Bundesgerichtshof Urteil, 27. März 2012 - KZR 108/10

bei uns veröffentlicht am27.03.2012
vorgehend
Landgericht Leipzig, 5 O 2742/08, 22.05.2009
Oberlandesgericht Dresden, 14 U 818/09, 15.12.2009

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
KZR 108/10
Verkündet am:
27. März 2012
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Elektronischer Programmführer

a) Die Vervielfältigung und öffentliche Zugänglichmachung urheberrechtlich geschützter
Text- und Bildbeiträge, die von Fernsehsendern zur Vorankündigung
und Bewerbung ihrer Programme im Internet bereitgestellt werden,
durch den Betreiber eines werbefinanzierten elektronischen Programmführers
ist nicht als Berichterstattung über Tagesereignisse gemäß § 50 UrhG
gerechtfertigt.

b) Der Umstand, dass eine Verwertungsgesellschaft der Aufsicht durch das Patentamt
unterliegt (§§ 18 ff. UrhWG), steht der Geltendmachung des Einwands
kartellrechtswidriger Ungleichbehandlung durch den von der Verwertungsgesellschaft
auf Unterlassung in Anspruch genommenen Werknutzer
nicht entgegen.
BGH, Urteil vom 27. März 2012 - KZR 108/10 - OLG Dresden
LG Leipzig
Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 27. März 2012 durch den Präsidenten des Bundesgerichtshofs
Prof. Dr. Tolksdorf, die Richter Prof. Dr. Meier-Beck, Dr. Kirchhoff, Dr. Löffler
und Dr. Bacher

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 15. Dezember 2009 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin, eine Verwertungsgesellschaft nach § 1 UrhWG, nimmt auf1 grund von Wahrnehmungsverträgen Urheber- und Leistungsschutzrechte der Fernsehsender DSF Deutsches Sportfernsehen, Kabel eins, RTL Television, RTL II, Super RTL, Sat 1, Pro-Sieben und VOX (im Folgenden: Sendeunternehmen ) wahr. In den Wahrnehmungsverträgen wurden der Klägerin als Treuhänderin zur ausschließlichen Wahrnehmung auch das Recht zur öffentlichen Zugänglichmachung (§ 19a UrhG) von Text- und Bildmaterial und ergänzend das Recht zur Vervielfältigung (§ 16 UrhG) zum Zwecke der Programmankün-
digung der jeweiligen Sendung im Rahmen eines elektronischen Programmführers (Electronic Program Guide = EPG) eingeräumt. In § 1 Nr. 2 Buchst. f. der Wahrnehmungsverträge hieß es:
Von der Rechteeinräumung ist nicht die Einwilligung umfasst, das Programmankündigungsmaterial im Internet verbunden mit Werbeinhalten darzustellen. Eine solche Einwilligung kann nur von den jeweiligen Sendeunternehmen erteilt werden.
2
Die Sendeunternehmen stellen in sogenannten "Presselounges" auf Internetseiten Texte und Bilder zur Vorankündigung und Bewerbung ihres Programms ein.
3
Die Beklagte betreibt im Internet einen für die Nutzer kostenlosen werbefinanzierten elektronischen Programmführer. Dazu entnimmt sie ohne Zustimmung der Klägerin oder der ihr angeschlossenen Sendeunternehmen fortlaufend Programminformationen (Texte und Bilder) aus den Presselounges der Sendeunternehmen, indem sie diese herunterlädt, abspeichert und zur Darstellung ihres werbefinanzierten Angebots auf ihren Webservern zum Abruf durch die Allgemeinheit bereitstellt.
4
Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Unterlassung der Vervielfältigung (§ 16 UrhG) und öffentlichen Zugänglichmachung von Text- und Bildmaterial (§ 19a UrhG) in Anspruch, welches die Sendeunternehmen auf ihren Internetseiten zur Ankündigung ihrer Programme zur Verfügung stellen. Sie macht geltend , die Beklagte dürfe nicht fremdes, urheberrechtlich geschütztes Programmbegleitmaterial anstelle von eigenen Anstrengungen zur Erzielung von Werbeeinnahmen kostenlos nutzen.
5
Das Landgericht (LG Leipzig, ZUM 2009, 980) hat die Beklagte antragsgemäß unter Androhung von Ordnungsmitteln verurteilt, es zu unterlassen,
a) das Bildmaterial zur Ankündigung der Programme DSF Deutsches Sportfernsehen , Kabel eins, Pro Sieben, RTL Television, RTL II, Sat 1, Super RTL und VOX, wie es von den genannten Sendern auf Internetseiten ("Presselounges") unter den Adressen […] zur Verfügung gestellt wird, und
b) das Wortmaterial zur Ankündigung der Programme DSF Deutsches Sportfernsehen , Kabel eins, Pro Sieben, RTL Television, RTL II, Sat 1, Super RTL und VOX, wie es von den genannten Sendern auf den genannten Internetseiten zur Verfügung gestellt wird, insbesondere wie die aus der Anlage 1 zum Urteil ersichtlichen Textbeispiele 1, 2 und 3, zu vervielfältigen und im Rahmen von elektronischen Programmführern im Internet öffentlich zugänglich zu machen.
6
Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben (OLG Dresden, ZUM 2010, 362). Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


