Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Apr. 2019 - XII ZB 546/18

bei uns veröffentlicht am17.04.2019
vorgehend
Amtsgericht Kamen, 50 F 442/17, 18.10.2017
Oberlandesgericht Hamm, 12 UF 209/17, 07.11.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 546/18
vom
17. April 2019
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Reicht der Rechtsmittelführer einen Verfahrenskostenhilfeantrag verbunden mit
einem Schriftsatz ein, der die formalen Anforderungen einer Beschwerdeschrift
erfüllt, kommt die Deutung, dass der Schriftsatz zunächst nur als Antrag auf
Gewährung von Verfahrenskostenhilfe gemeint war, nur in Betracht, wenn sich
das entweder aus dem Schriftsatz selbst oder sonst aus den Begleitumständen
mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergibt (im
Anschluss an Senatsbeschlüsse vom 7. März 2012 - XII ZB 421/11 - FamRZ
2012, 962 und vom 27. Oktober 2010 - XII ZB 113/10 - FamRZ 2011, 29).
BGH, Beschluss vom 17. April 2019 - XII ZB 546/18 - OLG Hamm
AG Kamen
ECLI:DE:BGH:2019:170419BXIIZB546.18.0

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. April 2019 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Schilling, Dr. Günter, Dr. NeddenBoeger und Guhling
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 12. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 7. November 2018 wird auf Kosten des Antragsgegners verworfen. Wert: 4.546 €

Gründe:

I.

1
Die Antragstellerin nimmt ihren Ehemann, den Antragsgegner, auf Getrenntlebensunterhalt in Anspruch. Das Amtsgericht hat dem Antrag mit Beschluss vom 18. Oktober 2017, dem Antragsgegner zugestellt am 23. Oktober 2017, teilweise stattgegeben.
2
Mit beim Amtsgericht am 23. November 2017 eingegangenem Rechtsanwaltsschriftsatz hat der Antragsgegner beantragt, ihm Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung seines Rechtsanwalts zu bewilligen , und weiter ausgeführt: "Die Beschwerde wird nur unter der Bedingung von Verfahrenskostenhilfe erhoben. Im Umfange der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe wird sodann Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsge- richts (…) eingelegt." Der Schriftsatz enthält eine Begründung, weshalb das Amtsgericht zu Unrecht zu einer Unterhaltspflicht gelangt sei, und ist vom Antragsgegnervertreter unterschrieben.
3
Das Oberlandesgericht hat dem Antragsgegnervertreter den Eingang des Verfahrenskostenhilfeantrags mitgeteilt und dem Antragsgegner mit Beschluss vom 29. August 2018 die beantragte Verfahrenskostenhilfe bewilligt. Nach entsprechendem Hinweis hat das Oberlandesgericht dann die Beschwerde verworfen , weil diese nur unter einer Bedingung und daher unzulässig eingelegt worden sei. Auch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei nicht möglich, weil der Antragsgegner innerhalb der ab Zustellung des Verfahrenskostenhilfebeschlusses laufenden Wiedereinsetzungsfrist weder einen entsprechenden Antrag gestellt noch Beschwerde eingelegt habe.
4
Hiergegen wendet sich der Antragsgegner mit der Rechtsbeschwerde.

II.

