italien nach Dänemark durchgeführt werden sollen. Dort betätige sich die Beklagte auch gewerblich. Da Italien - ebenso wie Dänemark - Signatarstaat des Montrealer Zusatzprotokolls Nr. 4 sei, finde sachlich-rechtlich das Warschauer Abkommen 1955 in der Fassung dieses Zusatzprotokolls Anwendung.
10
Nach Art. 22 Abs. 2 lit. b WA 1955 in der Fassung des Montrealer Zusatzprotokolls Nr. 4 hafte die Beklagte nur beschränkt mit 17 Sonderziehungsrechten (SZR) pro Kilogramm. Dementsprechend sei der Klägerin angesichts dessen, dass das Gewicht der Sendung 180 Kilogramm betragen habe, eine Schadensersatzforderung in Höhe von 4.627,67 US-Dollar zuzuerkennen.
11
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Klägerin hat nur in geringem Umfang Erfolg. Das Berufungsgericht hat mit Recht die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte bejaht und auch zutreffend angenommen , dass auf den von der Klägerin geltend gemachten Schadensersatzanspruch das Warschauer Abkommen 1955 in der Fassung des Montrealer Zusatzprotokolls Nr. 4 zur Anwendung kommt. Danach steht der Klägerin eine Schadensersatzforderung in Höhe von 4.885,90 US-Dollar zu.
12
1. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte, die auch unter der Geltung des § 545 Abs. 2 ZPO in der Revisionsinstanz zu prüfen ist (vgl. BGH, Urt. v. 20.11.2008 - I ZR 70/06, TranspR 2009, 26 Tz. 17 = VersR 2009, 807 m.w.N.), ergibt sich für die gegen die in Deutschland ansässige Beklagte gerichtete Klage entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung aus Art. 28 Abs. 1 WA 1955.
13
a) Nach dieser Vorschrift muss eine auf Bestimmungen des Warschauer Abkommens gestützte Schadensersatzklage in dem Gebiet eines der Hohen Vertragschließenden Teile erhoben werden. Der Kläger hat die Wahl zwischen vier Gerichtsständen, die alle auf dem Gebiet eines Vertragsstaates liegen müssen. Er kann den Luftfrachtführer unter anderem dort verklagen, wo dieser seinen Wohnsitz hat. Die Beklagte hat ihren Sitz in Kelsterbach, also in der Bundesrepublik Deutschland, die aufgrund der Ratifizierung des Warschauer Abkommens 1955 seit dem 1. August 1963 zu den Vertragsstaaten des Abkommens gehört. Danach ist gemäß Art. 28 Abs. 1 WA 1955 die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte gegeben. Des Weiteren kann die Klage auf Schadensersatz bei dem Gericht des Bestimmungsortes erhoben werden. Das in Verlust geratene Gut sollte nach Kopenhagen/Dänemark befördert werden. Auch Dänemark gehört zu den Vertragsstaaten des Warschauer Abkommens 1955 (s. Koller, Transportrecht, 6. Aufl., Art. 1 WA 1955 Rdn. 11). Der Abgangsort des Gutes (Mailand/Italien) wird zwar nicht in Art. 28 Abs. 1 WA 1955 genannt, er liegt aber ebenfalls im Gebiet eines Vertragsstaates des Warschauer Abkommens 1955 (s. Koller aaO Art. 1 WA 1955 Rdn. 11). Der Umstand , dass alle im vorliegenden Fall berührten Staaten dem Warschauer Abkommen 1955 beigetreten sind, führt dazu, dass nach Art. 28 Abs. 1 WA 1955 die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte für die Klage auf Schadensersatz gegeben ist.
14
b) Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist es für die Beurteilung der internationalen Zuständigkeit des angerufenen Gerichts ohne Bedeutung , dass der von der Klägerin geltend gemachte Schadensersatzanspruch sachlich-rechtlich den Bestimmungen des Warschauer Abkommens 1955 in der Fassung des Montrealer Zusatzprotokolls Nr. 4 unterliegt, das Deutschland nicht ratifiziert hat. Dieser Umstand führt nicht dazu, dass die Klage nur in einem Staat erhoben werden kann, der diesem Zusatzprotokoll beigetreten ist. Dem Zusatzprotokoll kommt bei der Frage, welche Gerichte international zuständig sind, keine Sperrwirkung zu, da dieses Protokoll Art. 28 Abs. 1 WA 1955 unverändert gelassen hat. Die Gerichte eines Staates, der das Zusatzprotokoll nicht ratifiziert hat, sind nicht gehindert, auf den erhobenen Schadensersatzanspruch das Warschauer Abkommen 1955 in der Fassung des Zusatzprotokolls anzuwenden (vgl. zur Anwendung des taiwanesischen Rechts durch deutsche Gerichte BGH, Urt. v. 20.10.2008 - I ZR 12/06, TranspR 2009, 130 Tz. 22).
15
2. Die Schadensersatzpflicht der Beklagten für den Verlust des Transportguts ergibt sich - wovon ersichtlich auch das Berufungsgericht ausgegangen ist - dem Grunde nach aus Art. 18 Abs. 1 WA 1955. Nach dieser Vorschrift hat der Luftfrachtführer den Schaden zu ersetzen, der durch Verlust von Gütern entsteht, wenn das Schadensereignis während der Luftbeförderung eingetreten ist. Die Beklagte hat das abhandengekommene Gut unstreitig in Mailand übernommen. Eine Ablieferung bei der bestimmungsgemäßen Empfängerin in Kopenhagen ist nicht erfolgt, so dass davon auszugehen ist, dass der Verlust während des Obhutszeitraums der Beklagten eingetreten ist. Die Beklagte stellt auch nicht in Abrede, dass sie für den Verlust grundsätzlich haftet.
16
Gemäß Art. 13 Abs. 3 WA 1955 kann der Empfänger des Gutes die Rechte aus dem Luftfrachtvertrag gegen den Luftfrachtführer geltend machen, wenn der Verlust des Gutes - wie im Streitfall - vom Luftfrachtführer anerkannt worden ist. Der ursprünglich der Empfängerin zustehende Schadensersatzanspruch ist - worüber zwischen den Parteien kein Streit mehr besteht - kraft Gesetzes auf die Klägerin übergegangen, da sie die Empfängerin für den Verlust entschädigt hat.
17
3. Die Revision wendet sich ohne Erfolg dagegen, dass das Berufungsgericht auf den Schadensfall das Warschauer Abkommen 1955 in der Fassung des Montrealer Zusatzprotokolls Nr. 4 angewandt und den Schadensersatzanspruch der Klägerin dementsprechend gemäß Art. 22 Abs. 2 lit. b WA 1955 auf 17 Sonderziehungsrechte je Kilogramm des verlorengegangenen Gutes begrenzt hat.
18
a) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Parteien des Luftfrachtvertrags hätten im Luftfrachtbrief unter Ziffer 2.2.1 eine Rechtswahl dahingehend getroffen, dass damit alle möglichen Kombinationsformen (s. dazu Giemulla in Frankfurter Kommentar zum Luftverkehrsrecht, Bd. 3 Warschauer Abkommen, Einl. WA Rdn. 15) erfasst sein sollten. Die im konkreten Fall einschlägige Fassung ergebe sich zwingend aus dem jeweiligen Ratifikationsstand und werde durch die vertraglich vereinbarte Transportstrecke bestimmt, die für die streitgegenständliche Beförderung von Mailand nach Kopenhagen habe verlaufen sollen. Da sowohl Italien als auch Dänemark das Montrealer Zusatzprotokoll Nr. 4 ratifiziert hätten, beurteile sich die Haftung der Beklagten nach dem Warschauer Abkommen 1955 in der Fassung dieses Zusatzprotokolls.
19
Zu diesem Ergebnis gelange man auch, wenn das anzuwendende Vertragsstatut gemäß Art. 28 EGBGB zu ermitteln wäre. Das deutsche internationale Privatrecht verweise auf italienisches Recht. Da Italien das Montrealer Zu- satzprotokoll Nr. 4 ratifiziert habe, komme das Warschauer Abkommen 1955 in dieser Fassung zur Anwendung.
20
b) Die Revision rügt, die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung der im Luftfrachtbrief getroffenen Rechtswahl sei fehlerhaft. Sie meint, das Berufungsgericht habe übersehen, dass die Beklagte als Klauselverwenderin den Begriff "Warsaw Convention" in Ziffer 1 ihrer Allgemeinen Vertragsbedingungen ausdrücklich dahingehend definiert habe, dass damit das am 12. Oktober 1929 verabschiedete Ursprungsabkommen oder das am 28. September 1955 in Den Haag unterzeichnete Abkommen gemeint seien, je nachdem, welches Abkommen anwendbar sei.
21
Die unmittelbare Anwendbarkeit des Warschauer Abkommens 1955 ergebe sich zudem aus dessen Art. 1 Abs. 2. Der Abgangsort und der Bestimmungsort hätten nach den Vereinbarungen der Parteien in Staaten gelegen, die (auch) das Warschauer Abkommen 1955 ratifiziert hätten. Die beteiligten Staaten (Italien und Dänemark) seien daher - ebenso wie die Bundesrepublik Deutschland - als "Hohe Vertragschließende Teile" i.S. von Art. 1 Abs. 2 WA 1955 anzusehen, was zur unmittelbaren Anwendbarkeit des Abkommens in dieser Fassung führe.
22
c) Dieses Vorbringen verhilft der Revision nicht zum Erfolg.
23
aa) Das auf den Streitfall anwendbare Vertragsstatut ist nach den Bestimmungen des deutschen internationalen Privatrechts zu ermitteln. Bei Sachverhalten mit einer Verbindung zum Recht eines ausländischen Staates beurteilt sich die Frage, welche Rechtsordnungen anzuwenden sind, gemäß Art. 3 Abs. 1 EGBGB grundsätzlich nach den Vorschriften des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch. Nach Art. 3 Abs. 2 EGBGB haben Regelungen in völkerrechtlichen Vereinbarungen, soweit sie unmittelbar anwendbares innerstaatliches Recht geworden sind, allerdings Vorrang gegenüber den Bestimmungen des EGBGB. Völkerrechtliche Verträge, die ein einheitliches Sachrecht für internationale Sachverhalte schaffen, verdrängen in ihrem sachlichen, persönlichen und zeitlichen Anwendungsbereich mithin die nationalen Kollisionsund Sachnormen (vgl. von Hoffmann/Thorn, Internationales Privatrecht, 9. Aufl., § 1 Rdn. 65; v. Bar/Mankowski, Internationales Privatrecht, 2. Aufl., § 2 Rdn. 58, 63; Erman/Hohloch, BGB, 12. Aufl., Art. 3 EGBGB Rdn. 6).
24
In Art. XIV MP Nr. 4 ist bestimmt, dass das Warschauer Abkommen in der Fassung von Den Haag 1955 und des Protokolls Nr. 4 von Montreal für internationale Beförderungen i.S. des Art. 1 des Abkommens gilt, sofern der Abgangs - und der Bestimmungsort in den Gebieten von zwei Vertragsstaaten dieses Protokolls liegen. Nach dieser Vorschrift unterliegt der Transport im Streitfall den Bestimmungen des Warschauer Abkommens 1955 in der Fassung des Montrealer Zusatzprotokolls Nr. 4, da die Beklagte das Transportgut in Italien, einem Vertragsstaat des Montrealer Zusatzprotokolls Nr. 4, zur Beförderung nach Dänemark, das ebenfalls Vertragsstaat dieses Zusatzprotokolls ist, übernommen hatte. Einer direkten Anwendung des Warschauer Abkommens 1955 in der Fassung des Montrealer Zusatzprotokolls Nr. 4 durch die deutschen Gerichte steht jedoch der Umstand entgegen, dass die Bundesrepublik Deutschland das Zusatzprotokoll nicht ratifiziert hat, so dass es nicht unmittelbar anwendbares innerstaatliches Recht i.S. von Art. 3 Abs. 2 EGBGB geworden ist. Das auf den Streitfall anwendbare Vertragsstatut ist demzufolge gemäß Art. 3 Abs. 1 EGBGB nach den Vorschriften des deutschen internationalen Privatrechts zu ermitteln.
25
Nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 EGBGB unterliegt ein Vertrag grundsätzlich dem Recht des Staates, mit dem er die engsten Verbindungen aufweist. Bei Güterbeförderungsverträgen wird gemäß Art. 28 Abs. 4 Satz 1 EGBGB vermutet , dass sie mit dem Staat die engsten Verbindungen aufweisen, in dem der Beförderer im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses seine Hauptniederlassung hat, sofern sich in diesem Staat auch der Verladeort oder Entladeort oder die Hauptniederlassung des Absenders befindet. Die Beklagte hat ihre Hauptniederlassung zwar in der Bundesrepublik Deutschland. In diesem Staat liegen aber weder der Verladeort noch der Entladeort. Ebenso wenig hat der Absender hier seine Hauptniederlassung. Die Voraussetzungen für die Anwendung der Vermutungsregel des Art. 28 Abs. 4 Satz 1 EGBGB sind daher nicht erfüllt. Liegen die Erfordernisse des Art. 28 Abs. 4 Satz 1 EGBGB nicht vor, wird das anwendbare Recht mit Hilfe der engsten Verbindung nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 EGBGB bestimmt. Auf die charakteristische Leistung nach Art. 28 Abs. 2 EGBGB kommt es bei Güterbeförderungsverträgen nicht an, da diese Vorschrift von Art. 28 Abs. 4 EGBGB vollständig verdrängt wird (vgl. OLG München TranspR 1991, 61; OLG Braunschweig TranspR 1996, 385; MünchKomm.BGB/ Martiny, 4. Aufl., Art. 28 EGBGB Rdn. 67; Palandt/Thorn, BGB, 68. Aufl., Art. 28 EGBGB Rdn. 6; Erman/Hohloch aaO Art. 28 EGBGB Rdn. 25; Mankowski, TranspR 1993, 213, 224 f.; a.A. OLG Frankfurt NJW-RR 1993, 809; OLG Bremen VersR 1996, 868).
26
Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass der streitgegenständliche Beförderungsvertrag die engsten Verbindungen i.S. von Art. 28 Abs. 1 Satz 1 EGBGB zu Italien aufweist. Die Beklagte erhielt den Beförderungsauftrag in Italien von einem italienischen Speditionsunternehmen. Der Transport sollte von Italien nach Dänemark durchgeführt werden. Schließlich wurde das Transportgut von der Beklagten in Italien übernommen, wo diese sich auch gewerblich betätigt. Da Italien Vertragsstaat des Montrealer Zusatzprotokolls Nr. 4 ist und der von den Parteien vereinbarte Bestimmungsort (Kopenhagen) ebenfalls in einem Vertragsstaat des Montrealer Zusatzprotokolls Nr. 4 liegt, kommt auf den streitgegenständlichen Beförderungsvertrag - wie bereits dargelegt - das Warschauer Abkommen 1955 in der Fassung dieses Zusatzprotokolls zur Anwendung.
27
bb) Entgegen der Auffassung der Revision wird die Anwendung des Warschauer Abkommens 1955 in der Fassung des Montrealer Zusatzprotokolls Nr. 4 nicht durch eine von den Parteien des Beförderungsvertrags nach Art. 27 Abs. 1 EGBGB getroffene Rechtswahl verdrängt. Es kann offenbleiben, ob die Beklagte - wie die Revision geltend macht - den Begriff "Warsaw Convention" in Ziffer 1 ihrer Allgemeinen Vertragsbedingungen ausdrücklich dahingehend definiert hat, dass damit das am 12. Oktober 1929 verabschiedete Ursprungsabkommen oder das am 28. September 1955 in Den Haag unterzeichnete Abkommen gemeint seien, je nachdem, welches Abkommen anwendbar sei. Denn eine Vereinbarung der Parteien des Luftfrachtvertrags, dass die streitgegenständliche Beförderung dem Warschauer Abkommen 1955 und nicht dem Warschauer Abkommen 1955 in der Fassung des Montrealer Zusatzprotokolls Nr. 4 unterliege, wäre gemäß Art. 32 Satz 1 WA 1955 unwirksam. Nach dieser Vorschrift sind alle vor Eintritt des Schadens getroffenen besonderen Vereinbarungen , worin die Parteien durch Bestimmung des anzuwendenden Rechts oder durch Änderung der Vorschriften über die Zuständigkeit von dem Abkommen abweichende Regeln festsetzen, nichtig. Ein Ausschluss der Anwendung des Montrealer Zusatzprotokolls Nr. 4 würde von Art. XIV WA 1955 in der Fassung dieses Zusatzprotokolls abweichen. Denn in dieser Vorschrift ist ausdrücklich bestimmt, dass das Warschauer Abkommen in der Fassung von Den Haag 1955 und des Protokolls Nr. 4 von Montreal für internationale Beförderungen i.S. des Art. 1 des WA 1955 gilt, sofern der Abgangs- und Bestimmungsort in den Gebieten von zwei Vertragsstaaten dieses Protokolls liegen. Es widerspräche auch dem zwingenden Charakter der Abkommensvorschriften, wenn es den Vertragsparteien überlassen bliebe zu bestimmen, unter welchem Haf- tungsregime des Warschauer Abkommens die Luftbeförderung durchgeführt werden soll.
28
4. Der Luftfrachtführer haftet bei der Beförderung von Gütern gemäß Art. 22 Abs. 2 lit. b WA 1955 in der Fassung des Montrealer Zusatzprotokolls Nr. 4 nur bis zu einem Betrag von 17 Sonderziehungsrechten für jedes Kilogramm des verlorengegangenen Gutes. Eine Durchbrechung der Haftungsbegrenzung bei qualifiziertem Verschulden des Luftfrachtführers, wie sie in Art. 25 WA 1955 vorgesehen ist, kommt auf der Grundlage des Montrealer Zusatzprotokolls Nr. 4 bei der Güterbeförderung nicht in Betracht (s. Art. IX MP Nr. 4).
29
Die Umrechnung des zu leistenden Schadensersatzes in die maßgebliche Landeswährung - im Streitfall haben sich die Parteien auf US-Dollar geeinigt - erfolgt nach Art. 22 Abs. 6 WA 1955 in der Fassung des Montrealer Zusatzprotokolls Nr. 4 im Fall eines gerichtlichen Verfahrens nach dem Wert dieser Währung in Sonderziehungsrechten im Zeitpunkt der Entscheidung. Maßgebend ist der Tag der Verkündung des letztinstanzlichen Urteils, so dass es, wenn das Revisionsgericht entscheidet, auf dessen Urteil ankommt (vgl. zu Art. 23 CMR BGH, Urt. v. 6.2.1997 - I ZR 202/94, TranspR 1997, 335, 337 = VersR 1997, 1298; zu § 660 Abs. 1 HGB BGH, Urt. v. 18.6.2009 - I ZR 140/06, TranspR 2009, 327 Tz. 29; Thume/Thume, Kommentar zur CMR, 2. Aufl., Art. 23 Rdn. 17 m.w.N.). Das Berufungsgericht hat ein Gewicht des verlorengegangenen Gutes von 180 Kilogramm zugrunde gelegt. Das hat die Revision nicht beanstandet, so dass hiervon auch im Revisionsverfahren auszugehen ist. Bei einem Wert des Sonderziehungsrechts von 1,596700 US-Dollar am 22. Oktober 2009 ergibt sich danach ein Schadensersatzanspruch der Klägerin in Höhe von 4.885,90 US-Dollar.
30
III. Somit hat die Revision lediglich in Höhe eines Betrags von 258,23 US-Dollar Erfolg. Im Übrigen ist sie zurückzuweisen.
31
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2, § 97 Abs. 1 ZPO.
Bornkamm Pokrant Schaffert
Büscher Kirchhoff
Vorinstanzen:
LG Darmstadt, Entscheidung vom 22.11.2005 - 14 O 235/05 -
OLG Frankfurt a.M., Entscheidung vom 18.04.2007 - 13 U 62/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 23/09 Verkündet am:
2. März 2010
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
ZPO § 32; BGB §§ 823 Abs. 1 Ah, 1004 Abs. 1 Satz 2

