Landgericht München I Beschluss, 27. Sept. 2016 - 13 T 21136/15

bei uns veröffentlicht am27.09.2016

Tenor

I. Die Beschwerde des Betroffenen gegen den Beschluss des Amtsgerichts München vom 12.10.2015 wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Bevollmächtigten trägt der Beschwerdeführer.

III. Der Geschäftswert wird auf € 70.000,00 festgesetzt.

Gründe

I.

1. Am 30.04.2015 beantragt der Verfahrensbevollmächtigte des Betroffenen die Einleitung eines Betreuungsverfahrens, vorrangig mit dem Ziel der Feststellung, dass im Hinblick auf die dem Verfahrensbevollmächtigten erteilte Vollmacht die Anordnung einer Betreuung nicht erforderlich ist, hilfsweise mit dem Begehren, den Verfahrensbevollmächtigten als Betreuer zu bestellen.

Geltend gemacht wird, die bevollmächtigte Ehefrau sei nicht willens sich um den Betroffenen zu kümmern.

Weiter wird behauptet, die Ehefrau und die Stieftochter hätten dem Betroffenen sein gesamtes Vermögen abgenommen, Personalausweis, Pass, Kreditkarten, Bankkarten, Vertragsunterlagen, Rolex-Uhren, Kfz und über Vollmachten über die Bankkonten und Geldmittel von ihm verfügt.

Vorgelegt wird sodann eine Generalvollmacht nebst Betreuungsverfügung vom 12.04.2015 für Rechtsanwalt ....

Bei dem Antrag befindet sich weiter ein „Neurologisches Gutachten“ des Facharztes für Neurologie von Herrn Dr. ... Zusammenfassend äußert sich dieser:

Insgesamt hat sich das Zustandsbild nach Hirnblutung sehr gut gebessert. Unter Berücksichtigung des aktuellen Untersuchungsbefundes ist Herrn ... Geschäftsfähigkeit zu attestieren.

Weiter ist dem Antrag beigefügt ein Schreiben des Bevollmächtigten, enthaltend den Widerruf der Generalvollmacht vom 21.11.2007.

Diese liegt ebenfalls dem Antrag an. Danach hat zu Urkunde des Notar ... vom 21.11.2007, UR-Nr. ... der Betroffene seiner Ehefrau ... sowie der Tochter von ... Generalvollmacht erteilt.

Mit Schreiben vom 22.04.2015 hat der Verfahrensbevollmächtigte die Vollmachten widerrufen.

Aus einem weiteren Schreiben des Verfahrensbevollmächtigten vom 04.05.2015 ergibt sich:

Es gibt objektiv spätestens seit Jahresanfang 2015 keine medizinische Notwendigkeit zu dem Leben in dem Heim und wird daher von Herrn ... abgelehnt. Soweit Dienstleistungen für Pflege, Logopädie, Anlegen eines Flüssigkeitsbeutels an eine Sonde bzw. Zubereitung und Verabreichung von Essen in Breiform erforderlich sind, kann dies jede andere Pflegekraft, vorliegend auch Frau ... jederzeit tun.

2. Die Verfahrensbevollmächtigte der Ehefrau beantragt, den Antrag zurückzuweisen.

Vorgelegt wird ein ärztliches Attest des Herrn Dr. ... vom 30.04.2015:

Herr ... geb. ... wird von mir seit 12.09.2013 hausärztlich im Pflegeheim ... betreut.

Es liegt ein Z.n. Hirninfarkt vor.

Es bestehen eine Schlafstörung, eine Halbseitenschwäche links sowie eine Einschränkung der geistigen Leistungsfähigkeiten, vor allem des Gedächtnissses (Herr ... vergisst öfters, seine Ernährungssonde abzustöpseln, wenn er etwa zur Toilette gehen will).

Im Gespräch kann Herr ... einfache Fragen beantworten, komplizierten Sachverhalten jedoch nicht folgen. Er neigt dazu, kurz und zustimmend zu antworten.

Ich habe deshalb erhebliche Zweifel bezüglich der Geschäfts- und Testierfähigkeit von Herrn ....

Weiter vorgelegt wird eine Bescheinigung vom 04.05.2015 des Facharztes für Neurologie Herr Dr. ....

Der oben genannte Patient wurde von mir zuletzt am 27.11.2014 untersucht.

Eine erneute Untersuchung am 29.04.2015 zur Beurteilung des aktuellen kognitiven Leistungszustandes konnte nicht erfolgen, da die anwesende Lebensgefährtin und der am Telefon eingeschaltete Notar eine erneute Untersuchung verboten haben. Die Lebensgefährtin hat eine Betreuung für alle Versorgungsbereiche erwirkt und den Kontakt mit Herrn ... untersagt. Somit lässt sich zum aktuellen kognitiven Leistungszustand von Herrn ... keine Aussage treffen.

Bezüglich der Vorgeschichte ist jedoch festzuhalten, dass Herr ... an einer Kleinhirnblutung mit Hirnstammbeteiligung leidet und als Folge dessen besteht weiterhin eine Hirnstammsymptomatik mit leichter Dysarthrie, Schluckstörung sowie sicher auch eine Stand- und Gangataxie fort. Ich halte daher eine zeitnahe aktuelle Überprüfung der kognitiven Leistungsfähigkeit, die im November 2014 sicherlich beeinträchtigt war, für unbedingt ratsam.

Mit weiteren Schreiben vom 15.05.2015 wird ein ärztliches Attest des Herrn Dr. ... vom 11.05.2015 eingereicht:

Bei meinen regelmäßigen Hausbesuchen konnte ich auch stets eine Störung der Kognition mit vorliegender Gedächtnisstörung feststellen: Häufig wollte Herr ... zur Toilette gehen, hat aber vergessen, seine Ernährungssonde abzustöpseln und stand dann ratlos vor der Ernährungspumpe, wenn die Sondennahrung aus dem abgerissenen Schlauch zu Boden tropfte.

Mit Rückbildung der Sprachstörung konnte Herr ... einfache Fragen beantworten, komplizierten Sachverhalten jedoch nicht folgen. Er neigte dazu, kurz und zustimmend zu antworten. Bei meinem letzten Hausbesuch am 29.04.2015 war im Zimmer von Herrn ... auch seine Bekannte Frau ... anwesend. Sie erzählte mir, er Herr ... wolle hier weg, da er auch einmal an den Starnberger See kommen möchte. Nachdem Herr ... sich nicht äußerte, forderte ihn Frau ... auf: „Sag ihm doch, dass du das willst“. Nachdem Herr ... jedoch wiederum nicht antwortete, forderte ihn Frau ... auf: „Sag doch einfach ja“, worauf Herr ... mit ja antwortete. Er schien mir wie auch schon früher relativ leicht beeinflussbar.

Bezüglich seiner Geschäfts- und Testierfähigkeit habe ich deshalb weiterhin erhebliche Zweifel.

3. Mit Schriftsatz vom 21.05.2015 beanstandet der Verfahrensbevollmächtigte des Betroffenen, die Bevollmächtigten hätten ohne Rücksprache mit dem Betroffenen den Heimvertrag mit der ... gekündigt und keinen neuen Heimvertrag geschlossen.

4. Zum 22.05.2015 erstattet Dr. ..., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie, ein psychiatrisches Gutachten über den Betroffenen.

In dem Gutachten sind unter II. (Blatt 120/124 der Akten) die Angaben des Betroffenen bei der Untersuchung durch den Sachverständigen angegeben; auf diese wird Bezug genommen.

Der Sachverständige gibt im weiteren folgenden physiopathologischen Befund an:

Bei Herrn ... handelt sich um einen 81 jährigen Mann im guten Allgemeinzustand und schlankem Ernährungszustand, der sich in der Untersuchungssituation freundlich und kooperativ verhält. Seine Sprache ist manchmal etwas undeutlich. Die Bewusstseinslage ist ungestört. Zeitlich ist er nicht ausreichend orientiert: So weiß er das Datum und den Wochentag (20. Mittwoch), nicht jedoch den Monat (Januar statt Mai) und das Jahr (2014 statt 2015). Auf die Frage nach der Jahreszeit meint er dann 2017. Er weiß, dass er sich in ... aufhält, aber nicht in welchem Stadtteil. Dass es sich bei dem Gespräch um eine Begutachtung im Rahmen seines Betreuungsverfahrens handelt, ist ihm nicht vermittelbar; vielmehr hält er sein Gegenüber trotz vielfältiger Korrektur bis zuletzt für einen .... Zur eigenen Person weiß er einige Fakten wie sein Geburtsdatum, seinen Geburtsort, sein Alter oder seinen Beruf, nicht aber seine Adresse, nur mit sehr viel überlegen und Unterstützung, dass er verheiratet ist und seine Frau eine Tochter hat. Die Aufmerksamkeit ist ausreichend. Die Konzentrationsfähigkeit ist deutlich beeinträchtigt. Die Auffassung ist oft erheblich verzögert. Die Merkfähigkeit ist weitgehend aufgehoben: Sowohl in den Demenztests als auch im Gesprächsverlauf zeigt sich durchgehend, dass er zur Speicherung neuer Informationen nahezu nicht mehr in der Lage ist. Im Sinne von Konfabulationen werden Erinnerungslücken teilweise mit spontanen Einfällen befüllt, die für Erinnerungen gehalten werden: Auf die Frage, in welchem Stockwerk er sich befinde (die Praxis liegt ebenerdig und von seinem Stuhl aus ist durch eine Glastür deutlich die Terrasse zu erkennen), entgegnete er dies wisse er nicht, denn er sei mit dem Lift gefahren und habe sich die Etage nicht gemerkt. Der formale Gedankengang ist vereinfacht und von Floskeln geprägt. Hinweise auf produktiv-psychotische Symptome in Form von Sinnestäuschungen, Wahngedanken und Ichstörungen finden sich nicht. Die Affektlage wirkt überwiegend freundlich ausgeglichen, und nur manchmal sind Zeichen beginnender innerer Anspannung zu spüren. Der zielgerichtete Antrieb erscheint vermindert. Die Psychomotorik ist spärlich. Wesentliche körperliche Beschwerden werden nicht berichtet. Selbst- oder Fremdgefährdung liegen nicht vor. Der Betroffene nimmt seine intellektuellen Beeinträchtigungen nicht wahr und verspürt dadurch auch keinen Leidensdruck.

Zur Diagnose führt der Sachverständige aus:

Den vorliegenden Informationen zufolge erlitt der Betroffene im März 2013 eine Kleinhirnblutung mit Hirnstammbeteiligung, die mehrere operative Interventionen erforderlich machte und außer mit einer körperlichen Beeinträchtigung wie einer Schluckstörung und einer Koordinationsstörung auch mit kognitiven Beeinträchtigungen einherging. Die Befunde der ... vom Frühjahr 2014 und von Herrn Dr. ... vom November 2014 lassen im Vergleich darauf schließen, dass sich im Laufe des vergangenen Jahres eine Verschlechterung der Intellektuellen Leistungsfähigkeit entwickelte.

Bei der im Rahmen der Begutachtung durchgeführten psychopathologischen Befunderhebung standen Störungen der Orientierung zur Zeit, zur Situation und zur eigenen Person sowie Beeinträchtigungen der kognitiven Funktionen, insbesondere der Merkfähigkeit, im Vordergrund der Symptomatik. Affektivität und Antrieb waren verarmt. Im Mini-Mental-Status, Uhrentest und DemTect-Test erzielte der Betroffene jeweils eindeutig pathologische Ergebnisse.

Bei Herrn ... besteht ohne Zweifel eine erworbene intellektuelle Beeinträchtigung von vom Ausmaß einer mittelschweren Demenz. Zumindest zum Teil dürfte es sich dabei um Restsymptomatik der Kleinhirnblutung von vor zwei Jahren handeln. Angesichts der Zunahme der Defizite in jüngerer Vergangenheit und vom klinischen Bild her wäre auch an eine senile Demenz vom Alzheimertyp bzw. eine Mischform zudenken. Zur genaueren Klassifikation muss der weitere Verlauf beobachtet werden; derzeit liegt nach den Kriterien ICD 10 eine Demenz nicht eindeutiger Genese vor (F03).

Weiter führt der Sachverständige aus:

Am 21.11.2007 unterzeichnete der Betroffene eine notarielle beglaubigte General- und Betreuungsvollmacht, mit der er seine Frau und seine Stieftochter jeweils einzeln umfassend bevollmächtigte. Möglicherweise könnte diese Vollmacht eine Betreuung ganz oder teilweise entbehrlich machen.

