Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Juli 2012 - XII ZB 526/11

bei uns veröffentlicht am25.07.2012
vorgehend
Amtsgericht Viersen, 9 XVII 369/10, 22.07.2011
Landgericht Mönchengladbach, 5 T 221/11, 07.09.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 526/11
vom
25. Juli 2012
in der Betreuungssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Wird ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet, nachdem ein zuvor bestehender (anderer
) Einwilligungsvorbehalt bereits aufgehoben war, handelt es sich nicht um eine
Erweiterung des Einwilligungsvorbehalts, sondern um dessen erneute Anordnung
, so dass die §§ 278, 280 FamFG unmittelbar anzuwenden sind; § 293 Abs. 2
FamFG findet in diesen Fällen keine Anwendung.

b) Wird für eine bereits bestehende Betreuung isoliert ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet
, so ist in der Beschlussformel der Zeitpunkt zu bezeichnen, bis zu dem
das Gericht über die Aufhebung oder Verlängerung dieser Maßnahme zu entscheiden
hat.
BGH, Beschluss vom 25. Juli 2012 - XII ZB 526/11 - LG Mönchengladbach
AG Viersen
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. Juli 2012 durch den Vorsitzenden
Richter Dose, die Richterinnen Weber-Monecke und Dr. Vézina und
die Richter Schilling und Dr. Botur

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird der Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Mönchengladbach vom 7. September 2011 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen. Beschwerdewert: 3.000 €

Gründe:

I.

1
Der Betroffene wendet sich mit seiner Rechtsbeschwerde gegen die Anordnung eines Einwilligungsvorbehaltes.
2
Der Betroffene ist im Rahmen des Maßregelvollzugs geschlossen untergebracht. Er steht seit 1994 unter Betreuung. Der Aufgabenkreis des Betreuers umfasst die Gesundheitsfürsorge, die Aufenthaltsbestimmung, die Vertretung vor Behörden, die Wahrnehmung der Rechte und Pflichten des Betreuten in seiner Eigenschaft als Miterbe nach seiner am 6. Dezember 2004 verstorbenen Mutter sowie die Vermögenssorge.
3
Auf Antrag des Betreuers hat das Amtsgericht angeordnet, dass die Willenserklärungen des Betroffenen im Bereich der Vermögenssorge der Einwilligung des Betreuers bedürfen. Das Landgericht hat die Beschwerde des Betroffenen zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Betroffene mit seiner Rechtsbeschwerde.

II.

4
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, insbesondere gemäß § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FamFG statthaft. Sie hat auch in der Sache Erfolg.
5
1. Die Rechtsbeschwerde rügt zu Recht, dass die angegriffene Entscheidung verfahrensfehlerhaft ergangen ist, weil der Betroffene weder vom Amtsgericht noch vom Beschwerdegericht angehört worden ist.
6
a) Gemäß § 278 Abs. 1 Satz 1 FamFG hat das Gericht den Betroffenen vor der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts persönlich anzuhören. Die Pflicht zur persönlichen Anhörung des Betroffenen besteht nach § 68 Abs. 3 Satz 1 FamFG grundsätzlich auch im Beschwerdeverfahren. Das Beschwerdegericht kann gemäß § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG nur dann von der persönlichen Anhörung absehen, wenn diese bereits im ersten Rechtszug vorgenommen worden ist und von einer erneuten Anhörung keine neuen Erkenntnisse zu erwarten sind (Senatsbeschluss vom 16. Mai 2012 - XII ZB 454/11 - FamRZ 2012, 1207 Rn. 17).
7
Eine Ausnahme hiervon sieht § 293 Abs. 2 Satz 1 FamFG unter anderem für den Fall der Erweiterung des Kreises der einwilligungsbedürftigen Willenserklärungen vor. Danach bedarf es einer persönlichen Anhörung nicht, wenn die- se nicht länger als sechs Monate zurückliegt (Nr. 1) oder die beabsichtigte Erweiterung nicht wesentlich ist (Nr. 2).
8
b) Gemessen hieran hätte der Betroffene angehört werden müssen, weil § 293 FamFG hier schon nicht anwendbar ist.
9
Entgegen der vom Amtsgericht in seinem Nichtabhilfebeschluss vom 23. August 2011 vertretenen Auffassung, wonach es sich um eine Erweiterung des bereits bestehenden Einwilligungsvorbehalts handele, hat die angegriffene Entscheidung nicht bloß eine Erweiterung, sondern die (erneute) Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts zum Gegenstand.
10
Zwar enthält die für den Betreuer ausgefertigte Bestellungsurkunde den Zusatz, dass die Wahrnehmung der Rechte und Pflichten des Betreuten in seiner Eigenschaft als Miterbe nach seiner am 6. Dezember 2004 verstorbenen Mutter der Einwilligung des Betreuers bedürfe.
11
Zu Recht hat jedoch die Rechtsbeschwerde darauf hingewiesen, dass die Angabe dieses Einwilligungsvorbehalts ohne richterlichen Beschluss erfolgt ist. Zwar hatte das Amtsgericht Langenfeld mit Beschluss vom 25. März 2009 einen entsprechenden - allerdings vorläufigen - Einwilligungsvorbehalt angeordnet. Dieser Einwilligungsvorbehalt ist jedoch vom Landgericht Düsseldorf mit Beschluss vom 27. April 2009 aufgehoben worden.
12
2. Deswegen ist der angefochtene Beschluss gemäß § 74 Abs. 5 FamFG aufzuheben. Da die Sache schon angesichts der unterbliebenen Anhörung noch nicht entscheidungsreif ist, ist sie gemäß § 74 Abs. 6 Satz 2 FamFG an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen.