5
Die gemäß §§ 112 Nr. 1, 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG, 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts. Der angefochtene Beschluss verletzt den Antragsgegner nicht in seinem verfahrensrechtlich gewährleisteten Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip). Die angefochtene Entscheidung hält sich im Rahmen der höchstrichterlichen Rechtsprechung.
6
1. Wird ein Rechtsmittel oder seine Begründung zulässigerweise mit einem Antrag auf Verfahrenskostenhilfe verbunden, muss der Rechtsmittelführer zwar alles vermeiden, was den Eindruck erweckt, der Antrag solle eine (künfti- ge) Verfahrenshandlung nur ankündigen und sie von der Gewährung von Verfahrenskostenhilfe abhängig machen. Wenn der Rechtsmittelführer aber einen Verfahrenskostenhilfeantrag verbunden mit einem Schriftsatz einreicht, der die formalen Anforderungen einer Beschwerdeschrift bzw. einer Beschwerdebegründung erfüllt, ist das regelmäßig als unbedingt eingelegtes Rechtsmittel zu behandeln. Die Deutung, dass der Schriftsatz zunächst nur als Antrag auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe gemeint war, kommt nur dann in Betracht, wenn sich das entweder aus dem Schriftsatz selbst oder sonst aus den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergibt. Im Zweifel ist zugunsten des Rechtsmittelführers anzunehmen, dass er eher das Kostenrisiko einer ganz oder teilweise erfolglosen Beschwerde auf sich nimmt als von vornherein zu riskieren, dass seine Beschwerde als unzulässig verworfen wird, er also unbedingt Beschwerde eingelegt hat und sich lediglich für den Fall der Versagung von Verfahrenskostenhilfe die Zurücknahme des Rechtsmittels vorbehält. Mit Rücksicht auf die schwerwiegenden Folgen einer bedingten und damit unzulässigen Beschwerdeeinlegung ist für die Annahme einer derartigen Bedingung eine ausdrückliche zweifelsfreie Erklärung erforderlich, die beispielsweise darin gesehen werden kann, dass der Schriftsatz als "Entwurf einer Berufungsbegründung" oder als "Begründung zunächst nur des PKH-Gesuchs" bezeichnet wird, von einer "beabsichtigten Berufungsbegründung" die Rede ist oder angekündigt wird, dass die Berufung "nach Gewährung der PKH" begründet werde. Dabei kann das Rechtsbeschwerdegericht die Auslegung einer verfahrensbezogenen Willenserklärung uneingeschränkt nachprüfen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 7. März 2012 - XII ZB 421/11 - FamRZ 2012, 962 Rn. 11 f. mwN und vom 27. Oktober 2010 - XII ZB 113/10 - FamRZ 2011, 29 Rn. 17 mwN).
7
2. Bei Anlegung dieses Maßstabs ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Oberlandesgericht den Schriftsatz des Antragsgegners vom 23. November 2017 nicht als Beschwerde, sondern lediglich als Verfahrenskostenhilfeantrag angesehen hat.
8
Allerdings erfüllt dieser Schriftsatz insofern die Anforderungen an eine Rechtsmittel(begründungs)schrift, als er die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung sowie Darlegungen dazu enthält, aus denen sich deren Unrichtigkeit ergeben soll, und vom Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners unterzeichnet ist. Ob trotz Fehlens eines Beschwerdeantrags auch den Anforderungen des § 117 Abs. 1 Satz 1 FamFG genügt ist (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 10. Juni 2015 - XII ZB 611/14 - FamRZ 2015, 1375 Rn. 9 ff. mwN), kann jedoch ebenso dahinstehen wie das Fehlen eines vollen Rubrums.
9
Denn das Oberlandesgericht hat zu Recht angenommen, aus dem Schriftsatz ergebe sich mit der erforderlichen, jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit, dass nur ein Antrag auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe gestellt werden sollte. Mit eben diesem Antrag wird der Schriftsatz eingeleitet und im Folgesatz eindeutig erklärt, die Beschwerde werde nur unter der Bedingung eingelegt, dass Verfahrenskostenhilfe bewilligt werde. Diese vom Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners abgegebene Erklärung lässt allein den Schluss einer "bedingten Beschwerde" zu, die - aus wirtschaftlichen Erwägungen - gerade nicht unabhängig von Verfahrenskostenhilfe eingelegt und allein in ihrer Durchführung von der Bewilligung bzw. ihrem Umfang abhängig sein sollte (vgl. dazu etwa Senatsbeschluss vom 27. Oktober 2010 - XII ZB 113/10 - FamRZ 2011, 29 Rn. 19 mwN). In Anbetracht dieser unmissverständlichen Formulierung konnte dem sich anschließenden Satz, dass im Umfange der Bewilligung "sodann Beschwerde (…) eingelegt" werde, allein die Ankündigung einer zukünftigen Verfahrenshandlung, nicht aber deren schon unbedingte Vornahme entnommen werden.
10
3. Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde geltend, es fehle an einem entsprechenden Hinweis des Oberlandesgerichts nach § 139 Abs. 1 ZPO. Denn der Anwaltsschriftsatz enthielt keine aufklärungsbedürftige Unklarheit. Vielmehr wäre es Sache des anwaltlich beratenen Antragsgegners gewesen, nach Verfahrenskostenhilfebewilligung gemäß §§ 113 Abs. 1 FamFG, 234, 236 Abs. 2 ZPO fristgerecht die versäumten Verfahrenshandlungen nachzuholen und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand der Fristen zur Beschwerdeeinlegung und -begründung zu beantragen. Da dies unterblieben ist, war für eine Wiedereinsetzung kein Raum. Fehl geht auch die Überlegung der Rechtsbeschwerde, die Wiedereinsetzung habe jedenfalls deshalb erfolgen müssen, weil die Beschwerde schon mit dem Schriftsatz vom 23. November 2017 eingelegt gewesen sei. Hätte dieser Schriftsatz einen solchen Erklärungswert gehabt, hätte es mangels Fristversäumnis schon keiner Wiedereinsetzung bedurft.
Dose Schilling Günter Nedden-Boeger Guhling Vorinstanzen:
AG Kamen, Entscheidung vom 18.10.2017 - 50 F 442/17 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 07.11.2018 - II-12 UF 209/17 -

