vorgehend
Landgericht Osnabrück, 3 HO 127/96, 17.03.2000
Oberlandesgericht Oldenburg, 4 U 64/00, 13.06.2007

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 287/07 Verkündet am:
22. Februar 2010
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 22. Februar 2010
durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Strohn,
Caliebe, Dr. Reichart und Dr. Löffler

für Recht erkannt:
Auf die Revision der zugleich als Streithelferin der Beklagten zu 2 auftretenden Beklagten zu 1 wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 13. Juni 2007 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte zu 1, ein gemischt-wirtschaftliches Unternehmen brasilianischen Rechts, hat die Aufgabe, Kernbrennstoffe für Kernreaktoren in Brasilien zu beschaffen. Die Klägerin, eine Schweizer Bank, und die Beklagte zu 1 streiten im Rahmen einer Hauptintervention der Klägerin um die Rechte an 14 Zylindern mit angereichertem Uran 235, an denen die Klägerin ein vertragliches Pfandrecht für sich in Anspruch nimmt. Das Uran war in den achtziger Jahren im Auftrag der Beklagten zu 1 von der U. Ltd. (künftig: U. ) in Großbritannien angereichert worden. Anschließend lagerte die Beklagte zu 1 die Zylinder in dem von der Beklagten zu 2 in H. unterhaltenen Lager für Kernbrennstoffe ein.
2
Am 7. März 1994 schloss die Beklagte zu 1 mit der N. E. AG (künftig: NEAG), einer Aktiengesellschaft Schweizer Rechts, u.a. über die bei der Beklagten zu 2 gelagerten Zylinder einen Sachdarlehensvertrag, den die Vertragsparteien brasilianischem Recht unterstellten. Nach Art. 2 des Vertrags waren die Zylinder innerhalb eines Zeitraums von 30 Tagen ab Unterzeichnung vom Darlehensgeber, der Beklagten zu 1, in der Verarbeitungsanlage der Beklagten zu 2 an den Darlehensnehmer, die NEAG, zu liefern; das Eigentum sollte bei Lieferung entsprechend Art. 2 des Vertrages vom Darlehensgeber auf den Darlehensnehmer übergehen.
3
Mit Schreiben vom 18. April 1994 erteilte das Vorstandsmitglied der Beklagten zu 1 Si. der Beklagten zu 2 folgende die 14 Zylinder betreffende Anweisung: "bitte übertragen Sie das oben genannte Material zum 25.4.1994 auf das Materialkonto der S. P. C. (SPC) [einer Tochter der Beklagten zu 2] bei … [der Beklagten zu 2]. … Wir bitten Sie, der SPC zu bestätigen, dass die … Zylinder mit angereichertem UF 6 für die SPC gehalten werden und jederzeit an einen anderen Ort verlagert werden können. Die SPC ist darüber informiert, dass die … Zylinder Eigentum der … [Beklagten zu 1] sind. … "
4
Die Beklagte zu 2 schrieb der SPC - nachrichtlich der Beklagten zu 1 - am 20. April 1994: "… gemäß Anweisung unseres Geschäftspartners … [der Beklagten zu 1] übertragen wir zum 29. April 1994 das folgende angereicherte Kernmaterial auf das Materialkonto der S. P. C. : … Die … Zylinder sind Eigentum der … [Beklagten zu 1]."
5
Herr Si. schrieb der SPC am 29. April 1994: "Die … [Beklagte zu 1] hat die … [Beklagte zu 2] angewiesen, zum 25.4.1994 … [u.a. das in den 14 Zylindern befindliche Material] auf das Konto der SPC zu übertragen. Wir bitten Sie, nachdem SPC die Bestätigung dieser Übertragung durch … [die Beklagte zu 2] erhalten hat, das betreffende Material dem Materialkonto der N. T. C. bei der SPC gutzuschreiben."
6
Bei der in diesem Schreiben erwähnten N. T. C. (künftig: NTC) handelte es sich um eine Gesellschaft mit Sitz in C. /USA, die als rechtsgeschäftliche Vertreterin der NEAG auftrat.
7
Die SPC teilte der NTC mit Schreiben vom 3. Mai 1994 mit: "… am 29.4.1994 erhielt die SPC die Bestätigung …, dass … [u.a. das in den 14 Zylindern enthaltene Material] auf das Materialkonto der SPC übertragen wurde, sowie die Anweisungen der … [Beklagten zu 1], [das Kernmaterial] auf dem Materialkonto der NTC bei der SPC gutzuschreiben."
8
Am 12. September 1994 sah sich Herr Si. zu folgender Mitteilung an die Beklagte zu 2 veranlasst: "… im April 1994 übertrug die … [Beklagte zu 1] das im Betreff genannte Material auf das Materialkonto der SPC. Wir sind darüber informiert, dass Unklarheit bezüglich des Status des Materials besteht, das bis heute noch nicht übertragen oder bewegt wurde. Um die Position der … [Beklagten zu 1] klarzustellen , ist festzustellen, dass die N. AG Eigentümerin des auf Materialkonto der SPC geführten angereicherten Urans ist, so dass wir Sie auffordern , voll mit der SPC und/oder N. oder ihrem Vertreter … zusammenzuarbeiten. …"
9
Die Klägerin stand mit der NEAG in Geschäftsverbindung. In einem am 12. Juli 1989 geschlossenen und nach dem Willen der Parteien Schweizer Recht unterstellten Vertrag über die "Verpfändung und Abtretung von Waren" einigte sich die Klägerin mit der NEAG dahin, der Klägerin solle ein Pfandrecht an allen künftig in gesonderter Korrespondenz bezeichneten Waren zustehen. Die Klägerin gewährte der NEAG ein Darlehen über 18,5 Mio. US-$, das sie im April 1995 kündigte. Im März 1995 nahm sie gegenüber der Beklagten zu 2 ein Pfandrecht an Kernbrennelementen in Anspruch. Mit Schreiben vom 25. September 1995 übersandte die NTC der Klägerin auf deren Aufforderung, die Zylinder zu bezeichnen, an denen ihr ein Pfandrecht zukomme, eine Liste über die in Streit stehenden 14 Zylinder mit dem Zusatz "Held for [Klägerin]".
10
Die NTC fiel im Februar 1995 in Konkurs; über das Vermögen der NEAG wurde im April 1996 das Konkursverfahren eröffnet. In beiden Konkursverfahren werden die Zylinder nicht zur Konkursmasse beansprucht. Die Beklagte zu 1 erklärte im März 1995 die Anfechtung der Erklärungen von Herrn Si.
11
Die Parteien streiten im Rahmen einer von der Klägerin angestrengten Hauptintervention darum, ob die Klägerin ein Pfandrecht an den Zylindern erworben hat; sie sind auch unterschiedlicher Auffassung darüber, ob die geschilderten Transaktionen dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft (künftig: EAG-Vertrag) widersprechen. Ferner streiten die Parteien darüber, ob die Übereignung der Zylinder von der Beklagten zu 1 an die NEAG wirksam war, obwohl die Übergabe an die NEAG abweichend vom Darlehensvertrag gestaltet wurde, ob sich die Beklagte zu 1 die entsprechenden Anweisungen von Herrn Si. nach brasilianischen Rechtsscheingrundsätzen zurechnen lassen muss und ob diese Anweisungen ohne vorherige schriftliche Änderung des Vertrags gültig waren, ob die Beklagte zu 1 ihr zuzurechnende Willenserklärungen wirksam angefochten hat und ob die Übereignung der Zy- linder von der Beklagten zu 1 an die NEAG wegen einer Fernwirkung USamerikanischer Importregelungen für Kernbrennstoffe nichtig war.
12
Das Landgericht hat dem Antrag der Klägerin entsprechend festgestellt, der Beklagten zu 1 stehe gegen die Beklagte zu 2 kein Anspruch auf Herausgabe der Zylinder zu, und hat die Beklagte zu 2 zur Herausgabe der Zylinder an die Klägerin verurteilt, die während des Berufungsverfahrens von der Beklagten zu 2 in Frankreich eingelagert wurden. Die Beklagte zu 1 hat für sich und als Streithelferin für die Beklagte zu 2 Berufung eingelegt. Das Berufungsgericht hat dem Gerichtshof der Europäischen Union verschiedene, die Auslegung des EAG-Vertrages betreffende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt, die der Gerichtshof mit Urteil vom 12. September 2006 unter der bis dahin unstreitigen Prämisse, der Austausch von Uran zwischen der Beklagten zu 1 und der U. sei für die Gemeinschaft versorgungsbilanzneutral gewesen, dahin entschieden hat, die Kapitel 6 und 8 des Titels II des EAG-Vertrages seien nicht anwendbar. Die Beklagte zu 1 hat nunmehr die neue Behauptung aufgestellt, Teile des von der U. angereicherten Materials stammten aus P. Die Lieferung dieses Materials an sie sei nach dem EAG-Vertrag nicht versorgungsbilanzneutral gewesen, weil sie der U. vorab nicht in ausreichender Menge Anreicherungsmaterial zur Verfügung gestellt habe. Das Berufungsgericht hat die Richtigkeit dieses Vortrags als für die Anwendung des EAG-Vertrages unerheblich dahinstehen lassen und - nach dem Tenor des Berufungsurteils - die "Berufung der Beklagten zu 1" zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Beklagte zu 1 - zugleich als Streithelferin der Beklagten zu 2 - mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:


13
Die Revision der Beklagten zu 1, auch in ihrer Eigenschaft als Streithelferin der Beklagten zu 2, hat Erfolg und führt unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
14
I. Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:
15
Die Hauptintervention, deren Zulässigkeit aufgrund des rechtskräftigen landgerichtlichen Zwischenurteils feststehe, sei begründet. Die Klägerin habe nach deutschem Sachrecht, das nach dem Grundsatz der lex rei sitae auf die in der Bundesrepublik Deutschland gelagerten Zylinder Anwendung finde, ein Pfandrecht an den Zylindern erworben. Die Beklagte zu 1, der das Eigentum nach dem Anreicherungsvertrag mit der U. zunächst zugestanden habe, habe sich in dem Sachdarlehensvertrag vom 7. März 1994 mit der NEAG über den Übergang des Eigentums geeinigt. Die Übergabe sei dadurch geschehen, dass die Beklagte zu 1 ihren mittelbaren Besitz aufgegeben habe, indem sie die Beklagte zu 2 angewiesen habe, künftig nur noch für die SPC zu besitzen, und die SPC angewiesen habe, nicht mehr ihr, sondern der NTC und über diese vermittelt der NEAG Besitz zu mitteln, und indem beide die ihnen erteilten Weisungen befolgt hätten. Die darauf zielenden Erklärungen des Herrn Si. müsse sich die Beklagte zu 1 gegenüber der NEAG nach den Grundsätzen der brasilianischen Rechtsscheinlehre zurechnen lassen. Eine Anfechtung dieser Erklärung sei ins Leere gegangen, weil die Beklagte zu 1 über die wirtschaftliche Lage der NEAG nicht arglistig getäuscht worden sei. Die Klägerin habe nach der lex rei sitae ein Pfandrecht an den Zylindern erworben. Die NTC habe als Vertreterin der NEAG mit Schreiben vom 25. September 1995 ein ausrei- chend bestimmtes Angebot auf dingliche Einräumung eines Pfandrechts gegenüber der Klägerin abgegeben. Einer ausdrücklichen Annahme durch die Klägerin habe es nicht bedurft. Die Übergabe der Pfandsachen sei dadurch bewirkt worden, dass die NTC auf der Grundlage ihres Schreibens vom 25. September 1995 nicht mehr der NEAG, sondern nunmehr der Klägerin den Besitz gemittelt habe. Aus dem Schreiben der NTC vom 25. September 1995 ergebe sich zugleich, dass sie zuvor von der NEAG über die Verpfändung unterrichtet worden sei. Die Verpfändung der Zylinder an die Klägerin sei nicht wegen eines Verstoßes gegen - den Import von Uran regelnde - Rechtsvorschriften des US-amerikanischen Rechts sittenwidrig und nichtig. Bestimmungen des EAG-Vertrages spielten für die Beziehungen der Parteien zueinander keine Rolle, weil die Geschäfte auch nach Maßgabe des nachträglichen Vortrags der Beklagten zu 1 für die Gemeinschaft versorgungsbilanzneutral gewesen seien. Im Übrigen begründe der EAG-Vertrag kein zivilrechtliches Eigentum der Gemeinschaft.
16
II. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
17
A. In der Revisionsinstanz sind - auf die Revision der Beklagten zu 1 für sie selbst und als Streithelferin für die Beklagte zu 2 - sowohl der gegen die Beklagte zu 1 gerichtete Feststellungsantrag als auch der gegen die Beklagte zu 2 gerichtete Leistungsantrag angefallen. Das Berufungsgericht hat sowohl über die eigene Berufung der Beklagten zu 1 als auch über ihre Berufung als Streithelferin der Beklagten zu 2 entschieden. Dies ergeben Tatbestand und Entscheidungsgründe des Berufungsurteils, die zur Auslegung des Tenors heranzuziehen sind (BGHZ 159, 66, 69; 142, 388, 391), und in denen sich das Berufungsgericht mit beiden Anträgen befasst hat. Die Rechtshängigkeit des Leis- tungsantrags ist daher nicht, wie dies im Falle eines Übergehens des für die Beklagte zu 2 gestellten Berufungsantrags der Fall gewesen wäre, nach Ablauf der Frist des § 321 Abs. 2 ZPO entfallen (dazu BGH, Beschl. v. 9. November 2006 - VII ZR 176/05, BauR 2007, 431, 432; Urt. v. 16. Februar 2005 - VIII ZR 133/04, BGH-Report 2005, 872, 873 f.).
18
B. Das Berufungsurteil kann aber keinen Bestand haben, weil sich mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung weder ein Herausgabeanspruch der Beklagten zu 1 gegen die Beklagte zu 2 verneinen noch die Annahme rechtfertigen lässt, der Klägerin stehe gegen die Beklagte zu 2 ein Anspruch auf Herausgabe der Zylinder zu.
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1. Das Berufungsgericht hat auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen zu Unrecht angenommen, die Klägerin habe von der NEAG als Eigentümerin ein Pfandrecht an den Zylindern erworben und könne deshalb von der Beklagten zu 2 Herausgabe der Zylinder verlangen.
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a) Noch zutreffend hat das Berufungsgericht eine Übereignung von der Beklagten zu 1 an die NEAG und die Bestellung eines Pfandrechts zugunsten der Klägerin an den damals in der Bundesrepublik Deutschland gelagerten Zylinder nach deutschem Sachrecht beurteilt. Die Frage, welches Recht auf einen Sachverhalt mit Auslandsbezug anwendbar ist, entscheiden die deutschen Gerichte nach deutschem internationalem Privatrecht. Danach galt auch schon vor Einführung des Artikels 43 EGBGB für alle sachenrechtlichen Tatbestände nach gewohnheitsrechtlichen Grundsätzen zwingend die lex rei sitae, also das Recht des Lageortes der Sache (BGHZ 100, 321, 324; 39, 173, 174; BGH, Urt. v. 25. September 1996 - VIII ZR 76/95, ZIP 1997, 275, 277; v. 9. Mai 1996 - IX ZR 244/95, ZIP 1996, 1181, 1182; v. 28. September 1994 - IV ZR 95/93, WM 1994, 2124, 2126; v. 30. Januar 1980 - VIII ZR 197/78, WM 1980, 410, 411).
21