III.

13
Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass gemäß § 280 Abs. 1 Satz 1 FamFG vor der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts zudem eine förmliche Beweisaufnahme durch Einholung eines Gutachtens über die Notwendigkeit der Maßnahme stattzufinden hat. Daneben wird gegebenenfalls zu beachten sein, dass gemäß § 286 Abs. 2 und 3 FamFG in der Beschlussformel der Zeitpunkt zu bezeichnen ist, bis zu dem das Gericht über die Aufhebung oder Verlängerung des Einwilligungsvorbehalts zu entscheiden hat.
14
Schließlich wird das Gericht zu prüfen haben, ob die von ihm getroffenen Feststellungen die Anordnung eines entsprechenden Einwilligungsvorbehalts gemäß § 1903 Abs. 1 Satz 1 BGB zu rechtfertigen vermögen. Jedenfalls ist der Vortrag des Betroffenen in seinem "Widerspruch" vom 22. Juli 2011, wonach er das Recht habe, sein Geld für einen guten Anwalt auszugeben, wenn er dadurch seine Freiheit zurückerhalte, nicht von vornherein abwegig. Insoweit wird sich der Tatrichter auch mit der Honorarhöhe auseinanderzusetzen und die Unverhältnismäßigkeit der Forderung im Einzelnen zu prüfen haben. Denn ein Einwilligungsvorbehalt darf nur dann angeordnet werden, wenn hinreichend konkrete Anhaltspunkte für eine Gefahr im Sinne des § 1903 Abs. 1 Satz 1 BGB bestehen. Ob dies der Fall ist, hat das Betreuungsgericht im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht festzustellen (Senatsbeschluss vom 27. Juli 2011 - XII ZB 118/11 - FamRZ 2011, 1577). Dose Weber-Monecke Vézina Schilling Botur
Vorinstanzen:
AG Viersen, Entscheidung vom 22.07.2011 - 9 XVII 369/10 -
LG Mönchengladbach, Entscheidung vom 07.09.2011 - 5 T 221/11 -

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(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat. (2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn 1. die Rechtssache grundsätzlic

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(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig

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(1) Hält das Gericht, dessen Beschluss angefochten wird, die Beschwerde für begründet, hat es ihr abzuhelfen; anderenfalls ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Das Gericht ist zur Abhilfe nicht befugt, wenn die Beschwerde

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(1) Vor der Bestellung eines Betreuers oder der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts hat eine förmliche Beweisaufnahme durch Einholung eines Gutachtens über die Notwendigkeit der Maßnahme stattzufinden. Der Sachverständige soll Arzt für Psychiatri

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(1) Das Gericht hat den Betroffenen vor der Bestellung eines Betreuers oder der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts persönlich anzuhören und dessen Wünsche zu erfragen. Es hat sich einen persönlichen Eindruck von dem Betroffenen zu verschaffen. D

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 293 Erweiterung der Betreuung oder des Einwilligungsvorbehalts


(1) Für die Erweiterung des Aufgabenkreises des Betreuers und die Erweiterung des Kreises der einwilligungsbedürftigen Willenserklärungen gelten die Vorschriften über die Anordnung dieser Maßnahmen entsprechend. Das Gericht hat die zuständige Behörde

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 286 Inhalt der Beschlussformel


(1) Die Beschlussformel enthält im Fall der Bestellung eines Betreuers auch1.die Bezeichnung des Aufgabenkreises des Betreuers unter Benennung der einzelnen Aufgabenbereiche;2.bei Bestellung eines Vereinsbetreuers die Bezeichnung als Vereinsbetreuer

