Bundesgerichtshof Urteil, 27. Nov. 2002 - XII ZR 295/00

bei uns veröffentlicht am27.11.2002

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 295/00 Verkündet am:
27. November 2002
Breskic
Justizangestellte
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Der auf Unterhalt bis zur Höhe des Regelbetrags in Anspruch genommene Elternteil
trägt auch dann die Darlegungs- und Beweislast für seine verminderte Leistungsfähigkeit
, wenn der Unterhalt nicht vom Kind, sondern aus übergangenem Recht von
öffentlichen Einrichtungen oder Verwandten geltend gemacht wird (im Anschluß an
Senatsurteil vom 6. Februar 2002 - XII ZR 20/00 - FamRZ 2002, 536, 540).
BGH, Urteil vom 27. November 2002 - XII ZR 295/00 - OLG Dresden
AG Hohenstein-Ernstthal
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 27. November 2002 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die
Richter Gerber, Sprick, Prof. Dr. Wagenitz, und Fuchs

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 10. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Dresden vom 24. August 2000 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger macht auf ihn übergegangene Unterhaltsansprüche gegen den Beklagten geltend. Der Beklagte ist der Vater des 1987 geborenen Kindes Stefan M. , das bei seiner Mutter lebt. Der Kläger leistete in der Zeit vom 2. Februar 1994 bis 31. Dezember 1998 Unterhaltsvorschuß für das Kind in Höhe von insgesamt 15.743,00 DM; von diesem Betrag hat der Kläger wegen verminderter Leistungsfähigkeit des Beklagten 7.400 DM in Abzug gebracht und den sich ergebenden Differenzbetrag von 8.343 DM nebst Zinsen sowie Mahnauslagen mit der vorliegenden Klage geltend gemacht.
Das Amtsgericht – Familiengericht - hat der Klage mit Ausnahme der verlangten Mahnkosten stattgegeben. Die Berufung des Beklagten blieb ohne Erfolg. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klagabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Das Rechtsmittel ist nicht begründet. 1. Die Frage der örtlichen Zuständigkeit des Amtsgerichts, deretwegen das Oberlandesgericht u.a. die Revision zugelassen hat, ist nicht mehr zu prüfen (§ 549 Abs. 2 ZPO a.F. = § 545 Abs. 2 ZPO n.F.; vgl. auch § 512a ZPO a.F. = § 513 Abs. 2 ZPO n.F.; BGH Urteil vom 28. April 1988 - I ZR 27/87 - NJW 1988, 3267, 3268 und Beschluß vom 24. Mai 2000 - III ZR 300/99 - NJW 2000, 2822). Auch die Revision erinnert insoweit zu Recht nichts. 2. Die Klage ist nicht, wie die Revision meint, mangels eines hinreichend bestimmten Antrags unzulässig. Zwar läßt das Begehren des Klägers, der einer verminderten Leistungsfähigkeit des Beklagten durch eine Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs in Höhe von 7.400 DM Rechnung tragen will, nicht erkennen , für welche Monatsraten und in welcher Höhe damit ein Abzug vorgenommen und welcher Betrag demnach für die einzelnen Monate noch geltend gemacht wird. Diese Unklarheit führt jedoch nicht zur Unzulässigkeit der Klage. Der Kläger verlangt für einen in der Vergangenheit liegenden und genau bezeichneten abgeschlossenen Zeitraum Unterhalt in Höhe eines bezifferten Gesamtbetrags ; damit ist dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO Genüge getan. Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn der Kläger
- wie die Revision unterstellt - mit seiner Klage lediglich einen Teilanspruch verfolgen wollte, so daß offenbliebe, auf welche Zeiträume dieser Teilbetrag in welcher Höhe entfiele und für welche Zeiträume folglich künftig noch Unterhalt nachgefordert werden könnte. So liegen die Dinge hier jedoch nicht. Im Unterhaltsrecht spricht, wie der Senat wiederholt entschieden hat, die Vermutung gegen eine Teilklage (vgl. BGHZ 94, 145, 147; Senatsurteil vom 13. Dezember 1989 – IVb ZR 22 / 89 – FamRZ 1990, 863, 864). Für die Annahme einer Teilklage ist deshalb zu fordern, daß der Kläger entweder ausdrücklich einen Unterhaltsteilanspruch geltend macht oder sich wenigstens erkennbar eine Nachforderung von Unterhalt vorbehält. Beides hat der Kläger nicht getan. 3. Das Oberlandesgericht hat festgestellt, daß für den eingeklagten Zeitraum die Ansprüche des Kindes gegen den Beklagten auf den Kläger übergegangen sind. Dagegen hat die Revision nichts eingewandt. Nicht zu beanstanden ist, daß das Oberlandesgericht dem Beklagten die Darlegungs- und Beweislast für seine angeblich verminderte Leistungsfähigkeit auferlegt hat, weil der Kläger Unterhaltsvorschuß nur in Höhe des Mindestunterhalts geleistet habe und vom Beklagten auch nur insoweit aus übergegangenem Recht Unterhalt begehre. Für den Zeitraum vor Juli 1998 ergibt sich dies bereits aus der früheren Fassung des § 1610 Abs. 3 BGB. Danach galt der Regelunterhalt als Mindestbedarf mit der Folge, daß eine weitere Darlegung des Bedarfs des unterhaltsberechtigten Kindes nicht erforderlich war (vgl. etwa Senatsurteil vom 22. Oktober 1997 - XII ZR 278/95 - FamRZ 1998, 357, 359). Die für die Zeit ab dem 1. Juli 1998 geltende Neuregelung durch das Kindesunterhaltsgesetz (vom 6. April 1998 BGBl. I S. 666) hat daran nichts geändert. Zwar ist § 1610 Abs. 3 BGB gestrichen und der Begriff des Regelunterhalts durch den des Regelbetrages in § 1612a BGB ersetzt worden. Mit dieser Neuerung wollte der Gesetzgeber , wie der Senat in seiner - erst nach Erlaß des angefochtenen Urteils ergangenen - Entscheidung vom 6. Februar 2002 (XII ZR 20/00 - FamRZ 2002, 536,
540) ausgeführt hat, aber nicht von der bisherigen Rechtslage zu Lasten des Kindes abweichen und ihm die Beweiserleichterungen im Rahmen des Regelbetrags nehmen. Dies gilt unabhängig davon, ob der Unterhaltsanspruch im Verfahren nach den §§ 645 ff. ZPO geltend gemacht wird und ob das Kind selbst oder - wie hier - das Land aus übergegangenem Recht den Unterhaltsschuldner in Anspruch nimmt. Der gesetzliche Übergang der Unterhaltsforderung des Berechtigten auf öffentliche Einrichtungen - hier nach § 7 UVG - oder auf Verwandte (§ 1607 BGB), die anstelle des in erster Linie verpflichteten Schuldners Unterhalt leisten, dient dazu, die Bereitschaft der Leistenden zu fördern , den Unterhalt vorzuschießen. Entfielen infolge des Forderungsübergangs die dem Kind zugute kommenden Beweiserleichterungen, so minderte dies zum Nachteil des Kindes die Bereitschaft der öffentlichen Einrichtungen oder Verwandten , solche Vorschußleistungen zu erbringen (vgl. Senatsbeschluß vom 26. September 2001 - XII ZR 89/99 - FamRZ 2002, 21, 22). Unter diesem Gesichtspunkt dient die Beibehaltung der bisherigen Darlegungs- und Beweislast auch dann dem Schutz des unterhaltsberechtigten Kindes, wenn nicht dieses selbst, sondern öffentliche Einrichtungen oder Verwandte, die ihm Unterhalt vorgeschossen haben, diesen vom Unterhaltsschuldner einfordern. Da der Kläger Unterhalt auch für den Folgezeitraum von Juli bis Dezember 1998 nur bis zur Höhe des von ihm als Vorschuß geleisteten Regelbetrags geltend macht, mußte er den Unterhaltsbedarf des Kindes nicht näher darlegen. Es oblag viel-
mehr dem Beklagten darzulegen, daß er - auch über den ihm bereits vom Kläger nachgelassenen Abzug hinaus - zur Leistung eines bedarfsdeckenden Unterhalts nicht in der Lage ist. Dem ist der Beklagte nicht nachgekommen.
Hahne Gerber Sprick
Wagenitz Fuchs