Der Anwendung deutschen Sachrechts steht nicht entgegen, dass sich die Zylinder zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung in zweiter Instanz nicht mehr in der Bundesrepublik Deutschland befanden. Zwar hat die Anknüpfung des Sachstatuts an den Lageort der Sache grundsätzlich zur Konsequenz, dass durch das bloße Verbringen der Sache in ein anderes Staatsgebiet für das Rechtswirkungsstatut (nicht für das Rechtsbestandsstatut) ein Statutenwechsel eintritt, ohne dass es grundsätzlich darauf ankommt, aufgrund welcher Umstände der Lageort verändert wurde, Artikel 43 Abs. 2 EGBGB (MünchKommBGB/Wendehorst 4. Aufl. Artikel 43 EGBGB Rdn. 125 f.). Anderes gilt aber, wenn trotz des Ortswechsels von einer fortbestehenden wesentlich engeren Verbindung zum Recht des ursprünglichen Lageorts auszugehen ist, Artikel 46 EGBGB. Das ist hier mit der Folge der Anwendung deutschen Rechts der Fall.
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b) Rechtsfehlerhaft ist jedoch die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte zu 1 habe der NEAG im April 1994 Eigentum an den streitgegenständlichen Zylindern verschafft. Ungeachtet der Frage, ob die Beklagte zu 1 zu diesem Zeitpunkt selbst Eigentümerin war und ungeachtet der Einwände der Revision gegen das Zustandekommen und die Rechtsbeständigkeit der dinglichen Einigung mangelt es auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts jedenfalls an der erforderlichen Übergabe als zweitem Element einer Eigentumsübertragung an die NEAG.
23
aa) Die Beklagte zu 1 war im April 1994 mittelbare Besitzerin der Zylinder. Für sie übte die Beklagte zu 2 den unmittelbaren Besitz aus. Da nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ein Übergabesurrogat in Form der Abtretung des Herausgabeanspruchs (§ 931 BGB) ausscheidet, die Beklagte zu 2 aber weiterhin unmittelbare Besitzerin der Zylinder blieb, konnte es zu einer Übergabe des Besitzes an die NEAG nach § 929 Satz 1, § 868 BGB nur kommen , wenn die Beklagte zu 1 jeden mittelbaren Besitz verlor (BGHZ 92, 280, 288; BGH, Urt. v. 8. Juni 1989 - IX ZR 234/87, WM 1989, 1393, 1395; v. 17. Mai 1971 - VIII ZR 15/70, WM 1971, 742, 743; v. 14. Juli 1960 - VIII ZR 174/59, WM 1960, 1035, 1038; v. 21. April 1959 - VIII ZR 148/58, WM 1959, 813, 815; RGZ 137, 23, 25; Soergel/Henssler, BGB 13. Aufl. § 929 Rdn. 55 und 59; Tiedtke, WM 1978, 446, 447 ff.).
24
Einen Verlust des mittelbaren Besitzes durch einverständliche Aufhebung des Lagervertrages hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Seine Annahme , die Beklagte zu 1 habe ihren mittelbaren Besitz vollständig dadurch verloren, dass die Beklagte zu 2 ihren Besitzmittlungswillen änderte und ab dem 29. April 1994 nicht mehr für die Beklagte zu 1, sondern für die SPC besitzen wollte, hält den Angriffen der Revision nicht stand.
25
Das Berufungsgericht hat seine Auffassung, die Beklagte zu 2 habe nach April 1994 nicht mehr für die Beklagte zu 1 besitzen wollen, auf das Schreiben vom 20. April 1994 gestützt. Es ist bereits zweifelhaft, ob der Wortlaut dieses Schreibens den Schluss auf eine Änderung des Besitzmittlungswillens der Beklagten zu 2 zulässt. Denn die Beklagte zu 2 bestätigt in diesem Schreiben zwar die Verbuchung der Zylinder auf dem Materialkonto der SPC, also die Begründung eines Besitzmittlungsverhältnisses zu dieser Tochtergesellschaft. Das Besitzmittlungsverhältnis zur Beklagten zu 1 war damit aber nicht ohne Weiteres beendet, weil die Beklagte zu 2, ohne eine Änderung ihres Vertragsverhält- nisses zur Beklagten zu 1 zu erwähnen, gleichzeitig darauf hingewiesen hat, die Beklagte zu 1 sei Eigentümerin der Zylinder.
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Jedenfalls aber hätte das Berufungsgericht bei der Ermittlung der Besitzverhältnisse ab dem 29. April 1994 den Vortrag der Beklagten zu 1 nicht unberücksichtigt lassen dürfen, das Fortbestehen des Besitzmittlungswillens der Beklagten zu 2 zugunsten der Beklagten zu 1 sei daraus ersichtlich, dass die Beklagte zu 2 die Zylinder auch nach April 1994 für die Beklagte zu 1 verbucht und ihr die Kosten der Verwahrung in Rechnung gestellt habe. Diesen Vortrag hat das Berufungsgericht ebenso wenig sachgerecht gewürdigt wie das Schreiben von Herrn Si. vom 12. September 1994 an die Beklagte zu 2, in dem die fehlende Übertragung des Materials ausdrücklich beanstandet und deutlich gemacht wird, dass es Unklarheiten über die Eigentumsverhältnisse gebe.
27
Diese von der Beklagten zu 1 gegen eine Änderung des Besitzmittlungswillens der Beklagten zu 2 vorgetragenen Indizien konnte das Berufungsgericht nicht deshalb unbeachtet lassen, weil sie sich im Wesentlichen auf Umstände nach Abgabe der Erklärung am 20. April 1994 bezogen. Zwar sind bei der Auslegung empfangsbedürftiger Willenserklärungen nur solche Umstände zu berücksichtigen, die dem Empfänger bei Zugang der Willenserklärung erkennbar sind (BGH, Urt. v. 24. Juni 1988 - V ZR 49/87, WM 1988, 1599, 1600 f.). Das schließt es aber, überträgt man diese Grundsätze auf die nach außen verlautbarte Änderung des Besitzmittlungswillens, nicht aus, aus späteren Vorgängen Rückschlüsse auf den tatsächlichen Willen und das tatsächliche Verständnis der Beteiligten zu ziehen (Sen.Urt. v. 16. März 2009 - II ZR 68/08, ZIP 2009, 880 Tz. 16; BGH, Urt. v. 26. November 1997 - XII ZR 308/95, NJWRR 1998, 801, 803; v. 16. Oktober 1997 - IX ZR 164/96, ZIP 1998, 106, 107; v. 24. Juni 1988 aaO).