7
I. Das Berufungsgericht hat einen Unterlassungsanspruch gemäß § 97 Abs. 1, § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 5, § 72 Abs. 1, §§ 16, 19a UrhG, § 6 Abs. 1 UrhWG in Verbindung mit den Wahrnehmungsverträgen der Sendeunternehmen bejaht. Zur Begründung hat es ausgeführt:
8
Die Klägerin sei nach den Wahrnehmungsverträgen berechtigt, die Beklagte in Anspruch zu nehmen. Dem stehe nicht entgegen, dass sie keine Einwilligung erteilen könne, das Programmankündigungsmaterial verbunden mit Werbeinhalten im Internet darzustellen. Die Aktivlegitimation sei auch nicht deswegen zu verneinen, weil die Einräumung des Rechts der öffentlichen Zugänglichmachung nach § 19a UrhG zur Wahrnehmung durch die Klägerin als kartellrechtlich relevanter Zusammenschluss im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (nachfolgend: FKVO) zu werten und daher schwebend unwirksam sei.
9
Die Übernahme von urheberrechtlich geschütztem Text- und Bildmaterial durch die Beklagte sei rechtswidrig und nicht als Berichterstattung über Tagesereignisse durch § 50 UrhG gerechtfertigt.
10
Die Beklagte könne dem Unterlassungsanspruch nicht mit Erfolg das kartellrechtliche Diskriminierungs- und Behinderungsverbot und das Verbot des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung entgegenhalten. Sie habe keinen Anspruch auf Abschluss eines Lizenzvertrages über die kostenfreie Nutzung der Programminformationen in werbefinanzierten elektronischen Programmführern. Die Klägerin sei nicht befugt, Rechte zur Nutzung zusammen mit Werbung zu vergeben. Überdies dürfe sie gemäß § 11 Abs. 2 UrhWG Nutzungsrechte nur gegen Vergütung einräumen. Ob die Sendeunternehmen gegen das kartellrechtliche Diskriminierungsverbot verstießen, weil sie den Fernsehzeitungen Nutzungsrechte an Programminformationen seit langem kostenfrei einräumten, sei im vorliegenden Rechtsstreit, an dem die Sendeunternehmen nicht als Partei beteiligt seien, nicht zu entscheiden. Es könne dahingestellt bleiben, ob die Klägerin und die Sendeunternehmen gemäß § 36 Abs. 2 GWB für die Beurteilung einer kartellrechtlich verbotenen Diskriminierung als einheitliches Unternehmen anzusehen seien. Eventuelle kartellrechtliche Versäumnisse unterlägen nicht der zivilgerichtlichen Kontrolle im Rahmen des vorliegenden Prozesses, sondern ausschließlich der nach § 18 UrhWG vom Patentamt im Einvernehmen mit dem Bundeskartellamt auszuübenden Aufsicht über die Klägerin.
11
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Das Berufungsgericht hat zwar zutreffend angenommen, dass die Klägerin zur Wahrnehmung der geltend gemachten urheberrechtlichen Ansprüche berechtigt und die Nutzung des Text- und Bildmaterials urheberrechtlich nicht gerechtfertigt ist. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann aber ein Verstoß der Klägerin gegen das kartellrechtliche Diskriminierungsverbot nicht verneint werden.
12
1. Die gegen die Annahme der Aktivlegitimation der Klägerin erhobenen Rügen der Revision greifen nicht durch. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, es stehe der Geltendmachung von Ansprüchen auf Unterlassung der Vervielfältigung und öffentlichen Zugänglichmachung von Bild- und Textmaterial der Sendeunternehmen im Zusammenhang mit Werbung nicht entgegen , dass die Klägerin zur positiven Rechteeinräumung für eine solche Nutzung nicht berechtigt sei, sondern nach der in § 1 Nr. 2 Buchst. f der Wahrnehmungsverträge getroffenen Regelung eine Einwilligung nur durch die Sendeunternehmen selbst erteilt werden könne.
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a) Soweit die Revision geltend macht, die Ansicht des Berufungsgerichts verstoße gegen anerkannte Grundsätze der Vertragsauslegung, versucht sie, die Auslegung des Wahrnehmungsvertrages durch das Berufungsgericht durch ihre eigene zu ersetzen, ohne einen Rechtsfehler darzutun. Die von der Revision in diesem Zusammenhang erhobenen Verfahrensrügen hat der Senat geprüft , allerdings nicht für durchgreifend erachtet (§ 564 ZPO).
14
b) Entgegen der Auffassung der Revision führt der vom Berufungsgericht angenommene Inhalt der Vereinbarung in den Wahrnehmungsverträgen auch nicht zu einer unzulässigen Rechteaufspaltung.
15
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs müssen die sich aus dem umfassenden Urheberrecht ergebenden persönlichkeitsrechtlichen und vermögensrechtlichen Befugnisse nicht in einer Hand liegen. Es ist deshalb rechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Berechtigten einer Verwertungsgesellschaft Nutzungsrechte, deren Ausübung das Urheberpersönlichkeitsrecht in besonderer Weise berühren kann, nur unter einer Bedingung zur Wahrnehmung einräumen, die ihnen die Zustimmung vorbehält (vgl. BGH, Urteil vom 11. März 2010 - I ZR 18/08, GRUR 2010, 920 Rn. 35 = WRP 2010, 1268 - Klingeltöne für Mobiltelefone II). Entsprechendes gilt für die im Streitfall maßgebende Regelung, mit der sich die Sendeunternehmen eine Einwilligung zur Darstellung des Programmankündigungsmaterials im Internet verbunden mit Werbeinhalten vorbehalten haben.
16
2. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei die urheberrechtliche Schutzfähigkeit des Bildmaterials sowie jedenfalls der von der Klägerin exemplarisch vorgelegten Textbeispiele bejaht. Soweit die Revision geltend macht, dem Textmaterial mangele es "regelmäßig" bereits an der Schutzfähigkeit, setzt sie ihre eigene Bewertung an die Stelle der Beurteilung durch das Berufungsgericht , ohne einen Rechtsfehler darzutun.
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3. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Übernahme des Text- und Bildmaterials sei nicht als Berichterstattung über Tagesereignisse im Sinne von § 50 UrhG zulässig, hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung ebenfalls stand.
18
a) Zur Berichterstattung über Tagesereignisse durch Funk oder ähnliche technische Mittel ist die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe von Werken, die im Verlauf dieser Ereignisse wahrnehmbar werden , in einem durch den Zweck gebotenen Umfang zulässig.
19
b) Das Berufungsgericht ist - von der Revision unbeanstandet - davon ausgegangen, dass das Ereignis, über das im elektronischen Programmführer unterrichtet wird, das künftig auszustrahlende Fernsehprogramm ist. Es kann offenbleiben, ob dieses Programm ein Geschehen ist, das für die Öffentlichkeit von Interesse ist und damit die Voraussetzungen eines Tagesereignisses gegeben sind (vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 2007 - I ZR 42/05, BGHZ 175, 135 Rn. 48 - TV-Total). Jedenfalls fehlt es an den weiteren Voraussetzungen der Schrankenregelung des § 50 UrhG.
20
aa) Das Berufungsgericht hat im Hinblick auf die Programminformationen in Form von Textbeiträgen zutreffend angenommen, dass die Anwendung des § 50 UrhG bereits deshalb ausscheidet, weil diese Texte nicht im Verlaufe der angekündigten Fernsehsendung wahrnehmbar seien.
21
Ohne Erfolg wendet die Revision gegen diese Beurteilung ein, der im Textmaterial zusammengefasste Inhalt der Sendung finde sich zumindest mittelbar während der Ausstrahlung wieder. Die Einbeziehung einer solchen "mittelbaren" Wahrnehmbarkeit in das Berichterstattungsrecht überschreitet den möglichen Wortsinn der nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich eng auszulegenden Schrankenbestimmung des § 50 UrhG (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juli 2002 - I ZR 285/99, GRUR 2002, 1050, 1051 = WRP 2002, 1302 - Zeitungsbericht als Tagesereignis; Vogel in Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 4. Aufl., § 50 Rn. 4, jeweils mwN).
22
bb) Im Hinblick auf das Bildmaterial macht die Revision geltend, es handele sich dabei um Szenenbilder (MAZ-Bilder), die im Verlauf der Fernsehsendungen sichtbar würden, während die Revisionserwiderung im Wege der Gegenrüge geltend macht, dass es sich bei den von den Sendeunternehmen zur Verfügung gestellten Lichtbildern nahezu ausschließlich um sogenannte Standfotos, also von Set-Fotografen gesondert angefertigte, "gestellte" Lichtbilder handele. Diese und die weitere Frage, ob die Schrankenbestimmung bereits deshalb nicht eingreift, weil es nicht um eine eigene Berichterstattung, sondern um die Übernahme einer fremden Berichterstattung geht (vgl. dazu Castendyk, ZUM 2008, 916, 921), können offenbleiben.
23
cc) Wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, ist § 50 UrhG jedenfalls deshalb nicht anwendbar, weil eine erlaubnis- und vergütungsfreie öffentliche Wiedergabe der Programminformationen durch die Beklagte nicht geboten ist.
24
Die Schrankenregelung des § 50 UrhG dient der Meinungs- und Pressefreiheit sowie dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit. Sie soll die anschauliche Berichterstattung über aktuelle Ereignisse in den Fällen, in denen Journalisten oder ihren Auftraggebern die rechtzeitige Einholung der erforderlichen Zustimmungen noch vor dem Abdruck oder der Sendung eines aktuellen Berichts nicht möglich oder nicht zumutbar ist, dadurch erleichtern, dass sie die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe geschützter Werke, die im Verlauf solcher Ereignisse wahrnehmbar werden, ohne den Erwerb entsprechender Nutzungsrechte und ohne die Zahlung einer Vergütung erlaubt. Ist es dem Berichterstatter oder seinem Auftraggeber möglich und zumutbar, vor dem Abdruck oder der Sendung des Berichts die Zustimmung des Rechtsinhabers einzuholen, gibt es keine Rechtfertigung dafür, sich über die Belange des Berechtigten hinwegzusetzen (BGHZ 175, 135 Rn. 49 - TV-Total).
25
Der Beklagten ist es - wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen hat - ohne Weiteres möglich und zumutbar, vor der Übernahme der in Rede stehenden Texte und Bilder aus den Presselounges in den elektronischen Programmführer die Zustimmung der Berechtigten einzuholen. Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht bei seiner Beurteilung nicht schützenswerte Interessen der übrigen Beteiligten aus dem Blick verloren. Das von der Revision angeführte Informationsinteresse der Öffentlichkeit und das Eigeninteresse der Sendeunternehmen an einer Werbung für ihr Fernsehprogramm sind auch dann gewahrt, wenn die Beklagte nach Zustimmung der Berechtigten und gegen Zahlung einer Vergütung auf die urheberrechtlich geschützten Programminformationen der Sendeunternehmen zugreift, um über deren Fernsehprogramme zu berichten. Der von der Revision weiter angeführte Gesichtspunkt, dass Zeitschriftenverlagen die entsprechenden Informationen kostenfrei zur Verfügung gestellt werden, ist möglicherweise kartellrechtlich bedeutsam (dazu unten 5.), kann aber die Anwendung der Schrankenregelung nach § 50 UrhG nicht rechtfertigen.
26
4. Ohne Erfolg meint die Revision, dass im Falle des Obsiegens der Klägerin das Geschäftsmodell eines "unabhängigen werbefinanzierten InternetEPG" unmöglich würde. Die Revision macht insoweit geltend, die Beklagte müsse dann gebührenpflichtige Lizenzverträge abschließen und könne die Gebühren nicht durch Werbung refinanzieren, weil die Lizenzverträge ein ausdrückliches Werbe- und Empfehlungsverbot enthielten. Damit würde es zu einer Monopolisierung der Berichterstattung über das deutsche Fernsehprogramm in den Händen der Sendeanstalten kommen, was mit einer Einschränkung der freien Berichterstattung über das Fernsehprogramm einhergehen würde, welche von den Fernsehanstalten gelenkt werden könne.
27
Mit diesem Vorbringen legt die Revision keine Rechtsverletzung dar. Eine solche ist auch nicht ersichtlich. Insbesondere ist Art. 5 Abs. 1 GG nicht betroffen. Der Beklagten geht es im Streitfall nicht um die Zulässigkeit einer eigenen Berichterstattung über das Programm der Sendeunternehmen, sondern um das Recht zur kostenfreien Übernahme von Bild- und Textbeiträgen, die die Sendeunternehmen zur Verfügung stellen.
28
5. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte könne gegenüber dem Unterlassungsbegehren der Klägerin nicht einwenden, die Weigerung der Sendeunternehmen, ihr das Text- und Bildmaterial wie den Zeitschriftenverlagen kostenfrei zur Verfügung zu stellen, verstoße gegen das kartellrechtliche Diskriminierungsverbot, hält hingegen der Nachprüfung nicht stand.
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a) Das Berufungsgericht hat die Frage einer Diskriminierung im Sinne von § 20 Abs. 1 GWB und die insoweit zu beantwortende Vorfrage offengelassen, ob es sich die Klägerin zurechnen lassen muss, dass die Sendeunternehmen die Rechte für die Nutzung von Programminformationen Presseverlagen kostenlos einräumen. Zur Begründung hat es ausgeführt, möglicherweise vorliegende kartellrechtliche Versäumnisse unterlägen nicht der zivilgerichtlichen Kontrolle, sondern allein der Prüfung der Aufsichtsbehörde gemäß § 18 UrhWG. Diese Beurteilung hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
30
b) Es entspricht der Rechtsprechung des Senats, dass gegen Ansprüche von Verwertungsgesellschaften der Einwand der kartellrechtswidrigen Ungleichbehandlung vor den Zivilgerichten erhoben werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 30. Januar 1970 - KZR 3/69, GRUR 1970, 200 - TonbandgeräteImporteur ). Auch in der Literatur wird - soweit ersichtlich - einhellig vertreten, dass die Aufsicht gemäß §§ 18 ff. UrhWG den Weg der Nutzer zu den ordentlichen Gerichten nicht versperrt (Reinbothe in Schricker/Loewenheim aaO § 18 UrhWG Rn. 2 aE; Gerlach in Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 3. Aufl., § 18 UrhWG Rn. 2; Schulze in Dreier/Schulze, UrhG, 3. Aufl., § 19 UrhWG Rn. 10; Himmelmann in Kreile/Becker/Riesenhuber, Recht und Praxis der GEMA, 2. Aufl., Kap. 18 Rn. 170, jeweils mwN). Weder Wortlaut noch Sinn und Zweck dieser Vorschriften rechtfertigen ein anderes Verständnis.
31
c) Der Klägerin ist im Hinblick auf den Einwand der Diskriminierung gemäß § 20 GWB das Verhalten der Sendeunternehmen zuzurechnen. Denn die Klägerin kann als Verwertungsgesellschaft nicht weitergehend Unterlassung verlangen als die Sendeunternehmen, deren Rechte sie wahrnimmt.
32
d) Mangels gegenteiliger Feststellungen ist für die revisionsrechtliche Beurteilung zugrunde zu legen, dass die Überlassung der Nutzungsrechte an Text- und Bildmaterial einen sachlich eigenständigen Markt betrifft, auf dem die Sendeunternehmen und die Klägerin marktbeherrschend sind. Allein diese können die Nutzungsrechte an den Bildern und beschreibenden Texten zu ihrem zukünftigen Fernsehprogramm einräumen (vgl. zu Sendeunternehmen auch EuGH, Urteil vom 6. April 1995 - Verbundene Rechtssachen C-241/91 und C-242/91, Slg 1995, I-743-838 = GRUR-Int. 1995, 490, 493 Rn. 53 - Magill TV Guide; OLG Hamburg, NJWE-WettbR 1997, 214, 215 f.; LG Hamburg, AfP 2009, 421, 423).
33
e) Für das Revisionsverfahren ist ferner davon auszugehen, dass die Einräumung von Nutzungsrechten an Text- und Bildbeiträgen mit Programminformationen einen Geschäftsverkehr betrifft, der Printverlagen auf der einen und Betreibern elektronischer Programmführer auf der anderen Seite als gleichartigen Unternehmen üblicherweise zugänglich ist. Die Beklagte hat vorgetragen, dass die Programminformationen, die für die Erstellung einer gedruckten Programmvorschau verwendet werden, in Format und Inhalt identisch sind mit denjenigen Informationen, die in elektronischen Programmführern Verwendung finden. Auch die Funktionen, die Betreiber von elektronischen Pro- grammführern und Herausgeber gedruckter Programmzeitungen gegenüber dem Verbraucher erfüllten, seien identisch.
34
f) Für das Revisionsverfahren kann damit auch eine Ungleichbehandlung im Sinne von § 20 Abs. 1, 2. Altern. GWB nicht verneint werden. Die Sendeunternehmen stellen Printverlagen die Nutzungsrechte an Programminformationen in ihren Presselounges unentgeltlich zur Verfügung, behandeln also die Verlage und die Beklagte ungleich.
35
g) Feststellungen zu einer möglichen sachlichen Rechtfertigung dieser Ungleichbehandlung hat das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - nicht getroffen. Ein sachlich gerechtfertigter Grund für die Ungleichbehandlung kann nicht ohne weiteres in dem Umstand gesehen werden, dass die Beklagte die Programminformationen zusammen mit Werbung veröffentlichen will. Denn das ist auch bei den nach der Lebenserfahrung regelmäßig jedenfalls teilweise durch Anzeigen finanzierten Programmzeitungen und -zeitschriften der Fall. Dazu, ob eine Ungleichbehandlung von Printverlagen und Betreibern elektronischer Programmführer etwa deswegen gerechtfertigt sein kann, weil die Sendeunternehmen ihre Programme selbst zwar nicht in Printmedien, ohne weiteres aber im Internet präsentieren könnten und zudem die Nutzungsmöglichkeiten gezielter Werbung bei elektronischen Programmführern weit über diejenigen in Printmedien hinausgingen (vgl. dazu LG Köln, ZUM-RD 2010, 283, 299), fehlt es bislang an hinreichenden Feststellungen des Berufungsgerichts.
36
III. Das Berufungsurteil ist somit aufzuheben. Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist.
37
IV. Für die neue Verhandlung wird auf Folgendes hingewiesen:
38
1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Bestimmtheit der Unterlassungsanträge nicht entgegensteht, dass ihnen keine Kriterien für die urheberrechtliche Schutzfähigkeit der Text- und Bildbeiträge entnommen werden können (vgl. BGH, Urteil vom 16. Januar 1997 - I ZR 9/95, BGHZ 134, 250, 254 - CB-Infobank I). Allerdings ist ein Unterlassungsantrag dann unbegründet, wenn er derart abstrakt gefasst ist, dass er auch erlaubte Verhaltensweisen erfasst und dadurch die konkrete Verletzungsform verfehlt (BGH, Urteil vom 11. Dezember 2003 - I ZR 50/01, GRUR 2004, 605, 607 = WRP 2004, 735 - Dauertiefpreise; Urteil vom 29. März 2007 - I ZR 164/04, GRUR 2007, 987 Rn. 22 = WRP 2007, 1341 - Änderung der Voreinstellung I; Urteil vom 29. April 2010 - I ZR 202/07, GRUR 2010, 749 Rn. 26 = WRP 2010, 1030 - Erinnerungswerbung im Internet; Urteil vom 1. Dezember 2010 - I ZR 12/08, GRUR 2011, 134 Rn. 20, 22 = WRP 2011, 249 - Perlentaucher). Das Berufungsgericht wird unter diesem Gesichtspunkt nach § 139 Abs. 1 ZPO auf die Stellung sachdienlicher, die konkrete Verletzungsform zutreffend beschreibender Anträge hinzuwirken haben, sofern nach seinen Feststellungen Grund zu der Annahme besteht, dass nicht sämtliche von den Sendeunternehmen in die Presselounges eingestellten Bild- und Textbeiträge urheberrechtlichen Schutz genießen.
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2. Im Hinblick auf den Einwand der Beklagten, die Aktivlegitimation der Klägerin sei zu verneinen, weil die Einräumung der Rechte an Programminformationen gemäß § 19a UrhG zur Wahrnehmung durch die Klägerin einen kartellrechtlich relevanten Zusammenschluss darstelle, der durch die Europäische Kommission gesondert hätte genehmigt werden müssen, wird angesichts des auf die Zukunft gerichteten Klageantrags auf die geänderte Gesellschafterstruktur der Klägerin abzustellen sein.
3. Dem von der Beklagten erhobenen Einwand der kartellrechtlichen Un40 gleichbehandlung stehen im Streitfall nicht die Grundsätze der Entscheidung "Orange-Book-Standard" des Senats entgegen, wonach der kartellrechtliche Zwangslizenzeinwand neben der Abgabe eines unbedingten Angebots auf Abschluss eines Lizenzvertrages auch die Zahlung oder die Hinterlegung einer angemessenen Lizenzgebühr voraussetzt (Urteil vom 6. Mai 2009 - KZR 39/06, BGHZ 180, 312 Rn. 29 ff.; vgl. auch § 11 Abs. 2 UrhWG). Denn der von der Beklagten erhobene kartellrechtliche Einwand beruht im Streitfall gerade auf der Behauptung einer Ungleichbehandlung gegenüber Presseverlagen, denen die von der Beklagten begehrten Rechte unentgeltlich eingeräumt werden.
Tolksdorf Meier-Beck Kirchhoff
Löffler Bacher
Vorinstanzen:
LG Leipzig, Entscheidung vom 22.05.2009 - 5 O 2742/08 -
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Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Juli 2017 - I ZR 228/15