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(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546) beruht oder nach § 529 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. (2) Die Berufung kann nicht darauf gestützt we

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(1) Unterhaltspflichtig ist nicht, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren. (2) Befinden sich Eltern in dieser Lage, so sind sie ihren min

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1610 Maß des Unterhalts


(1) Das Maß des zu gewährenden Unterhalts bestimmt sich nach der Lebensstellung des Bedürftigen (angemessener Unterhalt). (2) Der Unterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf einschließlich der Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf,

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(1) Die Revision wird durch Einreichung der Revisionsschrift bei dem Revisionsgericht eingelegt. Die Revisionsschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Revision gerichtet wird;2.die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Revisi

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1612a Mindestunterhalt minderjähriger Kinder; Verordnungsermächtigung


(1) Ein minderjähriges Kind kann von einem Elternteil, mit dem es nicht in einem Haushalt lebt, den Unterhalt als Prozentsatz des jeweiligen Mindestunterhalts verlangen. Der Mindestunterhalt richtet sich nach dem steuerfrei zu stellenden sächlichen E

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1607 Ersatzhaftung und gesetzlicher Forderungsübergang


(1) Soweit ein Verwandter auf Grund des § 1603 nicht unterhaltspflichtig ist, hat der nach ihm haftende Verwandte den Unterhalt zu gewähren. (2) Das Gleiche gilt, wenn die Rechtsverfolgung gegen einen Verwandten im Inland ausgeschlossen oder erhe

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(1) Unterhaltspflichtig ist nicht, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren.