Was den Widerruf dieser Vollmacht am 10.04.2015 sowie die Bevollmächtigung Herrn ... zwei Tage später anbelangt, ist zusammenfassend festzustellen, dass für diese Zeitpunkte die medizinischen Voraussetzungen vorliegen, die Geschäftsunfähigkeit anzunehmen. Dies ist darin begründet, dass Herr ... zum Zeitpunkt der Begutachtung zweifellos nicht in der Lage war, seinen Willen frei zu bestimmen, da bei ihm nicht nur eine vorübergehende krankhafte Störung des Geistestätigkeit vorliegt und sich kein Hinweis darauf ergab, dass sich seine Defizite in den letzten sechs Wochen in relevantem Ausmaß verstärkt haben könnten. Ursächlich liegt in seinen Beeinträchtigungen eine Hirnblutung zu Grunde, die mehr als zwei Jahre her ist und in deren Verlauf der Zeitraum zwischen dem 12.04.2015 und dem Tag der Untersuchung durch den Unterzeichner, also dem 20.05.2015, im Hinblick auf die klinische Symptomatik keine wesentliche Rolle spielt. Unter der Annahme, dass zusätzlich ein neurodegenerativer Prozess im Sinne einer senilen Demenz vom Alzheimertyp eine Rolle spielt, kann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass sich Herrn ... Befinden in den letzten sechs Wochen nicht entscheidend verschlechtert hat; eine Alzheimerkrankheit ist ein chronisch-progredientes Geschehen, das sich über Jahre erstreckt und innerhalb von sechs Wochen in der Regel nicht zu relevanten Veränderungen führt. Für ein erneutes vaskuläres cerebrales Ereignis zwischen dem 12.04.2015 und dem 20.05.2015 waren den vorliegenden Informationen und Befunden keine Belege zu entnehmen. Hinsichtlich der von Herrn Dr. ... und Frau ... vorgelegten Befunde ist festzustellen, dass es sich bei der Beurteilung der medizinischen Voraussetzungen einer möglichen Geschäftsunfähigkeit um eine primär psychiatrische Fragestellung handelt und weder Herr Dr. ... noch Herr Dr. ... bzw. Herr Dr. ... eine entsprechende fachärztliche Qualifikation aufweisen. Herr Dr. ... wies in seiner Bescheinigung vom 04.05.2014 deutlich darauf hin, dass er den Betroffenen zuletzt im November 2014 untersucht hat und die Geschäftsfähigkeit zum derzeitigen Zeitpunkt nur nach einer erneuten aktuellen Untersuchung beurteilt werden könnte. Auch Herrn Dr. ... Einschätzung, aufgrund seiner Kenntnis des Verlaufs erhebliche Zweifel an der Geschäfts- und Testierfähigkeit Herrn ... zu haben, erscheint aus psychiatrischer Sicht nachvollziehbar. Frau ... Deutung, die beiden Ärzte würden Herrn ... für nicht geschäftsfähig halten, ist den beiden Bescheinigungen entgegen keinesfalls zu entnehmen. Was Herrn ... „Neurologisches Gutachten“ vom 22.04.2015 anbelangt, so ist dessen Wertigkeit sehr fragwürdig. Weder wurden die Informationsquellen angegeben, noch wurde von Herrn Dr. ... dargestellt, auf welche Untersuchungsvorgänge er den von ihm dargestellten Befund stützte. Da er keine Demenztests erwähnte, dürften diese von ihm auch nicht durchgeführt worden sein. Wenn er davon spricht, dass „Orientierung zu allen Qualitäten“ und „im Wesentlichen“ ungestörte Aufmerksamkeit, Konzentration und Gedächtnis bestanden hätten, so ist diese Ansicht des aktuellen Untersuchungsbefundes, der im Rahmen der Begutachtung erhoben wurde, im Grunde nicht vorstellbar.

5. Mit Beschluss vom 28.05.2015 bestellte das Amtsgericht ... durch einstweilige Anordnung Herrn Rechtsanwalt ... als Berufsbetreuer mit den Aufgabenkreisen: Geltendmachung von Rechten des Betreuten gegenüber seinen Bevollmächtigten, Entgegennahme, Öffnen und Anhalten der Post im Rahmen der übertragenen Aufgabenkreise.

6. Mit Schriftsatz vom 29.05.2015 machte der Verfahrensbevollmächtigte des Betroffenen Einwendungen gegen das Gutachten des Sachverständigen Dr. ... geltend. Insbesondere sei das Gutachten mangelhaft. Der Betroffene sei zum Zeitpunkt der Untersuchung nicht frisch gewesen. Der Betroffene hätte erklärt, dass ihm suggestive Fragen gestellt worden wären; im Einzelnen wird auf Blatt 138/145 Bezug genommen. Weiter führt der Verfahrensbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 02.06.2015 aus, der Kontrollbetreuer hätte den Betroffenen am 01.06.2015 persönlich in seiner Wohnung aufgesucht und die Ansicht vertreten, dass das Gutachten Dr. ... in dieser Form nicht vertretbar erscheine.

7. Am 03.06.2015 werden durch das Amtsgericht München Verfahrensbeteiligte angehört.

Am 08.06.2015 wird der Betroffene durch die Richterin des Amtsgerichts ... in Anwesenheit der Bevollmächtigten und der Vertrauensperson Frau ... sowie des Verfahrensbevollmächtigen und des Betreuers angehört. Auf die Fragen der Richterin kann der Betroffene nicht angeben, wem er Vollmachten erteilt hätte. Auf weiteres Nachfragen kann er nicht angeben, ob er Herrn Rechtsanwalt ... eine Vollmacht erteilt hätte. Der Betroffene gibt an, zu der Ehefrau Vertrauen zu haben.

8. Mit Schriftsatz vom 23.07.2015 teilte der Verfahrensbevollmächtigte der Bevollmächtigten mit:

Frau ... wohl angeleitet von RA ... versucht seit einiger Zeit, unsere Mandantinnen zu Pflichtverstößen im Rahmen der Vollmachtausübung zu verleiten. Insbesondere versucht sie, unsere Mandantinnen zur Auszahlung von Schwarzlohn zu nötigen. Wir haben von Anfang an ... darauf hingewiesen, dass für ihre Betreuungsleistungen zum einen nur die Beträge bezahlt werden können, die wir der Höhe nach mit dem Kontrollbetreuer Rechtsanwalt ... abgestimmt haben. Weiterhin haben wir auf die Lohnsteuer- und Sozialversicherungspflicht der Zahlungen der Betreuungsleistungen hingewiesen und um Mitteilung der Daten gebeten, damit die Löhne berechnet und ausgezahlt werden können. Anstatt die Daten zu liefern fordert Frau ... Abschlagsvorauszahlungen, was immer das auch heißen mag.

Vorgelegt wird ein Schreiben an Frau ... vom 23.07.2015:

Nach den uns vorliegenden Informationen können Sie für Herrn ... die 24-Stundenpflege nur im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses erbringen. Eine selbstständige Tätigkeit ist ausgeschlossen, denn selbst wenn Sie das Gewerbe anmelden würden, was schon wegen fehlender Qualifikation zum Pflegedienst nicht möglich ist, würde der Tatbestand der Scheinselbstständigkeit vorliegen, da sie weder eigene Arbeitnehmer beschäftigen und ausschließlich für einen einzigen Auftraggeber, Herrn ... tätig sind. Unsere Mandantinnen können somit als Bevollmächtigte von Herrn ... keine Zahlungen auf Rechnung an Sie leisten, da sie im Falle einer Prüfung durch die Deutsche Rentenversicherung in jedem Falle die Sozialversicherungsbeträge über Jahre nachzahlen müssten, ohne Rückgriffsmöglichkeit auf ihre Person. Dann würden insbesondere die Sozialversicherungsbeträge aus den ausgezahlten Beträgen als Nettobeträge hochgerechnet werden, sodass die nachträgliche Belastung höher ausfällt als die Sozialversicherungsbeträge, die sich aus den an sie auszuzahlenden Bruttobeträgen ergeben. Auch dies kann Herrn ... nicht zugemutet werden.

Sollten Sie dennoch der Auffassung sein, dass Sie Ihre Leistungen nicht als Arbeitnehmerin, sondern selbstständig erbringen, steht es ihnen frei, ihren Status als selbstständige durch Vorlage der einschlägigen Gewerbeanmeldung und eines Bescheids der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung nachzuweisen.

9. Zum 25.07.2015 berichtet der Betreuer:

Herr ... erklärte in mehreren Gesprächen, am 23.06.2015 auch gegenüber den Bevollmächtigten und in Anwesenheit von Frau ... dass er bei Frau ... bleiben möchte. Andererseits möchte der Betroffene sich aber auch nicht von seiner Ehefrau trennen. Bei den bisher vier Treffen mit dem Betroffenen befand sich dieser stets in einem gut gepflegten und versorgten sowie in einem ordentlich gekleideten Zustand. Herr ... klagte nie über Schmerzen oder mangelnde Versorgung. Die Tagesstätte wurde von dem Betroffenen in letzter Zeit nicht aufgesucht.

In den Gesprächen erschien der Betroffene stets deutlich besser orientiert, als er sich offenbar im Rahmen der Untersuchung am 20.05.2014 bei Herrn ... präsentierte. Es konnte Herr ...edes Mal seinen aktuellen Aufenthaltsort und auch die Anschrift der Ehewohnung angeben. Gesprächsinhalten konnte der Betroffene konzentriert folgen.

Der Betroffene äußerte wiederholt den Wunsch, die Vollmacht zu widerrufen. Gravierende Pflichtverletzungen, die einen derartigen Schritt (ohne vorherige Abmahnung) rechtfertigen würden, waren allerdings bisher nicht festzustellen. Insbesondere kann im Nachhinein nicht mehr eklärt werden, ob den Bevollmächtigten naheliegende Alternativen zu der von Herrn ... als Schikanös empfundenen Behandlung im Heim zur Verfügung standen.

Umstände, die eine Aufhebung, Beschränkung oder Erweiterung der Betreuung erforderlich machen, sind derzeit nicht bekannt.

10. Mit Beschluss vom 12.10.2015 ordnet das Amtsgericht ... Betreuung mit den Aufgabenkreisen:

Geltendmachung von Rechten des Betreuten gegenüber seinem Bevollmächtigten, Entgegennahme, Öffnen und Anhalten der Post im Rahmen der übertragenen Aufgabenkreise

an und bestellt Herrn Rechtsanwalt ... als Berufsbetreuer.

II.

1. Mit Schriftsatz vom 12.11.2015 legte der Verfahrensbevollmächtigte des Betroffenen Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts ... vom 12.10.2015 ein.

Die Beschwerde beruft sich zunächst weiterhin auf die Wirksamkeit des Widerrufs sowie der dem Verfahrensbevollmächtigten erteilten Generalvollmacht. Hilfsweise wird die Einrichtung einer Regelbetreuung beantragt.

Bezug genommen wird erneut auf das „Neurologische Gutachten“ des .... Der Betroffene hätte jedes Vertrauen in die Bevollmächtigten verloren. Das Gutachten des Gerichtsgutachters ... sei fehlerbehaftet und in sich widersprüchlich. Beanstandet wird weiterhin die unterlassene Herausgabe von persönlichen Gegenständen durch die Bevollmächtigten sowie deren Verlangen, das Kraftfahrzeug des Betroffenen nur herauszugeben, wenn Frau ... einen Kfz-Übernahmevertrag unterschreibe, wonach sie alle drei Monate die Fahrerlaubnis nachzuweisen hätte.

2. Mit Beschluss vom 24.11.2015 half das Amtsgericht ... der Beschwerde nicht ab.

III.

1. Mit Schriftsatz vom 25.11.2015 beantragten die Verfahrensbevollmächtigten der Bevollmächtigten die Beschwerde zurückzuweisen.

Darin wird unter anderem vorgetragen:

Es findet ja auch kein Streit zwischen den Bevollmächtigten und dem Betroffenen statt, der ein Vertrauensverhältnis zerstört hätte. Tatsache ist vielmehr, dass der Betroffene seit seinem Auszug aus dem ... nur noch über Frau ... in deren Wohnung er wohnt, mit den Bevollmächtigten kommuniziert, und jegliche persönliche Kommunikation und jeglichen persönlichen Kontakt ablehnt, offenbar von Anfang an in der Absicht, die von ihm selbst eingestellte und abgelehnte Kommunikation zum Anlass für die nunmehr eingereichte Beschwerde vorschieben zu können. Sämtliche Versuche der Bevollmächtigten, Kontakt zum Betroffenen aufzunehmen, scheiterten an dessen persönlicher, zielgerichtete Ablehnung.