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS I ZR 228/15 Verkündet am: 27. Juli 2017 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja Refo

Bundesgerichtshof Urteil, 18. Okt. 2012 - I ZR 137/11

bei uns veröffentlicht am 18.10.2012

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 137/11 Verkündet am: 18. Oktober 2012 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGH

Bundesgerichtshof EuGH-Vorlage, 27. Juli 2017 - I ZR 228/15

bei uns veröffentlicht am 27.07.2017

Tenor I. Das Verfahren wird ausgesetzt. II. Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur Auslegung von Art. 5

Bundesgerichtshof Urteil, 17. Dez. 2015 - I ZR 69/14

bei uns veröffentlicht am 17.12.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 69/14 Verkündet am: 17. Dezember 2015 Bürk Amtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Referenzen

Zur Berichterstattung über Tagesereignisse durch Funk oder durch ähnliche technische Mittel, in Zeitungen, Zeitschriften und in anderen Druckschriften oder sonstigen Datenträgern, die im Wesentlichen Tagesinteressen Rechnung tragen, sowie im Film, ist die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe von Werken, die im Verlauf dieser Ereignisse wahrnehmbar werden, in einem durch den Zweck gebotenen Umfang zulässig.

(1) § 19 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 gilt auch für Unternehmen und Vereinigungen von Unternehmen, soweit von ihnen andere Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen in der Weise abhängig sind, dass ausreichende und zumutbare Möglichkeiten, auf dritte Unternehmen auszuweichen, nicht bestehen und ein deutliches Ungleichgewicht zur Gegenmacht der anderen Unternehmen besteht (relative Marktmacht). § 19 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 gilt ferner auch für Unternehmen, die als Vermittler auf mehrseitigen Märkten tätig sind, soweit andere Unternehmen mit Blick auf den Zugang zu Beschaffungs- und Absatzmärkten von ihrer Vermittlungsleistung in der Weise abhängig sind, dass ausreichende und zumutbare Ausweichmöglichkeiten nicht bestehen. Es wird vermutet, dass ein Anbieter einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen von einem Nachfrager abhängig im Sinne des Satzes 1 ist, wenn dieser Nachfrager bei ihm zusätzlich zu den verkehrsüblichen Preisnachlässen oder sonstigen Leistungsentgelten regelmäßig besondere Vergünstigungen erlangt, die gleichartigen Nachfragern nicht gewährt werden.

(1a) Eine Abhängigkeit nach Absatz 1 kann sich auch daraus ergeben, dass ein Unternehmen für die eigene Tätigkeit auf den Zugang zu Daten angewiesen ist, die von einem anderen Unternehmen kontrolliert werden. Die Verweigerung des Zugangs zu solchen Daten gegen angemessenes Entgelt kann eine unbillige Behinderung nach Absatz 1 in Verbindung mit § 19 Absatz 1, Absatz 2 Nummer 1 darstellen. Dies gilt auch dann, wenn ein Geschäftsverkehr für diese Daten bislang nicht eröffnet ist.

(2) § 19 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 5 gilt auch für Unternehmen und Vereinigungen von Unternehmen im Verhältnis zu den von ihnen abhängigen Unternehmen.

(3) Unternehmen mit gegenüber kleinen und mittleren Wettbewerbern überlegener Marktmacht dürfen ihre Marktmacht nicht dazu ausnutzen, solche Wettbewerber unmittelbar oder mittelbar unbillig zu behindern. Eine unbillige Behinderung im Sinne des Satzes 1 liegt insbesondere vor, wenn ein Unternehmen

1.
Lebensmittel im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1381 (ABl. L 231 vom 6.9.2019, S. 1) geändert worden ist, unter Einstandspreis oder
2.
andere Waren oder gewerbliche Leistungen nicht nur gelegentlich unter Einstandspreis oder
3.
von kleinen oder mittleren Unternehmen, mit denen es auf dem nachgelagerten Markt beim Vertrieb von Waren oder gewerblichen Leistungen im Wettbewerb steht, für deren Lieferung einen höheren Preis fordert, als es selbst auf diesem Markt
anbietet, es sei denn, dies ist jeweils sachlich gerechtfertigt. Einstandspreis im Sinne des Satzes 2 ist der zwischen dem Unternehmen mit überlegener Marktmacht und seinem Lieferanten vereinbarte Preis für die Beschaffung der Ware oder Leistung, auf den allgemein gewährte und im Zeitpunkt des Angebots bereits mit hinreichender Sicherheit feststehende Bezugsvergünstigungen anteilig angerechnet werden, soweit nicht für bestimmte Waren oder Leistungen ausdrücklich etwas anderes vereinbart ist. Das Anbieten von Lebensmitteln unter Einstandspreis ist sachlich gerechtfertigt, wenn es geeignet ist, den Verderb oder die drohende Unverkäuflichkeit der Waren beim Händler durch rechtzeitigen Verkauf zu verhindern sowie in vergleichbar schwerwiegenden Fällen. Werden Lebensmittel an gemeinnützige Einrichtungen zur Verwendung im Rahmen ihrer Aufgaben abgegeben, liegt keine unbillige Behinderung vor.

(3a) Eine unbillige Behinderung im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 liegt auch vor, wenn ein Unternehmen mit überlegener Marktmacht auf einem Markt im Sinne des § 18 Absatz 3a die eigenständige Erzielung von Netzwerkeffekten durch Wettbewerber behindert und hierdurch die ernstliche Gefahr begründet, dass der Leistungswettbewerb in nicht unerheblichem Maße eingeschränkt wird.

(4) Ergibt sich auf Grund bestimmter Tatsachen nach allgemeiner Erfahrung der Anschein, dass ein Unternehmen seine Marktmacht im Sinne des Absatzes 3 ausgenutzt hat, so obliegt es diesem Unternehmen, den Anschein zu widerlegen und solche anspruchsbegründenden Umstände aus seinem Geschäftsbereich aufzuklären, deren Aufklärung dem betroffenen Wettbewerber oder einem Verband nach § 33 Absatz 4 nicht möglich, dem in Anspruch genommenen Unternehmen aber leicht möglich und zumutbar ist.

(5) Wirtschafts- und Berufsvereinigungen sowie Gütezeichengemeinschaften dürfen die Aufnahme eines Unternehmens nicht ablehnen, wenn die Ablehnung eine sachlich nicht gerechtfertigte ungleiche Behandlung darstellen und zu einer unbilligen Benachteiligung des Unternehmens im Wettbewerb führen würde.

