Bundesgerichtshof Urteil, 25. Apr. 2014 - LwZR 2/13

bei uns veröffentlicht am25.04.2014
vorgehend
Amtsgericht Neubrandenburg, 111 XV 3/12, 19.10.2012
Oberlandesgericht Rostock, XV 14/12, 13.03.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
LwZR 2/13 Verkündet am:
25. April 2014
Weschenfelder
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der Bundesgerichtshof, Senat für Landwirtschaftssachen, hat auf die mündliche
Verhandlung vom 25. April 2014 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann
und die Richter Dr. Lemke und Dr. Czub sowie die ehrenamtlichen Richter Beer und
Kees

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Senats für Landwirtschaftssachen des Oberlandesgerichts Rostock vom 13. März 2013 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin ist Eigentümerin landwirtschaftlich genutzter Flurstücke, die aufgrund schriftlichen Vertrags vom 14. März 2001 an die Rechtsvorgängerin der Beklagten verpachtet waren. In einem gerichtlichen Verfahren wurde eine Verlängerung der Pachtzeit bis in das Jahr 2010 vereinbart. Die Beklagte wurde durch Umwandlung der Rechtsvorgängerin Pächterin der Flächen. Sie gab diese Ende 2010 nicht an die Klägerin heraus.
2
Anlässlich der von beiden Parteien auf diesen Flächen im Jahr 2011 begonnenen Rapsernte kam es zu einem einstweiligen Verfügungsverfahren mit umgekehrtem Rubrum, in dem die Parteien am 21. Juli 2011 einen Vergleich mit - soweit hier von Interesse - folgendem Inhalt schlossen: „1. Die Parteien sind sich darüber einig, dass die Einbringung und die Bergung der Ernte auf den streitgegenständlichen Flächen ... durch den von ihnen beauftragten Sequester ... erfolgen soll. Der Sequester soll die Ernte bestmöglich verkaufen und den Ernteerlös bei dem zuständigen Amtsgericht ... zu Gunsten der Parteien hinterlegen. 2. ... 3. ... 4. Der Sequester wird vor Aberntung der Flächen angesichts des Umstands, dass die Parteien bereits in unterschiedlichem Umfange Flächen abgeerntet haben, vorab die noch abzuerntende Fläche ermitteln. Der sich aus der Restfläche ergebende Ertrag (pro ha) wird vom Sequester auf die Gesamtfläche (142,3332 ha) hochgerechnet und den Parteien mitgeteilt. 5. Von dem sich so ergebenden Durchschnittsertrag pro Hektar zahlt die ... [in diesem Rechtsstreit die Klägerin] den sich danach für fünf Hektar ergebenden Erlös auf das Hinterlegungskonto bei dem Amtsgericht ... binnen zwei Wochen nach Mitteilung des Durchschnittsertrags ein. 6. Von dem sich so ergebenden Durchschnittsertrag pro Hektar zahlt die ... [in diesem Rechtsstreit die Beklagte] den sich danach für die von ihr abgeerntete Fläche ergebenden Erlös innerhalb von 14 Tagen nach Mitteilung des Durchschnittserlöses auf das Hinterlegungskonto bei dem Amtsgericht ... ein. Die von ... [hier der Beklagten] abgeerntete Fläche ergibt sich rechnerisch aus der Gesamtfläche 142,332 ha abzüglich 5 ha (von der ... [hier der Klägerin] abgeerntete Fläche) abzüglich der vom Sequester vor Aberntung noch zu ermittelnden Flächengröße. ...“
3
Kurz nach Abschluss des Vergleichs stellte der Sequester fest, dass ein Dritter trotz ungünstiger Witterungsverhältnisse (Regen und Hagelschlag) auf ca. 18 ha die Rapsernte von der Fläche eingebracht hatte, die nach dem Vergleich von ihm abgeerntet werden sollte. In seinem Bericht vom 10. Dezember 2011 ordnete der Sequester auch den von ihm als „gestohlen“ bezeichneten Ernteertrag der Beklagten zu und gab dieser für eine Gesamtfläche von 76,5 ha eine Einzahlung auf das Hinterlegungskonto von insgesamt 88.330,70 € auf. Zur Begründung gab er an, dass Anwohner Fahrzeuge einer Fa. K. gesehen hätten, bei der es sich um ein mit der Beklagten verflochtenes Unternehmen handele; mit deren Fahrzeugen sei die Rapsernte auf den von ihm noch abzuerntenden Flächen durchgeführt worden. In dem Termin vor dem Amtsgericht legte der Sequester eine neue Seite 18 seines Berichts vor, auf der eine Fläche von 51,46 ha der Beklagten und eine Fläche von 16,85 ha als „gestohlen“ ausgewiesen wurde;zwischen den Parteien ist streitig, ob der Sequester damit seinen Bericht korrigiert hat.
4
Die Beklagte teilte der Klägerin mit, dass sie die Einzahlung auf das Hinterlegungskonto nicht vornehmen werde. Die Klägerin hat Klage erhoben mit den Anträgen, 1. die Beklagte zu verurteilen, einen Hinterlegungsantrag bei dem Amtsgericht zu stellen, 2. einen Betrag von 88.330,70 € gemäß dem auf sie nach dem Bericht des Sequesters entfallenden Anteil auf das Hinterlegungskonto zu zahlen und 3. hilfsweise für den Fall, dass dem Antrag zu 2 stattgegeben wird, die Beklagte zu verurteilen, der Auszahlung der hinterlegten Beträge an die Klägerin zuzustimmen. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin den Hilfsantrag vorsorglich im Wege der Stufenklage als Hauptantrag gestellt. Das Amtsgericht (Landwirtschaftsgericht) hat durch Teilurteil dem Antrag zu 1 sowie dem Antrag zu 2 in Höhe von 83.031,91 € nebst Zinsen stattgegeben. Das Oberlandesgericht (Landwirtschaftssenat) hat die Berufung der Beklagten gegen das Teilurteil zurückgewiesen. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Das Berufungsgericht hält die Klage für begründet, weil die Beklagte nicht den ihr obliegenden Beweis geführt habe, dass die Feststellungen des als Schiedsgutachter tätigen Sequesters offenbar unrichtig seien. Der Schiedsgutachter, der bei der Wahl des Verfahrens zur Aufklärung des Sachverhalts frei gewesen sei, habe auf Grund der Befragung von Zeugen aus der Nachbarschaft die Aberntung von ca. 18 ha durch die K. feststellen und den darauf entfallenden Ertrag der Beklagten zurechnen dürfen. So sei der Bericht auch zu verstehen.

II.

6
Das angefochtene Urteil ist aufzuheben, weil das Berufungsgericht bei der Entscheidung nicht vorschriftsmäßig besetzt war.
7
1. Der Besetzungsfehler ist von dem Senat zu berücksichtigen, da die Revision eine dahingehende Verfahrensrüge erhoben hat (zu deren Erforderlichkeit: BGH, Beschluss vom 29. April 2004 - V ZB 46/03, NJW-RR 2004, 1294). Diese Rüge ist auch begründet. Die Revision hat sich bei der Darlegung des geltend gemachten Revisionsgrunds (§ 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b ZPO) nämlich nicht lediglich auf bloße Vermutungen gestützt (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Februar 1995 - X ZB 20/92, NJW-RR 1995, 700) oder ein vom Akteninhalt abweichendes Prozessgeschehen ohne jede Glaubhaftmachung behauptet (vgl. Senat, Beschluss vom 29. November 2013 - BLw 4/12, NJW-RR 2014, 243 Rn. 35), sondern die den Verfahrensmangel begründenden Tatsachen anhand der Gerichtsakte aufgezeigt.
8
2. Das Berufungsgericht hätte, da der Rechtsstreit eine Landpachtsache nach § 1 Nr. 1a LwVG ist, in der die Oberlandesgerichte - soweit nichts anderes bestimmt ist - nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 LwVG mit drei Mitgliedern des Oberlandesgerichts und zwei ehrenamtlichen Richtern tätig, in dieser Besetzung entscheiden müssen.
9
a) Das war bei der Entscheidung über den bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Sach- und Streitstand auch der Fall. Das Berufungsurteil ist gemäß § 309 ZPO von allen Richtern (einschließlich der ehrenamtlichen) gefällt worden, die an der mündlichen Verhandlung teilgenommen haben. Nach dem Akteninhalt ist davon auszugehen, dass das Berufungsgericht am Tag der mündlichen Verhandlung unter Beteiligung der ehrenamtlichen Richter über das Urteil abschließend beraten und abgestimmt hat. Anderes wird auch von keiner Partei vorgetragen.
10
b) Nicht ordnungsgemäß besetzt war das Berufungsgericht jedoch bei der Entscheidung über den nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsatz.
11
In dem Verfahrensstadium zwischen der Beratung und Abstimmung (hier am 20. Februar 2013) und der Verkündung (hier am 13. März 2013) ist das Urteil noch nicht bindend, sondern kann nach nochmaliger Beratung geändert werden (BGH, Urteil vom 8. November 1973 - VII ZR 86/73, BGHZ 61, 369, 370). Dem Gericht obliegt es deshalb auch nach der Beratung und Abstimmung, eingehende Schriftsätze zur Kenntnis zu nehmen und eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung zu prüfen (Senat, Beschluss vom 15. April 2011 - LwZR 7/10, NL-BzAR 2011, 270 Rn. 12; BGH, Urteil vom 1. Februar 2002 - V ZR 357/00, NJW 2002, 1426, 1427; BAG, NJW 2009, 1163, 1164). Nehmen von einem nachgereichten Schriftsatz nur die Berufsrichter Kenntnis, wird der Prozesspartei, die diesen Schriftsatz verfasst hat, der gesetzliche Richter entzogen (BAG, NJW 2009, 1163, 1164). An der Entscheidung über die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung müssen auch die ehrenamtlichen Richter mitwirken, weil die in § 20 Abs. 1 LwVG aufgeführten Ausnahmen von der Mitwirkung nicht vorliegen (vgl. Senat, Urteile vom 23. November 2007 - LwZR 5/07, NJW 2008, 580, 581 Rn. 8 und vom 15. April 2011 - LwZR 7/10, NL-BzAR 2011, 270 Rn. 12). Wird das nicht beachtet, ist das Gericht bei der Beratung und Entscheidung über das von ihm verkündete Urteil, mit dem konkludent die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung aus Anlass des nachgereichten Schriftsatzes abgelehnt wird, nicht ordnungsgemäß besetzt (Senat, Urteil vom 15. April 2011 - LwZR 7/10, aaO Rn. 13).
12
3. So verhält es sich hier.
13
a) Aus der Gerichtsakte ist zu ersehen, dass der nachgereichte Schriftsatz der Beklagten vom 11. März 2013 zur Akte genommen und vom Senatsvorsitzenden lediglich die Übermittlung einer Durchschrift an die Klägerin verfügt wurde. Den ehrenamtlichen Mitgliedern des Senats wurde er dagegen nicht bekannt gegeben, und es hat keine Beratung unter ihrer Beteiligung mehr stattgefunden. Den Beklagten ist schon durch diese Behandlung ihres Vorbringens in dem nachgereichten Schriftsatz der gesetzliche Richter entzogen worden. Aus § 193 Abs. 1 GVG ergibt sich nämlich, dass jede Entscheidung eines Kollegialgerichts auf einer Beratung und Abstimmung der zur Entscheidung berufenen Mitglieder beruhen muss (Senat, Beschluss vom 29. November 2013 - BLw 4/12, NJW-RR 2014, 443 Rn. 26). Die Nichtmitwirkung eines zuständigen Richters verletzt zugleich Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG (Senat, Beschluss vom 28. November 2008 - LwZR 4/08, NJW-RR 2009, 286 Rn. 11).
14
b) Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung kommt esdeswegen nicht darauf an, ob das Vorbringen in dem nachgereichten Schriftsatz, nicht der Schiedsgutachter, sondern erst das Landwirtschaftsgericht habe den Ertrag aus den „gestohlenen Flächen“ der Beklagten zugerechnet, bereits Gegenstand der mündlichen Verhandlung und damit auch Grundlage der Urteilsberatung mit den ehrenamtlichen Richtern war. Die Frage, ob ein nachgereichter Schriftsatz hinreichenden Anlass für eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gibt, ist von allen Mitgliedern des Gerichts zu entscheiden. Die ehrenamtlichen Richter dürfen davon nicht ausgeschlossen werden.
15
c) Ohne Erfolg bleibt auch der von der Revisionserwiderung in der mündlichen Verhandlung vorgetragene Einwand, es könne - auch wenn aus der Gerichtsakte sich dazu nichts ergebe - nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht noch unter Beteiligung der ehrenamtlichen Mitglieder über den nachgereichten Schriftsatz beraten habe, weshalb das Revisionsgericht vor einer Entscheidung über die Besetzungsrüge bei dem Berufungsgericht nachfragen müsse. Dieses Vorbringen ist deshalb unbeachtlich, weil die Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter an der Entscheidungsfindung in einer für die Parteien und das Revisionsgericht nachprüfbaren Weise festgehalten sein muss (Senat, Beschluss vom 20. April 2012 - LwZR 5/11, NJW-RR 2012, 879 Rn. 12; Beschluss vom 29. November 2013 - BLw 4/12, NJW-RR 2012, 243 Rn. 34). Das setzt - da das Urteil nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 LwVG nicht auch von den ehrenamtlichen Richtern unterschrieben wird - eine Dokumentation der Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter in den Akten voraus (Senat, Beschluss vom 20. April 2012 - LwZR 5/11, aaO).
16
4. Der Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG ist nach § 547 Nr. 1 ZPO ein absoluter Revisionsgrund. Die Kausalität der Rechtsverletzung für die angefochtene Entscheidung wird nach dem Gesetz vermutet. Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

III.