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bb) Die Rüge der Beklagten zu 1 als Streithelferin der Beklagten zu 2, das Berufungsgericht habe im Zusammenhang mit der von ihm angenommenen Übereignung an die NEAG unzureichend aufgeklärt, für wen die Beklagte zu 2 nach April 1994 Besitz gemittelt habe, ist in dem - den Herausgabeanspruch betreffenden - Prozessrechtsverhältnis der Klägerin zu der Beklagten zu 2 trotz des von dem nicht postulationsfähigen Rechtsanwalt der Beklagten zu 2 vor Schluss der mündlichen Verhandlung beim Senat eingereichten Schriftsatzes beachtlich. Ein Widerspruch der Beklagten zu 2 im Sinne des § 67 letzter Halbs. ZPO liegt nicht vor. Dabei kann dahinstehen, ob der Widerspruch als einseitige Erklärung gegenüber dem Gericht (BAG, ZIP 1987, 308; Wieczorek/Schütze/ Mansel, ZPO 3. Aufl. § 67 Rdn. 16) im Anwaltsprozess ohnehin nur von einem postulationsfähigen Prozessvertreter geltend gemacht werden kann (dagegen OLG Hamm, OLGR 1998, 44; 1996, 143, 144; wohl auch OLG Celle, OLGR 2002, 88, 89). Jedenfalls ergibt der schriftsätzliche Vortrag der Beklagten zu 2 in der Sache keinen Widerspruch. Die Äußerung der Beklagten zu 2, sie habe - über eine Abtretung des ursprünglich zugunsten der Beklagten zu 1 begründeten Herausgabeanspruchs im Ungewissen - für den wahren Berechtigten besitzen wollen, bestätigt im Gegenteil indirekt die Behauptung der Beklagten zu 1, die Beklagte zu 2 habe 1994 ihren Besitzmittlungswillen nicht geändert. Denn damit gab die Beklagte zu 2 zu erkennen, weiterhin aufgrund des ursprünglich mit der Beklagten zu 1 bestehenden Besitzmittlungsverhältnisses Besitz gemittelt zu haben.
29
cc) Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts ist die Übergabe deshalb als fehlgeschlagen anzusehen. Das Berufungsgericht wird den revisionsrechtlich als richtig zu unterstellenden Vortrag der Beklagten zu 1 prüfen und die gebotenen Feststellungen treffen müssen. In die- sem Zusammenhang wird es sich außerdem damit befassen müssen, welcher Art die - für die Vollendung einer Übergabe nach § 929 Satz 1 BGB durch Übertragung des mittelbaren Besitzes konstitutiven - Besitzmittlungsverhältnisse (§ 868 BGB) in einer Besitzkette von der Beklagten zu 2 über die SPC zur NEAG waren und welcher Rechtsordnung sie unterliegen. Dabei wird es auch zu berücksichtigen haben, dass sich dem Schreiben der SPC vom 3. Mai 1994 nicht entnehmen lässt, ob die SPC auf die Weisung des Herrn Si. vom 29. April 1994 tatsächlich ein - weiteres - Besitzmittlungsverhältnis zur NTC/NEAG begründete.
30
c) Von Rechtsirrtum beeinflusst ist schließlich die Auffassung des Berufungsgerichts , die Klägerin habe von der NEAG ein Pfandrecht an den 14 Zylindern erworben.
31
aa) War die NEAG - wovon revisionsrechtlich auszugehen ist - nicht Eigentümerin , konnte sie der Klägerin kein Pfandrecht nach § 1205 Abs. 2 BGB bestellen. Die Voraussetzungen eines - dann allein in Betracht kommenden - gutgläubigen Erwerbs eines Pfandrechts von einem Nichtberechtigten nach § 1207 BGB hat das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - nicht geprüft.
32
bb) Abgesehen davon wird auch die Annahme des Berufungsgerichts, die für die Bestellung eines Pfandrechts notwendige Übergabe der Zylinder sei nach § 1205 Abs. 2 BGB dadurch ersetzt worden, dass die NEAG, vertreten durch die NTC, der Klägerin mittelbaren Besitz an den Zylindern übertragen habe, von seinen Feststellungen nicht getragen.
33
Das Berufungsgericht hat seine Auffassung, die NEAG habe der Klägerin mittelbaren Besitz an den Zylindern eingeräumt, auf das Schreiben der NTC an die Klägerin vom 25. September 1995 gestützt. Zu einer - für die Übertragung des mittelbaren Besitzes nach § 1205 Abs. 2 BGB, § 870 BGB erforderlichen - Abtretung des Herausgabeanspruchs der NEAG gegen NTC an die Klägerin, die auch bei Anwendung der lex rei sitae auf das dingliche Geschäft an das Forderungsstatut anzuknüpfen ist - Artikel 33 Abs. 2 EGBGB in der bis zum 17. Dezember 2009 geltenden Fassung -, fehlen jedoch jegliche Feststellungen. Sollte es in dem wieder eröffneten Berufungsverfahren darauf ankommen, wird sich das Berufungsgericht mit Bestehen und Rechtsnatur eines schuldrechtlichen Herausgabeanspruchs der NEAG gegen die NTC ebenso befassen müssen wie mit der Frage, welches Recht auf den Herausgabeanspruch anzuwenden ist und ob er an die Klägerin abgetreten worden ist. Der Herausgabeanspruch unterlag nicht zwingend deutschem Recht, da das Besitzkonstitut im Sinne der §§ 868 ff. BGB auch bei der Anwendung des deutschen Sachrechts gesondert angeknüpft wird.
34
Ob das Berufungsgericht auf der Grundlage seiner Feststellungen mit Recht davon ausgegangen ist, die NEAG habe der NTC die Verpfändung im Sinne des § 1205 Abs. 2 BGB angezeigt, kann deshalb dahin stehen (vgl. RG HRR 1929 Nr. 497; WarnRspr. 1930 Nr. 69 S. 134, 135; Staudinger/Wiegand, BGB Neubearb. 2009 § 1205 Rdn. 30 a.E.). Ebenso wenig kommt es auf die Angriffe der Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts an, der Klägerin stehe gegen die NEAG eine - durch das Pfandrecht gesicherte - Forderung in entsprechender Höhe zu.
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d) Im Übrigen hat das Berufungsgericht den der Klägerin zuerkannten Herausgabeanspruch gegen die Beklagte zu 2 auf eine unzutreffende An- spruchsgrundlage gestützt. § 1231 Satz 1 BGB greift nicht, weil er an eine hier nicht gegebene Begründung eines Pfandrechts durch Übertragung des Mitbesitzes (§ 1206 BGB) anknüpft und dem Pfandgläubiger lediglich für diesen Fall einen besonderen Herausgabeanspruch gegen den mitbesitzenden Verpfänder oder dessen Rechtsnachfolger einräumt. Ob hingegen der Pfandgläubiger bei einer Verpfändung nach § 1205 Abs. 2 BGB vom unmittelbaren Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen kann, bestimmt sich nach dem zwischen dem Pfandgläubiger und seinem Besitzmittler bestehenden Rechtsverhältnis (Achilles/Gebhard/Spahn, Protokolle zum BGB III S. 463 mit den Motiven zum BGB III S. 818, 3. Absatz; E. Schultz, Die Pfandansprüche nach § 1227 des Bürgerlichen Gesetzbuchs für das Deutsche Reich, 1903, S. 7; Meikel, Recht 1908, 197, 198; Staudinger/Wiegand, BGB Neubearb. 2009 § 1231 Rdn. 1 f.; MünchKommBGB/Damrau 5. Aufl. § 1231 Rdn. 4; BGB-RGRK/Kregel, 12. Aufl. § 1231 Rdn. 2; Erman/Michalski, BGB 12. Aufl. § 1231 Rdn. 1; Soergel/Habersack, BGB 13. Aufl. § 1231 Rdn. 3; Bamberger/Roth/Sosnitza, BGB 2. Aufl. § 1231 Rdn. 3). Das Berufungsgericht wird deshalb gegebenenfalls zu prüfen haben, ob ein an die Klägerin abgetretener schuldrechtlicher Herausgabeanspruch der NEAG gegen die NTC in einer Besitzkette von der Klägerin über die NTC und die SPC zur Beklagten zu 2 nach dem auf die Besitzmittlungsverhältnisse anzuwendenden Recht auch die Beklagte zu 2 zur Herausgabe verpflichtet.
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2. Das Berufungsgericht hat sich im Zusammenhang mit dem Feststellungsantrag nicht damit befasst, ob die Beklagte zu 1 aufgrund ihrer schuldrechtlichen Beziehungen zur Beklagten zu 2 Herausgabe der Zylinder verlangen kann. Es hat - stillschweigend - angenommen, wegen der von ihm bejahten Übertragung des Eigentums auf die NEAG sei ein aus den schuldrechtlichen Beziehungen der Beklagten folgender Herausgabeanspruch der Beklagten zu 1 ohne weiteres entfallen. Davon hätte das Berufungsgericht aber nur ausgehen dürfen, wenn es eine Abtretung des Herausgabeanspruchs im Zuge einer Übereignung nach §§ 929, 931 BGB oder eine einverständliche Aufhebung des Lagervertrages rechtsfehlerfrei festgestellt hätte. Beides ist nicht der Fall.
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Sollte das Berufungsgericht bei seiner erneuten Prüfung zu einer Übergabe aufgrund einer Änderung des Besitzmittlungswillens der Beklagten zu 2 kommen, müsste es sich nach Maßgabe des jeweils anzuwendenden Rechts mit dem Rangverhältnis eines vertraglichen Herausgabeanspruchs der Beklagten zu 1 zu einem Herausgabeanspruch der Klägerin auseinandersetzen.
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3. Für eine erneute Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union besteht derzeit kein Anlass. Dabei kann der Senat offen lassen, ob die Verwertung des nachgeschobenen Vortrags der Beklagten zu 1 zur Herkunft des von der U. verarbeiteten Materials im Prozessrechtsverhältnis der Klägerin zur Beklagten zu 2 an einem in zweiter Instanz von der Beklagten zu 2 erklärten Widerspruch (§ 67 letzter Halbs. ZPO) scheitert. Selbst wenn es an einem Widerspruch fehlt und die Bestimmungen des EAG-Vertrages für die Eigentumslage von Bedeutung sein können, kommt eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union vor einer Zurückverweisung nach § 563 Abs. 1 ZPO nicht in Betracht. Da die tatsächlichen Voraussetzungen eines Eigentumserwerbs der Klägerin ebenso wenig geklärt sind wie die Herkunft des von der U. verarbeiteten Materials, könnte der Gerichtshof der Europäischen Union über eine ihm nicht obliegende gutachtliche Beantwortung abstrakter Rechtsfragen hinaus nicht sinnvoll zur Auslegung des EAG-Vertrages Stellung nehmen (so auch EuGH, Urt. v. 21. Februar 2006 - Rs. C-152/03, H.J. Ritter-Coulais u.a. gegen Finanzamt Germersheim, Slg. 2006, I-1711 Tz. 15; v. 30. September 2003 - Rs. C-167/01, Inspire Art Ltd, Slg. 2003, I-10155 Tz. 45; vgl. auch BGH, Urt. v.
3. Februar 1994 - I ZR 282/91, GRUR 1994, 519, 520 f.). Deshalb sind vor einer Befassung des Gerichtshofes der Europäischen Union zunächst die offenen Vorfragen von dem nationalen Gericht zu klären.
39
III. Aufgrund der aufgezeigten Rechtsfehler unterliegt das Berufungsurteil der Aufhebung. Mangels Endentscheidungsreife ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§§ 562, 563 Abs. 1 ZPO), damit es - ggf. nach ergänzendem Sachvortrag der Parteien und Beweiserhebung - die noch erforderlichen Feststellungen treffen kann.
Goette Strohn Caliebe
Reichart Löffler
Vorinstanzen:
LG Osnabrück, Entscheidung vom 17.03.2000 - 3 HO 127/96 -
OLG Oldenburg, Entscheidung vom 13.06.2007 - 4 U 64/00 -