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(1) Die Beschlussformel enthält im Fall der Bestellung eines Betreuers auch

1.
die Bezeichnung des Aufgabenkreises des Betreuers unter Benennung der einzelnen Aufgabenbereiche;
2.
bei Bestellung eines Vereinsbetreuers die Bezeichnung als Vereinsbetreuer und die des Vereins;
3.
bei Bestellung eines Behördenbetreuers die Bezeichnung als Behördenbetreuer und die der Behörde;
4.
bei Bestellung eines beruflichen Betreuers die Bezeichnung als beruflicher Betreuer.

(2) Die Beschlussformel enthält im Fall der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts die Bezeichnung des Kreises der einwilligungsbedürftigen Willenserklärungen.

(3) Der Zeitpunkt, bis zu dem das Gericht über die Aufhebung oder Verlängerung einer Maßnahme nach Absatz 1 oder Absatz 2 zu entscheiden hat, ist in der Beschlussformel zu bezeichnen.

(1) Für die Erweiterung des Aufgabenkreises des Betreuers und die Erweiterung des Kreises der einwilligungsbedürftigen Willenserklärungen gelten die Vorschriften über die Anordnung dieser Maßnahmen entsprechend. Das Gericht hat die zuständige Behörde nur anzuhören, wenn es der Betroffene verlangt oder es zur Sachaufklärung erforderlich ist.

(2) Einer persönlichen Anhörung nach § 278 Abs. 1 sowie der Einholung eines Gutachtens oder ärztlichen Zeugnisses (§§ 280 und 281) bedarf es nicht,

1.
wenn diese Verfahrenshandlungen nicht länger als sechs Monate zurückliegen oder
2.
die beabsichtigte Erweiterung nach Absatz 1 nicht wesentlich ist.
Eine wesentliche Erweiterung des Aufgabenkreises des Betreuers liegt insbesondere vor, wenn erstmals ganz oder teilweise die Personensorge oder eine der in § 1815 Absatz 2 oder in den §§ 1829 bis 1832 des Bürgerlichen Gesetzbuchs genannten Aufgaben einbezogen wird.

(3) Unbeschadet des Absatzes 2 kann das Gericht von der Einholung eines Gutachtens oder eines ärztlichen Zeugnisses absehen, wenn der Aufgabenkreis des Betreuers nicht aufgrund einer Änderung des Krankheits- oder Behinderungsbildes des Betroffenen, sondern aufgrund der Änderung seiner Lebensumstände oder einer unzureichenden Wirkung anderer Hilfen erweitert werden soll.

(4) Ist mit der Bestellung eines weiteren Betreuers nach § 1817 des Bürgerlichen Gesetzbuchs eine Erweiterung des Aufgabenkreises verbunden, gelten die Absätze 1 bis 3 entsprechend.

(1) Vor der Bestellung eines Betreuers oder der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts hat eine förmliche Beweisaufnahme durch Einholung eines Gutachtens über die Notwendigkeit der Maßnahme stattzufinden. Der Sachverständige soll Arzt für Psychiatrie oder Arzt mit Erfahrung auf dem Gebiet der Psychiatrie sein.

(2) Der Sachverständige hat den Betroffenen vor der Erstattung des Gutachtens persönlich zu untersuchen oder zu befragen. Das Ergebnis einer Anhörung nach § 279 Absatz 2 Satz 2 hat der Sachverständige zu berücksichtigen, wenn es ihm bei Erstellung seines Gutachtens vorliegt.

(3) Das Gutachten hat sich auf folgende Bereiche zu erstrecken:

1.
das Krankheits- oder Behinderungsbild einschließlich dessen Entwicklung,
2.
die durchgeführten Untersuchungen und die diesen zugrunde gelegten Forschungserkenntnisse,
3.
den körperlichen und psychischen Zustand des Betroffenen,
4.
den aus medizinischer Sicht aufgrund der Krankheit oder Behinderung erforderlichen Unterstützungsbedarf und
5.
die voraussichtliche Dauer der Maßnahme.

(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in

1.
Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts,
2.
Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie
3.
Freiheitsentziehungssachen.
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 gilt dies nur, wenn sich die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss richtet, der die Unterbringungsmaßnahme oder die Freiheitsentziehung anordnet. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 ist die Rechtsbeschwerde abweichend von Satz 2 auch dann ohne Zulassung statthaft, wenn sie sich gegen den eine freiheitsentziehende Maßnahme ablehnenden oder zurückweisenden Beschluss in den in § 417 Absatz 2 Satz 2 Nummer 5 genannten Verfahren richtet.

