Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Sept. 2018 - XII ZB 385/17

ECLI:ECLI:DE:BGH:2018:190918BXIIZB385.17.0
bei uns veröffentlicht am19.09.2018
vorgehend
Amtsgericht Hildesheim, 35 F 230/15, 26.01.2017
Oberlandesgericht Celle, 21 UF 53/17, 07.07.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
BESCHLUSS
XII ZB 385/17 Verkündet am:
19. September 2018
Fahrner,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Beim Unterhaltsregress des Scheinvaters trifft diesen die Darlegungs- und
Beweislast für die anspruchsbegründenden Voraussetzungen des übergegangenen
Unterhaltsanspruchs des Kindes gegen den leiblichen Vater sowie
für die von ihm dem Kind erbrachten Unterhaltsleistungen. Der jeweilige gesetzliche
Mindestbedarf minderjähriger Kinder muss auch vom neuen Gläubiger
nicht dargelegt werden.

b) Der Schuldner hat eine etwa aufgehobene oder eingeschränkte unterhaltsrechtliche
Leistungsfähigkeit darzulegen und zu beweisen.
BGH, Beschluss vom 19. September 2018 - XII ZB 385/17 - OLG Celle
AG Hildesheim
ECLI:DE:BGH:2018:190918BXIIZB385.17.0

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 19. September 2018 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Prof. Dr. Klinkhammer, Dr. Günter, Dr. Nedden-Boeger und Guhling
für Recht erkannt:
Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des 21. Zivilsenats - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle vom 7. Juli 2017 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

I.

1
Der Antragsteller macht Ansprüche aus Scheinvaterregress geltend.
2
Während der 1972 geschlossenen Ehe des Antragstellers mit der Kindesmutter wurde im Mai 1975 der Sohn Y. (im Folgenden: Sohn) geboren. Die Ehe wurde 1988 geschieden. In einer notariellen Scheidungsfolgenvereinbarung hatte sich der Antragsteller zur Zahlung von Kindesunterhalt für den im Haushalt der Kindesmutter lebenden Sohn von monatlich 400 DM verpflichtet. Der Sohn absolvierte eine Berufsausbildung zum Versicherungskaufmann, die er im August 1992 abschloss. Bis einschließlich Juli 1992 zahlte der Antragsteller den titulierten Kindesunterhalt.
3
Der 1948 geborene Antragsteller war von 1969 bis 1981 Zeitsoldat bei der Bundeswehr. Hieran schloss sich eine Tätigkeit beim Versorgungsamt der Stadt H. an.
4
Der 1944 geborene Antragsgegner war bei der Stadt H. als Architekt beschäftigt und beim Bau des Hauses für den Antragsteller und dessen damalige Ehefrau tätig. Seit 1971 war er verheiratet. Seine Ehefrau brachte vier minderjährige Kinder mit in die Ehe, deren leiblicher Vater keinen Unterhalt zahlte. Die sechsköpfige Familie, die Mitte der 70-er Jahre in unmittelbarer Nachbarschaft zur Familie des Antragstellers wohnte, lebte von den Erwerbseinkünften des Antragsgegners.
5
Nachdem der Sohn Ende 2014 von Zweifeln an der Vaterschaft des Antragstellers erfahren hatte, ließen er und der Antragsteller ein privates Sachverständigengutachten erstellen, nach dessen Ergebnis die Vaterschaft des Antragstellers "praktisch ausgeschlossen" war. Nach erfolgreicher Anfechtung der Vaterschaft des Antragstellers wurde der Antragsgegner 2016 als Vater des Sohns gerichtlich festgestellt.
6
Im vorliegenden Verfahren verfolgt der Antragsteller für die Zeit von der Geburt des Sohns im Mai 1975 bis zu dessen Ausbildungsabschluss im Juli 1992 im Wege des Unterhaltsregresses gegen den Antragsgegner Ansprüche in Höhe von insgesamt 42.400 €. Das Amtsgericht hat den Antrag abgewiesen. Die Beschwerde des Antragstellers ist vor dem Oberlandesgericht ohne Erfolg geblieben. Dagegen wendet er sich mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.

7
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig. Dass die Rechtsbeschwerdebegründung keinen ausdrücklich formulierten Sachantrag enthält, ist unschädlich.
8
Nach § 74 Abs. 3 Nr. 1 FamFG muss die Begründung der Rechtsbeschwerde die Erklärung enthalten, inwieweit der Beschluss angefochten und dessen Aufhebung beantragt wird (Rechtsbeschwerdeanträge). Das Fehlen eines förmlichen Antrags ist indessen unschädlich, wenn die Rechtsbeschwerdebegründung eindeutig ergibt, in welchem Umfang und mit welchem Ziel der Beschluss des Beschwerdegerichts angefochten werden soll (vgl. Senatsbeschluss vom 10. Juni 2015 - XII ZB 611/14 - FamRZ 2015, 1375 Rn. 9 ff. mwN).
9
Dem ist im vorliegenden Fall noch genügt. Aus der Rechtsbeschwerdebegründung ergibt sich, dass der Antragsteller den Beschluss des Oberlandesgerichts in vollem Umfang anfechten will. Das verfolgte Begehren richtet sich insbesondere nicht nur auf den Mindestunterhalt, sondern bezieht sich auf die vom Antragsteller schon in den Vorinstanzen verfolgten Unterhaltsansprüche nach der jeweiligen Einkommensgruppe 4 der Düsseldorfer Tabelle in der jeweils gültigen Fassung. Damit lässt die Rechtsbeschwerdebegründung hinreichend deutlich erkennen, dass der Antragsteller seinen in der Vorinstanz gestellten Antrag auch in der Rechtsbeschwerdeinstanz in vollem Umfang weiter verfolgen will.

III.