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(1) Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Beschluss angefochten wird. Anträge auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für eine beabsichtigte Beschwerde sind bei dem Gericht einzulegen, dessen Beschluss angefochten werden soll. (

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 112 Familienstreitsachen


Familienstreitsachen sind folgende Familiensachen: 1. Unterhaltssachen nach § 231 Abs. 1 und Lebenspartnerschaftssachen nach § 269 Abs. 1 Nr. 8 und 9,2. Güterrechtssachen nach § 261 Abs. 1 und Lebenspartnerschaftssachen nach § 269 Abs. 1 Nr. 10 sowie

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(1) Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Beschluss angefochten wird. Anträge auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für eine beabsichtigte Beschwerde sind bei dem Gericht einzulegen, dessen Beschluss angefochten werden soll.

(2) Die Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle eingelegt. Die Einlegung der Beschwerde zur Niederschrift der Geschäftsstelle ist in Ehesachen und in Familienstreitsachen ausgeschlossen. Die Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Sie ist von dem Beschwerdeführer oder seinem Bevollmächtigten zu unterzeichnen.

(3) Das Beschwerdegericht kann vor der Entscheidung eine einstweilige Anordnung erlassen; es kann insbesondere anordnen, dass die Vollziehung des angefochtenen Beschlusses auszusetzen ist.

(1) In Ehesachen und Familienstreitsachen sind die §§ 2 bis 22, 23 bis 37, 40 bis 45, 46 Satz 1 und 2 sowie die §§ 47 und 48 sowie 76 bis 96 nicht anzuwenden. Es gelten die Allgemeinen Vorschriften der Zivilprozessordnung und die Vorschriften der Zivilprozessordnung über das Verfahren vor den Landgerichten entsprechend.

(2) In Familienstreitsachen gelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung über den Urkunden- und Wechselprozess und über das Mahnverfahren entsprechend.

(3) In Ehesachen und Familienstreitsachen ist § 227 Abs. 3 der Zivilprozessordnung nicht anzuwenden.

(4) In Ehesachen sind die Vorschriften der Zivilprozessordnung über

1.
die Folgen der unterbliebenen oder verweigerten Erklärung über Tatsachen,
2.
die Voraussetzungen einer Klageänderung,
3.
die Bestimmung der Verfahrensweise, den frühen ersten Termin, das schriftliche Vorverfahren und die Klageerwiderung,
4.
die Güteverhandlung,
5.
die Wirkung des gerichtlichen Geständnisses,
6.
das Anerkenntnis,
7.
die Folgen der unterbliebenen oder verweigerten Erklärung über die Echtheit von Urkunden,
8.
den Verzicht auf die Beeidigung des Gegners sowie von Zeugen oder Sachverständigen
nicht anzuwenden.

(5) Bei der Anwendung der Zivilprozessordnung tritt an die Stelle der Bezeichnung

1.
Prozess oder Rechtsstreit die Bezeichnung Verfahren,
2.
Klage die Bezeichnung Antrag,
3.
Kläger die Bezeichnung Antragsteller,
4.
Beklagter die Bezeichnung Antragsgegner,
5.
Partei die Bezeichnung Beteiligter.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

Familienstreitsachen sind folgende Familiensachen:

1.
Unterhaltssachen nach § 231 Abs. 1 und Lebenspartnerschaftssachen nach § 269 Abs. 1 Nr. 8 und 9,
2.
Güterrechtssachen nach § 261 Abs. 1 und Lebenspartnerschaftssachen nach § 269 Abs. 1 Nr. 10 sowie
3.
sonstige Familiensachen nach § 266 Abs. 1 und Lebenspartnerschaftssachen nach § 269 Abs. 2.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