Tatsache ist vielmehr, dass der Betroffene aus heiterem Himmel plötzlich ohne erkennbaren Grund im Frühjahr dieses Jahres Aktionen durchführte, die vollkommen überflüssig waren und darüber hinaus vollkommen von dem Verhalten abweichen, welches die Bevollmächtigten von ihm über lange Jahre hinweg kannten. Das ganze begann mit der vollkommen überflüssigen Einschaltung des Verfahrensvertreters RA ..., verbunden mit der Abhebung von insgesamt. € 14.600,00 innerhalb einer Woche, nachdem der Betroffene das ... verlassen hatte. In diesem Zusammenhang wurde gegen die Bevollmächtigten eine Vielzahl von an den Haaren herbeigezogenen Beschuldigungen erhoben. Hinzu kam der Umstand, dass der Betroffene von Frau ... einer Person, die den Bevollmächtigten nur vom Sehen her bekannt war, in ihre Wohnung verbracht wurde, wo sie selbst nicht einmal polizeilich gemeldet war, ohne dass den Bevollmächtigten der Aufenthaltsort bekanntgegeben wurde. Bereits zwei Tage vor dem Verlassen des ... verlangte RA ... die Herausgabe von Urkunden, Ausweisen, Kfz-Papieren, Schlüssel und Auskunft zum Verbleib von zwei Rolex Uhren und dem Kfz des Betroffenen. Auch von Frau ... wurde dieses Herausgabeverlangen, ohne dass für die Bevollmächtigten erkennbar war, inwieweit eine gesicherte Verwahrung vor allem der Gegenstände mit höherem Wert sichergestellt war.

Das Ziel, dass der Betroffene in der Wohnung von Frau ... durch diese eine Ganztagspflege erhält, hätte jederzeit auch in Abstimmung mit den Bevollmächtigten erreicht werden können.

Im Einzelnen wird auf den Schriftsatz (Blatt 249/262) Bezug genommen.

2. Mit Schreiben vom 08.01.2016 an den Verfahrensbevollmächtigten der Bevollmächtigten erteilte der Betreuer die Weisung, zur Ermöglichung eines medizinischen Sachverständigengutachten über die Geschäftsfähigkeit einen Betrag von EUR 3.000,00 zur Verfügung zu stellen. Der Betreuer gibt in dem Schreiben an, der Betreute wäre bei Gesprächen mit ihm stets zu seinem aktuellen Aufenthaltsort, der Lage der Ehewohnung, der seiner vermieteten Wohnung und der Lage der Wohnung von Frau ... uneingeschränkt örtlich orientiert gewesen.

3. Der Verfahrensbevollmächtigte des Beschwerdeführers trägt mit Schriftsatz vom 13.1.2016 vor, die Bevollmächtigten würden den Vollmachtgeber in menschlich nicht nachvollziehbarer Weise entmündigen.

Der Betroffene verfüge über ein Vermögen von ca. EUR 900.000,00. Der Geschäftswert sei auf 15 von Hundert davon festzusetzen. Die Ehefrau des Betroffenen hätte erklärt, den Betroffenen keinesfalls mehr in die Ehewohnung aufzunehmen.

4. Mit Beschluss vom 26.01.2016 beauftragte die Kammer Frau ... mit der Erstellung eines psychiatrischen Gutachtens; auf den Beschluss (Blatt 298/299) wird Bezug genommen.

5. Mit Schriftsatz vom 17.02.2016 trägt der Verfahrensbevollmächtigte des Beschwerdeführers vor, der Betroffene hätte von dem behandelten Arzt Dr. ... jahrelang eine wöchentliche Spritze verabreicht bekommen nach der er sehr benommen gewesen wäre.

Zudem hätte der Betroffene von Herrn ... über Monate hinweg alle drei Tage ein Pflaster gegen Schmerzen erhalten.

Vorgelegt wird sodann ein ärztliches Gutachten des Dr. ..., Arzt, Psychotherapie, vom 15.02.2016.

Unter Ziffer 3 wird das Ergebnis der persönlichen Untersuchung referiert. Weiter werden die Ergebnisse der durchgeführten Testverfahren mitgeteilt.

Unter Ziffer 5 setzt sich das ärztliche Gutachten mit dem Gutachten des Sachverständigen Dr. ... auseinander. Auf Seite 6 bis 11 des ärztlichen Gutachtens wird insoweit Bezug genommen.

Dr. ... gelangt zu dem Ergebnis, bei dem Betroffenen liege eine psychische Krankheit oder eine körperliche, geistige oder seelische Behinderung im Sinne des § 1896 Abs. 1 BGB nicht vor.

6. Mit Schriftsatz vom 23.03.2016 teilt der Betreuer mit:

Auch wenn sich der Unterfertigte die scharfen Ausführungen von Herrn Dr. ... nicht zu Eigen machen möchte, entsprechen die beim Untersuchungsgespräch durch Herrn Dr. ... festgestellten Verhaltensweisen des Betroffenen im Wesentlichen den Erfahrungen des Betreuers im Rahmen von persönlichen Kontakten und Telefonaten. So präsentiert sich der Betroffene sowohl in der Wohnung von Frau ..., als auch im Büro des Betreuers stets in jeder Hinsicht sehr gut orientiert. Alle jüngsten Ereignisse werden stets zutreffend bzw. schlüssig geschildert. Zu erwähnen ist lediglich, dass der Betroffene über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse meist nur grob Bescheid weiß, was allerdings auch an einer jahrzehntelangen Aufgabenverteilung zwischen den Eheleuten liegen könnte. Nicht immer nachvollziehbar ist auch die häufig ablehnende Haltung des Betroffenen gegenüber ambulanten Hilfen und Therapien. Aus Sicht des Betreuers scheint die meist vom Betroffenen angeführte Erklärung, er befürchte vor Ort, etwa in der Tagesstätte, eine Konfrontation mit den Bevollmächtigten, überzogen, auch weil der Unterfertigte dem Betroffenen immer wieder versicherte, dass ein erneutes Abschieben ins Heim durch die Kontrollbetreuung wirksam verhindert werden kann. Anderseits hat der Unterfertigte aber auch nicht den Eindruck, dass der Widerstand des Betroffenen gegen Therapien und ambulante Hilfen auf einer Beeinflussung durch Frau ... beruht. Was die Vermögensverwaltung durch die Bevollmächtigten anbelangt, ist der Betroffene in der unerfreulichen Lage, seinen finanziellen Bedarf immer wieder geltend machen und kleinlich nachweisen zu müssen, was von den Bevollmächtigten damit erklärt wird, dass sie sich wegen der Ablehnung von Kontakt durch den Betroffenen kein eigenes Bild von den Bedürfnissen des Betroffenen machen können. Nachdem sich an der jeweiligen Haltung der Beteiligten seit nunmehr 10 Monaten trotz Kontrollbetreuung leider nichts geändert hat, stellt sich deshalb nach Ansicht des Betreuers die Frage, ob der Regelungsbedarf des Betroffenen im Rahmen der Ausübung der Vollmacht ausreichend abgedeckt wird.

7. Mit weiteren Schreiben vom 13.04.2016 teilte der Betreuer mit:

Nach Mitteilung von Frau ... wird nun die Auszahlung eines weiteren Darlehensbetrages in Höhe von EUR 7.500,00 bis 22.04.2016 von den Bevollmächtigten zugesagt. Vorsorglich habe ich den Bevollmächtigten angekündigt, der Auszahlung eines frei verrechen- und rückforderbaren Vorschusses in dieser Höhe anzuweisen, sollte das Darlehen nicht bis 22.04.2016 ausbezahlt werden. Da die Bevollmächtigten bisher stets den Weisungen entsprochen haben, ist eine Erweiterung der Betreuung durch einstweilige Anordnung meines Erachtens bis zum Vorliegen des Gutachtens von Frau ... nicht erforderlich.

8. Zum 06.06.2016 erstattet die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie ... ein psychiatrisches Gutachten über den Betroffenen.

Die Befunderhebung wird von der Sachverständigen referiert:

Der Betroffene gibt an, er fühle sich körperlich und geistig fit. Er sei mobil, er sei gut zu Fuß unterwegs und könne problemlos essen und trinken. Auf Nachfrage, warum er eine PEG-Sonde habe (zum Zeitpunkt der Untersuchung erhält der Betroffene über die Sonde Flüssigkeit), berichtet der Betroffene von einem „Magenproblem“. Er könne aber alles essen und trinken. Auf Nachfrage gibt er an, dass er nicht an Schluckbeschwerden leide. Schwerwiegende Erkrankungen in der Vergangenheit verneint der Betroffene. Auf weitere Nachfrage, fällt ihm ein, dass er „vor ca. 1,5 bis 2 Jahren einen kleinen Schlaganfall“ gehabt habe. Nach dem Krankenhausaufenthalt sei er gleich wieder in seine Wohnung in Schwabing, wo er schon mit seiner Mutter gelebt habe, gekommen. Auf Hinweis, dass er laut Aktenlage im Heim eingezogen sei, gibt er an, er sei dort nur ein paar Tage gewesen. Er lebe in Schwabing. In der Wohnung, in der die Untersuchung stattfindet, sei er „nur zu Besuch“. Von dem „kleinen Schlaganfall“ habe er sich wieder gut erholt, insbesondere habe er keine Probleme mit dem Gedächtnis.

Befragt nach seiner Meinung zum Betreuungsverfahren gibt er an, er wolle wieder frei sein und über sich selbst bestimmen. Auf Nachfrage gibt er an, er habe seiner Ehefrau eine Vollmacht erteilt, der Stieftochter nicht. In der Folge widerspricht sich der Betroffene mehrfach: zunächst gibt er an, es bestehe guter Kontakt zur Ehefrau, später gibt er an, das er sie schon seit einem Jahr nicht mehr gesehen habe. Schließlich meint er, er telefoniere manchmal mit ihr. Auch auf die im Verlauf mehrfach gestellte Frage, ob er einverstanden sei, wenn seine Frau als Bevollmächtigte agiere, antwortet der Betroffene widersprüchlich. Bei der ersten Frage antwortet er, dass seine Ehefrau Bevollmächtigte bleiben solle. Er habe sie in der Vergangenheit bevollmächtigt und er denke nicht, dass es ihm schade. Bei der zweiten identischen Frage gibt der Betroffene an, er habe noch gar nicht darüber nachgedacht, ob seine Ehefrau weiter bevollmächtigt bleiben solle. Auf die dritte Frage am Ende der Untersuchung erklärt er: „Naja, eigentlich soll sie lieber nicht mehr unbedingt bevollmächtigt sein“. Eine gute Alternative sei sein Bruder. Dann gebe es noch „Leute“ die er beim Schwimmen kennengelernt habe. Diese könnten sich kümmern. Befragt nach seinen Vermögensverhältnissen antwortet der Betroffene zunächst, dass er das nicht wisse. Nach Vorgabe einer Auswahl (100,00, 1.000,00, 100.000,00 EUR) gibt er ungefähr 100.000,00 EUR an. Auf dezidierte Nachfrage, ob er sich bei ... gut versorgt fühle, bejaht der Betroffene. Es besteht ein guter Kontakt, der habe Vertrauen zu ihr, er fühle sich in der Wohnung wohl. Er wohne aber nicht hier. Befragt wo er heute Nacht geschlafen habe, gibt er an „in Schwabing“.

Weiter wird im Gutachten mitgeteilt:

Von Kontrollbetreuer ... ist telefonisch zu erfahren, dass er immer den Eindruck gehabt habe, dass der Betroffene Übersicht über seine Angelegenheit habe. Dies treffe allerdings nicht auf seine Finanzen zu, in der Zeit, in der er ihn kenne, habe er kaum direkte Angaben machen können über die Höhe seiner Rente, über Vermögen oder Immobilien. Er könne sich an einen Vorfall vor einigen Monaten erinnern, als der Betroffene detailliert seine Vorgehensweise erläutert habe, nachdem ihm die Bankkarte eingezogen worden sei. Ansonsten sei ihm der Betroffene geistig weitgehend fit vorgekommen, wobei er auch nie dezidiert „nachgebohrt“ habe. Der letzte persönliche Kontakt sei vor rund zwei Monaten gewesen.

Weiter wird ein Telefonat mit dem Hausarzt ... referiert. Von diesem war zu erfahren, dass eine kürzlich wegen der schlechten körperlichen Verfassung des Patienten durchgeführte Blutabnahme keine Hinweise erbracht habe auf ein infektiöses Geschehen, Anämie, Elektrolytstörungen oder gravierende Leber- oder Nierenfunktionsstörungen. Es wurde vereinbart, zum Ausschluss eines chronischen subduralen Hämatoms zeitnah eine klinisch indizierte craniale Computertomografie in die Wege zu leiten.

Im psychopathologischen Befund wird angegeben:

Der Betroffene ist wach, bewusstseinsklar, zur Situation gut, zu Zeit, Ort und Person mit Schwächen orientiert. Gepflegt, freundlich zugewandt, zunächst sehr präsent, ermüdet aber nach ca. 45 minutiger Gesprächsdauer allmählich. Spontanspräche flüssig, etwas heiser sonst unauffällig. Sprachverständnis unbeeinträchtigt. Häufige „weiß nicht“-Antworten, teilweise lange Antwortlatenzen, Neugedächtnis beeinträchtigt. Deutliche Einschränkungen des autobiografischen Gedächtnisses und der zeitlichen Einordnung von Lebensereignissen. Fremdanamnestisch Hinweise auf ausgeprägtes exekutives Defizit. Formaler Gedankengang geordnet, kein Anhalt für inhaltliche Denkstörungen oder Wahrnehmungsstörungen. Psychomotorik und Antrieb reduziert. Affektiv euthym, Nachtschlaf durch wiederholtes Aufstehen mit Wäschewechsel, Nachtschweiß gestört, ausgeprägte Tagesmüdigkeit mit Tagesschlafepisoden. Einsichten in die eignen körperlichen und kognitiven Einschränkungen nicht gegeben.