(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.

(1) Hält das Gericht, dessen Beschluss angefochten wird, die Beschwerde für begründet, hat es ihr abzuhelfen; anderenfalls ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Das Gericht ist zur Abhilfe nicht befugt, wenn die Beschwerde sich gegen eine Endentscheidung in einer Familiensache richtet.

(2) Das Beschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Beschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(3) Das Beschwerdeverfahren bestimmt sich im Übrigen nach den Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug. Das Beschwerdegericht kann von der Durchführung eines Termins, einer mündlichen Verhandlung oder einzelner Verfahrenshandlungen absehen, wenn diese bereits im ersten Rechtszug vorgenommen wurden und von einer erneuten Vornahme keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind.

(4) Das Beschwerdegericht kann die Beschwerde durch Beschluss einem seiner Mitglieder zur Entscheidung als Einzelrichter übertragen; § 526 der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe entsprechend, dass eine Übertragung auf einen Richter auf Probe ausgeschlossen ist. Zudem kann das Beschwerdegericht die persönliche Anhörung des Kindes durch Beschluss einem seiner Mitglieder als beauftragtem Richter übertragen, wenn es dies aus Gründen des Kindeswohls für sachgerecht hält oder das Kind offensichtlich nicht in der Lage ist, seine Neigungen und seinen Willen kundzutun. Gleiches gilt für die Verschaffung eines persönlichen Eindrucks von dem Kind.

(5) Absatz 3 Satz 2 und Absatz 4 Satz 1 finden keine Anwendung, wenn die Beschwerde ein Hauptsacheverfahren betrifft, in dem eine der folgenden Entscheidungen in Betracht kommt:

1.
die teilweise oder vollständige Entziehung der Personensorge nach den §§ 1666 und 1666a des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
2.
der Ausschluss des Umgangsrechts nach § 1684 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder
3.
eine Verbleibensanordnung nach § 1632 Absatz 4 oder § 1682 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

(1) Für die Erweiterung des Aufgabenkreises des Betreuers und die Erweiterung des Kreises der einwilligungsbedürftigen Willenserklärungen gelten die Vorschriften über die Anordnung dieser Maßnahmen entsprechend. Das Gericht hat die zuständige Behörde nur anzuhören, wenn es der Betroffene verlangt oder es zur Sachaufklärung erforderlich ist.

(2) Einer persönlichen Anhörung nach § 278 Abs. 1 sowie der Einholung eines Gutachtens oder ärztlichen Zeugnisses (§§ 280 und 281) bedarf es nicht,

1.
wenn diese Verfahrenshandlungen nicht länger als sechs Monate zurückliegen oder
2.
die beabsichtigte Erweiterung nach Absatz 1 nicht wesentlich ist.
Eine wesentliche Erweiterung des Aufgabenkreises des Betreuers liegt insbesondere vor, wenn erstmals ganz oder teilweise die Personensorge oder eine der in § 1815 Absatz 2 oder in den §§ 1829 bis 1832 des Bürgerlichen Gesetzbuchs genannten Aufgaben einbezogen wird.

(3) Unbeschadet des Absatzes 2 kann das Gericht von der Einholung eines Gutachtens oder eines ärztlichen Zeugnisses absehen, wenn der Aufgabenkreis des Betreuers nicht aufgrund einer Änderung des Krankheits- oder Behinderungsbildes des Betroffenen, sondern aufgrund der Änderung seiner Lebensumstände oder einer unzureichenden Wirkung anderer Hilfen erweitert werden soll.

(4) Ist mit der Bestellung eines weiteren Betreuers nach § 1817 des Bürgerlichen Gesetzbuchs eine Erweiterung des Aufgabenkreises verbunden, gelten die Absätze 1 bis 3 entsprechend.

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Ergibt die Begründung des angefochtenen Beschlusses zwar eine Rechtsverletzung, stellt sich die Entscheidung aber aus anderen Gründen als richtig dar, ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(3) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Beteiligten gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 71 Abs. 3 und § 73 Satz 2 gerügt worden sind. Die §§ 559, 564 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(4) Auf das weitere Verfahren sind, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts ergeben, die im ersten Rechtszug geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden.

(5) Soweit die Rechtsbeschwerde begründet ist, ist der angefochtene Beschluss aufzuheben.