17
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
18
1. Das Berufungsgericht musste die erstinstanzliche Entscheidung nicht wegen einer Verletzung der §§ 254, 301 ZPO aufheben.
19
a) Die Klageverbindung ist zulässig. Richtig ist allerdings der Einwand der Revision, dass die Voraussetzungen einer Stufenklage nach § 254 ZPO nicht vorliegen. Bei ihr handelt es sich um eine besondere Form der Klagehäufung nach § 260 ZPO durch die Verbindung des (noch unbezifferten) Zahlungsanspruchs mit dem zu seiner Konkretisierung erforderlichen Hilfsanspruch auf Auskunft und Rechnungslegung (vgl. BGH, Urteil vom 27. November 1998 - V ZR 180/97, VIZ 1999, 161, 162; Urteil vom 29. März 2011 - VI ZR 117/10, BGHZ 189, 79 Rn. 8). Der Grund der „stufenweisen“ Rechtsverfolgung ist hier jedoch nicht eine durch Auskunft zu behebende Ungewissheit über die Höhe des Anspruchs, sondern die in dem Vergleich getroffene Vereinbarung über das Verfahren in dieser Angelegenheit (nach der zuerst der gesamte Ernteertrag zu hinterlegen und erst danach über die Rechte an dem hinterlegten Geldbetrag zu entscheiden ist).
20
Nicht zu folgen ist jedoch dem daraus von der Revision gezogenen Schluss, dass in anderen als in den in § 254 ZPO bezeichneten Fällen eine Klagehäufung dergestalt, dass die Erfüllung des mit einer Klage verfolgten Anspruchs (auf Hinterlegung) Voraussetzung für den Erfolg der anderen Klage (auf Zustimmung zur Auszahlung) ist, unzulässig wäre. Die Verbindung der Klagen auf eine fällige und auf eine künftige Leistung ist zwar nicht nach § 254 ZPO, aber in entsprechender Anwendung des § 259 ZPO zulässig; danach kann eine Klage auf eine künftige Leistung bereits dann erhoben werden, wenn den Umständen nach die Besorgnis gerechtfertigt ist, dass der Schuldner sich der rechtzeitigen Leistung entziehen werde.
21
aa) Der Bundesgerichtshof hat eine solche Klageverbindung nach §§ 259, 260 ZPO im Zusammenhang mit Vorverträgen zugelassen. Der Gläubiger kann zugleich aus dem Vorvertrag auf Abschluss des Hauptvertrags und auf dessen Erfüllung klagen. Zwar entsteht in diesen Fällen der Anspruch auf die Leistung aus dem Hauptvertrag erst nach dessen Abschluss durch eine rechtskräftige Verurteilung des Schuldners zum Vertragsabschluss. Wenn der Beklagte aber seine Verpflichtung aus dem Vorvertrag bestreitet, ist dem Kläger nach dem Rechtsgedanken des § 259 ZPO aus prozessökonomischen Gründen eine solche Klageverbindung gestattet. Dem Beklagten entstehen durch diese Verbindung keine Nachteile, da ihm keine Einwendungen (weder gegen seine Inanspruchnahme aus dem Vorvertrag noch gegen die Ansprüche aus dem Hauptvertrag) abgeschnitten werden (Senat, Urteil vom 18. April 1986 - V ZR 32/85, NJW 1986, 2820, 2821 und vom 21. Dezember 2000 - V ZR 254/99, NJW 2001, 1285, 1286).
22
bb) Aus den gleichen Erwägungen kann der Kläger nach §§ 259, 260 ZPO gleichzeitig auf Hinterlegung und auf Zustimmung zur Auszahlung des hinterlegten Betrags klagen, wenn die Parteien sich auf ein solches Vorgehen verständigt haben und das Verhalten des Beklagten die Besorgnis der Leistungsverweigerung begründet. So verhält es sich hier. Die Parteien haben sich in dem Vergleich wechselseitig zur Sequestrierung des Ernteertrags von der streitigen Fläche durch Hinterlegung verpflichtet. Das Verhalten der Beklagten - das Bestreiten der Pflicht zur Hinterlegung und jeder Berechtigung der Klägerin an dem Ertrag - begründet die Befürchtung, dass sich die Beklagte der Leistung entziehen werde. Der Klägerin ist es daher nicht zuzumuten, hintereinander zwei Prozesse in dieser Angelegenheit zu führen. Die Möglichkeit einer Klagehäufung ist der Klägerin nach dem Vergleich ungeachtet dessen einzuräumen, dass sie die Beklagte auch sofort auf Zahlung verklagen könnte.
23
b) Die Entscheidung durch Teilurteil verletzt nicht § 301 ZPO. Bei einer zulässigen Verbindung der Klagen auf Einzahlung zwecks Hinterlegung und auf Zustimmung zur Auszahlung des hinterlegten Betrags nach §§ 259, 260 ZPO kann über den Antrag auf Hinterlegung durch Teilurteil nach § 301 Abs. 1 ZPO entschieden werden. Zwar darf nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung auch bei objektiver Klagehäufung ein Teilurteil nach § 301 ZPO nur ergehen, wenn die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen - auch infolge einer abweichenden Beurteilung durch das Rechtsmittelgericht - ausgeschlossen ist (vgl. BGH, Urteil vom 28. September 2003 - V ZR 123/03, BGHZ 157, 133, 142; Urteil vom 29. März 2011 - VI ZR 117/19, BGHZ 189, 79 Rn. 15 mwN). Diese Gefahr ist bei einer Klagehäufung zwar gegeben, wenn zwischen den prozessual selbständigen Ansprüchen eine materiell-rechtliche Verzahnung besteht oder die Ansprüche prozessual in ein Abhängigkeitsverhältnis gestellt sind (BGH, Urteil vom 28. September 2003 - V ZR 123/03, aaO; Urteil vom 29. März 2011 - VI ZR 117/19, aaO Rn. 16). Bei einem Anspruch auf Hinterlegung besteht sie aber nicht, wenn die Verpflichtung zur Hinterlegung - wie hier vereinbart - eine unverzügliche von der nachfolgenden Verständigung oder Entscheidung über die Rechte an dem zu hinterlegenden Betrag gerade unabhängige Sicherung herbeiführen soll.
24
2. Unbegründet ist der Einwand missbräuchlicher Rechtsausübung gegenüber der Geltendmachung des Anspruchs auf Hinterlegung, den die Beklagte darauf stützt, dass ihr der gesamte Ernteertrag zustehe, weil sie mangels Formwirksamkeit der Befristungsabrede in dem Vertrag über die Verlängerung der Pacht aus dem Jahr 2007 bei der Ernte im Jahr 2011 noch Pächterin der Flächen gewesen sei.
25
Richtig ist allerdings, dass sich die Verfolgung eines Anspruchs grundsätzlich als rechtsmissbräuchlich darstellt, wenn etwas verlangt wird, was sofort wieder zurückgewährt werden muss (vgl. BGH, Urteil vom 9. Januar 1981 - V ZR 58/79, BGHZ 79, 201, 204; Urteil vom 29. April 1985 - II ZR 146/84, BGHZ 94, 240, 246; Urteil vom 21. Dezember 1989 - X ZR 30/89, BGHZ 110, 30, 33). Dieser Einwand kann jedoch gegenüber dem Anspruch auf eine Hinterlegung zur Sequestrierung, zu der sich die Parteien wechselseitig in einem gerichtlichen Vergleich vor einer Regelung über das zwischen ihnen streitige Recht verpflichtet haben, nicht geltend gemacht werden. In solch einem Fall kann sich keine Partei darauf berufen, nicht leisten zu müssen, weil der zur Sicherheit für die andere Seite einzuzahlende Betrag nach materiellem Recht ihr gebühre und daher wieder an sie auszuzahlen sei. Die Berufung auf den dolo-agit Einwand widerspricht dem Inhalt und dem Zweck eines solchen Vergleichs.
26
3. Unbegründet ist auch der Einwand der Revision, der „gestohlene“ Ertrag sei der Beklagten zu Unrecht zugeordnet worden.
27
a) Das Berufungsgericht hat, indem es den Vorgaben des Berichts des Sequesters gefolgt ist, nicht den Umfang der diesem nach dem Vergleich zugewiesenen Aufgaben verkannt.
28
aa) Der Vergleich enthält für den Sequester neben dem Auftrag zur Einbringung der restlichen Ernte und zur Hinterlegung des daraus erzielten Erlöses auch einen Schiedsgutachtervertrag. Ein Schiedsgutachter übernimmt es, gemäß § 317 Abs. 1 BGB als Dritter die einer oder beiden Parteien obliegende Leistung zu bestimmen (vgl. BGH, Urteil vom 25. September 2008 - IX ZR 133/07, NJW 2008, 3641, 3642). Dies war der Inhalt der Nummern 4 bis 6 des gerichtlichen Vergleichs, nach denen der Sequester die für die Höhe des bei dem Amtsgericht zu hinterlegenden Betrags maßgebenden Faktoren (Durchschnittsertrag und - bei der Beklagten - auch die von ihr abgeerntete Fläche) zu ermitteln hatte.
29
bb) Die von dem Schiedsgutachter bestimmte Leistung ist für die Parteien nur dann nicht verbindlich, wenn sie offenbar unrichtig ist (BGH, Urteil vom 21. September 1983 - VIII ZR 233/82, NJW 1984, 43, 44). Bloße Zweifel und kleinere Fehler haben die Parteien hinzunehmen. Die Bestimmung ist für die Parteien allerdings nicht mehr verbindlich, wenn der Schiedsgutachter den Vertragsinhalt als Vorgabe des Bereichs des ihm eingeräumten Ermessens außer Acht gelassen oder seine Bestimmung maßgeblich an einem Kriterium orientiert hat, das mit sachgerechter Überlegung schlechthin nichts gemein hat (BGH, Urteil vom 3. November 1995 - V ZR 182/94, NJW-RR 1996, 452, 454).
30
cc) Der Sequester hat mit der Zuordnung des Ertrags aus der „gestohlenen“ Fläche auf die Beklagte die Grenzen des ihm als Schiedsgutachter zustehenden Ermessens nicht überschritten.
31
(1) Das Berufungsgericht ist allerdings - entgegen der Ansicht der Erwiderung - davon ausgegangen, dass der Schiedsgutachter nach dem Vergleich auch für die Einzahlung des aus der als „gestohlenen“ bezeichneten Fläche erzielten Ertrags eine verbindliche Feststellung treffen durfte. Es hat die Bestimmung des Schiedsgutachters gemäß § 319 Abs. 1 Satz 1 BGB darauf überprüft, ob die seiner Entscheidung zugrunde liegenden Feststellungen wegen offenbarer Unrichtigkeit unverbindlich sind. Dementsprechend ist es von der Beweislast der Beklagten zur Behauptung offenbarer Unrichtigkeit der Feststellungen des Schiedsgutachters ausgegangen und hat diesen Beweis als nicht geführt angesehen.
32
(2) Die Annahme des Berufungsgerichts, der Schiedsgutachter habe eine abschließende, die als gestohlen bezeichnete Fläche einschließende Entscheidung über den auf das Hinterlegungskonto einzuzahlenden Betrag treffen können, ist unter Berücksichtigung des Wortlauts und des Zwecks des Vergleichs rechtsfehlerfrei. Die Leistungsbestimmung des Schiedsgutachters entspricht dem Wortlaut der Nummer 6 des Vergleichs, nach der der Ertrag aus allen in der Nummer 1 des Vergleichs bezeichneten Flächen - mit Ausnahme der von der Klägerin abgeernteten 5 ha und der von dem Schiedsgutachter als Sequester abgeernteten Flächen - der Beklagten zugerechnet werden sollte. Sie beruht vor dem Hintergrund, dass der Schiedsgutachter (u.a. auf Grund der Mitteilung eines Zeugen über die Aberntung durch die K. ) davon ausgehen durfte, dass die Aberntung nach Vergleichsschluss durch ein mit der Beklagten verbundenes Unternehmen erfolgte, auf sachlichen Erwägungen. Es hätte vor allem dem Zweck des vereinbarten Schiedsgutachtens, eine den Streit über den zu hinterlegenden Betrag abschließende Bestimmung zu treffen (vgl. BGH, Urteil vom 3. November 1995 - V ZR 182/94, NJW-RR 1996, 452, 454), widersprochen, wenn die Zuordnung des „gestohlenen“ Ertrags offen geblieben wäre.
33
(3) Der Umstand, dass beide Parteien im Revisionsverfahren sich auf den Standpunkt gestellt haben, die diesbezüglichen Feststellungen seien nicht der Entscheidung des Sequesters übertragen worden, gibt jedoch Anlass zu dem Hinweis, dass die Parteien den Vergleich in Bezug auf die dem Sequester zustehenden Befugnisse möglicherweise übereinstimmend anders verstanden haben. Wäre das der Fall, stellte sich die Entscheidung des Berufungsgerichts als rechtsfehlerhaft dar, weil bei der Auslegung vertraglicher Erklärungen übereinstimmende Vorstellungen der Parteien vom Inhalt der gewählten Begriffe jeder anderen Auslegung vorgehen und den Inhalt der Vereinbarungen bestimmen (vgl. BGH, Urteil vom 12. Januar 2001 - V ZR 372/99, BGHZ 146, 280, 287 mwN). In der neuen Verhandlung wird das Berufungsgericht deshalb seine Auslegung des Vergleichs unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt zu überprüfen haben.
34
b) Soweit die Revision schließlich meint, das Berufungsgericht habe nicht von einer Zuordnung des Ertrags aus der „gestohlenen Fläche“ durch den Sequester ausgehen dürfen, übergeht sie den Umstand, dass die Beklagte in ihrer Berufungsbegründung eine offenkundig unbillige Leistungsbestimmung durch den Sequester vorgetragen hat, und dass der von ihr zitierte Vortrag sich so erst in dem nachgereichten, nicht nachgelassenen Schriftsatz befindet. Über dessen Relevanz hätte das Berufungsgericht allerdings - wie bereits ausgeführt - nur unter Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter entscheiden dürfen.
Stresemann Lemke Czub
Vorinstanzen:
AG Neubrandenburg, Entscheidung vom 19.10.2012 - 111 XV 3/12 -
OLG Rostock, Entscheidung vom 13.03.2013 - 14 U XV 14/12 -

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 46/03
vom
29. April 2004
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BRAGO § 15 Abs. 1 Satz 1
Die Bestätigung eines Grundurteils im Rechtsmittelverfahren bedeutet keine Zurückverweisung
im Sinne von § 15 Abs. 1 Satz 1 BRAGO.
BGH, Beschluß vom 29. April 2004 - V ZB 46/03 - OLG Karlsruhe
LG Freiburg
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 29. April 2004 durch den Vizepräsidenten
des Bundesgerichtshofes Dr. Wenzel und die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke,
Dr. Schmidt-Räntsch und die Richterin Dr. Stresemann

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe, Zivilsenate in Freiburg, vom 30. Juli 2003 wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 6.503,42 €.

Gründe:


I.


Die Kläger haben von den Beklagten den Abschluß ei nes Kaufvertrags über ein Grundstück und die Bezahlung des Kaufpreises verlangt. Das Landgericht hat die geltend gemachten Ansprüche nach Beweiserhebung dem Grunde nach für berechtigt erklärt. Berufung und Revision der Beklagten hiergegen sind ohne Erfolg geblieben. Nach weiterer Beweisaufnahme hat das Landgericht der Klage zum Teil stattgegeben und über die Kosten des Verfahrens im ersten Rechtszug gemäß § 92 Abs. 1 ZPO entschieden. Im Kostenausgleichungsverfahren haben die Kläger im Hinblick auf das Verfahren des Landgerichts nach dem Erlaß des Grundurteils eine weitere Verhandlungs-, eine weitere Beweisgebühr und eine weitere Kostenpauschale angemeldet. Das Landgericht hat
diese Kosten im Ausgleichsverfahren nicht berücksichtigt. Das Oberlandesgericht hat die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Kläger zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde erstreben die Kläger die Aufnahme der geltend gemachten Kosten in das Kostenfestsetzungsverfahren.

II.


Die Beschwerde ist nicht begründet.
1. Das Verfahren des Beschwerdegerichts ist insofe rn rechtsfehlerhaft, als das Beschwerdegericht bei seiner Entscheidung nicht ordnungsgemäß besetzt war. Das Beschwerdegericht hatte nach § 568 Satz 1 ZPO durch eines seiner Mitglieder zu entscheiden, weil sich die Beschwerde gegen eine Entscheidung eines Rechtspflegers richtet. Der Gesamtspruchkörper wäre zur Entscheidung nur zuständig gewesen, wenn der Einzelrichter das Verfahren auf das Kollegium übertragen hätte (§ 568 Satz 2 ZPO). Daran fehlt es.
Trotzdem hat der Senat in der Sache zu entscheiden. Der Verfahrensfehler des Beschwerdegerichts bedeutet nach §§ 576 Abs. 3, 547 Nr. 1 ZPO zwar einen absoluten Beschwerdegrund (BGH, Beschl. v. 11. Februar 2003, VIII ZB 56/02, NJW 2003, 1875). Dennoch ist die Entscheidung nicht aufzuheben, weil die fehlerhafte Besetzung des Beschwerdegerichts von der Rechtsbeschwerde nicht gerügt wird. Gemäß § 577 Abs. 2 Satz 3 ZPO werden Verfahrensmängel durch das Rechtsbeschwerdegericht grundsätzlich nur berücksichtigt, wenn die Rechtsbeschwerdebegründung eine entsprechende Rüge enthält (§ 575 Abs. 3 Nr. 3 Buchst. b ZPO). Der Rüge eines Verfahrensfehlers bedarf es nur dann nicht, wenn der Fehler die Durchführung des Verfahrens überhaupt oder seine Fortsetzung unzulässig macht oder sich das Verfahren als willkürlich darstellt.