10
Die Rechtsbeschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
11
1. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts, dessen Entscheidung in FamRZ 2018, 98 veröffentlicht ist, steht dem Antragsteller kein Anspruch auf Erstattung von Unterhaltsleistungen zu.
12
Zwar habe der Antragsteller als Dritter für den Sohn des Antragsgegners Natural- und Barunterhalt iSv § 1607 Abs. 3 Satz 2 BGB erbracht. Der Antragsteller habe mit seiner geschiedenen Frau und deren Sohn bis zur Trennung der früheren Eheleute als Familie zusammengelebt. Durch die von ihm erzielten Einkünfte bis 1981 als Zeitsoldat und ab 1981 als Angestellter habe er die finanzielle Grundlage der Familie gesichert. Bis zur Trennung habe er im Rahmen des Familienunterhalts iSv §§ 1360, 1360 a Abs. 1 BGB durch Naturalleistungen Unterhalt erbracht. Nach der Trennung habe er an seine geschiedene Ehefrau unstreitig den in der notariellen Scheidungsfolgenvereinbarung festgelegten und titulierten Kindesunterhalt von 400 DM monatlich gezahlt.
13
Der Antragsgegner sei nach gerichtlicher Feststellung seiner Vaterschaft seinem Sohn nach Maßgabe der §§ 1601 ff. BGB zum Unterhalt verpflichtet.
14
Da der Regressanspruch des Scheinvaters gegen den biologischen Vater infolge der Legalzession mit dem Unterhaltsanspruch des Kindes identisch sei, unterliege dieser Anspruch einer doppelten Begrenzung, die sich zum einen aus dem Charakter des Anspruchs als Unterhaltsanspruch, der von der Zession nicht berührt werde, ergebe und zum anderen aus der Regressfunktion folge. Als übergegangener Unterhalt sei der Anspruch auf den Betrag beschränkt, den der biologische Vater nach seinen Einkünften für die jeweils zurückliegenden Zeiträume seinem Kind geschuldet habe. Die Höhe der Regressforderungen bestimme sich daher nicht primär nach dem, was der Scheinvater an Unterhalt geleistet habe, sondern danach, welchen Unterhalt das Kind von seinem biologischen Vater im jeweiligen Zeitraum hätte verlangen können. Als Regress könne der Scheinvater jedoch keinen höheren Betrag beanspruchen, als er selbst Unterhaltsleistungen für das Kind erbracht habe.
15
Der Antragsteller habe indessen nicht hinreichend konkret dargetan, in welcher Höhe er finanzielle Leistungen oder Naturalunterhalt für den Sohn seiner früheren Ehefrau von Mitte Mai 1975 bis Juli 1992 erbracht habe. Er habe seinen Anspruch in der Antragsschrift allein darauf gestützt, dass er für die Zeit ab März 1988 den durch die notariell beurkundete Scheidungsfolgenvereinbarung titulierten Betrag von 400 DM bzw. rund 200 € monatlich gezahlt habe und die geschiedenen Eheleute dabei von einer Höherstufung des Antragstellers in der Düsseldorfer Tabelle in die Einkommensgruppe 4 ausgegangen seien. Aufwendungen in dieser Höhe seien auch für die vorangegangene Zeit in Ansatz zu bringen.
16
Zwar sei grundsätzlich davon auszugehen, dass nach Aufhebung der familiären Gemeinschaft der titulierte Kindesunterhalt der rechtlichen Verpflichtung des Scheinvaters entspreche und bei Erfüllung dieses Anspruchs der Berechnung des Regressanspruchs zugrunde gelegt werden könne. Gleichwohl bleibe dem Antragsgegner der Einwand vorbehalten, dass der frühere rechtliche Vater nach seinen unterhaltsrechtlich maßgeblichen Einkünften lediglich zu einem geringeren Unterhalt verpflichtet gewesen sei. Eine konkrete Berechnung des Unterhaltsanspruchs ergebe sich aber weder aus der notariellen Vereinbarung noch habe der Antragsteller seine insoweit maßgeblichen Einkünfte für die jeweiligen Unterhaltszeiträume konkret dargetan.
17
Für die Zeit des Zusammenlebens des Scheinvaters mit dem Kind und dessen Mutter in einem gemeinsamen Haushalt könne der Wert der Betreuungsleistungen und die Gewährung von Wohnung mit einem Geldbetrag in Ansatz gebracht werden, wie er sich aus dem Erwerbseinkommen des Scheinva- ters errechne. Aus dem vom Antragsteller vorgelegten Rentenänderungsbescheid nebst dem daraus ersichtlichen Versicherungsverlauf lasse sich dies noch nicht entnehmen. Allein der Umstand, dass der Antragsteller und seine geschiedene Ehefrau in der notariellen Vereinbarung von Einkünften nach der vierten Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle ausgegangen seien, lasse keine Rückschlüsse auf die Zeit vor der Trennung der früheren Eheleute zu.
18
Der Antragsteller komme seiner Darlegungs- und Beweispflicht für die Höhe der von ihm erbrachten Unterhaltsleistungen auch nicht dadurch nach, dass er hilfsweise geltend mache, Unterhalt in Höhe des Mindestunterhalts erbracht zu haben. Zwar könnten auch dem Scheinvater für die Höhe seiner Unterhaltsleistungen bis zu dieser Höhe Beweiserleichterungen zuzugestehen sein, weil der Regressanspruch mit dem übergegangenen Unterhaltsanspruch des Kindes identisch sei und für diesen aus dem Umfang als Mindestunterhalt (§ 1612 a Abs. 1 Satz 1 BGB) eine abweichende Darlegungs- und Beweislast resultiere. Gleichwohl obliege es dem Regressberechtigten, die Höhe des Mindestunterhalts für die jeweiligen zurückliegenden Zeiträume ab Juli 1975 konkret zu beziffern, zumal der Unterhaltsanspruch als Geldrente jeweils monatlich entstehe und im Voraus zu entrichten sei. Es sei nicht Aufgabe des Gerichts, die jeweiligen Mindestunterhaltsbeträge, auch wenn sich diese aus dem Gesetz ergäben, festzustellen und zu den monatlich geltend gemachten Beträgen in Relation zu setzen, wenn der anspruchsberechtigte Antragsteller in keiner Weise eine monatsbezogene Zuweisung von Einzelbeträgen vornehme, sondern pauschal auf von ihm gezahlte Unterhaltsbeträge abstelle.
19
Neben den eigenen Aufwendungen für den Lebensbedarf des Sohnes habe der Antragsteller auch den vom Antragsgegner nach dessen individuellen finanziellen und wirtschaftlichen Verhältnissen geschuldeten Kindesunterhalt konkret darzulegen. Dieser Ausgangspunkt könne nur insoweit eine Einschrän- kung erfahren, als der unterhaltspflichtige biologische Vater infolge des Anspruchsübergangs auch im Regressverfahren seine eingeschränkte oder fehlende Leistungsfähigkeit konkret und unter Vorlage entsprechender Nachweise darzulegen habe.
20
Der Antragsteller habe die Einkommenssituation des Antragsgegners nicht näher dargestellt und dessen unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit nicht aufgezeigt, obwohl hierzu die Möglichkeit bestanden habe. Er sei seiner Darlegungs - und Beweislast auch nicht dadurch nachgekommen, dass bis zur Höhe des Mindestunterhalts eine Umkehr der Darlegungslast erfolge. Zwar treffe den unterhaltspflichtigen biologischen Vater auch im Regressverfahren die Darlegungslast für seine fehlende oder eingeschränkte Leistungsfähigkeit in Höhe eines Betrags bis zum Mindestunterhalt. Da vorliegend der Antragsteller jedoch nicht einmal die Höhe des in den jeweiligen Zeiträumen geschuldeten Mindestunterhalts konkretisiert habe und die belegten Erwerbseinkünfte des Antragsgegners nicht zum Anlass genommen habe, eine Unterhaltsberechnung durchzuführen, habe dieser seinerseits nicht seine fehlende Leistungsfähigkeit konkretisieren müssen.
21
2. Das hält rechtlicher Nachprüfung in wesentlichen Punkten nicht stand.
22
Nach § 1607 Abs. 3 Satz 2 BGB geht der Unterhaltsanspruch eines Kindes gegen einen Elternteil, soweit ein Dritter als Vater Unterhalt gewährt, auf diesen über. Der nach dieser Vorschrift kraft Gesetzes auf den sogenannten Scheinvater übergegangene Anspruch ist mit dem ursprünglichen Unterhaltsanspruch grundsätzlich identisch. Verfahrensgegenstand des Regressverfahrens ist daher der gesetzliche Unterhaltsanspruch (§§ 1601 ff. BGB) des Kindes (Senatsbeschluss vom 22. März 2017 - XII ZB 56/16 - FamRZ 2017, 900 Rn. 11, 14).
23
Der Anspruch kann im - hier vorliegenden - Regelfall, dass die Vaterschaft des Scheinvaters erfolgreich angefochten und anschließend die Vaterschaft des Anspruchsgegners gerichtlich festgestellt worden ist, nach § 1613 Abs. 2 Nr. 2a BGB rückwirkend ohne die Beschränkungen des § 1613 Abs. 1 BGB geltend gemacht werden (vgl. Senatsbeschlüsse vom 17. Juni 2009 - XII ZB 82/09 - FamRZ 2009, 1402 Rn. 11 und vom 22. März 2017 - XII ZB 56/16 - FamRZ 2017, 900 zu abweichenden Fallgestaltungen).
24
a) Der streitgegenständliche Unterhaltsanspruch des Kindes nach § 1601 BGB gegen den Anspruchsgegner als seinen rechtlichen Vater setzt neben Unterhaltsbedarf (§ 1610 BGB) und Bedürftigkeit (§ 1602 BGB) voraus, dass der Anspruchsgegner während des Unterhaltszeitraums nicht leistungsunfähig war (§ 1603 BGB). Dementsprechend trifft den Antragsteller die Darlegungs- und Beweislast bezüglich des Unterhaltsbedarfs und der Bedürftigkeit des Kindes während des streitbefangenen Unterhaltszeitraums (vgl. Senatsurteil vom 16. Dezember 2009 - XII ZR 50/08 - FamRZ 2010, 357 Rn. 16, 39; Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 9. Aufl. § 6 Rn. 703). Dagegen hat der Antragsgegner seine etwa mangelnde oder eingeschränkte Leistungsfähigkeit darzulegen und im Bestreitensfall zu beweisen (vgl. Senatsbeschlüsse BGHZ 209, 243 = FamRZ 2013, 887 Rn. 27; BGHZ 205, 165 = FamRZ 2015, 1172 Rn. 38 mwN und vom 24. September 2014 - XII ZB 111/13 - FamRZ 2014, 1992 Rn. 22; Staudinger/Klinkhammer BGB [2018] § 1603 Rn. 2, 385 ff. mwN).
25
aa) Die Darlegungs- und Beweislast des Unterhaltsberechtigten erfährt allerdings eine Einschränkung bezüglich des jeweils gesetzlich festgelegten Mindestbedarfs. Dieser ist nach heutiger Rechtslage in § 1612 a Abs. 1 Satz 2 BGB als Mindestunterhalt festgelegt. Auch in der Vergangenheit legte das Gesetz Mindestbedarfsbeträge fest (so etwa vom 1. Juli 1977 bis zum 30. Juni 1998 in § 1610 Abs. 3 Satz 1 BGB iVm der - für nichteheliche Kinder bereits zuvor geltenden - Regelunterhaltsverordnung; vgl. Staudinger/Klinkhammer BGB [2018] § 1612 a Rn. 1 ff., § 1615 a Rn. 8 ff. zur Rechtsentwicklung), auch wenn diese - wie in der Zeit vom 1. Juli 1998 bis zum 31. Dezember 2007 (§ 1612 a BGB aF iVm mit der Regelbetrag-VO) - nicht durchgehend das Existenzminimum der unterhaltsbedürftigen Kinder abdeckten. Stets war jedoch bezüglich der gesetzlich festgesetzten Ausgangsbeträge, die in die erste Einkommensgruppe der jeweiligen Düsseldorfer Tabelle Eingang fanden, eine Darlegung des entsprechenden Bedarfs durch das unterhaltsberechtigte Kind entbehrlich (vgl. Senatsurteil vom 6. Februar 2002 - XII ZR 20/00 - FamRZ 2002, 536, 538 mwN; Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 9. Aufl. § 6 Rn. 704 mwN).
26
Diese Beweislastverteilung gilt im Fall des gesetzlichen Anspruchsübergangs auch zugunsten des neuen Gläubigers (Senatsurteil vom 27. November 2002 - XII ZR 295/00 - FamRZ 2003, 444, 445 zum Regress des Sozialleistungsträgers ). Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerdeerwiderung besteht für eine Differenzierung nach der jeweiligen Art des gesetzlichen Anspruchsübergangs kein Grund. Dass der Antragsteller seinerzeit aufgrund eigener gesetzlicher Verpflichtung zahlte, entspricht vielmehr der Lage beim Regress des Sozialleistungsträgers.
27
Anders als das Oberlandesgericht meint, trifft den Anspruchsteller nicht die Obliegenheit zur Bezifferung der jeweiligen Mindestbedarfsbeträge. Da es sich insoweit um Gesetzesanwendung handelt, ist es Aufgabe des Gerichts, die für die streitbefangenen Zeiträume geltenden Bestimmungen anzuwenden und diesen die jeweils gültigen Mindestbedarfsbeträge zu entnehmen. Der vom Oberlandesgericht vermissten Unterhaltsberechnung bedurfte es insoweit nicht, zumal sich sowohl der Mindestbedarf als auch der Abzug des hälftigen Kindergelds (§ 1615 g Abs. 1 BGB) aus dem Gesetz ergeben.
28
bb) Hinsichtlich eines über den Mindestbedarf hinausgehenden Unterhaltsbedarfs verbleibt es indessen bei der uneingeschränkten Darlegungs- und Beweislast des Antragstellers (vgl. Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 9. Aufl. § 6 Rn. 705 mwN). Aufgrund der von beiden rechtlichen Eltern und damit auch vom Antragsgegner abgeleiteten Lebensstellung des Sohnes hat der Antragsteller mithin bei Anwendung der Düsseldorfer Tabelle darzulegen, dass und in welchem Umfang der Antragsgegner im betreffenden Zeitraum ein Einkommen oberhalb der ersten Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle erzielte. Erforderlich ist die Darlegung des jeweiligen Nettoeinkommens (vgl. Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 9. Aufl. § 1 Rn. 24 ff.).
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Insoweit hat das Oberlandesgericht die Darlegungen des Antragstellers - für sich genommen - mit Recht als unzureichend angesehen, da es an einem konkreten Vorbringen zur Entwicklung des Nettoeinkommens des Antragsgegners während der streitbefangenen Zeit fehlt. Demgegenüber ergibt sich jedoch aus der vom Antragsgegner vorgelegten und vom Oberlandesgericht in Bezug genommenen Rentenauskunft für den streitbefangenen Zeitraum durchaus ein (Brutto-)Einkommen, das jedenfalls zeitweise unzweifelhaft zu einem oberhalb der jeweiligen ersten Gruppe der Düsseldorfer Tabelle liegenden Nettoeinkommen führt, wobei die Düsseldorfer Tabelle seinerzeit auf drei Unterhaltsberechtigte zugeschnitten war (Ehegatte und zwei Kinder; vgl. etwa A. 1 zur Düsseldorfer Tabelle Stand: 1. Januar 1977 JMBl. NW 176, 285; Düsseldorfer Tabelle Stand: 1. Januar 1980 FamRZ 1980, 19 f.).
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b) Der Anspruch geht auf den Scheinvater höchstens bis zu dem Umfang über, in dem dieser Unterhalt geleistet hat. Für einen über die Leistungen des Scheinvaters etwa hinausgehenden Unterhaltsanspruch bleibt mithin das Kind aktivlegitimiert.
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aa) Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts kommt es nicht darauf an, ob der Scheinvater zu den tatsächlich erbrachten Unterhaltsleistungen auch in vollem Umfang verpflichtet war.
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Schon aus dem Wortlaut des § 1607 Abs. 3 Satz 2 BGB folgt, dass es für den gesetzlichen Anspruchsübergang nur darauf ankommt, in welchem Umfang der Scheinvater Unterhalt gewährt hat, nicht aber, ob er dazu auch verpflichtet war. Wie zudem der Regelungszusammenhang mit § 1607 Abs. 3 Satz 1 BGB nahelegt, kommt es auf das Bestehen einer Unterhaltspflicht der leistenden Personen nicht an. Der Unterschied zwischen den in § 1607 Abs. 3 Satz 1 BGB aufgeführten nicht unterhaltspflichtigen Personen und dem Scheinvater besteht insoweit allein darin, dass dessen Unterhaltspflicht erst nachträglich - rückwirkend - entfallen ist. Auf die weitere Frage, ob auch vom abweichenden Standpunkt des Oberlandesgerichts aus ein Anspruchsübergang jedenfalls nach § 1607 Abs. 3 Satz 1 BGB stattgefunden hätte, weil der Antragsteller in diesem Fall als (nicht unterhaltspflichtiger) Ehegatte des anderen Elternteils Unterhalt geleistet hätte, kommt es daher nicht an.
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bb) Den Antragsteller trifft dementsprechend insoweit nur die Darlegungs - und Beweislast für von ihm erbrachte Unterhaltsleistungen. Daher sind im vorliegenden Fall die vom Antragsteller während der Dauer der titulierten Unterhaltspflicht unstreitig erbrachten Zahlungen ohne weiteres zugrunde zu legen. In der Zeit vor Inkrafttreten der Unterhaltsvereinbarung ist der Antragsteller ebenfalls unstreitig für den Unterhalt des Sohnes aufgekommen. Der Antrag- steller hat vorgetragen, dass er Unterhalt in der später titulierten Höhe schon für diese Zeit aufgebracht habe, wobei es sich naheliegend jedenfalls im wesentlichen um Naturalunterhalt gehandelt hat. Damit mangelt es auch für die Zeit während des Zusammenlebens des Antragstellers mit Mutter und Sohn nicht an einem konkreten Vortrag zu den erbrachten Leistungen. Ob der Unterhaltsanspruch in der vorgetragenen Höhe begründet war, ist auch insoweit unerheblich. Ob es daneben auf eine etwaige indizielle Bedeutung des geschuldeten Unterhalts für die Höhe der erbrachten Leistungen oder eine entsprechende tatsächliche Vermutung ankommt, kann dahinstehen, denn aus dem angefochtenen Beschluss ergibt sich nicht mit hinreichender Deutlichkeit, ob und gegebenenfalls inwiefern der Antragsgegner das diesbezügliche Vorbringen des Antragstellers bestritten hat.
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Dem vom Antragsgegner in der Rechtsbeschwerdeerwiderung erhobenen Einwand, auch die Mutter könne nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB unterhaltspflichtig gewesen sein, steht schließlich die im angefochtenen Beschluss getroffene Feststellung entgegen, dass der Antragsteller die finanzielle Grundlage der Familie sicherte.
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3. Die angefochtene Entscheidung ist mithin aufzuheben. Nach den bisher getroffenen Feststellungen lässt sich auch ein Mindestbetrag derzeit noch nicht festlegen, zumal für den Antragsgegner bislang noch keine Gelegenheit bestand, eine etwa mangelnde oder eingeschränkte Leistungsfähigkeit darzulegen und zu beweisen. Außerdem hat das Oberlandesgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - noch nicht über den Einwand der Unbilligkeit nach § 1613 Abs. 3 BGB entschieden. Demgegenüber kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der geltend gemachte Unterhaltsanspruch teilweise unbegründet ist. Da die Sache wegen noch erforderlicher tatrichterlicher Fest- stellungen somit auch nicht teilweise entscheidungsreif ist, ist sie in vollem Umfang an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen.
36
Das Oberlandesgericht wird den Beteiligten Gelegenheit zu einem umfassenden ergänzenden Sachvortrag zu geben und sodann erneut zu entscheiden haben. Zutreffend ist es davon ausgegangen, dass ein Regressanspruch nicht verjährt ist (vgl. Senatsbeschluss vom 22. März 2017 - XII ZB 56/16 - FamRZ 2017, 900).
Dose Klinkhammer Günter Nedden-Boeger Guhling
Vorinstanzen:
AG Hildesheim, Entscheidung vom 26.01.2017 - 35 F 230/15 -
OLG Celle, Entscheidung vom 07.07.2017 - 21 UF 53/17 -