(6) Das Rechtsbeschwerdegericht entscheidet in der Sache selbst, wenn diese zur Endentscheidung reif ist. Andernfalls verweist es die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Verfahrens zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht oder, wenn dies aus besonderen Gründen geboten erscheint, an das Gericht des ersten Rechtszugs zurück. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(7) Von einer Begründung der Entscheidung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.

(1) Vor der Bestellung eines Betreuers oder der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts hat eine förmliche Beweisaufnahme durch Einholung eines Gutachtens über die Notwendigkeit der Maßnahme stattzufinden. Der Sachverständige soll Arzt für Psychiatrie oder Arzt mit Erfahrung auf dem Gebiet der Psychiatrie sein.

(2) Der Sachverständige hat den Betroffenen vor der Erstattung des Gutachtens persönlich zu untersuchen oder zu befragen. Das Ergebnis einer Anhörung nach § 279 Absatz 2 Satz 2 hat der Sachverständige zu berücksichtigen, wenn es ihm bei Erstellung seines Gutachtens vorliegt.

(3) Das Gutachten hat sich auf folgende Bereiche zu erstrecken:

1.
das Krankheits- oder Behinderungsbild einschließlich dessen Entwicklung,
2.
die durchgeführten Untersuchungen und die diesen zugrunde gelegten Forschungserkenntnisse,
3.
den körperlichen und psychischen Zustand des Betroffenen,
4.
den aus medizinischer Sicht aufgrund der Krankheit oder Behinderung erforderlichen Unterstützungsbedarf und
5.
die voraussichtliche Dauer der Maßnahme.

(1) Die Beschlussformel enthält im Fall der Bestellung eines Betreuers auch

1.
die Bezeichnung des Aufgabenkreises des Betreuers unter Benennung der einzelnen Aufgabenbereiche;
2.
bei Bestellung eines Vereinsbetreuers die Bezeichnung als Vereinsbetreuer und die des Vereins;
3.
bei Bestellung eines Behördenbetreuers die Bezeichnung als Behördenbetreuer und die der Behörde;
4.
bei Bestellung eines beruflichen Betreuers die Bezeichnung als beruflicher Betreuer.

(2) Die Beschlussformel enthält im Fall der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts die Bezeichnung des Kreises der einwilligungsbedürftigen Willenserklärungen.

(3) Der Zeitpunkt, bis zu dem das Gericht über die Aufhebung oder Verlängerung einer Maßnahme nach Absatz 1 oder Absatz 2 zu entscheiden hat, ist in der Beschlussformel zu bezeichnen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 118/11
vom
27. Juli 2011
in der Betreuungssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 1896 Abs. 1 a, 1897 Abs. 4, 1903 Abs. 1 Satz 1; FamFG §§ 26, 68 Abs. 3;
278 Abs. 1 Satz 1

a) Ist der Amtsrichter trotz eines gegenläufigen Sachverständigengutachtens aufgrund
des persönlichen Eindrucks des Betroffenen zu der Überzeugung gelangt,
dass dieser einen freien Willen i.S. des § 1896 Abs. 1 a BGB bilden könne, und
hat er deshalb die Einrichtung einer Betreuung abgelehnt, darf das Beschwerdegericht
die Betreuung grundsätzlich nicht ohne Anhörung des Betroffenen anordnen.

b) Ein Einwilligungsvorbehalt darf nur dann angeordnet werden, wenn hinreichend
konkrete Anhaltspunkte für eine Gefahr im Sinne des § 1903 Abs. 1 Satz 1 BGB
bestehen. Ob dies der Fall ist, hat das Betreuungsgericht im Rahmen seiner
Amtsermittlungspflicht festzustellen.

c) Bei der Auswahl des Betreuers sind gemäß § 1897 Abs. 4 BGB auch die Wünsche
eines Geschäftsunfähigen zu berücksichtigen, sofern dieser seinen Willen oder
Wunsch kundtut, eine bestimmte Person solle sein Betreuer werden. Dabei kommt
es maßgeblich auf die Wünsche des Betroffenen im Zeitpunkt der Betreuerbestellung
an; das gilt auch für Vorschläge, bestimmte Personen nicht zu bestellen (im
Anschluss an Senatsbeschluss vom 16. März 2011 - XII ZB 601/10 - FamRZ
2011, 880 Rn. 21).
BGH, Beschluss vom 27. Juli 2011 - XII ZB 118/11 - LG Verden
AG Achim
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. Juli 2011 durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Hahne, die Richterin Weber-Monecke und die Richter
Dose, Schilling und Dr. Günter

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird der Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Verden vom 18. Februar 2011 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen. Beschwerdewert: 3.000 €.

Gründe:

I.