Zur Berichterstattung über Tagesereignisse durch Funk oder durch ähnliche technische Mittel, in Zeitungen, Zeitschriften und in anderen Druckschriften oder sonstigen Datenträgern, die im Wesentlichen Tagesinteressen Rechnung tragen, sowie im Film, ist die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe von Werken, die im Verlauf dieser Ereignisse wahrnehmbar werden, in einem durch den Zweck gebotenen Umfang zulässig.

Das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung ist das Recht, das Werk drahtgebunden oder drahtlos der Öffentlichkeit in einer Weise zugänglich zu machen, dass es Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist.

(1) Das Vervielfältigungsrecht ist das Recht, Vervielfältigungsstücke des Werkes herzustellen, gleichviel ob vorübergehend oder dauerhaft, in welchem Verfahren und in welcher Zahl.

(2) Eine Vervielfältigung ist auch die Übertragung des Werkes auf Vorrichtungen zur wiederholbaren Wiedergabe von Bild- oder Tonfolgen (Bild- oder Tonträger), gleichviel, ob es sich um die Aufnahme einer Wiedergabe des Werkes auf einen Bild- oder Tonträger oder um die Übertragung des Werkes von einem Bild- oder Tonträger auf einen anderen handelt.

Das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung ist das Recht, das Werk drahtgebunden oder drahtlos der Öffentlichkeit in einer Weise zugänglich zu machen, dass es Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist.

(1) Wer das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, kann von dem Verletzten auf Beseitigung der Beeinträchtigung, bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht.

(2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt hätte. Urheber, Verfasser wissenschaftlicher Ausgaben (§ 70), Lichtbildner (§ 72) und ausübende Künstler (§ 73) können auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine Entschädigung in Geld verlangen, wenn und soweit dies der Billigkeit entspricht.

(1) Zu den geschützten Werken der Literatur, Wissenschaft und Kunst gehören insbesondere:

1.
Sprachwerke, wie Schriftwerke, Reden und Computerprogramme;
2.
Werke der Musik;
3.
pantomimische Werke einschließlich der Werke der Tanzkunst;
4.
Werke der bildenden Künste einschließlich der Werke der Baukunst und der angewandten Kunst und Entwürfe solcher Werke;
5.
Lichtbildwerke einschließlich der Werke, die ähnlich wie Lichtbildwerke geschaffen werden;
6.
Filmwerke einschließlich der Werke, die ähnlich wie Filmwerke geschaffen werden;
7.
Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art, wie Zeichnungen, Pläne, Karten, Skizzen, Tabellen und plastische Darstellungen.

(2) Werke im Sinne dieses Gesetzes sind nur persönliche geistige Schöpfungen.

(1) Lichtbilder und Erzeugnisse, die ähnlich wie Lichtbilder hergestellt werden, werden in entsprechender Anwendung der für Lichtbildwerke geltenden Vorschriften des Teils 1 geschützt.

(2) Das Recht nach Absatz 1 steht dem Lichtbildner zu.

(3) Das Recht nach Absatz 1 erlischt fünfzig Jahre nach dem Erscheinen des Lichtbildes oder, wenn seine erste erlaubte öffentliche Wiedergabe früher erfolgt ist, nach dieser, jedoch bereits fünfzig Jahre nach der Herstellung, wenn das Lichtbild innerhalb dieser Frist nicht erschienen oder erlaubterweise öffentlich wiedergegeben worden ist. Die Frist ist nach § 69 zu berechnen.

(1) Das Vervielfältigungsrecht ist das Recht, Vervielfältigungsstücke des Werkes herzustellen, gleichviel ob vorübergehend oder dauerhaft, in welchem Verfahren und in welcher Zahl.

(2) Eine Vervielfältigung ist auch die Übertragung des Werkes auf Vorrichtungen zur wiederholbaren Wiedergabe von Bild- oder Tonfolgen (Bild- oder Tonträger), gleichviel, ob es sich um die Aufnahme einer Wiedergabe des Werkes auf einen Bild- oder Tonträger oder um die Übertragung des Werkes von einem Bild- oder Tonträger auf einen anderen handelt.

Das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung ist das Recht, das Werk drahtgebunden oder drahtlos der Öffentlichkeit in einer Weise zugänglich zu machen, dass es Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist.

Zur Berichterstattung über Tagesereignisse durch Funk oder durch ähnliche technische Mittel, in Zeitungen, Zeitschriften und in anderen Druckschriften oder sonstigen Datenträgern, die im Wesentlichen Tagesinteressen Rechnung tragen, sowie im Film, ist die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe von Werken, die im Verlauf dieser Ereignisse wahrnehmbar werden, in einem durch den Zweck gebotenen Umfang zulässig.

(1) Ein Zusammenschluss, durch den wirksamer Wettbewerb erheblich behindert würde, insbesondere von dem zu erwarten ist, dass er eine marktbeherrschende Stellung begründet oder verstärkt, ist vom Bundeskartellamt zu untersagen. Dies gilt nicht, wenn

1.
die beteiligten Unternehmen nachweisen, dass durch den Zusammenschluss auch Verbesserungen der Wettbewerbsbedingungen eintreten und diese Verbesserungen die Behinderung des Wettbewerbs überwiegen, oder
2.
die Untersagungsvoraussetzungen ausschließlich auf Märkten vorliegen, auf denen seit mindestens fünf Jahren Waren oder gewerbliche Leistungen angeboten werden und auf denen im letzten Kalenderjahr im Inland insgesamt weniger als 20 Millionen Euro umgesetzt wurden, es sei denn, es handelt sich um Märkte im Sinne des § 18 Absatz 2a oder einen Fall des § 35 Absatz 1a, oder
3.
die marktbeherrschende Stellung eines Zeitungs- oder Zeitschriftenverlags verstärkt wird, der einen kleinen oder mittleren Zeitungs- oder Zeitschriftenverlag übernimmt, falls nachgewiesen wird, dass der übernommene Verlag in den letzten drei Jahren jeweils in der Gewinn- und Verlustrechnung nach § 275 des Handelsgesetzbuchs einen erheblichen Jahresfehlbetrag auszuweisen hatte und er ohne den Zusammenschluss in seiner Existenz gefährdet wäre. Ferner muss nachgewiesen werden, dass vor dem Zusammenschluss kein anderer Erwerber gefunden wurde, der eine wettbewerbskonformere Lösung sichergestellt hätte.

(2) Ist ein beteiligtes Unternehmen ein abhängiges oder herrschendes Unternehmen im Sinne des § 17 des Aktiengesetzes oder ein Konzernunternehmen im Sinne des § 18 des Aktiengesetzes, sind die so verbundenen Unternehmen als einheitliches Unternehmen anzusehen. Wirken mehrere Unternehmen derart zusammen, dass sie gemeinsam einen beherrschenden Einfluss auf ein anderes Unternehmen ausüben können, gilt jedes von ihnen als herrschendes.

(3) Steht einer Person oder Personenvereinigung, die nicht Unternehmen ist, die Mehrheitsbeteiligung an einem Unternehmen zu, gilt sie als Unternehmen.

Die Entscheidung braucht nicht begründet zu werden, soweit das Revisionsgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 547.

35
Die aufschiebende Bedingung führt auch nicht zu einer unzulässigen Abspaltung der urheberpersönlichkeitsrechtlichen Befugnisse der Urheber von den der GEMA anvertrauten Verwertungsrechten. Die sich aus dem umfassenden Urheberrecht ergebenden persönlichkeitsrechtlichen und vermögensrechtlichen Befugnisse müssen nicht in einer Hand liegen. Der Urheber kann einem anderen ein ausschließliches Nutzungsrecht an seinem Werk einräumen, ohne ihm zugleich die Befugnis zur Geltendmachung urheberpersönlichkeitsrechtlicher Ansprüche zu erteilen (vgl. BGH GRUR 1999, 230, 231 - Treppenhausgestaltung , m.w.N.). Es ist rechtlich auch nicht zu beanstanden, wenn die Berechtigten der GEMA, die nach § 11 Abs. 1 UrhWG einem Abschlusszwang unterliegt, Nutzungsrechte, deren Ausübung das Urheberpersönlichkeitsrecht in besonderer Weise berühren kann, nur unter einer Bedingung zur Wahrnehmung einräumen , die ihnen die Zustimmung vorbehält (vgl. zum nach § 1 lit. i Abs. 1 des Berechtigungsvertrages nur unter einer auflösenden Bedingung eingeräumten Filmherstellungsrecht Staudt in Kreile/Becker/Riesenhuber, Recht und Praxis der GEMA, 2. Aufl., Kap. 10 Rdn. 259).

Zur Berichterstattung über Tagesereignisse durch Funk oder durch ähnliche technische Mittel, in Zeitungen, Zeitschriften und in anderen Druckschriften oder sonstigen Datenträgern, die im Wesentlichen Tagesinteressen Rechnung tragen, sowie im Film, ist die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe von Werken, die im Verlauf dieser Ereignisse wahrnehmbar werden, in einem durch den Zweck gebotenen Umfang zulässig.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 285/99 Verkündet am:
11. Juli 2002
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Zeitungsbericht als Tagesereignis
Wird die Auseinandersetzung prominenter Eheleute von einem der beiden Beteiligten
durch die Erhebung von Anschuldigungen (hier: Vorwurf einer bekannten
Fernsehmoderatorin, ihr Ehemann habe sie geschlagen) in die Presse getragen,
so kann darin ein Tagesereignis i.S. von § 50 UrhG liegen. Gegenstand der Privilegierung
des § 50 UrhG kann in einem solchen Fall auch ein als Beleg für den erhobenen
Vorwurf veröffentlichtes Lichtbild sein.
BGH, Urt. v. 11. Juli 2002 – I ZR 285/99 – Kammergericht
LG Berlin
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. Juli 2002 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann und die
Richter Prof. Starck, Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant und Dr. Büscher

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Kammergerichts vom 17. August 1999 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien streiten über die Wiedergabe eines Pressefotos aus der „Bild“Zeitung in der Zeitschrift „Focus“.
Der Kläger ist Verleger der Tageszeitung „Bild“. In deren Ausgabe vom 9. November 1996 erschien auf der Titelseite und in Fortsetzung auf Seite 6 ein Artikel über einen Besuch der „Bild“-Redaktion bei der damaligen Ehefrau von Dieter Bohlen, Verona Feldbusch, die zu jenem Zeitpunkt Patientin in einer Hamburger Klinik war. Der Artikel enthielt ein in wörtlicher Rede wiedergegebenes Interview mit Frau Feldbusch, die den Vorwurf erhob, ihr Mann habe sie geschlagen und ihr damit Gesichtsverletzungen zugefügt. Neben der Schlagzeile „Bohlens Frau – So hat er mich zugerichtet“ war ein Farbfoto des Gesichts von Frau Feldbusch wiedergegeben, das sie mit einem blauen Auge, Pflaster und Verband zeigte. Der Artikel wurde wie folgt eingeleitet: „Ich habe mir sehr lange überlegt, ob ich dieses Foto machen soll. Aber ich finde, jeder soll sehen: Kein Mann darf einer Frau so etwas antun. Kein Mann darf seine Frau schlagen.“
Der Beklagte veröffentlichte in der von ihm verlegten wöchentlich erscheinenden Zeitschrift „Focus“ in der Ausgabe vom 18. November 1996 unter der Überschrift „In die Hose gerutscht, sie küßten und sie schlugen sich: Im Ehedrama Bohlen gegen Feldbusch hat der letzte Akt begonnen“ einen Artikel über die Auseinandersetzung der damaligen Eheleute Bohlen und Feldbusch. In dem Artikel wurde berichtet, daß Frau Feldbusch auf der Titelseite der „Bild“-Zeitung mit einem geschwollenen Auge abgebildet sei und sie dort klage: „So hat er mich zugerichtet“. Zur Illustration war oberhalb dieses „Focus“-Artikels ein aus der Titelseite der „Bild“-Zeitung herausgerissener Teil in verkleinerter Form wiedergegeben. In diesem Auszug waren neben dem Zeitungstitel „Bild München“ die Schlagzeile
„Bohlens Frau – So hat er mich zugerichtet“ und das oben beschriebene Pressefoto zu erkennen. In einer Fußzeile wurde erläutert: „Böser Vorwurf in ‚Bild’: Verona Feldbusch beschuldigt Bohlen“. Nachstehend ist der obere Teil des „Focus“Artikels in schwarzweiß wiedergegeben:

Als Inhaber des vom Lichtbildner ihm allein eingeräumten Nutzungsrechts hat der Kläger die nicht genehmigte Wiedergabe des Pressefotos beanstandet
und den Beklagten auf Unterlassung und Schadensersatz in Höhe von 2.733,85 DM zuzüglich Zinsen in Anspruch genommen.
Das Landgericht hat den Beklagten zur Unterlassung und zur Zahlung von 2.500 DM zuzüglich Zinsen verurteilt. Den weitergehenden Zahlungsantrag hat das Landgericht abgewiesen. Auf die Berufung des Beklagten hat das Kammergericht das Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen (KG AfP 2000, 282).
Hiergegen richtet sich die (zugelassene) Revision des Klägers, mit der er seine Klageanträge weiterverfolgt. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat eine Urheberrechtsverletzung nach §§ 97, 72, 16, 17 UrhG verneint und zur Begründung ausgeführt:
Die Veröffentlichung des Lichtbildes sei nach § 50 UrhG zulässig gewesen. Der „Focus“ trage als Wochenzeitschrift im wesentlichen den Tagesinteressen Rechnung. In dem Artikel sei auch über ein Tagesereignis berichtet worden, nämlich über das Beziehungsdrama der damaligen Eheleute Bohlen und Feldbusch sowie darüber, daß Frau Feldbusch auf der Titelseite der „Bild“-Zeitung mit blauem Auge zu sehen gewesen sei und von ihrem Krankenbett aus darüber geklagt habe, wie sie von ihrem Mann zugerichtet worden sei. Der Vorfall habe erst einige Tage zurückgelegen, sei somit noch aktuell und aufgrund der Medienpräsenz der Eheleute Bohlen und Feldbusch von allgemeinem Publikumsinteresse gewesen. Das Lichtbild sei dabei nicht allein Gegenstand des Tagesereignisses gewesen.
Vielmehr sei im „Focus“ darüber berichtet worden, was im einzelnen in der „Bild“Zeitung zu sehen und zu lesen gewesen sei. Im Verlaufe der Vorgänge, über die berichtet worden sei, sei die fragliche Fotografie, wie es § 50 UrhG voraussetze, tatsächlich wahrnehmbar geworden.
Die Wiedergabe des Ausrisses sei auch in einem durch den Zweck gebotenen Umfang erfolgt. Im Vordergrund habe die Berichterstattung über den von Frau Feldbusch erhobenen Vorwurf gestanden. Der Beklagte habe hierzu das Interview in der „Bild“-Zeitung seinem wesentlichen Inhalt nach wiedergegeben und den Artikel in „Bild“ auszugsweise abgebildet. Dabei sei es nicht in Betracht gekommen, die Fotografie wegzulassen; denn die Schlagzeile „So hat er mich zugerichtet“ sei ohne das Lichtbild nicht verständlich gewesen. Das Interesse an einer anschaulichen und informativen Berichterstattung rechtfertige den Abdruck des Lichtbildes, das den Bericht über die Auseinandersetzung der Eheleute Bohlen und Feldbusch begleite und veranschauliche.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat die auf §§ 97, 72, 16, 17 UrhG gestützten Ansprüche auf Unterlassung und Schadensersatz zu Recht mit der Begründung verneint, die beanstandete Vervielfältigung und Verbreitung der fraglichen Fotografie sei durch die Schrankenbestimmung des § 50 UrhG gerechtfertigt gewesen.
1. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß dem Lichtbildner nach §§ 72, 15 Abs. 1 i.V. mit § 16 Abs. 1, § 17 Abs. 1 UrhG hinsichtlich seiner Lichtbilder das ausschließliche Vervielfältigungs- und Verbreitungsrecht zusteht. Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts stammt die in Rede stehende Fotografie von dem Mitarbeiter B. des Klägers, der dem Kläger im Rahmen des bestehenden Arbeitsverhältnisses ausschließliche Nutzungsrechte an den in Erfüllung seiner vertraglichen Pflichten aus dem Ar-
beitsverhältnis erworbenen Urheberrechten und verwandten Schutzrechten eingeräumt hat. Als dem ausschließlich Nutzungsberechtigten steht dem Kläger ein eigener Unterlassungs- und Schadensersatzanspruch zur Seite.
2. Ohne Rechtsverstoß hat das Berufungsgericht angenommen, daß im vorliegenden Fall der Abdruck des Lichtbildes nach §§ 72, 50 UrhG gestattet war. Nach § 50 UrhG dürfen Werke, die im Verlauf von Vorgängen, über die berichtet wird, wahrnehmbar werden, in einem durch den Zweck gebotenen Umfang u.a. zur Bildberichterstattung über Tagesereignisse in – im wesentlichen Tagesinteressen Rechnung tragenden – Zeitschriften vervielfältigt und verbreitet werden. Für die nach § 72 UrhG geschützten Lichtbilder ist diese Schrankenbestimmung entsprechend anwendbar.

a) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß § 50 UrhG wie alle auf der Sozialbindung des geistigen Eigentums beruhenden Schrankenbestimmungen der §§ 45 ff. UrhG grundsätzlich eng auszulegen ist (st. Rspr.; BGHZ 85, 1, 4 f. – Presseberichterstattung und Kunstwerkwiedergabe I; 144, 232, 235 f. – Parfumflakon; BGH, Urt. v. 24.1.2002 – I ZR 102/99, GRUR 2002, 605 f. = WRP 2002, 712 – Verhüllter Reichstag, zum Abdruck in BGHZ bestimmt). Dies beruht vor allem darauf, daß der Urheber an der wirtschaftlichen Nutzung seiner Werke tunlichst angemessen zu beteiligen ist und daher die ihm hinsichtlich der Werkverwertung zustehenden Ausschließlichkeitsrechte nicht übermäßig beschränkt werden dürfen. Die Schranke des § 50 UrhG trägt der Meinungs- und Pressefreiheit sowie dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit Rechnung und stellt das Ergebnis einer vom Gesetzgeber vorgenommenen, grundsätzlich abschließenden Abwägung zweier verfassungsrechtlich geschützter Positionen dar (vgl. zu den Schrankenregelungen im allgemeinen BGH GRUR 2002, 605, 606 – Verhüllter Reichstag, m.w.N.).

b) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts handelt es sich bei der vom Beklagten verlegten Zeitschrift „Focus“ um eine Wochenzeitschrift, die „im wesentlichen Tagesinteressen Rechnung trägt“. Diese tatrichterliche Annahme wird von der Revision nicht angegriffen.

c) Mit Recht hat das Berufungsgericht angenommen, daß in dem fraglichen „Focus“-Artikel, in dem das Lichtbild wiedergegeben ist, über ein Tagesereignis berichtet worden ist. Dieses Tagesereignis ist – wie auch die Revision nicht verkennt – weder der Streit der (damaligen) Eheleute Bohlen und Feldbusch im allgemeinen noch die behauptete tätliche Auseinandersetzung im besonderen, sondern der Umstand, daß sich Frau Feldbusch mit ihren Vorwürfen anschuldigend in einer bestimmten Art und Weise an die „Bild“-Zeitung gewandt hat. Denn nur dieser Vorfall kommt als ein aktuelles Ereignis in Betracht, in dessen Verlauf die abgedruckte Fotografie wahrnehmbar geworden ist.
aa) Ein Tagesereignis ist jedes aktuelle Geschehen, das für die Öffentlichkeit von allgemeinem Interesse ist (vgl. v. Gamm, UrhG, § 50 Rdn. 3; Schricker/Vogel, Urheberrecht, 2. Aufl., § 50 UrhG Rdn. 6 f.; Engels in Möhring/Nicolini, UrhG, 2. Aufl., § 50 Rdn. 5; ferner BGHZ 85, 1, 9 – Presseberichterstattung und Kunstwerkwiedergabe I; BGH, Urt. v. 1.7.1982 – I ZR 119/80, GRUR 1983, 28, 29 – Presseberichterstattung und Kunstwerkwiedergabe II). Dies gilt unabhängig vom Gegenstand; es muß sich nicht um eine Begebenheit aus Politik, Kultur, Sport oder Wirtschaft handeln. Auch andere Ereignisse, an denen ein Interesse der Allgemeinheit besteht, kommen als Tagesereignisse im Sinne von § 50 UrhG in Betracht. Das Gesetz, das dem verfassungsrechtlich geschützten Informationsinteresse in engen Grenzen den Vorrang vor dem Ausschließlichkeitsrecht des Urhebers einräumt, bewertet dieses Interesse der Öffentlichkeit an aktueller Information nicht. Es läßt insbesondere keinen Raum für eine Unterscheidung danach, ob sich das Interesse auf ein politisch oder kulturell bedeutendes Ereignis oder einen eher
banalen Vorgang richtet. Daher privilegiert § 50 UrhG auch eine Berichterstattung, die – wie im Streitfall – eher eine Neugier am Schicksal bekannter Persönlichkeiten und ein gewisses Klatschbedürfnis befriedigt. Ausreichend ist daher der Hinweis des Berufungsgerichts darauf, daß die Auseinandersetzungen der Eheleute Bohlen und Feldbusch und damit auch die Anschuldigung in der „Bild“-Zeitung aufgrund der Medienpräsenz der Eheleute von allgemeinem Publikumsinteresse war.
bb) Der in der „Bild“-Zeitung erhobene Vorwurf war zum Zeitpunkt des Erscheinens des „Focus“-Artikels noch aktuell. Aktuell ist ein Ereignis, solange ein Bericht darüber von der Öffentlichkeit noch als Gegenwartsberichterstattung empfunden wird (vgl. OLG Hamburg AfP 1983, 405, 407; OLG Stuttgart NJW-RR 1986, 220, 221; Engels in Möhring/Nicolini aaO § 50 Rdn. 5). Diese Voraussetzung ist nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts im Streitfall gegeben.
cc) Ohne Erfolg wendet die Revision ein, der „Focus“-Artikel stelle keinen Bericht über ein Tagesereignis, sondern eine umfangreiche Hintergrundreportage mit deutlich ironischen Zügen dar. Entscheidend ist, daß in dem beanstandeten Artikel im „Focus“ der Bericht über das aktuelle Tagesereignis eindeutig im Mittelpunkt steht und nicht lediglich als Aufhänger für eine durch das aktuelle Geschehen nicht veranlaßte weiterreichende Darstellung dient (vgl. OLG Hamburg AfP 1983, 405, 408). Bezieht ein Bericht jedoch die Hintergründe des aktuellen Geschehens ein, verläßt er damit noch nicht den Bereich der durch § 50 UrhG privilegierten Berichterstattung. Nicht allein die nüchterne Agenturnotiz, sondern auch die Reportage, in der das aktuelle Ereignis durch Mitteilung der Vorgeschichte und durch Stellungnahmen Dritter beleuchtet und – wie die Revision für den Streitfall hervorhebt – ironisiert wird, kann eine Berichterstattung über Tagesereignisse im Sinne von § 50 UrhG darstellen. Nach § 50 UrhG privilegiert ist nicht nur der
nackte Tatsachenbericht, sondern auch die den Hintergrund einbeziehende, wer- tende und kommentierende Reportage, solange die Information über die tatsächlichen Vorgänge noch im Vordergrund steht (vgl. Engels in Möhring/Nicolini aaO § 50 Rdn. 6; Schricker/Vogel aaO § 50 UrhG Rdn. 10).