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Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 74 Entscheidung über die Rechtsbeschwerde


(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1603 Leistungsfähigkeit


(1) Unterhaltspflichtig ist nicht, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren. (2) Befinden sich Eltern in dieser Lage, so sind sie ihren min

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1601 Unterhaltsverpflichtete


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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1610 Maß des Unterhalts


(1) Das Maß des zu gewährenden Unterhalts bestimmt sich nach der Lebensstellung des Bedürftigen (angemessener Unterhalt). (2) Der Unterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf einschließlich der Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf,

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1606 Rangverhältnisse mehrerer Pflichtiger


(1) Die Abkömmlinge sind vor den Verwandten der aufsteigenden Linie unterhaltspflichtig. (2) Unter den Abkömmlingen und unter den Verwandten der aufsteigenden Linie haften die näheren vor den entfernteren. (3) Mehrere gleich nahe Verwandte ha

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1613 Unterhalt für die Vergangenheit


(1) Für die Vergangenheit kann der Berechtigte Erfüllung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung nur von dem Zeitpunkt an fordern, zu welchem der Verpflichtete zum Zwecke der Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs aufgefordert worden ist, über seine

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1602 Bedürftigkeit


(1) Unterhaltsberechtigt ist nur, wer außerstande ist, sich selbst zu unterhalten. (2) Ein minderjähriges Kind kann von seinen Eltern, auch wenn es Vermögen hat, die Gewährung des Unterhalts insoweit verlangen, als die Einkünfte seines Vermögens

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1607 Ersatzhaftung und gesetzlicher Forderungsübergang


(1) Soweit ein Verwandter auf Grund des § 1603 nicht unterhaltspflichtig ist, hat der nach ihm haftende Verwandte den Unterhalt zu gewähren. (2) Das Gleiche gilt, wenn die Rechtsverfolgung gegen einen Verwandten im Inland ausgeschlossen oder erhe

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(1) Soweit ein Verwandter auf Grund des § 1603 nicht unterhaltspflichtig ist, hat der nach ihm haftende Verwandte den Unterhalt zu gewähren.

(2) Das Gleiche gilt, wenn die Rechtsverfolgung gegen einen Verwandten im Inland ausgeschlossen oder erheblich erschwert ist. Der Anspruch gegen einen solchen Verwandten geht, soweit ein anderer nach Absatz 1 verpflichteter Verwandter den Unterhalt gewährt, auf diesen über.

(3) Der Unterhaltsanspruch eines Kindes gegen einen Elternteil geht, soweit unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 1 anstelle des Elternteils ein anderer, nicht unterhaltspflichtiger Verwandter oder der Ehegatte des anderen Elternteils Unterhalt leistet, auf diesen über. Satz 1 gilt entsprechend, wenn dem Kind ein Dritter als Vater Unterhalt gewährt.

(4) Der Übergang des Unterhaltsanspruchs kann nicht zum Nachteil des Unterhaltsberechtigten geltend gemacht werden.

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Ergibt die Begründung des angefochtenen Beschlusses zwar eine Rechtsverletzung, stellt sich die Entscheidung aber aus anderen Gründen als richtig dar, ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(3) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Beteiligten gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 71 Abs. 3 und § 73 Satz 2 gerügt worden sind. Die §§ 559, 564 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(4) Auf das weitere Verfahren sind, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts ergeben, die im ersten Rechtszug geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden.

(5) Soweit die Rechtsbeschwerde begründet ist, ist der angefochtene Beschluss aufzuheben.

(6) Das Rechtsbeschwerdegericht entscheidet in der Sache selbst, wenn diese zur Endentscheidung reif ist. Andernfalls verweist es die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Verfahrens zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht oder, wenn dies aus besonderen Gründen geboten erscheint, an das Gericht des ersten Rechtszugs zurück. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(7) Von einer Begründung der Entscheidung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.

9
aa) Nach § 117 Abs. 1 Satz 1 FamFG hat der Beschwerdeführer in Ehesachen und Familienstreitsachen zur Begründung der Beschwerde einen bestimmten Sachantrag zu stellen und diesen zu begründen. Er muss demnach in der Beschwerdebegründung darlegen, in welchem Umfang er die erstinstanzliche Entscheidung angreifen will und wie er den Angriff begründet. Da § 117 FamFG keine speziellen Regelungen zum Inhalt der Beschwerdebegründung enthält, beurteilt sich nach den allgemeinen Grundsätzen, ob ein Beschwerdeantrag hinreichend bestimmt und ausreichend begründet ist. Deshalb können für den notwendigen Inhalt der Beschwerdebegründung im Wesentlichen die Anforderungen herangezogen werden, die für eine Berufungsbegrün- dung nach § 520 Abs. 3 Satz 2 ZPO gelten, auch wenn § 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG nicht auf § 520 Abs. 3 ZPO verweist (Senatsbeschlüsse vom 1. April 2015 - XII ZB 503/14 - FamRZ 2015, 1009 Rn. 10; vom 25. Juni 2014 - XII ZB 134/13 - FamRZ 2014, 1443 Rn. 15 und vom 23. Mai 2012 - XII ZB 375/11 - FamRZ 2012, 1205 Rn. 13 mwN).

(1) Soweit ein Verwandter auf Grund des § 1603 nicht unterhaltspflichtig ist, hat der nach ihm haftende Verwandte den Unterhalt zu gewähren.

(2) Das Gleiche gilt, wenn die Rechtsverfolgung gegen einen Verwandten im Inland ausgeschlossen oder erheblich erschwert ist. Der Anspruch gegen einen solchen Verwandten geht, soweit ein anderer nach Absatz 1 verpflichteter Verwandter den Unterhalt gewährt, auf diesen über.

(3) Der Unterhaltsanspruch eines Kindes gegen einen Elternteil geht, soweit unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 1 anstelle des Elternteils ein anderer, nicht unterhaltspflichtiger Verwandter oder der Ehegatte des anderen Elternteils Unterhalt leistet, auf diesen über. Satz 1 gilt entsprechend, wenn dem Kind ein Dritter als Vater Unterhalt gewährt.

(4) Der Übergang des Unterhaltsanspruchs kann nicht zum Nachteil des Unterhaltsberechtigten geltend gemacht werden.

11
a) Rechtlicher Ausgangspunkt für den vom Antragsteller geltend gemachten Regressanspruch ist § 1607 Abs. 3 Satz 2 BGB, wonach der Unterhaltsanspruch eines Kindes gegen einen Elternteil auf einen Dritten übergeht, der als Vater Unterhalt geleistet hat. Der nach dieser Vorschrift übergegangene Anspruch ist mit dem ursprünglichen Unterhaltsanspruch grundsätzlich identisch , so dass er - wie dieser selbst - nach § 195 BGB der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren unterliegt (vgl. OLG Schleswig FamRZ 2007, 2102, 2103; Wendl/Klinkhammer Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 9. Aufl. § 2 Rn. 805; Schwonberg in Eschenbruch/Schürmann/Menne Der Unterhaltsprozess 6. Aufl. Kap. 2 Rn. 1618). Das Gesetz zur Änderung des Erbund Verjährungsrechts vom 24. September 2009 (BGBl. I S. 3142), durch das mit Wirkung zum 1. Januar 2010 die bisherigen Sondervorschriften für die Verjährung familienrechtlicher Ansprüche (§ 197 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 aF BGB) aufgehoben worden sind, hat an dieser Rechtslage nichts geändert.

(1) Für die Vergangenheit kann der Berechtigte Erfüllung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung nur von dem Zeitpunkt an fordern, zu welchem der Verpflichtete zum Zwecke der Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs aufgefordert worden ist, über seine Einkünfte und sein Vermögen Auskunft zu erteilen, zu welchem der Verpflichtete in Verzug gekommen oder der Unterhaltsanspruch rechtshängig geworden ist. Der Unterhalt wird ab dem Ersten des Monats, in den die bezeichneten Ereignisse fallen, geschuldet, wenn der Unterhaltsanspruch dem Grunde nach zu diesem Zeitpunkt bestanden hat.

(2) Der Berechtigte kann für die Vergangenheit ohne die Einschränkung des Absatzes 1 Erfüllung verlangen

1.
wegen eines unregelmäßigen außergewöhnlich hohen Bedarfs (Sonderbedarf); nach Ablauf eines Jahres seit seiner Entstehung kann dieser Anspruch nur geltend gemacht werden, wenn vorher der Verpflichtete in Verzug gekommen oder der Anspruch rechtshängig geworden ist;
2.
für den Zeitraum, in dem er
a)
aus rechtlichen Gründen oder
b)
aus tatsächlichen Gründen, die in den Verantwortungsbereich des Unterhaltspflichtigen fallen,
an der Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs gehindert war.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 2 kann Erfüllung nicht, nur in Teilbeträgen oder erst zu einem späteren Zeitpunkt verlangt werden, soweit die volle oder die sofortige Erfüllung für den Verpflichteten eine unbillige Härte bedeuten würde. Dies gilt auch, soweit ein Dritter vom Verpflichteten Ersatz verlangt, weil er anstelle des Verpflichteten Unterhalt gewährt hat.

11
a) Rechtlicher Ausgangspunkt für den vom Antragsteller geltend gemachten Regressanspruch ist § 1607 Abs. 3 Satz 2 BGB, wonach der Unterhaltsanspruch eines Kindes gegen einen Elternteil auf einen Dritten übergeht, der als Vater Unterhalt geleistet hat. Der nach dieser Vorschrift übergegangene Anspruch ist mit dem ursprünglichen Unterhaltsanspruch grundsätzlich identisch , so dass er - wie dieser selbst - nach § 195 BGB der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren unterliegt (vgl. OLG Schleswig FamRZ 2007, 2102, 2103; Wendl/Klinkhammer Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 9. Aufl. § 2 Rn. 805; Schwonberg in Eschenbruch/Schürmann/Menne Der Unterhaltsprozess 6. Aufl. Kap. 2 Rn. 1618). Das Gesetz zur Änderung des Erbund Verjährungsrechts vom 24. September 2009 (BGBl. I S. 3142), durch das mit Wirkung zum 1. Januar 2010 die bisherigen Sondervorschriften für die Verjährung familienrechtlicher Ansprüche (§ 197 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 aF BGB) aufgehoben worden sind, hat an dieser Rechtslage nichts geändert.

Verwandte in gerader Linie sind verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren.

(1) Das Maß des zu gewährenden Unterhalts bestimmt sich nach der Lebensstellung des Bedürftigen (angemessener Unterhalt).

(2) Der Unterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf einschließlich der Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf, bei einer der Erziehung bedürftigen Person auch die Kosten der Erziehung.

(1) Unterhaltsberechtigt ist nur, wer außerstande ist, sich selbst zu unterhalten.

(2) Ein minderjähriges Kind kann von seinen Eltern, auch wenn es Vermögen hat, die Gewährung des Unterhalts insoweit verlangen, als die Einkünfte seines Vermögens und der Ertrag seiner Arbeit zum Unterhalt nicht ausreichen.

(1) Unterhaltspflichtig ist nicht, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren.

(2) Befinden sich Eltern in dieser Lage, so sind sie ihren minderjährigen Kindern gegenüber verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden. Den minderjährigen Kindern stehen volljährige unverheiratete Kinder bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres gleich, solange sie im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils leben und sich in der allgemeinen Schulausbildung befinden. Diese Verpflichtung tritt nicht ein, wenn ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter vorhanden ist; sie tritt auch nicht ein gegenüber einem Kind, dessen Unterhalt aus dem Stamme seines Vermögens bestritten werden kann.

16
Im Unterhaltsrecht hat grundsätzlich der Unterhaltsberechtigte neben den übrigen Voraussetzungen des Unterhaltsanspruchs auch seinen Unterhaltsbedarf und seine Bedürftigkeit darzulegen und zu beweisen, während der Unterhaltspflichtige eine eventuelle Leistungsunfähigkeit, auf die er sich beruft, beweisen muss (vgl. Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 6 Rdn. 700 ff.). Dies folgt aus dem Grundsatz, dass jede Partei die Voraussetzungen der für sie günstigen Normen darzulegen und zu beweisen hat, sofern das Gesetz keine andere Beweislastverteilung regelt.

(1) Das Maß des zu gewährenden Unterhalts bestimmt sich nach der Lebensstellung des Bedürftigen (angemessener Unterhalt).