Einen solchen Fehler stellt die vorschriftswidrige Besetzung des Vordergerichts grundsätzlich nicht dar (BGHZ 41, 249, 253; 154, 200, 203; BGH, Beschl. v. 9. Juni 1993, BLw 61/92, NJW-RR 1993, 1339; BAG, NJW 1962, 318; BSGE 57, 15, 17 m.w.N.; 58, 104, 105; Baumbach/Lauterbach/Albers, ZPO, 61. Aufl., § 547 Rdn. 3; Musielak/Ball, ZPO, 3. Aufl., § 547 Rdn. 2; Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 21. Aufl., § 551 Rdn. 10; Zöller/Gummer, ZPO, 24. Aufl., § 547 Rdn. 2; a.M. MünchKomm-ZPO/Wenzel, 2. Aufl., Aktualisierungsband , § 547 Rdn. 3 und § 557 Rdn. 22 f). Anders verhält es sich nur, wenn sich die vorschriftswidrige Besetzung als unvertretbar und willkürlich darstellt. So liegt es hier nicht. Das Beschwerdegericht hat das Gebot des gesetzlichen Richters nicht grundlegend verkannt und nicht unter willkürlicher Mißachtung der gesetzlichen Regelung entschieden. Die zu entscheidende Rechtsfrage hat im Hinblick auf den in Rechtsprechung und Literatur bestehenden Streit um den Anwendungsbereich von § 15 Abs. 1 BRAGO grundsätzliche Bedeutung. Der Einzelrichter hatte das Verfahren daher gemäß § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO auf den Gesamtspruchkörper des Beschwerdegerichts zu übertragen und so die Zuständigkeit des Kollegiums zu begründen, das die angefochtene Entscheidung getroffen hat. Das hat das Kollegium nicht abgewartet, sondern ist voreilig tätig geworden. Das bedeutet keine Willkür, sondern einen einfachen Verfahrensfehler. Insoweit liegt es anders als im Fall der Zulassung der Rechtsbeschwerde durch den Einzelrichter. Eine solche Zulassung ist unvertretbar und willkürlich. Sie führt daher auch ohne eine entsprechende Rüge zur Aufhebung der Beschwerdeentscheidung (BGHZ 154, 200, 203 f; BGH, Beschl. v. 2. April 2003, XII ZB 198/02, FamRZ, 2003, 748, v. 10. April 2003, VII ZB 17/02, MDR 2003, 949; v. 11. September 2003, XII ZB 188/02, NJW 2003, 3712).
2. In der Sache ist die angefochtene Entscheidung nicht zu beanstanden.
In der Rechtsprechung und in der Literatur wird di e Anwendung von § 15 Abs. 1 BRAGO auf den Fall der Bestätigung eines Grundurteils durch das Rechtsmittelgericht teilweise verneint (OLG Celle, Nds. Rpfleger 1983, 26; OLG Saarbrücken, JurBüro 1990, 338; Düsseldorf (24. ZS), JurBüro 1993, 672; OLG Schleswig, JurBüro 1996, 135; OLG Hamburg, JurBüro 1996, 136; OLG Oldenburg (5. ZS), JurBüro 1996, 305; OLG Bremen (1. ZS), OLGR 1996, 288; OLG München, JurBüro 1999, 23; OLG Bremen (2. ZS), OLGR 2001, 481; OLG Oldenburg (6. ZS), JurBüro 2002, 474; LG Berlin, NJW-RR 1999, 651; MünchKomm -ZPO/Rimmelspacher, aaO, § 538 Rdn. 78). Teilweise wird die Vorschrift auf diesen Fall für anwendbar gehalten (OLG Bamberg, JurBüro 1969, 735; OLG Stuttgart, JurBüro 1984, 1672; OLG Frankfurt, JurBüro 1983, 1193; OLG Zweibrücken , JurBüro 1990, 479; OLG Düsseldorf (10. ZS), JurBüro 1995, 197; OLG Karlsruhe (Rheinschifffahrtsobergericht), JurBüro 1996, 135; OLG Düsseldorf (12. ZS), JurBüro 1997, 364; OLG Koblenz, JurBüro 1997, 642; OLG Oldenburg (2. ZS), OLGR 2000, 61; OLG Hamm, JurBüro 2000, 302; Gebauer/Schneider, BRAGO, § 15 Rdn. 23; Gerold/Schmidt/Eicken/Madert, BRAGO, 15. Aufl., § 15 Rdn. 4; Göttlich/Mümmler/Rehberg/Xanke, BRAGO, 20. Aufl., Stichworte "Grundurteil“ 2.2 und "Zurückverweisung“ 1.2; Hansens, BRAGO, 8. Aufl., § 15 Rdn. 3; Hartmann, Kostengesetze, 32. Aufl., § 15 BRAGO Rdn. 6; MünchKommZPO /Musielak, 2. Aufl., § 304 Rdn. 38; Musielak/Grandel, aaO, § 538 Rdn. 39; Riedel/Sußbauer/Fraunholz, BRAGO, 8. Aufl., § 15 Rdn. 3; Zöller/Herget, aaO, § 304 Rdn. 28 und § 538 Rdn. 63; Groll, JurBüro 1996, 286; Mümmler, JurBüro 1983, 1193; ders., JurBüro 1984, 1672; ders., JurBüro 1987, 1041; ders. JurBüro 1990, 339; ders., JurBüro 1990, 480).
Der Senat teilt erstere Auffassung.

a) Hierfür spricht bereits der Wortlaut des § 15 A bs. 1 BRAGO. Der dort verwendete Begriff der "Zurückverweisung" stammt aus dem Prozeßrecht. Nach
diesem fehlt es im Fall der Bestätigung eines Zwischenurteils über den Grund im Rechtsmittelverfahren an einer Zurückverweisung. Die Zivilprozeßordnung regelt die Zurückverweisung aus der Berufung in die erste Instanz in § 538 ZPO, wobei im vorliegenden Fall die bis zum 31. Dezember 2001 gültige Fassung der Vorschrift maßgeblich ist (§ 26 Nr. 5 EGZPO). Entgegen der Meinung der Rechtsbeschwerde folgt aus der Formulierung von § 538 Abs. 1 Nr. 3 ZPO a.F. (jetzt § 538 Abs. 2 Nr. 4 ZPO) nicht, daß es sich bei der Bestätigung eines Grundurteils durch das Berufungsgericht um eine Zurückverweisung handelt. § 538 Abs. 2 Nr. 3 ZPO a.F. bezeichnet die Fortführung eines Verfahrens durch das Ausgangsgericht nach der Zurückweisung eines Rechtsmittels gegen ein Zwischenurteil über den Grund zwar als Zurückverweisung. Tatsächlich ist jedoch seit langem anerkannt, daß die ein Grundurteil bestätigende Entscheidung eines Rechtsmittelgerichts keine Zurückverweisung bedeutet (BGHZ 27, 15, 26 f; BAG, NJW 1967, 648; RGZ 70, 179, 182 f.; Stein/Jonas/Grunsky, aaO, § 538 ZPO Rdn. 23; Zöller/Gummer, ZPO, 22. Aufl., § 538 Rdn. 24; Bettermann, ZZP 88 (1975), 365, 391). Die Qualifikation einer auf ein Rechtsmittel gegen ein Zwischenurteil ergangenen, das Rechtsmittel zurückweisenden Entscheidung als Zurückverweisung scheidet bereits deshalb aus, weil der Rechtsstreit auch während des Rechtsmittelverfahrens gegen das Zwischenurteil bei dem Vordergericht anhängig bleibt und neben diesem Verfahren fortgeführt werden kann (§ 304 Abs. 2 Halbs. 2 ZPO). Das Urteil, durch das ein Rechtsmittel gegen ein Zwischenurteil über den Grund eines Anspruchs zurückgewiesen wird, hat entgegen dem Wortlaut von § 538 Abs. 1 Nr. 3 ZPO a.F. (jetzt § 538 Abs. 2 Nr. 4 ZPO) auf Zurückweisung des Rechtsmittels zu lauten und, weil es sich nicht um eine Zurückverweisung handelt, eine Kostenentscheidung zu enthalten (BGHZ 20, 397, 398 ff; 54, 21, 29; Zöller/Herget, aaO, § 97 Rdn. 2 und § 304 Rdn. 26), für die ansonsten kein Raum wäre. Eine Zurückverweisung kommt nur in Betracht , wenn das angefochtene Urteil von dem Rechtsmittelgericht nicht gebilligt
und daher aufgehoben wird (so schon RGZ 70, 179, 183). So verhält es sich bei der Zurückweisung eines Rechtsmittels gegen ein Grundurteil gerade nicht.

b) Auch die historische Auslegung von § 15 BRAGO f ührt zu keinem anderen Ergebnis, sondern bestätigt die vorstehende Auslegung. § 15 BRAGO geht auf § 27 RAGebO zurück. Dieser hatte folgenden Wortlaut:
"Im Falle der Zurückverweisung einer Sache an das Gericht unterer Instanz (Zivilprozeßordnung §§ 538, 539, 565, 566a) wird das weitere Verfahren vor diesem Gerichte für die Gebühren der Rechtsanwälte, mit Ausnahme der Prozeßgebühr, als neue Instanz behandelt." § 27 RAGebO wurde durch die Novelle vom 1. Juni 1909 (RGBl. 1909, S. 475) mit Wirkung zum 1. April 1910 in die Rechtsanwaltsgebührenordnung eingefügt. Bis dahin galt auch für die Rechtsanwaltsgebühren der für die Gerichtskosten geltende Grundsatz, daß durch die Aufhebung eines Urteils und die Zurückverweisung der Sache keine weiteren Gebühren begründet werden, weil die Gerichtsgebühren in jeder Instanz nur einmal entstehen (§ 27 GKG) und die erneute Verhandlung vor dem Ausgangsgericht sich als Fortsetzung des Verfahrens in dieser Instanz darstellt (§ 33 GKG). Die damit verbundene Beschränkung erschien für die Rechtsanwaltsgebühren unbillig, weil die Aufhebung eines Urteils und die Zurückverweisung des Rechtsstreits an die untere Instanz "für den Anwalt eine neue umfangreiche Tätigkeit im Verhandlungs- und Beweisverfahren" verursacht (Bericht der 30. Kommission des Reichstags über den Entwurf eines Gesetzes betreffend Änderungen des Gerichtsve rfassungsgesetzes, der Zivilprozeßordnung, des Gerichtskostengesetzes und der Gebührenordnung für Rechtsanwälte vom 31. März 1909, Verhandlungen des Reichstags, Band 254, S. 8050).
So verhält es sich bei der Bestätigung eines Grund urteils im Rechtsmittelverfahren nicht. Die Zurückweisung des Rechtsmittels führt nicht zu einer neuen Verhandlung und neuer Beweiserhebung, sondern zur Fortsetzung des in der Regel während der Dauer des Rechtsmittelverfahrens vor dem Ausgangsgericht nicht weiter betriebenen Rechtsstreits. Die das Zwischenurteil über den Grund des geltend gemachten Anspruchs bestätigende Entscheidung sollte nach dem Willen des Gesetzgebers nicht zum nochmaligen Entstehen von Rechtsanwaltsgebühren führen (KG, JW 1935, 794, 795). Dem Klammerzitat der §§ 538, 539, 565, 566a ZPO a.F. in § 27 RAGebO kann daher nicht entnommen werden, daß hierdurch ein gegenüber dem Prozeßrecht eigenständiger Begriff der Zurückverweisung definiert worden wäre.

c) Zweck von § 15 Abs. 1 BRAGO ist es, wie die Mat erialien zu § 27 RAGebO zeigen, die durch eine Zurückverweisung entstehende Mehrarbeit des Rechtsanwalts zu vergüten. Der Gesetzgeber wollte für eine "neue umfangreiche Tätigkeit im Verhandlungs- und Beweisverfahren" eine Vergütungspflicht begründen.
Mehrarbeit in diesem Sinne entsteht für den Rechtsanwalt bei der Durchführung des Betragsverfahrens nach Bestätigung eines vorausgegangenen Grundurteils durch das Rechtsmittelgericht in der Regel nicht. Entscheidet das Ausgangsgericht durch Zwischenurteil über den Grund eines geltend gemachten Anspruchs, sind die zur abschließenden Entscheidung notwendige Verhandlung und Beweisaufnahme zur Höhe des Anspruchs zunächst unterblieben. Der zurückgestellte Teil des Verfahrens bildet den Gegenstand des Betragsverfahrens. Für die Tätigkeit des Rechtsanwalts bedeutet es grundsätzlich keinen Unterschied , ob das Ausgangsgericht zunächst den Grund des geltend gemachten Anspruchs klärt und hernach das Verfahren zum Betrag fortsetzt, oder ob über eine nach Grund und Höhe streitige Forderung ohne die Zäsur durch ein Zwi-
schenurteil über den Grund verhandelt und entschieden wird. Wird ein Grundurteil durch Rechtsmittelverzicht, durch den Ablauf der Rechtsmittelfrist oder durch die Rücknahme eines Rechtsmittels rechtskräftig, stellt sich die Frage einer Zurückverweisung an das Ausgangsgericht noch nicht einmal. Der Umfang der Tätigkeit des Rechtsanwalts im Betragsverfahren wird auch nicht dadurch erweitert, daß ein Zwischenurteil über den Grund im Rechtsmittelverfahren bestätigt wird.

d) Etwas anderes folgt auch nicht daraus, daß das Berufungsgericht gemäß § 540 ZPO a.F. (jetzt § 538 Abs. 1 ZPO) einen Rechtsstreit, in welchem ein Zwischenurteil angefochten wird, selbst einer abschließenden Entscheidung zuführen kann (Senat, Urt. v. 5. März 1993, V ZR 87/91, NJW 1993, 1793, 1794; BGH, Urt. v. 7. Juni 1983, VI ZR 171/81, VersR 1983, 735, 736; Baumbach /Lauterbach/Albers, ZPO, 59. Aufl., § 540 a.F. Rdn. 4; MünchKommZPO /Rimmelspacher, 2. Aufl., § 540 Rdn. 3 f; Musielak, ZPO, 2. Aufl., § 304 Rdn. 14; Musielak/Ball, ZPO, 2. Aufl., § 540 Rdn. 2; Zöller/Gummer, ZPO, 22. Aufl., § 540 Rdn. 6; a.M. BAG, NJW 1967, 648; Stein/Jonas/Grunsky, aaO, § 538 Rdn. 24 ff., § 540 Rdn. 2; Bettermann, aaO, S. 392 ff.). Macht das Rechtsmittelgericht von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch, sondern beschränkt sich auf die Bestätigung eines Grundurteils, führt dies nicht zu sonst nicht zu vergütender Mehrarbeit des im Ausgangsrechtszug tätigen Rechtsanwalts , sondern dazu, daß er Gelegenheit erhält, das zur Durchsetzung oder zur Abwehr eines Anspruchs vor dem Ausgangsgericht übernommene Mandat zuende zu führen. Hierzu gehört es grundsätzlich, die Entscheidung des Ausgangsgerichts über den Betrag der geltend gemachten Forderung herbeizuführen.

III.


Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Klein Lemke
Schmidt-Räntsch Stresemann
35
f) Nach alledem ist das von dem Beschwerdegericht gewählte Verfahren rechtlich nicht zu beanstanden. Aus dem Aktenvermerk des Vorsitzenden des Beschwerdegerichts vom 4. September 2012 ergibt sich, dass an diesem Tag der nach der mündlichen Verhandlung eingegangene Schriftsatz „im Rahmen einer Telefonkonferenz unter Beteiligung der Berufsrichter und der ehrenamtlichen Richter nachberaten“ wurde. In diesem Vermerk kommen die Art und Weise der Beratung, das Einverständnis sämtlicher beteiligten Richter damit und deren Mitwirkung an der Beratung hinreichend zum Ausdruck. Dem kann der Beteiligte zu 2 nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass an der Nachberatung entgegen § 192 GVG nicht alle zur Entscheidung berufenen Richter mitgewirkt hätten und die Abstimmungsreihenfolge nach § 197 GVG verletzt worden sei. Die Behauptung, einer der ehrenamtlichen Richter sei telefonisch erst einige Tage nach der Telefonkonferenz erreicht worden, ist neuer Tatsachenvortrag, welcher in der Rechtsbeschwerdeinstanz hier ausnahmsweise zulässig ist. Die Feststellung in der Beschwerdeentscheidung, wonach der nachträglich eingegangene Schriftsatz vor der Beschlussfassung mit beiden ehrenamtlichen Richtern beraten worden ist, ist nämlich für das Rechtsbeschwerdegericht nicht bindend im Sinne von § 1 Abs. 1 HöfeVfO, § 9 LwVG, § 74 Abs. 3 Satz 4 FamFG, § 559 ZPO, weil insoweit nicht das mündliche Parteivorbringen (§§ 314, 320 ZPO), sondern das bloße Prozessgeschehen betroffen ist (vgl. BGH, Urteil vom 10. März 1983 - VII ZR 135/82, NJW 1983, 2030, 2032). Jedoch kommt dieser Feststellung die Beweiskraft einer öffentlichen Urkunde entsprechend § 418 ZPO zu (vgl. BGH, Urteil vom 10. März 1983 - VII ZR 135/82, aaO). Diese Beweiskraft wird verstärkt durch den Aktenvermerk des Vorsitzenden des Beschwerdegerichts vom 4. September 2012, wonach der Schriftsatz an diesem Tag „im Rahmen einer Telefonkonferenz unter Beteiligung der Berufsrichter und der ehrenamtlichen Richter nachberaten“ worden ist. Die bloße Behauptung eines abweichenden Geschehensablaufs - noch dazu ohne jede Glaubhaftmachung - vermag diese Beweiswirkung nicht zu erschüttern.