a) Die deutschen Gerichte sind zur Entscheidung über Klagen wegen Persönlichkeitsbeeinträchtigungen
durch im Internet abrufbare Veröffentlichungen
international zuständig, wenn die als rechtsverletzend beanstandeten Inhalte
objektiv einen deutlichen Bezug zum Inland in dem Sinne aufweisen, dass
eine Kollision der widerstreitenden Interessen - Interesse des Klägers an der
Achtung seines Persönlichkeitsrechts einerseits, Interesse des Beklagten an
der Gestaltung seines Internetauftritts und an einer Berichterstattung andererseits
- nach den Umständen des konkreten Falls, insbesondere aufgrund
des Inhalts der beanstandeten Meldung, im Inland tatsächlich eingetreten
sein kann oder eintreten kann.

b) Dies ist dann anzunehmen, wenn eine Kenntnisnahme von der beanstandeten
Meldung nach den Umständen des konkreten Falls im Inland erheblich
näher liegt als es aufgrund der bloßen Abrufbarkeit des Angebots der Fall
wäre und die vom Kläger behauptete Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechts
durch Kenntnisnahme von der Meldung (auch) im Inland eintreten
würde.
BGH, Urteil vom 2. März 2010 - VI ZR 23/09 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 2. März 2010 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die Richterin Diederichsen
, die Richter Pauge und Stöhr und die Richterin von Pentz

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 30. Dezember 2008 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die auf ein Verbot des Bereithaltens der beanstandeten Äußerungen zum Abruf im Internet gerichtete Unterlassungsklage des Klägers als unzulässig abgewiesen worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der in Deutschland wohnhafte Kläger nimmt die Verlegerin der Tageszeitung "The New York Times" sowie den in New York ansässigen Autor eines am 12. Juni 2001 in der Printausgabe der Zeitung veröffentlichten und am selben Tag in den Internetauftritt der Zeitung eingestellten und dort im "Online-Archiv" zum Abruf bereit gehaltenen Artikels, durch den sich der Kläger in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt sieht, auf Unterlassung in Anspruch.
2
Der beanstandete Artikel befasst sich mit einem in der Stadt New York eingeleiteten Ermittlungsverfahren gegen R. L. und das von ihm beherrschte Unternehmen C.E.M. wegen Bestechung ukrainischer Regierungsangestellter. In dem Artikel wird der Kläger namentlich erwähnt und als Goldschmuggler und Täter einer Unterschlagung bezeichnet, dessen Unternehmen in Deutschland nach Berichten der amerikanischen und deutschen Ermittlungsbehörden Teil der russischen organisierten Kriminalität sei. Es wird behauptet, der Kläger habe Verbindungen zum organisierten Verbrechen in Russland und ihm sei die Einreise in die USA untersagt.
3
Beide Vorinstanzen haben die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte verneint und die Klage deshalb als unzulässig abgewiesen. Mit seiner vom Bundesgerichtshof zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter, soweit es darauf gerichtet ist, den Beklagten zu untersagen, die beanstandeten Äußerungen im Internet zum Abruf bereit zu halten.

Entscheidungsgründe:

I.

4
Das Berufungsgericht, dessen Urteil u.a. in AfP 2009, 159 veröffentlicht ist, hat die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte nach § 32 ZPO verneint, weil die vom Kläger behauptete Verletzung seines Persönlichkeitsrechts durch den beanstandeten Artikel nicht in Deutschland begangen worden sei. Die Printausgabe der "New York Times" vom 12. Juni 2001 sei nicht im regelmäßigen Geschäftsverkehr nach Deutschland ausgeliefert worden, weshalb es an einer zuständigkeitsbegründenden Verbreitung im Inland fehle.
5
Auch die Veröffentlichung des Artikels im Internet begründe keinen Gerichtsstand in Deutschland. Der Artikel weise nicht den erforderlichen Inlandsbezug auf. Er richte sich nicht gezielt bzw. bestimmungsgemäß an Internetnutzer in Deutschland. Für diese Beurteilung sei insbesondere maßgebend, dass der Artikel lediglich im Lokalteil der "New York Times" abrufbar und deshalb von seinem äußeren Erscheinungsbild her auf das amerikanische, insbesondere das Publikum im Raum New York, abgestimmt sei. Die Sachlage sei insoweit vergleichbar mit der Online-Ausgabe einer lokalen oder regionalen Tageszeitung mit vornehmlich lokalen Inhalten, die typischerweise objektiv auf die entsprechende Region ausgerichtet seien. Es sei deshalb anzunehmen, dass der Artikel im Ausland kaum auf nennenswertes Interesse stoße. Dass Deutschland in der Online-Ausgabe der "New York Times" als "country of residence" genannt werde, führe ebenso wenig zu einer anderen Beurteilung wie die Tatsache, dass 14.484 Leser im Juni 2001 im Wege der Selbstauskunft Deutschland als Wohnsitz angegeben hätten; denn dies entspreche lediglich einem Anteil von etwa einem halben Prozent der gesamten registrierten Online-Leserschaft der "New York Times" und bedeute unter Spürbarkeitsgesichtspunkten eine zu vernachlässigende Auswirkung im inländischen Marktbereich. Unerheblich sei, ob der beanstandete Artikel gerade auch in Deutschland Aufsehen erregt habe und dort von der deutschen Presse zitiert worden sei. Dass der Kläger in Deutschland einen Wohnsitz habe und in dem Artikel im Zusammenhang mit Straftaten genannt werde, begründe den erforderlichen Inlandsbezug ebenfalls nicht.

II.