d) Gegenstand des beanstandeten Artikels im „Focus“ war nicht das Bild der verletzten Frau Feldbusch als solches, sondern die von ihr in die Boulevardpresse getragene Anschuldigung. Dem hält die Revision entgegen, es könne nicht zwischen der Fotografie und dem schriftlichen Artikel unterschieden werden; Anschuldigung und Lichtbild seien daher als eine Einheit zu betrachten. Dem kann nicht beigetreten werden.
Zutreffend ist allerdings, daß § 50 UrhG die Wiedergabe eines geschützten Werkes nur dann gestattet, wenn es im Verlauf der Vorgänge, über die berichtet wird, wahrnehmbar geworden ist. Nicht privilegiert ist dagegen eine Berichterstattung , die das Werk selbst zum Gegenstand hat (vgl. BGHZ 85, 1, 6 – Presseberichterstattung und Kunstwerkwiedergabe I; BGH GRUR 1983, 28, 30 – Presseberichterstattung und Kunstwerkwiedergabe II; OLG Frankfurt a.M. GRUR 1985, 380, 382; Schricker/Vogel aaO § 50 UrhG Rdn. 15; Engels in Möhring/Nicolini aaO § 50 Rdn. 12). Um eine solche Berichterstattung über das Werk als solches geht es aber im Streitfall nicht. Die Fotografie mag zu dem in Rede stehenden Tagesereignis – der Anschuldigung in der „Bild“-Zeitung – gehören, weil schon die Schlagzeile „So hat er mich zugerichtet“ auf die Fotografie Bezug nimmt und ohne sie nur schwer verständlich wäre. Dies ändert jedoch nichts daran, daß zwischen der Fotografie und der in der „Bild“-Zeitung erhobenen Anschuldigung, für die die Fotografie als Beleg dienen soll, unterschieden werden kann und unterschieden werden muß. Mit Recht hat das Berufungsgericht darauf hingewiesen, daß sich der Artikel im „Focus“ gerade auf die Anschuldigung bezieht, indem auch Gegen-
stimmen aus dem Bekanntenkreis des angeschuldigten Ehemanns zu Wort kommen.

e) Ohne Erfolg wendet sich die Revision schließlich gegen die Annahme des Berufungsgerichts, der auszugsweise Abdruck des Artikels in der „Bild“-Zeitung sei durch den Berichterstattungszweck gedeckt. Zutreffend hat das Berufungsgericht darauf hingewiesen, daß der Inhalt des schriftlichen Artikels, über den im „Focus“ berichtet worden ist, auf die Fotografie verweist. Dies gilt insbesondere für die Schlagzeile („So hat er mich zugerichtet“), die ohne das Lichtbild kaum verständlich ist. Auch der Umstand, daß die Fotografie vollständig und in Farbe wiedergegeben wurde, steht der Anwendbarkeit des § 50 UrhG nicht entgegen. § 50 UrhG enthält keine Einschränkung dahin, daß Werke nur bruchstückhaft oder nur im Zusammenhang mit einem anderen das Tagesereignis darstellenden Vorgang wahrnehmbar gemacht werden dürfen (BGHZ 85, 1, 4 f. – Presseberichterstattung und Kunstwerkwiedergabe I). Maßgeblich ist allein, ob sich die Wiedergabe im Rahmen des privilegierten Zwecks hält. Im Streitfall ist diese Voraussetzung erfüllt. Es bestehen daher keine Bedenken, daß das fragliche Lichtbild in der dem Beklagten vorliegenden Form veröffentlicht worden ist.
III. Die Revision des Klägers ist danach mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Erdmann Starck Bornkamm
Pokrant Büscher

Zur Berichterstattung über Tagesereignisse durch Funk oder durch ähnliche technische Mittel, in Zeitungen, Zeitschriften und in anderen Druckschriften oder sonstigen Datenträgern, die im Wesentlichen Tagesinteressen Rechnung tragen, sowie im Film, ist die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe von Werken, die im Verlauf dieser Ereignisse wahrnehmbar werden, in einem durch den Zweck gebotenen Umfang zulässig.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

(1) § 19 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 gilt auch für Unternehmen und Vereinigungen von Unternehmen, soweit von ihnen andere Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen in der Weise abhängig sind, dass ausreichende und zumutbare Möglichkeiten, auf dritte Unternehmen auszuweichen, nicht bestehen und ein deutliches Ungleichgewicht zur Gegenmacht der anderen Unternehmen besteht (relative Marktmacht). § 19 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 gilt ferner auch für Unternehmen, die als Vermittler auf mehrseitigen Märkten tätig sind, soweit andere Unternehmen mit Blick auf den Zugang zu Beschaffungs- und Absatzmärkten von ihrer Vermittlungsleistung in der Weise abhängig sind, dass ausreichende und zumutbare Ausweichmöglichkeiten nicht bestehen. Es wird vermutet, dass ein Anbieter einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen von einem Nachfrager abhängig im Sinne des Satzes 1 ist, wenn dieser Nachfrager bei ihm zusätzlich zu den verkehrsüblichen Preisnachlässen oder sonstigen Leistungsentgelten regelmäßig besondere Vergünstigungen erlangt, die gleichartigen Nachfragern nicht gewährt werden.

(1a) Eine Abhängigkeit nach Absatz 1 kann sich auch daraus ergeben, dass ein Unternehmen für die eigene Tätigkeit auf den Zugang zu Daten angewiesen ist, die von einem anderen Unternehmen kontrolliert werden. Die Verweigerung des Zugangs zu solchen Daten gegen angemessenes Entgelt kann eine unbillige Behinderung nach Absatz 1 in Verbindung mit § 19 Absatz 1, Absatz 2 Nummer 1 darstellen. Dies gilt auch dann, wenn ein Geschäftsverkehr für diese Daten bislang nicht eröffnet ist.

(2) § 19 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 5 gilt auch für Unternehmen und Vereinigungen von Unternehmen im Verhältnis zu den von ihnen abhängigen Unternehmen.

(3) Unternehmen mit gegenüber kleinen und mittleren Wettbewerbern überlegener Marktmacht dürfen ihre Marktmacht nicht dazu ausnutzen, solche Wettbewerber unmittelbar oder mittelbar unbillig zu behindern. Eine unbillige Behinderung im Sinne des Satzes 1 liegt insbesondere vor, wenn ein Unternehmen

1.
Lebensmittel im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1381 (ABl. L 231 vom 6.9.2019, S. 1) geändert worden ist, unter Einstandspreis oder
2.
andere Waren oder gewerbliche Leistungen nicht nur gelegentlich unter Einstandspreis oder
3.
von kleinen oder mittleren Unternehmen, mit denen es auf dem nachgelagerten Markt beim Vertrieb von Waren oder gewerblichen Leistungen im Wettbewerb steht, für deren Lieferung einen höheren Preis fordert, als es selbst auf diesem Markt
anbietet, es sei denn, dies ist jeweils sachlich gerechtfertigt. Einstandspreis im Sinne des Satzes 2 ist der zwischen dem Unternehmen mit überlegener Marktmacht und seinem Lieferanten vereinbarte Preis für die Beschaffung der Ware oder Leistung, auf den allgemein gewährte und im Zeitpunkt des Angebots bereits mit hinreichender Sicherheit feststehende Bezugsvergünstigungen anteilig angerechnet werden, soweit nicht für bestimmte Waren oder Leistungen ausdrücklich etwas anderes vereinbart ist. Das Anbieten von Lebensmitteln unter Einstandspreis ist sachlich gerechtfertigt, wenn es geeignet ist, den Verderb oder die drohende Unverkäuflichkeit der Waren beim Händler durch rechtzeitigen Verkauf zu verhindern sowie in vergleichbar schwerwiegenden Fällen. Werden Lebensmittel an gemeinnützige Einrichtungen zur Verwendung im Rahmen ihrer Aufgaben abgegeben, liegt keine unbillige Behinderung vor.

(3a) Eine unbillige Behinderung im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 liegt auch vor, wenn ein Unternehmen mit überlegener Marktmacht auf einem Markt im Sinne des § 18 Absatz 3a die eigenständige Erzielung von Netzwerkeffekten durch Wettbewerber behindert und hierdurch die ernstliche Gefahr begründet, dass der Leistungswettbewerb in nicht unerheblichem Maße eingeschränkt wird.

(4) Ergibt sich auf Grund bestimmter Tatsachen nach allgemeiner Erfahrung der Anschein, dass ein Unternehmen seine Marktmacht im Sinne des Absatzes 3 ausgenutzt hat, so obliegt es diesem Unternehmen, den Anschein zu widerlegen und solche anspruchsbegründenden Umstände aus seinem Geschäftsbereich aufzuklären, deren Aufklärung dem betroffenen Wettbewerber oder einem Verband nach § 33 Absatz 4 nicht möglich, dem in Anspruch genommenen Unternehmen aber leicht möglich und zumutbar ist.