Das Urteil kann nur von denjenigen Richtern gefällt werden, welche der dem Urteil zugrunde liegenden Verhandlung beigewohnt haben.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 357/00 Verkündet am:
1. Februar 2002
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: nein
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO §§ 156, 296 a, 320 Abs. 4 Sätze 2 und 3

a) Auch wenn ein Urteil bereits im Sinne des § 309 ZPO gefällt, aber noch nicht verkündet
ist, muß das Gericht einen nicht nachgelassenen Schriftsatz zur Kenntnis
nehmen und eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung prüfen.

b) Hat der Gesamtspruchkörper eines Kollegialgerichts nach § 309 ZPO über das
Urteil beraten und abgestimmt, so kann jedenfalls dann über die Wiedereröffnung
entsprechend § 320 Abs. 4 Sätze 2 und 3 ZPO nur in der Besetzung der Schlußverhandlung
entschieden werden, wenn eine zwingende Wiedereröffnung wegen
eines Verfahrensfehlers oder eine Wiedereröffnung nach Ermessen des Gerichts
in Betracht kommt. Deshalb ergeht in diesen Fällen bei Verhinderung eines der
an Schlußverhandlung und Urteilsfällung beteiligten Richter die Entscheidung
über die Wiedereröffnung ohne Hinzuziehung eines Vertreters in der verbleibenden
Besetzung der Richterbank.
BGH, Urt. v. 1. Februar 2002 - V ZR 357/00 - OLG Celle
LG Lüneburg
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 1. Februar 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel und die
Richter Schneider, Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein und Dr. Gaier

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 25. September 2000 wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Mit notarieller Urkunde vom 2. November 1995 verkauften die Kläger an die Beklagte im wesentlichen eine noch zu vermessende Teilfläche von ca. 2.600 m² Gröûe eines in B. gelegenen Grundstücks "als Bauplatz" zum Preis von 465.000 DM. Unter § 2 Nr. 2 lit. a der Urkunde ist ausgeführt, die Beklagte beabsichtige, "auf dem von ihr erworbenen Trenngrundstück ein Haus mit mindestens zwei Eigentumseinheiten zu errichten." Der Kaufpreis sollte spätestens 18 Monate nach Vertragsschluû unter der Voraussetzung fällig sein, daû der Notar der Beklagten schriftlich bestätigte, daû ihm mit Ausnahme der steuerlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung alle für die vertragsgemäûe Eigentumsumschreibung erforderlichen Unterlagen vorlägen. Unter § 13 der Urkunde wurde unter der Überschrift "Rücktrittsrecht des Käufers" vereinbart:
"... Dem Käufer wird ein Rücktrittsrecht von diesem Kaufvertrag eingeräumt , sofern eine gravierende Verzögerung in der Planung auf Grund Änderung des B-Planes eintritt. Der Rücktritt ist ausübbar längstens bis zum 31. Dezember 1996 ..." Am 7. Februar 1996 reichte die Beklagte beim Bauaufsichtsamt des zuständigen Landkreises eine Bauvoranfrage für ein Doppelhaus mit zwei Einliegerwohnungen ein. Die Behörde antwortete unter dem 22. Februar 1996, die Gemeinde B. habe am 4. Juli 1995 die Einleitung des Verfahrens zur Änderung des geltenden Bebauungsplanes beschlossen und zur Sicherung des Planes einen Antrag auf Zurückstellung der Entscheidung über die Bauvoranfrage nach § 15 BauGB gestellt. Daraufhin erklärte die Beklagte mit Schreiben vom 19. und 28. März 1996 gegenüber den Klägern den Rücktritt vom Kaufvertrag. Das Bauaufsichtsamt unterrichtete die Beklagte mit Bescheid vom 17. April 1996 davon, daû die Entscheidung über die Bauvoranfrage für die Dauer eines Jahres zurückgestellt sei, um die Planungsabsichten der Gemeinde zu sichern.
Der Notar teilte der Beklagten mit Schreiben vom 16. März 1998 mit, daû ihm die vereinbarten Voraussetzungen für die Fälligkeit vorlägen und daher der Kaufpreis auf sein Anderkonto zu zahlen sei. Dies lehnte die Beklagte unter Hinweis auf den von ihr erklärten Rücktritt ab.
Die Kläger sind der Auffassung, die Voraussetzungen des vertraglichen Rücktrittsrechts der Beklagten seien nicht gegeben. Die Beklagte schulde daher die vereinbarte Hinterlegung des Kaufpreises. Deshalb haben die Kläger die Beklagte auf Zahlung von 465.000 DM auf Notaranderkonto sowie weiterer 88.731,05 DM als Schadensersatz unmittelbar an sich in Anspruch genommen.
Ihre Klage ist in den Tatsacheninstanzen ohne Erfolg geblieben. In seinem die Berufung der Kläger zurückweisenden Urteil hat das Oberlandesgericht auch eine beantragte Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung aufgrund Vorbringens in einem erst nach Schluû der mündlichen Verhandlung eingegangenen , nicht nachgelassenen Schriftsatz der Kläger abgelehnt. Unterschrieben ist das Berufungsurteil nur von dem Vorsitzenden des erkennenden Senats und von einem der beisitzenden Richter. Hinzugefügt ist ein von dem Vorsitzenden unterzeichneter Vermerk, nach dem der an der letzten mündlichen Verhandlung beteiligte zweite beisitzende Richter "wegen zwischenzeitlicher Beendigung seiner Abordnung an der Unterschrift gehindert" sei. Mit der Revision , deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgen die Kläger nur noch den Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises auf Notaranderkonto weiter.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht verneint Ansprüche der Kläger auf Zahlung des Kaufpreises und auf Schadensersatz. Wegen der Zurückstellung der Entscheidung über ihre Bauvoranfrage sei die Beklagte nach den vertraglichen Vereinbarungen zum Rücktritt berechtigt gewesen. Nach dem Vorbringen der Kläger in deren nicht nachgelassenem Schriftsatz bestehe kein Anlaû zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung. Wie sich bereits aus den Ausführungen zur Begründung der Erfolglosigkeit der Berufung ergebe und auch in der mündlichen Verhandlung erörtert worden sei, komme es auf die in diesem Schriftsatz unter Zeugenbeweis gestellten Behauptungen für die Ent-
scheidung des Rechtsstreits nicht an. Da bei Eingang des Schriftsatzes die Abordnung des an der mündlichen Verhandlung beteiligten Richters am Amtsgericht F. an das Oberlandesgericht beendet gewesen sei, habe der Senat insoweit entsprechend § 320 ZPO in der noch verbleibenden Besetzung entschieden. Bereits das mit diesem Richter gefundene Beratungsergebnis habe ergeben, daû das nachträgliche Vorbringen nicht entscheidungserheblich sei.
Dies hält den Angriffen der Revision stand.

II.


Mit ihren Rügen, der Rechtsstreit sei noch nicht nach § 300 ZPO entscheidungsreif gewesen und das Berufungsgericht habe nicht in der durch § 309 ZPO vorgeschriebenen Besetzung entschieden, kann die Revision nicht durchdringen. Ohne Erfolg bleibt auch die weitere Rüge, das Berufungsgericht habe bei der Entscheidung über die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gegen §§ 192 Abs. 1, 122 Abs. 1 GVG verstoûen.
1. Daû eine dahingehende Verfahrensrüge nach § 554 Abs. 3 Nr. 3 ZPO a.F. (vgl. § 26 Nr. 7 EGZPO) erhoben wurde, ergibt sich aus der Revisionsbegründung. Zwar ist in ihr die Bezeichnung der §§ 192 Abs. 1, 122 Abs. 1 GVG unterblieben, dies steht aber der Beachtlichkeit der Rüge nicht entgegen, weil die Begründung, die sich auch auf die nicht "vollständige Besetzung" des Gerichts stützt, die verletzte Rechtsnorm erkennen läût (vgl. BGH, Urt. v. 19. Oktober 1989, I ZR 22/88, NJW-RR 1990, 480, 481; Urt. v. 29. Januar
1992, VIII ZR 202/90, NJW 1992, 1768, 1769; Urt. v. 9. Februar 1994, XII ZR 183/92, NJW 1994, 1286, 1287).
2. Der Revision ist zuzugeben, daû die Zivilsenate des Oberlandesgerichts , soweit nicht die Zuständigkeit des Einzelrichters gegeben ist, nach §§ 192 Abs. 1, 122 Abs. 1 GVG in der Besetzung von drei Mitgliedern unter Einschluû des Vorsitzenden entscheiden. Unter den gegebenen Umständen durfte das Berufungsgericht jedoch hiervon abweichen und in analoger Anwendung des § 320 Abs. 4 Sätze 2 und 3 ZPO über die Frage der Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nur durch den Vorsitzenden und einen Beisitzer befinden.

a) Ist über das Urteil zu dem Zeitpunkt, in dem sich das (Kollegial-) Gericht mit dem Vorbringen aus dem nachgereichten Schriftsatz befaût oder bei ordnungsgemäûem Verfahrensgang zu befassen hätte, noch nicht abschlieûend beraten und abgestimmt, das Urteil also noch nicht im Sinne des § 309 ZPO gefällt, ergibt sich unmittelbar aus der genannten Vorschrift, daû auch an der Entscheidung über die Frage einer Wiedereröffnung nur die Richter mitwirken dürfen, die an der vorangegangen letzten mündlichen Verhandlung beteiligt waren (ähnlich, jedoch ohne Einschränkung, OLG Oldenburg, OLGR 2000, 123, 124; auch Zöller/Vollkommer, ZPO, 22. Aufl., § 309 Rdn. 4; Zöller /Greger, aaO, § 156 Rdn. 6; AK-ZPO/Göring, § 156 Rdn. 4). § 309 ZPO ist aus dem Grundsatz der Mündlichkeit und Unmittelbarkeit der Verhandlung zu verstehen und legt fest, daû nur die Richter, die an der für das Urteil allein maûgeblichen mündlichen Verhandlung teilgenommen haben, die Sachentscheidung treffen dürfen (BGHZ 11, 27, 30; 61, 369, 370; BGH, Urt. v. 8. Februar 2001, III ZR 45/00, NJW 2001, 1502, 1503). Nur diese Richter kön-
nen daher an der Beratung, die der Verhandlung nachfolgt, beteiligt sein und in deren Rahmen über die Vorfrage befinden, ob die mündliche Verhandlung wiedereröffnet und damit überhaupt über ein Urteil beraten und abgestimmt werden soll.
bb) Anders liegen die Dinge aber, wenn - wie im vorliegenden Fall - der nachgereichte Schriftsatz nicht mehr bei der Entscheidung über das Urteil Beachtung finden kann, sondern dem zuständigen Spruchkörper erst dann vorliegt , wenn das Urteil nach Beratung und Abstimmung bereits beschlossen, aber noch nicht verkündet ist.
(1) Da das Gericht in diesem Verfahrensstadium noch nicht an das Urteil gebunden ist (BGHZ 61, 369, 370), obliegt es ihm allerdings weiterhin, eingehende Schriftsätze zur Kenntnis zu nehmen und eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung zu prüfen (vgl. § 296 a Satz 2 ZPO). Damit ist aber noch keine Aussage über die Besetzung getroffen, in der das Gericht, wenn das Urteil bereits im Sinne des § 309 ZPO gefällt ist, über eine etwaige Wiedereröffnung zu befinden hat. Auch § 309 ZPO ist hierfür keine Regelung zu entnehmen. Zwar folgt aus dieser Vorschrift, daû nur die Richter, die bereits an der mündlichen Verhandlung teilgenommen haben, befugt sind, das bereits beschlossene, jedoch noch nicht verkündete Urteil abzuändern (BGHZ 61, 369, 370). Darum geht es hier aber nicht. Unterbleibt eine Wiedereröffnung, so wird über das Rechtsschutzgesuch der Klägerseite ohne Veränderung entschieden. Selbst im Fall eines Wiedereintritts in die mündliche Verhandlung wird kein in dieser Hinsicht verändertes Urteil erlassen, sondern es ergeht auf der Grundlage einer erneuten mündlichen Verhandlung ein Urteil durch die dann nach § 309 ZPO zur Entscheidung berufenen Richter. Mündlichkeit und
Unmittelbarkeit sind auf diese Weise selbst dann gewahrt, wenn die neue Richterbank von der früheren Besetzung abweicht.
(2) Die Besetzung des Gerichts kann sich hiernach nur aus den allgemeinen Vorschriften ergeben. Es ist denkbar, daû die Richter über die Wiedereröffnung zu entscheiden haben, die zum Zeitpunkt der Beratung dieser Frage durch § 192 GVG i.V.m. §§ 75, 105, 122 GVG und durch die Geschäftsverteilung (§§ 21 e, 21 g GVG) als gesetzliche Richter ausgewiesen sind (vgl. RG, JW 1901, 250; OLG Koblenz, OLGR 1999, 290, 291). Dagegen spricht, daû vorliegend der Sachverhalt, der der Entscheidung über die Wiedereröffnung zugrunde liegt, mit dem vergleichbar ist, den das Gesetz für den Fall der Tatbestandsberichtigung in § 320 Abs. 4 Sätze 2 und 3 ZPO geregelt hat.
Nach der genannten Vorschrift können allein die Richter, die bei dem betroffenen Urteil mitgewirkt haben, über eine beantragte Tatbestandsberichtigung entscheiden. Ist einer dieser Richter verhindert, so ergeht die Entscheidung - ohne Hinzuziehung eines anderen Richters - in der verbleibenden Besetzung der Richterbank (vgl. BGH, Urt. v. 9. Dezember 1987, IVa ZR 155/86, NJW-RR 1988, 407, 408). Diese von § 192 GVG i.V.m. §§ 75, 105, 122 GVG abweichende Besetzung beruht auf der Vorstellung des Gesetzgebers, für eine Berichtigung des Tatbestandes sei das Vorbringen in der mündlichen Verhandlung maûgeblich (vgl. §§ 314, 137 Abs. 2 und 3 ZPO), so daû nur die Richter über einen dahingehenden Antrag entscheiden sollen, die an dem Urteil und damit nach § 309 ZPO auch an der mündlichen Verhandlung mitgewirkt haben (vgl. BayObLGZ 1965, 137, 139; OLG Hamm, NJW 1967, 1619). Bei der Entscheidung über die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung liegen die Dinge zumindest dann ebenso, wenn es - wie hier - darum geht, das
durch § 156 ZPO eingeräumte Ermessen ordnungsgemäû auszuüben. Nur die an der Verhandlung und der nachfolgenden Beratung beteiligten Richter wissen , was von den Parteien vorgetragen und vom Gericht erörtert wurde. Nur ihnen ist ferner bekannt, welches tatsächliche Vorbringen und welche rechtlichen Gesichtspunkte im konkreten Fall Entscheidungserheblichkeit erlangen sollen. Sie allein können mithin einschätzen, ob das rechtliche Gehör verletzt, Hinweispflichten miûachtet, Verfahrensfehler unterlaufen oder neues erhebliches Vorbringen erfolgt ist. Dies sind aber die Umstände, die für eine fehlerfreie und sachgerechte Ermessensausübung - auch im Hinblick auf eine zwingende Wiedereröffnung wegen eines Verfahrensfehlers (vgl. § 156 Abs. 2 Nr. 1 ZPO n.F.; zum früheren Recht bereits BGHZ 30, 60, 65; 53, 245, 262; Senat, Urt. v. 21. Februar 1986, V ZR 246/84, NJW 1986, 1867, 1868; BGH, Urt. v. 7. Oktober 1992, VIII ZR 199/91, NJW 1993, 134; Urt. v. 8. Februar 1999, II ZR 261/97, NJW 1999, 2123, 2124; Urt. v. 28. Oktober 1999, IX ZR 341/98, NJW 2000, 142, 143) - maûgeblich sind (vgl. MünchKommZPO /Peters, 2. Aufl., § 156 Rdn. 3 - 6, 9 - 11). Ob die für eine analoge Anwendung von § 320 Abs. 4 Sätze 2 und 3 ZPO erforderliche Vergleichbarkeit auch dann gegeben ist, wenn nicht der Gesamtspruchkörper eines Kollegialgerichts, sondern ein Einzelrichter oder ein Richter am Amtsgericht über die Wiedereröffnung zu entscheiden haben, oder etwa ein zwingender Grund für die Wiedereröffnung nach § 156 Abs. 2 Nr. 2 oder Nr. 3 ZPO n.F. geltend gemacht wird, bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung.
3. Nach alledem hat das Berufungsgericht über die Frage der Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung in der vorgeschriebenen Besetzung entschieden. Zutreffend ist es davon ausgegangen, daû Richter am Amtsgericht F. nicht an der Entscheidung über die Wiedereröffnung der mündlichen
Verhandlung beteiligt werden durfte. Er war nach Beendigung seiner Abordnung an das Oberlandesgericht im Anschluû an das bereits gemäû § 309 ZPO gefällte Urteil nicht mehr im Sinne des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG der gesetzliche Richter (vgl. Schmidt-Räntsch, DRiG, 5. Aufl., § 37 Rdn. 9). Das Berufungsgericht konnte mithin entsprechend § 320 Abs. 4 Sätze 2 und 3 ZPO in der "verbleibenden Besetzung" entscheiden.
4. Ebensowenig ist § 309 ZPO verletzt; denn Richter am Amtsgericht F. hat sowohl an der Schluûverhandlung als auch an der Urteilsfällung teilgenommen. Sein Ausscheiden nach der Urteilsfällung, also der Beratung und Abstimmung über das Urteil, ist in § 309 ZPO nicht geregelt (vgl. MünchKommZPO /Musielak, aaO, § 309 Rdn. 13); an der Verkündung des Urteils muûte er nicht mitwirken (vgl. BGHZ 61, 369, 370). Schlieûlich hat das Berufungsgericht auch § 300 ZPO nicht miûachtet. Da Entscheidungsgrundlage nur der Prozeûstoff im Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung ist (vgl. BGH, Urt. v. 5. Juli 1995, KZR 15/94, NJW-RR 1995, 1340, 1341), kann der nicht nachgelassene Schriftsatz der Kläger unter diesem Gesichtspunkt keine Bedeutung erlangen.