1
Der 1920 geborene Betroffene wendet sich gegen die vom Beschwerdegericht angeordnete Betreuung nebst Einwilligungsvorbehalt.
2
Mit notarieller Urkunde vom 23. Juli 2010 erteilte der Betroffene seinem Sohn, dem Beteiligten zu 1, Vorsorgevollmacht. Außerdem sollte dieser für den Fall der Anordnung einer Betreuung zu seinem Betreuer bestellt werden.
3
Der Beteiligte zu 3 hat durch seinen sozialpsychiatrischen Dienst im September 2010 die Einrichtung einer Betreuung angeregt. Der Beteiligte zu 1 hat seinerseits die Einrichtung einer Betreuung und die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts "beantragt".
4
Das Amtsgericht hat nach Einholung eines Sachverständigengutachtens nebst ergänzender Stellungnahmen der Sachverständigen sowie Anhörung des Betroffenen mit Beschluss vom 5. Januar 2011 von einer Betreuung abgesehen. Auf die hiergegen vom Beteiligten zu 1 eingelegte Beschwerde hat das Landgericht den amtsgerichtlichen Beschluss dahin abgeändert, dass es den Beteiligten zu 1 zum Betreuer mit dem Aufgabenkreis "Vermögenssorge" bestimmt und gleichzeitig für diesen Aufgabenbereich einen Einwilligungsvorbehalt angeordnet hat. Hiergegen wendet sich der Betroffene mit seiner Rechtsbeschwerde.

II.