6
Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte gegeben.
7
Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass sich die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte, die auch unter der Geltung des § 545 Abs. 2 ZPO in der Revisionsinstanz zu prüfen ist (vgl. BGHZ 153, 82, 84 ff.; BGH, Urteil vom 20. November 2008 - I ZR 70/06 - TranspR 2009, 26 Tz. 17 = VersR 2009, 807 m.w.N; vom 22. Oktober 2009 - I ZR 88/07 - TranspR 2009, 479), nach § 32 ZPO bestimmt. Denn die Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit (§§ 12 ff. ZPO) regeln mittelbar auch die Grenzziehung zwischen der Zuständigkeit deutscher und ausländischer Gerichte (vgl. Senatsurteil vom 3. Mai 1977 - VI ZR 24/75 - NJW 1977, 1590; BGH, Urteil vom 22. November 1994 - XI ZR 45/91 - NJW 1995, 1225, 1226 jeweils m.w.N.).
8
1. Nach § 32 ZPO ist für Klagen aus unerlaubten Handlungen das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist. Zur Begründung der Zuständigkeit genügt es, wenn der Kläger schlüssig Tatsachen behauptet, aus denen sich eine im Gerichtsbezirk begangene unerlaubte Handlung ergibt (vgl. BGHZ 124, 237, 241; 132, 105, 110 f., jeweils m.w.N.). Begehungsort der deliktischen Handlung ist dabei sowohl der Handlungs- als auch der Erfolgsort, so dass eine Zuständigkeit wahlweise dort gegeben ist, wo die Verletzungshandlung begangen wurde, oder dort, wo in ein geschütztes Rechtsgut eingegriffen wurde (vgl. BGHZ 132, 105, 110 f.). Erfasst werden neben Ansprüchen auf Schadensersatz auch Unterlassungsansprüche (vgl. BGH, Beschluss vom 17. März 1994 - I ZR 304/91 - AfP 1994, 288, 290; Zöller/Vollkommer, ZPO, 28. Aufl., § 32 Rn. 14, 16; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl., § 32 Rn. 23). § 32 ZPO setzt nicht voraus, dass eine Rechtsgutsverletzung eingetreten ist. Es genügt , wenn eine solche droht, so dass auch vorbeugende Klagen in den Anwendungsbereich dieser Bestimmung fallen.
9
2. In der Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, welche Anknüpfungskriterien für die Bestimmung und Abgrenzung des Ortes, an dem in ein geschütztes Rechtsgut eingegriffen wurde bzw. an dem ein solcher Eingriff droht, maßgeblich sind, wenn die behauptete Rechtsgutsverletzung durch den Abruf von auf einer Internet-Website eingestellten Inhalten eintritt oder einzutreten droht.
10
a) Zu Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch ehrverletzende Äußerungen in einem Druckerzeugnis hat der erkennende Senat entschieden, dass die Rechtsgutsverletzung u.a. an dem Ort "begangen" werde, an dem das Presseerzeugnis verbreitet werde (Senatsurteil vom 3. Mai 1977 - VI ZR 24/75 - aaO, S. 1590 f.). Von einem Verbreiten könne allerdings nur dann die Rede sein, wenn der Inhalt des Presseerzeugnisses dritten Personen bestimmungsgemäß und nicht bloß zufällig zur Kenntnis gebracht werde. Es könne nicht ausreichen, dass nur hier und da einmal durch Dritte ein oder mehrere Exemplare in ein Gebiet gelangten, das von der Betriebsorganisation des Verlegers oder Her- ausgebers nicht erfasst und in das das Druckerzeugnis nicht regelmäßig geliefert werde (ebenda).
11
b) Die genannte Entscheidung kann auf Internetdelikte allerdings nicht ohne weiteres übertragen werden. Internetinhalte werden regelmäßig nicht "verbreitet", sondern zum Abruf bereit gehalten (vgl. Pichler in Hoeren/Sieber, Handbuch Multimedia-Recht, Stand Juni 2009, Kap. 25 Rn. 210; vgl. auch die Formulierung in § 7 Abs. 1 TMG: Informationen, die Diensteanbieter "zur Nutzung bereit halten"). Im Gegensatz zu Druckerzeugnissen lässt sich im Internet auch ein räumlich abgegrenztes Verbreitungsgebiet einer Website nur schwer bestimmen (vgl. Roth, Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen im Internet, S. 254 f.). Dementsprechend ist die Übertragbarkeit der vom Senat entwickelten Einschränkung auf Delikte im Internet ebenso umstritten wie im Falle der grundsätzlichen Bejahung eines Erfordernisses der bestimmungsgemäßen "Verbreitung" dessen Konkretisierung (vgl. zum Meinungsstand Roth, aaO, S. 232 ff.).
12
aa) Ein Teil der Instanzgerichte und der Literatur hält im Hinblick auf den Charakter des World-Wide-Web die bloße Abrufbarkeit der rechtsverletzenden Inhalte im Inland ohne weiteres für zuständigkeitsbegründend (vgl. Damm/Rehbock, Widerruf, Unterlassung und Schadensersatz in den Medien, 3. Aufl., Rn. 831; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 67. Aufl. Art. 5 EuGVVO Rn. 23; Bachmann, IPrax 1998, 179, 184; Coester-Waltjen, Festschrift für Schütze, 1999, S. 175, 184; Spindler, ZUM 1996, 533, 562; Schack MMR 2000, 135, 138 f.; zum Kennzeichenrecht: OLG Karlsruhe, MMR 2002, 814, 815; OLG Hamburg, MMR 2002, 822, 823; OLG Hamburg, IPrax 2004, 125, 126; zum Namensrecht: OLG München, MMR 2002, 166, 167; zum Persönlichkeitsrecht : KG AfP 2006, 258, 259).
13
bb) Andere nehmen einen Erfolgsort bei Internetdelikten im Inland sowohl im Rahmen des § 32 ZPO als auch im Rahmen der - § 32 ZPO im Wesentlichen gleichgelagerten - Bestimmung des Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ/EuGVVO nur dann an, wenn der beanstandete Internetauftritt gemäß der zielgerichteten Bestimmung des Betreibers im Inland abrufbar ist (vgl. Pichler in Hoeren/Sieber, aaO, Rn. 207 ff. m.w.N.). So hält der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte gemäß Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ bei Wettbewerbsverletzungen nur dann für gegeben, wenn sich der beanstandete Internetauftritt bestimmungsgemäß im Inland auswirken soll bzw. sich bestimmungsgemäß auch an deutsche Internetnutzer richtet (vgl. BGHZ 167, 91, 98 f.). Diese Grundsätze haben verschiedene Instanzgerichte zur Vermeidung einer uferlosen Gerichtspflichtigkeit des Beklagten auf Urheberrechtsverletzungen (OLG Köln, GRUR-RR 2008, 71), Namensrechtsverletzungen (KG, NJW 1997, 3321), Kennzeichenverletzungen (LG Düsseldorf, NJW-RR 1998, 979, 980), Eingriffe in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb (LG Krefeld , AfP 2008, 99, 100) und auf Persönlichkeitsrechtsverletzungen (OLG Celle, OLGR 2003, 47; OLG Düsseldorf, AfP 2009, 159; AG Charlottenburg, MMR 2006, 254, 255) übertragen.
14
cc) Das Tribunal de grande instance de Paris hält im Anwendungsbereich des Art. 5 Nr. 3 EuGVVO die Anzahl der Abrufe der rechtsverletzenden Inhalte vom Gerichtsstaat für ein maßgebliches Abgrenzungskriterium (vgl. Ordonnance du Juge de la Mise en Etat, rendue le 27 Avril 2009, 17. Ch. PresseCivile , Nr. Rg. 08/15331 sowie Ordonnance du Juge de la Mise en Etat, rendue le 6 Juillet 2009, 17. Ch. Presse-Civile, Nr. Rg. 08/15331 = Vorabentscheidungsersuchen in der Rechtssache C-278/09 - Verfahren erledigt durch die Unzuständigkeit feststellenden Beschluss des EuGH vom 20. November 2009, ABl. C 24/18 vom 30. Januar 2010).
15
dd) Für Kennzeichenverletzungen neigt der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs im Anwendungsbereich des Art. 5 Nr. 3 EuGVVO zu einer Begrenzung der Gerichtsstände auf diejenigen, in deren Zuständigkeitsbereich eine Interessenkollision tatsächlich eingetreten sein kann (BGH, Urteil vom 13. Oktober 2004 - I ZR 163/02 - NJW 2005, 1435, 1436; ähnlich Roth, aaO, S. 276 ff.; von Hinden, Persönlichkeitsrechtsverletzungen im Internet, S. 80 ff., 88). Ähnliche Erwägungen liegen der Entscheidung des 1. Strafsenats des Bundesgerichtshofs vom 12. Dezember 2000 (BGHSt 46, 212) zugrunde. Danach tritt dann, wenn ein Ausländer von ihm verfasste Äußerungen, die den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllen, auf einem ausländischen Server in das Internet einstellt, der Internetnutzern in Deutschland zugänglich ist, ein zum Tatbestand gehörender Erfolg im Inland ein, wenn die Äußerungen konkret zur Friedensstörung im Inland geeignet sind (ebenda).
16
c) Für Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch Internetveröffentlichungen ist die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte entsprechend der zuletzt genannten Auffassung zu bestimmen.
17
aa) Die Ansicht, die die bloße Abrufbarkeit der rechtsverletzenden Inhalte für zuständigkeitsbegründend hält, widerspricht dem Sinn und Zweck des § 32 ZPO. Die in dieser Bestimmung geregelte Tatortanknüpfung stellt eine Ausnahme von dem Grundsatz dar, dass die Klage am Gerichtsstand des Beklagten zu erheben ist (actor sequitur forum rei, vgl. BGHZ 115, 90, 92; Pichler in Hoeren/Sieber, aaO, Rn. 9 ff.). Ihre Rechtfertigung liegt in der durch den Handlungs - oder Erfolgsort begründeten besonderen Beziehung der Streitigkeit zum Forum (vgl. Senatsurteil vom 3. Mai 1977 - VI ZR 24/75 - aaO; Pichler in Hoeren /Sieber, aaO, Rn. 180, 195; Bachmann, aaO, S. 181; Roth, aaO, S. 276; Zöller-Vollkommer, aaO, § 32 Rn. 1). Eine besondere Beziehung zu einem bestimmten Forum wird durch die bloße Abrufbarkeit der rechtsverletzenden Inhal- te allein jedoch nicht begründet. Denn die Abrufbarkeit einer Website ist infolge der technischen Rahmenbedingungen in jedem Staat gegeben. Ließe man die bloße Abrufbarkeit genügen, so käme es zu einer uferlosen Ausweitung der Gerichtspflichtigkeit des Beklagten, die den zuständigkeitsrechtlichen Leitprinzipien der Vermeidung beziehungsarmer Gerichtsstände, der Reduzierung konkurrierender Zuständigkeiten und der Vorhersehbarkeit und präventiven Steuerbarkeit der potentiellen Gerichtspflichtigkeit eklatant zuwiderliefe (vgl. Pichler in Hoeren/Sieber, aaO, Rn. 198).
18
bb) Um das zu vermeiden, ist ein über die bloße Abrufbarkeit der rechtsverletzenden Inhalte hinausgehender Inlandsbezug erforderlich (vgl. Senatsbeschluss vom 10. November 2009 - VI ZR 217/08 - VersR 2010, 226 Rn. 19). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann ein derartiger Bezug bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen aber nicht voraussetzen, dass sich die beanstandete Website "gezielt" oder "bestimmungsgemäß" auch an deutsche Internetnutzer richten soll. Dieses Einschränkungskriterium, das bei marktbezogenen Delikten wie Wettbewerbsverletzungen seine Berechtigung hat, ist für die erforderliche Begrenzung der ansonsten bestehenden Vielzahl von Gerichtsständen bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen nicht geeignet. Eine Persönlichkeitsrechtsverletzung setzt keine Marktbeeinflussung voraus, sondern tritt unabhängig von den Intentionen des Verletzers mit der Kenntnisnahme des rechtsverletzenden Inhalts durch Dritte ein (vgl. Pichler in Hoeren/Sieber, aaO, Rn. 229, 251; von Hinden, aaO, S. 83).
19
cc) Der Senat misst auch der Anzahl der Abrufe der rechtsverletzenden Inhalte vom Gerichtsstaat aus jedenfalls bei Unterlassungsansprüchen keine über ein bloßes Indiz hinausgehende Bedeutung für die Bestimmung des erforderlichen Inlandsbezugs zu. Denn zum einen ist die Anzahl der erfolgten Abrufe nicht immer zuverlässig feststellbar; zum anderen ist sie dem insoweit darle- gungs- und beweisbelasteten Kläger schon aus Datenschutzgründen nicht uneingeschränkt zugänglich (vgl. Roth, aaO., S. 232 ff.). Abgesehen davon ist der Unterlassungsanspruch in die Zukunft gerichtet und setzt keine bereits eingetretene Rechtsgutsverletzung voraus.
20
dd) Entscheidend ist vielmehr, ob die als rechtsverletzend beanstandeten Inhalte objektiv einen deutlichen Bezug zum Inland in dem Sinne aufweisen, dass eine Kollision der widerstreitenden Interessen - Interesse des Klägers an der Achtung seines Persönlichkeitsrechts einerseits, Interesse des Beklagten an der Gestaltung seines Internetauftritts und an einer Berichterstattung andererseits - nach den Umständen des konkreten Falls, insbesondere aufgrund des Inhalts der beanstandeten Meldung, im Inland tatsächlich eingetreten sein kann oder eintreten kann (vgl. Senatsbeschluss vom 10. November 2009 - VI ZR 217/08 - aaO, Rn. 21; BGH, Urteil vom 13. Oktober 2004 - I ZR 163/02 - aaO; Pichler, in: Hoeren/Sieber aaO, Kap. 25 Rn. 210; Lütcke, Persönlichkeitsrechtsverletzungen im Internet, 2000, S. 135, 137; Roth aaO, S. 276 f.; ähnlich High Court of Australia, Urteil vom 10. Dezember 2002 - Dow Jones and Company Inc. v. Gutnick [2002] HCA 56; 210 CLR 575; 194 ALR 433; 77 ALJR 255, abrufbar unter http://www.austlii.edu.au/au/cases/cth/HCA/2002/56.html). Dies ist dann anzunehmen, wenn eine Kenntnisnahme von der beanstandeten Meldung nach den Umständen des konkreten Falls im Inland erheblich näher liegt als dies aufgrund der bloßen Abrufbarkeit des Angebots der Fall wäre (vgl. Roth aaO, S. 278 ff.) und die vom Kläger behauptete Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechts durch Kenntnisnahme von der Meldung (auch) im Inland eintreten würde (vgl. Bachmann, IPrax 1998, 179, 185; Pichler in Hoeren/Sieber, aaO, Rn. 251; Roth aaO, S. 282 ff.).
21
3. Nach diesen Grundsätzen ist die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte zur Entscheidung über den in der Revisionsinstanz noch anhängigen Unterlassungsanspruch gemäß § 32 ZPO zu bejahen. Die angegriffenen Äußerungen weisen schon inhaltlich einen deutlichen Inlandsbezug auf, der ein erhebliches Interesse deutscher Internetnutzer an ihrer Kenntnisnahme nahe legt. In dem angegriffenen Artikel wird der in Deutschland wohnhafte Kläger namentlich genannt. Ihm werden unter Berufung auf Berichte europäischer Strafverfolgungsbehörden Verbindungen zur russischen Mafia nachgesagt. Es wird behauptet, seine Firma in Deutschland sei ausweislich der Berichte deutscher Strafverfolgungsbehörden Teil eines Netzwerkes des internationalen organisierten Verbrechens und dem Kläger sei die Einreise in die USA untersagt.
22
Es liegt nahe, dass der Artikel im Inland zur Kenntnis genommen wurde oder wird. Bei der "New York Times" handelt es sich um ein international anerkanntes Presseerzeugnis, das einen weltweiten Interessentenkreis ansprechen und erreichen will. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war und ist die Online-Ausgabe der Zeitung auch in Deutschland abrufbar. Deutschland ist im Registrierungsbereich des Online-Portals ausdrücklich als "country of residence" aufgeführt. Im Juni 2001 waren nach den Feststellungen des Berufungsgerichts 14.484 Internetnutzer registriert, die Deutschland als Wohnsitz angegeben hatten.
23
Durch die angegriffenen Äußerungen wird die Achtung, die der in Deutschland wohnhafte und geschäftlich tätige Kläger in seinem Lebenskreis in Deutschland genießt, jedenfalls auch in Deutschland gestört bzw. gefährdet (vgl. zur Störung des Achtungsanspruchs am Wohnort des Betroffenen: Senatsurteil vom 3. Mai 1977 - VI ZR 24/75 - aaO).
24
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist dem Artikel der erforderliche Inlandsbezug nicht deshalb abzusprechen, weil er im Lokalteil des Internetauftritts, dem sogenannten "Metropolitan Desk", zum Abruf bereit gehalten wird. Er kann insbesondere nicht einer Meldung in der Onlineausgabe einer lokalen Tageszeitung oder einem Stadtmagazin mit vornehmlich lokalen Inhalten gleichgesetzt werden, die typischerweise objektiv auf die entsprechende Region ausgerichtet ist. Ausweislich des Artikels wurde er in Washington verfasst ; er befasst sich offensichtlich nicht mit einem lokalen Ereignis, sondern mit Vorgängen von erheblichem internationalen Interesse, nämlich der Bestechung osteuropäischer Beamter zur Förderung eigener geschäftlicher Interessen. Abgesehen davon ist zu berücksichtigen, dass der Leser einer Online-Ausgabe anders als der herkömmliche Zeitungsleser die Möglichkeit hat, ihn interessierende Inhalte mit der Suchfunktion - beispielsweise durch Eingabe des Wortes "Germany" in das Suchfeld - zu ermitteln. Soweit das Berufungsgericht annimmt , der angegriffene Artikel habe im Inland zu vernachlässigende Auswirkungen , weil ihn lediglich 14.484 Personen zur Kenntnis hätten nehmen können , übersieht es zum einen, dass es zur Begründung der internationalen Zuständigkeit bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen nicht auf Spürbarkeitsgesichtspunkte ankommt (vgl. Senatsurteil vom 3. Mai 1977 - VI ZR 24/75 - aaO, S. 1591). Zum anderen berücksichtigt es nicht hinreichend, dass der soziale Geltungsanspruch des Klägers bereits dann erheblich tangiert sein kann, wenn auch nur eine Person aus seinem Lebenskreis die für ihn abträglichen Behauptungen zur Kenntnis nimmt.
25
4. Das Berufungsurteil war gemäß § 562 Abs. 1 ZPO teilweise aufzuheben und die Sache im Umfang der Aufhebung nach § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Eine Zurückverweisung an das Landgericht im Wege eigener Sachentscheidung des Senats nach §§ 563 Abs. 3, 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO kam schon deshalb nicht in Betracht, weil dies von keiner Partei beantragt worden ist (§ 538 Abs. 2 Satz 1 ZPO; vgl. BGH, Urteil vom 13. Februar 2003 - III ZR 176/02 - NZM 2003, 375; Musielak/Ball, ZPO, 7. Aufl., § 563 Rn. 3, 23). Im weiteren Verfahren wird das Berufungsgericht auch den in der Revisionserwiderung vorgebrachten Bedenken gegen die Fassung des Klageantrags Rechnung zu tragen haben. Galke Diederichsen Pauge Stöhr von Pentz
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 09.01.2008 - 12 O 393/02 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 30.12.2008 - I-15 U 17/08 -