III.


Auch mit ihren Sachrügen kann die Revision nicht durchdringen.
Den Klägern steht der - allein noch geltend gemachte - Anspruch auf "Hinterlegung" des Kaufpreises auf Notaranderkonto nicht zu, weil die Beklagte wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten ist. Infolge des wirksamen
Rücktritts müssen auch nach dem bisher geltenden und hier weiterhin maûgeblichen Rücktrittsrecht (vgl. Art. 229 § 5 EGBGB) noch ausstehende Leistungen nicht mehr erbracht werden (vgl. Senat, Urt. v. 10. Juli 1998, V ZR 360/96, NJW 1998, 3268, 3269).
1. Die Voraussetzungen für das unter § 13 der Vertragsurkunde vereinbarte Rücktrittsrecht der Beklagten sind entgegen der Auffassung der Revision erfüllt.

a) Es kam zu einer "gravierenden Verzögerung in der Planung", weil das Bauvorhaben schon in der Planungsphase durch das Zurückstellen der Bauvoranfrage für ein Jahr angehalten wurde. Für die Beklagte war für diese Zeit unsicher, ob sie die Planung und Realisierung des beabsichtigten Bauvorhabens mit einem Doppelhaus nebst zwei Einliegerwohnungen weiterbetreiben konnte. Daû der Zeitraum von einem Jahr im Sinne der getroffenen Regelung "gravierend" ist, liegt nahe und ist zwischen den Parteien auch nicht im Streit.
Der Hinweis der Revision, eine Verzögerung sei zum Zeitpunkt des Rücktritts im März 1996 noch nicht eingetreten gewesen, weil der Zurückstellungsbescheid erst am 17. April 1996 ergangen sei, läût auûer acht, daû die Verzögerung nicht von diesem Verwaltungsakt abhängig war. Sie stand vielmehr schon zuvor fest. Wie sich aus dem Schreiben des Bauaufsichtsamtes vom 22. Februar 1996 ergibt, hatte die Gemeinde - nachdem die Änderung des bestehenden Bebauungsplanes beschlossen worden war - bereits im Februar 1996 bei dem als Baugenehmigungsbehörde zuständigen Bauaufsichtsamt des Landkreises die Zurückstellung der Entscheidung nach § 15 BauGB 1993
beantragt. An diesen Antrag war die Baugenehmigungsbehörde unter den gegebenen Umständen nach § 15 Abs. 1 BauGB 1993 gebunden und kündigte daher bereits im Zwischenbescheid vom 22. Februar 1996 die Zurückstellung an. Auch die Revision stellt nicht Abrede, daû die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zurückstellung, die sich auch auf die Erteilung eines Vorbescheides beziehen kann (BVerwG, NJW 1971, 445, 446), erfüllt waren. Hiernach konnte aber schon vor Erlaû des Zurückstellungsbescheides an einer gravierenden Verzögerung des Bauvorhabens kein Zweifel mehr bestehen.

b) Der weitere Einwand der Revision, diese Verzögerung sei nicht "auf Grund Änderung des B-Planes" eingetreten, geht fehl. Die Argumentation der Revision läuft darauf hinaus, daû die Änderung des Bebauungsplanes als alleinige Voraussetzung des Rücktrittsrechts angesehen werden müsse. Mit dem Wortlaut und dem Zweck der Rücktrittsklausel läût sich dieses Ergebnis aber nicht vereinbaren.
aa) Für die Entscheidung ist unerheblich, ob der Bebauungsplan - wozu allerdings Feststellungen des Berufungsgerichts fehlen - tatsächlich geändert worden ist. Mit der in § 13 der notariellen Urkunde angesprochenen Änderung des Bebauungsplanes soll lediglich die Ursache der Verzögerung bezeichnet und auf diese Weise das Rücktrittsrecht eingeschränkt werden. Diese Auslegung kann der Senat nachholen, weil es an einer Auslegung durch das Berufungsgericht fehlt und weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind (vgl. BGHZ 65, 107, 112). Bei ihrem abweichenden Verständnis der Rücktrittsvoraussetzungen läût die Revision auûer acht, daû ein geänderter Bebauung splan nicht zu einer Verzögerung, sondern allein zu einem Scheitern des Bauvorhabens hätte führen können. Mithin kann sich aus der in § 13 der Vertrags-
urkunde formulierten Verbindung zwischen der Verzögerung und deren Ursache einer "Änderung" des Bebauungsplans nur ergeben, daû damit nicht auf einen Erfolg, sondern auf das bloûe Tätigwerden zur Änderung des Bebauungsplans abgestellt werden sollte. Die - unstreitig gut informierte - Beklagte wollte sich offenbar wegen der schon beabsichtigten Planungsänderung vor Verzögerungen aufgrund einer Veränderungssperre (§ 14 BauGB 1993) oder eben einer Zurückstellung des Genehmigungsverfahrens nach § 15 BauGB 1993 schützen.
bb) Die Revision will die Rücktrittsklausel auûerdem dahin verstehen, daû nur Verzögerungen aufgrund eines Änderungsverfahrens, das zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch nicht beschlossen war, ein Rücktrittsrecht begründen könnte. Hierfür enthält der Vertrag indes keinen Hinweis. Nichts spricht ferner dafür, daû die Kläger die Klausel nur in diesem Sinne hätten verstehen können; die Revision belegt ihre gegenteilige Ansicht auch nicht durch einen Hinweis auf entsprechendes Vorbringen in den Tatsacheninstanzen. Die Rücktrittsklausel ist im Gegenteil dann erst sinnvoll, wenn das Änderungsverfahren bei Vertragsschluû bereits eingeleitet und dem Geschäftsführer der Beklagten bekannt war. Dann muûte nämlich durch das Rücktrittsrecht Vorsorge für ein - nicht zwingendes - Vorgehen der Gemeinde nach §§ 14 f BauGB 1993 getroffen werden. Soweit die Revision nur ihre Ansicht für plausibel hält, geht sie davon aus, daû sich die Beklagte vor einer nachteiligen Veränderung des Bebauungsplans schützen wollte. Das ist jedoch bereits im Ansatz verfehlt; denn der Beklagten ging es - wie ausgeführt - schon um den Schutz vor bloûen Verzögerungen.

c) Aus diesem Grunde ist es auch unerheblich, ob der Bebauungsplan in einer Weise abgeändert wurde, die zu einer Unterschreitung des in § 2 Abs. 2 lit. a der Vertragsurkunde vereinbarten "Mindeststandards" ("Haus mit mindestens zwei Eigentumseinheiten") führte. War schon der Schutz vor Verzögerungen beabsichtigt, so ist es nicht maûgeblich, ob der Bebauungsplan überhaupt abgeändert wurde und in welcher Weise dies ggf. geschehen ist.

d) Um die Rücktrittsvoraussetzungen zu erfüllen, reichte danach die (angekündigte) Zurückstellung nach § 15 BauGB 1993 aus. Sie führte zu einer Verzögerung schon der Planung des Bauvorhabens und hatte ihren Grund in einem Tätigwerden zur "Änderung des B-Planes". Eine Zurückstellung war nämlich auch nach § 15 Abs. 1 BauGB 1993 nur dann möglich, wenn eine Veränderungssperre nach § 14 BauGB 1993 zwar nicht beschlossen wurde, die Voraussetzungen hierfür aber vorlagen, oder eine Veränderungssperre zwar beschlossen, aber noch nicht in Kraft getreten war. Notwendig war mithin die Erfüllung der Voraussetzungen für den Erlaû einer Veränderungssperre. Dies war aber der Fall, nachdem die Gemeinde beschlossen hatte, den bestehenden Bebauungsplan zu ändern.
2. Der Ausübung des Rücktrittsrechts steht nicht entgegen, daû die Beklagte nicht ein Haus mit zwei Eigentumseinheiten, sondern ein Doppelhaus mit insgesamt vier Einheiten zum Gegenstand ihrer Bauvoranfrage machte. Hätte die Beklagte damit vertragswidrig gehandelt, so könnte dies allerdings einen Rücktritt ausschlieûen. In Betracht käme etwa eine entsprechende Anwendung des in § 162 BGB enthaltenen allgemeinen Rechtsgedankens, nach dem eine Partei aus der von ihr treuwidrig herbeigeführten Lage keinen Vorteil ziehen darf (vgl. Senat, Urt, v. 12. Oktober 1990, V ZR 202/89, NJW-RR 1991,
177, 178). Die Beklagte war jedoch nach den vertraglichen Abreden nicht gezwungen , ihr Bauvorhaben auf den "Mindeststandard" eines Hauses mit zwei Eigentumseinheiten zu beschränken. Das Berufungsgericht hat den Vertrag vielmehr frei von Rechtsfehlern dahin ausgelegt, daû die Beklagte nach den getroffenen Vereinbarungen das Bauvorhaben auch für das zum Gegenstand der Bauvoranfrage gemachte Doppelhaus mit zwei Einliegerwohnungen betreiben konnte.
Dies nimmt die Revision hin, meint aber, weil vier Wohneinheiten nicht zugesichert worden seien, dürfe die Beklagte auch nicht zurücktreten, wenn bei einer Bauvoranfrage für nur ein Haus mit zwei Wohneinheiten eine Zurückstellung unterblieben wäre. Damit werden jedoch Ansprüche aus Gewährleistungsrecht oder einem Garantieversprechen mit den Voraussetzungen des vereinbarten Rücktrittsrechts verwechselt. Nur für erstgenannte Ansprüche ist die von den Klägern verweigerte "Garantie" erheblich. Solche Forderungen macht die Beklagte aber nicht geltend. Es geht nur um ihr Rücktrittsrecht, von dem sie uneingeschränkt Gebrauch machen konnte, nachdem sie dessen Voraussetzungen nicht treuwidrig herbeigeführt hat.
3. Für die Entscheidung des Rechtsstreits ist danach unerheblich, ob ein Bauvorhaben für ein Haus mit zwei Eigentumseinheiten nach § 69 a Niedersächsische Bauordnung (NBauO) genehmigungsfrei und daher nicht der Zurückstellung unterworfen gewesen wäre (vgl. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauGB 1998). Ebenso ist unerheblich, ob sich ein Doppelhaus mit vier Wohneinheiten bei einer bestimmten Geschoûflächenzahl jedenfalls im Rahmen der bisherigen Genehmigungspraxis bewegt hätte und von der Gemeinde daher keine Einwendungen erhoben worden wären. Da das von der Beklagten mit der Bau-
voranfrage konkret verfolgte Projekt nicht über das vertraglich Vereinbarte hinausging , muûte die Beklagte, um ihr Rücktrittsrecht zu erhalten, nicht ihre Interessen zurückstellen und sich nicht auf ein reduziertes Bauvorhaben mit einer geringeren Geschoûflächenzahl einlassen.

IV.


Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Schneider Krüger Klein Gaier

(1) Bei der Beratung und Abstimmung dürfen außer den zur Entscheidung berufenen Richtern nur die bei demselben Gericht zu ihrer juristischen Ausbildung beschäftigten Personen und die dort beschäftigten wissenschaftlichen Hilfskräfte zugegen sein, soweit der Vorsitzende deren Anwesenheit gestattet.

(2) Ausländische Berufsrichter, Staatsanwälte und Anwälte, die einem Gericht zur Ableistung eines Studienaufenthaltes zugewiesen worden sind, können bei demselben Gericht bei der Beratung und Abstimmung zugegen sein, soweit der Vorsitzende deren Anwesenheit gestattet und sie gemäß den Absätzen 3 und 4 verpflichtet sind. Satz 1 gilt entsprechend für ausländische Juristen, die im Entsendestaat in einem Ausbildungsverhältnis stehen.

(3) Die in Absatz 2 genannten Personen sind auf ihren Antrag zur Geheimhaltung besonders zu verpflichten. § 1 Abs. 2 und 3 des Verpflichtungsgesetzes vom 2. März 1974 (BGBl. I S. 469, 547 - Artikel 42) gilt entsprechend. Personen, die nach Satz 1 besonders verpflichtet worden sind, stehen für die Anwendung der Vorschriften des Strafgesetzbuches über die Verletzung von Privatgeheimnissen (§ 203 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2, Satz 2, Absatz 5 und 6, § 205), Verwertung fremder Geheimnisse (§§ 204, 205), Verletzung des Dienstgeheimnisses (§ 353b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2, Abs. 3 und 4) sowie Verletzung des Steuergeheimnisses (§ 355) den für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten gleich.

(4) Die Verpflichtung wird vom Präsidenten oder vom aufsichtsführenden Richter des Gerichts vorgenommen. Er kann diese Befugnis auf den Vorsitzenden des Spruchkörpers oder auf den Richter übertragen, dem die in Absatz 2 genannten Personen zugewiesen sind. Einer erneuten Verpflichtung bedarf es während der Dauer des Studienaufenthaltes nicht. In den Fällen des § 355 des Strafgesetzbuches ist der Richter, der die Verpflichtung vorgenommen hat, neben dem Verletzten antragsberechtigt.