(5) Wirtschafts- und Berufsvereinigungen sowie Gütezeichengemeinschaften dürfen die Aufnahme eines Unternehmens nicht ablehnen, wenn die Ablehnung eine sachlich nicht gerechtfertigte ungleiche Behandlung darstellen und zu einer unbilligen Benachteiligung des Unternehmens im Wettbewerb führen würde.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 50/01 Verkündet am:
11. Dezember 2003
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Dauertiefpreise

a) Werden in einem Lebensmittelmarkt lagerfähige Produkte mit dem Begriff
„Dauertiefpreise“ beworben, rechnet der Verkehr nicht nur damit, daß die Preise
unter den sonst üblichen Marktpreisen liegen; er erwartet auch, daß die entsprechenden
Waren für eine gewisse Zeitspanne – angemessen erscheint ein
Monat – zu diesem Preis angeboten werden.

b) Einem Handelsunternehmen, das mit seinen Preisen unter dem Niveau der
Marktpreise liegt und diese Preise durchweg unter Verzicht auf Sonderangebote
mit einer geringen Spanne kalkuliert, kann die Verwendung des Begriffs
„Dauertiefpreise“ in der Werbung nicht verwehrt werden, wenn gleichzeitig deutlich
gemacht wird, daß Preisänderungen insbesondere für den Fall der Änderung
der Einkaufskonditionen vorbehalten bleiben.
BGH, Urt. v. 11. Dezember 2003 – I ZR 50/01 – OLG Koblenz
LG Mainz
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. Dezember 2003 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und
die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 8. Februar 2001 unter Zurückweisung der weitergehenden Revision im Kostenpunkt und im Umfang der nachfolgenden Abänderung aufgehoben. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 10. Zivilkammer – 3. Kammer für Handelssachen – des Landgerichts Mainz vom 14. Juli 1998 unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefaßt: Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs die Preise für tiefgefrorene Fischstäbchen oder Haushaltsreiniger als Dauertiefpreise zu bezeichnen, - wenn dies geschieht wie in den (nachstehend in Kopie angefügten) Zeitungsanzeigen (Anlage Ag 10 und Ag 11 der Akten des Verfügungsverfahrens LG Mainz, Aktenzeichen 10 HO 86/96) und - wenn die so beworbenen Waren bereits vor Ablauf eines Monats nach dem Erscheinungsdatum der Werbung zu den angekündigten Dauertiefpreisen nicht mehr abgegeben werden, sondern schon innerhalb dieses Zeitraums für diese Waren ein höherer Preis verlangt wird. Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 € – für den Fall, daß dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu sechs Monaten – oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angedroht; die Ordnungshaft ist jeweils an ihren Geschäftsführern zu vollziehen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des ersten Rechtszugs werden gegeneinander aufgehoben. Von den Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin 5/8 und die Beklagte 3/8, von den Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin 1/4 und die Beklagte 3/4 zu tragen. Anzeige vom 9.4.1996 Von Rechts wegen - 3 - - 3 -

Tatbestand:


Die Beklagte betreibt sogenannte Discount-Märkte. Sie stellt in ihrer Werbung ihre sogenannten „Dauertiefpreise“ heraus, die nicht nur für einige Sonderangebote , sondern für das gesamte Sortiment Geltung hätten („45.000 Dauertiefpreise“ ). Bei ihr – so ihre Werbung – müsse der Kunde „nicht irgendwelchen Sonderangeboten hinterherrennen“, er finde vielmehr „alle Artikel immer günstig“. Außerdem gibt es in Zeitungsanzeigen der Beklagten eine Rubrik „Ehrlich gesagt“, in der sie auf Preissenkungen („weil wir noch günstiger einkaufen konnten“) und Preiserhöhungen („weil die Lieferpreise gestiegen sind“) hinweist.
Die Klägerin ist die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs. Sie wendet sich dagegen, daß die Beklagte Waren, für die sie in der beschriebenen Weise mit „Dauertiefpreisen“ geworben hat, nach einer gewissen Zeit zu einem höheren Preis anbietet. Anlaß für die Beanstandung waren zwei Fälle, in denen die Beklagte einen bestimmten Artikel nach einiger Zeit zu einem höheren Preis verkauft hatte: Am 9. April 1996 hatte die Beklagte in einer Zeitungsanzeige für eine Packung tiefgefrorener Fischstäbchen zum Preis von 3,69 DM geworben; am 25. April 1996 bot sie diese Ware für 3,79 DM an. Am 15. April 1996 hatte die Beklagte das Reinigungsmittel „Meister Proper Ultra“ in einer Anzeige zum Preis von 2,98 DM angeboten; am 13. Mai 1996 verkaufte sie dieses Produkt zum Preis von 3,49 DM. Nachstehend sind Ausschnitte aus den beiden beanstandeten Anzeigen verkleinert wiedergegeben:
Anzeige vom 9.4.1996
Anzeige vom 15.4.1996

Anzeige vom 9.4.1996

Die Klägerin hat – soweit im Revisionsverfahren noch von Bedeutung – zuletzt beantragt, die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen,
im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Waren mit Preisen zu bewerben, die als Dauertiefpreise bezeichnet sind, wenn die so beworbenen Waren bereits zwei Monate nach dem Erscheinungsdatum der Werbung zu den angekündigten Dauertiefpreisen nicht mehr abgegeben werden, sondern schon innerhalb dieses Zeitraums für diese Waren ein höherer Preis verlangt wird.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat die Ansicht vertreten, es müsse ihr gestattet sein, in ihrer Werbung auf ihre Preispolitik hinzuweisen, die sich von der ihrer in erster Linie mit Sonderangeboten arbeitenden Wettbewerber unterscheide. In der Rubrik „Ehrlich gesagt“ mache sie im übrigen deutlich, daß sich die Preise einzelner Waren von Zeit zu Zeit änderten.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Beklagte mit der Maßgabe verurteilt, daß die auf die beanstandete Weise bewor-
benen Waren für die Dauer eines Monats zu dem angegebenen Preis angeboten werden müssen. Im übrigen hat es die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
Mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat die Verwendung der Bezeichnung „Dauertiefpreise“ als irreführend i.S. des § 3 UWG angesehen, wenn die so beworbenen Waren bereits einen Monat nach dem Erscheinungsdatum der Werbung nicht mehr zu dem beworbenen, sondern nur noch zu einem höheren Preis abgegeben werden. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Die angegriffene Werbung sei irreführend, da die Beklagte die Fischstäbchen aus der Anzeige vom 9. April 1996 nach 16 Tagen und das Reinigungsmittel „Meister Proper“ aus der Anzeige vom 15. April 1996 nach 28 Tagen nicht mehr zu dem in der Anzeige angegebenen, sondern nur zu einem höheren Preis verkauft habe, obwohl in beiden Anzeigen sämtliche Preise als „Dauertiefpreise“ angepriesen worden seien. Ein nicht unerheblicher Teil der Verkehrskreise verknüpfe den in der Werbung aufgeführten Preis der jeweiligen Ware mit dem Begriff „Dauertiefpreis“ und erwarte daher, daß diese Preise für eine gewisse Dauer nicht erhöht würden. Dabei bemesse sich der Zeitraum, in der der Verkehr erwarte, daß der Preis nicht erhöht werde, unabhängig von der Art der Waren auf einen Monat seit Erscheinen der Werbung. Dieser Beurteilung des Verkehrsverständnisses stehe auch die konkrete Ausgestaltung der beanstandeten Anzeigen vom 9. und 15. April 1996 nicht entgegen.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben teilweise Erfolg. Zwar ist die beanstandete Werbung irreführend nach § 3 UWG. Das vom Berufungsgericht ausgesprochene Verbot orientiert sich jedoch nicht hinreichend an der konkreten Verletzungshandlung und umfaßt daher auch Verhaltensweisen , die nicht als irreführend untersagt werden können. Das Verbot ist daher auf die konkrete Verletzungsform zu beschränken.
1. Ohne Erfolg wendet sich die Revision dagegen, daß das Berufungsgericht die konkret beanstandeten Werbeanzeigen vom 9. und 15. April 1996 als irreführend angesehen hat. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Verkehr werde den Begriff der Dauertiefpreise in den beiden Werbebeilagen nicht nur als einen allgemeinen Hinweis auf „dauernd günstige Preise“, sondern auch in der Weise verstehen, daß jedenfalls die einzelnen in der Werbung herausgestellten Artikel für längere Zeit zu den beworbenen Dauertiefpreisen zu haben seien. Diese tatrichterliche Würdigung kann das Revisionsgericht nur darauf überprüfen, ob das Berufungsgericht den Tatsachenstoff verfahrensfehlerfrei ausgeschöpft hat und die Beurteilung mit den Denkgesetzen und den allgemeinen Erfahrungssätzen in Einklang steht. Einen solchen Rechtsfehler hat die Revision nicht dargetan.

a) Zu Unrecht meint die Revision, das Berufungsgericht habe seiner Beurteilung rechtsfehlerhaft nicht das Bild eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers zugrunde gelegt. Zwar hat das Berufungsgericht keine Ausführungen dazu gemacht, von welchem Verbraucherbild es ausgeht. Seine Erwägungen lassen aber insoweit kein fehlerhaftes Verständnis erkennen. Auch soweit das Berufungsgericht auf dem Standpunkt steht, nicht alle Leser beachteten die Rubrik „Ehrlich gesagt“, in der auf Preissenkungen und Preiserhöhungen hingewiesen wird, weicht es nicht von dem maßgeblichen Verbraucherbild ab. Denn auch der durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher wendet seine Aufmerksamkeit nicht allen Einzelheiten der
Werbung zu. Auszugehen ist vielmehr von einem Verbraucher, der die Werbung in situationsadäquater Weise zur Kenntnis nimmt. Dies bedeutet, daß der Grad seiner Aufmerksamkeit je nach dem Gegenstand der Werbung verschieden sein kann (BGH, Urt. v. 24.10.2002 – I ZR 100/00, GRUR 2003, 361, 362 = WRP 2003, 1224 – Sparvorwahl; Urt. v. 18.10.2001 – I ZR 193/99, GRUR 2002, 550, 552 = WRP 2002, 527 – Elternbriefe; Urt. v. 20.12.2001 – I ZR 215/98, GRUR 2002, 715, 716 = WRP 2002, 977 – Scanner-Werbung). Bei einer Zeitungsanzeige, die die Leser im allgemeinen eher beiläufig oder nur in sie interessierenden Teilen zur Kenntnis nehmen, kann daher eine Irreführung auch dann anzunehmen sein, wenn nach vollständiger Lektüre des gesamten Textes und nach einigem Nachdenken eine Fehlvorstellung hätte vermieden werden können (vgl. BGH GRUR 2002, 715, 716 – Scanner-Werbung).