(2) Der Unterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf einschließlich der Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf, bei einer der Erziehung bedürftigen Person auch die Kosten der Erziehung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 20/00 Verkündet am:
6. Februar 2002
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Zur Frage des Mindestbedarfs eines unterhaltsberechtigten Kindes nach Wegfall
des § 1610 Abs. 3 BGB durch das Kindesunterhaltsgesetz vom 6. April 1998 zum
1. Juli 1998 (- KindUG - BGBl. I, S. 666).
BGH, Urteil vom 6. Februar 2002 - XII ZR 20/00 - OLG Zweibrücken
AG Pirmasens
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. November 2001 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die
Richter Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz, Dr. Ahlt und Dr. Vézina

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 5. Zivilsenats - Familiensenat - des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrükken vom 21. Dezember 1999 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die vom Beklagten getrenntlebende Klägerin macht gegen ihn in Prozeßstandschaft Unterhalt für die gemeinsamen Kinder geltend. Aus der im Juli 1989 geschlossenen Ehe der Parteien sind die Tochter Marie-Christine, geboren am 4. Dezember 1990, und der Sohn Maximilian, geboren am 28. Dezember 1993, hervorgegangen. Die Kinder leben seit der Trennung der Eltern Ende Juni 1998 bei der Klägerin, die sie betreut und die das staatliche Kindergeld erhält. An seinen nicht aus der Ehe stammenden
Sohn Leon Sebastian, geboren am 6. April 1998, zahlt der Beklagte monatlich 300 DM Unterhalt. Der Beklagte arbeitet als Verwaltungsbeamter in S. . Sein monatliches Nettoeinkommen betrug 1998, bereinigt um Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge , rund 4.700 DM. Die Klägerin ist Lehrerin und verdient monatlich netto ebenfalls rund 4.700 DM. Die Parteien sind je zur Hälfte Miteigentümer eines mit Krediten belasteten Anwesens, in dem die Klägerin mit den gemeinsamen Kindern verblieben ist. Sie trägt den überwiegenden Teil dieser Kreditverbindlichkeiten. Der Beklagte macht für sich weitere monatliche Kreditverbindlichkeiten in Höhe von 1.425 DM geltend. Außerdem zahlt er für einen im März 1998 geleasten Pkw, auf den er eine Sonderleistung von 10.000 DM erbracht hat, monatliche Raten von rund 672 DM. Mit dem Pkw fährt er arbeitstäglich von seiner Wohnung zu seiner Arbeitsstelle rund 110 Kilometer. Die Klägerin bezieht seit Dezember 1998 Leistungen nach dem Unterhaltsvorschußgesetz für Marie-Christine in Höhe von monatlich 299 DM und für Maximilian von 224 DM. Der Beklagte hat nach der Trennung an die Klägerin im Jahre 1998 für beide Kinder einen einmaligen Unterhaltsbetrag von insgesamt 500 DM und von Januar bis November 1999 monatlich 299 DM für MarieChristine und 244 DM für Maximilian an die Verwaltungsbehörde gezahlt. Diese hat die auf sie übergegangenen Unterhaltsansprüche der Kinder auf die Klägerin zurückübertragen. Das Amtsgericht hat den Beklagten unter Abweisung des weitergehenden Begehrens verurteilt, an die Klägerin rückständigen Unterhalt für beide Kinder für Juli und August 1998 in Höhe von insgesamt 1.142 DM zu zahlen,
ferner für die Zeit vom 1. September 1998 bis 31. Dezember 1998 jeweils monatlich 460 DM für Marie-Christine und 361 DM für Maximilian, sowie ab 1. Januar 1999 jeweils monatlich 418 DM für Marie-Christine und 322 DM für Maximilian. Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Der Beklagte hat geltend gemacht, er schulde wegen seiner anderweitigen Verbindlichkeiten und der anfallenden Fahrtkosten von monatlich 583 DM nur den Unterhalt nach der Einkommensgruppe 1 der Düsseldorfer Tabelle abzüglich hälftigen Kindergeldes, für die Zeit ab Januar 1999 somit für MarieChristine monatlich 299 DM und für Maximilian 224 DM. Die Klägerin hat mit der Berufung die Abänderung des amtsgerichtlichen Urteils dahingehend begehrt, daû für die Zeit vom 1. Juli 1998 bis 31. Dezember 1998 restlicher Unterhalt von insgesamt 5.547 DM für beide Kinder sowie ab 1. Januar 1999 für Marie-Christine monatlich 595 DM abzüglich bis einschlieûlich November 1999 monatlich gezahlter 299 DM und für Maximilian monatlich 469 DM abzüglich bis einschlieûlich November 1999 monatlich gezahlter 224 DM an sie zu zahlen seien. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen und auf die Berufung der Klägerin unter Abänderung des amtsgerichtlichen Urteils den Beklagten verurteilt, an die Klägerin für die Zeit vom 1. Juli 1998 bis 30. November 1999 rückständigen Unterhalt für Marie-Christine in Höhe von 3.702 DM und für Maximilian in Höhe von 2.890 DM sowie ab 1. Dezember 1999 für beide Kinder monatlich je 427 DM zu zahlen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein zweitinstanzliches Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision führt zur Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.

A.

I. Das Oberlandesgericht, dessen Urteil in FamRZ 2000, 765 f. veröffentlicht ist, hat den Bedarf für die Kinder der Parteien nach der Düsseldorfer Tabelle, Einkommensgruppe 5 ermittelt. Dies ergab für die am 4. Dezember 1990 geborene Marie-Christine in der Zeit vom 1. Juli 1998 bis 30. Juni 1999 monatlich 543 DM (Düss. Tab., Stand 1. Juli 1998, Altersstufe 2) und ab 1. Juli 1999 monatlich 552 DM (Düss.Tab., Stand 1. Juli 1999, Altersstufe 2). Für den am 28. Dezember 1993 geborenen Maximilian hat es den Bedarf entsprechend für die Zeit vom 1. Juli 1998 bis 30. Juni 1999 mit 447 DM (Düss. Tab., Stand 1. Juli 1998, Altersstufe 1), für die Zeit vom 1. Juli 1999 bis 30. November 1999 mit monatlich 455 DM (Düss. Tab., Stand 1. Juli 1999, Altersstufe 1) und ab 1. Dezember 1999 mit 552 DM (Düss. Tab., Stand 1. Juli 1999, Altersstufe 2) angenommen. Für die Bedarfsbemessung ist das Oberlandesgericht dabei zunächst richtig und von der Revision nicht beanstandet von einem durchschnittlichen, um Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge verminderten Nettoeinkommen des Beklagten in Höhe von monatlich rund 4.700 DM für das Jahr 1998 und in Höhe von rund 4.450 DM für das Jahr 1999 ausgegangen. Von diesem Einkommen hat es - unter Berücksichtigung der Fahrten des Beklagten zur Ar-
beitsstelle - eine Pauschale von 5 % für berufsbedingte Aufwendungen abgezogen , so daû es zu einem bereinigten Nettoeinkommen von monatlich rund 4.466 DM für das Jahr 1998 und von 4.228 DM für das Jahr 1999 gelangt ist. Die Berücksichtigung der monatlichen Leasingraten für den Pkw des Beklagten in Höhe von rund 672 DM hat es abgelehnt, da diese Verpflichtung in keiner Weise der finanziellen Gesamtsituation entspreche und auch nicht berufsbedingt notwendig sei. 1. Insoweit ist nicht zu beanstanden, daû das Oberlandesgericht für die Fahrten zur Arbeitsstelle nur die Pauschale von 5 % und nicht die geltend gemachten konkreten Fahrtkosten von monatlich 583 DM vom Nettoeinkommen abgezogen hat. Da es sich bei Unterhaltsfällen um Massenerscheinungen handelt , ist aus Vereinfachungsgründen eine pauschalierende Berechnungsmethode notwendig (Senatsurteil vom 16. April 1997 - XII ZR 233/95 - FamRZ 1997, 806, 807). Dies schlieût zwar die Berücksichtigung konkreter Aufwendungen nicht aus, soweit diese notwendig und angemessen sind. Es hält sich aber im Rahmen der revisionsrechtlich nur beschränkt überprüfbaren tatrichterlichen Bewertung, wenn das Oberlandesgericht es für zumutbar gehalten hat, daû der Beklagte mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeitsstelle gelangt oder den Wohnsitz an den Dienstort verlegt. Rechtsfehler sind nicht ersichtlich und werden von der Revision auch nicht aufgezeigt. Die Bemessung der Aufwendungen mit 5 % hält sich ebenfalls im Rahmen des tatrichterlichen Ermessens (Senatsurteil vom 19. Juli 2000 - XII ZR 161/98 - FamRZ 2000, 1492, 1493). 2. Entgegen der Revision kann sich der Beklagte auch nicht darauf berufen , von seinem Einkommen seien weitere Verbindlichkeiten in Höhe von 672 DM Leasingraten abzuziehen.
Minderjährige Kinder ohne Einkünfte besitzen keine eigene unterhaltsrechtlich relevante Lebensstellung im Sinne des § 1610 Abs. 2 BGB. Sie leiten ihre Lebensstellung vielmehr von derjenigen ihrer unterhaltspflichtigen Eltern ab. Wird das Kind von einem Elternteil versorgt und betreut und leistet der andere Teil Barunterhalt, so bestimmt sich die Lebensstellung des Kindes grundsätzlich nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des barunterhaltspflichtigen Elternteils. Da der für die Unterhaltsbemessung maûgebliche Lebensstandard im wesentlichen durch tatsächlich vorhandene Mittel geprägt ist, richtet sich auch die abgeleitete Lebensstellung des Kindes nach diesen Verhältnissen. Deshalb sind unterhaltsrechtlich relevante Verbindlichkeiten zu berücksichtigen (Senatsurteil vom 25. Oktober 1995 - XII ZR 247/94 - FamRZ 1996, 160, 161). Ob die Verbindlichkeiten unterhaltsrechtlich berücksichtigungsfähig sind, ist unter umfassender Interessenabwägung zu beurteilen, wobei es insbesondere auf den Zweck der Verbindlichkeit, den Zeitpunkt und die Art ihrer Entstehung, die Kenntnis von der Unterhaltsschuld und auf andere Umstände ankommt (Senatsurteile vom 7. November 1990 - XII ZR 123/89 - FamRZ 1991, 182, 184 und vom 25. Oktober 1995 aaO S. 161). Im Rahmen dieser in erster Linie dem Tatrichter obliegenden Interessenabwägung ist das Oberlandesgericht - bei der Prüfung der Leistungsfähigkeit - zu dem Ergebnis gelangt, daû die monatlichen Leasingraten von 672 DM zum einen der finanziellen Gesamtsituation nicht entsprächen und zum anderen nicht berufsbedingt notwendig seien. Der Beklagte könne diese Raten bei Nutzung eines preiswerten Gebrauchtwagens oder öffentlicher Verkehrsmittel in zumutbarer Weise vermeiden, so daû seine Kinder sich diese Verpflichtung nicht entgegenhalten lassen müûten. Dies läût Rechtsfehler nicht erkennen. Die Revision zeigt solche auch nicht auf.