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

35
f) Nach alledem ist das von dem Beschwerdegericht gewählte Verfahren rechtlich nicht zu beanstanden. Aus dem Aktenvermerk des Vorsitzenden des Beschwerdegerichts vom 4. September 2012 ergibt sich, dass an diesem Tag der nach der mündlichen Verhandlung eingegangene Schriftsatz „im Rahmen einer Telefonkonferenz unter Beteiligung der Berufsrichter und der ehrenamtlichen Richter nachberaten“ wurde. In diesem Vermerk kommen die Art und Weise der Beratung, das Einverständnis sämtlicher beteiligten Richter damit und deren Mitwirkung an der Beratung hinreichend zum Ausdruck. Dem kann der Beteiligte zu 2 nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass an der Nachberatung entgegen § 192 GVG nicht alle zur Entscheidung berufenen Richter mitgewirkt hätten und die Abstimmungsreihenfolge nach § 197 GVG verletzt worden sei. Die Behauptung, einer der ehrenamtlichen Richter sei telefonisch erst einige Tage nach der Telefonkonferenz erreicht worden, ist neuer Tatsachenvortrag, welcher in der Rechtsbeschwerdeinstanz hier ausnahmsweise zulässig ist. Die Feststellung in der Beschwerdeentscheidung, wonach der nachträglich eingegangene Schriftsatz vor der Beschlussfassung mit beiden ehrenamtlichen Richtern beraten worden ist, ist nämlich für das Rechtsbeschwerdegericht nicht bindend im Sinne von § 1 Abs. 1 HöfeVfO, § 9 LwVG, § 74 Abs. 3 Satz 4 FamFG, § 559 ZPO, weil insoweit nicht das mündliche Parteivorbringen (§§ 314, 320 ZPO), sondern das bloße Prozessgeschehen betroffen ist (vgl. BGH, Urteil vom 10. März 1983 - VII ZR 135/82, NJW 1983, 2030, 2032). Jedoch kommt dieser Feststellung die Beweiskraft einer öffentlichen Urkunde entsprechend § 418 ZPO zu (vgl. BGH, Urteil vom 10. März 1983 - VII ZR 135/82, aaO). Diese Beweiskraft wird verstärkt durch den Aktenvermerk des Vorsitzenden des Beschwerdegerichts vom 4. September 2012, wonach der Schriftsatz an diesem Tag „im Rahmen einer Telefonkonferenz unter Beteiligung der Berufsrichter und der ehrenamtlichen Richter nachberaten“ worden ist. Die bloße Behauptung eines abweichenden Geschehensablaufs - noch dazu ohne jede Glaubhaftmachung - vermag diese Beweiswirkung nicht zu erschüttern.

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

Eine Entscheidung ist stets als auf einer Verletzung des Rechts beruhend anzusehen,

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war;
2.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht dieses Hindernis mittels eines Ablehnungsgesuchs ohne Erfolg geltend gemacht ist;
3.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt war;
4.
wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat;
5.
wenn die Entscheidung auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
6.
wenn die Entscheidung entgegen den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht mit Gründen versehen ist.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

Wird mit der Klage auf Rechnungslegung oder auf Vorlegung eines Vermögensverzeichnisses oder auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung die Klage auf Herausgabe desjenigen verbunden, was der Beklagte aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis schuldet, so kann die bestimmte Angabe der Leistungen, die der Kläger beansprucht, vorbehalten werden, bis die Rechnung mitgeteilt, das Vermögensverzeichnis vorgelegt oder die eidesstattliche Versicherung abgegeben ist.

(1) Ist von mehreren in einer Klage geltend gemachten Ansprüchen nur der eine oder ist nur ein Teil eines Anspruchs oder bei erhobener Widerklage nur die Klage oder die Widerklage zur Endentscheidung reif, so hat das Gericht sie durch Endurteil (Teilurteil) zu erlassen. Über einen Teil eines einheitlichen Anspruchs, der nach Grund und Höhe streitig ist, kann durch Teilurteil nur entschieden werden, wenn zugleich ein Grundurteil über den restlichen Teil des Anspruchs ergeht.

(2) Der Erlass eines Teilurteils kann unterbleiben, wenn es das Gericht nach Lage der Sache nicht für angemessen erachtet.

Wird mit der Klage auf Rechnungslegung oder auf Vorlegung eines Vermögensverzeichnisses oder auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung die Klage auf Herausgabe desjenigen verbunden, was der Beklagte aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis schuldet, so kann die bestimmte Angabe der Leistungen, die der Kläger beansprucht, vorbehalten werden, bis die Rechnung mitgeteilt, das Vermögensverzeichnis vorgelegt oder die eidesstattliche Versicherung abgegeben ist.

Mehrere Ansprüche des Klägers gegen denselben Beklagten können, auch wenn sie auf verschiedenen Gründen beruhen, in einer Klage verbunden werden, wenn für sämtliche Ansprüche das Prozessgericht zuständig und dieselbe Prozessart zulässig ist.

8
a) Nach § 254 ZPO kann die bestimmte Angabe der Leistungen, die der Kläger beansprucht, vorbehalten werden, wenn mit der Klage auf Rechnungslegung oder auf Vorlegung eines Vermögensverzeichnisses oder auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung die Klage auf Herausgabe desjenigen verbunden wird, was der Beklagte aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis schuldet. Die Besonderheit der Stufenklage liegt nicht in der Zulassung einer Anspruchsverbindung in einer Klage, sondern in erster Linie in der Zulassung eines unbestimmten Antrags entgegen § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Stufenklage soll dem Kläger die Prozessführung nicht allgemein erleichtern. Vielmehr muss sein Unvermögen zur bestimmten Angabe der von ihm auf der letzten Stufe seiner Klage beanspruchten Leistung gerade auf den Umständen beruhen, über die er auf der ersten Stufe Auskunft begehrt, bzw. muss das Auskunftsbegeh- ren gerade der Vorbereitung der auf der letzten Stufe noch nachzuholenden bestimmten Angabe dienen (MünchKommZPO/Becker-Eberhard, 3. Aufl., § 254 Rn. 6 f.; Roth in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 254 Rn. 2; Baumbach /Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 69. Aufl., § 254 Rn. 1). Daraus folgt, dass im Rahmen der Stufenklage die Auskunft lediglich ein Hilfsmittel ist, um die (noch) fehlende Bestimmtheit des Leistungsanspruchs herbeizuführen (Zöller /Greger, ZPO, 28. Aufl., § 254 Rn. 6). Die der Stufenklage eigentümliche Verknüpfung von unbestimmtem Leistungsanspruch und vorbereitendem Auskunftsanspruch steht dagegen nicht zur Verfügung, wenn die Auskunft überhaupt nicht dem Zwecke einer Bestimmbarkeit des Leistungsanspruchs dienen, sondern dem Kläger sonstige mit der Bestimmbarkeit als solcher nicht in Zusammenhang stehende Informationen über seine Rechtsverfolgung verschaffen soll (BGH, Urteile vom 2. März 2000 - III ZR 65/99, NJW 2000, 1645, 1646 und vom 18. April 2002 - VII ZR 260/01, NJW 2002, 2952, 2953).

Wird mit der Klage auf Rechnungslegung oder auf Vorlegung eines Vermögensverzeichnisses oder auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung die Klage auf Herausgabe desjenigen verbunden, was der Beklagte aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis schuldet, so kann die bestimmte Angabe der Leistungen, die der Kläger beansprucht, vorbehalten werden, bis die Rechnung mitgeteilt, das Vermögensverzeichnis vorgelegt oder die eidesstattliche Versicherung abgegeben ist.

Klage auf künftige Leistung kann außer den Fällen der §§ 257, 258 erhoben werden, wenn den Umständen nach die Besorgnis gerechtfertigt ist, dass der Schuldner sich der rechtzeitigen Leistung entziehen werde.

Mehrere Ansprüche des Klägers gegen denselben Beklagten können, auch wenn sie auf verschiedenen Gründen beruhen, in einer Klage verbunden werden, wenn für sämtliche Ansprüche das Prozessgericht zuständig und dieselbe Prozessart zulässig ist.

Klage auf künftige Leistung kann außer den Fällen der §§ 257, 258 erhoben werden, wenn den Umständen nach die Besorgnis gerechtfertigt ist, dass der Schuldner sich der rechtzeitigen Leistung entziehen werde.

Mehrere Ansprüche des Klägers gegen denselben Beklagten können, auch wenn sie auf verschiedenen Gründen beruhen, in einer Klage verbunden werden, wenn für sämtliche Ansprüche das Prozessgericht zuständig und dieselbe Prozessart zulässig ist.

(1) Ist von mehreren in einer Klage geltend gemachten Ansprüchen nur der eine oder ist nur ein Teil eines Anspruchs oder bei erhobener Widerklage nur die Klage oder die Widerklage zur Endentscheidung reif, so hat das Gericht sie durch Endurteil (Teilurteil) zu erlassen. Über einen Teil eines einheitlichen Anspruchs, der nach Grund und Höhe streitig ist, kann durch Teilurteil nur entschieden werden, wenn zugleich ein Grundurteil über den restlichen Teil des Anspruchs ergeht.

(2) Der Erlass eines Teilurteils kann unterbleiben, wenn es das Gericht nach Lage der Sache nicht für angemessen erachtet.

Klage auf künftige Leistung kann außer den Fällen der §§ 257, 258 erhoben werden, wenn den Umständen nach die Besorgnis gerechtfertigt ist, dass der Schuldner sich der rechtzeitigen Leistung entziehen werde.

Mehrere Ansprüche des Klägers gegen denselben Beklagten können, auch wenn sie auf verschiedenen Gründen beruhen, in einer Klage verbunden werden, wenn für sämtliche Ansprüche das Prozessgericht zuständig und dieselbe Prozessart zulässig ist.

(1) Ist von mehreren in einer Klage geltend gemachten Ansprüchen nur der eine oder ist nur ein Teil eines Anspruchs oder bei erhobener Widerklage nur die Klage oder die Widerklage zur Endentscheidung reif, so hat das Gericht sie durch Endurteil (Teilurteil) zu erlassen. Über einen Teil eines einheitlichen Anspruchs, der nach Grund und Höhe streitig ist, kann durch Teilurteil nur entschieden werden, wenn zugleich ein Grundurteil über den restlichen Teil des Anspruchs ergeht.

(2) Der Erlass eines Teilurteils kann unterbleiben, wenn es das Gericht nach Lage der Sache nicht für angemessen erachtet.

(1) Ist die Bestimmung der Leistung einem Dritten überlassen, so ist im Zweifel anzunehmen, dass sie nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Soll die Bestimmung durch mehrere Dritte erfolgen, so ist im Zweifel Übereinstimmung aller erforderlich; soll eine Summe bestimmt werden, so ist, wenn verschiedene Summen bestimmt werden, im Zweifel die Durchschnittssumme maßgebend.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 133/07
Verkündet am:
25. September 2008
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
RVG VV Vorbemerkung 3 Absatz 4; RVG VV Nr. 2300, 3101
Die vorgerichtlich entstandene Geschäftsgebühr ist auch auf die verminderte Verfahrensgebühr
anteilig anzurechnen.
BGH, Urteil vom 25. September 2008 - IX ZR 133/07 - LG Chemnitz
AG Hainichen
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. September 2008 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ganter, die Richter
Raebel und Prof. Dr. Kayser, die Richterin Lohmann und den Richter
Dr. Pape

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Chemnitz vom 28. Juni 2007 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger verlangt Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall. Die alleinige Verantwortung des bei der Beklagten versicherten Unfallgegners steht außer Streit. Vorprozessual hat die Beklagte insgesamt einen Betrag von 6.351,99 € gezahlt. Im vorliegenden Rechtsstreit hat der Kläger unter anderem Anwaltskosten in Höhe von 1.460,15 € geltend gemacht. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer über die Höhe der entstandenen Geschäftsgebühr eingeholt. Es hat die Beklagte unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung zur Erstattung von Anwaltskosten in Höhe von 1.175,95 € nebst Zinsen verurteilt. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verlangt der Kläger restliche Anwaltskosten in Höhe von 284,20 € nebst Zinsen.

Entscheidungsgründe:


2
Die Revision bleibt ohne Erfolg.

I.


3
1. Das Berufungsgericht hat eine Geschäftsgebühr (RVG VV 2400 a.F.; seit dem 1. Juli 2006 wortgleich RVG VV 2300) von 1,3 für erstattungsfähig gehalten. Die Tätigkeit des Anwalts des Klägers sei nicht überdurchschnittlich umfangreich gewesen, sondern habe sich darin erschöpft, die Beklagte - die ihre Einstandspflicht dem Grunde nach anerkannt habe - in zwei Telefonaten und dazu gehörenden Schreiben wegen der ausstehenden Zahlung anzumahnen. Auch nach Schwierigkeit und Bedeutung sei die Sache allenfalls durchschnittlich gewesen. An das Gutachten der Rechtsanwaltskammer, das eine Gebühr von 2,0 für angemessen gehalten habe, sei das Gericht nicht gebunden.
4
2. Diese Ausführungen sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
5
a) Der Kläger kann diejenigen Gebühren ersetzt verlangen, die er selbst seinem Anwalt schuldet. Dazu gehört die Geschäftsgebühr nach RVG VV Nr. 2400.
6
b) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen (§ 14 Abs. 1 Satz 1 RVG). Im Rechtsstreit zwischen Anwalt und Mandant über die Billigkeit der vom Anwalt getroffenen Bestimmung (§ 315 Abs. 3 BGB) hat das Gericht ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen, soweit die Höhe der Gebühr streitig ist (§ 14 Abs. 2 Satz 1 RVG). Sinn dieser Regelung ist es, den Sachverstand und die Erfahrung der Rechtsanwaltskammern zur Frage der Angemessenheit der Gebühren fruchtbar zu machen (BT-Drucks. 15/1971, S. 190). Eine Bindung des Gerichts an das Ergebnis des eingeholten Gutachtens sieht das Gesetz jedoch nicht vor. Zu den vergleichbaren Bestimmungen der Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (§ 12 Abs. 2, § 3 Abs. 3 Satz 2 BRAGO) hat der Senat bereits entschieden, dass das Gutachten der Rechtsanwaltskammer der freien richterlichen Würdigung unterliegt (BGHZ 162, 98, 104; BGH, Urt. v. 11. Dezember 2003 - IX ZR 109/00, WM 2004, 1792, 1795). Nichts anderes gilt für § 14 Abs. 2 RVG (vgl. etwa Mayer in Gerold/Schmidt, RVG 18. Aufl. § 14 Rn. 40; Römermann in Hartung/Römermann/Schons, RVG 2. Aufl. § 14 Rn. 108; Jungbauer in Bischof u.a., RVG 2. Aufl. § 14 Rn. 129).
7
Im Rechtsstreit zwischen dem Auftraggeber des Anwalts und einem Dritten , der zur Erstattung der Anwaltskosten verpflichtet ist, soll § 14 Abs. 2 RVG nicht anwendbar sein (BVerwG NJW 2006, 247, 248 Rn. 19). Eine Bindung des Gerichts an ein gleichwohl eingeholtes Gutachten tritt unabhängig davon ebenfalls nicht ein. Das hat das Berufungsgericht nicht verkannt.
8
c) Das Revisionsgericht kann das Beurteilungsermessen des Tatrichters nicht in vollem Umfang nachprüfen. Rechtlich nachprüfbar ist, ob der Begriff der Billigkeit im Sinne von § 315 Abs. 1 BGB und § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG verkannt worden ist. Nachprüfbar kann ferner sein, ob bei der Beurteilung von Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit zutreffende Maßstäbe, auch für eine Differenzierung des anwaltlichen Leistungsbildes innerhalb derselben abstrakten Gebührenangelegenheit, angewendet worden sind (vgl. BGH, Urt. v. 11. Dezember 2003 - IX ZR 109/00, aaO). Insoweit sind dem Berufungsgericht jedoch keine Fehler vorzuwerfen. Die Revision nimmt die Annahme des angefochtenen Urteils hin, die vom Anwalt des Klägers entfalteten Tätigkeiten seien nach Umfang und Schwierigkeit allenfalls als durchschnittlich zu bezeichnen. Für die Abwicklung eines "durchschnittlichen" oder "normalen" Verkehrsunfalls ist eine Geschäftsgebühr von 1,3 angemessen (BGH, Urt. v. 31. Oktober 2006 - VI ZR 261/05, NJW-RR 2007, 420, 421 Rn. 8).
9
d) Entgegen der Ansicht der Revision haben die Parteien dieses Rechtsstreits keinen Schiedsgutachtervertrag (§§ 317, 319 BGB) geschlossen, welcher zu einer Bindung an das Ergebnis des eingeholten Gutachtens führen könnte. Das Berufungsgericht hat die tatsächlichen Voraussetzungen eines solchen Vertrages nicht festgestellt. Die Revision zeigt auch kein vom Berufungsgericht übergangenes Vorbringen der Parteien aus den Tatsacheninstanzen auf, welches den Schluss auf einen Schiedsgutachtervertrag rechtfertigen könnte. Der Schiedsgutachter übernimmt es, als Dritter die einer Vertragspartei obliegende Leistung zu bestimmen (§ 317 Abs. 1 BGB). Auf die von ihm getroffene Bestimmung der Leistung ist § 319 BGB entsprechend anwendbar. Die Bestimmung der Leistung durch ihn ist für die Vertragsparteien grundsätzlich verbindlich (BGHZ 43, 374, 376). Ein Beweisantrag oder eine Beweisanregung im Zivilprozess bedeutet regelmäßig nicht, dass die Partei sich dem Ergebnis der Begutachtung unterwerfen will. Dass die Beklagte eine Geschäftsgebühr von 2,0 in ihre Berechnung eingestellt hat, nachdem das Gutachten der Rechtsanwaltskammer vorlag, stellt weder ein nachträgliches Angebot auf Abschluss eines Schiedsgutachtervertrages noch ein Indiz für einen früheren Vertragsschluss dar.