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IPR: Vertrag nach ausländischem Recht über eine in Deutschland belegene Sache

05.09.2012

zum anwendbaren Recht für Eigentumsübertragung und Vertragsauslegung-BGH vom 20.07.12-Az:V ZR 135/11

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Urteil, 22. Feb. 2010 - II ZR 287/07 zitiert 14 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Zivilprozessordnung - ZPO | § 562 Aufhebung des angefochtenen Urteils


(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen

Zivilprozessordnung - ZPO | § 321 Ergänzung des Urteils


(1) Wenn ein nach dem ursprünglich festgestellten oder nachträglich berichtigten Tatbestand von einer Partei geltend gemachter Haupt- oder Nebenanspruch oder wenn der Kostenpunkt bei der Endentscheidung ganz oder teilweise übergangen ist, so ist auf

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 929 Einigung und Übergabe


Zur Übertragung des Eigentums an einer beweglichen Sache ist erforderlich, dass der Eigentümer die Sache dem Erwerber übergibt und beide darüber einig sind, dass das Eigentum übergehen soll. Ist der Erwerber im Besitz der Sache, so genügt die Einigun

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 868 Mittelbarer Besitz


Besitzt jemand eine Sache als Nießbraucher, Pfandgläubiger, Pächter, Mieter, Verwahrer oder in einem ähnlichen Verhältnis, vermöge dessen er einem anderen gegenüber auf Zeit zum Besitz berechtigt oder verpflichtet ist, so ist auch der andere Besitzer

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 931 Abtretung des Herausgabeanspruchs


Ist ein Dritter im Besitz der Sache, so kann die Übergabe dadurch ersetzt werden, dass der Eigentümer dem Erwerber den Anspruch auf Herausgabe der Sache abtritt.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1205 Bestellung


(1) Zur Bestellung des Pfandrechts ist erforderlich, dass der Eigentümer die Sache dem Gläubiger übergibt und beide darüber einig sind, dass dem Gläubiger das Pfandrecht zustehen soll. Ist der Gläubiger im Besitz der Sache, so genügt die Einigung übe

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 870 Übertragung des mittelbaren Besitzes


Der mittelbare Besitz kann dadurch auf einen anderen übertragen werden, dass diesem der Anspruch auf Herausgabe der Sache abgetreten wird.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1227 Schutz des Pfandrechts


Wird das Recht des Pfandgläubigers beeinträchtigt, so finden auf die Ansprüche des Pfandgläubigers die für die Ansprüche aus dem Eigentum geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1206 Übergabeersatz durch Einräumung des Mitbesitzes


Anstelle der Übergabe der Sache genügt die Einräumung des Mitbesitzes, wenn sich die Sache unter dem Mitverschluss des Gläubigers befindet oder, falls sie im Besitz eines Dritten ist, die Herausgabe nur an den Eigentümer und den Gläubiger gemeinschaf

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1207 Verpfändung durch Nichtberechtigten


Gehört die Sache nicht dem Verpfänder, so finden auf die Verpfändung die für den Erwerb des Eigentums geltenden Vorschriften der §§ 932, 934, 935 entsprechende Anwendung.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1231 Herausgabe des Pfandes zum Verkauf


Ist der Pfandgläubiger nicht im Alleinbesitz des Pfandes, so kann er nach dem Eintritt der Verkaufsberechtigung die Herausgabe des Pfandes zum Zwecke des Verkaufs fordern. Auf Verlangen des Verpfänders hat anstelle der Herausgabe die Ablieferung an e

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Bundesgerichtshof Urteil, 16. März 2009 - II ZR 68/08

bei uns veröffentlicht am 16.03.2009

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 68/08 Verkündet am: 16. März 2009 Vondrasek Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 22. Feb. 2010 - II ZR 287/07.

Bundesgerichtshof Urteil, 06. Juli 2018 - V ZR 39/17

bei uns veröffentlicht am 06.07.2018

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 39/17 Verkündet am: 6. Juli 2018 Weschenfelder Amtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2018:060718UVZR39.17.0 Der V. Zivi

Bundesgerichtshof Urteil, 20. Juli 2012 - V ZR 135/11

bei uns veröffentlicht am 20.07.2012

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 135/11 Verkündet am: 20. Juli 2012 Lesniak Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Referenzen

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

(1) Wenn ein nach dem ursprünglich festgestellten oder nachträglich berichtigten Tatbestand von einer Partei geltend gemachter Haupt- oder Nebenanspruch oder wenn der Kostenpunkt bei der Endentscheidung ganz oder teilweise übergangen ist, so ist auf Antrag das Urteil durch nachträgliche Entscheidung zu ergänzen.

(2) Die nachträgliche Entscheidung muss binnen einer zweiwöchigen Frist, die mit der Zustellung des Urteils beginnt, durch Einreichung eines Schriftsatzes beantragt werden.

(3) Auf einen Antrag, der die Ergänzung des Urteils um einen Hauptanspruch zum Gegenstand hat, ist ein Termin zur mündlichen Verhandlung anzuberaumen. Dem Gegner des Antragstellers ist mit der Ladung zu diesem Termin der den Antrag enthaltende Schriftsatz zuzustellen. Über einen Antrag, der die Ergänzung des Urteils um einen Nebenanspruch oder den Kostenpunkt zum Gegenstand hat, kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, wenn die Bedeutung der Sache keine mündliche Verhandlung erfordert; § 128 Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.

(4) Eine mündliche Verhandlung hat nur den nicht erledigten Teil des Rechtsstreits zum Gegenstand.

Ist ein Dritter im Besitz der Sache, so kann die Übergabe dadurch ersetzt werden, dass der Eigentümer dem Erwerber den Anspruch auf Herausgabe der Sache abtritt.

Zur Übertragung des Eigentums an einer beweglichen Sache ist erforderlich, dass der Eigentümer die Sache dem Erwerber übergibt und beide darüber einig sind, dass das Eigentum übergehen soll. Ist der Erwerber im Besitz der Sache, so genügt die Einigung über den Übergang des Eigentums.