Für Klagen aus unerlaubten Handlungen ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 23/09 Verkündet am:
2. März 2010
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
ZPO § 32; BGB §§ 823 Abs. 1 Ah, 1004 Abs. 1 Satz 2

a) Die deutschen Gerichte sind zur Entscheidung über Klagen wegen Persönlichkeitsbeeinträchtigungen
durch im Internet abrufbare Veröffentlichungen
international zuständig, wenn die als rechtsverletzend beanstandeten Inhalte
objektiv einen deutlichen Bezug zum Inland in dem Sinne aufweisen, dass
eine Kollision der widerstreitenden Interessen - Interesse des Klägers an der
Achtung seines Persönlichkeitsrechts einerseits, Interesse des Beklagten an
der Gestaltung seines Internetauftritts und an einer Berichterstattung andererseits
- nach den Umständen des konkreten Falls, insbesondere aufgrund
des Inhalts der beanstandeten Meldung, im Inland tatsächlich eingetreten
sein kann oder eintreten kann.

b) Dies ist dann anzunehmen, wenn eine Kenntnisnahme von der beanstandeten
Meldung nach den Umständen des konkreten Falls im Inland erheblich
näher liegt als es aufgrund der bloßen Abrufbarkeit des Angebots der Fall
wäre und die vom Kläger behauptete Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechts
durch Kenntnisnahme von der Meldung (auch) im Inland eintreten
würde.
BGH, Urteil vom 2. März 2010 - VI ZR 23/09 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 2. März 2010 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die Richterin Diederichsen
, die Richter Pauge und Stöhr und die Richterin von Pentz

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 30. Dezember 2008 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die auf ein Verbot des Bereithaltens der beanstandeten Äußerungen zum Abruf im Internet gerichtete Unterlassungsklage des Klägers als unzulässig abgewiesen worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der in Deutschland wohnhafte Kläger nimmt die Verlegerin der Tageszeitung "The New York Times" sowie den in New York ansässigen Autor eines am 12. Juni 2001 in der Printausgabe der Zeitung veröffentlichten und am selben Tag in den Internetauftritt der Zeitung eingestellten und dort im "Online-Archiv" zum Abruf bereit gehaltenen Artikels, durch den sich der Kläger in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt sieht, auf Unterlassung in Anspruch.
2
Der beanstandete Artikel befasst sich mit einem in der Stadt New York eingeleiteten Ermittlungsverfahren gegen R. L. und das von ihm beherrschte Unternehmen C.E.M. wegen Bestechung ukrainischer Regierungsangestellter. In dem Artikel wird der Kläger namentlich erwähnt und als Goldschmuggler und Täter einer Unterschlagung bezeichnet, dessen Unternehmen in Deutschland nach Berichten der amerikanischen und deutschen Ermittlungsbehörden Teil der russischen organisierten Kriminalität sei. Es wird behauptet, der Kläger habe Verbindungen zum organisierten Verbrechen in Russland und ihm sei die Einreise in die USA untersagt.
3
Beide Vorinstanzen haben die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte verneint und die Klage deshalb als unzulässig abgewiesen. Mit seiner vom Bundesgerichtshof zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter, soweit es darauf gerichtet ist, den Beklagten zu untersagen, die beanstandeten Äußerungen im Internet zum Abruf bereit zu halten.

Entscheidungsgründe:

I.

4
Das Berufungsgericht, dessen Urteil u.a. in AfP 2009, 159 veröffentlicht ist, hat die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte nach § 32 ZPO verneint, weil die vom Kläger behauptete Verletzung seines Persönlichkeitsrechts durch den beanstandeten Artikel nicht in Deutschland begangen worden sei. Die Printausgabe der "New York Times" vom 12. Juni 2001 sei nicht im regelmäßigen Geschäftsverkehr nach Deutschland ausgeliefert worden, weshalb es an einer zuständigkeitsbegründenden Verbreitung im Inland fehle.
5
Auch die Veröffentlichung des Artikels im Internet begründe keinen Gerichtsstand in Deutschland. Der Artikel weise nicht den erforderlichen Inlandsbezug auf. Er richte sich nicht gezielt bzw. bestimmungsgemäß an Internetnutzer in Deutschland. Für diese Beurteilung sei insbesondere maßgebend, dass der Artikel lediglich im Lokalteil der "New York Times" abrufbar und deshalb von seinem äußeren Erscheinungsbild her auf das amerikanische, insbesondere das Publikum im Raum New York, abgestimmt sei. Die Sachlage sei insoweit vergleichbar mit der Online-Ausgabe einer lokalen oder regionalen Tageszeitung mit vornehmlich lokalen Inhalten, die typischerweise objektiv auf die entsprechende Region ausgerichtet seien. Es sei deshalb anzunehmen, dass der Artikel im Ausland kaum auf nennenswertes Interesse stoße. Dass Deutschland in der Online-Ausgabe der "New York Times" als "country of residence" genannt werde, führe ebenso wenig zu einer anderen Beurteilung wie die Tatsache, dass 14.484 Leser im Juni 2001 im Wege der Selbstauskunft Deutschland als Wohnsitz angegeben hätten; denn dies entspreche lediglich einem Anteil von etwa einem halben Prozent der gesamten registrierten Online-Leserschaft der "New York Times" und bedeute unter Spürbarkeitsgesichtspunkten eine zu vernachlässigende Auswirkung im inländischen Marktbereich. Unerheblich sei, ob der beanstandete Artikel gerade auch in Deutschland Aufsehen erregt habe und dort von der deutschen Presse zitiert worden sei. Dass der Kläger in Deutschland einen Wohnsitz habe und in dem Artikel im Zusammenhang mit Straftaten genannt werde, begründe den erforderlichen Inlandsbezug ebenfalls nicht.

II.

6
Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte gegeben.
7
Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass sich die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte, die auch unter der Geltung des § 545 Abs. 2 ZPO in der Revisionsinstanz zu prüfen ist (vgl. BGHZ 153, 82, 84 ff.; BGH, Urteil vom 20. November 2008 - I ZR 70/06 - TranspR 2009, 26 Tz. 17 = VersR 2009, 807 m.w.N; vom 22. Oktober 2009 - I ZR 88/07 - TranspR 2009, 479), nach § 32 ZPO bestimmt. Denn die Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit (§§ 12 ff. ZPO) regeln mittelbar auch die Grenzziehung zwischen der Zuständigkeit deutscher und ausländischer Gerichte (vgl. Senatsurteil vom 3. Mai 1977 - VI ZR 24/75 - NJW 1977, 1590; BGH, Urteil vom 22. November 1994 - XI ZR 45/91 - NJW 1995, 1225, 1226 jeweils m.w.N.).
8
1. Nach § 32 ZPO ist für Klagen aus unerlaubten Handlungen das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist. Zur Begründung der Zuständigkeit genügt es, wenn der Kläger schlüssig Tatsachen behauptet, aus denen sich eine im Gerichtsbezirk begangene unerlaubte Handlung ergibt (vgl. BGHZ 124, 237, 241; 132, 105, 110 f., jeweils m.w.N.). Begehungsort der deliktischen Handlung ist dabei sowohl der Handlungs- als auch der Erfolgsort, so dass eine Zuständigkeit wahlweise dort gegeben ist, wo die Verletzungshandlung begangen wurde, oder dort, wo in ein geschütztes Rechtsgut eingegriffen wurde (vgl. BGHZ 132, 105, 110 f.). Erfasst werden neben Ansprüchen auf Schadensersatz auch Unterlassungsansprüche (vgl. BGH, Beschluss vom 17. März 1994 - I ZR 304/91 - AfP 1994, 288, 290; Zöller/Vollkommer, ZPO, 28. Aufl., § 32 Rn. 14, 16; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl., § 32 Rn. 23). § 32 ZPO setzt nicht voraus, dass eine Rechtsgutsverletzung eingetreten ist. Es genügt , wenn eine solche droht, so dass auch vorbeugende Klagen in den Anwendungsbereich dieser Bestimmung fallen.
9
2. In der Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, welche Anknüpfungskriterien für die Bestimmung und Abgrenzung des Ortes, an dem in ein geschütztes Rechtsgut eingegriffen wurde bzw. an dem ein solcher Eingriff droht, maßgeblich sind, wenn die behauptete Rechtsgutsverletzung durch den Abruf von auf einer Internet-Website eingestellten Inhalten eintritt oder einzutreten droht.
10
a) Zu Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch ehrverletzende Äußerungen in einem Druckerzeugnis hat der erkennende Senat entschieden, dass die Rechtsgutsverletzung u.a. an dem Ort "begangen" werde, an dem das Presseerzeugnis verbreitet werde (Senatsurteil vom 3. Mai 1977 - VI ZR 24/75 - aaO, S. 1590 f.). Von einem Verbreiten könne allerdings nur dann die Rede sein, wenn der Inhalt des Presseerzeugnisses dritten Personen bestimmungsgemäß und nicht bloß zufällig zur Kenntnis gebracht werde. Es könne nicht ausreichen, dass nur hier und da einmal durch Dritte ein oder mehrere Exemplare in ein Gebiet gelangten, das von der Betriebsorganisation des Verlegers oder Her- ausgebers nicht erfasst und in das das Druckerzeugnis nicht regelmäßig geliefert werde (ebenda).
11
b) Die genannte Entscheidung kann auf Internetdelikte allerdings nicht ohne weiteres übertragen werden. Internetinhalte werden regelmäßig nicht "verbreitet", sondern zum Abruf bereit gehalten (vgl. Pichler in Hoeren/Sieber, Handbuch Multimedia-Recht, Stand Juni 2009, Kap. 25 Rn. 210; vgl. auch die Formulierung in § 7 Abs. 1 TMG: Informationen, die Diensteanbieter "zur Nutzung bereit halten"). Im Gegensatz zu Druckerzeugnissen lässt sich im Internet auch ein räumlich abgegrenztes Verbreitungsgebiet einer Website nur schwer bestimmen (vgl. Roth, Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen im Internet, S. 254 f.). Dementsprechend ist die Übertragbarkeit der vom Senat entwickelten Einschränkung auf Delikte im Internet ebenso umstritten wie im Falle der grundsätzlichen Bejahung eines Erfordernisses der bestimmungsgemäßen "Verbreitung" dessen Konkretisierung (vgl. zum Meinungsstand Roth, aaO, S. 232 ff.).
12
aa) Ein Teil der Instanzgerichte und der Literatur hält im Hinblick auf den Charakter des World-Wide-Web die bloße Abrufbarkeit der rechtsverletzenden Inhalte im Inland ohne weiteres für zuständigkeitsbegründend (vgl. Damm/Rehbock, Widerruf, Unterlassung und Schadensersatz in den Medien, 3. Aufl., Rn. 831; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 67. Aufl. Art. 5 EuGVVO Rn. 23; Bachmann, IPrax 1998, 179, 184; Coester-Waltjen, Festschrift für Schütze, 1999, S. 175, 184; Spindler, ZUM 1996, 533, 562; Schack MMR 2000, 135, 138 f.; zum Kennzeichenrecht: OLG Karlsruhe, MMR 2002, 814, 815; OLG Hamburg, MMR 2002, 822, 823; OLG Hamburg, IPrax 2004, 125, 126; zum Namensrecht: OLG München, MMR 2002, 166, 167; zum Persönlichkeitsrecht : KG AfP 2006, 258, 259).
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bb) Andere nehmen einen Erfolgsort bei Internetdelikten im Inland sowohl im Rahmen des § 32 ZPO als auch im Rahmen der - § 32 ZPO im Wesentlichen gleichgelagerten - Bestimmung des Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ/EuGVVO nur dann an, wenn der beanstandete Internetauftritt gemäß der zielgerichteten Bestimmung des Betreibers im Inland abrufbar ist (vgl. Pichler in Hoeren/Sieber, aaO, Rn. 207 ff. m.w.N.). So hält der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte gemäß Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ bei Wettbewerbsverletzungen nur dann für gegeben, wenn sich der beanstandete Internetauftritt bestimmungsgemäß im Inland auswirken soll bzw. sich bestimmungsgemäß auch an deutsche Internetnutzer richtet (vgl. BGHZ 167, 91, 98 f.). Diese Grundsätze haben verschiedene Instanzgerichte zur Vermeidung einer uferlosen Gerichtspflichtigkeit des Beklagten auf Urheberrechtsverletzungen (OLG Köln, GRUR-RR 2008, 71), Namensrechtsverletzungen (KG, NJW 1997, 3321), Kennzeichenverletzungen (LG Düsseldorf, NJW-RR 1998, 979, 980), Eingriffe in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb (LG Krefeld , AfP 2008, 99, 100) und auf Persönlichkeitsrechtsverletzungen (OLG Celle, OLGR 2003, 47; OLG Düsseldorf, AfP 2009, 159; AG Charlottenburg, MMR 2006, 254, 255) übertragen.
14
cc) Das Tribunal de grande instance de Paris hält im Anwendungsbereich des Art. 5 Nr. 3 EuGVVO die Anzahl der Abrufe der rechtsverletzenden Inhalte vom Gerichtsstaat für ein maßgebliches Abgrenzungskriterium (vgl. Ordonnance du Juge de la Mise en Etat, rendue le 27 Avril 2009, 17. Ch. PresseCivile , Nr. Rg. 08/15331 sowie Ordonnance du Juge de la Mise en Etat, rendue le 6 Juillet 2009, 17. Ch. Presse-Civile, Nr. Rg. 08/15331 = Vorabentscheidungsersuchen in der Rechtssache C-278/09 - Verfahren erledigt durch die Unzuständigkeit feststellenden Beschluss des EuGH vom 20. November 2009, ABl. C 24/18 vom 30. Januar 2010).
15
dd) Für Kennzeichenverletzungen neigt der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs im Anwendungsbereich des Art. 5 Nr. 3 EuGVVO zu einer Begrenzung der Gerichtsstände auf diejenigen, in deren Zuständigkeitsbereich eine Interessenkollision tatsächlich eingetreten sein kann (BGH, Urteil vom 13. Oktober 2004 - I ZR 163/02 - NJW 2005, 1435, 1436; ähnlich Roth, aaO, S. 276 ff.; von Hinden, Persönlichkeitsrechtsverletzungen im Internet, S. 80 ff., 88). Ähnliche Erwägungen liegen der Entscheidung des 1. Strafsenats des Bundesgerichtshofs vom 12. Dezember 2000 (BGHSt 46, 212) zugrunde. Danach tritt dann, wenn ein Ausländer von ihm verfasste Äußerungen, die den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllen, auf einem ausländischen Server in das Internet einstellt, der Internetnutzern in Deutschland zugänglich ist, ein zum Tatbestand gehörender Erfolg im Inland ein, wenn die Äußerungen konkret zur Friedensstörung im Inland geeignet sind (ebenda).
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c) Für Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch Internetveröffentlichungen ist die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte entsprechend der zuletzt genannten Auffassung zu bestimmen.
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aa) Die Ansicht, die die bloße Abrufbarkeit der rechtsverletzenden Inhalte für zuständigkeitsbegründend hält, widerspricht dem Sinn und Zweck des § 32 ZPO. Die in dieser Bestimmung geregelte Tatortanknüpfung stellt eine Ausnahme von dem Grundsatz dar, dass die Klage am Gerichtsstand des Beklagten zu erheben ist (actor sequitur forum rei, vgl. BGHZ 115, 90, 92; Pichler in Hoeren/Sieber, aaO, Rn. 9 ff.). Ihre Rechtfertigung liegt in der durch den Handlungs - oder Erfolgsort begründeten besonderen Beziehung der Streitigkeit zum Forum (vgl. Senatsurteil vom 3. Mai 1977 - VI ZR 24/75 - aaO; Pichler in Hoeren /Sieber, aaO, Rn. 180, 195; Bachmann, aaO, S. 181; Roth, aaO, S. 276; Zöller-Vollkommer, aaO, § 32 Rn. 1). Eine besondere Beziehung zu einem bestimmten Forum wird durch die bloße Abrufbarkeit der rechtsverletzenden Inhal- te allein jedoch nicht begründet. Denn die Abrufbarkeit einer Website ist infolge der technischen Rahmenbedingungen in jedem Staat gegeben. Ließe man die bloße Abrufbarkeit genügen, so käme es zu einer uferlosen Ausweitung der Gerichtspflichtigkeit des Beklagten, die den zuständigkeitsrechtlichen Leitprinzipien der Vermeidung beziehungsarmer Gerichtsstände, der Reduzierung konkurrierender Zuständigkeiten und der Vorhersehbarkeit und präventiven Steuerbarkeit der potentiellen Gerichtspflichtigkeit eklatant zuwiderliefe (vgl. Pichler in Hoeren/Sieber, aaO, Rn. 198).
18
bb) Um das zu vermeiden, ist ein über die bloße Abrufbarkeit der rechtsverletzenden Inhalte hinausgehender Inlandsbezug erforderlich (vgl. Senatsbeschluss vom 10. November 2009 - VI ZR 217/08 - VersR 2010, 226 Rn. 19). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann ein derartiger Bezug bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen aber nicht voraussetzen, dass sich die beanstandete Website "gezielt" oder "bestimmungsgemäß" auch an deutsche Internetnutzer richten soll. Dieses Einschränkungskriterium, das bei marktbezogenen Delikten wie Wettbewerbsverletzungen seine Berechtigung hat, ist für die erforderliche Begrenzung der ansonsten bestehenden Vielzahl von Gerichtsständen bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen nicht geeignet. Eine Persönlichkeitsrechtsverletzung setzt keine Marktbeeinflussung voraus, sondern tritt unabhängig von den Intentionen des Verletzers mit der Kenntnisnahme des rechtsverletzenden Inhalts durch Dritte ein (vgl. Pichler in Hoeren/Sieber, aaO, Rn. 229, 251; von Hinden, aaO, S. 83).
19
cc) Der Senat misst auch der Anzahl der Abrufe der rechtsverletzenden Inhalte vom Gerichtsstaat aus jedenfalls bei Unterlassungsansprüchen keine über ein bloßes Indiz hinausgehende Bedeutung für die Bestimmung des erforderlichen Inlandsbezugs zu. Denn zum einen ist die Anzahl der erfolgten Abrufe nicht immer zuverlässig feststellbar; zum anderen ist sie dem insoweit darle- gungs- und beweisbelasteten Kläger schon aus Datenschutzgründen nicht uneingeschränkt zugänglich (vgl. Roth, aaO., S. 232 ff.). Abgesehen davon ist der Unterlassungsanspruch in die Zukunft gerichtet und setzt keine bereits eingetretene Rechtsgutsverletzung voraus.
20
dd) Entscheidend ist vielmehr, ob die als rechtsverletzend beanstandeten Inhalte objektiv einen deutlichen Bezug zum Inland in dem Sinne aufweisen, dass eine Kollision der widerstreitenden Interessen - Interesse des Klägers an der Achtung seines Persönlichkeitsrechts einerseits, Interesse des Beklagten an der Gestaltung seines Internetauftritts und an einer Berichterstattung andererseits - nach den Umständen des konkreten Falls, insbesondere aufgrund des Inhalts der beanstandeten Meldung, im Inland tatsächlich eingetreten sein kann oder eintreten kann (vgl. Senatsbeschluss vom 10. November 2009 - VI ZR 217/08 - aaO, Rn. 21; BGH, Urteil vom 13. Oktober 2004 - I ZR 163/02 - aaO; Pichler, in: Hoeren/Sieber aaO, Kap. 25 Rn. 210; Lütcke, Persönlichkeitsrechtsverletzungen im Internet, 2000, S. 135, 137; Roth aaO, S. 276 f.; ähnlich High Court of Australia, Urteil vom 10. Dezember 2002 - Dow Jones and Company Inc. v. Gutnick [2002] HCA 56; 210 CLR 575; 194 ALR 433; 77 ALJR 255, abrufbar unter http://www.austlii.edu.au/au/cases/cth/HCA/2002/56.html). Dies ist dann anzunehmen, wenn eine Kenntnisnahme von der beanstandeten Meldung nach den Umständen des konkreten Falls im Inland erheblich näher liegt als dies aufgrund der bloßen Abrufbarkeit des Angebots der Fall wäre (vgl. Roth aaO, S. 278 ff.) und die vom Kläger behauptete Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechts durch Kenntnisnahme von der Meldung (auch) im Inland eintreten würde (vgl. Bachmann, IPrax 1998, 179, 185; Pichler in Hoeren/Sieber, aaO, Rn. 251; Roth aaO, S. 282 ff.).
21
3. Nach diesen Grundsätzen ist die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte zur Entscheidung über den in der Revisionsinstanz noch anhängigen Unterlassungsanspruch gemäß § 32 ZPO zu bejahen. Die angegriffenen Äußerungen weisen schon inhaltlich einen deutlichen Inlandsbezug auf, der ein erhebliches Interesse deutscher Internetnutzer an ihrer Kenntnisnahme nahe legt. In dem angegriffenen Artikel wird der in Deutschland wohnhafte Kläger namentlich genannt. Ihm werden unter Berufung auf Berichte europäischer Strafverfolgungsbehörden Verbindungen zur russischen Mafia nachgesagt. Es wird behauptet, seine Firma in Deutschland sei ausweislich der Berichte deutscher Strafverfolgungsbehörden Teil eines Netzwerkes des internationalen organisierten Verbrechens und dem Kläger sei die Einreise in die USA untersagt.
22
Es liegt nahe, dass der Artikel im Inland zur Kenntnis genommen wurde oder wird. Bei der "New York Times" handelt es sich um ein international anerkanntes Presseerzeugnis, das einen weltweiten Interessentenkreis ansprechen und erreichen will. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war und ist die Online-Ausgabe der Zeitung auch in Deutschland abrufbar. Deutschland ist im Registrierungsbereich des Online-Portals ausdrücklich als "country of residence" aufgeführt. Im Juni 2001 waren nach den Feststellungen des Berufungsgerichts 14.484 Internetnutzer registriert, die Deutschland als Wohnsitz angegeben hatten.
23
Durch die angegriffenen Äußerungen wird die Achtung, die der in Deutschland wohnhafte und geschäftlich tätige Kläger in seinem Lebenskreis in Deutschland genießt, jedenfalls auch in Deutschland gestört bzw. gefährdet (vgl. zur Störung des Achtungsanspruchs am Wohnort des Betroffenen: Senatsurteil vom 3. Mai 1977 - VI ZR 24/75 - aaO).
24
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist dem Artikel der erforderliche Inlandsbezug nicht deshalb abzusprechen, weil er im Lokalteil des Internetauftritts, dem sogenannten "Metropolitan Desk", zum Abruf bereit gehalten wird. Er kann insbesondere nicht einer Meldung in der Onlineausgabe einer lokalen Tageszeitung oder einem Stadtmagazin mit vornehmlich lokalen Inhalten gleichgesetzt werden, die typischerweise objektiv auf die entsprechende Region ausgerichtet ist. Ausweislich des Artikels wurde er in Washington verfasst ; er befasst sich offensichtlich nicht mit einem lokalen Ereignis, sondern mit Vorgängen von erheblichem internationalen Interesse, nämlich der Bestechung osteuropäischer Beamter zur Förderung eigener geschäftlicher Interessen. Abgesehen davon ist zu berücksichtigen, dass der Leser einer Online-Ausgabe anders als der herkömmliche Zeitungsleser die Möglichkeit hat, ihn interessierende Inhalte mit der Suchfunktion - beispielsweise durch Eingabe des Wortes "Germany" in das Suchfeld - zu ermitteln. Soweit das Berufungsgericht annimmt , der angegriffene Artikel habe im Inland zu vernachlässigende Auswirkungen , weil ihn lediglich 14.484 Personen zur Kenntnis hätten nehmen können , übersieht es zum einen, dass es zur Begründung der internationalen Zuständigkeit bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen nicht auf Spürbarkeitsgesichtspunkte ankommt (vgl. Senatsurteil vom 3. Mai 1977 - VI ZR 24/75 - aaO, S. 1591). Zum anderen berücksichtigt es nicht hinreichend, dass der soziale Geltungsanspruch des Klägers bereits dann erheblich tangiert sein kann, wenn auch nur eine Person aus seinem Lebenskreis die für ihn abträglichen Behauptungen zur Kenntnis nimmt.
25
4. Das Berufungsurteil war gemäß § 562 Abs. 1 ZPO teilweise aufzuheben und die Sache im Umfang der Aufhebung nach § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Eine Zurückverweisung an das Landgericht im Wege eigener Sachentscheidung des Senats nach §§ 563 Abs. 3, 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO kam schon deshalb nicht in Betracht, weil dies von keiner Partei beantragt worden ist (§ 538 Abs. 2 Satz 1 ZPO; vgl. BGH, Urteil vom 13. Februar 2003 - III ZR 176/02 - NZM 2003, 375; Musielak/Ball, ZPO, 7. Aufl., § 563 Rn. 3, 23). Im weiteren Verfahren wird das Berufungsgericht auch den in der Revisionserwiderung vorgebrachten Bedenken gegen die Fassung des Klageantrags Rechnung zu tragen haben. Galke Diederichsen Pauge Stöhr von Pentz
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 09.01.2008 - 12 O 393/02 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 30.12.2008 - I-15 U 17/08 -