Mitgeteilt wird das Ergebnis der cranialen Computertomografie vom 31.05.2016:

Z.n. mehreren Hirninfarkten mit Dichteabsenkung im Marklager und kortikaler bzw. subkortikaler Athropie rechts frontal, rechts parieto-okzipital bis posterior temporal. Nachweis eines abgeräumten Infarktbezirks in der hinteren Grenzzone. Erweiterter rechter Seitenventrikel Subtotale Infarzierung der linken Kleinhirnhemisphäre, nur basal sind Kleinhirnreste nachweisbar. Ventrikelktheter durch den rechten frontalen Kortex in den linken Seitenventrikel

Zur Diagnose gibt die Sachverständige an:

Der Betroffene leidet an einem demenziellen Syndrom. Die Schweregrad ist als mittelgradig einzuschätzen. Damit liegt eine psychische Krankheit vor. Die Vorgeschichte, die Begleiterkrankungen, die aktuelle klinische Symptomatik, der Verlauf, das neurophysiologische Profil und das Ergebnis der aktuellen Computertomografie sprechen für eine multifaktorielle Komponente: Die aktuelle Symptomatik ist Folgezustand der schweren Hirnblutungen in Kombination mit mehreren stattgefunden Hirninfarkten.

9. Am 28.06.2016 wurden die Bevollmächtigten in Gegenwart der Verfahrensbevollmächtigten und des Betreuers angehört; auf Blatt 381/383 wird Bezug genommen.

10. Am 26.07.2016 wurde der Betroffene in Anwesenheit von Frau ... des Verfahrensbevollmächtigen ... und des Betreuers angehört; auf Blatt 387/389 wird Bezug genommen.

IV.

Die zulässige Beschwerde erweist sich in der Sache als unbegründet.

1. Der Betroffene leidet an einer psychischen Erkrankung, aufgrund derer die freie Willensbildung aufgehoben ist.

Die Kammer folgt insoweit den übereinstimmenden Feststellungen der Sachverständigen ... und ....

a) Der Sachverständige ... ist Facharzt für Psychiatrie. Zudem ist er Mitglied der Systemgruppe der Arbeitsgemeinschaft für Dokumentation und Methodik in der Psychiatrie, die an der Weiterentwicklung des Dokumentationssystems arbeitet. Vor diesem Hintergrund ist er in besonderem Maße mit der standardisierten Erfassung und Dokumentation des psychopathologischen Befundes vertraut.

... ist ebenfalls Ärztin zur Psychiatrie. Zudem gehört sie der Leitung des Zentrums für kognitive Störungen und kognitive Rehabilitation am Klinikum ... an.

Aus diesen Qualifikationen und Tätigkeiten folgt die besondere Sachkunde und Erfahrung der beiden Sachverständigen.

Der vom Betroffenen beauftragte... ist Arzt und Psychotherapeut.

Sowohl gerichtsbekannt ist als auch aus den Darlegungen auf Seite 2 des Gutachtens von ... folgend, dass die klinische Tätigkeit im Fachbereich Psychiatrie vor der über 25-jährigen allgemeinärztlichen Tätigkeit liegt. Aktuelle Erfahrungen auf dem Gebiet für Psychiatrie können hieraus nicht hergeleitet werden. Erfahrungen auf dem Gebiet der Psychiatrie können allein durch die Erstattung von Gutachten nicht gewonnen werden (vgl. Bienwald, FamRZ 2015, 723).

b) Der Sachverständige ... schildert ausführlich den Verlauf der von ihm durchgeführten Untersuchung.

Soweit hierbei der Ablauf des Untersuchungsgespräches beanstandet wird, ist darauf hinzuweisen, dass gerade diese Gesprächsführung in besonderer Weise geeignet ist, funktionelle Störungen hinsichtlich des Neugedächtnisses festzustellen. Soweit ... seine Befunderhebung referiert, bezieht sie sich weitgehend auf allgemeine biografische Daten, jedoch nicht gerade auf die Frage des Neugedächtnisses.

Zudem ist hinsichtlich der Anforderungen an ein psychiatrisches Gutachten im Betreuungsverfahren auf folgendes hinzuweisen:

Im Zusammenhang mit § 1896 Abs. 1 a BGB geht es darum, ob der Betroffene in der Lage ist, seinen Willen hinsichtlich der Einrichtung einer Betreuung frei zu bestimmen. Die beiden entscheidenden Kriterien sind dabei die Einsichtsfähigkeit des Betroffenen und dessen Fähigkeit, nach dieser Einsicht zu handeln. Fehlt es an einem dieser beiden Elemente, liegt kein freier, sondern nur ein natürlicher Wille vor. Einsichtsfähigkeit setzt die Fähigkeit des Betroffenen voraus, im Grundsatz die für und wider eine Betreuerbestellung sprechenden Gesichtspunkte zu erkennen und gegeneinander abzuwägen. Der Betroffene muss Grund, Bedeutung und Tragweite einer Betreuung intellektuell erfassen können, was denknotwendig voraussetzt, dass er seine Defizite im Wesentlichen zutreffend einschätzen und auf der Grundlage dieser Einschätzung die für oder gegen eine Betreuung sprechenden Gesichtspunkte gegeneinander abwägen kann. Ist der Betroffene zur Bildung eines klaren Urteils zur Problematik der Betreuerbestellung in der Lage, muss ihm weiter möglich sein, nach diesem Urteil zu handeln und sich dabei vor den Einflüssen dritter abzugrenzen (BGH, Beschluss vom 15.06.2016, XII ZB 581/15, Rdnr. 23).

Der Sachverständige hat sich vor diesem Hintergrund bei seiner Untersuchung damit zu befassen, ob gegebenenfalls eine psychische Erkrankung den Betroffenen an der Einsicht in seine Defizite hindert. Dies erfordert ein gegebenenfalls mehrfaches Nachfragen, um überprüfen zu können, ob Äußerungen auf spontaner Konfabulation oder einer Gedächtnisleistung beruhen. Dies unternahmen sowohl der Sachverständige ... als auch die Sachverständige .... Das von den beiden Sachverständigen wiedergegebene Bild entspricht den Eindrücken sowohl der Anhörung durch die Richterin des Amtsgerichts als auch derjenigen durch die Kammer. Die klinische Untersuchung – soweit sie von ...ert wird – geht hierauf nicht ein.

Soweit die von ... durchgeführten standardisierten Tests ein gegenüber den Untersuchungen durch die Sachverständigen ... und ... abweichendes Ergebnis zeigen sollten, muss darauf hingewiesen werden, dass aus dem ggf. durch die Testergebnisse ermittelten kognitiven Status keine Rückschlüsse auf die funktionellen Beeinträchtigungen des Betroffenen gezogen werden können (Hampel/Pantel in: Möller/Laux/Kapfhammer, Psychiatrie, Psychosomatik, Psychotherapie, 4. Aufl., Kap. 47.3.3).

Der Facharzt für Neurologie ... stellt die von ihm durchgeführten Untersuchungen nicht dar.

Soweit der Betreuer in mehreren Schriftsätzen dem Befund des Sachverständigen ... widerspricht, räumt er selbst gegenüber der Sachverständigen ... ein, hinsichtlich der Äußerungen des Betroffenen nicht detailliert „nachgebohrt“ zu haben.

Nachdem der Betroffene – wie sich insbesondere aus dem Gutachten der Sachverständigen ... – ergibt, keine Einsicht in seine Einschränkungen hat, liegt kein freier Wille vor. Insbesondere ergibt sich, dass der Betroffene nicht weiß, dass und wen er bevollmächtigt hat. Zur Überwachung von Bevollmächtigten ist er vor diesem Hintergrund nicht in der Lage.

c) Fernliegend ist weiter der Einwand, die Untersuchungsergebnisse der Sachverständigen ... und ... wären durch mangelnde Flüssigkeitsversorgung des Betroffenen verfälscht.

Zum Zeitpunkt beider Untersuchungen wurde der Betroffene nach seinen Angaben durch Frau ... pflegerisch versorgt. Wie aus Anlage 6 zum Gutachten von ... ersichtlich, war Frau ... schon am 18.7.2014, als sich der Betroffene noch im Heim befand, um die Sicherstellung einer ausreichende Flüssigkeitsversorgung bemüht. Die ordnungsgemäße Versorgung des Betroffenen wurde mehrfach durch den Betreuer bestätigt. Vor diesem Hintergrund besteht kein begründeter Anhalt dafür, Frau ... hätte gerade an den Tagen der ärztlichen Untersuchung die Flüssigkeitsversorgung vernachlässigt. Dies müsste zudem angesichts der durch das Schriftstück vom 18.7.2014 belegten Kenntnis von Frau ... zu der Annahme führen, diese wolle dem Begehren des Betroffenen nach Feststellung seiner Geschäftsfähigkeit im April 2015 entgegen treten.

Die Einwendungen, die ... neben den – unbeachtlichen – methodischen gegen das Gutachten des Sachverständigen ... vorbringt, stützen sich auf nicht näher belegte Mutmaßungen des Verfahrensbevollmächtigten .... Dabei muß auch gesehen werden, dass die offenbar von ... gestützte These eine vorübergehende Störung der Geistestätigkeit entsprechend § 105 Abs. 2 BGB zum 20.4.2015 voraussetzen würde. Die Möglichkeit deren Auslösung durch eine Autofahrt innerhalb der Landeshauptstadt München wird indes wissenschaftlich nicht begründet.

Schließlich ist auf das Attest von ... vom 30.4.2015 hinzuweisen. Bei der Fähigkeit, einfache Fragen kurz und ggf. zustimmend zu beantworten, kann, wenn nicht „nachgebohrt“ wird, in der Regel die fehlende Geschäftsfähigkeit nicht festgestellt werden. Vor diesem Hintergrund bedurfte es nicht der weiteren Befragung des Verfahrensbevollmächtigten und von Frau ... die zudem nicht über die für die Beurteilung erforderliche Qualifikation verfügen. Anhaltspunkte dafür, dass die Geschäftsfähigkeit des Betroffenen durch die Inaugenscheinnahme von Videoaufnahmen beurteilt werden könnte, erschließen sich nicht.

2. Ein wirksamer Widerruf der 2007 erteilten Vollmacht liegt ebenso wenig vor wie eine wirksame Bevollmächtigung des Verfahrensbevollmächtigte ...

Die Geschäftsfähigkeit und damit die für sie erforderliche Einsicht- und Steuerungsfähigkeit muss sich insoweit auf die vorzunehmenden Rechtshandlungen, hier die Erteilung oder den Widerruf der Vollmacht beziehen (BGH a.a.O. Rdnr.: 24).

Insoweit ergibt sich aus der Befunderhebung und Bewertung durch den Sachverständigen ..., dass zum 20.04.2015 im Hinblick auf die massive Beeinträchtigung des Neugedächtnisses weder eine Einsichtsfähigkeit hinsichtlich der Frage der Vollmachtserteilung oder deren Widerruf noch die Fähigkeit vorlag, gegebenenfalls nach dieser Einsicht zu handeln. Selbst nach Mitteilung oder eigener Äußerung über entsprechende Sachverhalte äußerte sich der Betroffene in anderer Weise.

Soweit der Sachverständige ... in seinem Gutachten weiterhin zu dem Ergebnis gelangt, dass diese Beeinträchtigung auch zum Zeitpunkt des Widerrufs und der Erteilung der Vollmacht im April 2015 vorlag, liegt entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers in der Begründung kein Widerspruch. Zwar vertritt der Sachverständige die Auffassung, dass seit dem Jahre 2014 eine Verschlechterung des Zustandes des Betroffenen eingetreten sein dürfte, jedoch innerhalb der vergangenen sechs Wochen vor der Untersuchung keine relevante Verschlechterung angenommen werden kann. Dem liegt indes die zutreffende Erkenntnis zugrunde, dass es sich um einen länger andauernden Entwicklungsprozess handelt, der zwar innerhalb eines Jahres zu merklichen Veränderungen führt, nicht jedoch dazu, dass bei unterstelltem Vorliegen von Geschäftsfähigkeit innerhalb von sechs Wochen ein Zustand, wie bei der Untersuchung am 20.04.2015 festgestellt, eintreten würde.

