Bundesgerichtshof Urteil, 01. Juni 2016 - IV ZR 80/15
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende Richterin Mayen, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, die Richter Dr. Karczewski, Lehmann und die Richterin Dr. Brockmöller auf die mündliche Verhandlung vom 1. Juni 2016
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der im Inland lebende Kläger begehrt die Rückabwicklung eines Lebensversicherungsvertrages nach Widerspruch gemäß § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F.
- 2
- Er schloss bei der Beklagten, einem Versicherer mit Sitz in L. , mit Versicherungsbeginn zum 1. April 2006 eine fondsgebundene Lebensversicherung ab. Hierzu reichte er über einen in Deutschland ansässigen Versicherungsmakler einen schriftlichen Formularantrag bei der Beklagten ein, die ihm hierauf ein als "Versicherungs-Police" bezeichnetes Schriftstück (im Folgenden: Police) übersandte.
- 3
- Der Versicherung lagen "Allgemeine Versicherungsbedingungen für fondsgebundene Kapitalisationsversicherungen" (im Folgenden: "AVB") der Beklagten zugrunde, welche auszugsweise wie folgt lauten: "14.1. Grundlagen des Versicherungsvertrags bilden Ihr Versicherungsantrag die vorliegenden Allgemeinen Versicherungsbedin- gungen. Im übrigen sind die materiellen Bestimmungen des l. Versicherungsvertragsgesetzes anwendbar, soweit nicht zwingendes Recht im Wohnsitzland des Versicherungsnehmers eine für ihn günstigere Lösung vorsieht. […] 14.4. […] Gerichtsstand ist V. L. ."
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- Sowohl die Police als auch die AVB enthielten Belehrungen über Rücktrittsrechte des Versicherungsnehmers.
- 5
- In der Folgezeit erbrachte der Kläger Beitragszahlungen in Höhe von 13.000 €. Mit Schreiben vom 21. April 2011 erklärte er "den Widerspruch nach § 5a VVG a.F. bzw. den Rücktritt nach § 8 VVG a.F., hilfsweise die Kündigung". Die Beklagte wies den Widerspruch zurück und zahlte den Rückkaufswert von 6.529,90 € aus.
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- Mit der Klage verlangt der Kläger Rückzahlung aller von ihm entrichteten Versicherungsbeiträge sowie die Herausgabe der von der Beklagten hieraus gezogenen Nutzungen abzüglich des bereits erstatteten Rückkaufswerts, insgesamt 10.473,31 €. Die Beklagte hat geltend gemacht , die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte sei nicht ge- geben. Des Weiteren sieht sie den Widerspruch des Klägers nach § 5a VVG a.F. u.a. deshalb als unwirksam an, weil die Parteien für den Versicherungsvertrag des Klägers verbindlich die Geltung l . Rechts vereinbart hätten.
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- Das Landgericht hat die Beklagte unter Abweisung der Klage im Übrigen zur Zahlung von 6.470,10 € verurteilt. Das Oberlandesgericht hat auf die Berufung der Beklagten das erstinstanzliche Urteil teilweise abgeändert und die Beklagte zur Zahlung von 6.080,10 € verurteilt. Mit der Revision erstrebt die Beklagte weiterhin die vollständige Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe:
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- Die zulässige Revision hat in der Sache keinen Erfolg.
- 9
- I. Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in VersR 2015, 1153 veröffentlicht ist, hat ausgeführt, dass sich die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte aus § 215 Abs. 1 VVG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 EGVVG ergebe. Die vorrangigen Regelungen der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 (EuGVVO 2001) oder des Luganer Übereinkommens vom 30. Oktober 2007 (LugÜ 2007) seien nicht einschlägig. Die Gerichtsstandsklausel in Ziff. 14.4. der AVB sei gemäß § 215 Abs. 3 VVG unbeachtlich und auch nicht nach Art. 23 EuGVVO2001 zulässig.
- 10
- Auf den Versicherungsvertrag des Klägers sei nach Art. 7 Abs. 2 Nr. 4, Art. 8 EGVVG in der bis zum 16. Dezember 2009 gültigen Fassung zwingend deutsches Sachrecht anzuwenden. Art. 9 Abs. 4 EGVVG eröff- ne die Möglichkeit zur Rechtswahl nur dann, wenn ein Versicherer im Inland überhaupt nicht in Erscheinung trete. Letzteres sei schon dann der Fall, wenn Maklern Vermittlungsprovisionen versprochen und die für die Vertragsanbahnung erforderlichen Unterlagen zur Verfügung gestellt werden. Die Beklagte habe dem eingeschalteten Makler zudem die Identitätsprüfung des Antragstellers übertragen und ihm eine eigene PartnerNummer zugewiesen. Dem im Inland angeworbenen Versicherungsnehmer solle der vom deutschen Versicherungsvertragsrecht gewährte Mindestschutz erhalten bleiben. Dem stünden weder Vorschriften noch Prinzipien des Europarechts entgegen.
- 11
- Mangels Vertragsschlusses im Antragsmodell sei der Kläger gemäß § 5a VVG a.F. zum Widerspruch berechtigt gewesen. Seine Widerspruchserklärung sei nicht verfristet, da die schriftlich erteilten Belehrungen den Anforderungen des § 5a VVG a.F. nicht genügten. Auf den danach gegebenen Prämienrückzahlungsanspruch des Klägers sei lediglich der Wert des von ihm genossenen Versicherungsschutzes anzurechnen.
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- II. Das hält der rechtlichen Überprüfung stand.
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- 1. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte, die auch in Anbetracht von § 545 Abs. 2 ZPO im Revisionsverfahren von Amts wegen zu prüfen ist (BGH, Urteil vom 28. Juni 2007 - I ZR 49/04, BGHZ 173, 57 Rn. 21), ergibt sich - wie das Berufungsgericht richtig erkannt hat - aus § 215 Abs. 1 VVG in der derzeit geltenden Fassung. Hiergegen wendet sich die Beklagte im Revisionsverfahren zu Recht nicht mehr.
- 14
- a) Die nationalen Zuständigkeitsvorschriften werden hier nicht durch die Regelungen der EuGVVO 2001 oder des LugÜ 2007 verdrängt, welche jeweils nach Maßgabe ihres Art. 4 Abs. 1 nicht anwendbar sind. Die Beklagte hat weder im Sinne von Art. 4, 60 Abs. 1 EuGVVO 2001 ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates noch gemäß den Art. 4, 60 Abs. 1 LugÜ 2007 im Hoheitsgebiet eines durch das Übereinkommen , dem das F. nicht beigetreten ist (BGH, Urteil vom 28. Juni 2007 - I ZR 49/04, aaO Rn. 22 m.w.N.), gebundenen Staates. Ebenso ist für die Klage keine vom Wohnsitz unabhängige Zuständigkeit nach den vorrangigen Art. 22, 23 EuGVVO 2001 und LugÜ 2007 begründet, deren Voraussetzungen hier nicht vorliegen.
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- b) Die internationale Zuständigkeit für die Klage ergibt sich danach mittelbar aus den nationalen Vorschriften für die örtliche Zuständigkeit (vgl. BGH, Urteil vom 28. Juni 2007 aaO Rn. 23 m.w.N.), hier aus § 215 Abs. 1 VVG.
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- Den damit gegebenen deutschen Gerichtsstand konnten die Parteien nicht in den AVB wirksam derogieren. Die tatbestandlichen Voraussetzungen einer zulässigen Vereinbarung nach § 215 Abs. 3 VVG liegen nicht vor. Eine darüber hinausgehende Wahl des zuständigen Gerichts sieht das Gesetz nicht vor (vgl. Gesetzesbegründung zu § 215 Abs. 3 VVG, BT-Drucks. 16/3945 S. 117; OLG Dresden, Urteil vom 23. Mai 2013 - 4 U 1965/12, nicht veröffentlicht S. 7).
- 17
- 2. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der Streitfall nach deutschem Sachrecht zu beurteilen ist.
- 18
- a) Das anwendbare Recht bestimmt sich hier nach den Art. 7 ff. EGVVG in der bei Abschluss der streitgegenständlichen Versicherung geltenden Fassung.
- 19
- aa) Gemäß Art. 7 Abs. 1 EGVVG a.F. sind diese Vorschriften auf Versicherungsverträge mit Ausnahme der Rückversicherung anzuwenden , wenn sie in einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum belegene Risiken decken. Dabei ist Mitglied- oder Vertragsstaat, in dem das Risiko belegen ist, nach Art. 7 Abs. 2 Nr. 4 Buchst. a EGVVG a.F. in allen Fällen, in denen - wie hier - die Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 2 Nr. 1-3 EGVVG a.F. nicht vorliegen und der Versicherungsnehmer eine natürliche Person ist, der Mitglied- oder Vertragsstaat , in dem der Versicherungsnehmer seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Diese Voraussetzungen sind gegeben, da der Kläger bei Vertragsschluss in Deutschland lebte.
- 20
- bb) Die Art. 7 ff. EGVVG a.F. sind auch in zeitlicher Hinsicht einschlägig. Sie werden insbesondere nicht von der Verordnung (EG) Nr. 593/2008 (Rom I-VO) verdrängt, die nach ihrem Art. 28 nur auf Verträge Anwendung findet, welche ab dem 17. Dezember 2009 geschlossen wurden. Ihre Anwendung ist aber auch nicht insofern ausgeschlossen , als sie durch Art. 2 Abs. 4 Nr. 2 des Gesetzes zur Anpassung der Vorschriften des Internationalen Privatrechts an die Verordnung (EG) Nr. 593/2008 vom 25. Juni 2009 (BGBl. I S. 1574) mit Wirkung zum 17. Dezember 2009 aufgehoben wurden, da dies nur zeitlich nachfolgende Verträge betrifft, während "Altfälle", d.h. Versicherungsverträge, die vor dem 17. Dezember 2009 geschlossen wurden, nach dem bis dahin geltenden Kollisionsrecht zu beurteilen sind (vgl. Gesetzesbegründung BT-Drucks. 16/12104 S. 11; OLG Brandenburg NJW-RR 2013, 870, 871; Armbrüster in Prölss/Martin, VVG 29. Aufl. Anh. Rom I-VO Rn. 1; Roth in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch 3. Aufl.
- 21
- cc) Das in Anwendung der Art. 7 ff. EGVVG a.F. ermittelte Versicherungsvertragsstatut umfasst die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche. Seine Reichweite ergibt sich aus Art. 15 EGVVG i.V.m. den Art. 31, 32 EGBGB jeweils in der bei Vertragsschluss geltenden Fassung. Danach bestimmt es über sämtliche Rechtsfragen, welche die Entstehung , materielle Wirksamkeit, Auslegung, Abwicklung und Beendigung von Verträgen über Versicherungsleistungen und die daraus entspringenden Ansprüche, ferner etwaige gesetzliche Vermutungen und die Beweislast betreffen (Dörner in Bruck/Möller, 9. Aufl. 1. Abschnitt: Einführung Rn. 26). Es erstreckt sich gemäß Art. 32 Abs. 1 Nr. 5 EGBGB a.F. insbesondere auch auf die Rückabwicklung eines Vertrages infolge seiner fehlenden Wirksamkeit.
- 22
- b) Das Versicherungsvertragsstatut richtet sich im Streitfall nach der Regelanknüpfung des Art. 8 EGVVG a.F. Danach ist das Recht des Mitgliedstaats der Europäischen Gemeinschaft anzuwenden, in dem der Versicherungsnehmer bei Schließung des Vertrages seinen gewöhnlichen Aufenthalt oder seine Hauptverwaltung hat und zugleich das versicherte Risiko belegen ist. Dabei gilt als Mitgliedstaat der Risikobelegenheit nach Art. 7 Abs. 2 Nr. 4 Buchst. a EGVVG a.F. hier - wie bereits unter a aa ausgeführt - der Mitgliedstaat, in dem der Kläger seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Dies führt zur Anwendbarkeit deutschen Sachrechts.
- 23
- c) Dem steht die in Ziff. 14.1. Satz 2 der AVB vorgesehene Anwendbarkeit des l. Versicherungsvertragsgesetzes nicht entgegen. Das deutsche Kollisionsrecht eröffnete den Parteien schon keine Möglichkeit zur entsprechenden Rechtswahl. Entgegen der Auffassung der Revision folgt aus Art. 9 Abs. 4 EGVVG a.F. nichts anderes. Nach dessen Maßgabe kann als Versicherungsvertragsstatut jedes beliebige Recht gewählt werden, wenn ein Versicherungsnehmer mit gewöhnlichem Aufenthalt oder Hauptverwaltung im Geltungsbereich des EGVVG einen Versicherungsvertrag mit einem Versicherungsunternehmen schließt, welches das Versicherungsgeschäft im Geltungsbereich des EGVVG weder selbst noch durch Mittelspersonen betreibt. Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.
- 24
- aa) Das Berufungsgericht hat richtig erkannt, dass der den Vertragsabschluss hier vermittelnde Versicherungsmakler Mittelsperson im Sinne des Art. 9 Abs. 4 EGVVG a.F. ist.
- 25
- (1) Der Begriff der Mittelsperson ist im Gesetz nicht näher erläutert. Er wurde durch das Zweite Durchführungsgesetz/EWG zum VAG vom 28. Juni 1990 (BGBl. I S. 1249) zugleich mit dem Inkrafttreten von Art. 9 EGVVG a.F. auch in das Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) eingeführt. Ausweislich der Gesetzesbegründung sollte er zur Straffung des Textes im seinerzeit neugefassten § 105 Abs. 1 VAG a.F. die zuvor bestehende Aufzählung von verschiedenen "Vermittlern" ersetzen und zugleich klarstellen, dass damit nicht nur der Außendienst der Versicherer gemeint sei. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, sollte er - wie in der Begründung zum Gesetzesentwurf ausdrücklich betont wird - insbesondere auch die Versicherungsmakler erfassen (BT-Drucks. 11/6341 S. 24). Durch die Verwendung des Begriffes in Art. 9 Abs. 4 EGVVG a.F. beabsichtigte der Gesetzgeber eine Beschränkung des Anwendungsbereichs der Norm auf die so genannte Korrespondenzversicherung, die der Versicherungsnehmer im Korrespondenzweg, durch andere Kommunikationsmittel oder anlässlich eines Auslandsaufenthaltes bei einem ausländischen Versicherungsunternehmen abschließt (BT-Drucks. 11/6341 S. 24, 38).
- 26
- Auf dieser Grundlage sieht das Schrifttum nahezu einhellig auch den Versicherungsmakler als Mittelsperson im Sinne des Art. 9 Abs. 4 EGVVG a.F. an (so: Dörner in BK-VVG, Art. 9 EGVVG Rn. 42; Schäfer in Looschelders/Pohlmann, VVG 2. Aufl. Internationales Versicherungsvertragsrecht Rn. 255; Armbrüster in Prölss/Martin aaO Rn. 30; MünchKomm-BGB/Martiny, 4. Aufl. Art. 37 EGBGB Rn. 106; Staudinger/ Armbrüster (2011), Anhang zu Art. 7 Rom I-VO Rn. 34; Geiger, Der Schutz der Versicherten im Europäischen Binnenmarkt, 1992 S. 128; Gruber, Internationales Versicherungsvertragsrecht, 1999 S. 93 f.; Kramer , Internationales Versicherungsvertragsrecht, 1995 S. 204 f.; Liauh, Internationales Versicherungsvertragsrecht, 2000 S. 53; Uebel, Die deutschen Kollisionsnormen für (Erst-)Versicherungsverträge mit Ausnahme der Lebensversicherung über in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft belegene Risiken, 1994 S. 129; von Oertzen, Asset Protection im deutschen Recht, 2007 Rn. 163; Hübner in Europäisches Gemeinschaftrecht und Internationales Privatrecht, S. 111, 119; Basedow/Drasch, NJW 1991, 785, 791 f.; Imbusch, VersR 1993, 1059, 1063; Worgulla/ Thonemann, ErbStB 2008, 171, 173; a.A. für den "autonom auftretenden Makler": Roth in Beckmann/Matusche-Beckmann, VersicherungsrechtsHandbuch 2. Aufl. § 4 Rn. 112; für den "unabhängigen Makler": Winter, VersR 2001, 1461, 1467).
- 27
- (2) Daran ist zutreffend, dass der im Inland niedergelassene Versicherungsmakler in der Regel Mittelsperson im Sinne des Art. 9 Abs. 4 EGVVG a.F. ist (hierzu (a)). Ob er stets als Mittelsperson qualifiziert werden muss, bedarf keiner Entscheidung, weil er jedenfalls im Streitfall als solche anzusehen ist (hierzu (b)).
- 28
- (a) Hinter der begrenzten Eröffnung der allgemeinen Rechtswahl in den Fällen des Art. 9 Abs. 4 EGVVG a.F. stand die Erwägung, dass ein Versicherungsnehmer mit Sitz im Inland dann keines Schutzes gegen das Aufdrängen eines fremden Versicherungsvertragsrechts bedarf, wenn er - anders als der typische Verbraucher - aus eigener Initiative den Geltungsbereich der deutschen Gesetze verlässt, indem er sich ins Ausland begibt (Dörner in Bruck/Möller aaO Rn. 28; ders. in BK-VVG aaO Rn. 39; Schäfer in Looschelders/Pohlmann aaO; Roth in Beckmann /Matusche-Beckmann, 2. Aufl. aaO; Basedow/Drasch aaO 792; Mankowski, VersR 1993, 154, 162; ders., VersR 1999, 923, 930; Worgulla /Thonemann aaO 172 f.; ähnlich: OLG Dresden, Urteil vom 23. Mai 2013 - 4 U 1965/12, nicht veröffentlicht, S. 9; Staudinger/Armbrüster aaO Rn. 33; Geiger aaO S. 128; zur Verwendung in § 105 VAG: Laars, VAG 3. Aufl. § 105 Rn. 2; Pohlmann in Fahr/Kaulbach/Bähr/Pohlmann, VAG 5. Aufl. § 105 Rn. 39; Prölss, VAG 12. Aufl. § 105 Rn. 8). Dem steht es nicht gleich, wenn sich ein Versicherungsnehmer auf der Suche nach geeignetem Versicherungsschutz an einen Versicherungsmakler im Inland wendet, der ihm in der Folge Versicherungsschutz im Ausland vermittelt , weil sich der Versicherungsnehmer in solchen Fällen nicht auf eigene Veranlassung hin aus dem Geltungsbereich des deutschen Versicherungsvertragsrechts hinaus begibt.
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- Daran ändert der von der Revision hervorgehobene Umstand nichts, dass der Versicherungsmakler im Bereich des Versicherungsverhältnisses als treuhänderischer Sachwalter des von ihm betreuten Versicherungsnehmers in dessen Lager steht und dessen Interessen wahrzunehmen hat (vgl. Senatsurteil vom 26. März 2014 - IV ZR 422/12, VersR 2014, 625 Rn. 25; BGH, Urteile vom 12. Dezember 2013 - III ZR 124/13, BGHZ 199, 216 Rn. 13; vom 20. Januar 2005 - III ZR 251/04, BGHZ 162, 67, 78; jeweils m.w.N.). Damit mag der Versicherungsnehmer zwar nicht in gleicher Weise schutzbedürftig erscheinen, wie in Fällen, in denen er bei Vertragsschluss über keinen entsprechenden Berater verfügte. Auch eine entsprechende Beratung lässt das durch die gesetzliche Regelung anerkannte Schutzbedürfnis des Versicherungsnehmers aber nicht zur Gänze entfallen. Dies wird schon aus der Einordnung des Versicherungsmaklers in den Gesetzgebungsmaterialien deutlich. Diese ist entgegen der Auffassung der Revision nicht etwa deshalb als überholt anzusehen , weil sich die Schutzbedürftigkeit des Versicherungsnehmers seither verändert hätte. Vielmehr war schon vor Einführung des Art. 9 Abs. 4 EGVVG a.F. anerkannt, dass der Versicherungsmakler als treuhänderischer Sachwalter des Versicherungsnehmers anzusehen ist, den umfassende Pflichten gegenüber jenem treffen (Senatsurteil vom 22. Mai 1985 - IVa ZR 190/83, BGHZ 94, 356, 359).
- 30
- Entgegen der Ansicht der Revision ist auch nicht erkennbar, inwiefern schon sprachlich ein Betreiben des Versicherungsgeschäfts durch Mittelspersonen ausscheidet, wenn Versicherungsverträge über Versicherungsmakler zustande kommen. Trotz seiner Nähe zum Versicherungsnehmer steht der Versicherungsmakler in einem Doppelrechtsverhältnis zum Versicherungsnehmer einerseits und zum Versicherer andererseits (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Oktober 1994 - IV ZR 39/94, juris; MünchKomm-VVG/Reiff, 2. Aufl. § 59 VVG Rn. 43; Pohlmann in Fahr/ Kaulbach/Bähr/Pohlmann aaO Rn. 46; Reiff, VersR 2012, 645), was seine grundsätzliche Einordnung als Mittelsperson nicht in Frage stellt, sondern unterstreicht.
- 31
- (b) Nach dieser Maßgabe ist im Streitfall der Versicherungsmakler des Klägers als Mittelsperson der Beklagten im Sinne von Art. 9 Abs. 4 EGVVG a.F. anzusehen.
- 32
- Dabei ist weder entscheidend, ob die Beklagte, wie sie vorgetragen hat, im Inland nicht selbst aktiv geworden ist, noch ist von Belang, wie die Identitätsprüfung des Klägers erfolgte. Vielmehr ist ausschlaggebend , dass dem Kläger Versicherungsschutz seitens der im Ausland ansässigen Beklagten durch einen Dritten, der als Versicherungsmakler auch in Rechtsbeziehung zur Beklagten stand, im Inland offeriert wurde.
- 33
- Ob ausnahmsweise eine abweichende Einordnung des Versicherungsmaklers geboten wäre, wenn sich dieser im Auftrag des Versicherungsnehmers eigens außerhalb Deutschlands auf die Suche begibt,um dort geeignet erscheinenden Versicherungsschutz zu beschaffen, kann insofern offen bleiben. Dieser Sonderfall liegt hier nach den getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichtsnicht vor.
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- bb) Auch die übrigen Voraussetzungen, die eine Beschränkung der in Art. 9 Abs. 4 EGVVG a.F. eröffneten Rechtswahl begründen, sind hier unabhängig davon, welche Anforderungen insofern an die Mitwirkung des Versicherungsmaklers zu stellen sind, gegeben.
- 35
- Nach einer am Wortlaut der Vorschrift orientierten Ansicht genügt es, wenn der ausländische Versicherer über einen Mittelsmann in Deutschland tätig ist, ohne dass dieser etwas mit dem Vertragsschluss im konkreten Fall zu tun haben muss (MünchKomm-BGB/Martiny aaO; Staudinger/Armbrüster aaO Rn. 34; Armbrüster in Prölss/Martin aaO; Schäfer in Looschelders/Pohlmann aaO; Gruber aaO S. 92, 95; Kramer aaO S. 208 f.; von Oertzen aaO). Nach der mehr auf den Gesetzeszweck abstellenden Gegenauffassung ist die Rechtswahl gemäß Art. 9 Abs. 4 EGVVG a.F. hingegen nur dann ausgeschlossen, wenn der konkrete Vertrag durch Vermittlung einer inländischen Mittelsperson des Versicherers zustande gekommen ist (Dörner, Internationales Versicherungsvertragsrecht , 1997 Art. 9 EGVVG Rn. 42; ders. in BK-VVG, Art. 9 EGVVG Rn. 42; Geiger aaO S. 128 f.; Basedow/Drasch aaO; Worgulla/Thonemann aaO 171, 174; differenzierend: Pohlmann in Fahr/Kaulbach/Bähr/ Pohlmann aaO Rn. 43 f.)
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- Der Meinungsstreit kann hier offenbleiben. Da der streitgegenständliche Versicherungsvertrag im Inland durch einen Versicherungsmakler als Mittelsperson der Beklagten vermittelt worden war, war nach allen genannten Ansichten die Rechtswahl nach Art. 9 Abs. 4 EGVVG a.F. nicht eröffnet.
- 37
- cc) Eine teleologische Erweiterung des Art. 9 Abs. 4 EGVVG a.F. im Sinne einer Ausdehnung der Rechtswahlmöglichkeit nach den Grundsätzen der richtlinienkonformen Auslegung ist nicht geboten. Der Senat ist entgegen der Anregung der Revision nicht gemäß Art. 267 Abs. 1 Buchst. b, Abs. 3 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) gehalten, zunächst eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union über die Frage einzuholen, ob die Vorgaben der Richtlinie 2002/83/EG vom 5. November 2002 (im Folgenden : Vierte Richtlinie Lebensversicherung) einer Qualifikation des Versicherungsmaklers als Mittelsperson nach Art. 9 Abs. 4 EGVVG a.F. entgegenstehen. Dabei kann offenbleiben, ob eine solche Rechtssicht angesichts der eindeutigen Entscheidung des deutschen Gesetzgebers (BT-Drucks. 11/6341 S. 24) im Wege der richtlinienkonformen Auslegung überhaupt umgesetzt werden könnte (vgl. BVerfGE 119, 247, 274; BVerfG, NJW 2012, 669 Rn. 45-47, jeweils m.w.N.). Einer entsprechenden Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union bedarf es schon deshalb nicht, weil die richtige Auslegung der Vierten Richtlinie Lebensversicherung bezogen auf die Eröffnung der Rechtswahl durch Art. 9 Abs. 4 EGVVG a.F. hier keinen Zweifeln unterliegt (vgl. BVerfG r+s 2015, 332 Rn. 28).
- 38
- (1) Die Vierte Richtlinie Lebensversicherung verpflichtet die Mitgliedstaaten entgegen der Auffassung der Revision nicht, eine Rechtswahl für Versicherungsverträge zwischen einem Versicherungsnehmer mit gewöhnlichem Aufenthalt in einem Mitgliedstaat und dem in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Versicherer zu ermöglichen, soweit der Vertragsschluss über einen Versicherungsmaklererfolgte, der in dem Mitgliedstaat niedergelassen ist, in dem der Versicherungsnehmer seinen gewöhnlichen Wohnsitz hat.
- 39
- Art. 32 Abs. 2 der Richtlinie gewährleistet den Parteien des Versicherungsvertrages eine (beschränkte) Rechtswahl dann, wenn der Versicherungsnehmer eine natürliche Person ist, die ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort in einem anderen Mitgliedstaat hat als dem, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.
- 40
- Im Übrigen sieht die Richtlinie in Art. 32 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 Buchst. g die Möglichkeit der Rechtswahl ausschließlich vor, sofern dies nach dem Recht des Mitgliedstaates zulässig ist, in dem der Versicherungsnehmer seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder sich - im Falle der juristischen Person - seine Niederlassung befindet, auf die sich der Vertrag bezieht. Diese Regelung, die ihren Ursprung in Art. 7 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a und d der Richtlinie 88/357/EWG vom 22. Juni 1988 (im Folgenden : Zweite Richtlinie Schadensversicherung) hat, gibt den Mitgliedstaaten - als Kompromiss zur Eröffnung der Parteiautonomie - nationale Spielräume, über die zwingenden Vorgaben der Richtlinie hinaus Rechtswahlfreiheit in Fällen einzuräumen, in denen kraft objektiver Anknüpfung nach Art. 32 Abs. 1 Satz 1 ihr Recht Vertragsstatut wäre (vgl.
- 41
- (2) Das widerspricht - anders als die Revision meint - nicht den Vorgaben des Art. 33 der Vierten Richtlinie Lebensversicherung. Danach darf der Mitgliedstaat der Verpflichtung den Versicherungsnehmer nicht daran hindern, einen Vertrag mit einem gemäß Art. 4 der Richtlinie zugelassenen Versicherungsunternehmen zu schließen, solange der Vertrag nicht im Widerspruch zu den in dem Mitgliedstaat der Verpflichtung geltenden Rechtsvorschriften des Allgemeininteresses steht. Diese Bestimmung , die Art. 28 der Richtlinie 92/96/EWG vom 10. November 1992 (im Folgenden: Dritte Richtlinie Lebensversicherung) entspricht, ist darauf gerichtet, das nationale Aufsichts-, Eingriffs- und zwingende Privatrecht einer Kontrolle nach den Maßstäben der primärrechtlich gewährleisteten Dienstleistungsfreiheit zu unterziehen (vgl. EFTA-Gerichtshof, Urteil vom 25. November 2005 - E-1/05 Rn. 34, abrufbar unter www.eftacourt.int; Pearson in International Insurance Contract Law in the EC, 1993 S. 1, 9; Roth in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch 3. Aufl. § 4 Rn. 14). Dabei kann dahinstehen, ob die Vorschrift insofern (auch) als Norm des internationalen Privatrechts anzusehen ist (befür- wortend: Mewes, Internationales Versicherungsvertragsrecht unter besonderer Berücksichtigung der europäischen Dienstleistungsfreiheit im Gemeinsamen Markt, 1995 S. 193-195, 225; Stehl aaO S. 154; Smulders /Glazener, CML Rev. 1992, 775, 796; ablehnend: Geiger aaO S. 325; Fahr, VersR 1992, 1033, 1036; alle zu Art. 28 der Dritten Richtlinie Lebensversicherung). Jedenfalls gewährleistet sie entgegen der Auffassung der Revision nicht die dispositive Anknüpfung des Vertragsstatuts an das Recht des Herkunftsstaats des Versicherers, von der ein Mitgliedstaat nur unter Berufung auf das Allgemeininteresse abrücken dürfte (vgl. Roth in BK-VVG aaO Rn. 105; Drasch, Das Herkunftslandprinzip im internationalen Privatrecht, 1997 S. 217, 221; zum Begriff des Allgemeininteresses : EuGH, Slg. 1986, 3793 = NJW 1987, 572 Rn. 27).
- 42
- Dies ergibt sich bereits aus ihrer systematischen Stellung im Anschluss an Art. 32 der Vierten Richtlinie Lebensversicherung, der eine ausdifferenzierte kollisionsrechtliche Regelung zu den Rechtswahlmöglichkeiten der Vertragsparteien enthält, die im Falle der Auslegung des Art. 33 im Sinne der Revision weitgehend ihren Sinn verlöre und überflüssig würde (vgl. Drasch aaO S. 216 zu Art. 28 der Dritten Richtlinie Lebens- und Schadensversicherung; Mankowski, VersR 1993, 154, 159 zum vergleichbaren Problem des Verweises in der Zweiten Richtlinie Schadensversicherung auf das EVÜ).
- 43
- Die grundsätzliche Anknüpfung der Lebensversicherungsverträge an den gewöhnlichen Aufenthalt des Versicherungsnehmers wurde aus Gründen des kollisionsrechtlichen Verbraucherschutzes vorgesehen (vgl. Franzen aaO S. 234). Diesem Sinn und Zweck liefe es zuwider, wenn Art. 33 der Vierten Richtlinie Lebensversicherung ohne weiteres eine Rechtswahl zugunsten des Rechts des Versicherers eröffnete, dieselbst die spätere Rom I-VO nicht vorsieht (vgl. deren Art. 7 Abs. 3). Zwar dient die Richtlinie ausweislich ihres 46. Erwägungsgrundes, den die Revision zu Recht zitiert, der Produktauswahlfreiheit zugunsten des Versicherungsnehmers. Demgegenüber betont der 44. Erwägungsgrund aber zugleich die Möglichkeit der Mitgliedstaaten, die Anwendung ihres eigenen Rechts bei Versicherungsverträgen vorzuschreiben, bei denen Versicherer Verpflichtungen in ihrem Hoheitsgebiet eingehen (vgl. Drasch aaO S. 217).
- 44
- Nicht zuletzt spricht die Entstehungsgeschichte der Vorschrift offenkundig gegen die Deutung von Art. 33 der Vierten Richtlinie Lebensversicherung im Sinne der Verbürgung einer dispositiven Anknüpfung des Vertragsstatuts an das Recht des Mitgliedstaates, in dem sich die Niederlassung des Versicherers befindet. Art. 25 des Vorschlags der Kommission vom 27. Juli 1990 (ABl. EG 1990 Nr. C 244/28) und Art. 24 des Vorschlags der Kommission vom 25. Februar 1991 (ABl. EG 1991 Nr. C 99/2) für eine Dritte Richtlinie Lebensversicherung sahen vor, dass der Mitgliedstaat der Verpflichtung den Versicherungsnehmer grundsätzlich nicht daran hindern dürfe, einen Vertrag "gemäß der Regelung des Herkunftsmitgliedstaats“ zu unterzeichnen. Nachdem im Schrifttum Stimmen laut geworden waren, die darin eine Kollisionsregel erblickten (vgl. Lorenz, ZVersWiss 1991, 121, 139; Reichert-Facilides in International Insurance Contract Law in the EC, 1993 S. 11, 14 f.), wies die Kommission darauf hin, dass ein derartiger Regelungsgehalt nicht beabsichtigt sei (Geiger aaO S. 325; Stehl aaO S. 153; Fahr, VersR 1992, 1033, 1036). Letztlich wurde Art. 28 der erlassenen Richtlinie dahin gefasst, dass der Mitgliedstaat der Verpflichtung den Versicherungsnehmer grundsätzlich nicht daran hindern dürfe, einen Vertrag zu unterzeichnen, der "mit einem gemäß […] zugelassenen Versicherungsunternehmen" abgeschlossen wurde. Ungeachtet der Frage, ob die Entwurfsfassung im Sinne der Revision auszulegen gewesen wäre, spricht die Endfassung der Vorschrift, deren Wortlaut von Art. 33 der Vierten Richtlinie Lebensversicherung insoweit nicht abweicht, eindeutig für eine Verbürgung nur der freien Wahl des Versicherers, nicht aber des Rechts seines Herkunftsstaates.
- 45
- (3) Auch die Grundsätze der so genannten passiven Dienstleistungsfreiheit veranlassen keine abweichende Auslegung des Begriffs der Mittelsperson in Art. 9 Abs. 4 EGVVG a.F. Anders als die Revision meint, gebieten sie insbesondere nicht, dass bei Zustandekommen eines Lebensversicherungsvertrages über einen Versicherungsmakler, der in dem Mitgliedsstaat niedergelassen ist, in dem der Versicherungsnehmer seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, dieselben Rechtswahlmöglichkeiten bestehen müssten wie beim Abschluss im Korrespondenzwege.
- 46
- Das Konzept der passiven Dienstleistungsfreiheit wurde durch die Richtlinie 90/619/EWG vom 8. November 1990 (im Folgenden: Zweite Richtlinie Lebensversicherung) zur Begrenzung der Reichweite der Aufsichtsbefugnisse im Bestimmungsstaat der Dienstleistung eingeführt und bereits nach Maßgabe der Dritten Richtlinie Lebensversicherung von der umfassenden Dienstleistungsfreiheit wieder abgelöst (vgl. Geiger aaO S. 285; Schnyder aaO S. 42; Stehl aaO S. 152). Dabei erfolgte die Unterscheidung zwischen gewährleisteter passiver und (noch) nicht eröffneter aktiver Dienstleistungsfreiheit auf Grundlage des Initiativmodells gemäß Art. 13 der Zweiten Richtlinie Lebensversicherung (vgl. Schnyder aaO; Stehl aaO). Danach galt das Herkunftslandprinzip, wenn sich der Versicherungsnehmer auf eigene Initiative u.U. auch über einen Versicherungsmakler an einen in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Versicherer wandte (Geiger aaO S. 285; vgl. auch: Becker, VW 1990, 682, 684 f.).
- 47
- Während das Initiativmodell für das Versicherungsaufsichtsrecht vorübergehend Geltung erlangte, findet sich in der Zweiten Richtlinie Lebensversicherung für den Bereich des Kollisionsrechts keine entsprechende Differenzierung (Schnyder in Aspekte des internationalen Versicherungsvertragsrechts im Europäischen Wirtschaftsraum, 1994 S. 49, 62; Stehl aaO S. 152). Zwar sah Art. 4 Abs. 3 des Vorschlags der Kommission für eine Zweite Richtlinie Lebensversicherung vom 23. Dezember 1988 (ABl. EG 1989 Nr. C 38/7) für den Fall, dass sich der Versicherungsnehmer auf eigene Initiative an den Versicherer wendet, vor, dass der Staat, dessen Recht auf den Vertrag Anwendung findet, dem Versicherungsnehmer nicht verbieten kann, eine Verpflichtung einzugehen, die nach dem Recht des Herkunftslandes, welches das Land bezeichnet, in dem sich der Sitz des Versicherers befindet (Kollhosser in Prölss aaO Vor § 110a Rn. 2), zulässig ist. Unabhängig davon, ob diese Bestimmung im Sinne der Revision auszulegen gewesen wäre, wurde sie aber nicht Teil der erlassenen Richtlinie. Vielmehr stellen deren kollisionsrechtlichen Vorgaben nicht auf die Umstände des Vertragsschlussesab (Stehl aaO 151 f.), so dass der deutsche Gesetzgeber nicht daran gehindert war, bei der begrenzten Eröffnung der Rechtswahl in Art. 9 Abs. 4 EGVVG a.F. entsprechend seiner Einschätzung des Schutzbedürfnisses des Versicherungsnehmers zu differenzieren.
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- 3. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass dem Kläger gegen die Beklagte der zuerkannte Bereicherungsanspruch zusteht.
- 49
- a) Der zwischen den Parteien geschlossene Versicherungsvertrag schafft keinen Rechtsgrund für die Prämienzahlungen, da er infolge des Widerspruchs des Klägers nicht wirksam zustande gekommen ist. Der Kläger war gemäß § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. zum Widerspruch be- rechtigt und übte dieses Recht - ungeachtet des Ablaufs der in § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. normierten Jahresfrist- rechtzeitig aus.
- 50
- aa) Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts ist der Versicherungsvertrag im sogenannten Policenmodell des § 5a VVG a.F. zustande gekommen. Weiterhin hat das Berufungsgericht festgestellt, dass die Beklagte den Kläger nicht ordnungsgemäß im Sinne von § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. über das ihm zustehende Widerspruchsrecht belehrte. Dagegen erhebt die Revision keine Rügen.
- 51
- bb) Für einen solchen Fall der nicht ordnungsgemäßen Widerspruchsbelehrung bestimmte § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. zwar, dass das Widerspruchsrecht ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie erlischt. Es bestand hier aber nach Ablauf der Jahresfrist und noch im Zeitpunkt der Widerspruchserklärung fort.
- 52
- Das ergibt die richtlinienkonforme Auslegung des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. auf der Grundlage der Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 19. Dezember 2013 (VersR 2014, 225). Der Senat hat mit Urteil vom 7. Mai 2014 (IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101 Rn. 17-34) entschieden und im Einzelnen begründet, die Regelung müsse richtlinienkonform teleologisch dergestalt reduziert werden, dass sie im Anwendungsbereich der Zweiten und der Dritten Richtlinie Lebensversicherung keine Anwendung findet und für davon erfasste Lebens- und Rentenversicherungen sowie Zusatzversicherungen zur Lebensversicherung grundsätzlich ein Widerspruchsrecht fortbesteht, wenn der Versicherungsnehmer - wie hier - nicht ordnungsgemäß über das Recht zum Widerspruch belehrt worden ist und/oder die Verbraucherinformation oder die Versicherungsbedingungen nicht erhalten hat.
- 53
- b) Das Berufungsgericht ist danach zutreffend davon ausgegangen , dass der Kläger von der Beklagten gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB die Rückzahlung der von ihm entrichteten Versicherungsbeiträge verlangen kann, wobei zu Lasten des Klägers der Wert des von ihm bis zu seinem Widerspruch genossenen Versicherungsschutzes anzurechnen ist (vgl. Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 45 m.w.N.).
Lehmann Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
LG Memmingen, Entscheidung vom 09.04.2014- 32 O 651/13 -
OLG München in Augsburg, Entscheidung vom 08.01.2015- 14 U 2110/14 -
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Annotations
(1) Für Klagen aus dem Versicherungsvertrag oder der Versicherungsvermittlung ist auch das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Versicherungsnehmer zur Zeit der Klageerhebung seinen Wohnsitz, in Ermangelung eines solchen seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Für Klagen gegen den Versicherungsnehmer ist dieses Gericht ausschließlich zuständig.
(2) § 33 Abs. 2 der Zivilprozessordnung ist auf Widerklagen der anderen Partei nicht anzuwenden.
(3) Eine von Absatz 1 abweichende Vereinbarung ist zulässig für den Fall, dass der Versicherungsnehmer nach Vertragsschluss seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt aus dem Geltungsbereich dieses Gesetzes verlegt oder sein Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt im Zeitpunkt der Klageerhebung nicht bekannt ist.
(1) Für Klagen aus dem Versicherungsvertrag oder der Versicherungsvermittlung ist auch das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Versicherungsnehmer zur Zeit der Klageerhebung seinen Wohnsitz, in Ermangelung eines solchen seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Für Klagen gegen den Versicherungsnehmer ist dieses Gericht ausschließlich zuständig.
(2) § 33 Abs. 2 der Zivilprozessordnung ist auf Widerklagen der anderen Partei nicht anzuwenden.
(3) Eine von Absatz 1 abweichende Vereinbarung ist zulässig für den Fall, dass der Versicherungsnehmer nach Vertragsschluss seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt aus dem Geltungsbereich dieses Gesetzes verlegt oder sein Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt im Zeitpunkt der Klageerhebung nicht bekannt ist.
(1) Das Gegenparteiausfallrisikomodul trägt möglichen Verlusten Rechnung, die sich aus einem unerwarteten Ausfall oder der Verschlechterung der Bonität von Gegenparteien und Schuldnern des Versicherungsunternehmens während der nächsten zwölf Monate ergeben.
(2) Das Gegenparteiausfallrisikomodul umfasst
- 1.
Verträge zur Risikominderung wie Rückversicherungsvereinbarungen, Verbriefungen und Derivate, - 2.
Forderungen gegenüber Vermittlern und - 3.
alle sonstigen Kreditrisiken, die nicht vom Spread-Risiko gemäß § 104 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 abgedeckt werden.
(3) Das Gegenparteiausfallrisikomodul berücksichtigt für jede Gegenpartei die Gesamtrisikoexponierung des Versicherungsunternehmens in Bezug auf diese Gegenpartei unabhängig von der rechtlichen Ausgestaltung der vertraglichen Verpflichtungen gegenüber der Gegenpartei.