Besitzt jemand eine Sache als Nießbraucher, Pfandgläubiger, Pächter, Mieter, Verwahrer oder in einem ähnlichen Verhältnis, vermöge dessen er einem anderen gegenüber auf Zeit zum Besitz berechtigt oder verpflichtet ist, so ist auch der andere Besitzer (mittelbarer Besitz).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 68/08 Verkündet am:
16. März 2009
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 133 B, 157 C
Zeitlich nach einem Vertragsschluss liegende Umstände können zwar den objektiven
Inhalt der Willenserklärungen nicht mehr beeinflussen. Sie sind jedoch
für die Ermittlung des tatsächlichen Willens und das tatsächliche Verständnis
der an dem Rechtsgeschäft Beteiligten von Bedeutung.
Eine Pensionszusage kann von den zwingenden Vorschriften des BetrAVG
nicht zu Lasten des Versorgungsberechtigten abweichen, hingegen ist dessen
Besserstellung ohne weiteres möglich (vgl. z.B. Sen.Urt. v. 17. Dezember 2001
- II ZR 222/99, ZIP 2002, 364 f.).
BGH, Urteil vom 16. März 2009 - II ZR 68/08 - OLG Nürnberg
LG Nürnberg-Fürth
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. März 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette
und die Richter Kraemer, Dr. Strohn, Caliebe und Dr. Reichart

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 27. Februar 2008 aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 23. Februar 2007 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten der Rechtsmittel zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der 1943 geborene Kläger, der seit Juni 1984 als angestellter Arbeitnehmer bei der Beklagten beschäftigt war, wurde mit Wirkung zum 3. Juni 1986 für die Dauer von 5 Jahren zum Mitglied des Vorstands der Beklagten bestellt. § 6 des Anstellungs- und Pensionsvertrags der Parteien vom 10. Juli 1986 bestimmt hinsichtlich des Ruhegeldes: § 6 Ruhegeld (1) Herr G. hat im Pensionsfall Anspruch auf ein lebenslanges Ruhegeld. Das jährliche Ruhegeld wird prozentual berechnet nach dem zuletzt geltenden Jahresgehalt gemäß § 2 Absatz 1 Buchstabe a) und der Mindesttantieme.
Die Pension beträgt per heute 0,0 % des Gehalts und der Festtantieme und erhöht sich für jedes weitere Jahr der Tätigkeit um 10 %, insgesamt höchstens auf 60 %.
Unbeschadet der vorangehenden Regelung ist jedenfalls die bis heute entstandene Ruhegeldzusage unverfallbar.
Für die Höhe des Ruhegeldes gerechnet vom 01.06.1984 gelten die Regelungen des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung („Betriebsrentengesetz“ ), insbesondere § 2 Absatz 1 Satz 1 Betriebsrentengesetz. …
(2) Der Pensionsfall tritt ein, wenn

a) der Anstellungsvertrag wegen dauernder Arbeitsunfähigkeit gemäß § 5 Absatz 2 endet,

b) der Anstellungsvertrag mit oder nach Vollendung des 62. Lebensjahres endet,

c) der Anstellungsvertrag vor Vollendung des 62. Lebensjahres endet, weil er vorzeitig beendet oder nicht verlängert wird.

d) Für Buchstabe a) und c) gilt das Betriebsrentengesetz nicht.

2
Am 31. August/9. September 1988 vereinbarten die Parteien eine "Änderung zum Anstellungs- und Pensionsvertrag" (im Folgenden: Änderungsvertrag ): Zwischen der P. AG und Herrn G. ist am 10.07.1986 ein Anstellungs- und Pensionsvertrag abgeschlossen worden, aufgrund dessen Herr G. zum bis 02.06.1991 zum Mitglied des Vorstandes der P. AG bestellt worden ist.
In § 6 des vorgenannten Anstellungs- und Pensionsvertrages ist vorgesehen, dass Herr G. ein Ruhegeld erhält, wenn der Anstellungsvertrag vor Vollendung des 62. Lebensjahres endet, weil er vorzeitig beendet oder nicht verlängert wird. Es sind Zweifel bezüglich der Wirksamkeit dieser Regelung geltend gemacht worden.
Obwohl Herr G. diese Zweifel nicht teilt, ist er bereit, insbesondere auf Ansuchen des Aufsichtsrates und der Großaktionäre und im Hinblick auf die wirtschaftliche Situation der
P. AG und die Bemühungen der Stammaktionäre der P. AG, einen neuen finanzstarken und für die weitere Entwicklung der P. AG förderlichen Mehrheitsaktionär zu gewinnen, einen Beitrag zu leisten, indem er auf die vorgenannten Rechte in erheblichem Maße verzichtet. Herr G. möchte mit diesem erheblichen Verzicht auch den Fortbestand des Anstellungs- und Pensionsvertrages sichern.
Dies vorausgeschickt, wird folgendes vereinbart:
1. § 6 Absatz 2 Buchstabe c) … des Anstellungs- und Pensionsvertrages vom 10.07.1986 werden aufgehoben.
2. Falls der Anstellungs- und Pensionsvertrag von Herrn G. über den 02.06.1991 hinaus nicht um mindestens 3 Jahre zu mindestens den gleichen Konditionen, die zum Zeitpunkt des Abschlusses dieses Vertrages gelten, verlängert wird - worauf kein Anspruch besteht und hierdurch auch nicht begründet werden soll -, erhält Herr G. als eine einmalige Entschädigung i.S.v. § 24 Ziffer 1 Buchstabe a) EStG für die weitgehende Aufgabe von Pensionsansprüchen vor Vollendung des 62. Lebensjahres zum Zeitpunkt der Vertragsbeendigung einen brutto zu zahlenden Betrag in Höhe eines Jahresgehaltes und einer jährlichen Mindesttantieme …, das sind DM 360.000,--, … . § 6 Absatz 4 des Anstellungs- und Pensionsvertrages findet auf diese Entschädigung keine Anwendung.
Die gleiche Entschädigung ist bei Vertragsbeendigung - gegebenenfalls unbeschadet der Ansprüche auf die laufenden Bezüge - auch dann zu zahlen, wenn der Anstellungs - und Pensionsvertrag vor dem 02.06.1991 ganz oder teilweise rechtswirksam beendet wird, gleichgültig von wem und aus welchen Gründen (also auch im Fall einverständlicher Vertragsbeendigung), sofern nur kein von Herrn G. verschuldeter wichtiger Grund für die Vertragsbeendigung vorliegt. …

3
Der Kläger schied zum 31. März 1989 aus dem Vorstand der Beklagten aus, sein Anstellungsvertrag wurde gegen Zahlung einer Abfindung für die vorzeitige Vertragsauflösung in Höhe von 720.000,00 DM brutto zu diesem Zeitpunkt einvernehmlich beendet. Die Abfindungsvereinbarung vom 13. Februar 1989 lautet: … 4. Für die Berechnung des Pensionsanspruchs von Herrn G. wird der 2. Juni 1991 als Ende seiner Dienstzeit unterstellt.
5. Mit den oben genannten Zahlungen sind mit Ausnahme der später fällig werdenden Pensionsverpflichtungen der P. AG alle Zahlungsverpflichtungen der P. AG, insbesondere bezüglich Kostenerstattungen, Urlaub etc. befriedigt bzw. abgegolten. …

4
Mit seiner Klage hat der Kläger, der am 2. März 2005 sein 62. Lebensjahr vollendet hat, Zahlung eines monatlichen Ruhegelds in Höhe von 7.669,38 €, insgesamt 122.710,08 €, für die Zeit von April 2005 bis einschließlich Juli 2006 verlangt.
5
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen. Dagegen richtet sich die von dem erkennenden Senat zugelassene Revision des Klägers.