II.


10
1. Das Berufungsgericht hat ferner eine gemäß RVG VV Nr. 3101 wegen vorzeitiger Erledigung auf 0,8 ermäßigte Verfahrensgebühr (RVG VV Nr. 3100) für erstattungsfähig gehalten. Auf diese Gebühr hat es gemäß RVG VV Vorbemerkung 3 Abs. 4 die hälftige Geschäftsgebühr nach RVG VV Nr. 2400 von 1,3 angerechnet, so dass nur eine Gebühr von (0,8 – 0,65 =) 0,15 verblieb.
11
2. Auch diese Berechnung ist nicht zu beanstanden.
12
a) Die Verfahrensgebühr nach RVG VV Nr. 3100 entsteht für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information (vgl. RVG VV Vorbemerkung 3 Abs. 2), sofern - wie im vorliegenden Fall - bereits Klageauftrag erteilt worden war. War zuvor schon eine Geschäftsgebühr nach RVG VV Nr. 2400 angefallen , die ebenfalls für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information entsteht (RVG VV Vorbemerkung 2.4 Abs. 3), wird diese zur Hälfte, jedoch höchstens mit einem Gebührensatz von 0,75, auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens angerechnet (RVG VV Vorbemerkung 3 Abs. 4 Satz 1). Nach mittlerweile gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vermindert sich durch die anteilige Anrechnung nicht die bereits entstandene Geschäftsgebühr, sondern die in dem anschließenden gerichtlichen Verfahren anfallende Verfahrensgebühr (BGH, Urt. v. 7. März 2007 - VIII ZR 86/06, NJW 2007, 2049, 2050 Rn. 11; Beschl. v. 22. Januar 2008 - VIII ZB 57/07, NJW 2008, 1323, 1324 f Rn. 6 ff; v. 30. April 2008 - III ZB 8/08, FamRZ 2008, 1346 Rn. 4). Die Anrechnung hat zwingend zu erfolgen.
13
b) Endet der Auftrag, bevor der Anwalt die Klage eingereicht hat, ermäßigt sich die Verfahrensgebühr nach RVG VV Nr. 3100 auf 0,8 (RVG VV Nr. 3101). Entgegen der Ansicht der Revision ist die Geschäftsgebühr auch auf die verminderte Verfahrensgebühr ("Erledigungsgebühr") anzurechnen.
14
aa) Der Wortlaut der Anrechnungsvorschrift des RVG VV Vorbemerkung 3 Abs. 4 ist eindeutig. Die Geschäftsgebühr ist auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens anzurechnen, unabhängig davon, ob es sich um die volle Gebühr nach Nr. 3100 oder die verminderte Gebühr nach Nr. 3101 handelt. Auch die verminderte Gebühr nach Nr. 3101 ist eine Gebühr, die im gerichtlichen Verfahren anfällt. Gebührenrechtlich beginnt der "Erste Rechtszug" (so die Überschrift des 1. Abschnitts von Teil 3 des Vergütungsverzeichnisses) bereits mit der Erteilung des (unbedingten) Klageauftrags, nicht erst mit der Einreichung der Klageschrift bei Gericht (vgl. BGH, Urt. v. 8. Februar 2007 - IX ZR 215/05, NJW-RR 2007, 720 Rn. 11). Dass die Vorschrift der RVG VV Nr. 3101 keinen eigenen Gebührentatbestand enthält, sondern nur eine Unterart der Verfahrensgebühr der Nr. 3100 darstellt, ergibt sich aus dem ebenfalls eindeutigen Wortlaut der genannten Vorschriften.
15
bb) Die Materialien zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (Art. 3 des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 12. Februar 2004, BT-Drucks. 15/1971, S. 187 ff, 209, 211) enthalten keinerlei Hinweis darauf, dass die Anrechnungsvorschrift des RVG VV Vorbemerkung 3 Abs. 4 für die gemäß Nr. 3101 verminderte Verfahrensgebühr nicht gelten soll. Die Beschränkung der Anrechnung auf höchstens einen Gebührensatz von 0,75 könnte umgekehrt auf eine Absicht des Gesetzgebers hindeuten, eine gänzliche Aufzehrung der (verminderten) Verfahrensgebühr durch die Anrechnung der hälftigen Geschäftsgebühr auszuschließen.
16
cc) Sinn und Zweck der Anrechnungsvorschriften bleiben bei einer Anwendung auch auf die verminderte Verfahrensgebühr ebenfalls gewahrt. Die Anrechnung soll ausschließen, dass ein und dieselbe Tätigkeit doppelt - durch die Geschäfts- und zusätzlich durch die Verfahrensgebühr - vergütet wird. Der Umfang der durch das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information veranlassten anwaltlichen Tätigkeit wird entscheidend davon beeinflusst, ob der Anwalt durch eine vorgerichtliche Tätigkeit bereits mit der Angelegenheit befasst war. Eine gebührenrechtliche Gleichbehandlung des Anwalts, der unmittelbar einen Prozessauftrag erhält, mit dem Anwalt, der zunächst außergerichtlich tätig war (und diese Tätigkeit gesondert vergütet erhält), ist nicht zu rechtfertigen (BT-Drucks. 15/1971, S. 209). Diese Überlegung gilt unabhängig davon , ob die Klage schließlich eingereicht wird oder ob sich die Sache zuvor anderweitig erledigt.
17
Nach der amtlichen Begründung der Anrechnungsvorschriften ist die Anrechnung außerdem erforderlich, um eine außergerichtliche Erledigung zu fördern. Es müsse der Eindruck vermieden werden, der Anwalt habe ein gebührenrechtliches Interesse an einem gerichtlichen Verfahren. Dieses Interesse kollidiere zwangsläufig mit dem Bestreben einer aufwandsbezogenen Vergütung. Diesen unterschiedlichen Interessen solle die Anrechnungsregel des Absatzes 4 der Vorbemerkung 3 RVG VV gerecht werden (BT-Drucks. 15/1971, S. 209). Die Revision verweist darauf, dass eine Anrechnung auch auf die verminderte Verfahrensgebühr zu deren weiterer Reduzierung führe, was mit dem Bemühen des Gesetzgebers, die außergerichtliche Beilegung von Rechtsstreitigkeiten gebührenrechtlich zu fördern, nicht im Einklang stehe. Diese Überlegung ist nur insofern richtig, als auch die Beilegung zwischen der Erteilung des Klageauftrags und der Klageerhebung prozessual noch eine "außergerichtliche" ist. Dass der Anwalt bei einer Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfah- rensgebühr aus RVG VV 3100 besser steht als bei einer Anrechnung auf die Gebühr aus RVG VV 3101, ist jedoch angemessen, weil er typischerweise für das nicht vorgerichtlich erledigte Verfahren mehr Aufwand treiben muss. Dafür, dass auch die verminderte Verfahrensgebühr durch die Anrechnung nicht völlig aufgezehrt wird, sorgt die Begrenzung der Anrechnung auf einen Gebührensatz von höchstens 0,75.
18
Unterbliebe die Anrechnung im Fall des RVG VV Nr. 3101, führte dies überdies dazu, dass sich die Gebühren des Anwalts, der vor Erteilung des Klageauftrags bereits eine Geschäftsgebühr von mehr als 1,0 verdient hat, durch die Einreichung der Klage zunächst verringerte. Bis zur Einreichung der Klage könnte er dann nämlich die Gebühr nach RVG VV Nr. 3101 von 0,8 anrechnungsfrei beanspruchen. Mit der Einreichung der Klage wäre zwar die Gebühr nach RVG VV Nr. 3100 von 1,3 verdient; auf diese ist jedoch die hälftige Geschäftsgebühr anzurechnen, so dass nur eine Gebühr von weniger als 0,8 verbliebe. Ein solcher Regelungsplan des Gesetzes wäre sinnwidrig. Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber die Einreichung einer Klageschrift mit dem Verlust bereits verdienter Gebühren sanktionieren wollte, finden sich demgemäß weder im Gesetzestext noch in den Materialien zum Kostenrechtsmodernisierungsgesetz.
Ganter Raebel Kayser
Lohmann Pape
Vorinstanzen:
AG Hainichen, Entscheidung vom 27.09.2006 - 1 C 630/06 -
LG Chemnitz, Entscheidung vom 28.06.2007 - 6 S 391/06 -

(1) Soll der Dritte die Leistung nach billigem Ermessen bestimmen, so ist die getroffene Bestimmung für die Vertragschließenden nicht verbindlich, wenn sie offenbar unbillig ist. Die Bestimmung erfolgt in diesem Falle durch Urteil; das Gleiche gilt, wenn der Dritte die Bestimmung nicht treffen kann oder will oder wenn er sie verzögert.

(2) Soll der Dritte die Bestimmung nach freiem Belieben treffen, so ist der Vertrag unwirksam, wenn der Dritte die Bestimmung nicht treffen kann oder will oder wenn er sie verzögert.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 372/99 Verkündet am:
12. Januar 2001
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
-----------------------------------
BGB §§ 133 B, 157 C, 317, 319; ErbbauVO § 9

a) Bei der Anpassung des Erbbauzinses an die "allgemeine wirtschaftliche Lage"
kommt bei einem gewerblichen Zwecken dienenden Erbbaurecht der allgemeinen
wirtschaftlichen Lage des Durchschnitts der Bevölkerung (Senat BGHZ 75, 279,
285) kein Vorzug vor anderen Kriterien zu; dem allgemeinen Interesse an der Erhaltung
des Realwertes des Erbbauzinses kann das Interesse an einer aktuellen
Verzinsung des Bodenwertes entgegenlaufen.

b) Vertragsinhalt gewordene Vorstellungen der Parteien von den für die "allgemeine
wirtschaftliche Lage" maßgeblichen Kriterien binden das billige Ermessen des
Dritten, dem die Anpassung des Erbbauzinses überlassen ist.

c) Die Berücksichtigung des Parteiinteresses bei der Vertragsauslegung setzt voraus
, daß das Interesse bei Abgabe der Willenserklärung auf deren objektiven Er-
klärungswert von Einfluß gewesen ist (im Anschluß an Senatsurt. v. 10. Juli 1998,
V ZR 360/96, WM 1998, 1883, 1886).
BGH, Urt. v. 12. Januar 2001 - V ZR 372/99 - OLG München
LG München I
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Januar 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel und die
Richter Tropf, Prof. Dr. Krüger, Dr. Lemke und Dr. Gaier

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten und die Anschlußrevision der Kläger wird das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 19. Juli 1999 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Kläger sind Miteigentümer mehrerer Gewerbegrundstücke in F. . Auf notarielles Angebot ihres Rechtsvorgängers vom 2. September 1966 schloß die Rechtsvorgängerin der Beklagten mit diesem einen Erbbaurechtsvertrag über die Grundstücke auf die Dauer von 70 Jahren ab. Zur Anpassung des Erbbauzinses enthält der Vertrag folgende Bestimmung:
"Sollten sich die Lebenshaltungskosten gegenüber dem Stande bei Vertragsschluß - maßgebend ist der zuletzt im Bundesanzeiger veröffentlichte Lebenshaltungskostenindex, bezogen auf 1962 - um mehr als 10 % nach oben oder unten ändern, so können beide Par-
teien Verhandlungen über eine künftige Neufestsetzung des Erbbauzinses verlangen. Kommt eine Einigung über die neue Festsetzung nicht zustande, soll verbindlich für beide Teile ein von der Industrie - und Handelskammer M. z u benennender Sachverständiger gemäß § 317 ff BGB darüber entscheiden, ob und in welcher Höhe eine künftige Neufestsetzung des Erbbauzinses veranlaßt ist. Jede weitere Ä nderung der Lebenshaltungskosten rechtfertigt einen Antrag auf Neufestsetzung des Erbbauzinses nur, wenn sie seit dem Zeitpunkt der letzten Erbbauzinsfestsetzung mindestens 10 % beträgt. Die Ä nderung des Erbbauzinses darf in keinem Fall den Prozentsatz der Ä nderung der Lebenshaltungskosten übersteigen."
Privatschriftlich vereinbarten die Parteien am 30./31. Januar 1991 eine Erhöhung des Erbbauzinses ab 1. März 1989 auf 200.000 DM jährlich und hielten darüber hinaus als "verbindliche Auslegung" des Erbbaurechtsvertrages fest:
"Für die Höhe der Anpassung des Erbbauzinses sind neben der Entwicklung der Lebenshaltungskosten auch die Grundstückspreise in F. s owie die allgemeine wirtschaftliche Lage zu berücksichtigen. Der maßgebliche Index ist der vom Statistischen Bundesamt veröffentlichte Index für einen Vier-Personen-Haushalt von Beamten und Angestellten mit höheren Einkommen."
Die Kläger haben für die Zeit ab 1. März 1992 eine Erhöhung des Erbbauzinses um 10 v.H. und ab 1. Juli 1995 um weitere 10 v.H. verlangt. Die Beklagte hat eine Erhöhung ab 1. März 1992 um 5 v.H. anerkannt, ab 1. Juli 1995 aber eine Ermäßigung um 10 v.H. geltend gemacht. Die Kläger haben für die Zeit vom 7. April 1992 bis 7. Juli 1995 ein Anerkenntnisurteil über 33.333,40 DM (5 v.H. aus 200.000 DM jährlich, monatlich 833,33 DM) erwirkt. Mit dem Schlußurteil hat das Landgericht den Klägern für die Zeit vom 7. März 1992 bis 7. April 1997 weitere 51.666,46 DM (monatlich weitere 883,33 DM)
und für die Zeit vom 7. Juli 1995 bis 7. April 1997 weitere 25.289 DM (6,27 v.H. aus 220.000 DM jährlich, monatlich 1.149,50 DM) zugesprochen. Die weitergehende Klage sowie die Widerklage, mit der die Beklagte vom 7. September (August?) 1995 bis 7. Februar 1996 eine Rückzahlung von 12.500 DM (10 v.H. aus 210.000 DM jährlich, 1.750 DM monatlich) verlangt und die Feststellung begehrt hatte, ab 1. März 1996 einen um 1.750 DM monatlich verkürzten Erbbauzins zu schulden, hat es abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufungen beider Seiten zurückgewiesen. Auf die im Berufungsrechtszug erweiterte Klage hat es den Klägern für die Zeit vom 7. Mai 1997 bis 7. April 1999 47.587,99 DM (5 v.H. aus 200.000 DM jährlich, 833,33 DM monatlich sowie 6,27 v.H. aus 220.000 DM jährlich, monatlich 1.149 DM; insgesamt 1.982,83 DM monatlich) zugesprochen. Außerdem hat es festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, über den 7. April 1999 hinaus monatlich einen um 1.982,83 DM erhöhten Erbbauzins zu zahlen, und hat die Beklagte verurteilt, eine Reallast zu Lasten des Erbbaurechts in Höhe von 141.394 DM zu bestellen.
Mit Revision und Anschlußrevision verfolgen Beklagte und Kläger ihre in der Berufungsinstanz gestellten Anträge, soweit sie dort erfolglos geblieben sind, weiter (Beklagte: volle Abweisung der Klage und Anträge aus Widerklage; Kläger: für die Zeit vom 7. Juli 1995 bis 7. April 1997 15.044,26 DM, nämlich weitere 3,73 v.H. aus dem 220.000 DM jährlich, monatlich 683,83 DM; für die Zeit vom 7. Mai 1997 bis 7. April 1999 16.412,09 DM, monatlich [ca.] 683,83 DM; über den 7. April 1999 hinaus entsprechende Mehrfeststellung sowie Einräumung einer entsprechend erhöhten Reallast). Sie beantragen jeweils die Zurückweisung des Rechtsmittels der Gegenseite.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Landgericht hat die Anpassungsvereinbarung dahin ausgelegt, daß die Entwicklung der Lebenshaltungskosten, die Grundstückspreise am Ort sowie die allgemeine wirtschaftliche Lage in etwa gleich zu gewichten seien. Zur Beurteilung der allgemeinen wirtschaftlichen Lage hat es sich dem von ihm eingeholten Sachverständigengutachten angeschlossen, das in diesem Punkte allein auf die Lebenshaltungskosten und die Arbeitnehmereinkommen abstellt. Das Landgericht hat die Ergebnisse des Gutachtens übernommen und den Erbbauzins ab März 1992 um 10 v.H. und ab Juli 1995 um weitere 6,27 v.H. angehoben. Hierauf nimmt das Berufungsgericht Bezug. Es meint, für die Ä nderung der wirtschaftlichen Verhältnisse gebe es keinen allgemeingültigen Maßstab, da sie sämtliche Bereiche des Wirtschaftslebens erfaßten. Für die Auslegung der Anpassungsvereinbarung könnten mithin, je nach Sachlage, verschiedene Anknüpfungspunkte in Frage kommen. Da die Parteien jedoch trotz gerichtlichen Hinweises nicht in der Lage gewesen seien, darzutun, welche Vorstellungen die Vertragschließenden mit dem Begriff "allgemeine wirtschaftliche Lage" verbunden hätten, sei es gerechtfertigt, nur auf die Lebenshaltungskosten und die Arbeitnehmereinkommen abzustellen.
Dies hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.