5
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und begründet.
6
1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 70 Abs. 3 Nr. 1 FamFG ohne Zulassung statthaft und auch im Übrigen in zulässiger Weise eingelegt.
7
2. Die Rechtsbeschwerde hat auch in der Sache Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.
8
a) Das Beschwerdegericht geht in der angefochtenen Entscheidung von der Betreuungsbedürftigkeit des Betroffenen aus; diese folge aus dem psychiatrischen Gutachten der Sachverständigen vom 16. Oktober 2010. Der Betreuerbestellung stehe nicht entgegen, dass der Betroffene nicht damit einverstanden sei. Der Betroffene sei nicht in der Lage, einen freien Willen im Sinne des § 1896 Abs. 1 a BGB zu bilden. Die Urteils- und Kritikfähigkeit des Betroffenen sei nach den Feststellungen der Sachverständigen erheblich vermindert; er neige zur Selbstüberschätzung der eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten. Der Betroffene vermöge daher nach Überzeugung der Kammer nicht anzuerkennen, dass er nicht mehr in der Lage sei, seine finanziellen Interessen ausreichend selbst wahrzunehmen und insbesondere seinen umfänglichen Grundbesitz zu organisieren.
9
Die zugunsten des Beteiligten zu 1 erteilte Vorsorgevollmacht stehe der Einrichtung der Betreuung ebenfalls nicht entgegen. Es sei bereits fraglich, ob der Betroffene zum Zeitpunkt der Vollmachtserteilung noch geschäftsfähig gewesen sei. Eine Betreuung sei jedoch selbst bei Vorliegen einer wirksamen Vollmacht notwendig, weil die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts erforderlich sei. Die Angelegenheiten des Betroffenen könnten daher - mangels der Möglichkeit der Anordnung eines Einwilligungsvorbehaltes - durch einen Bevollmächtigten nicht ebenso gut wahrgenommen werden wie durch einen Betreuer. Bei der Betreuerauswahl sei die Kammer dem in der notariellen Urkunde geäußerten Willen des Betroffenen gefolgt. Ob der Betroffene zum Zeitpunkt der Vollmachtserteilung geschäftsfähig gewesen sei, könne wiederum dahingestellt bleiben, denn auch Wünsche eines Geschäftsunfähigen seien zu berücksichtigen und grundsätzlich bindend. Dafür, dass der Betroffene bei der Willensbildung von Dritten beeinflusst worden sei, lägen keine Anhaltspunkte vor. Es sei auch nicht ersichtlich, dass die Bestellung des Beschwerdeführers zum Betreuer dem Wohl des Betroffenen zuwiderlaufe. Konkrete Anhaltspunkte dafür , dass der Betroffene ungeeignet sei, hätten sich - auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Beteiligten zu 2 (der Tochter des Betroffenen und Schwester des Beteiligten zu 1) - nicht ergeben.
10
b) Die angefochtene Entscheidung hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Zu Recht verweist die Rechtsbeschwerde darauf, dass die Entscheidung auf mehreren Verfahrensfehlern beruht.
11
aa) Das Beschwerdegericht ist allerdings im Ansatz zutreffend davon ausgegangen, dass auch beim Vorliegen einer Vorsorgevollmacht eine Betreuung einzurichten ist, wenn die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts erforderlich ist (MünchKommBGB/Schwab 5. Aufl. § 1896 Rn. 56; jurisPK-BGB/Bieg 5. Aufl. § 1896 Rn. 59).
12
bb) Bereits die Einrichtung der Betreuung als solche ist jedoch verfahrensfehlerhaft erfolgt, weil das Beschwerdegericht nicht hinreichend ermittelt hat, ob der Betroffene einen freien Willen bilden kann. Das Beschwerdegericht hätte den Betroffenen anhören müssen.
13
(1) Nach § 278 Abs. 1 Satz 1 FamFG hat das Gericht den Betroffenen vor der (erstmaligen) Bestellung eines Betreuers oder der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts persönlich anzuhören. Die Pflicht zur persönlichen Anhörung des Betroffenen besteht nach § 68 Abs. 3 Satz 1 FamFG grundsätzlich auch im Beschwerdeverfahren. Allerdings kann das Beschwerdegericht nach § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG von der persönlichen Anhörung absehen, wenn diese bereits im ersten Rechtszug vorgenommen worden ist und von einer erneuten Anhörung keine neuen Erkenntnisse zu erwarten sind (Senatsbeschluss vom 16. März 2011 - XII ZB 601/10 - FamRZ 2011, 880 Rn. 13; s. auch Senatsbeschluss vom 11. August 2010 - XII ZB 171/10 - FamRZ 2010, 1650 Rn. 5 ff.).
14
(2) Gemessen hieran hätte das Beschwerdegericht den Betroffenen anhören müssen. Es durfte nicht davon ausgehen, dass von einer erneuten Anhö- rung keine neuen - von der Einschätzung der Sachverständigen abweichenden - Erkenntnisse zu erwarten waren.
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Denn das Amtsgericht hat trotz des Sachverständigengutachtens vom 16. Oktober 2010 und der beiden Ergänzungen vom 24. Oktober 2010 und vom 18. November 2010 dem Betroffenen die Fähigkeit attestiert, zur Bildungeines zu beachtenden Willens in der Lage zu sein. Dabei hat der Amtsrichter, der den Betroffenen zuvor in seinem häuslichen Umfeld angehört hatte, ausdrücklich auf den Eindruck abgestellt, den er von dem Betroffenen gewonnen hatte. Bei dieser Sachlage durfte sich das Beschwerdegericht nicht damit begnügen, allein auf die Aktenlage, namentlich das eingeholte Sachverständigengutachten zu rekurrieren, ohne den Betroffenen persönlich anzuhören. Denn es lässt sich nicht ausschließen, dass auch das Beschwerdegericht nach einem persönlichen Eindruck von dem Betroffenen - wie das Amtsgericht - zu einer anderen Einschätzung gelangt wäre.
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cc) Die Anordnung des Einwilligungsvorbehalts ist ebenfalls verfahrensfehlerhaft erfolgt.