b) Ohne Erfolg rügt die Revision, das Berufungsgericht habe die in den Werbeanzeigen enthaltenen Erläuterungen der Preispolitik und des Geschäftsprinzips nicht beachtet und sei deshalb zu einer fehlerhaften Beurteilung des Verkehrsverständnisses gelangt.
Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß für die Ermittlung des Verkehrsverständnisses auf den Gesamteindruck abzustellen ist, den die beanstandete Werbung bei den angesprochenen Verkehrskreisen hervorruft. Aufgrund dieses Gesamteindruckes ist es indessen auch im Hinblick auf die gegebenen Erläuterungen durchaus naheliegend und keinesfalls erfahrungswidrig, daß der Verkehr den Begriff der Dauertiefpreise nicht allein als eine Beschreibung der Kalkulationsgrundsätze der Beklagten versteht, sondern ihn auch auf die konkreten Preise für die beworbenen Waren bezieht und aufgrund dieser Werbeangabe darauf vertraut, daß ein ihn interessierendes Produkt zu dem angegebenen Preis auch noch nach einiger Zeit erworben werden kann (vgl. auch OLG Frankfurt GRUR 1991, 64 – dauernd billig; Großkomm.UWG/Lindacher, § 3 Rdn. 833).
Denn gerade dadurch sollen sich die Dauertiefpreise der Beklagten von den Sonderangeboten der Wettbewerber unterscheiden, daß man ihnen nicht „hinterherrennen muß“, sich vielmehr auf eine gewisse Beständigkeit der angegebenen Preise verlassen kann.
Die weiteren Angaben in den beiden beanstandeten Anzeigen machen ebenfalls nicht hinreichend deutlich, daß die geforderten Preise stets vom jeweiligen Wareneinkauf der Beklagten abhängig sind und sich daher – wenn ein bestimmter Posten nach kurzer Zeit neu geordert werden muß – verändern können. Eine solche Klarstellung erfolgt auch nicht durch die erwähnte Rubrik „Ehrlich gesagt“. Denn zum einen nimmt ein durchschnittlich – also situationsadäquat – aufmerksamer Verbraucher eine ganzseitige Anzeige, die eine Fülle einzelner Informationen enthält, meist nicht vollständig wahr. Zum anderen ist der fraglichen Rubrik nicht zu entnehmen, wie lange die Beklagte die alten niedrigen Preise für die dort aufgeführten Produkte verlangt hat. Sie klärt die Verbraucher daher nicht darüber auf, daß möglicherweise auch Preise, die sie gerade noch wenige Tage zuvor als „Dauertiefpreise“ beworben hat, nunmehr aufgrund gestiegener Einkaufspreise erhöht worden sind.

c) Die Art der beworbenen Produkte gibt den angesprochenen Verbrauchern keine Veranlassung, den durch die Anzeigen insgesamt vermittelten Eindruck einer besonderen Preisbeständigkeit in Zweifel zu ziehen. Bei den in Rede stehenden Waren – tiefgefrorene Fischstäbchen und Haushaltsreiniger – handelt es sich um lagerfähige Produkte, die nicht täglich frisch eingekauft werden müssen und deren Einkaufspreise keinen – etwa witterungsbedingten – Schwankungen unterworfen sind. Die Frage, was zu gelten hat, wenn für Waren geworben wird, die üblicherweise tagesfrisch eingekauft werden und deren Einkaufspreise sich von Tag zu Tag ändern können, stellt sich bei der Prüfung der konkret beanstandeten Anzeigen nicht (dazu sogleich unter II.2.a).

d) Schließlich ist es aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht eine Irreführung bejaht hat, nachdem die in Rede stehenden Waren bereits nach 16 bzw. 28 Tagen nicht mehr zu dem beworbenen Dauertiefpreis, sondern nur noch zu einem höheren Preis abgegeben wurden. Es begegnet auch keinen rechtlichen Bedenken, daß das Berufungsgericht die Zeitspanne, für die der Verkehr bei den in Rede stehenden Produkten mit gleichbleibenden Preisen rechnet, mit einem Monat seit Erscheinen der Werbung bemessen hat.
2. Gleichwohl kann das ausgesprochene, über die konkrete Verletzungsform hinausgehende Verbot keinen Bestand haben. Mit Recht rügt die Revision, daß der Beklagten mit dem Verbot auch Verhaltensweisen untersagt worden sind, die wettbewerbsrechtlich unbedenklich sind. Dies gilt in zweierlei Hinsicht:

a) Zum einen umfaßt das vom Berufungsgericht ausgesprochene Verbot auch die Werbung für frische Waren wie Obst und Gemüse, die die Beklagte täglich zu wechselnden Preisen einkaufen muß. Hinsichtlich solcher Waren erkennen die angesprochenen Verkehrskreise, daß sie nicht darauf vertrauen können, daß diese Preise über eine längere Zeit unverändert bleiben. Die Revision weist zutreffend darauf hin, daß die Verbraucher bei tagesfrischen Artikeln wie Spargel oder Erdbeeren vernünftigerweise nicht davon ausgehen werden, daß diese Waren noch einen Monat nach Erscheinen der Anzeige zu dem beworbenen Preis bei der Beklagten erhältlich sind. Vielmehr werden Preisangaben zu solchen Produkten im allgemeinen allein auf die jeweils vom Händler eingekaufte Menge bezogen. Der Verkehr erkennt daher, daß Preisangaben zu einer Ware, die innerhalb weniger Tage verdirbt, allenfalls für diese Zeitspanne gelten sollen (vgl. BGH, Urt. v. 4.6.1986 – I ZR 43/84, GRUR 1987, 52, 53 = WRP 1987, 101 – Tomatenmark).
Schon aus diesem Grund findet das vom Berufungsgericht ausgesprochene pauschale Verbot, Waren jeder Art mit Dauertiefpreisen zu bewerben, wenn die so
beworbenen Waren bereits vor Ablauf eines Monats seit dem Erscheinen der Anzeige nicht mehr zu den angekündigten Preisen abgegeben werden, in § 3 UWG keine ausreichende Grundlage.

b) Das umfassende Verbot der Verwendung des Begriffs „Dauertiefpreise“ in der Werbung der Beklagten kann aus einem weiteren Grund keinen Bestand haben: Der von der Beklagten verwendete Begriff „Dauertiefpreise“ ist zweideutig. Er kann zum einen in der Weise verstanden werden, daß sich die in der Anzeige den Produkten zugeordneten Preise auf absehbare Zeit nicht ändern werden. Mit dem Begriff des Dauertiefpreises läßt sich aber auch das von der Beklagten für sich in Anspruch genommene Geschäftsprinzip beschreiben, das darauf hinauslaufen soll, daß sie in ihren Discount-Märkten auf Sonderangebote vollständig verzichtet und statt dessen sämtliche angebotenen Artikel – bei Einhaltung eines unter den Marktpreisen liegenden Preisniveaus (vgl. BGH, Urt. v. 13.11.1970 – I ZR 49/69, GRUR 1971, 164, 166 – Discount-Geschäft) – mit einer verhältnismäßig geringen Spanne kalkuliert. Der Begriff des Dauertiefpreises soll danach nicht zum Ausdruck bringen, daß der konkret für eine Ware angegebene Discount-Preis über längere Zeit unverändert bleiben werde, sondern daß alle von ihr geführten Artikel gleichermaßen knapp kalkuliert seien. Muß sich die Beklagte mit einer bestimmten Ware zu höheren Einkaufspreisen eindecken als in der Vergangenheit, führt dies nach ihrer Darstellung zu einer Preiserhöhung. Sie nimmt aber für sich in Anspruch, daß sie auch Preiskonzessionen ihrer Lieferanten an die Verbraucher weitergibt, daß sie also im Falle von niedrigeren Einkaufskosten ihre Preise entsprechend senkt.
Legt die Beklagte diese Grundsätze in ihrer Werbung offen und macht sie deutlich, daß sie sich Preisänderungen – seien es Preiserhöhungen oder Preissenkungen – für bestimmte Fälle, insbesondere für den Fall, daß sich die Einkaufskonditionen ändern, vorbehält, kann ihr die Verwendung des Begriffs „Dauer-
tiefpreise“ in dem zuletzt beschriebenen Sinne nicht verwehrt werden. Bei der gebotenen Berücksichtigung ihres berechtigten Interesses, ihre Kunden auf die Vorteile ihres Angebots und ihrer Geschäftsidee hinzuweisen, muß es ihr unter diesen Bedingungen gestattet sein, auch mit dem plakativen Begriff der Dauertiefpreise zu werben.

c) Das umfassende Verbot kann schließlich auch nicht mit der Begründung aufrechterhalten werden, daß es nicht Sache des Klägers oder des Gerichts sei, dem Verletzer Wege aufzuzeigen, die aus dem Verbot herausführen. Dieser Grundsatz kann nur Geltung beanspruchen, wenn das Verbot die konkrete Verletzungsform beschreibt. Ist es – wie im Streitfall – abstrakt gefaßt, müssen derartige Einschränkungen in den Tenor aufgenommen werden; denn andernfalls würden – was sich stets verbietet – auch erlaubte Verhaltensweisen vom Verbot erfaßt werden (BGH, Urt. v. 11.4.2002 – I ZR 317/99, GRUR 2002, 706, 708 = WRP 2002, 691 – vossius.de).
3. Der Umstand, daß der mit der Klage geltend gemachte Unterlassungsantrag in dieser Form unbegründet ist, führt indessen nicht zur vollständigen Klageabweisung. Denn das Klagevorbringen kann in der Weise ausgelegt werden, daß die Klägerin zumindest die konkrete Verletzungshandlung unterbunden wissen möchte, die sie mit ihrer Klage beanstandet hat. Bei dem – zu weit gefaßten – Unterlassungsantrag handelt es sich um eine Verallgemeinerung, die die konkrete
Verletzungsform als ein Minus umfaßt. Dieser Antrag ist nur insoweit abzuweisen, als er über die konkrete Verletzungsform hinausreicht (vgl. BGHZ 126, 287, 296 – Rotes Kreuz; BGH, Urt. v. 3.12.1998 – I ZR 74/96, GRUR 1999, 760 f. = WRP 1999, 842 – Auslaufmodelle II, m.w.N.; ferner BGH, Urt. v. 16.3.2000 – I ZR 229/97, GRUR 2002, 187, 188 = WRP 2000, 1131 – Lieferstörung). Der Anspruch betrifft auch eine Handlung, die geeignet ist, den Wettbewerb auf dem Markt, auf dem die Beklagte tätig ist, wesentlich zu beeinflussen (§ 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG). Maßgeblich sind hierbei nicht die möglicherweise nur geringen Auswirkungen , die der konkrete Verstoß auf das Wettbewerbsgeschehen gehabt hat. Vielmehr sind auch gleichartige Verstöße zu berücksichtigen, die – wenn die vorliegende Klage vollständig abgewiesen würde – ebenfalls hingenommen werden müßten.
III. Danach ist das angefochtene Urteil unter Zurückweisung der weitergehenden Revision aufzuheben, soweit das ausgesprochene Verbot über die konkrete Verletzungshandlung hinausreicht. Im Umfang der Aufhebung ist die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Ullmann v. Ungern-Sternberg Bornkamm
Pokrant Bergmann
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(2) Dieser Grundsatz gilt allerdings nur dann, wenn der Klageantrag die konkrete Verletzungsform beschreibt. Ist der Antrag dagegen - wie im Streitfall der Klagehauptantrag - über die konkrete Verletzungsform hinaus verallgemeinert abstrakt gefasst, müssen entsprechende Einschränkungen in den Tenor aufgenommen werden; denn das Verbot erfasste andernfalls auch erlaubte Verhaltensweisen (vgl. BGH, Urt. v. 11.12.2003 - I ZR 50/01, GRUR 2004, 605, 607 = WRP 2004, 735 - Dauertiefpreise). Dementsprechend müssen, wenn der Klageantrag nicht auf die konkrete Verletzungsform beschränkt wird, die Umstände , die nach Auffassung des Klägers für die Erfüllung des Ausnahmetatbestandes sprechen, so genau umschrieben werden, dass im Vollstreckungsverfahren erkennbar ist, welche konkreten Handlungen von dem Verbot ausgenommen sind.

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

Das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung ist das Recht, das Werk drahtgebunden oder drahtlos der Öffentlichkeit in einer Weise zugänglich zu machen, dass es Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist.