Bundesgerichtshof Urteil, 27. Sept. 2016 - II ZR 299/15

ECLI:ECLI:DE:BGH:2016:270916UIIZR299.15.0
27.09.2016
vorgehend
Landgericht Berlin, 28 O 394/11, 09.01.2014
Kammergericht, 2 U 13/14, 07.09.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 299/15 Verkündet am:
27. September 2016
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Die formalen Anforderungen einer erneuten Aufforderung mittels eingeschriebenen
Briefs gemäß § 21 Abs. 1 Satz 2 GmbHG werden durch ein Einwurf-Einschreiben der
Deutschen Post AG gewahrt.
BGH, Urteil vom 27. September 2016 - II ZR 299/15 - KG
LG Berlin
ECLI:DE:BGH:2016:270916UIIZR299.15.0

Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 27. September 2016 durch den Richter Prof. Dr. Strohn, die Richterin Caliebe sowie die Richter Wöstmann, Prof. Dr. Drescher und Born

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des Kammergerichts vom 7. September 2015 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Mit Einwurf-Einschreiben der Deutschen Post AG vom 23. Juni 2011 wurde die Beklagte aufgefordert, einen angeblich noch offenen Betrag von 15.000 € auf das Stammkapital der Klägerin zu zahlen, eine Frist bis 31. Juli 2011 für die Zahlung gesetzt und angekündigt, dass für den Fall der Nichteinhaltung der Frist gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 GmbHG der Ausschluss aus der Gesellschaft erfolgen werde. Eine Zahlung erfolgte nicht; der Geschäftsanteil der Beklagten an der Klägerin wurde kaduziert.
2
Das Landgericht hat auf die Widerklage der Beklagten hin festgestellt, dass die von der Klägerin vorgenommene Kaduzierung des Geschäftsanteils der Beklagten an der Klägerin unwirksam sei, weil das Stammkapital vollständig aufgebracht worden sei. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht das landgerichtliche Urteil insoweit abgeändert und die Widerklage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision der Beklagten.

Entscheidungsgründe:

3
Die Revision hat keinen Erfolg.
4
I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die formalen Voraussetzungen der Kaduzierung seien "unstreitig". Die Beklagte habe die mit Einschreiben vom 23. Juni 2011 ausgesprochene Zahlungsaufforderung unter Nachfristsetzung von gut einem Monat verbunden mit der Androhung des Ausschlusses aus der Gesellschaft bei fruchtlosem Fristablauf vorgelegt. Das Schreiben sei von der für das Verfahren zuständigen Geschäftsführerin unterzeichnet gewesen. Die materiell-rechtlichen Voraussetzungen der Kaduzierung lägen ebenfalls vor.
5
II. Das Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
6
Die Parteien streiten nur noch über die Frage, ob die Kaduzierung nach § 21 Abs. 2, 3 GmbHG deshalb unwirksam ist, weil die erneute Aufforderung zur Zahlung mittels eines Einwurf-Einschreibens statt eines ÜbergabeEinschreibens erklärt worden ist. Das Berufungsgericht hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise festgestellt, dass die sonstigen Voraussetzungen der Kaduzierung vorliegen. Hiergegen erhebt die Revision keine Einwendungen.
7
Die Kaduzierung des Geschäftsanteils der Beklagten ist nicht deshalb unwirksam, weil die Zahlungsaufforderung nach § 21 Abs. 1 Satz 1 GmbHG als Einwurf-Einschreiben der Deutschen Post AG versandt wurde. Die formalen Anforderungen einer erneuten Aufforderung mittels eingeschriebenen Briefs gemäß § 21 Abs. 1 Satz 2 GmbHG werden durch ein Einwurf-Einschreiben der Deutschen Post AG gewahrt.
8
1. Die Beklagte ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht aus prozessualen Gründen daran gehindert, den Einwand zu erheben, ein EinwurfEinschreiben sei kein eingeschriebener Brief im Sinne des § 21 Abs. 1 Satz 2 GmbHG. Die Frage, welche Art von Einschreiben als eingeschriebener Brief in diesem Sinne anzusehen ist, ist eine Rechtsfrage und keine Tatsachenfrage; sie kann daher nicht dadurch, dass das Berufungsgericht die formalen Voraussetzungen der Kaduzierung als unstreitig angesehen hat, der revisionsrechtlichen Prüfung entzogen werden.
9
a) Die Beklagte hat sich weder vorprozessual noch im Prozess darauf berufen, dass die Zahlungsaufforderung als Einwurf-Einschreiben übermittelt wurde und deshalb die Kaduzierung unwirksam sei. Gestritten haben die Parteien nur darum, ob die Beklagte ihre Einlage erbracht hat. Die Beklagte hat nicht in Abrede gestellt, dass die sonstigen Voraussetzungen der Kaduzierung vorlagen. Mit der Ladung zum Termin zur mündlichen Verhandlung hat das Berufungsgericht unter anderem darauf hingewiesen, dass: "der Senat davon ausgeht , dass die formalen Voraussetzungen der Kaduzierung gemäß § 21 GmbHG unstreitig sind." Die Beklagte hat auf diesen Hinweis nicht reagiert.
10
b) Dennoch durfte das Berufungsgericht die Frage, ob das EinwurfEinschreiben den formalen Anforderungen des § 21 Abs. 1 Satz 2 GmbHG genügt , nicht als unstreitig behandeln. Geständnisfähig im Sinne des § 138 Abs. 3 ZPO sind lediglich Tatsachen. Wenn die Parteien übereinstimmend einen Rechtsbegriff gebrauchen, aber zusätzlich Umstände vortragen, nach denen die rechtliche Würdigung unzutreffend ist, sind nur Letztere für das Gericht beachtlich (BGH, Urteil vom 11. Februar 2008 - II ZR 187/06, ZIP 2008, 757 Rn. 15 mwN). Das Berufungsgericht hätte daher die Frage entscheiden müssen, ob ein Einwurf-Einschreiben formal den Anforderungen des § 21 Abs. 1 Satz 2 GmbHG entspricht.
11
2. Die Übermittlung der erneuten Aufforderung zur Zahlung der Einlage im Sinne des § 21 Abs. 1 Satz 1 GmbHG mittels eines Einwurf-Einschreibens der Deutschen Post AG entspricht den formalen Anforderungen des § 21 Abs. 1 Satz 2 GmbHG.
12
a) Im Fall verzögerter Einzahlung der Einlage kann an den säumigen Gesellschafter eine erneute Aufforderung zur Zahlung binnen einer zu bestimmenden Nachfrist unter Androhung seines Ausschlusses mit dem Geschäftsanteil , auf welchen die Zahlung zu erfolgen hat, erlassen werden (§ 21 Abs. 1 Satz 1 GmbHG). Diese Zahlungsaufforderung erfolgt nach § 21 Abs. 1 Satz 2 GmbHG mittels eingeschriebenen Briefes. Nach einer Auffassung im Schrifttum muss ein eingeschriebener Brief im Sinne des § 21 Abs. 1 Satz 2 GmbHG ein Übergabe-Einschreiben sein, wobei ein Übergabe-Einschreiben mit Rückschein nicht gefordert wird. Das 1997 eingeführte Einwurf-Einschreiben reicht danach nicht aus (vgl. Verse in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 21 GmbHG Rn. 19; Bork/Schäfer/Bartels, GmbHG, 3. Aufl., § 21 Rn. 7; Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 19. Aufl., § 21 Rn. 8; Müller in Ulmer/Habersack/ Löbbe, GmbHG, 2. Aufl., § 21 Rn. 37). Nach anderer Auffassung genügt die Zahlungsaufforderung durch Einwurf-Einschreiben den Anforderungen des § 21 Abs. 1 Satz 2 GmbHG (vgl. Wicke, GmbHG, 3. Aufl., § 21 Rn. 4 mit § 51 Rn. 2; Pentz in Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, 5. Aufl., § 21 Rn. 18). Die letztgenannte Auffassung ist richtig.
13
b) Nach dem Wortlaut des § 21 Abs. 1 Satz 2 GmbHG erfolgt die Zahlungsaufforderung mittels "eingeschriebenen Briefes", also per Einschreiben. Das Einwurf-Einschreiben der Deutschen Post AG fällt ebenso wie das Übergabe -Einschreiben unter den Oberbegriff des Einschreibens und damit unter den Wortlaut des § 21 Abs. 1 Satz 2 GmbHG. In den derzeit geltenden "AGB BRIEF NATIONAL" der Deutschen Post AG (Stand 1. Januar 2016) findet sich unter Nr. 1 (1) 3. folgende Unterscheidung der in Betracht kommenden Leistungen : "Einschreiben, Einschreiben Einwurf, Eigenhändig, Rückschein ...". Dabei wird unter "Einschreiben" das einfache Übergabe-Einschreiben verstanden, welches noch zusätzlich mit der Option "Rückschein" und/oder "Eigenhändig" kombiniert werden kann. Bei der Übermittlungsart "Einschreiben Einwurf" wird der Begriff des "Einschreibens" als Oberbegriff verwendet und der Zusatz "Einwurf" lediglich als Unterscheidungszusatz angefügt (vgl. Köper, NZG 2008, 96,

97).

14
c) Aus dem Willen des Gesetzgebers lässt sich kein Ausschluss des Einwurf-Einschreibens als zulässige Form der Übermittlung im Sinne des § 21 Abs. 1 Satz 2 GmbHG herleiten.
15
Im Zeitpunkt der Einführung des § 21 Abs. 1 Satz 2 GmbHG im Jahr 1892 gab es nur das Übergabe-Einschreiben. Der historische Gesetzgeber hat sich folglich nicht mit der Frage befasst, ob auch andere Formen des Einschreibens von der auszulegenden Norm erfasst werden sollen.
16
Der Hinweis der Revision, der Gesetzgeber habe in anderem Zusammenhang zu erkennen gegeben, dass das Einwurf-Einschreiben den Anforderungen eines herkömmlichen eingeschriebenen Briefes nicht genüge, weil er in § 4 Abs. 1 VwZG die Formulierung "mittels eingeschriebenen Briefes" inzwischen durch "mittels Einschreiben durch Übergabe oder mittels Einschreiben mit Rückschein" ersetzt habe (so auch Verse in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht , 3. Aufl., § 21 GmbHG Rn. 19), ist für die vorliegend zu beurteilende Frage nicht erheblich. Das Bundesverwaltungsgericht hatte bereits vor der Gesetzesänderung entschieden, dass das Einwurf-Einschreiben der Deutschen Post AG die Anforderungen an eine förmliche Zustellung nach dem Verwaltungszustellungsgesetz nicht erfülle und damit die Zustellfiktion des § 4 Abs. 1 VwZG nicht auslösen könne. Dies lag unter anderem daran, dass § 2 Abs. 1 VwZG aF für die Zustellung die Übergabe voraussetzte (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. September 2000 - 9 C 7/00, BVerwGE 112, 78 juris Rn. 8). § 21 Abs. 1 Satz 2 GmbHG sieht demgegenüber gerade nicht vor, dass die Zahlungsaufforderung dem Gesellschafter übergeben werden muss.
17
Die Aktivitäten des Gesetzgebers an anderer Stelle im GmbHG und die Untätigkeit bei § 21 Abs. 1 Satz 2 GmbHG seit der Einführung des EinwurfEinschreibens 1997 trotz kontroverser Diskussion lässt eher darauf schließen, dass der Gesetzgeber insoweit keinen Handlungsbedarf sieht.
18
d) Die teleologische Auslegung führt ebenfalls zu dem Ergebnis, dass das Einwurf-Einschreiben der Deutschen Post AG den formalen Anforderungen des § 21 Abs. 1 Satz 2 GmbHG entspricht. Bei einer Gesamtbetrachtung der Vor- und Nachteile der beiden Versendungsarten in Bezug auf Sinn und Zweck der Norm, nämlich der Zugangssicherung und der Sicherung der Beweisführung , ist das Einwurf-Einschreiben dem Übergabe-Einschreiben zumindest gleichwertig.
19
aa) Hierbei kann offen bleiben, ob die Zahlungsaufforderung eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung ist, die dem Gesellschafter gemäß § 130 Abs. 1 BGB zugehen muss, um wirksam zu werden (Altmeppen in Roth/Altmeppen, GmbHG, 8. Aufl., § 21 Rn. 14; Fastrich in Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl., § 21 Rn. 8; Michalski/Ebbing, GmbHG, 2. Aufl., § 21 Rn. 78; Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 19. Aufl., § 21 Rn. 8; Emmerich in Scholz, GmbHG, 11. Aufl., § 21 Rn. 19; MünchKommGmbHG/Schütz, 2. Aufl., § 21 Rn. 66; Müller in Ulmer/Habersack/Löbbe, GmbHG, 2. Aufl., § 21 Rn. 37), oder ob die Zahlungsaufforderung eine geschäftsähnliche Handlung darstellt. Denn auch die Vertreter der letztgenannten Auffassung halten § 130 BGB für anwendbar (Verse in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 21 GmbHG Rn. 7, 21; Pentz in Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, 5. Aufl., § 21 Rn. 17 und 19). Für den Zugang gelten die allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätze (Fastrich in Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl., § 21 Rn. 8; Pentz in Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, 5. Aufl., § 21 Rn. 19; MünchKomm GmbHG/Schütz, 2. Aufl., § 21 Rn. 66; Müller in Ulmer/Habersack/Löbbe, GmbHG, 2. Aufl., § 21 Rn. 39). Die Zahlungsaufforderung muss danach so in den Machtbereich des säumigen Gesellschafters gelangt sein, dass dieser unter normalen Umständen davon Kenntnis nehmen konnte (MünchKomm GmbHG/Schütz, 2. Aufl., § 21 Rn. 66; vgl. BGH, Urteil vom 26. November 1997 - VIII ZR 22/97, BGHZ 137, 205, 208).
20
bb) Die von § 21 Abs. 1 Satz 2 GmbHG bezweckte Sicherung des Zugangs wird bei Verwendung eines Einwurf-Einschreibens der Deutschen Post AG jedenfalls ebenso gut gewährleistet wie bei der Übermittlung der Zahlungsaufforderung mit einem Übergabe-Einschreiben.
21
(1) Das Erfordernis der Versendung einer Erklärung als Einschreibebrief soll vorrangig deren Zugang sichern (BGH, Urteil vom 21. Januar 2004 - XII ZR 214/00, NJW 2004, 1320). Dementsprechend dient das Formerfordernis des § 21 Abs. 1 Satz 2 GmbHG dazu, den Zugang der Zahlungsaufforde- rung sicherzustellen. Es soll außerdem erreicht werden, dass der Fristlauf zweifelsfrei kontrolliert werden kann (Wicke, GmbHG, 3. Aufl., § 21 Rn. 4; Verse in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 21 GmbHG Rn. 19). Die Vorschrift dient aber auch dem Schutz des Gesellschafters als Erklärungsempfänger (Fastrich in Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl., § 21 Rn. 8; Emmerich in Scholz, GmbHG, 11. Aufl., § 21 Rn. 19b). Dem Gesellschafter soll der "Ernst der Lage" vor Augen geführt werden (Goette, Die GmbH, 2. Aufl., § 2 Rn. 65; Wicke, GmbHG, 3. Aufl., § 21 Rn. 4; Verse in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht , 3. Aufl., § 21 GmbHG Rn. 19). Damit soll die Effektivität und Praktikabilität der Kapitalaufbringung gestärkt werden (Fastrich in Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl., § 21 Rn. 8).
22
(2) Bei Verwendung eines Übergabe-Einschreibens besteht ein höheres Risiko als bei einem Einwurf-Einschreiben, dass die Zahlungsaufforderung dem Gesellschafter nicht im Rechtssinne zugeht. Allein der Umstand, dass bei tatsächlicher Übergabe eines Schriftstücks dieses aus dem alltäglichen Posteingang herausgehoben wird und dem Empfänger damit seine besondere Wichtigkeit vor Augen geführt wird (vgl. Dübbers, NJW 1997, 2503), wiegt dieses höhere Risiko nicht gänzlich auf.
23
Bei einem Übergabe-Einschreiben erhält der Empfänger oder ein sonstiger Empfangsberechtigter die Sendung nur gegen Unterschrift ausgehändigt. Wird der Empfänger und auch ein sonstiger Empfangsberechtigter nicht angetroffen , hält die Deutsche Post AG nach ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Sendung innerhalb einer Frist von sieben Werktagen (einschl. Samstage ), beginnend mit dem Tag, der auf die versuchte Erstablieferung folgt, zur Abholung bereit. Um die Abholung sicherzustellen, wird ein Benachrichtigungsschein in den Briefkasten des Empfängers eingelegt. Dieser Schein unterrichtet den Empfänger, dass für ihn eine Einschreibesendung bei der Post zur Abho- lung bereitliegt. Holt der Empfänger das Einschreiben nicht innerhalb der Frist ab, ist es nicht im Sinne des § 130 BGB zugegangen. Der Zugang des Benachrichtigungsscheins ersetzt den Zugang des Einschreibebriefs nicht (st. Rspr. BGH, Urteil vom 11. Juli 2007 - XII ZR 164/03, NJW-RR 2007, 1567 Rn. 20; Urteil vom 26. November 1997 - VIII ZR 22/97, BGHZ 137, 205, 208; Urteil vom 17. April 1996 - IV ZR 202/95, ZIP 1996, 878, 879; Beschluss vom 20. Oktober 1983 - III ZR 42/83, VersR 1984, 45; Urteil vom 18. Dezember 1970 - IV ZR 52/69, VersR 1971, 262). Den Empfänger kann lediglich im Einzelfall eine Obliegenheit treffen, dafür zu sorgen, dass ihn derartige Postsendungen erreichen. Tut er das nicht, kann er sich möglicherweise nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht darauf berufen, dass ihm die Sendung nicht zugegangen ist (BGH, Urteil vom 11. Juli 2007 - XII ZR 164/03, NJW-RR 2007, 1567 Rn. 20 f.; Urteil vom 26. November 1997 - VIII ZR 22/97, BGHZ 137, 205, 208 f.; Urteil vom 17. April 1996 - IV ZR 202/95, ZIP 1996, 878, 879).
24
Bei einem Übergabe-Einschreiben besteht damit das Risiko, dass der Zugang nicht bewirkt werden kann, weil der Empfänger die Sendung trotz Benachrichtigung nicht abholt. Der Empfänger muss sich auch nicht stets gemäß § 242 BGB so behandeln lassen, als ob ihm die Erklärung zugegangen wäre.
25
Zu diesen Zugangsschwierigkeiten kann es beim Einwurf-Einschreiben nicht kommen. Diese Form des Einschreibens wird im Unterschied zum Übergabe -Einschreiben nicht persönlich gegen Unterschrift an den Empfänger ausgehändigt. Die Ablieferung erfolgt in diesem Fall vielmehr durch Einwurf der Sendung in den Briefkasten des Empfängers. Für den Zugang gemäß § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB genügt es, wenn das Schreiben so in den Bereich des Empfängers gelangt, dass dieser unter normalen Verhältnissen die Möglichkeit hat, vom Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen. Dies ist beim Einlegen in den Briefkasten des Empfängers der Fall (vgl. BGH, Urteil vom 8. Januar 2014 - IV ZR 206/13, NJW 2014, 1010 Rn. 8).
26
(3) Die Möglichkeit der Zugangskontrolle für den Absender, die Gesellschaft , ist bei beiden Einschreibeformen gleich. Dem Einlieferungsbeleg können die Sendungsnummer und der Einlieferungstag entnommen werden. Mit diesen Daten kann die Sendungsverfolgung für Einschreiben genutzt werden. Bei der Internet-Abfrage kann sich der Absender den Auslieferungsbeleg zugestellter Sendungen der Produktvariante EINSCHREIBEN anzeigen lassen. Auch beim Einwurf-Einschreiben erhält der Absender auf Wunsch - neben einer telefonischen Auskunft - eine Reproduktion des elektronisch archivierten Auslieferungsbelegs.
27
(4) Hinsichtlich der Zuverlässigkeit des Postlaufs selbst, also des Transports der Sendung, ergeben sich keine Qualitätsunterschiede zwischen einem Einwurf-Einschreiben und einem Übergabe-Einschreiben. So ist die Aufgabe (Absendung) beider Arten von Einschreiben gleich und die Sendungen werden durch die gleichen Postangestellten ausgetragen. Nur am Empfangsort sind unterschiedliche Formalien zu beachten; auf die Sicherheit des Sendungstransports selbst haben diese Formalien jedoch keinen Einfluss (so zu Recht Köper, NZG 2008, 96, 98 f.).
28
(5) Das Übergabe-Einschreiben bietet keine höhere Gewähr dafür, dass die erneute Aufforderung den Gesellschafter tatsächlich erreicht.
29
Das Übergabe-Einschreiben soll zwar dem Empfänger selbst übergeben werden. Dies geschieht aber nur dann, wenn der Empfänger vom Postangestellten angetroffen wird und empfangsbereit ist. Andernfalls wird lediglich eine Benachrichtigungskarte hinterlassen und das Schriftstück zur Abholung auf der nächstgelegenen Poststelle hinterlegt, wo es - wie ausgeführt - nicht abgeholt werden muss.
30
Ein bloßes Übergabe-Einschreiben ohne den Zusatz "Eigenhändig" kann nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Deutschen Post AG einem Ersatzempfänger, etwa einem Angehörigen des Empfängers oder einer anderen in den Räumen des Empfängers anwesenden Person, übergeben werden. Die entsprechende Person kann dann die Empfangsbestätigung gegenzeichnen. Diese Form des einfachen Übergabe-Einschreibens würde nach der oben dargestellten überwiegenden Auffassung im Schrifttum den Anforderungen des § 21 Abs. 1 Satz 2 GmbHG genügen. Es ist nicht ersichtlich, dass bei der Entgegennahme durch einen Ersatzempfänger gegenüber dem Einwurf des Schreibens in den Briefkasten ein Vorteil im Hinblick darauf besteht, dass den Gesellschafter die erneute Aufforderung tatsächlich erreicht. Es ist ebenso möglich, dass der Ersatzempfänger vergisst, den Brief an den Empfänger zu übergeben, wie es möglich ist, dass der Empfänger den Briefkasten nicht leert oder das Schreiben zwischen Werbesendungen oder Ähnlichem abhanden kommt (vgl. Köper, NZG 2008, 96, 98).
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cc) Neben der Sicherung des Zugangs dient das Erfordernis der Übermittlung der Zahlungsaufforderung mittels Einschreibens Beweiszwecken (Pentz in Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, 5. Aufl., § 21 Rn. 18; Münch KommGmbHG/Schütz, 2. Aufl., § 21 Rn. 63). Dieser Gesetzesweck ist bei Verwendung des Einwurf-Einschreibens der Deutschen Post AG ebenfalls gewährleistet , mag die Beweiskraft auch nicht so ausgeprägt sein wie bei einem Übergabe -Einschreiben. Bei Vorlage des Einlieferungsbelegs zusammen mit der Reproduktion des Auslieferungsbelegs streitet ein Anscheinsbeweis dafür, dass die Zahlungsaufforderung in den Briefkasten eingelegt ist.
32
(1) Nicht zu folgen ist allerdings einer verbreiteten Ansicht, nach der die Gesellschaft den Beweis des Zugangs der Zahlungsaufforderung bereits durch den Nachweis der Absendung durch Vorlage des Einlieferungsscheins führen kann (so Bayer/Illhardt, GmbHR 2011, 505, 513; Altmeppen in Roth/Altmeppen, GmbHG, 8. Aufl., § 21 Rn. 14; Fastrich in Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl., § 21 Rn. 8; Michalski/Ebbing, GmbHG, 2. Aufl., § 21 Rn. 79; MünchKomm GmbHG/Schütz, 2. Aufl., § 21 Rn. 68; aA Verse in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht , 3. Aufl., § 21 GmbHG Rn. 21; Emmerich in Scholz, GmbHG, 11. Aufl., § 21 Rn. 19; Müller in Ulmer/Habersack/Löbbe, GmbHG, 2. Aufl., § 21 Rn. 39). Diese Auffassung widerspricht den allgemeinen Grundsätzen. Danach kann der Beweis des Zugangs eines Schriftstücks selbst nach den Grundsätzen des Beweises des ersten Anscheins nicht durch den Nachweis der Absendung als erbracht angesehen werden (BGH, Urteil vom 24. April 1996 - VIII ZR 150/95, ZIP 1996, 1170, 1172; Urteil vom 7. Dezember 1994 - VIII ZR 153/93, NJW 1995, 665, 666; Urteil vom 12. Oktober 1978 - IX ZR 34/74, BeckRS 1978, 3120707; Urteil vom 27. Mai 1957 - II ZR 132/56, BGHZ 24, 308, 312 f.). Warum bei der Übersendung der Zahlungsaufforderung etwas anderes gelten soll, wird nicht begründet und ist auch nicht ersichtlich.
33
(2) Beim Einwurf-Einschreiben erfolgt die Ablieferung durch Einwurf der Sendung in den Briefkasten oder das Postfach des Empfängers. Unmittelbar vor dem Einwurf zieht der Postangestellte das sogenannte "Peel-off-Label" (Abziehetikett ), das zur Identifizierung der Sendung dient, von dieser ab und klebt es auf den so vorbereiteten, auf die eingeworfene Sendung bezogenen Auslieferungsbeleg. Auf diesem Beleg bestätigt der Postangestellte nach dem Einwurf mit seiner Unterschrift und der Datumsangabe die Zustellung. Auch beim Einwurf -Einschreiben erhält der Absender auf Wunsch - neben der telefonischen Auskunft - eine Reproduktion des elektronisch archivierten Auslieferungsbelegs (vgl. AG Erfurt, MDR 2007, 1338, 1339; Reichert, NJW 2001, 2523, 2524; Hosenfeld, NZM 2002, 93, 94). Bei Einhaltung dieses Verfahrens ist der Schluss gerechtfertigt, dass die eingelieferte Sendung tatsächlich in den Briefkasten des Empfängers gelangt ist. Für den Absender streitet daher beim Einwurf -Einschreiben nach Vorlage des Einlieferungsbelegs zusammen mit der Reproduktion des Auslieferungsbelegs der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass die Sendung durch Einlegen in den Briefkasten bzw. das Postfach zugegangen ist, wenn das vorbeschriebene Verfahren eingehalten wurde (vgl. OLG Koblenz, OLGR 2005, 869, 870; OLG Saarbrücken, NJOZ 2008, 840, 848 f.; lag Köln BeckRS 2010, 66142; lag Rheinland-Pfalz, Urteil vom 8. Juni 2010 - 11 Sa 496/09, juris Rn. 118; Reichert NJW 2001, 2523, 2524; Saenger/ Gregoritza, JuS 2001, 899, 903 f.; Verse in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht , 3. Aufl., § 21 GmbHG Rn. 21; Palandt/Ellenberger, BGB, 75. Aufl., § 130 Rn. 21; MünchKommBGB/Einsele, 7. Aufl., § 130 Rn. 46; ohne die Einhaltung des Verfahrens ausdrücklich zu erwähnen AG Paderborn NJW 2000, 3722, 3723; AG Hannover, NJOZ 2004, 67; AG Erfurt, MDR 2007, 1338, 1339 f.; Jänich, VersR 1999, 535; Kaiser, NJW 2009, 2187, 2188; Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig-Holstein, Urteil vom 26. Februar 2015 - 3 LB 11/14, juris Rn. 26; Staudinger/Singer, BGB, (2012), § 130 Rn. 108; BeckOGK/Gomille BGB § 130 Rn. 129; zu dem Verfahren vgl. LG Potsdam NJW 2000, 3722; aA AG Kempen, NJW 2007, 1215; Friedrich, VersR 2001, 1090; kritisch auch Bauer/Diller, NJW 1998, 2795, 2796; offen gelassen von BGH, Urteil vom 11. Juli 2007 - XII ZR 164/03, NJW-RR 2007, 1567 Rn. 26).
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Bundesgerichtshof Urteil, 11. Juli 2007 - XII ZR 164/03

bei uns veröffentlicht am 11.07.2007

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 164/03 Verkündet am: 11. Juli 2007 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 08. Jan. 2014 - IV ZR 206/13

bei uns veröffentlicht am 08.01.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 206/13 Verkündet am: 8. Januar 2014 Heinekamp Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja VVG § 3

Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Urteil, 26. Feb. 2015 - 3 LB 11/14

bei uns veröffentlicht am 26.02.2015

Tenor Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 24.04.2013 geändert: Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des gesamten Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Das Urteil ist w

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(1) Im Fall verzögerter Einzahlung kann an den säumigen Gesellschafter eine erneute Aufforderung zur Zahlung binnen einer zu bestimmenden Nachfrist unter Androhung seines Ausschlusses mit dem Geschäftsanteil, auf welchen die Zahlung zu erfolgen hat, erlassen werden. Die Aufforderung erfolgt mittels eingeschriebenen Briefes. Die Nachfrist muß mindestens einen Monat betragen.

(2) Nach fruchtlosem Ablauf der Frist ist der säumige Gesellschafter seines Geschäftsanteils und der geleisteten Teilzahlungen zugunsten der Gesellschaft verlustig zu erklären. Die Erklärung erfolgt mittels eingeschriebenen Briefes.

(3) Wegen des Ausfalls, welchen die Gesellschaft an dem rückständigen Betrag oder den später auf den Geschäftsanteil eingeforderten Beträgen der Stammeinlage erleidet, bleibt ihr der ausgeschlossene Gesellschafter verhaftet.

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

(1) Im Fall verzögerter Einzahlung kann an den säumigen Gesellschafter eine erneute Aufforderung zur Zahlung binnen einer zu bestimmenden Nachfrist unter Androhung seines Ausschlusses mit dem Geschäftsanteil, auf welchen die Zahlung zu erfolgen hat, erlassen werden. Die Aufforderung erfolgt mittels eingeschriebenen Briefes. Die Nachfrist muß mindestens einen Monat betragen.

(2) Nach fruchtlosem Ablauf der Frist ist der säumige Gesellschafter seines Geschäftsanteils und der geleisteten Teilzahlungen zugunsten der Gesellschaft verlustig zu erklären. Die Erklärung erfolgt mittels eingeschriebenen Briefes.

(3) Wegen des Ausfalls, welchen die Gesellschaft an dem rückständigen Betrag oder den später auf den Geschäftsanteil eingeforderten Beträgen der Stammeinlage erleidet, bleibt ihr der ausgeschlossene Gesellschafter verhaftet.

(1) Ein Dokument kann durch die Post mittels Einschreiben durch Übergabe oder mittels Einschreiben mit Rückschein zugestellt werden.

(2) Zum Nachweis der Zustellung genügt der Rückschein. Im Übrigen gilt das Dokument am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als zugestellt, es sei denn, dass es nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Im Zweifel hat die Behörde den Zugang und dessen Zeitpunkt nachzuweisen. Der Tag der Aufgabe zur Post ist in den Akten zu vermerken.

(1) Zustellung ist die Bekanntgabe eines schriftlichen oder elektronischen Dokuments in der in diesem Gesetz bestimmten Form.

(2) Die Zustellung wird durch einen Erbringer von Postdienstleistungen (Post), einen nach § 17 des De-Mail-Gesetzes akkreditierten Diensteanbieter oder durch die Behörde ausgeführt. Daneben gelten die in den §§ 9 und 10 geregelten Sonderarten der Zustellung.

(3) Die Behörde hat die Wahl zwischen den einzelnen Zustellungsarten. § 5 Absatz 5 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Im Fall verzögerter Einzahlung kann an den säumigen Gesellschafter eine erneute Aufforderung zur Zahlung binnen einer zu bestimmenden Nachfrist unter Androhung seines Ausschlusses mit dem Geschäftsanteil, auf welchen die Zahlung zu erfolgen hat, erlassen werden. Die Aufforderung erfolgt mittels eingeschriebenen Briefes. Die Nachfrist muß mindestens einen Monat betragen.

(2) Nach fruchtlosem Ablauf der Frist ist der säumige Gesellschafter seines Geschäftsanteils und der geleisteten Teilzahlungen zugunsten der Gesellschaft verlustig zu erklären. Die Erklärung erfolgt mittels eingeschriebenen Briefes.

(3) Wegen des Ausfalls, welchen die Gesellschaft an dem rückständigen Betrag oder den später auf den Geschäftsanteil eingeforderten Beträgen der Stammeinlage erleidet, bleibt ihr der ausgeschlossene Gesellschafter verhaftet.

(1) Eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, wird, wenn sie in dessen Abwesenheit abgegeben wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in welchem sie ihm zugeht. Sie wird nicht wirksam, wenn dem anderen vorher oder gleichzeitig ein Widerruf zugeht.

(2) Auf die Wirksamkeit der Willenserklärung ist es ohne Einfluss, wenn der Erklärende nach der Abgabe stirbt oder geschäftsunfähig wird.

(3) Diese Vorschriften finden auch dann Anwendung, wenn die Willenserklärung einer Behörde gegenüber abzugeben ist.

(1) Im Fall verzögerter Einzahlung kann an den säumigen Gesellschafter eine erneute Aufforderung zur Zahlung binnen einer zu bestimmenden Nachfrist unter Androhung seines Ausschlusses mit dem Geschäftsanteil, auf welchen die Zahlung zu erfolgen hat, erlassen werden. Die Aufforderung erfolgt mittels eingeschriebenen Briefes. Die Nachfrist muß mindestens einen Monat betragen.

(2) Nach fruchtlosem Ablauf der Frist ist der säumige Gesellschafter seines Geschäftsanteils und der geleisteten Teilzahlungen zugunsten der Gesellschaft verlustig zu erklären. Die Erklärung erfolgt mittels eingeschriebenen Briefes.

(3) Wegen des Ausfalls, welchen die Gesellschaft an dem rückständigen Betrag oder den später auf den Geschäftsanteil eingeforderten Beträgen der Stammeinlage erleidet, bleibt ihr der ausgeschlossene Gesellschafter verhaftet.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 214/00 Verkündet am:
21. Januar 2004
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 127 a.F., 130 Abs. 1 Satz 1

a) Zum Zugang einer per Telefax übermittelten empfangsbedürftigen Willenserklärung
, deren Empfänger urlaubsbedingt abwesend ist.

b) Zum Bedeutungsgehalt einer Vereinbarung, nach der die Kündigung eines Mietvertrages
durch eingeschriebenen Brief erfolgen soll.
BGH, Urteil vom 21. Januar 2004 - XII ZR 214/00 - OLG Saarbrücken
LG Saarbrücken
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. Januar 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter
Sprick, Fuchs, Dr. Ahlt und Dose

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 21. Juni 2000 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Oberlandesgericht über die Verurteilung zur Zahlung von 41.683,19 DM nebst Zinsen hinaus zum Nachteil der Beklagten erkannt hat. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 4. September 1998 - in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 13. Januar 1999 - wird hinsichtlich des Feststellungsantrages zurückgewiesen. Im übrigen wird der Rechtsstreit zur weiteren Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer von der Beklagten ausgesprochenen Kündigung eines gewerblichen Mietverhältnisses.
Der Kläger vermietete durch schriftlichen Mietvertrag vom 23. März 1990 an die Beklagte drei Lagerhallen nebst gewerblichen Flächen, Sanitär- und Sozialräumen zu einem monatlichen Mietzins von 19.500 DM zuzüglich Mehrwertsteuer. Nach § 2 Abs. 2 des Mietvertrages war das Mietverhältnis jeweils zum 30. Juni und 31. Dezember eines jeden Jahres unter Einhaltung einer Frist von 12 Monaten kündbar, für beide Parteien jedoch erstmals zum 31. Dezember 1992. Die Parteien vereinbarten in § 2 Abs. 6 des Mietvertrages, daß die Kündigung durch einen eingeschriebenen Brief zu erfolgen habe. Der Mietvertrag enthielt zudem in § 3 Abs. 2 eine Mietanpassungsklausel. Anläßlich der Bestellung eines dinglichen Vorkaufsrechts zugunsten der Beklagten wurde der Mietvertrag vom 23. März 1990 durch den notariellen Vertrag vom 25. Mai 1990 geringfügig modifiziert. Seit September 1991 fanden Verhandlungen der Parteien über die Anpassung des Mietzinses statt. Durch die Zusatzvereinbarung vom 8./18. Februar 1992 wurde der Mietzins für die Zeit ab 1. Oktober 1991 rückwirkend auf monatlich 21.444,68 DM zuzüglich Mehrwertsteuer festgelegt. Der Kläger verlangte ab Januar 1994 einen Nettomietzins in Höhe von 22.997,80 DM und ab Januar 1995 einen solchen in Höhe von 26.605,53 DM jeweils zuzüglich Mehrwertsteuer. Die Beklagte kündigte mit Schreiben vom 22. Juni 1995 das Mietverhältnis zum 30. Juni 1996. Dieses Schreiben übermittelte sie am 29. Juni 1995 dem Kläger per Telefax. In einem Anschreiben zu der Kündigungserklärung wies die Beklagte darauf hin, daß dem Kläger das Original des Kündigungsschreibens am darauffolgenden Tag über Herr Braun zugehen werde. Am 30. Juni 1995 wurde das Kündigungsschreiben gegen 10 Uhr in den Hausbriefkasten des Klägers eingeworfen. Zu diesem Zeitpunkt war der Kläger mit seiner Ehefrau verreist. Mit Schreiben vom 13. Juli 1995 wies der Kläger die Beklagte darauf
hin, daß er bis heute keine vertragsgemäße Kündigung erhalten habe. Durch Schreiben vom 18. Dezember 1995 verlangte der Kläger für den Zeitraum von 1993 bis 1995 rückständige Mietzinsen in Höhe von insgesamt 63.416,52 DM brutto und machte ab Januar 1996 einen monatlichen Mietzins von 27.813,48 DM brutto geltend. Die Beklagte erklärte durch Schreiben vom 19. Dezember 1995 erneut vorsorglich die Kündigung des Mietvertrages zum 31. Dezember 1996. Sie räumte das Mietobjekt zum 30. Juni 1996. Zwischen den Parteien besteht Streit, ob die Mietsache nach ihrer Rückgabe vermietbar war. Der Kläger verlangt mit der Klage Zahlung des Mietzinses für die zweite Jahreshälfte 1996 in Höhe von 166.880,88 DM sowie Zahlung der von ihm für die Jahre 1994, 1995 und die erste Jahreshälfte 1996 geforderten Mieterhöhungen von 70.165,44 DM. Hilfsweise macht er für die zweite Jahreshälfte 1996 einen Schadensersatz wegen entgangenen Gewinns geltend. Im übrigen beantragt er festzustellen, daß das Mietverhältnis aufgrund der Kündigung der Beklagten vom 19. Dezember 1995 erst zum 31. Dezember 1996 beendet worden ist. Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 41.683,19 DM stattgegeben und im übrigen die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht das Urteil des Landgerichtes abgeändert und die Beklagte verurteilt, weitere 158.900,46 DM zu zahlen. Weiterhin hat es festgestellt, daß das Mietverhältnis erst aufgrund der Kündigung der Beklagten vom 19. Dezember 1995 zum 31. Dezember 1996 beendet wurde. Im übrigen hat es die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten , die der Senat angenommen hat.

Entscheidungsgründe:

Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils im Umfang der Anfechtung und hinsichtlich des Feststellungsantrags zur Zurückweisung der Berufung des Klägers. Im übrigen (Ziffer 1.1. des Tenors) führt sie zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Oberlandesgericht.

I.

Das Oberlandesgericht hat ausgeführt, dem Kläger stünden für den Zeitraum vom 1. Juli bis 31. Dezember 1996 rückständige Mietzinsen in Höhe von 158.900,46 DM zu. Der Kläger könne für diesen Zeitraum Mietzinsen geltend machen, da die Kündigung der Beklagten vom 22. Juni 1995 das Mietverhältnis nicht mit Wirkung zum 30. Juni 1996 beendet habe. Die durch das Telefaxschreiben vom 29. Juni 1995 übermittelte Kündigung der Beklagten sei nicht fristgerecht zugegangen. Die Kündigung durch das Telefax habe zwar dem vertraglich festgelegten Formerfordernis genügt, da eine solche Übermittlung zur Wahrung der gewillkürten Schriftform im Sinne von § 127 BGB a.F. ausreiche. Ein Zugang einer Willenserklärung liege aber nur dann vor, wenn sie derart in den Bereich des Empfängers gelangt sei, daß dieser unter normalen Verhältnissen die Möglichkeit habe, von dem Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen. Aus dem Sendeprotokoll ergebe sich zwar, daß das Telefax am 29. Juni 1995 um 10.39 Uhr von dem Empfangsgerät des Klägers ausgedruckt worden sei. Der Kläger habe aber wegen seines Urlaubes erst nach dem 30. Juni 1995 von dem Telefax Kenntnis erlangt.
Ein fristgerechter Zugang der Kündigung sei auch nicht durch den am 30. Juni 1995 getätigten Einwurf des Kündigungsschreibens in den Hausbriefkasten des Klägers erfolgt. Es könne zwar zugunsten der Beklagten unterstellt werden, daß das vereinbarte Kündigungserfordernis per eingeschriebenem Brief keine Formvoraussetzung im Sinne der §§ 125 ff. BGB gewesen sei, sondern lediglich Beweisfunktion gehabt habe. Die Beklagte habe auch bewiesen, daß das Kündigungsschreiben vom 22. Juni 1995 in den Hausbriefkasten des Klägers am 30. Juli 1995 gegen 10 Uhr eingeworfen worden sei. Für den Zugang der Kündigung sei weiterhin unerheblich, daß der Kläger sich am 30. Juni 1995 auf einer Reise befunden habe. Für diesen Fall hätte er hinreichend Vorsorge dafür treffen müssen, daß die Kündigung, mit der er auch gerechnet habe , rechtzeitig ihm übermittelt werde. Die Kündigung habe den Hausbriefkasten des Klägers aber zu einer Tageszeit erreicht, zu der mit ihrer Entnahme nicht mehr zu rechnen gewesen sei. Nach den Auskunftsschreiben der Deutschen Post vom 3. April 2000 und vom 3. Mai 2000 sei zwar die übliche Zustellzeit in der Wohnstraße des Klägers zwischen 9.30 Uhr und 10.30 Uhr gewesen. Der Kläger habe jedoch bewiesen, daß zwischen ihm und dem Postzusteller eine Vereinbarung bestanden habe, nach der seine Post ihm regelmäßig zwischen 8.30 Uhr und 9.00 Uhr zugestellt worden sei. Innerhalb dieses Zeitraumes sei dem Kläger das Kündigungsschreiben nicht zugegangen. Dem Kläger stehe daher für die Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember 1996 ein Anspruch auf Zahlung von rückständigen Mietzinsen in Höhe von 158.900,46 DM zu. Die von dem Kläger verlangte Erhöhung des Mietzinses nach dem Lebenshaltungsindex sei indes nur in Höhe von 1.822,03 DM monatlich gerechtfertigt, woraus sich ein monatlicher Gesamtmietzins von 26.483,41 DM (24.661,38 + 1.822,03 DM) und damit ein Gesamtbetrag von 158.900,46 DM (26.483,41 x 6) errechne.

II.

Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten der rechtlichen Nachprüfung in entscheidenden Punkten nicht stand. 1. Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist allerdings die Annahme des Berufungsgerichts, daß die in dem Mietvertrag vereinbarte Kündigungsform kein Wirksamkeitserfordernis darstellt. Die in § 2 Abs. 4 des Mietvertrages enthaltene Vertragsklausel beinhaltet die Abrede der Schriftform für die Kündigungserklärung und zusätzlich die Vereinbarung der besonderen Übersendungsart durch einen eingeschriebenen Brief. Bei einer solchen Klausel hat die Schriftform konstitutive Bedeutung im Sinne von § 125 Satz 2 BGB, während die Versendung als Einschreibebrief nur den Zugang der Kündigungserklärung sichern soll. Deswegen ist bei einer solchen Klausel regelmäßig nur die Schriftform als Wirksamkeitserfordernis für die Kündigungserklärung vereinbart, dagegen kann ihr Zugang auch in anderer Weise als durch einen Einschreibebrief wirksam erfolgen (vgl. BGH, Urteil vom 22. April 1996 - II ZR 65/85 - NJW-RR 1996, 866, 867; BAG, Urteil vom 20. September 1979 - 2 AZR 967/77 - NJW 1980, 1304; OLG Frankfurt, NJW-RR 1999, 955; Grapentin in: Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl. Kap. 4 Rdn. 13; MünchKomm/Einsele BGB 4. Aufl. § 130 Rdn. 12). Diesen Anforderungen hat die von der Beklagten ausgesprochene Kündigung genügt, da die Übermittlung einer Willenserklärung durch ein Telefax zur Wahrung der gewillkürten Schriftform - die hier gegeben ist - ausreicht (vgl. BGH, Urteil vom 22. April 1996 aaO 867). Das Berufungsgericht hat in der Vereinbarung der Parteien keine Anhaltspunkte dafür gesehen, daß sie darüber hinaus - abweichend von der genannten Rechtsprechung - hier eine besondere Zugangsart als Wirksamkeitserfordernis der Kündigung vereinbart hätten. Diese Auslegung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
2. Mit Erfolg wendet sich die Revision allerdings gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, die Kündigung der Beklagten vom 22. Juni 1995 sei dem Kläger nicht am 29. Juni 1995 durch das Telefax zugegangen.
a) Eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber in dessen Abwesenheit abzugeben ist, wird in dem Zeitpunkt wirksam, in welchem sie ihm zugeht. Zugegangen ist eine Willenserklärung dann, wenn sie so in den Bereich des Empfängers gelangt ist, daß dieser unter normalen Verhältnissen die Möglichkeit hat, vom Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen (vgl. BGH, Urteil vom 26. November 1997 - VIII ZR 22/97 - NJW 1998, 976, 977; BAG, Urteil vom 16. März 1988 - 7 AZR 587/87 - NJW 1989, 606; BGHZ 67, 271, 275; MünchKomm /Einsele aaO § 130 Rdn. 9; Staudinger/Rolfs BGB - Neubearbeitung 2003 - § 542 Rdn. 29). Willenserklärungen, die durch Fernschreiben oder ein Telefax übermittelt werden, gehen grundsätzlich mit Abschluß des Druckvorganges am Empfangsgerät des Adressaten diesem zu (vgl. BGH, Urteil vom 7. Dezember 1994 - VIII ZR 153/93 - NJW 1995, 665, 667; BGHZ 101, 276, 280; MünchKomm/Einsele aaO § 130 Rdn. 20). Allerdings ist der Zugang erst dann vollendet, wenn die Kenntnisnahme durch den Empfänger möglich und nach der Verkehrsanschauung zu erwarten ist. Daher ist auch bei einer Übermittlung per Telefax auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem sich der Empfänger nach den Gepflogenheiten der Verkehrsanschauung Kenntnis vom Inhalt der Willenserklärung verschaffen konnte (vgl. BGHZ 67 aaO 275; OLG Rostock, NJW-RR 1998, 526, 527; Soergel/Hefermehl BGB 13. Aufl. § 130 Rdn. 8, 13 b, 13 c; MünchKomm/Einsele aaO § 130 Rdn. 20).
b) Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts ist das Telefax am 29. Juni 1995 um 10.39 Uhr von dem Empfangsgerät des Klägers ausgedruckt worden. Für die Wirksamkeit des Zuganges ist es unbeachtlich , daß der Kläger im Zeitpunkt des Ausdruckes wegen seines Urlaubes
nicht anwesend war. Das Berufungsgericht hat verkannt, daß die objektive Möglichkeit zur Kenntniserlangung im abstrakten Sinn zu verstehen ist und daher für den Zugang der Kündigung eine tatsächliche Kenntnisnahme des Klägers nicht erforderlich war. Es genügt, daß die Willenserklärung in den Bereich des Empfängers gelangt ist und zwar so, daß sie üblicherweise - nicht zufällig - alsbald wahrgenommen werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 26. Januar 1997 aaO 977; Soergel/Hefermehl aaO § 130 Rdn. 8). Hierbei hat der Empfänger die Risiken seines räumlichen Machtbereiches zu tragen. Führen diese dazu, daß der Empfänger vom Inhalt der Willenserklärung entweder verspätet oder gar nicht Kenntnis nimmt, sind diese dem Empfänger zuzurechnen, wenn die Erklärung in seinen räumlichen Machtbereich gelangt ist. Daher geht eine Willenserklärung auch dann zu, wenn der Empfänger durch Krankheit oder - wie hier - durch Urlaub daran gehindert ist, von dem Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen. In diesem Fall trifft den Empfänger die Obliegenheit, die nötigen Vorkehrungen zu treffen. Unterläßt er dies, so wird der Zugang durch solche - allein in der Person des Empfängers liegenden - Gründe nicht ausgeschlossen (vgl. BAG, Urteil vom 16. März 1988 aaO 607; MünchKomm/Einsele aaO § 130 Rdn. 35; Soergel/Hefermehl aaO § 130 Rdn. 11).
c) Ohne Erfolg beanstandet die Revisionserwiderung mit der Gegenrüge, daß es sich bei dem Telefaxschreiben lediglich um eine Ankündigung der Kündigungserklärung gehandelt habe. Ausweislich des der Kündigungserklärung vorangestellten Anschreibens hat die Beklagte mit dem Telefax die Kündigung ausdrücklich erklärt. Lediglich das Original des Schreibens sollte nach dem Inhalt des Anschreibens am nächsten Tag dem Kläger persönlich übergeben werden. Mit der Nachsendung des Originals wollte die Beklagte den bekannten Unsicherheiten der fernmeldetechnischen Übermittlung Rechnung tragen. Die Übergabe des Originals der Kündigung und die darin enthaltene Empfangsbe-
stätigung hatten daher lediglich Beweisfunktion, während durch das Telefaxschreiben die Rechtzeitigkeit der Kündigungserklärung gewahrt werden sollte. 3. Es kommt folglich nicht mehr darauf an, ob die Kündigung durch den Einwurf des Kündigungsschreibens in den Hausbriefkasten dem Kläger fristgerecht zugegangen ist. Insoweit kann aber nicht dem Oberlandesgericht gefolgt werden, daß es für den Zugang der Kündigung auf die mit dem Postzusteller individuell vereinbarte Abrede ankommt, nach der die Post dem Kläger üblicherweise zwischen 8.30 Uhr und 9.00 Uhr zugestellt werden sollte. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts ist die Kündigungserklärung am 30. Juni 1995 um 10 Uhr in dem Briefkasten des Klägers geworfen worden. Der Zugang der Kündigung ist an dem Tag bewirkt worden, an dem nach der Verkehrsanschauung mit der Leerung des Briefkastens noch gerechnet werden konnte. Erreicht eine Willenserklärung den Briefkasten des Empfängers zu einer Tageszeit, zu der nach den Gepflogenheiten des Verkehrs eine Entnahme durch den Adressaten nicht mehr erwartet werden kann, so ist sie an diesem Tag nicht mehr zugegangen (vgl. BayVerfGH, NJW 1993, 517, 519). Dabei ist nicht auf die individuellen Verhältnisse des Empfängers, sondern im Interesse der Rechtssicherheit auf die Verkehrsanschauung abzustellen (vgl. Palandt/Heinrichs BGB 63. Aufl. § 130 Rdn. 6). Da Postsendungen - nach den Auskünften der Post AG - in der von dem Kläger bewohnten Straße üblicherweise in der Zeit von 8.30 Uhr bis 10.30 Uhr zugestellt werden, war nach der objektiven Verkehrsanschauung mit der Leerung des Briefkastens um 10.00 Uhr noch zu rechnen. 4. Das BG hat von seinem rechtlichen Standpunkt aus folgerichtig keine Feststellungen darüber erhoben, ob die Klageforderung unter dem Gesichtpunkt des hilfsweise geltend gemachten Schadensersatzanspruches begründet ist. Die Revisionserwiderung hat mit der in der mündlichen Verhandlung erho-
benen Gegenrüge zu Recht beanstandet, daß hinsichtlich des Bestehens eines Schadensersatzes wegen entgangenen Gewinns weitere Feststellungen notwendig sind, die der Senat nicht treffen kann. Die Sache war daher zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Hahne Sprick Fuchs Ahlt Dose

(1) Im Fall verzögerter Einzahlung kann an den säumigen Gesellschafter eine erneute Aufforderung zur Zahlung binnen einer zu bestimmenden Nachfrist unter Androhung seines Ausschlusses mit dem Geschäftsanteil, auf welchen die Zahlung zu erfolgen hat, erlassen werden. Die Aufforderung erfolgt mittels eingeschriebenen Briefes. Die Nachfrist muß mindestens einen Monat betragen.

(2) Nach fruchtlosem Ablauf der Frist ist der säumige Gesellschafter seines Geschäftsanteils und der geleisteten Teilzahlungen zugunsten der Gesellschaft verlustig zu erklären. Die Erklärung erfolgt mittels eingeschriebenen Briefes.

(3) Wegen des Ausfalls, welchen die Gesellschaft an dem rückständigen Betrag oder den später auf den Geschäftsanteil eingeforderten Beträgen der Stammeinlage erleidet, bleibt ihr der ausgeschlossene Gesellschafter verhaftet.

(1) Eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, wird, wenn sie in dessen Abwesenheit abgegeben wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in welchem sie ihm zugeht. Sie wird nicht wirksam, wenn dem anderen vorher oder gleichzeitig ein Widerruf zugeht.

(2) Auf die Wirksamkeit der Willenserklärung ist es ohne Einfluss, wenn der Erklärende nach der Abgabe stirbt oder geschäftsunfähig wird.

(3) Diese Vorschriften finden auch dann Anwendung, wenn die Willenserklärung einer Behörde gegenüber abzugeben ist.

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1. Zwar vermag der (rechtzeitige) Zugang des Benachrichtigungsschreibens den Zugang des Einschreibebriefes nicht zu ersetzen (BGHZ 67, 271, 275; BGHZ 137, 205, 208). Wer aufgrund vertraglicher Beziehungen mit der Zusendung rechtserheblicher Erklärungen zu rechnen hat, muss jedoch geeignete Vorkehrungen dafür treffen, dass ihn derartige Erklärungen auch erreichen (BGH Urteil vom 18. Dezember 1970 - IV ZR 52/69 - VersR 1971, 262, 263; BGHZ 67 aaO S. 278; BGH Urteil vom 27. Oktober 1982 - V ZR 24/82 - NJW 1983, 929, 930; BGHZ 137, 205, 208 f.; BAGE 103, 277, 288; BAG Urteil vom 22. September 2005 - 2 AZR 366/04 - NZA 2006, 204, 205). Das hat die Klägerin hier versäumt. Denn sie musste mit der Zusendung der Kündigung ernsthaft rechnen, weil die Beklagte bei den vorausgegangenen Vertragsverhandlungen deutlich gemacht hatte, über 2001 hinaus an dem Pachtvertrag nicht mehr zu gleichen Konditionen festgehalten werden zu wollen, und der Klägerin zudem am 21. Dezember 2000 telefonisch eine fristgerechte (d.h. spätestens am 31. Dezember 2000 eingehende) Kündigung angekündigt hatte.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

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1. Zwar vermag der (rechtzeitige) Zugang des Benachrichtigungsschreibens den Zugang des Einschreibebriefes nicht zu ersetzen (BGHZ 67, 271, 275; BGHZ 137, 205, 208). Wer aufgrund vertraglicher Beziehungen mit der Zusendung rechtserheblicher Erklärungen zu rechnen hat, muss jedoch geeignete Vorkehrungen dafür treffen, dass ihn derartige Erklärungen auch erreichen (BGH Urteil vom 18. Dezember 1970 - IV ZR 52/69 - VersR 1971, 262, 263; BGHZ 67 aaO S. 278; BGH Urteil vom 27. Oktober 1982 - V ZR 24/82 - NJW 1983, 929, 930; BGHZ 137, 205, 208 f.; BAGE 103, 277, 288; BAG Urteil vom 22. September 2005 - 2 AZR 366/04 - NZA 2006, 204, 205). Das hat die Klägerin hier versäumt. Denn sie musste mit der Zusendung der Kündigung ernsthaft rechnen, weil die Beklagte bei den vorausgegangenen Vertragsverhandlungen deutlich gemacht hatte, über 2001 hinaus an dem Pachtvertrag nicht mehr zu gleichen Konditionen festgehalten werden zu wollen, und der Klägerin zudem am 21. Dezember 2000 telefonisch eine fristgerechte (d.h. spätestens am 31. Dezember 2000 eingehende) Kündigung angekündigt hatte.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, wird, wenn sie in dessen Abwesenheit abgegeben wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in welchem sie ihm zugeht. Sie wird nicht wirksam, wenn dem anderen vorher oder gleichzeitig ein Widerruf zugeht.

(2) Auf die Wirksamkeit der Willenserklärung ist es ohne Einfluss, wenn der Erklärende nach der Abgabe stirbt oder geschäftsunfähig wird.

(3) Diese Vorschriften finden auch dann Anwendung, wenn die Willenserklärung einer Behörde gegenüber abzugeben ist.

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1. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht zunächst einen wirksamen Zugang des qualifizierten Mahnschreibens vom 29. Juni 2008 angenommen. Für den Zugang gemäß § 130 BGB genügt es, wenn das Schreiben so in den Bereich des Empfängers gelangt, dass dieser unter normalen Verhältnissen die Möglichkeit hat, vom Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Juni 2011 - II ZB 15/10, NJW-RR 2011, 1184 Rn. 15; Urteil vom 3. November 1976 - VIII ZR 140/75, BGHZ 67, 271, 275; Knappmann in Prölss/Martin, VVG 28. Aufl. § 38 Rn. 10; MünchKomm-VVG/Staudinger, § 38 Rn. 8; Rixecker in Römer/Langheid, VVG 3. Aufl. § 38 Rn. 11). Zugang bei der Lebensgefährtin des Schuldners war mithin bereits dadurch erzielt, dass das Schreiben in den gemeinsamen Briefkasten gelegt wurde, so dass sie die Möglichkeit hatte, hiervon Kenntnis zu nehmen. Im Übrigen hat der Kläger unter Beweisantritt des Schuldners vorgetragen, dieser habe das Mahnschreiben "entgegengenommen und geöffnet". Familienmitglieder wie Ehegatten und Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft werden regelmäßig als Empfangsboten angesehen (MünchKommVVG /Staudinger aaO Rn. 9; Prölss/Martin aaO).

(1) Im Fall verzögerter Einzahlung kann an den säumigen Gesellschafter eine erneute Aufforderung zur Zahlung binnen einer zu bestimmenden Nachfrist unter Androhung seines Ausschlusses mit dem Geschäftsanteil, auf welchen die Zahlung zu erfolgen hat, erlassen werden. Die Aufforderung erfolgt mittels eingeschriebenen Briefes. Die Nachfrist muß mindestens einen Monat betragen.

(2) Nach fruchtlosem Ablauf der Frist ist der säumige Gesellschafter seines Geschäftsanteils und der geleisteten Teilzahlungen zugunsten der Gesellschaft verlustig zu erklären. Die Erklärung erfolgt mittels eingeschriebenen Briefes.

(3) Wegen des Ausfalls, welchen die Gesellschaft an dem rückständigen Betrag oder den später auf den Geschäftsanteil eingeforderten Beträgen der Stammeinlage erleidet, bleibt ihr der ausgeschlossene Gesellschafter verhaftet.

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 24.04.2013 geändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des gesamten Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der erstattungsfähigen Kosten abzuwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt für den Zeitraum Januar bis März 2012 Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht.

2

Die Klägerin ist seit 2007 Rundfunkteilnehmerin. Aufgrund der Eröffnung eines Privatinsolvenzverfahrens im März 2011 erhielt die Klägerin ab dem 1. April 2011 eine neue Teilnehmernummer; Forderungen aus der alten Teilnehmernummer sollten nicht mehr geltend gemacht werden. In der Folgezeit wurde sie zu Rundfunkgebühren herangezogen.

3

In einem am 17. November 2011 mit der GEZ geführten Telefonat, in dem die Klägerin ausführte, bereits Anfang des Jahres einen Befreiungsantrag gestellt zu haben, wurde ihr mitgeteilt, es sei kein Antrag eingegangen, eine nachträgliche Befreiung komme nicht in Betracht. Sie wurde aufgefordert, den Sachverhalt schriftlich mit Nachweisen darzulegen.

4

Die Klägerin wurde weiter zu Rundfunkgebühren herangezogen.

5

Gegen den in der Folgezeit ergangenen Bescheid vom 1. April 2012, gerichtet an die Adresse Kanzleistr. 14 in A-Stadt, mit dem sie zu Rundfunkgebühren für den Zeitraum Januar bis März 2012 in Höhe von 53,94 Euro und zu einem Säumniszuschlag in Höhe von 5,11 Euro herangezogen worden war, verbunden mit einer Rückstandsmitteilung in Höhe von 236,20 Euro, legte die Klägerin am 22. Mai 2012 Widerspruch ein und machte geltend, sie sei nunmehr in die Ritterstr. 4 in A-Stadt verzogen und habe den Bescheid erst am 4. oder 5. Mai 2012 erhalten. Sie sei bekanntermaßen im Hartz IV- Bezug und habe wiederholt Befreiungsanträge gestellt. Diese seien offenbar immer verloren gegangen. Hinsichtlich der Rückstände aus der Vergangenheit werde wegen des Härtefalles eine Niederschlagung beantragt. Sie sei nicht in der Lage, die Rückstände auszugleichen.

6

Mit Widerspruchsbescheid vom 12. Juli 2012, zugestellt am 19. Juli 2012, wurde der Widerspruch gegen den Gebührenbescheid zurückgewiesen. Ein Befreiungsantrag sei nicht gestellt worden, so dass eine Befreiung nicht gewährt werden könne. Auch habe die Klägerin nicht nachgewiesen, dass bei der Beklagten ein Befreiungsantrag eingegangen sei. Nach den allgemeinen Beweislastregelungen habe die Klägerin den Zugang des Befreiungsantrages zu beweisen.

7

Die Klägerin hat am 17. August 2012 Klage erhoben.

8

Sie hat geltend gemacht, am 6. April 2011 einen Befreiungsantrag mit den notwendigen Unterlagen an die GEZ abgeschickt zu haben. Nachdem sie trotzdem zu Rundfunkgebühren herangezogen worden sei, habe sie bei der GEZ nachgefragt und dann mit Schreiben vom 18. November 2011 unter Bezug auf das Telefonat mit der GEZ erneut einen Befreiungsantrag gestellt. Diesen habe sie im Beisein des Zeugen ... W. ausgefüllt, in einen Briefumschlag gesteckt, ordnungsgemäß adressiert und frankiert. Dann hätten sie gemeinsam das Postamt aufgesucht und den Briefumschlag in den Briefkasten geworfen.

9

In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin einen Bescheid des Jobcenters des Kreises A-Stadt-Eckernförde vorgelegt, nach dem ihr für den Zeitraum Januar bis Juni 2012 monatliche Leistungen nach SGB II in Höhe von 485,26 Euro gewährt worden waren.

10

Die Klägerin hat beantragt,

11

unter Aufhebung des angegriffenen Bescheides vom 1. April 2012 in der Fassung des Widerspruchbescheides vom 12. Juli 2012 die Beklagte zu verpflichten, sie für den Zeitraum Januar bis März 2012 von der Rundfunkgebührenpflicht zu befreien.

12

Der Beklagte hat beantragt,

13

die Klage abzuweisen.

14

Er hat sich auf den angefochtenen Bescheid bezogen.

15

Der Zeuge W. ist in der mündlichen Verhandlung vernommen worden.