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Gemäß § 1903 Abs. 1 Satz 1 BGB ordnet das Betreuungsgericht an, dass der Betreute zu einer Willenserklärung, die den Aufgabenkreis des Betreuers betrifft, dessen Einwilligung bedarf (Einwilligungsvorbehalt), soweit dies zur Abwendung einer erheblichen Gefahr für die Person oder das Vermögen des Betreuten erforderlich ist.
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Dass diese Voraussetzungen vorliegen, hat das Beschwerdegericht nicht verfahrensfehlerfrei festgestellt.
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Anlass für das Beschwerdegericht, den Einwilligungsvorbehalt anzuordnen , war der "Antrag" des Beteiligten zu 1 vom 13. Dezember 2010. Darin be- hauptet dieser, dass der Betroffene Geschäfte tätige, die für ihn und seine Ehefrau finanzielle Nachteile in nicht unerheblichem Maße verursachten. Das Schreiben enthält allerdings nur allgemein gehaltene Angaben. Weder nennt der Beteiligte zu 1 Namen noch Daten; ebenso wenig liegen dem Schreiben Nachweise bei.
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Zu Recht weist die Rechtsbeschwerde darauf hin, dass die Angaben des Beteiligten zu 1 für sich gesehen zu unsubstantiiert sind, als dass sie einen so erheblichen Eingriff wie den Einwilligungsvorbehalt rechtfertigen könnten. Anstatt den Einwilligungsvorbehalt allein aufgrund der Angaben des Beteiligten zu 1 anzuordnen, hätte das Beschwerdegericht seiner Amtsermittlungspflicht nach § 26 FamFG nachkommen und entsprechende Ermittlungen durchführen müssen. Das gilt umso mehr, als die Schwester des Beteiligten zu 1, die Beteiligte zu 2, mit ihren Schreiben vom 19. November 2010 und vom 18. Januar 2011 die Redlichkeit des Beteiligten zu 1 in Frage gestellt hat.
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dd) Schließlich ist auch die Bestellung des Beteiligten zu 1 zum Betreuer nicht frei von Verfahrensfehlern.
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(1) Zwar hat das Beschwerdegericht zutreffend ausgeführt, dass gemäß § 1897 Abs. 4 BGB das Betreuungsgericht grundsätzlich an den Vorschlag des Betroffenen gebunden ist. Ferner hat es zutreffend ausgeführt, dass auch Wünsche eines Geschäftsunfähigen zu berücksichtigen sind. Denn ein solcher Vorschlag erfordert weder Geschäftsfähigkeit noch natürliche Einsichtsfähigkeit. Vielmehr genügt, dass der Betroffene seinen Willen oder Wunsch kundtut, eine bestimmte Person solle sein Betreuer werden (Senatsbeschluss vom 16. März 2011 - XII ZB 601/10 - FamRZ 2011, 880 Rn. 21).
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(2) Bei der Feststellung des Wunsches des Betroffenen hat das Beschwerdegericht allerdings ausschließlich auf den - in der notariell beurkunde- ten Vorsorgevollmacht vom 29. Juli 2010 enthaltenen - Betreuungswunsch abgestellt. Weder ist das Beschwerdegericht darauf eingegangen, dass der Betroffene während des laufenden Betreuungsverfahrens mehrfach zum Ausdruck gebracht hat, nicht von dem Beteiligten zu 1 betreut werden zu wollen, noch hat es sich damit auseinandergesetzt, dass der Betroffene in seiner Anhörung vor dem Amtsgericht ausgeführt hat, dass er zu dem Notartermin "mehr oder weniger geschleppt worden" sei. Letzteres stimmt wiederum mit den Angaben der Beteiligten zu 2 überein, wonach die notarielle Vollmacht unter Druck eingeholt worden sei.
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Die Frage, ob die Benennung des Beteiligten zu 1 als Betreuer im Zeitpunkt der Beurkundung tatsächlich den Wünschen des Betroffenen entsprochen hat, kann indes dahinstehen. Denn maßgeblich kommt es - worauf die Rechtsbeschwerde zutreffend hinweist - auf die Wünsche des Betroffenen im Zeitpunkt der Betreuerbestellung an. Dies ergibt sich bereits aus § 1897 Abs. 4 Satz 3 BGB. Danach sind Vorschläge, die der Volljährige vor dem Betreuungsverfahren gemacht hat, unbeachtlich, wenn er daran erkennbar nicht festhalten will. Aus § 1897 Abs. 4 Satz 2 BGB folgt zudem, dass auf Vorschläge des Betroffenen , bestimmte Personen nicht zu bestellen, Rücksicht genommen werden soll.
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Anhaltspunkte dafür, dass der Betroffene an seinem früheren Betreuerwunsch nicht hat festhalten wollen, ergeben sich an mehreren Stellen aus der Akte. So hat der Betroffene gegenüber der Sachverständigen die notarielle Vollmacht wiederholt "widerrufen". Ferner hat der Betroffene ausweislich eines an das Amtsgericht Bremen gerichteten Schreibens vom 31. Oktober 2010 seinem Sohn die Vollmacht entzogen, ihn bei Gericht zu vertreten. Der Betroffene ist sogar so weit gegangen, seinen Sohn bei der Staatsanwaltschaft Bremen zu "verklagen".
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(3) Die vom Beschwerdegericht getroffene Betreuerauswahl beruht auf der unzureichenden Amtsermittlung. Es ist nicht auszuschließen, dass es bei Durchführung der gebotenen Ermittlungen, insbesondere auch der Anhörung des Betroffenen, zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre.
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3. Der Senat kann nicht abschließend in der Sache entscheiden, weil noch weitere Ermittlungen anzustellen sind. Deshalb war der Beschluss aufzuheben und die Sache zur weiteren Behandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen, § 74 Abs. 6 Satz 2 FamFG.
Hahne Weber-Monecke Dose Schilling Günter
Vorinstanzen:
AG Achim, Entscheidung vom 05.01.2011 - 4 XVII 287/10 -
LG Verden, Entscheidung vom 18.02.2011 - 1 T 18/11 -