Für Klagen aus unerlaubten Handlungen ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 276/02 Verkündet am:
13. September 2004
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
AGBG § 9 Bm, Cj; AuslInvestmG §§ 1, 2 Nr. 1, 2, 4 lit. f, § 3 Abs. 2 Nr. 2, §§ 6,
7, 8, 11, 12, 21 Abs. 1 Nr. 1; BGB §§ 276 Fa, 823 Abs. 2 Bf, 826 Gh; EGBGB
Artt. 27, 37 Abs. 1 Nr. 2

a) Der inländische Vertriebsbeauftragte einer ausländischen Investmentgesellschaft
, der von ihr zur Entgegennahme etwaiger Widerrufserklärungen der
Anleger bestellt worden ist, hat als "Repräsentant" der Gesellschaft i.S. von
§ 6 AuslInvestmG auch dann zu gelten, wenn sie ihn in ihrem Prospektmaterial
- entgegen § 3 Abs. 2 Nr. 2 AuslInvestmG - nicht ausdrücklich als solchen
benannt und eine Vertriebsanzeige gegenüber der Aufsichtsbehörde gemäß
§ 7 AuslInvestmG unterlassen hat.

b) Ein Vertrag über eine stille Beteiligung an einer Auslandsgesellschaft ist
einer Rechtwahl gemäß Art. 27 EGBGB zugänglich und unterliegt nicht der
Bereichsausnahme gemäß § 37 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB.

c) Zur Haftung einer Anlagegesellschaft aus c.i.c. wegen irreführender Vertragsgestaltung.

d) Die Vorschriften des § 2 Abs. 1 Nr. 2, Nr. 4 lit. f und des § 8 Abs. 1
AuslInvestmG sind Schutzgesetze i.S. von § 823 Abs. 2 BGB zugunsten der
Kapitalanleger.

e) Die an dem formell und materiell unzulässigen Vertrieb ausländischer Investmentanteile
leichtfertig mitwirkenden inländischen Funktionsträger einer
Auslandsgesellschaft können den Anlegern gegenüber aus § 826 BGB schadensersatzpflichtig
sein.
BGH, Urteil vom 13. September 2004 - II ZR 276/02 - OLG Celle
LG Stade
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 19. Juli 2004 durch den Vorsitzenden Richter
Dr. h.c. Röhricht und die Richter Prof. Dr. Goette, Kraemer, Dr. Strohn und
Caliebe