II.

Zutreffend geht das Berufungsgericht allerdings von der Wirksamkeit der am 30./31. Januar 1991 privatschriftlich erklärten "verbindlichen Auslegung" des Erbbaurechtsvertrags der Parteien aus. Die "verbindliche Auslegung" enthält zwar nicht nur Erläuterungen des schon Vereinbarten, die ohnehin nicht dem Formgebot des § 11 Abs. 2 ErbbauVO, § 313 BGB unterlägen. Sie legt vielmehr erstmalig die Anpassungsmaßstäbe fest. Das Formgebot greift aber nicht ein, da die Verpflichtung zur Bestellung oder zum Erwerb des Erbbaurechts bei der Ergänzung des Erbbaurechtsvertrages bereits erfüllt war. Es gelten hier insoweit dieselben Grundsätze wie bei der Verpflichtung zur Veräußerung oder zum Erwerb eines Grundstücks (vgl. Senatsurt. v. 14. Mai 1971, V ZR 25/69, LM BGB § 313 Nr. 49; v. 28. September 1984, V ZR 43/83, WM 1984, 1539). Einer Vorverlegung der Formfreiheit auf den Eintritt der Bindung an die dingliche Einigung (§ 873 Abs. 2 BGB), die beim selbst formfreien Erbbaurecht zu einem anderen Zeitpunkt als dem der Auflassung eintreten kann, bedarf es im Streitfalle nicht.

III.

Auch die Auslegung der Anpassungsvereinbarung im Erbbaurechtsvertrag und dessen "verbindlicher Auslegung" hält der rechtlichen Prüfung stand (§§ 133, 157 BGB). Die Angriffe beider Seiten auf den Ausgangspunkt des Berufungsurteils , die gleichmäßige Gewichtung der in die verbindliche Auslegung aufgenommenen Maßstäbe, gehen fehl. Die Parteien rügen jeweils mit dem Ziel, den für sie günstigen Parameter in den Vordergrund zu stellen (Revision: negative Entwicklung der örtlichen Grundstückspreise; Anschlußrevision: An-
stieg der Lebenshaltungskosten), eine ungenügende Berücksichtigung der Interessenlage. Zur Begründung entwickeln sie, allerdings mit unterschiedlichem Ergebnis, jeweils Vorstellungen, welcher Vertragsinhalt den Parteiinteressen am besten gerecht werde. Dies übersieht, daß es bei der Vertragsauslegung anhand der Interessenlage nicht darum geht, dem Rechtsgeschäft zu dem Inhalt zu verhelfen, den der Richter im Entscheidungszeitpunkt als interessengerecht ansieht. Maßgeblich ist vielmehr der Einfluß, den das Interesse der Parteien auf den objektiven Erklärungswert ihrer Ä ußerungen bei deren Abgabe hatte (Senatsurt. v. 10. Juli 1998, V ZR 360/96, WM 1998, 1883, 1886). Daß es das Berufungsgericht verabsäumt hätte, ein bei Vertragsabschluß hervorgetretenes Interesse einer Partei an der überwiegenden Gewichtung eines Kriteriums zu berücksichtigen, vermögen die jeweiligen Rügen nicht aufzuzeigen. Angesichts des im Berufungsurteil mit den Wirkungen der §§ 314, 561 Abs. 1 ZPO (zu tatbestandlichen Elementen in den Entscheidungsgründen vgl. Senat BGHZ 119, 300, 301) dargestellten Unvermögens der Parteien, (überhaupt) Vortrag über eigene Vorstellungen zum Inhalt des vertraglichen Begriffs der "allgemeinen wirtschaftlichen Lage" zu erbringen, läge dies auch fern.

IV.


Keinen Bestand hat demgegenüber die Ausübung des billigen Ermessens durch das Berufungsgericht bei der Bestimmung des angepaßten Zinses (§§ 317, 319 BGB).
1. Zutreffend hat sich das Berufungsgericht allerdings für berechtigt gehalten , selbst die an sich einem Schiedsgutachter vorbehaltene Anpassung
des Erbbauzinses aufgrund des vertraglichen Leistungsvorbehalts vorzunehmen. Die Benennung des Dritten durch die Industrie- und Handelskammer ist am Widerstand der Beklagten gescheitert. In einem solchen Falle erfolgt die Bestimmung der Leistung durch Urteil entsprechend § 319 Abs. 1 Satz 2 BGB (Senat BGHZ 74, 341).
2. Das Berufungsgericht hat sich indessen bei der Ausübung seines Ermessens in Widerspruch zu den von ihm selbst durch Auslegung ermittelten vertraglichen Richtlinien gesetzt (nachfolgend zu a). Außerdem hat es sich aus unzutreffender Sicht des sachlichen Rechts der Möglichkeit begeben, sein Ermessen in vollem Umfang auszuüben (nachfolgend zu b). Dies macht die getroffene Leistungsbestimmung offenbar unbillig. Zwar berührt nicht jeder Ermessensfehler des beauftragten Dritten oder, wie hier, des zur Leistungsbestimmung berufenen Gerichts die Wirksamkeit der getroffenen Bestimmung; maßgebend ist im Grundsatz das Ergebnis, nicht das zu ihm führende Verfahren (Senatsurt. v. 26. April 1961, V ZR 183/59, LM BGB § 317 Nr. 8; vgl. auch Urt. v. 3. November 1995, V ZR 182/94, WM 1996, 408). Schwerwiegende Begründungs - und Verfahrensmängel, wie sie hier vorliegen, machen die Bestimmung jedoch in grober, einem unbefangenen Betrachter sich aufdrängender Weise fehlsam. Dies läßt deren Verbindlichkeit entfallen (Senatsurt. v. 26. April 1961, V ZR 183/59, LM BGB § 317 Nr. 8; v. 11. Januar 1980, V ZR 77/76, WM 1982, 767).

a) Das Sachverständigengutachten, an dessen Ergebnis sich die erste Instanz und, ihr folgend, das Berufungsgericht gehalten hat, gibt den Lebenshaltungskosten gegenüber den weiteren Anpassungsmaßstäben, den örtlichen Grundstückspreisen und der allgemeinen wirtschaftlichen Lage, kein (annä-
hernd) gleiches Gewicht. Es beschränkt diesen Parameter vielmehr auf einen Index der "allgemeinen wirtschaftlichen Lage". Denn es beurteilt die "allgemeine wirtschaftliche Lage" anhand dreier Indexreihen, nämlich anhand der vertraglichen Lebenshaltungskosten (4-Personenhaushalt von Beamten und Angestellten mit höherem Einkommen), der Bruttoverdienste der Angestellten sowie der Bruttoverdienste der Arbeiter. Die drei Reihen bewertet es untereinander gleich. Dem fügt es als viertes, wiederum gleichrangiges Kriterium die Entwicklung der Grundstückspreise am Ort bei. Das Gewicht der Lebenshaltungskosten bei der Bestimmung des Anpassungsumfangs ist damit auf 1/4 reduziert.

b) Durch die Beschränkung auf die von dem Sachverständigen verwendeten Kriterien sieht sich das Berufungsgericht an der gebotenen Ausübung seines Ermessens gehindert.
aa) Das Berufungsgericht hatte das Ermessen nach Billigkeit anhand der vertraglichen Richtlinien auszuüben (Senatsurt. v. 3. November 1995, V ZR 182/94, WM 1996, 408). Auf dieser Grundlage hat es zunächst Bedenken dagegen geäußert, das Anpassungsmerkmal der "allgemeinen wirtschaftlichen Lage" auf die von dem Gutachter herangezogenen Kriterien zu beschränken (Aufklärungsbeschluß v. 14. Mai 1998). Diese Bedenken bestanden zu Recht, denn die vertragliche Anpassungsklausel ist nicht inhaltsgleich mit dem gesetzlichen Begriff der "allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse", § 9 a Abs. 1 Satz 2 ErbbauVO, dem der Senat in der von dem Sachverständigen herangezogenen Entscheidung (Urt. v. 4. Juli 1980, V ZR 49/79, LM ErbbauVO § 9 a Nr. 10 = DWW 1980, 278; im Anschluß an BGHZ 75, 279 und 77, 188) einen Regelinhalt gegeben hat. Die Obergrenze der Erhöhung des
Erbbauzinses für Wohngrundstücke ist durch soziale Gesichtspunkte bestimmt, denen nach der Rechtsprechung des Senats am ehesten durch die Beschränkung der Anpassungskriterien auf die Entwicklung der Lebenshaltungskosten und der Einkommen Rechnung getragen wird; denn in ihnen spiegelt sich "am handgreiflichsten" die allgemeine wirtschaftliche Lage des Durchschnitts der Bevölkerung wider (BGHZ 75, 279, 285). Für die Anpassung von Erbbaurechten , die zu Gewerbezwecken vergeben werden, kommt diesem Gesichtspunkt kein Vorzug vor anderen Kriterien zu. Der Inhaber des Rechts nimmt am sozialen Schutz des § 9 a ErbbauVO nicht teil. Die Lohnentwicklung stellt aus seiner Sicht einen Kostenfaktor, nicht wie für den Erbbauberechtigten an Wohnraum, den der Senat im Blick hatte, ein Kriterium des Lebensstandards dar. Den Lebenshaltungskosten als Wertmaßstab der Kaufkraft kommt zwar unter dem Gesichtspunkt, den Realwert des Erbbauzinses zu sichern, allgemeine Bedeutung zu. Dem kann aber das Interesse an einer aktuellen Verzinsung des Bodenwerts entgegenlaufen, für das die Entwicklung der Grundstückspreise , der Mieten, der Zinsen erstrangiger Grundpfanddarlehen oder überhaupt der Kapitalmarktzinsen signifikant sein kann. Im Streitfall ist das Ermessen in diesem Punkte durch die vertragliche Vorgabe geleitet, auf die örtlichen Grundstückspreise abzustellen und diese neben der "allgemeinen wirtschaftlichen Lage" zu berücksichtigen. Gesamtwirtschaftlichen Daten, wie der Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts, des Bruttosozialprodukts oder des Volkseinkommens, auf die die Kläger abstellen, kommt zwar ein höchstmöglicher Abstraktionsgrad zu. Dies hat aber nicht zur Folge, daß sie speziellere Maßstäbe, etwa die in dem Aufklärungsbeschluß des Berufungsgerichts erwogene Entwicklung der Anlageinvestitionen, der Auftragseingänge des verarbeitenden Gewerbes oder der Industrieproduktion verdrängten. Die Ausgrenzung sachspezifischer Kriterien aus dem Gesetzesbegriff der "allgemeinen
wirtschaftlichen Verhältnisse" (Senat BGHZ 75, 279, 286) ist durch die Besonderheiten des § 9 a ErbbauVO bedingt und legt dem Ermessen bei der Anpassung gewerblicher Erbbaurechte keine Fesseln an. Im übrigen sind, was der Senat nicht verkannt hat, auch die im Rahmen des § 9 a ErbbauVO herangezogenen Indexreihen gegenüber der allgemeinen Einkommensentwicklung und den Lebenshaltungskosten aller Haushalte "sachspezifisch". Dies steht ihrer Aussagekraft über die "allgemeine wirtschaftliche Lage" nicht entgegen.
bb) Zu Unrecht hat sich das Berufungsgericht durch den Umstand, daß der Vortrag über die Vorstellungen der Vertragsparteien vom Begriff der "allgemeinen wirtschaftlichen Lage", zu dem es aufgefordert hatte, ausgeblieben war, daran gehindert gesehen, sein Ermessen umfassend auszuüben. Gemeinsame Vorstellungen der Parteien vom Inhalt des gewählten Begriffs hätten , jeder Auslegung vorgehend, den Inhalt des Vertrags bestimmt (BGHZ 71, 75, 77; Senatsurt. v. 15. Februar 1985, V ZR 131/83, WM 1985, 876, 878). Zutage getretene einseitige Vorstellungen hätten für die Auslegung des beiderseits Erklärten Bedeutung gewinnen können (vorstehend zu III). Der Umstand, daß das Berufungsgericht vom Fehlen solcher Vorstellung auszugehen hatte, hatte rechtlich zur Folge, daß es bei der Ausübung seines Ermessens nach § 317 BGB an keine den vertraglichen Begriff näher bestimmende rechtsgeschäftliche Richtlinien gebunden war. Sein Ermessensspielraum war, entgegen seiner Auffassung, nicht eingeengt, sondern im Rahmen der Vorgabe, sich an der "allgemeinen wirtschaftlichen Lage" zu orientieren, umfassend. Es hätte mithin, wovon es in seinem Aufklärungsbeschluß auch ausgegangen war, alle in Frage
kommenden Kriterien in Rechnung stellen und hieraus eine sachgerechte Auswahl treffen müssen. Hierfür bot das eingeholte Gutachten keine hinreichende Grundlage.
Wenzel Tropf Krüger Lemke Gaier