Zudem ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass die Sachverständige ... nach dem Vorliegen der Computertomografie zu dem Ergebnis gelangt, dass die aktuelle Symptomatik Folgezustand der schweren Hirnblutung in Kombination mit mehreren stattgehabten Hirninfarkten ist. Bei diesem Zusammenhang besteht kein Anhalt dafür, dass zwischenzeitlich eine vorübergehende Verbesserung des Zustandes des Beschwerdeführers eingetreten wäre, die zum Vorliegen der Geschäftsfähigkeit geführt hätte. Schließlich geht die Sachverständige ... auch davon aus, dass in Anbetracht der ausgeprägten strukturellen Hirnschädigung (Z.n. Hirnblutung, mehrere ausgeprägte Infarktareale) eine Besserung der Symptomatik nicht zu erwarten ist (Seite 10 des Gutachtens). Dementsprechend ist von einer schweren durchgehenden organischen Beeinträchtigung auszugehen.

3. Derzeit wird durch die bestehenden Vollmachten dem Betreuungsbedürfnis Genüge geleistet.

Ein Missbrauch der Vollmacht oder eine Ungeeignetheit der Bevollmächtigten konnte nicht festgestellt werden.

Der vom Amtsgericht München eingesetzte Betreuer konnte ein Fehlverhalten der Bevollmächtigten nicht feststellen. Insbesondere ist zu sehen, dass die vom Verfahrensbevollmächtigten des Beschwerdeführers erhobenen Vorwürfe finanzieller Pflichtverletzungen sich bisher als haltlos erwiesen haben. Wenn im Heim nicht die Möglichkeit sicherer Verwahrung von Wertgegenständen besteht, müssen diese anderweitig verwahrt werden.

Soweit sich der Betroffene gegen die von den Bevollmächtigten veranlasste Unterbringung in der Einrichtung des M.-stifts wendet, kann schon nicht festgestellt werden, dass diese Maßnahme von Anfang an gegen den Willen des Betroffenen erfolgt wäre. Hiervon dürfte im Übrigen schon deshalb nicht auszugehen sein, da der Betroffene seit Beginn seines Heimaufenthalts Kontakt mit Frau ... hatte. Diese hat – behauptetermaßen auf Wunsch des Betroffenen – dessen Umsiedlung in ihre Wohnung veranlasst. Es besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass der Betroffene nicht frühere Wünsche nach einem Aufenthaltswechsel über Frau ... hätte artikulieren können.

Wenn der Betroffene sich weigert, weiter in der Einrichtung des M.-stifts zu verbleiben und sich dort auch tatsächlich nicht mehr aufhält, spricht nichts gegen die Kündigung des Heimvertrages. Ein neuer Heimvertrag war nicht zu schließen, wenn der Betroffene außerhalb einer solchen Einrichtung versorgt wird.

Weiterhin kann derzeit nicht gesehen werden, dass die Bevollmächtigten nicht objektiv in der Lage wären, die Vollmacht zum Wohl des Betroffenen auszuüben. Die Ausübung der Vollmacht mag durch die Kontaktverweigerung des Betroffenen erschwert sein, dieser Kontakt kann jedoch im Wesentlichen durch den bestellten Betreuer im Rahmen dessen Aufgabenkreise ersetzt werden.

In diesem Zusammenhang ist auch zu sehen, dass das Verlangen der Bevollmächtigten, die Pflegeperson (hier Frau ...) nur im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben und Anforderungen entlohnen zu wollen, unabhängig vom Kontaktabbruch gerechtfertigt ist.

Soweit sich der Betroffene mit dem geäußerten natürlichen Willen der rechtlichen Vertretung durch die Bevollmächtigten widersetzt, kann dies für sich genommen nicht dazu führen, die Erforderlichkeit einer Betreuung zu bejahen (BGH, Beschluss vom 17.02.2016, XII ZB 499/15).

V.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 25 Abs. 2 GNotKG, 81 Abs. 1, Abs. 2 Nrn. 1., 2. FamFG. Die Entscheidung entspricht aus folgenden Gründen der Billigkeit:

Wenn der Beschwerdeführer, wie im Antrag vom 30.4.2015 ausgeführt und in der Beschwerdeschrift vom 12.11.2015 wiederholt, der Auffassung ist, die Anordnung einer Betreuung sei nicht gerechtfertigt, ist die Einleitung eines Betreuungsverfahrens nicht veranlasst. Die Unwirksamkeit der Vollmacht vom 21.11.2007 hätte vielmehr im streitigen Verfahren – allerdings mit klarem Kostenrisiko – erfolgen können. Das Betreuungs- und das darauf bezogenen Beschwerdeverfahren dient nicht der Vermeidung eines solchen Kostenrisikos.

Hinzu kommt:

Die vom Beschwerdeführer gegen die Bevollmächtigten erhobenen Vorwürfe haben sich weitgehend als unbegründet erwiesen. Sie erfolgten ohne sachlichen Anhaltspunkt.

VI.

Für die Festsetzung des Geschäftswertes war ein Teilwert (1/10) des Vermögens des Betroffenen zugrunde zu legen, da im Beschwerdeverfahren wirtschaftliche Interessen im Vordergrund stehen.

Der Schätzung des Vermögens des Betroffenen waren die Angaben im Schriftsatz vom 15.3.2015 zugrunde zu legen. Angesichts des Sachvortrags des Beschwerdeführers muss auch davon ausgegangen werden, dass die Vorwürfe ohne tatsächliche Anhaltspunkte erhoben wurden. Insbesondere kamen die Bevollmächtigten zu Recht dem Ansinnen nicht nach, den Status der Frau ... als Selbständiger anzuerkennen (s. Bescheid der Clearingstelle DRV Bund vom 6.7.2016 (Anlage zu Blatt 379).

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Landgericht München I Beschluss, 27. Sept. 2016 - 13 T 21136/15 zitiert 5 §§.

Gerichts- und Notarkostengesetz - GNotKG | § 25 Kostenschuldner im Rechtsmittelverfahren, Gehörsrüge


(1) Die nach § 22 Absatz 1 begründete Haftung für die Kosten eines Rechtsmittelverfahrens erlischt, wenn das Rechtsmittel ganz oder teilweise mit Erfolg eingelegt worden ist und das Gericht nicht über die Kosten entschieden hat oder die Kosten nicht

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 105 Nichtigkeit der Willenserklärung


(1) Die Willenserklärung eines Geschäftsunfähigen ist nichtig. (2) Nichtig ist auch eine Willenserklärung, die im Zustand der Bewusstlosigkeit oder vorübergehender Störung der Geistestätigkeit abgegeben wird.

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Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Feb. 2016 - XII ZB 499/15

bei uns veröffentlicht am 17.02.2016

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 499/15 vom 17. Februar 2016 in der Betreuungssache ECLI:DE:BGH:2016:170216BXIIZB499.15.0 Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. Februar 2016 durch den Vorsitzenden Richter Dose, die Richterin Webe

Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Juni 2016 - XII ZB 581/15

bei uns veröffentlicht am 15.06.2016

Tenor Auf die Rechtsbeschwerde der weiteren Beteiligten zu 1 wird der Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Tübingen vom 26. Oktober 2015 aufgehoben.

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Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der weiteren Beteiligten zu 1 wird der Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Tübingen vom 26. Oktober 2015 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.

Das Rechtsbeschwerdeverfahren ist gerichtskostenfrei.

Wert: 5.000 €

Gründe

I.

1

Die im Jahre 1939 geborene Betroffene erlitt im Jahre 1997 einen Schlaganfall. Sie ist seither halbseitig gelähmt und hat Artikulationsschwierigkeiten. Ihr am 5. Juni 2014 verstorbener Ehemann kümmerte sich zu seinen Lebzeiten weitgehend allein um die finanziellen Angelegenheiten der Eheleute. Er hinterließ einen umfangreichen Nachlass. Aus der Ehe sind zwei Töchter hervorgegangen, die Beteiligten zu 1 und zu 3.

2

Mit Schreiben vom 30. Juni 2014 hat die Beteiligte zu 1 beim zuständigen Notariat die Errichtung einer Betreuung für die Betroffene angeregt. Das Notariat hat nach Einholung eines Sachverständigengutachtens und Anhörung der Betroffenen den Beteiligten zu 2 mit Beschluss vom 6. Oktober 2014 zum Betreuer für sämtliche Angelegenheiten der Betroffenen bestellt. Hiergegen hat die Betroffene Beschwerde eingelegt. Im Laufe des Beschwerdeverfahrens hat sie zunächst die Kopie einer auf den 5. Dezember 2014 datierten Vorsorgevollmacht vorgelegt, mit der sie die Beteiligte zu 3 umfassend bevollmächtigt hat. Später hat sie die Kopie einer auf den 30. Januar 2015 datierten Vorsorgevollmacht zu den Akten gereicht, mit der sie den Beteiligten zu 4, den sie seit vielen Jahren daheim betreuenden Ergotherapeuten, ausschließlich für den Bereich Gesundheitssorge/Pflegebedürftigkeit bevollmächtigt hat.

3

Das Landgericht hat ein Ergänzungsgutachten der Sachverständigen eingeholt, die Betroffene zweimal sowie die Beteiligten zu 1 und zu 3 angehört und dann mit dem angefochtenen Beschluss die erstinstanzliche Entscheidung abgeändert sowie die Bestellung eines Betreuers für die Betroffene abgelehnt. Außerdem hat es der Beteiligten zu 1 die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens und die außergerichtlichen Kosten der Betroffenen auferlegt.

4

Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1.

II.

5

Die Rechtsbeschwerde ist zulässig. Insbesondere ist sie gemäß § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FamFG auch ohne Zulassung durch das Beschwerdegericht statthaft, obwohl dieses vorliegend die Einrichtung einer Betreuung abgelehnt hat (vgl. Senatsbeschluss vom 18. März 2015 - XII ZB 370/14 - FamRZ 2015, 844 Rn. 7 mwN). Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten zu 1 als Tochter der Betroffenen ergibt sich aus § 303 Abs. 2 Nr. 1 FamFG.

6

Die Rechtsbeschwerde hat auch Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.

7

1. Dieses hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, der Betreuerbestellung stehe der Wille der Betroffenen gemäß § 1896 Abs. 1a BGB entgegen. Zwar habe die Sachverständige die Fähigkeit der Betroffenen zur Bestimmung eines freien Willens verneint. Diese Einschätzung kontrastiere jedoch zu dem persönlichen Eindruck, den die Betroffene bei ihrer Anhörung durch den beauftragten Richter der Kammer hinterlassen habe. Es möge zwar sein, dass die vehemente Ablehnung einer Betreuung nicht nur auf Starrsinn beruhe, sondern Ausdruck einer krankheitsbedingten Unfähigkeit sei, die eigene Leistungsfähigkeit einzuschätzen. Zur Überzeugung des Gerichts stehe dies allerdings nicht fest. Die von der Sachverständigen herangezogenen Umstände ließen sich jedenfalls auch mit anderen, des Öfteren anzutreffenden Verhaltensmustern erklären, denen im Allgemeinen kein Krankheitswert beigemessen werde.

8

Vor diesem Hintergrund bestünden auch keine durchgreifenden Bedenken bezüglich der Wirksamkeit der von der Betroffenen erteilten Vorsorgevollmachten. Zwar müsste man die Geschäftsfähigkeit der Betroffenen mindestens in den von der Sachverständigen benannten Teilbereichen verneinen, wenn man der Auffassung und Beurteilung der Sachverständigen in vollem Umfang folgte. Da das Gesetz die Geschäftsfähigkeit eines jeden volljährigen Menschen als Grundsatz annehme, könnten bloße Zweifel aber nicht die Geschäftsunfähigkeit begründen. Solche bestünden zwar, worauf es jedoch im Hinblick auf die objektive Beweislastverteilung nicht ankomme.

9

Die Betreuerbestellung sei auch nicht erforderlich. Die Betroffene habe jede Zusammenarbeit mit dem Betreuer verweigert. Gleichwohl sei sie in der Lage gewesen, ihren Alltag zu organisieren sowie die finanziellen Angelegenheiten zu regeln. Zudem habe sie wirksame Vollmachten für jeweils unterschiedliche Angelegenheiten erteilt. Die Besorgnis der Beteiligten zu 1, ihre Schwester werde die Vollmacht missbrauchen, entbehre einer tragfähigen Tatsachengrundlage.

10

Die Kostenentscheidung sei angemessen und billig. Sie beruhe darauf, dass die Beteiligte zu 1 zu Unrecht die Bestellung eines Betreuers angeregt und vorangetrieben habe. Die vertiefte Auseinandersetzung der Beteiligten zu 1 mit den familiären und wirtschaftlichen Verhältnissen der Betroffenen zeige überdies, dass das Ringen um die gesetzliche Vertretung nicht primär an den Interessen und Bedürfnissen der Betroffenen orientiert gewesen sei.

11

2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Landgericht hat unter Verstoß gegen § 26 FamFG auf einer unzureichend ermittelten Tatsachengrundlage die Voraussetzungen für eine Betreuung verneint.