II. Zu Recht rügt jedoch die Revision, das Oberlandesgericht habe den Bedarf der Kinder nicht unabhängig von der wirtschaftlichen Situation des Beklagten mit dem Existenzminimum gleichsetzen und ihn darauf verweisen dürfen , die ehebedingten Verbindlichkeiten in Höhe von 120.000 DM, die er mit monatlich 1.425 DM zurückführe, zu strecken. 1. Das Oberlandesgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob diese Verbindlichkeiten - wie der Beklagte unter Beweisantritt behauptet hat - als ehebedingt anzusehen sind oder aber zur Wahrnehmung persönlicher Bedürfnisse des Beklagten aufgenommen wurden. Dies ist für die Frage ihrer Berücksichtigung von Bedeutung (Senatsurteil vom 18. März 1992 - XII ZR 1/91 - FamRZ 1992, 797, 798). In der Revisionsinstanz ist daher zugunsten des Beklagten zu unterstellen, daû es sich um ehebedingte Schulden handelt. Werden die monatlichen Kreditraten von 1.425 DM in voller Höhe berücksichtigt, würde sich das bereinigte Nettoeinkommen des Beklagten im Jahre 1998 von 4.466 DM auf 3.041 DM und im Jahre 1999 von 4.228 DM auf 2.803 DM vermindern , was der Einkommensgruppe 3 der Düsseldorfer Tabelle und einem Unterhaltsbedarf von 484 DM (ab 1. Juli 1999 492 DM) in der Altersstufe 2 und von 398 DM (ab 1. Juli 1999 405 DM) in der Altersstufe 1 entspräche. Damit hätte der Beklagte zwar mehr als den Regelbetrag, aber weniger als den vom Oberlandesgericht angenommenen "Mindestbedarf" zu zahlen. Das Oberlandesgericht hat dazu ausgeführt, den ehegemeinschaftlichen Kindern stehe wenigstens ein Mindestbedarf im Sinne des zur Sicherung des Existenzminimums erforderlichen Unterhaltsbetrages zu. Die Lebensstellung eines minderjährigen Kindes leite sich vom barunterhaltspflichtigen Elternteil ab. Der Unterhaltsanspruch genieûe grundsätzlich keinen Bestandsschutz hin-
sichtlich der tatsächlichen Lebensverhältnisse. Das Kind müsse deshalb hinnehmen , wenn nur noch ein geringerer - den Mindestbedarf allerdings nicht unterschreitender - Unterhaltsbetrag geschuldet werde. Die Festlegung des Mindestbedarfs sei mit dem Inkrafttreten des Kindesunterhaltsgesetzes aufgrund der Aufhebung der Verweisung in § 1610 Abs. 3 BGB a.F. aufgegeben worden. Der Regelbetrag nach der Regelbetrag -Verordnung (= Einkommensgruppe 1 der Düsseldorfer Tabelle) liege unter dem Existenzminimum und solle nicht bedarfsdeckend sein, sondern diene primär als Bemessungsgröûe für das vereinfachte Verfahren. Ihm sei daher ein Mangelfall immanent, weshalb er nicht mehr dem Mindestbedarf entspreche. Nach den verfassungsrechtlichen Vorgaben sei für den Mindestbedarf auf das nach dem Sozialhilfebedarf ermittelte Existenzminimum abzustellen. Dieses betrage bei einer Verteilung auf die drei Altersstufen ab 1996 431 DM, 510 DM und 631 DM, ab 1999 461 DM, 544 DM und 670 DM. Die genannten Beträge seien nicht genau in die Unterhaltstabelle einzupassen, da sie zwischen den Einkommensgruppen 4 bis 6 der Tabelle lägen. Deshalb sei es angemessen, den Mindestbedarf unter Zuordnung zur Einkommensgruppe 5 zu bemessen. Dieser Mindestbedarf stehe den Kindern in jedem Falle zu. Da der Beklagte drei Kindern unterhaltspflichtig sei, sei eine Höherstufung nicht angezeigt. 2. Dieser Auffassung vermag der Senat nicht zu folgen.
a) Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Oberlandesgerichts, daû es seit dem am 1. Juli 1998 in Kraft getretenen Kindesunterhaltsgesetz vom 6. April 1998 (KindUG-BGBl. I, 666) keine gesetzliche Bestimmung des Mindestbedarfs minderjähriger Kinder im Unterhaltsrecht mehr gibt (so auch Schumacher/Grün FamRZ 1998, 778, 779; Wendl/Scholz, Unterhaltsrecht, 5. Aufl., § 2 Rdn. 127 a f.).
Bis zum 30. Juni 1998 definierte § 1615 f Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. den Regelunterhalt als den Betrag (Regelbedarf), der zum Unterhalt eines nichtehelichen Kindes, das sich in der Pflege seiner Mutter befindet, bei einfacher Lebenshaltung im Regelfall erforderlich sei. Verlangte ein eheliches Kind Barunterhalt , so galt als Bedarf mindestens der für ein nichteheliches Kind der entsprechenden Altersstufe festgesetzte Regelbedarf, § 1610 Abs. 3 BGB a.F.. Durch Art. 1 Nr. 8, 16, Art. 6 KindUG wurden § 1610 Abs. 3 BGB und die Vorschriften über den Regelunterhalt nichtehelicher Kinder aufgehoben. § 1610 Abs. 3 BGB war nicht mehr erforderlich, da in § 1612 a Abs. 1 BGB für alle Kinder die Möglichkeit geschaffen wurde, die Regelbeträge geltend zu machen. Damit war die Definition des Mindestbedarfs im Unterhaltsrecht entfallen. Die Regelbeträge sollten als Basiswerte der Unterhaltstabellen und als Bezugsgröûen für die Unterhaltsanpassung dienen (Regierungsentwurf - im folgenden : RegE -, BT-Drucks. 13/7338, S. 22; Stellungnahme des Rechtsausschusses - im folgenden: RA -, BT-Drucks. 13/9596, S. 36). In Höhe der Regelbeträge (im RegE noch Regelunterhalt genannt) sollte das Kind von der Darlegungs - und Beweislast für seinen Bedarf sowie für die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten befreit sein (RegE aaO S. 19). Die Festlegung eines Mindestbedarfs erfolgte bewuût nicht (Bericht des RA aaO S. 31 f.). Die Empfehlung des Bundesrats, den im Regierungsentwurf verwendeten Begriff "Regelunterhalt" durch den Begriff "Mindestunterhalt" zu ersetzen, und die Forderung , der Mindestunterhalt der Kinder müsse sich an deren Bedarf orientieren und mindestens deren Existenzminimum abdecken (Stellungnahme des Bundesrats , BT-Drucks. 13/7338, S. 56), sind nicht Gesetz geworden. In ihrer Gegenäuûerung hat die Bundesregierung darauf hingewiesen, daû nicht der Eindruck erweckt werden solle, ein Mindestunterhalt sei unabhängig von der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten geschuldet (BT-Drucks. 13/7338, S. 59).
Insbesondere im Hinblick auf das Ziel des Entwurfs, die verfahrensrechtlich erleichterte Durchsetzung der Regelbeträge zu ermöglichen, wurde auf eine dem § 1615 f Abs. 1 BGB a.F. entsprechende Definition der Regelbeträge verzichtet. Es war bekannt, daû eine erhebliche Erhöhung der Regelbeträge voraussichtlich dazu führen würde, daû die gesetzlich vorgesehenen Beträge für die Mehrzahl der Berechtigten wegen der eingeschränkten Leistungsfähigkeit der Verpflichteten nicht erreichbar wären. Auûerdem sollten Mehrkosten für gesteigerte Leistungen nach dem Unterhaltsvorschuûgesetz und eine erhebliche Mehrbelastung der Justiz durch die Geltendmachung von Unterhaltsbeträgen , die nicht der Leistungsfähigkeit des Pflichtigen entsprechen, vermieden werden (Gegenäuûerung der Bundesregierung, aaO S. 60; Bericht des RA aaO S. 31). Die wesentliche Bedeutung des Regelbetrages sollte daher nicht in der Festlegung eines Mindestunterhalts, sondern darin liegen, daû mit ihm eine Bezugsgröûe für den Zugang zum vereinfachten Verfahren und für die im Zweijahresrhythmus erfolgende Anpassung der Unterhaltsansprüche geschaffen werden sollte (vgl. § 645 ZPO). Daû die Beträge hinter dem Existenzminimum zurückblieben, sei unschädlich, da das vereinfachte Verfahren auch für Unterhaltsbeträge in Höhe des Existenzminimums und sogar darüber hinaus eröffnet sei (Bericht des RA aaO S. 31, 36, vgl. auch Wendl/Scholz aaO). Die gegenteilige Auffassung, der Regelbetrag sei auch nach Inkrafttreten des Kindesunterhaltsgesetzes entsprechend dem früheren Regelunterhalt dem Mindestbedarf gleichzusetzen, widerspricht daher dem im Gesetz zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers (so aber: KG FamRZ 1999, 405 f.; OLG München FamRZ 1999, 884; OLG Bamberg FamRZ 2000, 307,308; OLG Koblenz FamRZ 2000, 313; OLG Karlsruhe FamRZ 2000, 1432, 1433; Eschenbruch/Wohlgemuth, Der Unterhaltsprozeû, 2. Aufl., Rdn. 3025).