für Recht erkannt:
I. Auf die Revision der Klägerin wird - unter Zurückweisung der Revision der Beklagten zu 1 - das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 14. August 2002 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung der Klägerin gegenüber den Beklagten zu 2 und 3 zurückgewiesen worden ist.
II. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Stade vom 23. Januar 2002 wie folgt abgeändert: 1. Die Beklagten zu 1 bis 3 werden wie Gesamtschuldner verurteilt , an die Klägerin 38.195,87 € nebst 4 % Zinsen aus 26.842,82 € vom 15. Mai 1997 bis 22. Mai 1997, aus 53.685,65 € vom 23. Mai 1997 bis 4. August 1997, aus 38.410,80 € vom 5. August 1997 bis 7. August 1997, aus 39.241,65 € vom 8. August 1997 bis 10. August 1997, aus 55.347,35 € vom 11. August 1997 bis 13. August 1997, aus 46.527,56 € vom 14. August 1997 bis 25. August 1997, aus 37.707,78 € vom 26. August 1997 bis 28. August 1997, aus 57.136,87 € vom 29. August 1997 bis 31. März 2000, aus 55.161,24 € vom 1. April 2000 bis 31. März 2001 und aus 38.195,87 € seit dem 1. April 2001 zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, daß die Hauptsache in Höhe von 16.965,37 € (= 33.181,37 DM) im Verhältnis zu den Beklagten zu 1 bis 3 erledigt ist.
3. Im übrigen wird die Klage (gegenüber dem Beklagten zu 4) abgewiesen. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
4. Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Klägerin in erster und zweiter Instanz tragen die Beklagten zu 1 bis 3 als Gesamtschuldner ¾, die Klägerin ¼. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1 bis 3 tragen diese selbst, diejenigen des Beklagten zu 4 trägt die Klägerin.
III. Die Kosten des Revisionsverfahrens tragen die Beklagten zu 1 bis 3 als Gesamtschuldner.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin begehrt aus eigenem und aus abgetretenem Recht ihres Ehemannes Erstattung der Einlagen und Schadensersatz aus stillen Beteiligungen an der Beklagten zu 1, einer auf den British Virgin Islands registrierten Gesellschaft (Ltd.), die vornehmlich in Deutschland Anlegerkapital gesammelt hat, um es auf asiatischen Finanzmärkten in Fonds, Aktien und Aktienoptionen zu investieren. Nach dem in ihrem Prospekt abgedruckten Formularvertrag beteiligten sich die jeweiligen Anleger für mindestens drei Jahre als stille Gesellschafter am Unternehmenszweck der Beklagten zu 1 unter Ausschluß einer Nachschußpflicht und einer Haftung für deren Verbindlichkeiten. In § 8 Ziff. 1 des Vertrages heißt es: "Der stille Gesellschafter ist anteilig am Gewinn, nicht am Verlust des Unternehmens beteiligt". Gemäß § 17 Nr. 3 ist als Gerichtsstand der Wohnsitz des stillen Gesellschafters vereinbart. Gemäß den anschließenden "Treuhandvereinbarungen" hatte der Beklagte zu 2, ein deutscher Rechtsanwalt , die Anlegergelder für die Beklagte zu 1 entgegenzunehmen und sie an die L. Ltd. in Hongkong zu überweisen, welche die Gelder bis zu ihrer Verwendung durch die Beklagte zu 1 auf einem verzinsten Konto halten und der Beklagten zu 1 auch Kredit für ihre Wertpapiergeschäfte gewähren sollte. Gemäß einer weiteren Formularvereinbarung sollte die Verantwortung für den Prospektinhalt allein die Beklagte zu 1 (nicht ihre selbständigen Vertriebsagenten und Vermittlungsgesellschaften) treffen und ihre Haftung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit sowie auf den Betrag der jeweiligen Gesellschaftereinlage beschränkt sein. Ansprüche der Anleger aus Prospekthaftung sollten in zwei Jahren nach ihrem Beitritt verjähren. In abschließenden "Risikohinweisen" wird u.a. auf die Gefahr eines Teil- oder Totalverlustes der Gesellschaftereinlage , zugleich aber auch auf die Absicherung des Totalverlustrisikos durch die Beklagte zu 1 hingewiesen. Gemäß ihrem prospektierten Anlagekonzept sollten
die Anleger für einen Teilbetrag von ca. 60 % ihrer Einlagen Null-CouponInhaberschuldverschreibungen solventer Drittunternehmen mit einem Nominalwert von 100 bis 125 % der Einlagesumme und einer Laufzeit von acht bis zehn Jahren erhalten. Lediglich 25 bis 30 % der Einlagen sollten - nach Abzug von 10 bis 15 % für Provisionen o.ä. - als Risikokapital verbleiben, das jedoch durch Darlehensaufnahme seitens der Beklagten zu 1 bei der L. Ltd. auf bis zu 100 % der Einlagesumme aufzustocken war. Etliche Anleger stockten ihre Einlage selbst auf, indem sie - durch eine von der Beklagten zu 1 vorformulierte Erklärung - auf die Absicherung mittels der Inhaberschuldverschreibungen verzichteten.
Die Klägerin und ihr Ehemann (im folgenden: der Zedent) zeichneten im Mai und August 1997 durch Vermittlung des vormaligen Beklagten zu 4 in mehreren Tranchen stille Beteiligungen an der Beklagten zu 1, zunächst in Höhe von je 50.000,00 DM, sodann in Höhe von weiteren 30.000,00 DM, wofür sie den Gegenwert der für die erste Beteiligung erhaltenen und an die Beklagte zu 1 zurückverkauften Inhaberschuldverschreibungen einsetzten, bzw. - bei einer dritten Beteiligung - auf eine entsprechende Absicherung von vornherein verzichteten. Die Beitrittsformulare der Beklagten zu 1 sahen eine einwöchige Widerrufsmöglichkeit gegenüber dem "Informationsbüro Europa" der Beklagten zu 1 in Hamburg vor, dessen Leiter der Beklagte zu 3 war. Er war als "Generalmanager" der Beklagten zu 1 für den Vertrieb der stillen Beteiligungen in Deutschland zuständig.
In der Folgezeit verlor der von der Beklagten zu 1 verwaltete InvestitionsPool massiv an Wert, was die Klägerin und ihr Ehemann erstmals aus der im Laufe des Jahres 1998 erhaltenen Abrechnung für das Jahr 1997 erfuhren. Mit Schreiben vom 13. Juli 2000 fochten sie ihren Beitritt an. Ihre hilfsweise erklärte
ordentliche Kündigung wurde von der Beklagten zu 1 zum 31. Dezember 2000 akzeptiert. Mit ihrer im Januar 2001 erhobenen Klage hat die Klägerin aus eigenem und abgetretenem Recht ihres Ehemannes die Beklagten zu 1 bis 4 auf Schadensersatz in Höhe der Einlageleistungen - abzüglich zwischenzeitlicher Auszahlungen - von 107.886,00 DM nebst Zinsen in Anspruch genommen. Nachdem die Beklagte zu 1 am 31. März 2001 ein Abfindungsguthaben von 33.181,37 DM ausgezahlt hatte, hat die Klägerin den Rechtsstreit in dieser Höhe einseitig für erledigt erklärt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, die Berufung der Klägerin hatte nur gegenüber der Beklagten zu 1 Erfolg. Mit ihren zugelassenen Revisionen erstreben die Beklagte zu 1 die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils und die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zu 2 und 3.

Entscheidungsgründe:


Die Revision der Beklagten zu 1 bleibt erfolglos. Die Revision der Klägerin ist begründet und führt zur antragsgemäßen Verurteilung der Beklagten zu 2 und 3.
A. Revision der Beklagten zu 1
I. Sachurteilshindernisse gegenüber der Beklagten zu 1 bestehen nicht.
1. Die - auch nach der Neufassung des § 545 Abs. 2 ZPO von Amts wegen zu prüfende (BGHZ 153, 82, 84 f.; BGH, Urt. v. 27. Mai 2003 - IX ZR 203/02, ZIP 2003, 1419 f.) - internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ist gegeben und folgt schon, wie auch das Berufungsgericht zutreffend annimmt, aus der Gerichtsstandsvereinbarung in § 17 Nr. 3 des formularmäßi-
gen "Gesellschaftsvertrages". Dabei kann dahinstehen, ob diese Vereinbarung nach dem - gemäß Art. 66 Abs. 1 EuGVVO intertemporal weitergeltenden - Art. 17 Abs. 1 EuGVÜ oder nach § 38 Abs. 2 ZPO zu beurteilen ist, weil beide Vorschriften hier zum gleichen Ergebnis führen (vgl. auch Sen.Urt. v. 23. Juli 1998 - II ZR 286/97, ZIP 1998, 1889 f.). Für die nach Art. 17 Abs. 1 Satz 1 lit. a EuGVÜ und § 38 Abs. 2 Satz 2 ZPO vorgeschriebene Form der Vereinbarung genügt ein im schriftlichen Vertrag enthaltener ausdrücklicher Hinweis auf beigefügte oder vorher ausgehändigte allgemeine Vertragsbedingungen, die ihrerseits die Gerichtsstandsvereinbarung enthalten (BGH, Urt. v. 9. März 1994 - VIII ZR 185/92, WM 1994, 1088, 1090; Urt. v. 4. Mai 1977 - VIII ZR 14/75, WM 1977, 795 f.; EuGH NJW 1977, 494 "Colzani"; Zöller/Vollkommer, ZPO 24. Aufl. § 38 Rdn. 27; Gottwald in Münch.Komm./ZPO, 3. Aufl. Art. 17 EuGVÜ Rdn. 24). Dem entsprechen die von der Klägerin sowie dem Zedenten und einem Vertreter der Beklagten zu 1 unterzeichneten "Beitrittserklärungen" mit dem dortigen Hinweis auf die allgemeinen Bedingungen des Gesellschaftsvertrages. Die zusätzliche Voraussetzung des § 38 Abs. 2 Satz 3 ZPO wäre ggf. erfüllt. Eine ausschließliche Zuständigkeit der Gerichte des Sitzstaates einer Gesellschaft gemäß Art. 16 Nr. 2 EuGVÜ kommt bei einer reinen Innengesellschaft wie der vorliegenden stillen Gesellschaft nicht in Betracht (vgl. Gottwald aaO Art. 16 EuGVÜ Rdn. 18; Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO 23. Aufl. Art. 16 EuGVÜ Rdn. 10).
Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte ergibt sich im übrigen auch aus § 6 Abs. 2 AuslInvestmG, weil der Vertrieb der stillen Beteiligungen durch die Beklagte zu 1 dem Auslandinvestmentgesetz unterfiel und der im Inland ansässige Beklagte zu 3 als "Repräsentant" der Beklagten zu 1 i.S. der genannten Vorschrift zu gelten hatte (dazu unten 4).
2. Der Rechtsstreit ist nicht gemäß § 240 ZPO dadurch unterbrochen, daß die Beklagte zu 1, die inzwischen ihr Hamburger "Informationsbüro" nach Bangkok verlegt haben will, im Internet ihre "technische Insolvenz" bzw. ihre Überschuldung und Betriebseinstellung bekannt gegeben hat. Unabhängig von der Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Auslandsinsolvenz zur Unterbrechung eines Inlandsrechtsstreits gemäß § 240 ZPO führen kann (vgl. dazu BGH, Vorlagebeschl. v. 26. November 1997 - IX ZR 306/97, ZIP 1998, 659), ergibt sich aus der Mitteilung der Beklagten zu 1 nicht und wird von den Parteien in der Revisionsinstanz auch nicht geltend gemacht, daß ein ausländisches Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beklagten zu 1 eröffnet worden ist.
3. Die Rechts- und Parteifähigkeit der Beklagten zu 1 als "Ltd." nach dem Recht der British Virgin Islands, die gemäß Art. 182 Abs. 1, 183 Nr. 5 EGV i.V.m. Anh. II EGV in den Geltungsbereich der Niederlassungsfreiheit gemäß Art. 43 ff. EGV einbezogen sind, ist auch dann gegeben, wenn der tatsächliche Verwaltungssitz der Beklagten zu 1 sich in Deutschland befinden sollte (vgl. BGHZ 154, 185, 189; EuGH, Urt. v. 5. November 2002 - Rs C-208/00 "Überseering" , ZIP 2002, 2037; v. 30. September 2003 - Rs C-167/01 "Inspire Art", ZIP 2003, 1885 ff. zu Nr. 95 f.), was das Berufungsgericht offen gelassen hat. Offen bleiben kann auch, ob die Beklagte zu 1 ihren effektiven Verwaltungssitz ursprünglich in Hongkong hatte und ihn nunmehr, wie in der Revisionsinstanz vorgetragen, nach Bangkok verlegt hat, weil die dortigen Rechtsordnungen das Personalstatut einer Gesellschaft an deren Gründungsrecht anknüpfen (vgl. Kindler in Münch.Komm./BGB, 3. Aufl. Bd. 11 IntGesR Rdn. 381 f.) und dies gemäß Art. 4 Abs. 1 EGBGB auch für deutsche Gerichte maßgebend ist (vgl. Kindler aaO Rdn. 406 m.w.N.). Davon abgesehen ergäbe sich die passive Parteifähigkeit der Beklagten zu 1 auch schon aus dem Rechtsgedanken des § 50 Abs. 2 ZPO (vgl. BGHZ 97, 269, 270 f.; Kindler aaO Rdn. 332).

4. Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht den in den Rubren der Klage und der vorinstanzlichen Urteile als gesetzlichen Prozeßvertreter der Beklagten zu 1 aufgeführten Beklagten zu 3 zu Recht als deren inländischen Repräsentanten i.S. von §§ 2 Nr. 1, 6 Abs. 1 AuslInvestmG angesehen. Als solcher hatte er die Beklagte zu 1 bei Zustellung der Klage und in dem anschließenden Rechtsstreit zu vertreten.

a) Der Vertrieb der stillen Beteiligungen an der Beklagten zu 1 fiel unter die Vorschriften des 1. Abschnitts des Auslandinvestmentgesetzes, was auch die Revision nicht in Zweifel zieht. Gemäß § 1 Abs. 1 des Gesetzes erstreckt sich dessen Geltungsbereich auf den öffentlichen Vertrieb ausländischer Investmentanteile , womit - nach der Legaldefinition der Vorschrift - Anteile an einem nach dem Grundsatz der Risikomischung angelegten, ausländischem Recht unterstehenden Vermögen aus Wertpapieren, verbrieften Forderungen aus Gelddarlehen oder Einlagen (...) gemeint sind. Die von der Beklagten zu 1 vertriebenen stillen Beteiligungen sind als "ausländische Investmentanteile" in dem genannten Sinne anzusehen. Das Merkmal "ausländischem Recht unterstehend" bezieht sich nicht auf das - im vorliegenden Fall gemäß Art. 27 EGBGB nach dem deutschen Recht der stillen Gesellschaft (§§ 230 ff. HGB) zu beurteilende (vgl. unten II 1) - Rechtsverhältnis zu den Anlegern, sondern auf das Investmentvermögen als solches (vgl. Pfüller/Schmitt in Brinkhaus/Scherer, KAGG/AuslInvestmG, § 1 AuslInvestmG Rdn. 26), das hier - ebenso wie die Beklagte zu 1 als Rechtsträgerin selbst - ausländischem Recht unterstand und zur Anlage auf asiatischen Wertpapiermärkten nach dem Prinzip der Risikomischung bestimmt war. Daß die Beklagte zu 1 einen Teil der Anlegergelder zum Erwerb der Null-Coupon-Anleihen eingesetzt und zur Auffüllung der Einlagen in einem gegen § 2 Nr. 4 lit. f AuslInvestmG verstoßenden Umfang Kredite aufge-
nommen hat, steht der Anwendbarkeit der §§ 1 ff. AuslInvestmG nicht entgegen , sondern führt umgekehrt dazu, daß schon aus diesem Grunde die erleichterten Vertriebsvoraussetzungen für EG-Investmentanteile gemäß § 15 ff. AuslInvestmG i.V.m. Richtlinie 85/611/EWG (sog. OGAW-Richtlinie - ABl EG 1985 Nr. L 375, 3; abgedr. bei Baur, Investmentgesetze, 2. Aufl. Anh. 15) - ungeachtet ihrer zweifelhaften räumlichen Anwendbarkeit auf die Beklagte zu 1 mit statutarischem Sitz auf den Virgin Islands (vgl. Art. 3 OGAWRichtlinie ) - keine Anwendung finden, weil die Voraussetzungen des § 15 AuslInvestmG i.V.m. Art. 36 der OGAW-Richtlinie nicht erfüllt sind (vgl. Baur aaO § 15 AuslInvestmG Rdn. 8; ders. in Assmann/Schütze, Hdb. KapitalanlageR 2. Aufl. § 19 Rdn. 94 b). Die sonach anzuwendenden §§ 1 ff. AuslInvestmG erfassen im Wege einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise den Vertrieb von Investmentanteilen ausländischer Investmentgesellschaften im Inland in allen dafür in Betracht kommenden Gestaltungsformen, unabhängig davon, ob die Anteile Miteigentum, mitgliedschaftliche Rechte oder einen schuldrechtlichen Anspruch auf Beteiligung an dem Fondsvermögen verkörpern (BT-Drucks. V/3494, S. 17; Baur aaO § 1 AuslInvestmG Rdn. 26 f.; Pfeiffer, IPrax 2003, 233, 235).