11
aa) Wird ein Rechtsmittel oder seine Begründung zulässigerweise mit einem Antrag auf Verfahrenskostenhilfe verbunden, muss der Rechtsmittelführer zwar alles vermeiden, was den Eindruck erweckt, der Antrag solle eine (künftige ) Prozesshandlung nur ankündigen und sie von der Gewährung von Verfahrenskostenhilfe abhängig machen (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 165, 318 = FamRZ 2006, 400). Wenn der Rechtsmittelführer aber einen Verfahrenskostenhilfeantrag verbunden mit einem Schriftsatz einreicht, der die formalen Anforderungen einer Beschwerdeschrift bzw. einer Beschwerdebegründung erfüllt, ist das regelmäßig als unbedingt eingelegtes Rechtsmittel zu behandeln. Die Deutung, dass der Schriftsatz zunächst nur als Antrag auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe gemeint war, kommt nur dann in Betracht, wenn sich das entweder aus dem Schriftsatz selbst oder sonst aus den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergibt. Im Zweifel ist zugunsten des Rechtsmittelführers anzunehmen, dass er eher das Kostenrisiko einer ganz oder teilweise erfolglosen Berufung auf sich nimmt als von vornherein zu riskieren, dass seine Berufung als unzulässig verworfen wird, er also unbedingt Berufung eingelegt hat und sich lediglich für den Fall der Versagung von Verfahrenskostenhilfe die Zurücknahme des Rechtsmittels vorbehält (vgl. BGH Beschluss vom 25. September 2007 - XI ZB 6/07 - juris Rn. 7). Mit Rücksicht auf die schwerwiegenden Folgen einer bedingten und damit unzuläs- sigen Beschwerdeeinlegung ist für die Annahme einer derartigen Bedingung eine ausdrückliche zweifelsfreie Erklärung erforderlich, die beispielsweise darin gesehen werden kann, dass der Schriftsatz als "Entwurf einer Berufungsbegründung" oder als "Begründung zunächst nur des PKH-Gesuchs" bezeichnet wird, von einer beabsichtigten "Berufungsbegründung" die Rede ist oder angekündigt wird, dass die Berufung "nach Gewährung der PKH" begründet werde (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 165, 318 = FamRZ 2006, 400).
17
a) Eine an die Gewährung von Prozesskostenhilfe geknüpfte Berufungseinlegung ist grundsätzlich unzulässig (vgl. BGH Beschluss vom 8. Oktober 1992 - V ZB 6/92 - VersR 1993, 713; Zöller/Heßler ZPO 28. Aufl. § 519 Rn. 1; MünchKommZPO/Rimmelspacher 3. Aufl. § 519 Rn. 37, 39). Sind jedoch die formalen Anforderungen an eine Berufungsschrift - wie hier - erfüllt, kommt eine Deutung, dass der Schriftsatz nicht als unbedingte Berufung bestimmt war, nur dann in Betracht, wenn sich dies entweder aus dem Schriftsatz selbst oder aus den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergibt (vgl. Senatsbeschlüsse BGHZ 165, 318, 320 f. = FamRZ 2006, 400; vom 14. März 2007 - XII ZR 235/05 - FamRZ 2007, 895 Rn. 10; vom 20. Juli 2005 - XII ZB 31/05 - FamRZ 2005, 1537 und vom 19. Mai 2004 - XII ZB 25/04 - FamRZ 2004, 1553, 1554). Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist das hier der Fall.

(1) In Ehesachen und Familienstreitsachen hat der Beschwerdeführer zur Begründung der Beschwerde einen bestimmten Sachantrag zu stellen und diesen zu begründen. Die Begründung ist beim Beschwerdegericht einzureichen. Die Frist zur Begründung der Beschwerde beträgt zwei Monate und beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses. § 520 Abs. 2 Satz 2 und 3 sowie § 522 Abs. 1 Satz 1, 2 und 4 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(2) Die §§ 514, 516 Abs. 3, § 521 Abs. 2, § 524 Abs. 2 Satz 2 und 3, die §§ 527, 528, 538 Abs. 2 und § 539 der Zivilprozessordnung gelten im Beschwerdeverfahren entsprechend. Einer Güteverhandlung bedarf es im Beschwerde- und Rechtsbeschwerdeverfahren nicht.

(3) Beabsichtigt das Beschwerdegericht von einzelnen Verfahrensschritten nach § 68 Abs. 3 Satz 2 abzusehen, hat das Gericht die Beteiligten zuvor darauf hinzuweisen.

(4) Wird die Endentscheidung in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wurde, verkündet, kann die Begründung auch in die Niederschrift aufgenommen werden.

(5) Für die Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Fristen zur Begründung der Beschwerde und Rechtsbeschwerde gelten die §§ 233 und 234 Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung entsprechend.