b) Die Auffassung, ein Mindestbedarf sei in Höhe des Eineinhalbfachen des Regelbetrages festzulegen, weil dieser Betrag nach § 645 ZPO im vereinfachten Verfahren ohne weitere Darlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse geltend gemacht werden könne (so Johannsen/Henrich/Graba, Eherecht, 3. Aufl., § 1610 Rdn. 17 und § 1612 a Rdn. 12), wird vom Oberlandesgericht zutreffend abgelehnt. Die erweiterte Zulässigkeit des vereinfachten Verfahrens für Beträge in Höhe von 150 % des Regelbetrages ist auf Vorschlag des Rechtsausschusses in das Gesetz aufgenommen worden, während der Regierungsentwurf in § 645 ZPO nur die Geltendmachung des Regelbetrages vorsah (Bericht des RA aaO S. 11). Dabei hat der Rechtsausschuû aber den Unterschied zwischen dem nicht festgesetzten materiell-rechtlichen Mindestunterhaltsanspruch und der Verbesserung der prozessualen Situation der Kinder betont (Bericht des RA aaO S. 31). Angesichts des auch im Gesetz zum Ausdruck gekommenen Willens des Gesetzgebers kann daher aus § 645 ZPO kein Mindestbedarf in entsprechender Höhe hergeleitet werden. Soweit in der Literatur gelegentlich befürwortet wird (Johannsen/Henrich/Graba aaO § 1610 Rdn. 17 und § 1612 a Rdn. 12; Graba NJW 2001, 249, 253), die Regelung des vereinfachten Verfahrens aus Gründen des Gleichklangs ins Klageverfahren zu übernehmen, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Ein vorausgegangenes vereinfachtes Verfahren kann weder Wirkungen für den materiellen Unterhaltsbedarf und -anspruch noch für die Darlegungs- und Beweislast im streitigen Prozeû begründen.
c) Der Senat folgt andererseits auch nicht der vom Oberlandesgericht und Teilen der Rechtsprechung und Literatur (OLG Hamburg FamRZ 2000, 1431; OLG Stuttgart (18. ZS) FamRZ 2000, 376; abweichend davon OLG Stuttgart (16. ZS), Urteil vom 6. September 2001 - 16 UF 146/01; Göppinger /Wax/
Strohal, Unterhaltsrecht, 7. Aufl. Rdn. 362; Kleinle ZfJ 1998, 225; Lipp/Wagenitz , Das neue Kindschaftsrecht § 1612 a Rdn. 13; Luthin FF 1999, 105, 107 mit eingehender Darstellung des Streitstandes und Nachweisen; ders. FamRZ 2001, 334, 335; Rühl/Greûmann, Kindesunterhaltsgesetz Rdn. 58 ff.; vgl. weiter den Überblick bei Miesen, Neuere Entwicklung im Familienrecht bis Herbst 2001, FF Sonderheft, S. 4 f.) vertretenen Auffassung, daû es geboten sei, anstelle des im Unterhaltsrecht seit 1. Juli 1998 nicht mehr definierten Mindestbedarfs nunmehr auf das von der Bundesregierung auf der Grundlage des Sozialhilfebedarfs ermittelte, steuerfrei zu stellende rechtliche Existenzminimum eines Kindes abzustellen (für das Jahr 1996: 524 DM (BT-Drucks. 13/381, S. 4); für das Jahr 1999: 558 DM (BT-Drucks. 13/9561, S. 4); für das Jahr 2001: 564 DM (BT-Drucks. 14/1926, S. 5)). Aus dem für alle Kinder bis 18 Jahre unterschiedslos ermittelten Existenzminimum sollten gestaffelte Werte für die drei Altersstufen nach § 1612 a Abs. 3 BGB errechnet werden (vgl. die Berechung bei Rühl/Greûmann aaO Rdn. 58 ff.). Die gewonnenen Ergebnisse entsprächen allerdings nicht den Beträgen der Düsseldorfer Tabelle, sondern lägen je nach Altersstufe im Bereich der Einkommensgruppen 4 bis 6. Deshalb sollte im Wege der Interpolation der Mindestbedarf einheitlich nach der Einkommensgruppe 5 festgesetzt werden, wie es hier auch das Oberlandesgericht vorgeschlagen hat. aa) Für diese Auffassung wird teilweise angeführt, der Rechtsausschuû habe die aus dem Bericht der Bundesregierung vom 2. Februar 1995 ersichtlichen durchschnittlichen Sozialhilfebeträge ausdrücklich als Existenzminimum von Kindern bezeichnet. Deshalb seien in einem Nicht-Mangelfall mindestens diese Sätze geschuldet (Kleinle ZfJ 1998 aaO S. 226). Diese Ansicht widerspricht den bereits dargelegten Beratungen des Ausschusses, der bewuût von der Festsetzung eines Mindestunterhalts in Höhe des Existenzminimums abge-
sehen hat (Gegenäuûerung der Bundesregierung aaO S. 59; Bericht des RA aaO S. 31). bb) Auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur steuerrechtlichen Freistellung des Existenzminimums und zum Familienleistungsausgleich (vgl. nur BVerfG FamRZ 1999, 285 ff. und 291 ff.) zwingt nicht zur Annahme eines entsprechenden Mindestbedarfs. Danach müsse dem Steuerpflichtigen von seinem Einkommen so viel verbleiben, wie er zur Bestreitung seines notwendigen Lebensunterhalts bedürfe (Existenzminimum). Verfassungsrechtlicher Prüfungsmaûstab sei der sich aus Art. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG ergebende Grundsatz, daû der Staat dem Steuerpflichtigen sein Einkommen insoweit steuerfrei belassen müsse, als es zur Schaffung der Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein benötigt werde (BVerfGE 82, 60, 85, BVerfG FamRZ 1999 aaO S. 292). Der existenznotwendige Bedarf bilde von Verfassungs wegen die Untergrenze für den Zugriff durch die Einkommensteuer (BVerfGE 87, 153, 169; FamRZ 1999 aaO S. 292). Art. 6 Abs. 1 GG gebiete darüber hinaus, daû bei der Besteuerung einer Familie das Existenzminimum sämtlicher Familienmitglieder steuerfrei bleiben müsse (BVerfG FamRZ 1999 aaO S. 287; FamRZ 1999 aaO, S. 292 jew. m.N.). Dabei müûten die von Verfassungs wegen zu berücksichtigenden existenzsichernden Aufwendungen nach dem tatsächlichen Bedarf - realitätsgerecht - bemessen werden (BVerfGE 91, 93, 111; BVerfG FamRZ 1999 aaO S. 292 m.N.). Dessen Untergrenze sei durch die Sozialhilfeleistungen konkretisiert, die das im Sozialstaat anerkannte Existenzminimum gewährleisten sollten, verbrauchsbezogen ermittelt und auch regelmäûig den veränderten Lebensverhältnissen angepaût werden. Mindestens das, was der Gesetzgeber dem Bedürftigen zur Befriedigung seines existenznotwendigen Bedarfs aus öffentlichen Mitteln zur Verfügung stelle, müsse er auch dem Einkommensbezieher von dessen Er-
werbsbezügen belassen (BVerfGE 87 aaO S. 171; 91, aaO S. 111; FamRZ 1999 aaO S. 292). Letzteres gelte sinngemäû für die Ermittlung des sächlichen Existenzminimums von Kindern (BVerfGE 82, 60, 93 f.), bei denen allerdings nach der neueren Rechtsprechung zusätzlich ab 1. Januar 2000 ein Betreuungsbedarf und ab 1. Januar 2002 auch der Erziehungsbedarf im Rahmen des steuerlichen Existenzminimums der Kinder zu berücksichtigen sei (BVerfGE 99, 216, 233 f., 240 f., 242). Diese Grundsätze werden bei der Festlegung eines Mindestbedarfs teilweise auf das Unterhaltsrecht übertragen (OLG Stuttgart FamRZ 2000, 376; OLG Hamburg FamRZ 2000, 1431; Göppinger/Wax/Strohal aaO Rdn. 362; Kleinle ZfJ 1998, 225; Lipp/Wagenitz aaO § 1612 a Rdn. 13; Luthin FF 1999, 105, 107 m.N.; ders. FamRZ 2001, aaO 335; Rühl/Greûmann aaO Rdn. 58 ff.; Miesen, aaO S. 4 f.), vereinzelt unter Hinweis auf die der Sozialhilfe vorrangige Verwandtenunterhaltspflicht (Graba NJW 2001 aaO S. 251 f.). Dabei werden jedoch die unterschiedliche Struktur und Funktion des zivilrechtlichen Unterhaltsrechts auf der einen Seite sowie des Einkommensteuer- und Sozialhilferechts auf der anderen Seite nicht ausreichend beachtet. Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zum Existenzminimum und zum Familienleistungsausgleich betreffen das Verhältnis des Staates zu seinen Bürgern. Das Bundesverfassungsgericht fordert, daû der verminderten Leistungsfähigkeit der Bürger, die Kindern unterhaltspflichtig sind, durch eine entsprechende steuerliche Entlastung im Vergleich zu kinderlosen Steuerzahlern Rechnung getragen wird. Der sozialhilferechtlich anerkannte Bedarf als dafür entscheidende Bemessungsgröûe ist naheliegend, da diese pauschalierenden Sätze nach dem Verständnis des Sozialstaates und dem Sozialrecht das Existenzminimum zur Sicherung eines menschenwürdigen Daseins si-
chern. Aus den Entscheidungen ergeben sich also in erster Linie Pflichten des Staates, während sich zivilrechtliche Unterhaltsansprüche nach wie vor nach den Regelungen im Verwandtenunterhaltsrecht richten (Wendl/Scholz aaO § 2 Rdn. 127 b). cc) Anders als der im Steuerrecht für alle gleichmäûig festzusetzende, gegenüber dem Zugriff des Staates geschützte Grenzbetrag geht das Unterhaltsrecht von einem individuell zu bemessenden Unterhaltsanspruch aus. Im Verwandtenunterhalt bestimmt sich das Maû des zu gewährenden angemessenen Unterhalts grundsätzlich nach der Lebensstellung des Bedürftigen (§ 1610 Abs. 1 BGB). Jedoch wird Unterhalt nicht geschuldet, soweit der Unterhaltspflichtige bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhalts zur Zahlung auûerstande ist (§ 1603 Abs. 1 BGB). Das Recht des Kindesunterhalts ist dadurch gekennzeichnet , daû minderjährige Kinder ohne Einkünfte keine eigene unterhaltsrechtlich relevante Lebensstellung im Sinne des § 1610 Abs. 2 BGB besitzen. Sie leiten ihre Lebensstellung vielmehr von derjenigen ihrer unterhaltspflichtigen Eltern ab. Wird das Kind von einem Elternteil versorgt und betreut und leistet der andere Teil Barunterhalt, so bestimmt sich die Lebensstellung des Kindes grundsätzlich nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des bar-unterhaltspflichtigen Elternteils. An dieser individuellen Bemessung des zivilrechtlichen Unterhaltsanspruchs hat die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur steuerlichen Freistellung des Existenzminimum nichts geändert. Ist nach diesen unterhaltsrechtlichen, dem § 1610 Abs. 1 BGB zu entnehmenden Grundsätzen der Unterhaltspflichtige (und auch ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter) nicht in der Lage, das sozialhilferechtlich ermittelte Existenzminimum sicherzustellen, so hat insoweit der Staat im Hinblick auf das Sozialstaatsprinzip die notwendigen Leistungen zu erbringen. Soweit
dagegen der Unterhaltspflichtige den Unterhalt selbst sicherstellen kann, ist die Sozialhilfe subsidiär. Im übrigen zeigt die gerichtliche Praxis, daû das sozialhilferechtliche Existenzminimum, das als Bedarf nach der Einkommensgruppe 5 (um berufsbedingte Aufwendungen bereinigtes Nettoeinkommen 1998 bis Juni 2001 mindestens 3.500 DM, ab Juli 2001 mindestens 3720 DM) angesetzt wird, von der Mehrzahl der Barunterhaltspflichtigen nicht geleistet werden kann. Dies wuûte auch der Gesetzgeber, als er auf die Festsetzung eines entsprechenden Mindestbedarfs verzichtete (Gegenäuûerung der Bundesregierung aaO S. 60). dd) Die Rechtsprechung hat zwar an den früher kodifizierten Mindestbedarf eine Reihe von Folgen geknüpft. So konnte etwa im Wege der einstweiligen Verfügung nur der Mindestbedarf als Notunterhalt verlangt werden. Diese Funktion hat jedoch nach dem Inkrafttreten des Kindesunterhaltsgesetzes an Bedeutung verloren (so auch Luthin FamRZ 2001 aaO S. 336). Denn nach § 644 ZPO kann nunmehr im Unterhaltsprozeû und weiterhin während eines Scheidungsverfahrens nach § 620 ZPO Unterhalt im Wege einstweiliger Anordnung und damit ohne die zeitlichen und betragsmäûigen Beschränkungen der einstweiligen Verfügung geltend gemacht werden (OLG Zweibrücken FamRZ 1999, 662). Auch soweit die oberlandesgerichtliche Rechtsprechung bisher den gesetzlich festgelegten Mindestbedarf im Mangelfall als Einsatzbetrag herangezogen hat (vgl. nur Düsseldorfer Tabelle - Stand 1. Januar 1996 - FamRZ 1995, 1323, 1324 unter C.), nötigt dies nicht zu einer Festschreibung des Existenzminimums als Mindestbedarf. Die Ermittlung des zu leistenden Unterhalts mit Hilfe von Einsatzbeträgen, z.B. der Unterhaltsbedarfssätze der Düsseldorfer Tabelle, beruht nicht auf einer mathematisch exakten Rechenope-