16

Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 24. April 2013 der Klage stattgegeben. Die Klägerin habe einen Anspruch auf Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 RGebStV. Zwar sei der von der Klägerin behauptete erstmals im April 2011 gestellte Befreiungsantrag nicht von ihr nachgewiesen worden. Zur Überzeugung des Gerichts habe sie aber im November 2011 einen Befreiungsantrag gestellt. Sie habe durch die Aussage des Zeugen W. unter Beweis gestellt, dass sie den Antrag ordnungsgemäß der Post übergeben habe. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sei der Brief auch bei dem Beklagten eingegangen. Es dränge sich der Eindruck auf, dass der entsprechende Befreiungsantrag vom Beklagten einer falschen Akte zugeordnet worden sei wie dies auch im Verfahren anderer Teilnehmer bereits der Fall gewesen sei. Dies könne in Anbetracht mehrerer Millionen Rundfunkteilnehmer selbst bei Anwendung größter Sorgfalt geschehen. Da die Klägerin sich rechtstreu verhalten habe, sie den Antrag rechtzeitig mit den notwendigen Unterlagen zur Post gegeben habe, sei sie so zu stellen, dass ihr Befreiungsantrag im November 2011 beim Beklagten eingegangen sei. Mithin habe sie einen Anspruch auf Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht für den beantragten Zeitraum Januar bis März 2012.

17

Der Beklagte hat die durch Beschluss vom 08. August 2014 zugelassene Berufung am 29. August 2014 dahingehend begründet, dass aus dem Umstand, dass die Klägerin den Befreiungsantrag im Beisein des Zeugen bei der Post aufgegeben hat, nicht folge, dass dem Beklagten dieses Schreiben tatsächlich zugegangen sei. Als empfangsbedürftige Willenserklärung werde ein Befreiungsantrag gemäß § 130 Abs. 2 Satz 1 BGB erst mit Zugang wirksam. Gemäß § 130 Abs. 3, Abs. 1 Satz 1 BGB werde auch die einer Behörde gegenüber abzugebende Willenserklärung erst dann wirksam, wenn sie ihr zugehe, d. h. so in den Bereich des Empfängers gelange, dass dieser die Möglichkeit der Kenntnisnahme habe. Es reiche dafür aus, dass die Erklärung bei der Eingangsstelle der Behörde eingehe. Dafür treffe die Klägerin nicht nur die Darlegungslast, sondern auch die Nachweispflicht. Dass gleich zwei Anträge der Klägerin „bei der Post verloren gegangen seien", sei nicht erklärlich. Diese Ungereimtheiten gingen zu Lasten der Klägerin. Dem Rundfunkteilnehmer stünden regelmäßig ausreichende und zumutbare Mittel zur Verfügung, im Falle des Bestreitens den Beweis des Zugangs der gebührenrelevanten Schreiben zu erbringen.

18

Der Beklagte beantragt,

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die Klage unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Schleswig vom 24. April 2013 abzuweisen.

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Die Klägerin beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

22

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

23

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Berufung ist begründet.

25

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht für die Monate Januar bis März 2012, denn die Voraussetzungen lagen in dem streitigen Zeitraum nicht vor. Die Klägerin war im streitigen Zeitraum im Bezug von Leistungen nach dem SGB II, hat also zu dem Kreis der Bezieher öffentlicher Sozialleistungen nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 RGebStV, dem hier noch anwendbaren Rundfunkgebührenstaatsvertrag, gehört. Die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht wird indes gemäß § 6 Abs. 4 RGebStV nur auf Antrag gewährt; den Zugang hat der Rundfunkteilnehmer nachzuweisen. An einem derartigen Nachweis fehlt es vorliegend.

26

Der von der Klägerin benannte und im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht vernommene Zeuge W. hat insoweit lediglich bekundet, die Klägerin habe im November 2011 erneut einen Befreiungsantrag in den Briefkasten bei der Hauptpost eingeworfen. Damit ist indes nicht der Nachweis erbracht, dass die Postsendung, respektive der Befreiungsantrag, den Beklagten auch tatsächlich erreicht hat. Einen Beweis des ersten Anscheins für den Zugang einer ordnungsgemäß bei der Post eingelieferten Sendung gibt es nicht (Gall in: Beck’scher Komm. zum Rundfunkrecht, 3. Aufl., § 4 Rn. 40 mwN). Beweispflichtig für den (rechtzeitigen) Zugang ist der Antragsteller (vgl. Gall/Siekmann, a.a.O., § 6 Rn. 15b mwN). § 6 Abs. 4 i.V.m. Absatz 2 RGebStV, wonach der Antrag unter geeignetem Nachweis der Voraussetzungen für eine Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht (vgl. § 6 Abs. 1 RGebStV) bei der zuständigen Landesrundfunkanstalt zu stellen ist, folgt - wie andere dem Rundfunkteilnehmer obliegende Mitwirkungshandlungen auch - den allgemeinen Grundsätzen für empfangsbedürftige Willenserklärungen. Es obliegt dem Rundfunkteilnehmer, das Wirksamwerden des Antrages auf Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht im Bestreitensfall nachzuweisen und hierfür bereits bei der Absendung der Postsendung in geeigneter Weise Vorsorge zu treffen (vgl. für den Fall der Abmeldung BayVGH, Beschl. v. 02.02.2007 - 7 ZB 06.3257 -, zitiert nach juris Rn. 7). Der Zugang kann z. B. bei der Versendungsart „Einschreiben gegen Rückschein“ durch Vorlage des dem Absender übersandten Rückscheins, beim „Übergabeeinschreiben“ und beim Einwurfeinschreiben“ durch Vorlage der entsprechenden Bestätigungen der Post geführt werden (Gall, a.a.O., § 4 Rn. 40 mwN). Dass die Klägerin vorliegend keinen Nachweis über den Zugang bei dem Beklagten zu erbringen vermocht hat, geht zu ihren Lasten, so dass nicht von einer wirksamen Antragstellung auszugehen ist.

27

Anhaltspunkte dafür, dass eine schuldhafte Beweisvereitelung, die ausnahmsweise zu einer Beweislastumkehr zu Gunsten der Klägerin hätte führen können (vgl. hierzu etwa BVerwG, Beschl. v. 12.12.2000 - 11 B 76.00 -, NJW2001, 841f.), vorgelegen haben könnte, sind nicht erkennbar. Von einer derartigen schuldhaften Beweisvereitelung wäre nur dann auszugehen, wenn die Behörde dem beweispflichtigen Kläger die Beweisführung schuldhaft erschwert oder unmöglich gemacht hat (vgl. BGH, Urt. v. 23.10.2008 - VII ZR 64/07 -, NJW 2009, 360). Die Annahme des Verwaltungsgerichts, der Befreiungsantrag der Klägerin sei versehentlich einer falschen Akte zugeordnet worden, findet keine Stütze im Tatsächlichen und ist auch im Übrigen nicht geeignet, eine Beweislastumkehr zu Gunsten der Klägerin herbeizuführen. Der Umstand, dass ein zuvor gestellter Befreiungsantrag den Beklagten nicht erreicht haben soll, hätte der Klägerin Veranlassung dazu geben müssen, jedenfalls den weiteren hier streitigen Befreiungsantrag mit einem Zustellnachweis zur Post aufzugeben.

28

Die Heranziehung zu Rundfunkgebühren für den Zeitraum Januar bis März 2012 ist nach alledem zu Recht erfolgt, so dass das Urteil des Verwaltungsgerichts abzuändern war.

29

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO; die Entscheidung über die Gerichtskostenfreiheit auf § 188 Satz 2 VwGO. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar, § 167 Abs. 2 VwGO i. V.m. §§ 708 Nr. 10, §711 ZPO.

30

Die Revision war nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund im Sinne von § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.


(1) Eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, wird, wenn sie in dessen Abwesenheit abgegeben wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in welchem sie ihm zugeht. Sie wird nicht wirksam, wenn dem anderen vorher oder gleichzeitig ein Widerruf zugeht.

(2) Auf die Wirksamkeit der Willenserklärung ist es ohne Einfluss, wenn der Erklärende nach der Abgabe stirbt oder geschäftsunfähig wird.

(3) Diese Vorschriften finden auch dann Anwendung, wenn die Willenserklärung einer Behörde gegenüber abzugeben ist.

20
1. Zwar vermag der (rechtzeitige) Zugang des Benachrichtigungsschreibens den Zugang des Einschreibebriefes nicht zu ersetzen (BGHZ 67, 271, 275; BGHZ 137, 205, 208). Wer aufgrund vertraglicher Beziehungen mit der Zusendung rechtserheblicher Erklärungen zu rechnen hat, muss jedoch geeignete Vorkehrungen dafür treffen, dass ihn derartige Erklärungen auch erreichen (BGH Urteil vom 18. Dezember 1970 - IV ZR 52/69 - VersR 1971, 262, 263; BGHZ 67 aaO S. 278; BGH Urteil vom 27. Oktober 1982 - V ZR 24/82 - NJW 1983, 929, 930; BGHZ 137, 205, 208 f.; BAGE 103, 277, 288; BAG Urteil vom 22. September 2005 - 2 AZR 366/04 - NZA 2006, 204, 205). Das hat die Klägerin hier versäumt. Denn sie musste mit der Zusendung der Kündigung ernsthaft rechnen, weil die Beklagte bei den vorausgegangenen Vertragsverhandlungen deutlich gemacht hatte, über 2001 hinaus an dem Pachtvertrag nicht mehr zu gleichen Konditionen festgehalten werden zu wollen, und der Klägerin zudem am 21. Dezember 2000 telefonisch eine fristgerechte (d.h. spätestens am 31. Dezember 2000 eingehende) Kündigung angekündigt hatte.