Entscheidungsgründe:


6
Die Revision hat Erfolg.
7
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
8
Dem Kläger stehe kein Anspruch auf Zahlung eines Ruhegeldes nach Vollendung des 62. Lebensjahres zu. Die Parteien hätten mit der Vereinbarung vom 31. August/9. September 1988 den Anstellungs- und Pensionsvertrag dahingehend abgeändert, dass die Pensionszusage gemäß § 6 Abs. 2 lit. c - wenn der Anstellungsvertrag vor Vollendung des 62. Lebensjahres ende, weil er vorzeitig beendet oder nicht verlängert werde - in vollem Umfang entfallen sei. Der Abänderungsvertrag sei eindeutig, klar, nicht in sich widersprüchlich und somit nicht auslegungsbedürftig. Er sei weder durch die von den Parteien beim Ausscheiden des Klägers geschlossene Abfindungsvereinbarung nachträglich abgeändert worden noch sei er nichtig.
9
II. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung in mehrfacher Hinsicht nicht stand.
10
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts stehen dem Kläger nach § 6 Abs. 2 lit. c des Anstellungs- und Pensionsvertrags die geltend gemachten Pensionsansprüche nach Vollendung seines 62. Lebensjahres zu. Durch den Änderungsvertrag verzichtete der Kläger im Falle einer Beendigung des Anstellungsvertrags vor dem 2. Juni 1991 lediglich auf Pensionsansprüche vor Vollendung des 62. Lebensjahres; Pensionsansprüche nach diesem Zeitpunkt wurden durch den Änderungsvertrag nicht berührt. Durch § 6 Abs. 2 lit. d des Anstellungs- und Pensionsvertrags wurde der Kläger für den hier vorliegenden , in § 6 Abs. 2 lit. c geregelten Pensionsfall - § 6 Abs. 2 lit. b, für den dies nicht gilt, ist entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung nicht einschlägig - gegenüber den Bestimmungen des BetrAVG in der Weise besser gestellt, dass seine Versorgungsansprüche schon mit ihrem Entstehen unverfallbar waren (vgl. Sen.Urt. v. 17. Dezember 2001 - II ZR 222/99, ZIP 2002, 364 f. m.w.Nachw.; Sen.Urt. v. 18. Juni 2007 - II ZR 89/06, WM 2007, 1662, 1663 f.).
11
1. Schon im Ansatz verfehlt ist die Annahme des Berufungsgerichts, der Text des Änderungsvertrags sei in dem Sinne eindeutig, dass für den Fall einer Beendigung des Anstellungsvertrags vor dem 62. Lebensjahr jegliche Ruhe- geldansprüche entfallen sollten, weshalb für eine Vertragsauslegung kein Raum sei.
12
a) Diese Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegt in vollem Umfang der Überprüfung durch den Senat. Zwar ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes die Auslegung einer Individualvereinbarung grundsätzlich Sache des Tatrichters; sie kann vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob der Auslegungsstoff vollständig berücksichtigt ist und gesetzliche Auslegungsregeln, Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verletzt sind (vgl. z.B. Sen.Urt. v. 11. März 1996 - II ZR 26/95, NJW-RR 1996, 932; BGHZ 150, 32, 37 m.w.Nachw.; BGH, Urt. v. 10. Juni 2005 - V ZR 225/04, NZM 2005, 755). Ob eine Willenserklärung eindeutig ist, ist hingegen eine Rechtsfrage, die der revisionsrechtlichen Überprüfung in vollem Umfang zugänglich ist (Sen.Urt. v. 11. März 1996 aaO; BGH, Urt. v. 25. April 2002 - IX ZR 254/00, NJW 2002, 2867; v. 9. Januar 1981 - V ZR 18/80, WM 1981, 362, 363).
13
b) Anders als das Berufungsgericht meint, lässt sich dem Wortlaut des Änderungsvertrags, nimmt man nicht nur einzelne Regelungen, sondern den gesamten Text in den Blick, keineswegs eindeutig entnehmen, dass der Kläger im Falle der Beendigung des Anstellungsvertrags vor Erreichen des 62. Lebensjahres auch auf Pensionsansprüche nach diesem Zeitpunkt verzichtet hat. Das Berufungsgericht stützt sich für seine Auffassung auf Nr. 1 des Änderungsvertrags , die bestimmt, dass § 6 Abs. 2 lit. c aufgehoben wird. Zwar mag der Inhalt dieser Vertragsbestimmung für sich genommen unmissverständlich sein. Das Berufungsgericht lässt jedoch rechtsfehlerhaft unberücksichtigt, dass sowohl der Inhalt der Präambel als auch der Regelung in Nr. 2 des Änderungsvertrags mit einem solchen Verständnis schlechthin nicht zu vereinbaren sind.
14
Wie sich aus dem zweiten Absatz der Präambel ergibt, ist Gegenstand des Änderungsvertrags ausschließlich der in § 6 Abs. 2 lit. c geregelte Pensionsfall , dass der Anstellungsvertrag vor Vollendung des 62. Lebensjahres endet , weil er vorzeitig beendet oder nicht verlängert wird. Sollten, wie das Berufungsgericht meint, in diesem Fall jegliche Pensionsansprüche, nämlich sowohl solche vor als auch nach Vollendung des 62. Lebensjahres, entfallen, kann nicht davon die Rede sein, dass der Kläger - wie es im dritten Absatz der Präambel heißt - lediglich "in erheblichem Maße" auf sie verzichtet hat.
15
Zudem sieht Nr. 2, 1. Abs. des Änderungsvertrags für den Fall, dass der Anstellungsvertrag über den 2. Juni 1991 hinaus nicht verlängert oder - wie Nr. 2, 2. Abs. bestimmt - vor diesem Zeitpunkt beendet wird, eine Entschädigung "für die weitgehende Aufgabe von Pensionsansprüchen vor Vollendung des 62. Lebensjahres" vor, während die dem Kläger nach § 6 Abs. 2 lit. c des Anstellungs- und Pensionsvertrags außerdem zustehenden Pensionsansprüche nach Vollendung des 62. Lebensjahres nicht einmal erwähnt werden. Auch dies steht der Annahme des Berufungsgerichts, der Kläger habe im Änderungsvertrag für den Fall der vorzeitigen Beendigung des Anstellungsvertrags - noch dazu eindeutig - auf sämtliche Pensionsansprüche verzichtet, ersichtlich entgegen.
16
2. Ebenso von Rechtsfehlern beeinflusst ist die Auffassung des Berufungsgerichts , bei der Feststellung des Inhalts des Änderungsvertrags könne der später geschlossene Abfindungsvertrag nicht berücksichtigt werden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes können zeitlich nach dem Vertragsschluss liegende Umstände zwar den objektiven Vertragsinhalt nicht mehr beeinflussen. Sie sind jedoch für die Ermittlung des tatsächlichen Willens und das tatsächliche Verständnis der an dem Rechtsgeschäft Beteilig- ten von Bedeutung (vgl. nur BGH, Urt. v. 16. Oktober 1997 - IX ZR 164/96, NJW-RR 1998, 259; Urt. v. 26. November 1997 - XII ZR 308/95, NJW-RR 1998, 801, 803; Urt. v. 24. Juni 1988 - V ZR 49/87, NJW 1988, 2878, 2879).
17
Nr. 5 des Abfindungsvertrags spricht zweifelsfrei dafür, dass nach dem übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien die Pensionsansprüche des Klägers nach Vollendung des 62. Lebensjahres durch den Änderungsvertrag nicht berührt werden sollten. Dort ist bestimmt, dass die später fällig werdenden Pensionsverpflichtungen der Beklagten durch die beim Ausscheiden des Klägers geleisteten Zahlungen nicht abgegolten werden. Soweit sich die Beklagte darauf beruft, mit den Pensionszahlungen im Sinne dieser Bestimmung seien nicht die Ruhegeldzahlungen nach dem Anstellungs- und Pensionsvertrag, sondern eine dem Kläger angeblich aufgrund betrieblicher Übung zustehende, betragsmäßig geringfügige Betriebsrente gemeint, ist dies im Zusammenhang mit dem Regelungsgegenstand des Abfindungsvertrags gänzlich fern liegend. Diese sich ohnehin aufdrängende Auslegung wird dadurch bestätigt, dass in Nr. 4 des Abfindungsvertrags "für die Berechnung des Pensionsanspruchs" des Klägers als Ende der Dienstzeit der 2. Juni 1991 ausdrücklich als maßgebend unterstellt wird. Abgesehen davon, dass dies auf den Tag genau der im Anstellungs - und Pensionsvertrag des Klägers vereinbarten fünfjährigen Dauer seiner Tätigkeit als Vorstand entspricht, ist diese Bestimmung auch nur für die - in § 6 Abs. 2 des Anstellungs- und Pensionsvertrags geregelte - Höhe des ihm als Vorstand zugesagten Ruhegeldes von maßgeblicher Bedeutung, während der Betrag einer etwaigen, allenfalls geringfügigen Betriebsrente hierdurch jedenfalls nicht nennenswert beeinflusst wird. Darauf, ob dem Kläger - was das Berufungsgericht nicht festgestellt hat - eine Betriebsrente zusteht, kommt es deshalb nicht an.
18
3. Von Rechtsfehlern beeinflusst ist schließlich die Würdigung der Aussage des Zeugen H. . Das Berufungsgericht stützt seine Überzeugung, der Kläger habe in dem Änderungsvertrag für den Fall der Beendigung des Anstellungsvertrags vor dem 2. Juni 1991 auf sämtliche Pensionsansprüche verzichtet , auf die Aussage dieses Zeugen, ohne sie vollständig zu würdigen. Denn es lässt gänzlich unberücksichtigt, dass der Zeuge auch bekundet hat, die Vorstandsmitglieder hätten nach der Vorstellung des Aufsichtsrates auf das "Zwischenruhegeld" ("wenn also der Vertrag zwischen dem damaligen Zeitpunkt und dem 62. Lebensjahr enden sollte") verzichten sollen; über Ruhegeldansprüche nach dem 62. Lebensjahr sei nach seiner Erinnerung nicht verhandelt worden. Dies steht mit dem Vortrag des Klägers in Einklang, wonach Gegenstand des Abfindungsvertrags lediglich Pensionsansprüche zwischen seinem Ausscheiden und der Vollendung des 62. Lebensjahres gewesen seien und er in dem Änderungsvertrag lediglich auf diese Ansprüche verzichtet habe. Darauf, wie der Zeuge H. subjektiv den Änderungsvertrag verstanden hat, kommt es entgegen der verfehlten Annahme des Berufungsgerichts nicht an.
19
4. Da aus den aufgezeigten Gründen dem Änderungsvertrag ein - auch Pensionsansprüche nach Vollendung des 62. Lebensjahres umfassender - Verzicht des Klägers nicht entnommen werden kann, bedarf die Frage, ob eine solche Vereinbarung gegen § 3 BetrAVG a.F. verstoßen würde und deshalb nichtig wäre, keiner Entscheidung.
20
III. Das Berufungsurteil unterliegt der Aufhebung. Die in der Revisionsverhandlung von der Revisionserwiderung erhobene Gegenrüge zur Höhe der Versorgungsansprüche nötigt den Senat nicht zu einer Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Da die Berechnung der Pensionsansprüche des Klägers durch das Landgericht aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist und weitere tatrichterliche Feststellungen nicht in Betracht kommen, hat der Senat in der Sache selbst zu entscheiden und unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten das stattgebende landgerichtliche Urteil wiederherzustellen (§ 563 Abs. 3 ZPO).