ration, die das Gesetz auch in § 1610 Abs. 2, § 1603 Abs. 1 BGB nicht vorsieht. Vielmehr sind die Werte nur Hilfsmittel für die Unterhaltsbemessung. Deshalb ist das mit ihrer Hilfe gewonnene Ergebnis nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalles stets auf seine Angemessenheit und Ausgewogenheit hin zu überprüfen, und zwar gleichgültig, ob es sich um einen Mangelfall handelt oder nicht (Senatsurteil vom 19. Juli 2000, aaO 1493). Die Vorgehensweise für die Berechnung der Unterhaltsansprüche im Mangelfall ist daher von der Festsetzung eines Mindestbedarfs nicht abhängig. Von maûgeblicher Bedeutung war der gesetzliche Mindestbedarf gemäû § 1610 Abs. 3 BGB a.F. allerdings für die Darlegungs- und Beweislast. Da der Regelunterhalt als Mindestbedarf "galt", war eine weitere Darlegung der Bedarfshöhe nicht erforderlich (st.Rspr., vgl. nur Senatsurteil vom 22. Oktober 1997 - XII ZR 278/95 - FamRZ 1998, 357, 359). Nach Aufhebung dieser Vorschrift könnte die allgemeine Darlegungs- und Beweislast für Unterhaltsansprüche eingreifen. Das minderjährige Kind wäre für die bedarfsprägenden Lebensverhältnisse des barunterhaltspflichtigen Elternteils und dessen Leistungsfähigkeit in vollem Umfange darlegungs- und beweispflichtig (so Klinkhardt DAVorm 1998, 655). Dies würde eine Verschlechterung der unterhaltsrechtlichen Position minderjähriger Kinder bedeuten, die der Intention des Gesetzgebers zuwider liefe, der mit dem Kindesunterhaltsgesetz die rechtliche Situation unterhaltsbedürftiger Kinder verbessern wollte. In der Begründung zum Regierungsentwurf wird ausdrücklich darauf hingewiesen, daû in Höhe des Regelunterhalts das Kind von der Darlegungs- und Beweislast für seinen Bedarf sowie für die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten befreit sein solle (BT-Drucks. 13/7338, S. 19). Dieses Ziel ist auch mit der im Regierungsentwurf noch vorgesehenen Formulierung des § 1612 a Abs. 1 Satz 1 BGB-E "Ein minderjähriges Kind kann... den Regelunterhalt verlangen." (RegE aaO
S. 5) zum Ausdruck gekommen. Als in den Beratungen des Rechtsausschusses auf den Anspruch auf Regelunterhalt verzichtet wurde, hat man dessen Funktion für die Darlegungs- und Beweislast übersehen. Der Rechtsausschuû hat ausgeführt, ein materiell rechtlicher Anspruch auf einen das Existenzminimum nicht abdeckenden und nur unter den Gesichtspunkten der Leistungsfähigkeit zu rechtfertigenden Regelunterhalt erscheine zur Verwirklichung der Reformziele nicht erforderlich (Bericht des RA aaO S. 31). Daraus läût sich nur herleiten, daû der Gesetzgeber jedenfalls nicht zu Lasten des Kindes von der bisherigen Rechtslage abweichen und ihm die Beweiserleichterung im Rahmen des Regelbetrages nehmen wollte. Es kann aber nicht geschlossen werden, daû der Gesetzgeber das Kind bis zur Höhe des Existenzminimums vollständig von der Darlegungs- und Beweislast freistellen wollte (im Ergebnis ebenso Eschenbruch/Wohl-gemuth aaO Rdn. 3025). Soweit der bisherige Mindestbedarf als "relative Grenze" für die Berücksichtigung von Drittverbindlichkeiten des Unterhaltsschuldners herangezogen wurde, rechtfertigt und erfordert dies ebenfalls keine Festsetzung eines Mindestbedarfs. Aus § 1603 Abs. 1 BGB ergibt sich, daû es nicht schlechthin ausgeschlossen ist, Verbindlichkeiten des Unterhaltsschuldners bei der Bemessung des Unterhalts zu berücksichtigen. Dies galt vor dem 1. Juli 1998 auch dann, wenn der Mindestunterhalt nach § 1610 Abs. 3 BGB a.F. nicht gewahrt werden konnte (st.Rspr., vgl. nur Senatsurteile vom 9. Mai 1984 - IVb ZR 74/82 - FamRZ 1984, 657, 659 und vom 11. Dezember 1985 - IVb ZR 80/84 - FamRZ 1986, 254, 257). Allerdings war in diesen Fällen die Berücksichtigung von Verbindlichkeiten nur in Ausnahmefällen möglich, insbesondere deshalb, weil den Kindern, denen der Verpflichtete nach § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB verschärft unterhaltspflichtig ist, jegliche Möglichkeit fehlt, durch eigene Anstren-
gungen zur Deckung des notwendigen Unterhaltsbedarfs beizutragen (Senatsurteil vom 18. März 1992 - XII ZR 1/91 - FamRZ 1992, 797, 798). Auch nach Wegfall des Mindestbedarfs hat eine umfassende Interessenabwägung zu erfolgen. Dabei bleiben die in der Rechtsprechung herausgearbeiteten Gesichtspunkte unabhängig vom nicht mehr bestimmten Mindestbedarf von Bedeutung. 3. Auch nach dem 1. Januar 2001 ist ein Mindestbedarf für das Kind gesetzlich nicht festgelegt (so auch OLG Hamm, Urteil vom 9. November 2001 - 12 UF 43/01 -; Heger FamRZ 2001, 1409, 1412; Soyka FamRZ 2001, 740; Wendl/Scholz aaO Nachtrag zu § 2 zu Rdn. 2/127 b; ders. FamRZ 2000, 1541, 1545). Zu diesem Zeitpunkt ist das Gesetz zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung und zur Änderung des Kindesunterhaltsrechts vom 2. November 2000 (BGBl. I 1479) hinsichtlich der unterhaltsrechtlichen Bestimmungen in Kraft getreten. Dadurch wurde § 1612 b Abs. 5 BGB insoweit geändert, als eine Anrechnung des Kindergeldes bereits dann unterbleibt, wenn der Unterhaltspflichtige auûerstande ist, Unterhalt in Höhe von 135 % des Regelbetrages nach der Regelbetrag-Verordnung zu leisten. Daraus wird in Rechtsprechung und Literatur überwiegend gefolgert, daû nunmehr der gesetzliche Mindestbedarf bei 135 % des Regelbetrages nach der Regelbetrag-Verordnung liege (OLG München FamRZ 2002, 52; OLG Stuttgart, 16. Zivilsenat, Urteil vom 6. September 2001 - 16 UF 146/01 -; Gerhardt FamRZ 2001, 73; Graba NJW 2001, aaO 252, 253; Luthin FamRZ 2001, 334, 336; Miesen FF Sonderheft 2001, S. 4 m.N.; Vossenkämper FamRZ 2000, 1547, 1551; Wohlgemuth FamRZ 2001, 742, 744).
a) Den Vertretern dieser Auffassung ist einzuräumen, daû der Gesetzgeber mit der Änderung des § 1612 b Abs. 5 BGB beabsichtigt hat, das Barexi-
stenzminimum des Kindes zu sichern (Bericht des RA BT-Drucks. 14/3781, S. 8). Dies war allerdings nicht der Ausgangspunkt für die erst im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zum Gesetzentwurf zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung vorgenommene Änderung (Bericht des RA aaO S. 6). Vielmehr wurde auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 10. November 1998 (FamRZ 1999, 285 ff.) Bezug genommen, in der es - unabhängig von der Art der Betreuung - den Betreuungsbedarf der Kinder stets als Bestandteil des Existenzminimums angesehen hat (BVerfG FamRZ 1999 aaO S. 288). Ein entsprechender Steuerfreibetrag wurde zum 1. Januar 2000 durch das Familienförderungsgesetz eingeführt. In Ergänzung dazu sollten die Alleinerziehenden nun auch unterhaltsrechtlich entlastet werden. Nur durch eine unterhaltsrechtliche Neuregelung könne sichergestellt werden, daû das Existenzminimum des Kindes nicht nur steuerrechtlich freigestellt, sondern auch Anknüpfungspunkt für die Verteilung bzw. Verwendung des Kindergeldes werde (Bericht des RA aaO S. 7). Eine Regelung, die das hälftige Kindergeld beim Barunterhaltspflichtigen belasse, selbst wenn dieser das Existenzminimum des Kindes noch nicht sichergestellt habe, sei kaum mehr zu rechtfertigen. Um die Unterhaltsberechnung nicht noch weiter zu erschweren, seien 135 % des Regelbetrages als Grenze anzusetzen. Mit diesem Prozentsatz werde an den Barunterhalt in Höhe des Existenzminimums in allen Altersstufen angeknüpft und eine bruchlose Umsetzung der Anwendung der Düsseldorfer Tabelle gewährleistet (Bericht des RA aaO S. 8).
b) Dieser Ausgangspunkt des Gesetzgebers verdeutlicht die bereits im Gesetz angelegte Systematik. § 1612 b BGB regelt allein die Anrechnung staatlicher kindbezogener Leistungen auf den Kindesunterhalt.
Bereits vor Einführung des § 1612 b BGB betraf der Ausgleich des Kindergeldes nach der Rechtsprechung des Senats, an der festgehalten wird, nur das Verhältnis der Ehegatten zueinander und hatte für die Berechnung des Unterhaltsbedarfs des Kindes keine Bedeutung (Senatsurteil vom 16. April 1997, aaO S. 808). Staatliches Kindergeld wird gewährt, um die Unterhaltslast der Eltern gegenüber ihren Kindern zu erleichtern. Diese öffentlich-rechtliche Zweckbestimmung als eine entlastende Leistung darf nicht dadurch in ihr Gegenteil verkehrt werden, daû sie - im Wege einer Zurechnung zum Einkommen des Unterhaltspflichtigen - zu einer Erhöhung des Unterhaltsbedarfs führt (Senatsurteil BGHZ 70, 151, 153). Beim Ausgleichsanspruch eines Ehegatten gegen den anderen handelt es sich um einen Unterfall des von der Rechtsprechung entwickelten besonderen familienrechtlichen Ausgleichsanspruchs (Senatsurteil vom 16. April 1997, aaO S. 809), der nunmehr in § 1612 b BGB kodifiziert ist. Der Ausgleich vollzieht sich aus Vereinfachungsgründen zwar meist über die Unterhaltszahlungen des barunterhaltspflichtigen Elternteils für das Kind. Das ändert jedoch nichts daran, daû es um ein eigenes Recht des jeweiligen Elternteils geht, der den anderen daher auch unmittelbar auf Auszahlung des anteiligen Kindergeldes in Anspruch nehmen kann (Senatsurteile vom 24. Februar 1988 - IVb ZR 29/87 - FamRZ 1988, 607, 609, und vom 11. Mai 1988 - IVb ZR 89/87 - FamRZ 1988, 834, m.N.). Grundsätzlich ordnet § 1612 b Abs. 1 und 2 BGB den hälftigen Ausgleich des Kindergeldes an, der im Wege der Anrechnung auf den Barunterhaltsanspruch erfolgt. Bereits § 1612 b Abs. 5 BGB in der Fassung des Kindesunterhaltsgesetzes sah eine Beschränkung der Anrechnungsmöglichkeit vor, wenn der barunterhaltspflichtige Elternteil nicht den vollen Regelbetrag als Unterhalt leisten konnte. Im Ergebnis wurde der bar-unterhaltspflichtige Elternteil dadurch so gestellt, als habe er das Kinder-
geld in Höhe des nicht angerechneten Teils erhalten und für den Kindesunterhalt verwenden müssen (RegE zum KindUG aaO S. 30).
c) In Kenntnis dieser Rechtsprechung und der Gesetzesgeschichte des Kindesunterhaltsgesetzes hat der Gesetzgeber nur den Ausgleichsanspruch zwischen den Ehegatten geändert. Er hat - wie sich aus der Begründung ergibt - mit der Bezugnahme auf das verfassungsrechtliche Existenzminimum das rechtspolitische Anliegen verfolgt, unterhaltsrechtlich den betreuenden Elternteil zu entlasten (Graba NJW 2001 aaO S. 251). Es ging dem Gesetzgeber nicht um die Festlegung eines Mindestunterhalts der Kinder, auch wenn deren Existenzminimum möglichst gesichert werden soll. Vielmehr hat er eine Frage der Familienleistungsförderung geregelt, indem dem barunterhaltspflichtigen Elternteil zugemutet wird, notfalls seinen Kindergeldanteil zur Unterhaltssicherung einzusetzen. Das Kindergeld soll der Entlastung für tatsächlich erbrachte Unterhaltsleistungen und nicht der Unterstützung weniger zahlungsfähiger Elternteile dienen (Heger aaO S. 1413). Eine Leistung des Staates wird daher in diesen Fällen dem Leistungsempfänger indirekt wieder entzogen. Mit dem zivilrechtlichen Anspruch des Kindes gegen den barunterhaltspflichtigen Elternteil hat dies unmittelbar nichts zu tun (so auch Heger aaO S. 1412; Soyka aaO 740; Scholz aaO S. 1545). Es kann dahinstehen, ob § 1612 b Abs. 5 verfassungsgemäû ist (vgl. zur Problematik nur Vorlagebeschluû des AG Kamenz FamRZ 2001, 1090 ff.; Scholz aaO 1543 f.; weitere Nachweise bei Heger aaO 1409). Das Anliegen des Gesetzgebers, den Barunterhalt des Kindes in Höhe des Existenzminimums möglichst sicherzustellen (vgl. auch BVerfG FamRZ 2001, 541), kann der Anrechnungsbestimmung entnommen werden. Der Festlegung eines entsprechenden Mindestunterhalts bedarf es dazu nicht. § 1612 b Abs. 5 BGB wäre dazu auch systematisch nicht der richtige Ort. Vielmehr würde eine solche Regelung - wie vor Inkrafttreten des Kindesunterhalts-
gesetzes - in den § 1610 BGB gehören. Die Anrechnungsvorschrift des § 1612 b Abs. 5 BGB spiegelt dagegen nur die verfassungsrechtlich gebotene, auf einheitlichen Pauschalbeträgen beruhende Entlastung der unterhaltspflichtigen Eltern wider und regelt den zivilrechtlichen Ausgleich dieses Vorteils zwischen ihnen. In einem Spannungsverhältnis dazu steht der nach § 1610 Abs. 1 BGB am individuellen Einkommen der Eltern ausgerichtete Unterhaltsanspruch des Kindes. Durch das Unterbleiben der Anrechung wird eine Brücke zwischen diesen Polen geschlagen, aber nicht der Individualanspruch zugunsten eines allgemeinen Pauschalbetrages aufgegeben (Heger, aaO S. 1412). Danach durfte das Oberlandesgericht nicht unabhängig vom Einkommen des Beklagten und dessen Verbindlichkeiten ohne weiteres von einem Unterhaltsbedarf der Kinder nach der Einkommensgruppe 5 der Düsseldorfer Tabelle ausgehen, sondern hätte den Bedarf nach dem unterhaltsrelevanten Einkommen ermitteln müssen. Bei vollständiger Berücksichtigung der - für die Revision als ehebedingt unterstellten - Verbindlichkeiten des Beklagten ergäbe sich ein Unterhaltsbedarf der Kinder nach der Einkommensgruppe 3 der Düsseldorfer Tabelle.