b) Unterfiel die Beklagte zu 1 sonach dem 1. Abschnitt des Auslandinvestmentgesetzes , hatte sie nach dessen § 2 Nr. 1 einen inländischen Repräsentanten zu benennen. Daß sie eine Vertriebsanzeige mit entsprechenden Angaben gegenüber der zuständigen Behörde entgegen § 7 AuslInvestmG unterlassen und entgegen § 3 Abs. 2 Nr. 2 AuslInvestmG in ihrem Prospekt nur ein "Informationsbüro Europa" unter der Adresse des Beklagten zu 3 neben ihren ausländischen Tätigkeitsorten angegeben hat, kann ihr nicht zugute kommen. Der Beklagte zu 3, der in der Korrespondenz den Titel eines "Generalmanagers" der Beklagten zu 1 führte und - worauf die Revisionserwiderung
der Klägerin hinweist - nach den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen seit 1996 an der Spitze der Vertriebshierarchie in Deutschland stand, war gemäß den Beitrittsformularen der Beklagten zu 1 zur Entgegennahme eines etwaigen Widerrufs der Beteiligungserklärung zuständig. Er hatte insofern die in § 11 AuslInvestmG einem Repräsentanten zugewiesene Funktion, dessen Zuständigkeit hierauf nicht beschränkbar ist (vgl. Baur in: Assmann/Schütze aaO § 19 Rdn. 33). Darüber hinaus findet sich in einem Schreiben der Beklagten zu 1 der "wichtige Hinweis", daß "die Verwaltung und Betreuung von unserem neuen Informationsbüro Europa" (unter der Adresse des Beklagten zu 3) durchgeführt wird. Angesichts ihrer eigenen Kundgebungen und der sonstigen Umstände kann die Beklagte zu 1 sich nicht mit Erfolg darauf berufen, der Beklagte zu 3 habe keinerlei Befugnisse ihr gegenüber gehabt. Vielmehr hat er als ihr Repräsentant zu gelten.

c) Soweit die Beklagte zu 1 in der Revisionsinstanz mit einem Antrag auf Rubrumsberichtigung darauf hinweist, daß sie ihr "Informationsbüro" nach Bangkok verlegt habe und "die Funktion des Managing Directors, des Generalmanagers" seit März 2002 eine dort ansässige Frau Ch. P. ausübe, ist dies entsprechend §§ 241, 246 ZPO unerheblich. In dem Antrag der nunmehr durch Frau P. vertretenen Beklagten zu 1 auf Rumbrumsberichtigung läge überdies eine (konkludente) Genehmigung der bisherigen Prozeßführung. Die Zustellung der Klage wäre - auch unabhängig von der Repräsentantenfunktion des Beklagten zu 3 - gegenüber der Beklagten zu 1 spätestens dadurch wirksam geworden, daß der von ihr durch ein zuständiges Organ beauftragte erstinstanzliche Prozeßbevollmächtigte, der Beklagte zu 2, die Klageschrift erhalten und für die Beklagte zu 1 umfassend hierauf erwidert hat (§ 187 a.F. ZPO; vgl. BGH, Urt. v. 22. November 1988 - VI ZR 226/87, NJW 1989, 1154).
II. In der Sache meint das Berufungsgericht, die Beklagte zu 1 schulde der Klägerin zwar nicht aus den Verträgen über die stillen Beteiligungen, wohl aber aus unerlaubter Handlung gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. den als Schutzgesetze zu qualifizierenden §§ 2, 7, 8 AuslInvestmG Rückerstattung der über das verlustgeminderte Auseinandersetzungsguthaben hinaus geleisteten Einlagen nebst Zinsen. Die Beklagte zu 1 habe zumindest fahrlässig ihre Anzeigepflicht gegenüber der zuständigen Behörde gemäß § 7 AuslInvestmG mißachtet und darüber hinaus gegen die materiellen Mindestanforderungen an den Vertrieb ausländischer Investmentanteile gemäß § 2 Nr. 1, 2 sowie insbesondere gegen die Beschränkung der Kreditaufnahme gemäß § 2 Nr. 4 lit. f AuslInvestmG verstoßen, was im Fall pflichtgemäßer Anzeige der Vertriebsabsicht der Beklagten zu 1 gegenüber dem (damaligen) Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen zu einer Vertriebsuntersagung gemäß § 8 AuslInvestmG geführt hätte. Die Klägerin und der Zedent hätten ihre Einlagen dann nicht gezeichnet. Infolgedessen hafte die Beklagte zu 1 für den Teilverlust der Einlage. Die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft stünden dem deliktischen Schadensersatzanspruch nicht entgegen. Er unterliege auch weder der formularmäßigen Haftungsbeschränkung für eine Verletzung von Aufklärungs- und Hinweispflichten noch der hierfür vereinbarten zweijährigen Verjährungsfrist und sei gemäß § 852 BGB nicht verjährt.
Die angefochtene Entscheidung hält insoweit rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.
1. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts schuldet die Beklagte zu 1 allerdings vollständige Rückzahlung der Einlagen nach Kündigung schon deshalb, weil in dem "Gesellschaftsvertrag" eine Verlustbeteiligung des stillen Gesellschafters ausgeschlossen ist.


a) Auf das Rechtsverhältnis der Prozeßparteien ist deutsches Recht anzuwenden. Eine entsprechende konkludente Rechtswahl der Prozeßparteien i.S. von Art. 27 EGBGB ergibt sich daraus, daß der (formularmäßige) Gesellschaftsvertrag in deutscher Sprache abgefaßt ist, einen deutschen Gerichtsstand vorsieht, den Begriff der stillen Gesellschaft sowie sonstige Begriffe des deutschen Gesellschaftsrechts verwendet (vgl. BGH, Urt. v. 19. Januar 2000 - VIII ZR 275/98, NJW-RR 2000, 1002, 1004) und die Parteien sich in den Vorinstanzen wie auch in der Revisionsinstanz ausschließlich auf Vorschriften des deutschen Rechts berufen haben (vgl. Senat BGHZ 103, 84, 86; BGH, Urt. v. 9. Dezember 1998 - IV ZR 306/97, WM 1999, 916 f.; v. 12. Dezember 1990 - VIII ZR 332/89, WM 1991, 464 f.), weshalb auch die vorinstanzlichen Urteile zu Recht deutsches Recht zugrunde gelegt haben. Die Bereichsausnahme für Fragen des Gesellschaftsrechts gemäß Art. 37 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB gilt für stille Gesellschaften als nur interne Beteiligungen an einem Unternehmen nicht (vgl. Spickhoff in Bamberger/Roth, BGB Art. 37 EGBGB Rdn. 4; Erman/Hohloch, BGB 11. Aufl. Art. 37 EGBGB Rdn. 5).

b) Nach der Rechtsprechung des Senats (Urt. v. 27. November 2000 - II ZR 218/00, ZIP 2001, 243) unterliegen die von einem Unternehmen für eine Vielzahl von Gesellschaftsverträgen mit stillen Gesellschaftern vorformulierten Vertragsbedingungen einer ähnlichen objektiven Auslegung und Inhaltskontrolle wie allgemeine Geschäftsbedingungen. Unklarheiten gehen zu Lasten des Verwenders. Wenn es in § 8 Nr. 1 des Gesellschaftsvertrages ausdrücklich heißt, der stille Gesellschafter sei "anteilig am Gewinn, nicht am Verlust des Unternehmens beteiligt", so ist damit entsprechend § 231 Abs. 2 HGB eine Verlustbeteiligung ausgeschlossen und sind sonach die demgegenüber nachrangigen "Risikohinweise" am Ende des Formulars aus der Sicht des Anlegers auf
das Risiko eines Einlageverlustes durch Insolvenz des Unternehmens zu beziehen. Aus dieser Sicht dienten die in das Anlagekonzept eingebauten Schuldverschreibungen lediglich der Abdeckung dieses - gegenüber einer Verlustbeteiligung vergleichsweise gering erscheinenden - Risikos, was auch den Verzicht zahlreicher Anleger auf dessen Absicherung im Interesse einer Gewinnmaximierung zu erklären geeignet ist. Aus der Auseinandersetzungsregelung gemäß § 10 aaO, wonach dem stillen Gesellschafter bei Beendigung der Gesellschaft sein Guthaben auf dem Beteiligungs- und Gewinnkonto auszuzahlen ist, ergibt sich nichts Gegenteiliges.
2. Über die Rückzahlung der Einlagen (vgl. oben II 1) hinaus schuldet die Beklagte zu 1 der Klägerin aus Verschulden bei Vertragsschluß (c.i.c.) auch die geltend gemachten Zinsen ab den jeweiligen Einlageleistungen.

a) Die Art der Vertragsgestaltung der Beklagten zu 1 war geeignet, die Anleger darüber in die Irre zu führen, daß sie - entgegen dem Wortlaut des § 8 Nr. 1 - tatsächlich doch an dem Verlust beteiligt werden sollten, die Beklagte zu 1 also nicht bereit war, den Vertrag so zu erfüllen, wie er dem objektiven Anschein nach abgeschlossen worden ist. Darin liegt ein zumindest fahrlässiges Verschulden der Beklagten zu 1 bei Vertragsverhandlungen, von dessen Ursächlichkeit für die Anlageentscheidung der Klägerin und des Zedenten, die sich hierauf auch nur wegen der angeblichen Risikolosigkeit eingelassen haben wollen, nach der Lebenserfahrung auszugehen ist (vgl. zur Prospekthaftung Sen.Urt. v. 29. Mai 2000 - II ZR 280/98, NJW 2000, 3346 f.; v. 19. Juli 2004 - II ZR 354/02, Umdr. S. 5 z.V.b.). Infolgedessen hat die Beklagte zu 1 die Klägerin und den Zedenten so zu stellen, wie sie stünden, wenn sie diese Anlage nicht gezeichnet (vgl. zuletzt Sen.Urt. v. 19. Juli 2004 aaO), ihr Kapital also be-
halten oder anderweitig angelegt hätten. Das rechtfertigt auch den Zinsanspruch (§§ 249 Satz 1, 252 BGB).

b) Die auf grobes Verschulden beschränkte (typisierte) Prospekthaftung gemäß § 12 AuslInvestmG (Abs. 3) schließt eine weitergehende Haftung aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen und die dafür geltenden Haftungsmaßstäbe nicht aus (vgl. Sen.Urt. v. 10. April 1978 - II ZR 103/76, WM 1978, 611 f.; Baur aaO § 12 AuslInvestmG Rdn. 18). Die in der formularmäßigen "Verantwortlichkeits - und Vollständigkeitserklärung" der Beklagten zu 1 enthaltene Haftungsbeschränkung auf vorsätzliche oder grob fahrlässige Verletzung von Hinweis - und Aufklärungspflichten sowie auf einen Schaden in Höhe der geleisteten Einlage kann der Beklagten zu 1 schon deshalb nicht zugute kommen, weil die Beschränkung erst mit Vertragsschluß wirksam werden konnte, das Verschulden bei Vertragsverhandlungen aber schon davor lag (vgl. BGH, Urt. v. 27. Juni 1984 - IVa ZR 231/82, WM 1984, 1075, 1077; v. 13. November 1990 - XI ZR 268/89, NJW 1991, 694 f.; Erman/Roloff, BGB 11. Aufl. § 309 Rdn. 64; Becker in: Bamberger/Roth, BGB § 309 Rdn. 40) und ein nachträglicher Haftungsverzicht des Anlegers der Klausel nicht hinreichend zu entnehmen ist (vgl. OLG Koblenz NJW-RR 1993, 1078, 1080; Becker aaO; Ziegler, BB 1990, 2345). Zudem geht es hier nicht nur um eine unterlassene Aufklärung, sondern um eine irreführende Vertragsgestaltung. Es versteht sich von selbst, daß eine Anlagegesellschaft in ihren Vertragsformularen nicht eine Verlustbeteiligung des Anlegers ausschließen darf, wenn sie das Gegenteil zu praktizieren beabsichtigt. Insofern hielte die Haftungsbeschränkung auch einer Inhaltskontrolle (vgl. oben II 1 b) nach dem Grundgedanken des § 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG a.F. (jetzt: § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB) nicht stand, zumal zusätzlich die Haftungshöhe (entgegen § 11 Nr. 7 AGBG a.F.) selbst bei grobem Verschulden auf die Einlage beschränkt ist.


c) Dem - wirtschaftlich auf eine Rückabwicklung der Beteiligung hinauslaufenden - Schadensersatzanspruch stehen die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft nicht entgegen, weil er sich nicht gegen die - ohnehin nicht rechtsfähige - stille Gesellschaft, sondern gegen den schuldhaft handelnden Unternehmensinhaber i.S. des § 230 BGB als Vertragspartner des Stillen richtet (vgl. Sen.Urt. v. 19. Juli 2004 aaO Umdr. S. 8). Daß es wegen der Vielzahl stiller Gesellschafter mit gleichartigen Schadensersatzansprüchen zu einem Gläubigerwettlauf kommen kann, rechtfertigt - wie auch sonst bei einer Gläubigerkonkurrenz z.B. gegenüber einem prospektverantwortlichen Gründungsgesellschafter - keine andere Beurteilung.

d) Der Schadensersatzanspruch ist auch nicht verjährt.
aa) Eine höchstens dreijährige Verjährungsfrist gilt nach der Rechtsprechung des Senats (BGHZ 83, 222) nur für Ansprüche aus typisierter Prospekthaftung (vgl. dazu z.B. Sen.Urt. v. 18. Dezember 2000 - II ZR 84/99, ZIP 2001, 369 f.), nicht aber für die Haftung eines Gründungsgesellschafters und Vertragspartners des Anlegers aus Verschulden bei Vertragsschluß. Hieraus resultierende Ansprüche verjährten nach dem auf den vorliegenden Fall noch anwendbaren § 195 BGB a.F. auch dann in 30 Jahren, wenn das Verschulden auf Prospektmängeln beruhte (vgl. Sen.Urt. v. 14. Januar 1985 - II ZR 124/82, WM 1985, 534 f.; v. 10. Oktober 1994 - II ZR 95/93, ZIP 1994, 1851 f.; v. 14. Januar 2002 - II ZR 40/00, WM 2002, 813 f.; v. 3. Februar 2003 - II ZR 233/01, DStR 2003, 1494). Die Prospekthaftungsregelung in § 12 AuslInvestmG mit höchstens dreijähriger Verjährungsfrist (Abs. 5) steht dem nicht entgegen. Die Vorschrift bezweckt eine Verbesserung des Anlegerschutzes, nicht aber den Ausschluß der "allgemeinen Rechtsbehelfe des bürgerlichen Rechts" (BT-Drucks.
V/3494, S. 22; Baur aaO § 12 Rdn. 2, 18), läßt also u.a. Ansprüche aus Verschulden bei Vertragsschluß mit der dafür geltenden Verjährungsfrist unberührt (vgl. auch Sen.Urt. v. 10. April 1978 - II ZR 103/76, WM 1978, 611; Assmann in Assmann/Schütze, Hdb. KapitalanlageR 2. Aufl. § 7 Rdn. 196). Soweit der Zinsanspruch der vierjährigen Verjährungsfrist der §§ 197, 201 BGB a.F. unterliegen sollte, ist sie durch die Klageerhebung im Januar 2001 jedenfalls rechtzeitig unterbrochen worden.
bb) Die in der "Verantwortlichkeits- und Vollständigkeitserklärung" der Beklagten zu 1 ausbedungene Abkürzung der Verjährungsfrist für "sämtliche Ansprüche" auf zwei Jahre ab dem Beitritt hält - abgesehen von der "überraschenden" Lokation der Klausel (vgl. BGH, Urt. v. 11. Dezember 2003 - III ZR 118/03, ZIP 2004, 414 f.) - einer Inhaltskontrolle (vgl. oben I 1) nicht stand (offen gelassen für eine Verkürzung auf drei Jahre im Sen.Urt. v. 1. März 2004 - II ZR 88/02, WM 2004, 928, 930). Es handelt sich jedenfalls unter den vorliegenden Umständen nicht um einen "auch unter Berücksichtigung der Interessen des Anlegers noch angemessenen zeitlichen Rahmen" (BGH, Urt. v. 11. Dezember 2003 aaO). Denn die Beklagte zu 1 hat die Anleger, die regelmäßig erst aufgrund der Abrechnungen im Folgejahr nach ihrem Beitritt von den Verlusten Kenntnis nehmen konnten, von vornherein dadurch vor besondere Schwierigkeiten der Rechtsverfolgung gestellt, daß sie es - entgegen § 3 Abs. 2 Nr. 2 AuslInvestmG - unterlassen hat, in ihrem Prospekt klar und eindeutig einen inländischen Repräsentanten zu benennen (vgl. oben I 4).
3. Des weiteren ist dem Berufungsgericht darin zuzustimmen, daß die Beklagte zu 1 in mehrfacher Hinsicht gegen anlegerschützende Vorschriften des Auslandinvestmentgesetzes verstoßen hat, weshalb sie der Klägerin auch aus dem - kollisionsrechtlich als Tatortrecht anzuwendenden (BGHZ 93, 214,
216; 132, 105, 115 sowie nunmehr Art. 40 EGBGB) - § 823 Abs. 2 BGB schadensersatzpflichtig ist.