Goette Kraemer Strohn
Caliebe Reichart
Vorinstanzen:
LG Nürnberg-Fürth, Entscheidung vom 23.02.2007 - 2 HKO 5913/06 -
OLG Nürnberg, Entscheidung vom 27.02.2008 - 12 U 630/07 -

Zur Übertragung des Eigentums an einer beweglichen Sache ist erforderlich, dass der Eigentümer die Sache dem Erwerber übergibt und beide darüber einig sind, dass das Eigentum übergehen soll. Ist der Erwerber im Besitz der Sache, so genügt die Einigung über den Übergang des Eigentums.

Besitzt jemand eine Sache als Nießbraucher, Pfandgläubiger, Pächter, Mieter, Verwahrer oder in einem ähnlichen Verhältnis, vermöge dessen er einem anderen gegenüber auf Zeit zum Besitz berechtigt oder verpflichtet ist, so ist auch der andere Besitzer (mittelbarer Besitz).

(1) Zur Bestellung des Pfandrechts ist erforderlich, dass der Eigentümer die Sache dem Gläubiger übergibt und beide darüber einig sind, dass dem Gläubiger das Pfandrecht zustehen soll. Ist der Gläubiger im Besitz der Sache, so genügt die Einigung über die Entstehung des Pfandrechts.

(2) Die Übergabe einer im mittelbaren Besitz des Eigentümers befindlichen Sache kann dadurch ersetzt werden, dass der Eigentümer den mittelbaren Besitz auf den Pfandgläubiger überträgt und die Verpfändung dem Besitzer anzeigt.

Gehört die Sache nicht dem Verpfänder, so finden auf die Verpfändung die für den Erwerb des Eigentums geltenden Vorschriften der §§ 932, 934, 935 entsprechende Anwendung.

(1) Zur Bestellung des Pfandrechts ist erforderlich, dass der Eigentümer die Sache dem Gläubiger übergibt und beide darüber einig sind, dass dem Gläubiger das Pfandrecht zustehen soll. Ist der Gläubiger im Besitz der Sache, so genügt die Einigung über die Entstehung des Pfandrechts.

(2) Die Übergabe einer im mittelbaren Besitz des Eigentümers befindlichen Sache kann dadurch ersetzt werden, dass der Eigentümer den mittelbaren Besitz auf den Pfandgläubiger überträgt und die Verpfändung dem Besitzer anzeigt.

Der mittelbare Besitz kann dadurch auf einen anderen übertragen werden, dass diesem der Anspruch auf Herausgabe der Sache abgetreten wird.

(1) Zur Bestellung des Pfandrechts ist erforderlich, dass der Eigentümer die Sache dem Gläubiger übergibt und beide darüber einig sind, dass dem Gläubiger das Pfandrecht zustehen soll. Ist der Gläubiger im Besitz der Sache, so genügt die Einigung über die Entstehung des Pfandrechts.

(2) Die Übergabe einer im mittelbaren Besitz des Eigentümers befindlichen Sache kann dadurch ersetzt werden, dass der Eigentümer den mittelbaren Besitz auf den Pfandgläubiger überträgt und die Verpfändung dem Besitzer anzeigt.

Ist der Pfandgläubiger nicht im Alleinbesitz des Pfandes, so kann er nach dem Eintritt der Verkaufsberechtigung die Herausgabe des Pfandes zum Zwecke des Verkaufs fordern. Auf Verlangen des Verpfänders hat anstelle der Herausgabe die Ablieferung an einen gemeinschaftlichen Verwahrer zu erfolgen; der Verwahrer hat sich bei der Ablieferung zu verpflichten, das Pfand zum Verkauf bereitzustellen.

Anstelle der Übergabe der Sache genügt die Einräumung des Mitbesitzes, wenn sich die Sache unter dem Mitverschluss des Gläubigers befindet oder, falls sie im Besitz eines Dritten ist, die Herausgabe nur an den Eigentümer und den Gläubiger gemeinschaftlich erfolgen kann.

(1) Zur Bestellung des Pfandrechts ist erforderlich, dass der Eigentümer die Sache dem Gläubiger übergibt und beide darüber einig sind, dass dem Gläubiger das Pfandrecht zustehen soll. Ist der Gläubiger im Besitz der Sache, so genügt die Einigung über die Entstehung des Pfandrechts.

(2) Die Übergabe einer im mittelbaren Besitz des Eigentümers befindlichen Sache kann dadurch ersetzt werden, dass der Eigentümer den mittelbaren Besitz auf den Pfandgläubiger überträgt und die Verpfändung dem Besitzer anzeigt.

Wird das Recht des Pfandgläubigers beeinträchtigt, so finden auf die Ansprüche des Pfandgläubigers die für die Ansprüche aus dem Eigentum geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung.

Zur Übertragung des Eigentums an einer beweglichen Sache ist erforderlich, dass der Eigentümer die Sache dem Erwerber übergibt und beide darüber einig sind, dass das Eigentum übergehen soll. Ist der Erwerber im Besitz der Sache, so genügt die Einigung über den Übergang des Eigentums.

Ist ein Dritter im Besitz der Sache, so kann die Übergabe dadurch ersetzt werden, dass der Eigentümer dem Erwerber den Anspruch auf Herausgabe der Sache abtritt.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.