B.

Der Senat kann in der Sache nicht abschlieûend entscheiden. Verbindlichkeiten können aufgrund einer umfassenden Interessenabwägung unter Berücksichtigung von Zweck, Art und Umfang der Verbindlichkeit sowie Zeitpunkt und Umstände ihrer Entstehung, teilweise oder vollständig bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs zu berücksichtigen sein. Auf Seiten der Klägerin ist zu bedenken, daû minderjährige Kinder keine Möglichkeit haben,
durch eigene Anstrengungen zur Deckung ihres Unterhaltsbedarfs beizutragen (Senatsurteil vom 25. Oktober 1995, aaO S. 161). Es hat ein angemessener Ausgleich zwischen den Interessen des Unterhaltsgläubigers, des Unterhaltsschuldners und der Drittgläubiger zu erfolgen, gegebenenfalls auch durch eine Streckung der Tilgung (Senatsurteil vom 11. Dezember 1985, aaO S. 257). Da für die Interessenabwägung von entscheidender Bedeutung ist, ob die Verbindlichkeiten ehebedingt sind oder - wie die Klägerin behauptet - allein der Befriedigung der persönlichen Bedürfnissen des Beklagten dienten, hat das Oberlandesgericht zunächst diese Feststellungen zu treffen und sodann die erforderliche Abwägung vorzunehmen. Sollte sich dabei ergeben, daû der Beklagte zur Unterhaltsleistung in einer Höhe verpflichtet ist, die es nicht erlaubt, den angemessenen Selbstbehalt zu wahren, wird bei der Beurteilung, ob die Klägerin anteiligen Barunterhalt zu leisten hat, zu berücksichtigen sein, daû sie unstreitig überwiegend die Finanzierung des Hauses sicherstellt und damit bereits zur Deckung des Wohnbedarfs der Kinder beiträgt. Bei der neuen Entscheidung wird das Gericht auch das zum 1. Januar 2000 auf monatlich 270 DM erhöhte staatliche Kindergeld zu berücksichtigen haben. Hahne Weber-Monecke Wagenitz Ahlt Vézina

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 295/00 Verkündet am:
27. November 2002
Breskic
Justizangestellte
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Der auf Unterhalt bis zur Höhe des Regelbetrags in Anspruch genommene Elternteil
trägt auch dann die Darlegungs- und Beweislast für seine verminderte Leistungsfähigkeit
, wenn der Unterhalt nicht vom Kind, sondern aus übergangenem Recht von
öffentlichen Einrichtungen oder Verwandten geltend gemacht wird (im Anschluß an
Senatsurteil vom 6. Februar 2002 - XII ZR 20/00 - FamRZ 2002, 536, 540).
BGH, Urteil vom 27. November 2002 - XII ZR 295/00 - OLG Dresden
AG Hohenstein-Ernstthal
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 27. November 2002 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die
Richter Gerber, Sprick, Prof. Dr. Wagenitz, und Fuchs

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 10. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Dresden vom 24. August 2000 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger macht auf ihn übergegangene Unterhaltsansprüche gegen den Beklagten geltend. Der Beklagte ist der Vater des 1987 geborenen Kindes Stefan M. , das bei seiner Mutter lebt. Der Kläger leistete in der Zeit vom 2. Februar 1994 bis 31. Dezember 1998 Unterhaltsvorschuß für das Kind in Höhe von insgesamt 15.743,00 DM; von diesem Betrag hat der Kläger wegen verminderter Leistungsfähigkeit des Beklagten 7.400 DM in Abzug gebracht und den sich ergebenden Differenzbetrag von 8.343 DM nebst Zinsen sowie Mahnauslagen mit der vorliegenden Klage geltend gemacht.
Das Amtsgericht – Familiengericht - hat der Klage mit Ausnahme der verlangten Mahnkosten stattgegeben. Die Berufung des Beklagten blieb ohne Erfolg. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klagabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Das Rechtsmittel ist nicht begründet. 1. Die Frage der örtlichen Zuständigkeit des Amtsgerichts, deretwegen das Oberlandesgericht u.a. die Revision zugelassen hat, ist nicht mehr zu prüfen (§ 549 Abs. 2 ZPO a.F. = § 545 Abs. 2 ZPO n.F.; vgl. auch § 512a ZPO a.F. = § 513 Abs. 2 ZPO n.F.; BGH Urteil vom 28. April 1988 - I ZR 27/87 - NJW 1988, 3267, 3268 und Beschluß vom 24. Mai 2000 - III ZR 300/99 - NJW 2000, 2822). Auch die Revision erinnert insoweit zu Recht nichts. 2. Die Klage ist nicht, wie die Revision meint, mangels eines hinreichend bestimmten Antrags unzulässig. Zwar läßt das Begehren des Klägers, der einer verminderten Leistungsfähigkeit des Beklagten durch eine Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs in Höhe von 7.400 DM Rechnung tragen will, nicht erkennen , für welche Monatsraten und in welcher Höhe damit ein Abzug vorgenommen und welcher Betrag demnach für die einzelnen Monate noch geltend gemacht wird. Diese Unklarheit führt jedoch nicht zur Unzulässigkeit der Klage. Der Kläger verlangt für einen in der Vergangenheit liegenden und genau bezeichneten abgeschlossenen Zeitraum Unterhalt in Höhe eines bezifferten Gesamtbetrags ; damit ist dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO Genüge getan. Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn der Kläger
- wie die Revision unterstellt - mit seiner Klage lediglich einen Teilanspruch verfolgen wollte, so daß offenbliebe, auf welche Zeiträume dieser Teilbetrag in welcher Höhe entfiele und für welche Zeiträume folglich künftig noch Unterhalt nachgefordert werden könnte. So liegen die Dinge hier jedoch nicht. Im Unterhaltsrecht spricht, wie der Senat wiederholt entschieden hat, die Vermutung gegen eine Teilklage (vgl. BGHZ 94, 145, 147; Senatsurteil vom 13. Dezember 1989 – IVb ZR 22 / 89 – FamRZ 1990, 863, 864). Für die Annahme einer Teilklage ist deshalb zu fordern, daß der Kläger entweder ausdrücklich einen Unterhaltsteilanspruch geltend macht oder sich wenigstens erkennbar eine Nachforderung von Unterhalt vorbehält. Beides hat der Kläger nicht getan. 3. Das Oberlandesgericht hat festgestellt, daß für den eingeklagten Zeitraum die Ansprüche des Kindes gegen den Beklagten auf den Kläger übergegangen sind. Dagegen hat die Revision nichts eingewandt. Nicht zu beanstanden ist, daß das Oberlandesgericht dem Beklagten die Darlegungs- und Beweislast für seine angeblich verminderte Leistungsfähigkeit auferlegt hat, weil der Kläger Unterhaltsvorschuß nur in Höhe des Mindestunterhalts geleistet habe und vom Beklagten auch nur insoweit aus übergegangenem Recht Unterhalt begehre. Für den Zeitraum vor Juli 1998 ergibt sich dies bereits aus der früheren Fassung des § 1610 Abs. 3 BGB. Danach galt der Regelunterhalt als Mindestbedarf mit der Folge, daß eine weitere Darlegung des Bedarfs des unterhaltsberechtigten Kindes nicht erforderlich war (vgl. etwa Senatsurteil vom 22. Oktober 1997 - XII ZR 278/95 - FamRZ 1998, 357, 359). Die für die Zeit ab dem 1. Juli 1998 geltende Neuregelung durch das Kindesunterhaltsgesetz (vom 6. April 1998 BGBl. I S. 666) hat daran nichts geändert. Zwar ist § 1610 Abs. 3 BGB gestrichen und der Begriff des Regelunterhalts durch den des Regelbetrages in § 1612a BGB ersetzt worden. Mit dieser Neuerung wollte der Gesetzgeber , wie der Senat in seiner - erst nach Erlaß des angefochtenen Urteils ergangenen - Entscheidung vom 6. Februar 2002 (XII ZR 20/00 - FamRZ 2002, 536,
540) ausgeführt hat, aber nicht von der bisherigen Rechtslage zu Lasten des Kindes abweichen und ihm die Beweiserleichterungen im Rahmen des Regelbetrags nehmen. Dies gilt unabhängig davon, ob der Unterhaltsanspruch im Verfahren nach den §§ 645 ff. ZPO geltend gemacht wird und ob das Kind selbst oder - wie hier - das Land aus übergegangenem Recht den Unterhaltsschuldner in Anspruch nimmt. Der gesetzliche Übergang der Unterhaltsforderung des Berechtigten auf öffentliche Einrichtungen - hier nach § 7 UVG - oder auf Verwandte (§ 1607 BGB), die anstelle des in erster Linie verpflichteten Schuldners Unterhalt leisten, dient dazu, die Bereitschaft der Leistenden zu fördern , den Unterhalt vorzuschießen. Entfielen infolge des Forderungsübergangs die dem Kind zugute kommenden Beweiserleichterungen, so minderte dies zum Nachteil des Kindes die Bereitschaft der öffentlichen Einrichtungen oder Verwandten , solche Vorschußleistungen zu erbringen (vgl. Senatsbeschluß vom 26. September 2001 - XII ZR 89/99 - FamRZ 2002, 21, 22). Unter diesem Gesichtspunkt dient die Beibehaltung der bisherigen Darlegungs- und Beweislast auch dann dem Schutz des unterhaltsberechtigten Kindes, wenn nicht dieses selbst, sondern öffentliche Einrichtungen oder Verwandte, die ihm Unterhalt vorgeschossen haben, diesen vom Unterhaltsschuldner einfordern. Da der Kläger Unterhalt auch für den Folgezeitraum von Juli bis Dezember 1998 nur bis zur Höhe des von ihm als Vorschuß geleisteten Regelbetrags geltend macht, mußte er den Unterhaltsbedarf des Kindes nicht näher darlegen. Es oblag viel-
mehr dem Beklagten darzulegen, daß er - auch über den ihm bereits vom Kläger nachgelassenen Abzug hinaus - zur Leistung eines bedarfsdeckenden Unterhalts nicht in der Lage ist. Dem ist der Beklagte nicht nachgekommen.
Hahne Gerber Sprick
Wagenitz Fuchs

(1) Soweit ein Verwandter auf Grund des § 1603 nicht unterhaltspflichtig ist, hat der nach ihm haftende Verwandte den Unterhalt zu gewähren.

(2) Das Gleiche gilt, wenn die Rechtsverfolgung gegen einen Verwandten im Inland ausgeschlossen oder erheblich erschwert ist. Der Anspruch gegen einen solchen Verwandten geht, soweit ein anderer nach Absatz 1 verpflichteter Verwandter den Unterhalt gewährt, auf diesen über.

(3) Der Unterhaltsanspruch eines Kindes gegen einen Elternteil geht, soweit unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 1 anstelle des Elternteils ein anderer, nicht unterhaltspflichtiger Verwandter oder der Ehegatte des anderen Elternteils Unterhalt leistet, auf diesen über. Satz 1 gilt entsprechend, wenn dem Kind ein Dritter als Vater Unterhalt gewährt.

(4) Der Übergang des Unterhaltsanspruchs kann nicht zum Nachteil des Unterhaltsberechtigten geltend gemacht werden.

(1) Die Abkömmlinge sind vor den Verwandten der aufsteigenden Linie unterhaltspflichtig.

(2) Unter den Abkömmlingen und unter den Verwandten der aufsteigenden Linie haften die näheren vor den entfernteren.

(3) Mehrere gleich nahe Verwandte haften anteilig nach ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen. Der Elternteil, der ein minderjähriges Kind betreut, erfüllt seine Verpflichtung, zum Unterhalt des Kindes beizutragen, in der Regel durch die Pflege und die Erziehung des Kindes.

(1) Für die Vergangenheit kann der Berechtigte Erfüllung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung nur von dem Zeitpunkt an fordern, zu welchem der Verpflichtete zum Zwecke der Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs aufgefordert worden ist, über seine Einkünfte und sein Vermögen Auskunft zu erteilen, zu welchem der Verpflichtete in Verzug gekommen oder der Unterhaltsanspruch rechtshängig geworden ist. Der Unterhalt wird ab dem Ersten des Monats, in den die bezeichneten Ereignisse fallen, geschuldet, wenn der Unterhaltsanspruch dem Grunde nach zu diesem Zeitpunkt bestanden hat.

(2) Der Berechtigte kann für die Vergangenheit ohne die Einschränkung des Absatzes 1 Erfüllung verlangen

1.
wegen eines unregelmäßigen außergewöhnlich hohen Bedarfs (Sonderbedarf); nach Ablauf eines Jahres seit seiner Entstehung kann dieser Anspruch nur geltend gemacht werden, wenn vorher der Verpflichtete in Verzug gekommen oder der Anspruch rechtshängig geworden ist;
2.
für den Zeitraum, in dem er
a)
aus rechtlichen Gründen oder
b)
aus tatsächlichen Gründen, die in den Verantwortungsbereich des Unterhaltspflichtigen fallen,
an der Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs gehindert war.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 2 kann Erfüllung nicht, nur in Teilbeträgen oder erst zu einem späteren Zeitpunkt verlangt werden, soweit die volle oder die sofortige Erfüllung für den Verpflichteten eine unbillige Härte bedeuten würde. Dies gilt auch, soweit ein Dritter vom Verpflichteten Ersatz verlangt, weil er anstelle des Verpflichteten Unterhalt gewährt hat.

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a) Rechtlicher Ausgangspunkt für den vom Antragsteller geltend gemachten Regressanspruch ist § 1607 Abs. 3 Satz 2 BGB, wonach der Unterhaltsanspruch eines Kindes gegen einen Elternteil auf einen Dritten übergeht, der als Vater Unterhalt geleistet hat. Der nach dieser Vorschrift übergegangene Anspruch ist mit dem ursprünglichen Unterhaltsanspruch grundsätzlich identisch , so dass er - wie dieser selbst - nach § 195 BGB der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren unterliegt (vgl. OLG Schleswig FamRZ 2007, 2102, 2103; Wendl/Klinkhammer Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 9. Aufl. § 2 Rn. 805; Schwonberg in Eschenbruch/Schürmann/Menne Der Unterhaltsprozess 6. Aufl. Kap. 2 Rn. 1618). Das Gesetz zur Änderung des Erbund Verjährungsrechts vom 24. September 2009 (BGBl. I S. 3142), durch das mit Wirkung zum 1. Januar 2010 die bisherigen Sondervorschriften für die Verjährung familienrechtlicher Ansprüche (§ 197 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 aF BGB) aufgehoben worden sind, hat an dieser Rechtslage nichts geändert.