9
aa) Nach § 117 Abs. 1 Satz 1 FamFG hat der Beschwerdeführer in Ehesachen und Familienstreitsachen zur Begründung der Beschwerde einen bestimmten Sachantrag zu stellen und diesen zu begründen. Er muss demnach in der Beschwerdebegründung darlegen, in welchem Umfang er die erstinstanzliche Entscheidung angreifen will und wie er den Angriff begründet. Da § 117 FamFG keine speziellen Regelungen zum Inhalt der Beschwerdebegründung enthält, beurteilt sich nach den allgemeinen Grundsätzen, ob ein Beschwerdeantrag hinreichend bestimmt und ausreichend begründet ist. Deshalb können für den notwendigen Inhalt der Beschwerdebegründung im Wesentlichen die Anforderungen herangezogen werden, die für eine Berufungsbegrün- dung nach § 520 Abs. 3 Satz 2 ZPO gelten, auch wenn § 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG nicht auf § 520 Abs. 3 ZPO verweist (Senatsbeschlüsse vom 1. April 2015 - XII ZB 503/14 - FamRZ 2015, 1009 Rn. 10; vom 25. Juni 2014 - XII ZB 134/13 - FamRZ 2014, 1443 Rn. 15 und vom 23. Mai 2012 - XII ZB 375/11 - FamRZ 2012, 1205 Rn. 13 mwN).
17
a) Eine an die Gewährung von Prozesskostenhilfe geknüpfte Berufungseinlegung ist grundsätzlich unzulässig (vgl. BGH Beschluss vom 8. Oktober 1992 - V ZB 6/92 - VersR 1993, 713; Zöller/Heßler ZPO 28. Aufl. § 519 Rn. 1; MünchKommZPO/Rimmelspacher 3. Aufl. § 519 Rn. 37, 39). Sind jedoch die formalen Anforderungen an eine Berufungsschrift - wie hier - erfüllt, kommt eine Deutung, dass der Schriftsatz nicht als unbedingte Berufung bestimmt war, nur dann in Betracht, wenn sich dies entweder aus dem Schriftsatz selbst oder aus den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergibt (vgl. Senatsbeschlüsse BGHZ 165, 318, 320 f. = FamRZ 2006, 400; vom 14. März 2007 - XII ZR 235/05 - FamRZ 2007, 895 Rn. 10; vom 20. Juli 2005 - XII ZB 31/05 - FamRZ 2005, 1537 und vom 19. Mai 2004 - XII ZB 25/04 - FamRZ 2004, 1553, 1554). Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist das hier der Fall.

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

(1) In Ehesachen und Familienstreitsachen sind die §§ 2 bis 22, 23 bis 37, 40 bis 45, 46 Satz 1 und 2 sowie die §§ 47 und 48 sowie 76 bis 96 nicht anzuwenden. Es gelten die Allgemeinen Vorschriften der Zivilprozessordnung und die Vorschriften der Zivilprozessordnung über das Verfahren vor den Landgerichten entsprechend.

(2) In Familienstreitsachen gelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung über den Urkunden- und Wechselprozess und über das Mahnverfahren entsprechend.

(3) In Ehesachen und Familienstreitsachen ist § 227 Abs. 3 der Zivilprozessordnung nicht anzuwenden.

(4) In Ehesachen sind die Vorschriften der Zivilprozessordnung über

1.
die Folgen der unterbliebenen oder verweigerten Erklärung über Tatsachen,
2.
die Voraussetzungen einer Klageänderung,
3.
die Bestimmung der Verfahrensweise, den frühen ersten Termin, das schriftliche Vorverfahren und die Klageerwiderung,
4.
die Güteverhandlung,
5.
die Wirkung des gerichtlichen Geständnisses,
6.
das Anerkenntnis,
7.
die Folgen der unterbliebenen oder verweigerten Erklärung über die Echtheit von Urkunden,
8.
den Verzicht auf die Beeidigung des Gegners sowie von Zeugen oder Sachverständigen
nicht anzuwenden.

(5) Bei der Anwendung der Zivilprozessordnung tritt an die Stelle der Bezeichnung

1.
Prozess oder Rechtsstreit die Bezeichnung Verfahren,
2.
Klage die Bezeichnung Antrag,
3.
Kläger die Bezeichnung Antragsteller,
4.
Beklagter die Bezeichnung Antragsgegner,
5.
Partei die Bezeichnung Beteiligter.