12

a) Wie die Rechtsbeschwerde zutreffend rügt, hat das Landgericht vorliegend gegen den nach § 26 FamFG geltenden Amtsermittlungsgrundsatz verstoßen, indem es die Betroffene lediglich durch den beauftragten Richter, nicht aber durch die voll besetzte Kammer als den letztlich entscheidenden Spruchkörper angehört hat.

13

aa) Wie das Landgericht noch richtig erkannt hat, konnte es vorliegend nicht nach § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG von der persönlichen Anhörung der Betroffenen absehen. Dies folgt schon daraus, dass es das Ergänzungsgutachten eingeholt und damit eine neue Tatsachengrundlage geschaffen hatte (vgl. Senatsbeschluss vom 2. Dezember 2015 - XII ZB 227/12 - FamRZ 2016, 300 Rn. 9 mwN).

14

bb) Diese Anhörung konnte hier jedoch nicht in zulässiger Weise durch den beauftragten Richter erfolgen. Wenn das Beschwerdegericht der Anhörung des Betroffenen im Hinblick auf die noch durchzuführenden Ermittlungen ein besonderes Gewicht beimisst, wie es hier offensichtlich der Fall gewesen ist, dann muss es diese auch in der vollen Kammerbesetzung vornehmen (vgl. Senatsbeschluss vom 9. November 2011 - XII ZB 286/11 - FamRZ 2012, 104 Rn. 26 ff. mwN).

15

(1) Das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) enthält allerdings keine konkreten Vorgaben, in welcher Form das Beschwerdegericht die persönliche Anhörung des Betroffenen durchzuführen hat. Während § 69 g Abs. 5 Satz 2 i.V.m. § 68 Abs. 1 Satz 1 FGG bestimmte, unter welchen Voraussetzungen eine persönliche Anhörung des Betroffenen durch einen beauftragten Richter vorgenommen werden durfte, ist diese Frage im FamFG nicht geregelt. Die Anhörung des Betroffenen, die sowohl der Einräumung rechtlichen Gehörs als auch der Sachverhaltsermittlung dient, stellt keine Form der Beweisaufnahme im Sinne der zivilprozessualen Vorschriften dar, so dass der Verweis in § 30 FamFG auf die Vorschriften der Zivilprozessordnung - etwa auf §§ 361, 375 ZPO - nicht einschlägig ist (Senatsbeschluss vom 9. November 2011 - XII ZB 286/11 - FamRZ 2012, 104 Rn. 26 f. mwN).

16

(2) Gleichwohl kann die Beschwerdekammer im Betreuungsverfahren unter bestimmten Voraussetzungen eines ihrer Mitglieder mit der Anhörung des Betroffenen beauftragen. Dabei kann dahinstehen, ob dies bereits - gleichsam als Minus - aus § 68 Abs. 4 FamFG folgt, wonach das Beschwerdegericht die Beschwerde durch Beschluss einem seiner Mitglieder zur Entscheidung als Einzelrichter übertragen kann. Gemäß § 278 Abs. 1 Satz 1 und 2 FamFG hat das Gericht den Betroffenen persönlich anzuhören und sich einen persönlichen Eindruck von ihm zu verschaffen. Die Formulierung "das Gericht" lässt keinen Rückschluss darauf zu, dass es sich um den voll besetzten, erkennenden Spruchkörper handeln muss. Wie die Anhörung durch das Gericht innerhalb eines aus mehreren Richtern zusammengesetzten Spruchkörpers wahrzunehmen ist, bestimmt sich vielmehr nach den Vorschriften über die Sachaufklärung gemäß § 26 FamFG. Daher kommt auch eine Anhörung durch den beauftragten Richter in Betracht (Senatsbeschluss vom 9. November 2011 - XII ZB 286/11 - FamRZ 2012, 104 Rn. 28 f. mwN).

17

(3) Die Beauftragung eines Kammermitglieds mit der Anhörung des Betroffenen scheidet allerdings dann aus, wenn es wegen der Besonderheiten des Falles für die Entscheidung darauf ankommt, dass sich die gesamte Kammer einen eigenen Eindruck von dem Betroffenen verschafft. Zwar kommt es bei der Anhörung im Betreuungsverfahren regelmäßig auf den unmittelbaren persönlichen Eindruck von dem Betroffenen an. Das bedeutet indes nicht, dass sich zwangsläufig alle Mitglieder der Beschwerdekammer diesen verschaffen müssen, wie bereits aus § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG folgt. Letztlich obliegt es der Beschwerdekammer, im Rahmen der Amtsermittlung nach § 26 FamFG zu befinden, ob es für ihre Entscheidung wegen der Besonderheiten des Falles darauf ankommt, dass sich die gesamte Kammer einen eigenen Eindruck von dem Betroffenen verschafft. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Anhörung durch den beauftragten Richter nur in ihrem objektiven Ertrag und als dessen persönlicher Eindruck verwertet werden darf (Senatsbeschluss vom 9. November 2011 - XII ZB 286/11 - FamRZ 2012, 104 Rn. 30 f. mwN; vgl. auch Senatsbeschluss vom 14. August 2013 - XII ZB 614/11 - FamRZ 2013, 1726 Rn. 40 für die förmliche Beweisaufnahme im Unterbringungsverfahren).

18

(4) Gemessen hieran ist es vorliegend mit § 26 FamFG unvereinbar, dass das Landgericht die Betroffene lediglich durch den Vorsitzenden als beauftragten Richter angehört hat.

19

Über Art und Umfang der im Rahmen von § 26 FamFG vorzunehmenden Ermittlungen entscheidet zwar grundsätzlich der Tatrichter nach pflichtgemäßem Ermessen. Das Rechtsbeschwerdegericht hat jedoch unter anderem nachzuprüfen, ob das Beschwerdegericht die Grenzen seines Ermessens eingehalten hat, ferner, ob es von zutreffenden Tatsachenfeststellungen ausgegangen ist (Senatsbeschluss vom 29. Januar 2014 - XII ZB 519/13 - FamRZ 2014, 652 Rn. 16 mwN). Dieser Nachprüfung hält die angefochtene Entscheidung nicht stand. Denn das Landgericht hat der Anhörung der Betroffenen ausweislich der Gründe des angefochtenen Beschlusses ausschlaggebende Bedeutung beigemessen, indem es den in den Anhörungen gewonnenen persönlichen Eindruck von der Betroffenen zum Anlass genommen hat, sich sowohl über die Feststellungen der Sachverständigen zum (Nicht-)Vorliegen eines freien Willens im Sinne des § 1896 Abs. 1a BGB hinwegzusetzen als auch auf dieser Grundlage eine Geschäftsunfähigkeit zu verneinen und auf die Wirksamkeit der Vorsorgevollmachten zu schließen. Daher hätte es zwingend des persönlichen Eindrucks aller drei Kammermitglieder von der Betroffenen bedurft.

20

b) Ebenfalls rechtsfehlerhaft ist das Landgericht zu dem Ergebnis gelangt, einer Betreuung bedürfe es schon deshalb nicht, weil die Betroffene wirksame Vorsorgevollmachten erteilt habe. Wie die Rechtsbeschwerde zu Recht rügt, beruht auch dies auf unzureichenden Feststellungen und damit einer Verletzung von § 26 FamFG.

21

aa) Zwar geht das Landgericht dem Grundsatz nach zutreffend davon aus, dass ein bloßer Verdacht nicht genügt, um die Vermutung der Wirksamkeit einer vorliegenden Vollmachtsurkunde zu erschüttern, und die Bevollmächtigung daher als wirksam zu behandeln ist, wenn die Unwirksamkeit einer Vorsorgevollmacht nicht positiv festgestellt werden kann (Senatsbeschluss vom 3. Februar 2016 - XII ZB 425/14 - FamRZ 2016, 701 Rn. 11).

22

bb) Nach § 26 FamFG muss der Tatrichter aber die erforderlichen Ermittlungen durchführen, deren es zur Beurteilung der Geschäftsfähigkeit der die Vorsorgevollmacht erteilenden Betroffenen bedarf, diese Frage also ausermitteln (vgl. Senatsbeschluss vom 3. Februar 2016 - XII ZB 425/14 - FamRZ 2016, 701 Rn. 12). Dem wird die Vorgehensweise des Landgerichts nicht gerecht. Vielmehr ist dessen Schluss aus den Feststellungen der Sachverständigen zum freien Willen auf die Geschäftsfähigkeit für die Erteilung der Vorsorgevollmachten nicht tragfähig, weil damit zwei unterschiedliche Fragestellungen miteinander vermischt werden.

23

(1) Im Zusammenhang mit § 1896 Abs. 1a BGB geht es darum, ob der Betroffene in der Lage ist, seinen Willen hinsichtlich der Einrichtung einer Betreuung frei zu bestimmen. Die beiden entscheidenden Kriterien sind dabei die Einsichtsfähigkeit des Betroffenen und dessen Fähigkeit, nach dieser Einsicht zu handeln. Fehlt es an einem dieser beiden Elemente, liegt kein freier, sondern nur ein natürlicher Wille vor. Einsichtsfähigkeit setzt die Fähigkeit des Betroffenen voraus, im Grundsatz die für und wider eine Betreuerbestellung sprechenden Gesichtspunkte zu erkennen und gegeneinander abzuwägen. Dabei dürfen jedoch keine überspannten Anforderungen an die Auffassungsgabe des Betroffenen gestellt werden. Auch der an einer Erkrankung im Sinne des § 1896 Abs. 1 BGB leidende Betroffene kann in der Lage sein, einen freien Willen zu bilden und ihn zu äußern. Der Betroffene muss Grund, Bedeutung und Tragweite einer Betreuung intellektuell erfassen können, was denknotwendig voraussetzt, dass er seine Defizite im Wesentlichen zutreffend einschätzen und auf der Grundlage dieser Einschätzung die für oder gegen eine Betreuung sprechenden Gesichtspunkte gegeneinander abwägen kann. Ist der Betroffene zur Bildung eines klaren Urteils zur Problematik der Betreuerbestellung in der Lage, muss ihm weiter möglich sein, nach diesem Urteil zu handeln und sich dabei von den Einflüssen Dritter abzugrenzen (Senatsbeschluss vom 27. April 2016 - XII ZB 7/16 - juris Rn. 10 f.).

24

(2) Die Geschäftsfähigkeit erfordert zwar auch die Einsichtsfähigkeit sowie die Fähigkeit, nach dieser Einsicht zu handeln. Sie ist aber nicht deckungsgleich mit dem Vorhandensein eines freien Willens, wie sich schon aus der Überlegung ergibt, dass ansonsten bei jeder gegen den Willen des Betroffenen angeordneten Betreuung auch dessen Geschäftsunfähigkeit feststehen müsste. Vielmehr ist ohne weiteres denkbar, dass es dem Betroffenen zwar am freien Willen hinsichtlich der Betreuung fehlt, er aber gleichwohl in vollem Umfang geschäftsfähig ist. Denn die Geschäftsfähigkeit und damit die für sie erforderliche Einsicht- und Steuerungsfähigkeit muss sich nicht auf die Betreuung, sondern auf die vorzunehmenden Rechtshandlungen - hier die Vollmachterteilungen - beziehen. Dazu hat das Landgericht vorliegend aber keinerlei Ermittlungen durchgeführt.

25

c) Diese Rechtsfehler sind auch entscheidungserheblich. Weder bei der gebotenen Anhörung der Betroffenen in voller Kammerbesetzung noch bei Durchführung der erforderlichen Ermittlungen zur Geschäftsfähigkeit der Betroffenen ist auszuschließen, dass das Landgericht zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre.

26

Der Erforderlichkeit der Betreuung steht entgegen der Annahme des Landgerichts insbesondere nicht entgegen, dass die Betroffene sich der Zusammenarbeit mit dem Betreuer bislang verweigert hat. Die Voraussetzungen einer sog. Unbetreubarkeit (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 28. Januar 2015 - XII ZB 520/14 - FamRZ 2015, 650 Rn. 11 ff.) hat das Landgericht nicht festgestellt. Soweit das Landgericht darauf abhebt, die Betroffene habe offensichtlich alles auch ohne Betreuer organisieren können, könnte das eine Betreuung jedenfalls dann nicht überflüssig machen, wenn es der rechtlichen Regelung verschiedener Angelegenheiten bedarf und die Betroffene diese mangels Geschäftsfähigkeit weder selbst noch durch Bevollmächtigte vornehmen könnte.

27

3. Die Beschwerdeentscheidung ist daher gemäß § 74 Abs. 5 FamFG aufzuheben. Die Sache ist an das Landgericht zurückzuverweisen, weil weitere Ermittlungen durchzuführen sind und sie deshalb nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 74 Abs. 6 Satz 1 und 2 FamFG).