a) In der Aufnahme des Vertriebs ohne vorherige Anzeige gemäß § 7 AuslInvestmG, die eine Überprüfung durch die zuständige Behörde auch im Interesse des Anlegerschutzes ermöglichen soll (vgl. BT-Drucks. V/3494, S. 22), liegt ein - gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 1 AuslInvestmG bußgeldbedrohter - Verstoß gegen § 8 Abs. 1 AuslInvestmG. Noch gravierender ist es, daß die Beklagte zu 1 entgegen § 2 Abs. 1 Nr. 2 AuslInvestmG keine Depotbank zur Verwahrung des Investmentvermögens sowie zur Kontrolle etwaiger Kreditaufnahmen bei Drittbanken (§ 2 Nr. 4 lit. f aaO) eingeschaltet und mit den von ihr ausdrücklich vorgesehenen Kreditaufnahmen bei der L. Ltd. in Höhe von bis zu 300 % des Einlagevermögens das gemäß § 2 Nr. 4 lit. f AuslInvestmG zulässige Maß bei weitem überschritten hat. Auch diese Vorschriften dienen unzweifelhaft dem Anlegerschutz (vgl. BT-Drucks. V/3494, S. 14 ff., 19 f.; Baur in: Assmann/Schütze aaO § 19 Rdn. 30; Kümpel, Bankund Kapitalmarktrecht, 3. Aufl. Rdn. 12, 182; Meixner, WuB VII B. Art. 17 EuGVÜ 1.03; Pfeiffer, IPrax 2003, 233, 237; Pfüller in: Brinkhaus/Scherer aaO § 2 AuslInvestmG Rdn. 26 f., 88). Ihre Nichtbeachtung führte zur Unzulässigkeit des Anteilsvertriebs gemäß § 2 AuslInvestmG und hätte - ebenso wie der Verstoß gegen die Anzeigepflicht gemäß § 7 AuslInvestmG - die zuständige Behörde zu einem Einschreiten im Wege der Vertriebsuntersagung gemäß § 8 Abs. 2, 3 AuslInvestmG verpflichtet (vgl. Baur aaO § 8 Rdn. 8, 13), wären ihr die Verstöße bekannt geworden. Es hätte dann nicht zu den vorliegenden Anteilszeichnungen kommen können.

b) Der Einwand der Revision der Beklagten zu 1, daß diese im Fall pflichtgemäßer Anzeige und nachfolgender behördlicher Beanstandungen die
Mängel behoben und die Klägerin sowie der Zedent dann ebenfalls ihr Kapital investiert und teilweise verloren hätten, ist unbeachtlich. Er ist rein spekulativ und verkennt die Beweislast für rechtmäßiges Alternativverhalten (vgl. BGHZ 120, 281, 287). Davon abgesehen liegt der Schaden der Klägerin - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - nicht erst in dem Verlust der Einlage, sondern bereits darin, daß die Beklagte zu 1 die Klägerin und den Zedenten unter Verstoß gegen die genannten anlegerschützenden Normen dazu gebracht hat, ihr Kapital in das besonders gefährliche (und deshalb gemäß § 2 AuslInvestmG materiell unzulässige) Anlagemodell zu investieren, was zu verhindern Zweck der genannten Schutznormen ist. Dies führt dazu, daß die Klägerin gemäß § 249 BGB verlangen kann, so gestellt zu werden, als hätten sie und der Zedent diese Investition nicht getätigt. Insofern gilt hier im Ergebnis das gleiche wie für den oben (II 2) dargestellten Schadensersatzanspruch aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen, zumal in der Anbahnung des Anlagegeschäfts unter Verstoß gegen die genannten Schutznormen des Auslandinvestmentgesetzes auch eine vorvertragliche Pflichtwidrigkeit bzw. ein Verschulden bei Vertragsverhandlungen zu sehen ist.

c) Der deliktische Anspruch fällt schon nicht unter den Wortlaut der formularmäßigen , ohnehin unwirksamen Haftungsbeschränkung (vgl. oben II 2 b) und ist gemäß § 852 BGB auch nicht verjährt. Eine analoge Anwendung des § 12 Abs. 5 AuslInvestmG kommt - entgegen der Ansicht der Revision - aus den oben II 2 d aa genannten Gründen nicht in Betracht (vgl. auch Sen.Urt. v. 29. Mai 2000 - II ZR 280/98, ZIP 2000, 1296 f.; v. 11. Februar 1980 - II ZR 259/78, WM 1980, 825).
4. Da die Klage zur Zeit der Teilerledigungserklärung der Klägerin in erster Instanz in vollem Umfang zulässig und aus Vertrag, Verschulden bei Ver-
tragsschluß und Delikt begründet war, hat das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht die Teilerledigung der Hauptsache festgestellt.
B. Revision der Klägerin (Haftung der Beklagten zu 2 und 3)
I. Das Berufungsgericht meint, eine Teilnahme der Beklagten zu 2 und 3 (§ 830 Abs. 1 Satz 1 BGB) an der unerlaubten Handlung der Beklagten zu 1 komme mangels erweislichen Vorsatzes der Beklagten bzw. ihrer Organe hinsichtlich der Verstöße gegen das Auslandinvestmentgesetz nicht in Betracht, was allerdings eine Haftung der Beklagten zu 2 und 3 gemäß § 826 BGB nicht ausschließe. Beide hätten zwar sittenwidrig gehandelt, indem sie das Vertriebssystem der Beklagten zu 1 in herausgehobener und für dieses unerläßlicher Funktion gestützt hätten, wobei sie entweder, was naheliege, gewußt hätten, daß das Anlagesystem mit den einschlägigen Vorschriften des Auslandinvestmentgesetzes nicht in Einklang zu bringen gewesen sei, oder sie sich zumindest leichtfertig um die rechtlichen Rahmenbedingungen des ihrer Verantwortung unterstehenden Anteilsvertriebs im Inland nicht gekümmert hätten, obwohl ihnen die Existenz regulierender Normen aufgrund der seit langem geführten öffentlichen Diskussion über die Schutzbedürfnisse auf dem grauen Kapitalmarkt nicht unbekannt gewesen sein könne. Jedoch lasse sich ein zumindest bedingter Vorsatz der Beklagten zu 2 und 3 hinsichtlich des eingetretenen "Substanzschadens" der Klägerin nicht mit der notwendigen Sicherheit feststellen, weil das Vertriebskonzept die Absicherung der Einlagen durch werthaltige NullCoupon -Anleihen vorgesehen habe und die Klägerin sowie der Zedent wie auch eine unbekannte Zahl anderer Anleger von sich aus bewußt auf die Absicherung verzichtet hätten.
Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.

1. Richtig ist allerdings, daß § 830 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 eine vorsätzliche Mitwirkung an einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung voraussetzt. Soweit gegen die §§ 7, 8 AuslInvestmG i.V.m. den Ordnungswidrigkeitstatbeständen des § 21 Abs. 1 Nr. 1, 2 AuslInvestmG verstoßen worden ist, gelten für das Vorsatzerfordernis die strafrechtlichen Grundsätze der sog. "Schuldtheorie" (vgl. BGH, Urt. v. 10. Juli 1984 - VI ZR 222/82, NJW 1985, 134). Danach schließt die Unkenntnis einer Verbotsnorm den Vorsatz zwar grundsätzlich nicht aus. Anderes gilt jedoch, wenn der Täter oder Teilnehmer im Fall eines präventiven Verbots mit Erlaubnisvorbehalt das Erlaubniserfordernis nicht kennt (vgl. BGH, Urt. v. 22. Juli 1993 - 4 StR 322/93, NStZ 1993, 594; v. 11. September 2002 - 1 StR 73/02, NStZ-RR 2003, 55). Ob für die Anzeigepflicht des § 7 AuslInvestmG Entsprechendes gilt, die immerhin auch Verstöße gegen die materiellen Vertriebsvoraussetzungen des § 2 AuslInvestmG schon im Vorfeld zu verhindern bezweckt, weshalb diese nicht eigens bußgeldbedroht sind, kann im Ergebnis dahinstehen, weil dadurch eine "Teilnahme im weiteren Sinn" unter den Voraussetzungen des § 826 BGB nicht ausgeschlossen würde (vgl. Stein in Münch.Komm./BGB 3. Aufl. § 830 Rdn. 15).
2. Aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden und von den Parteien in der Revisionsinstanz auch nicht angegriffen sind die im einzelnen näher ausgeführten Feststellungen des Berufungsgerichts zur Sittenwidrigkeit der maßgeblichen Beteiligung der Beklagten zu 2 und 3 an dem objektiv unzulässigen Vertriebssystem der Beklagten zu 1. Für den subjektiven Tatbestand der Sittenwidrigkeit genügt die Kenntnis der tatsächlichen Umstände, die das Sittenwidrigkeitsurteil begründen (vgl. Sen.Urt. v. 26. März 1962 - II ZR 151/60, NJW 1962, 1099, 1101; BGH, Urt. v. 25. November 1987 - IVb ZR 96/86, NJW 1988, 1965, 1967). Die Beklagten zu 2 und 3 hätten sich als inländische Funktionsträger der (an-
geblich) im Ausland residierenden über die rechtlichen Rahmenbedingungen des Anteilsvertriebs vergewissern müssen. Das haben sie, wenn sie diese nicht ohnehin kannten, zumindest leichtfertig unterlassen, was für das Sittenwidrigkeitsurteil ausreicht (vgl. Sen.Urt. v. 14. Mai 1992 - II ZR 299/90, NJW 1992, 2821, 2822 m.w.N.). Hinzu kommt, daß dem Beklagten zu 2 als Rechtsanwalt und dem Beklagten zu 3 als Leiter des europaweiten Anteilsvertriebs der hinsichtlich der Verlustbeteiligung irreführende Text des Gesellschaftsvertrages bekannt gewesen sein muß, sie aber gleichwohl gegenüber den Organvertretern der Beklagten zu 1 nicht auf eine Klarstellung gedrungen haben.
3. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist ein Vorsatz der Beklagten zu 2 und 3 i.S. von § 826 BGB nicht deshalb zu verneinen, weil sie auf die systemimmanente Absicherung des Risikos eines "Substanzverlustes" der Einlage mittels der Null-Coupon-Anleihen vertrauen durften. Das geht schon deshalb fehl, weil die Beklagten zu 2 und 3 wußten, daß die Beklagte zu 1 formularmäßige Erklärungen für den Verzicht auf jene Absicherung vorhielt und etliche Anleger hiervon Gebrauch machen würden. Gemäß der "Treuhandvereinbarung" in den Vertragsunterlagen wurde die Einzahlung der Anlegergelder sowie die Aus- und Rückgabe der Inhaberschuldverschreibungen sogar über den Beklagten zu 2 persönlich abgewickelt, was gemäß dem an den Beklagten zu 2 gerichteten Schreiben der Klägerin und des Zedenten vom 1. August 1997 auch in ihrem Fall so geschah.
Der Vorsatz i.S. des § 826 BGB setzt keine Schädigungsabsicht im Sinne eines Beweggrundes oder Zieles voraus (BGHZ 81, 387, 393). Es genügt bedingter Vorsatz hinsichtlich der für möglich gehaltenen Schadensfolgen (vgl. BGH, Urt. v. 20. November 1990 - VI ZR 6/90, NJW 1991, 634, 636), wobei jener nicht den konkreten Kausalverlauf und den genauen Umfang des Scha-
dens, sondern nur Art und Richtung des Schadens umfassen muß (vgl. BGH, Urt. v. 20. November 1990 - VI ZR 6/90, NJW 1991, 634, 636; v. 14. Juni 2000 - VIII ZR 218/99, NJW 2000, 2896 f.). Ein Schaden i.S. des § 826 BGB liegt nicht nur in der Verletzung bestimmter Rechte oder Rechtsgüter; es genügt vielmehr u.a. jede nachteilige Einwirkung auf die Vermögenslage (vgl. Sen.Urt. v. 19. Juli 2004 - II ZR 402/02, ZIP 2004, 1593, 1597) einschließlich der sittenwidrigen Belastung fremden Vermögens mit einem Verlustrisiko. Abgesehen davon, daß die Inhaberschuldverschreibungen zum Zeitpunkt ihrer Ausgabe das Risiko eines Einlagenverlustes noch keineswegs voll abdeckten, wußten die Beklagten zu 2 und 3 sogar positiv, daß das angebliche "Sicherheits-Netz" der Beklagten zu 1 jedenfalls bei den Anlegern, die von dem Verzichtsangebot der Beklagten zu 1 Gebrauch machten, nicht funktionieren konnte und ihnen deshalb das Risiko eines Einlagenverlustes drohte. Mit ihrer Verzichtserklärung haben die Klägerin und der Zedent ihrerseits nicht auf den Schutz der den Anteilsvertrieb regelnden Vorschriften des Auslandinvestmentgesetzes verzichtet, die den Beklagten zu 2 und 3 hätten bekannt sein müssen und an deren Mißachtung durch die Beklagte zu 1 sie sich leichtfertig in sittenwidriger Weise beteiligt haben. Ebenso wie der von der Beklagten zu 1 zu verantwortende liegt auch der den Beklagten zu 2 und 3 gemäß § 826 BGB objektiv und subjektiv zuzurechnende Schaden der Klägerin und des Zedenten bereits darin, daß sie ihr Kapital in das riskante Anlagemodell investiert haben, das auf dem inländischen Markt überhaupt nicht hätte vertrieben werden dürfen.
4. Da der Rechtsstreit nach dem insoweit unstreitigen Sachverhalt entscheidungsreif ist, hat der Senat gemäß § 563 Abs. 3 ZPO unter Aufhebung des angefochtenen Urteils in der Sache selbst zu entscheiden. Die Beklagten zu 2 und 3 sind als unechte Gesamtschuldner neben der Beklagten zu 1 antragsgemäß zur Zahlung zu verurteilen. Auf den entsprechenden Feststellungs-
antrag der Klägerin ist die Teilerledigung der Hauptsache auch gegenüber den Beklagten zu 2 und 3 festzustellen.
Röhricht Goette Kraemer
Strohn Caliebe

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.