28

Für das weitere Verfahren weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass der in einem Betreuungsverfahren mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragte Sachverständige gemäß § 280 Abs. 1 Satz 2 FamFG Arzt für Psychiatrie oder Arzt mit Erfahrung auf dem Gebiet der Psychiatrie sein muss. Ergibt sich diese Qualifikation - wie bei der in den Vorinstanzen tätigen Sachverständigen - nicht ohne Weiteres aus der Fachbezeichnung des Arztes, ist seine Sachkunde vom Gericht zu prüfen und in der Entscheidung darzulegen (Senatsbeschluss vom 16. Dezember 2015 - XII ZB 381/15 - FamRZ 2016, 456 Rn. 14 mwN).

29

Soweit es die Kostenentscheidung anbelangt, wird das Landgericht - anders als in der angegriffenen Entscheidung - bei seiner erneuten Beschlussfassung alle für die Ermessensentscheidung maßgeblichen Gesichtspunkte zu berücksichtigen haben. Es wird daher nicht nur darauf Bedacht zu nehmen haben, dass immerhin die erste Instanz der Anregung der Beteiligten zu 1 gefolgt war. Vielmehr kam auch die gerichtlich bestellte Sachverständige zu dem Ergebnis, dass die medizinischen Voraussetzungen für die Einrichtung einer Betreuung bestünden. Die nach Auffassung des Landgerichts unter anderem der Erforderlichkeit einer Betreuung entgegenstehenden Vollmachten sind erst während des Betreuungsverfahrens verfasst worden. Ob es bei dieser Sachlage tatsächlich billigem Ermessen im Sinne des § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG entspricht (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 19. Februar 2014 - XII ZB 15/13 - FamRZ 2014, 744 Rn. 11 ff.), der Beteiligten zu 1 die Kosten teilweise aufzuerlegen, bedarf einer eingehenden Überprüfung.

30

Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 74 Abs. 7 FamFG abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.

Dose                       Klinkhammer                      Nedden-Boeger

              Guhling                              Krüger

(1) Die Willenserklärung eines Geschäftsunfähigen ist nichtig.

(2) Nichtig ist auch eine Willenserklärung, die im Zustand der Bewusstlosigkeit oder vorübergehender Störung der Geistestätigkeit abgegeben wird.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 499/15
vom
17. Februar 2016
in der Betreuungssache
ECLI:DE:BGH:2016:170216BXIIZB499.15.0

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. Februar 2016 durch den Vorsitzenden Richter Dose, die Richterin Weber-Monecke und die Richter Schilling, Dr. Nedden-Boeger und Guhling
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der weiteren Beteiligten zu 4 und zu 5 wird der Beschluss der 23. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld vom 18. September 2015 in der Fassung des Ergänzungsbeschlusses vom 13. Oktober 2015 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an eine andere Kammer des Landgerichts zurückverwiesen. Wert: 5.000 €

Gründe:

I.

1
Die im Jahre 1930 geborene Betroffene und ihr rund fünf Jahre älterer Ehemann lebten zusammen mit den Beteiligten zu 4 und 5, ihrem Sohn und ihrer Tochter, in einem Hausanwesen. Dieses hatte die Betroffene dem Sohn im Dezember 2012 übereignet und sich sowie ihrem Ehemann dabei ein lebenslanges unentgeltliches Wohnungsrecht an sämtlichen Räumen im Keller- und Erdgeschoss einräumen lassen. Tatsächlich bewohnten die Betroffene und ihr Ehemann im Keller gelegene Souterrain-Räume und die Beteiligte zu 5 das Erdgeschoss. Bereits im April 2012 hatte die Betroffene - ebenso wie ihr Ehemann - den Beteiligten zu 4 und 5 (im Folgenden: Vorsorgebevollmächtigte) als jeweils Einzelvertretungsberechtigten eine umfassende notarielle General- und Vorsorgevollmacht erteilt.
2
Im März 2014 regte eine weitere Tochter, die Beteiligte zu 3, beim Amtsgericht die Bestellung eines Berufsbetreuers für ihre Eltern an. Das Amtsgericht kam dieser Anregung im Juni 2014 nach und bestellte im Wege der einstweiligen Anordnung den Beteiligten zu 1, einen Rechtsanwalt, zum vorläufigen Betreuer der Betroffenen mit dem Aufgabenkreis Gesundheitsfürsorge, Vermögensangelegenheiten , Vertretung gegenüber Behörden und Sozialversicherungsträgern sowie Wohnungsangelegenheiten. Diese vorläufige Betreuung verlängerte das Amtsgericht im Dezember 2014 um weitere sechs Monate. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Vorsorgebevollmächtigten wies das Landgericht mit Beschluss vom 15. April 2015 zurück.
3
Mit Beschluss vom 12. Juni 2015 hat das Amtsgericht angeordnet, dass die "vorläufige Betreuung als längerfristige Betreuung fortgeführt" werde, und als Zeitpunkt, bis zu dem über die Aufhebung oder Verlängerung der Betreuung entschieden werden sollte, den 12. Juni 2022 bestimmt. Die hiergegen von den beiden Vorsorgebevollmächtigten eingelegte Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben. Das Landgericht hat den amtsgerichtlichen Beschluss insoweit abgeändert , als es anstelle des Beteiligten zu 1 den Beteiligten zu 6, einen Berufsbetreuer , zum Betreuer bestellt und als vom Aufgabenkreis umfasst auch die Aufenthaltsbestimmung und die Regelung des Postverkehrs genannt hat.
4
Mit ihrer Rechtsbeschwerde wenden sich die Vorsorgebevollmächtigten nach wie vor gegen die Betreuungserrichtung.

II.

5
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FamFG ohne Zulassung statthaft und auch im Übrigen zulässig. Insbesondere sind die Vorsorgebevollmächtigten rechtsbeschwerdeberechtigt, weil ihre Beschwerde zurückgewiesen worden ist (vgl. Senatsbeschluss vom 14. Oktober 2015 - XII ZB 695/14 - FamRZ 2016, 120 Rn. 12 mwN).
6
Sie hat auch Erfolg.
7
1. Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, die Voraussetzungen für die Einrichtung einer Betreuung lägen weiterhin vor. Zur Begründung werde auf den Beschluss vom 15. April 2015 Bezug genommen. Dort hatte das Beschwerdegericht dargelegt, bei der Betroffenen liege eine demenzielle Entwicklung vom vaskulären Typ mit Kurz- und Langzeitgedächtnisstörungen vor. Sie bedürfe einer rechtlichen Betreuung im vom Amtsgericht bestimmten Aufgabenkreis. Im Übrigen sei sie mit der Einrichtung einer Betreuung einverstanden.
8
Die Bestellung eines Betreuers für die Betroffene sei nicht wegen der Vorsorgevollmacht entbehrlich. Zwar könne die Unwirksamkeit der Vollmachterteilung nicht mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden. Die Ausübung der Vorsorgevollmacht durch die Vorsorgebevollmächtigten anstelle einer Betreuung widerspreche jedoch zum einen dem wiederholt geäußerten, jedenfalls natürlichen Willen der Betroffenen. Zum anderen könnten die Angelegenheiten der Betroffenen durch die Vorsorgebevollmächtigten nicht ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden. Dies folge aus den ausführlichen und übereinstimmenden Angaben des Sachverständigen und der Verfahrenspflegerin. Es bestünden Anhaltspunkte dafür, dass die Vorsorgebevollmächtigten ungeeignet seien, die ihnen erteilte Vollmacht im Sinne und allein zum Wohl der Betroffe- nen wahrzunehmen, weil sie sich einerseits nicht regelmäßig und hinreichend um die tatsächliche Betreuung der Betroffenen bemühten. Andererseits hätten sie sich - was noch deutlich schwerer wiege - durch das ihrer Schwester erteilte Hausverbot als ungeeignet erwiesen. Die emotionale Bindung der Betroffenen zu dieser sei sehr stark. Die Vorsorgebevollmächtigten hätten wegen ihrer Differenzen mit der Schwester ihre eigenen Interessen weit vor diejenigen der Betroffenen gestellt.
9
Der Betreuer habe nunmehr zu überprüfen, ob er für die Betroffene den Widerruf der General- und Vorsorgevollmacht sowie eine Anfechtung oder einen Widerruf des Grundstücksübertragungsvertrags vornehme, nachdem die Betroffene mehrfach geäußert habe, keinesfalls von den Vorsorgebevollmächtigten betreut werden zu wollen.
10
Der Beschluss des Amtsgerichts sei allerdings insoweit abzuändern, als die Betroffene zwischenzeitlich einen - wie sich aus der Stellungnahme der Verfahrenspflegerin ergebe - ihrem natürlichen Willen entsprechenden Wunsch auf Betreuerwechsel gestellt habe. Diesem sei zu entsprechen, weil er dem Wohl der Betroffenen nicht zuwider laufe.
11
2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die bislang getroffenen Feststellungen tragen nicht den Schluss, eine Betreuung sei trotz der Vorsorgevollmacht erforderlich im Sinne des § 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB.
12
a) Ein Betreuer darf nur bestellt werden, soweit die Betreuerbestellung erforderlich ist (§ 1896 Abs. 2 Satz 1 BGB). An der Erforderlichkeit fehlt es, soweit die Angelegenheiten des Betroffenen durch einen Bevollmächtigten ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden können (§ 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB). Eine Vorsorgevollmacht steht daher der Bestellung eines Betreuers grundsätzlich entgegen. Anders kann es zum einen liegen, wenn Zweifel an der Wirksamkeit der Vollmachterteilung oder am Fortbestand der Vollmacht bestehen , die geeignet sind, die Akzeptanz der Vollmacht im Rechtsverkehr und damit die Wahrnehmung von Rechten des Betroffenen durch den Bevollmächtigten zu beeinträchtigen (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 3. Februar 2016 - XII ZB 425/14 - mwN, zur Veröffentlichung bestimmt). Eine Betreuung kann trotz Vorsorgevollmacht zum anderen dann erforderlich sein, wenn der Bevollmächtigte ungeeignet ist, die Angelegenheiten des Betroffenen zu besorgen, insbesondere weil zu befürchten ist, dass die Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen durch jenen eine konkrete Gefahr für das Wohl des Betroffenen begründet. Letzteres ist der Fall, wenn der Bevollmächtigte wegen erheblicher Bedenken an seiner Geeignetheit oder Redlichkeit als ungeeignet erscheint (Senatsbeschlüsse vom 26. Februar 2014 - XII ZB 301/13 - FamRZ 2014, 738 Rn. 17 mwN und vom 13. April 2011 - XII ZB 584/10 - FamRZ 2011, 964 Rn. 15 mwN).
13
Dabei entscheidet der Tatrichter über Art und Umfang seiner Ermittlungen nach pflichtgemäßem Ermessen. Dem Rechtsbeschwerdegericht obliegt lediglich die Kontrolle auf Rechtsfehler, insbesondere die Prüfung, ob die Tatsachengerichte alle maßgeblichen Gesichtspunkte in Betracht gezogen haben und die Würdigung auf einer ausreichenden Sachaufklärung beruht (Senatsbeschlüsse vom 26. Februar 2014 - XII ZB 301/13 - FamRZ 2014, 738 Rn. 18 mwN und vom 13. April 2011 - XII ZB 584/10 - FamRZ 2011, 964 Rn. 16 mwN).
14
b) Gemessen hieran kann die angegriffene Entscheidung keinen Bestand haben.
15
aa) Die den Erwägungen des Beschwerdegerichts erkennbar zugrunde liegende Annahme, die hier erteilte Vorsorgevollmacht sei im Grundsatz geeignet , eine Betreuung zu hindern, beruht nicht auf ausreichenden Feststellungen.
16
In dem in der angefochtenen Entscheidung in Bezug genommenen Beschluss vom 15. April 2015 ist ausgeführt, ausweislich der Angaben des Sachverständigen habe im Dezember 2014 nicht mehr mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden können, ob die Betroffene bereits im April 2012 in einer Weise dement gewesen sei, dass die Vollmachterteilung unwirksam sei. Dies deutet auf Bedenken gegen die Wirksamkeit hin. Festgestellt ist jedoch nicht, dass auch nach Ausschöpfung aller im Rahmen des § 26 FamFG gebotenen Ermittlungsmöglichkeiten solche Zweifel verbleiben. Würde es sich dabei aber - was ebenfalls tragfähige Feststellungen erfordern würde - um Zweifel handeln, die zu relevanten Problemen für die Akzeptanz der Vollmacht im Rechtsverkehr und damit in der Rechtswahrnehmung durch den Bevollmächtigten führen können , könnten die Vorsorgebevollmächtigten schon aus diesem Grunde die Angelegenheiten der Betroffenen nicht ebenso gut wie ein Betreuer besorgen (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 3. Februar 2016 - XII ZB 425/14 - mwN, zur Veröffentlichung bestimmt).
17
bb) Soweit das Beschwerdegericht darauf abstellt, dass die rechtliche Vertretung durch die Vorsorgebevollmächtigten nicht dem wiederholt geäußerten natürlichen Willen der Betroffenen entspreche, kann das für sich genommen nicht dazu führen, die Erforderlichkeit einer Betreuung zu bejahen.
18
Mit der Vollmachterteilung in gesunden Tagen kann der Bevollmächtigende regeln, wer seine rechtlichen Angelegenheiten besorgen soll, wenn er krankheitsbedingt hierzu nicht mehr selbst in der Lage ist. Diese Möglichkeit der vorsorgenden Bevollmächtigung ist Ausfluss des von Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG garantierten Selbstbestimmungsrechts des Betroffenen (vgl. Senatsbeschluss vom 28. Juli 2015 - XII ZB 674/14 - FamRZ 2015, 1702 Rn. 11). Mit ihr kann eine - wenn auch fürsorgende - staatliche Einflussnahme mittels Betreuung vermieden werden. Die Bestimmung des § 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB bringt zum Ausdruck, dass dieses Selbstbestimmungsrecht aus den Gründen des dem Staat obliegenden Erwachsenenschutzes und damit zum Wohle des Betroffenen im Einzelfall erst dann endet, wenn die rechtliche Fürsorge durch einen Betreuer derjenigen durch den Bevollmächtigten überlegen ist. Eine - gegebenenfalls krankheitsbedingte- schlichte Meinungsänderung des nicht mehr geschäftsfähigen Betroffenen kann die in gesunden Tagen geschaffene rechtliche Bindungswirkung der Vollmachterteilung hingegen nicht beseitigen.
19
Ob und inwieweit der einer Ausübung der Vollmacht durch die Vorsorgebevollmächtigten mittlerweile entgegenstehende natürliche Wille der Betroffenen dazu führt, dass ihre Angelegenheiten von den Vorsorgebevollmächtigten nicht (mehr) ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden könnten, lässt sich der Beschwerdeentscheidung nicht entnehmen.
20
cc) Die bislang getroffenen Feststellungen rechtfertigen auch nicht die Annahme, die Vorsorgebevollmächtigten seien nicht geeignet, die Angelegenheiten der Betroffenen zu deren Wohl zu besorgen.
21
(1) Wie die Rechtsbeschwerde zu Recht rügt, legt das Beschwerdegericht nicht offen, auf welche Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen und der Verfahrenspflegerin es sich zur Begründung seiner Einschätzung stützt, die Betreuung sei trotz der Vorsorgevollmacht erforderlich im Sinne des § 1896 Abs. 2 BGB. Die Beschlussgründe erschöpfen sich vielmehr in dem nicht weiter spezifizierten Hinweis auf die "ausführlichen und übereinstimmenden Angaben". Eine Nachprüfung im Rechtsbeschwerdeverfahren, ob dieser rechtliche Schluss gerechtfertigt ist, kann daher nicht erfolgen, weshalb die Beschwerdeentscheidung nicht von dieser Erwägung getragen wird.
22
(2) Das Gleiche gilt, soweit das Beschwerdegericht Anhaltspunkte für eine Ungeeignetheit der Vorsorgebevollmächtigten darin zu erkennen meint, dass diese sich nicht regelmäßig und hinreichend um die tatsächliche Betreuung der Betroffenen bemühten. Anhaltspunkte weisen bereits begrifflich allenfalls in eine bestimmte Richtung, können aber die notwendige Überzeugung des Gerichts von einem Umstand - hier der Ungeeignetheit der Vorsorgebevollmächtigten - nicht begründen.
23
Darüber hinaus verweist die Rechtsbeschwerde mit Recht zum einen darauf , dass das Beschwerdegericht allein auf Verhalten der Vorsorgebevollmächtigten nach der Bestellung des (vorläufigen) Betreuers abstellt. Dass die Vorsorgebevollmächtigten der Betroffenen bis zur Einrichtung der Betreuung nicht die erforderliche tatsächliche Betreuung hätten zukommen lassen, ist nicht ersichtlich. Zum anderen macht die Rechtsbeschwerde zutreffend geltend, dass die Vorsorgebevollmächtigten im Laufe des Verfahrens in mehreren Schriftsätzen ihrer Rechtsanwältin eine Reihe tatsächlicher Unterstützungsmaßnahmen für die Betroffene auch nach der ersten Betreuerbestellung vorgetragen hatten. Hiermit setzt sich die angegriffene Entscheidung nicht auseinander.
24
Die in diesem Zusammenhang angestellte Überlegung des Beschwerdegerichts , den Vorsorgebevollmächtigten habe klar sein müssen, dass sie aufgrund der Vollmacht für tatsächliche Betreuungsleistungen wie Fahrten oder deren Organisation zuständig seien, ist zudem rechtsfehlerhaft. Die Vorsorgevollmacht begründet gerade keine Verpflichtung zu tatsächlichen Pflegeleistungen , sondern soll eine rechtliche Betreuung überflüssig machen. Es lässt sich der Beschwerdeentscheidung nicht entnehmen, inwieweit die Vorsorgebevoll- mächtigten rechtliche Aufgaben unerfüllt gelassen hätten, die nicht dem Aufgabenkreis des (vorläufigen) Betreuers unterfielen.
25
(3) Schließlich kann auch das vom Beteiligten zu 4 seiner Schwester, der Beteiligten zu 3, erteilte Hausverbot die Annahme einer Ungeeignetheit nicht rechtfertigen. Zwar kann es gegebenenfalls die Besorgnis begründen, die Vollmacht werde nicht zum Wohl des Betroffenen ausgeübt, wenn der Bevollmächtigte eigene Interessen über die des Betroffenen stellt, indem er aus eigensüchtigen Motiven den persönlichen Kontakt des Betroffenen mit für diesen wichtigen Bezugspersonen unterbindet. Wie die Rechtsbeschwerde zutreffend rügt, liegt ein solcher Fall hier aber nicht vor. In dem von den Vorsorgebevollmächtigten zur Akte gereichten Schreiben vom 27. April 2013 sind von dem Hausverbot Besuche bei den gemeinsamen Eltern ausdrücklich ausgenommen. Hierauf hatten die Vorsorgebevollmächtigten zudem im Betreuungsverfahren schriftsätzlich hingewiesen. Diesen entscheidenden Umstand hat das Beschwerdegericht nicht berücksichtigt.
26
Im Übrigen zeigt das Schreiben, dass der Beteiligte zu 4 trotz der mit der Schwester bestehenden Spannungen zwischen seinen eigenen und den Interessen der Betroffenen zu differenzieren weiß. Das Hausverbot spricht mithin entgegen der Annahme des Beschwerdegerichts nicht gegen die Eignung des Beteiligten zu 4.
27
3. Die angefochtene Entscheidung ist somit schon deshalb aufzuheben, weil die nach § 1896 Abs. 2 BGB notwendige Erforderlichkeit der Betreuung nicht feststeht. Mangels ausreichender Feststellungen kann der Senat in der Sache nicht abschließend entscheiden. Die Sache ist daher an das Landgericht zurückzuverweisen, wobei der Senat von der Möglichkeit des § 74 Abs. 6 Satz 3 FamFG Gebrauch macht.
28
a) Das Landgericht wird nunmehr die erforderlichen Feststellungen dazu zu treffen haben, ob eine Betreuung trotz der Vorsorgevollmacht erforderlich ist. Dabei wird es zu ermitteln haben, ob die Vollmachterteilung wirksam oder die Betroffene zum damaligen Zeitpunkt bereits geschäftsunfähig war. Sollten trotz Ausschöpfung aller Erkenntnismöglichkeiten Zweifel an der Wirksamkeit der Vollmacht verbleiben, ist zu klären, ob diese Zweifel die Rechtswahrnehmung der Vorsorgebevollmächtigten für die Betroffene in einer die Erforderlichkeit einer Betreuung begründenden Weise behindern können.
29
Kommt das Landgericht zu dem Ergebnis, dass die Vollmacht im Grundsatz geeignet ist, der Einrichtung einer Betreuung nach § 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB entgegenzustehen, wird es sich mit der Frage der Eignung der Vorsorgebevollmächtigten zu befassen haben. Dabei dürfte nahe liegen, die Vorsorgebevollmächtigten zu Zweifeln ihre Geeignetheit - oder auch Redlichkeit - betreffend persönlich anzuhören, um der aus § 26 FamFG folgenden Amtsermittlungspflicht zu genügen (vgl. Senatsbeschluss vom 15. Dezember 2010 - XII ZB 165/10 - FamRZ 2011, 285 Rn. 17 f. zur Geeignetheit und Redlichkeit eines vom Betroffenen als Betreuer Vorgeschlagenen).
30
Außerdem gibt die Zurückverweisung dem Landgericht Gelegenheit, die erforderliche persönliche Anhörung der Betroffenen (§ 278 Abs. 1 Satz 1 FamFG) durchzuführen. Zwar kann das Beschwerdegericht gemäß § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG hiervon absehen, wenn sie bereits im ersten Rechtszug vorgenommen wurde und von einer erneuten Vornahme keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind. Diese Annahme scheidet aus, wenn das Beschwerdegericht - wie hier - einen Betreuerwechsel vornimmt. Die Person des Betreuers gehört zum elementaren Entscheidungsgehalt des die Betreuung errichtenden Beschlusses, zu dem ein Betroffener sowohl mit Blick auf seine Verfahrensrechte als auch zur im Rahmen des § 26 FamFG gebotenen Amtsermittlung persönlich anzuhören ist. Eine - wie hier - vom Beschwerdegericht vorgenommene "Delegierung" etwa auf die Verfahrenspflegerin kommt nicht in Betracht.
31
b) Ergänzend ist anzumerken, dass es für die vom Beschwerdegericht im Beschlusstenor vorgenommene Erweiterung des Aufgabenkreises um die Aufenthaltsbestimmung und die Regelung des Postverkehrs vollständig an einer Entscheidungsbegründung fehlt. Insoweit liegt die Vermutung nahe, dass diese Tenorierung auf eine EDV-mäßige Übernahme des Beschlusstenors aus dem für den Ehemann der Betroffenen geführten Beschwerdeverfahren zurückzuführen ist.
32
Dass das Beschwerdegericht dem Betreuer die Überprüfung aufgegeben hat, ob die General- und Vorsorgevollmacht zu widerrufen sei, gibt zu dem Hinweis Anlass, dass die Rechtsmacht des Betreuers zu einem solchen Widerruf die ausdrückliche Zuweisung dieser Befugnis durch gerichtlichen Beschluss erfordert (Senatsbeschluss vom 28. Juli 2015 - XII ZB 674/14 - FamRZ 2015, 1702 Rn. 10 ff. mwN). Diese Zuweisung setzt tragfähige Feststellungen voraus, dass das Festhalten an der erteilten Vorsorgevollmacht eine künftige Verletzung des Wohls der Betroffenen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit und in erheblicher Schwere befürchten lässt. Sind behebbare Mängel bei der Vollmachtausübung festzustellen, erfordert der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz grundsätzlich zunächst den Versuch, durch einen (Kontroll-)Betreuer auf den Bevollmächtigten positiv einzuwirken, insbesondere durch Verlangen nach Auskunft und Rechenschaftslegung (§ 666 BGB) sowie durch die Ausübung bestehender Weisungsrechte. Nur wenn diese Maßnahmen fehlschlagen oder aufgrund feststehender Tatsachen mit hinreichender Sicherheit als ungeeignet erscheinen , ist die Ermächtigung zum Widerruf der Vollmacht - als ultima ratio - verhältnismäßig (Senatsbeschlüsse vom 14. Oktober 2015 - XII ZB 177/15 - FamRZ 2016, 117 Rn. 16; vom 23. September 2015 - XII ZB 624/14 - FamRZ 2015, 2163 Rn. 17 und vom 28. Juli 2015 - XII ZB 674/14 - FamRZ 2015, 1702 Rn. 33 ff. mwN).
Dose Weber-Monecke Schilling Nedden-Boeger Guhling
Vorinstanzen:
AG Bad Oeynhausen, Entscheidung vom 12.06.2015 - 17 XVII 242/14 K -
LG Bielefeld, Entscheidung vom 18.09.2015 - 23 T 467/15 -

(1) Die nach § 22 Absatz 1 begründete Haftung für die Kosten eines Rechtsmittelverfahrens erlischt, wenn das Rechtsmittel ganz oder teilweise mit Erfolg eingelegt worden ist und das Gericht nicht über die Kosten entschieden hat oder die Kosten nicht von einem anderen Beteiligten übernommen worden sind.

(2) Richtet sich eine Beschwerde gegen eine Entscheidung des Betreuungsgerichts und ist sie von dem Betreuten oder dem Pflegling oder im Interesse dieser Personen eingelegt, so schuldet die Kosten nur derjenige, dem das Gericht die Kosten auferlegt hat. Entsprechendes gilt für ein sich anschließendes Rechtsbeschwerdeverfahren und für das Verfahren über die Rüge wegen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör.

(3) Die §§ 23 und 24 gelten nicht im Rechtsmittelverfahren.