(2) Befinden sich Eltern in dieser Lage, so sind sie ihren minderjährigen Kindern gegenüber verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden. Den minderjährigen Kindern stehen volljährige unverheiratete Kinder bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres gleich, solange sie im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils leben und sich in der allgemeinen Schulausbildung befinden. Diese Verpflichtung tritt nicht ein, wenn ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter vorhanden ist; sie tritt auch nicht ein gegenüber einem Kind, dessen Unterhalt aus dem Stamme seines Vermögens bestritten werden kann.

(1) Das Maß des zu gewährenden Unterhalts bestimmt sich nach der Lebensstellung des Bedürftigen (angemessener Unterhalt).

(2) Der Unterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf einschließlich der Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf, bei einer der Erziehung bedürftigen Person auch die Kosten der Erziehung.

(1) Ein minderjähriges Kind kann von einem Elternteil, mit dem es nicht in einem Haushalt lebt, den Unterhalt als Prozentsatz des jeweiligen Mindestunterhalts verlangen. Der Mindestunterhalt richtet sich nach dem steuerfrei zu stellenden sächlichen Existenzminimum des minderjährigen Kindes. Er beträgt monatlich entsprechend dem Alter des Kindes

1.
für die Zeit bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahrs (erste Altersstufe) 87 Prozent,
2.
für die Zeit vom siebten bis zur Vollendung des zwölften Lebensjahrs (zweite Altersstufe) 100 Prozent und
3.
für die Zeit vom 13. Lebensjahr an (dritte Altersstufe) 117 Prozent
des steuerfrei zu stellenden sächlichen Existenzminimums des minderjährigen Kindes.

(2) Der Prozentsatz ist auf eine Dezimalstelle zu begrenzen; jede weitere sich ergebende Dezimalstelle wird nicht berücksichtigt. Der sich bei der Berechnung des Unterhalts ergebende Betrag ist auf volle Euro aufzurunden.

(3) Der Unterhalt einer höheren Altersstufe ist ab dem Beginn des Monats maßgebend, in dem das Kind das betreffende Lebensjahr vollendet.

(4) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat den Mindestunterhalt erstmals zum 1. Januar 2016 und dann alle zwei Jahre durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, festzulegen.

(5) (weggefallen)

(1) Die Revision wird durch Einreichung der Revisionsschrift bei dem Revisionsgericht eingelegt. Die Revisionsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Revision gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Revision eingelegt werde.
§ 544 Absatz 8 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Revisionsschrift anzuwenden.

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht.

(2) Die Revision kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen oder verneint hat.

(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546) beruht oder nach § 529 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.

(2) Die Berufung kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat.

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

(1) Das Maß des zu gewährenden Unterhalts bestimmt sich nach der Lebensstellung des Bedürftigen (angemessener Unterhalt).

(2) Der Unterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf einschließlich der Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf, bei einer der Erziehung bedürftigen Person auch die Kosten der Erziehung.

(1) Ein minderjähriges Kind kann von einem Elternteil, mit dem es nicht in einem Haushalt lebt, den Unterhalt als Prozentsatz des jeweiligen Mindestunterhalts verlangen. Der Mindestunterhalt richtet sich nach dem steuerfrei zu stellenden sächlichen Existenzminimum des minderjährigen Kindes. Er beträgt monatlich entsprechend dem Alter des Kindes

1.
für die Zeit bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahrs (erste Altersstufe) 87 Prozent,
2.
für die Zeit vom siebten bis zur Vollendung des zwölften Lebensjahrs (zweite Altersstufe) 100 Prozent und
3.
für die Zeit vom 13. Lebensjahr an (dritte Altersstufe) 117 Prozent
des steuerfrei zu stellenden sächlichen Existenzminimums des minderjährigen Kindes.

(2) Der Prozentsatz ist auf eine Dezimalstelle zu begrenzen; jede weitere sich ergebende Dezimalstelle wird nicht berücksichtigt. Der sich bei der Berechnung des Unterhalts ergebende Betrag ist auf volle Euro aufzurunden.

(3) Der Unterhalt einer höheren Altersstufe ist ab dem Beginn des Monats maßgebend, in dem das Kind das betreffende Lebensjahr vollendet.

(4) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat den Mindestunterhalt erstmals zum 1. Januar 2016 und dann alle zwei Jahre durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, festzulegen.

(5) (weggefallen)

(1) Soweit ein Verwandter auf Grund des § 1603 nicht unterhaltspflichtig ist, hat der nach ihm haftende Verwandte den Unterhalt zu gewähren.

(2) Das Gleiche gilt, wenn die Rechtsverfolgung gegen einen Verwandten im Inland ausgeschlossen oder erheblich erschwert ist. Der Anspruch gegen einen solchen Verwandten geht, soweit ein anderer nach Absatz 1 verpflichteter Verwandter den Unterhalt gewährt, auf diesen über.

(3) Der Unterhaltsanspruch eines Kindes gegen einen Elternteil geht, soweit unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 1 anstelle des Elternteils ein anderer, nicht unterhaltspflichtiger Verwandter oder der Ehegatte des anderen Elternteils Unterhalt leistet, auf diesen über. Satz 1 gilt entsprechend, wenn dem Kind ein Dritter als Vater Unterhalt gewährt.

(4) Der Übergang des Unterhaltsanspruchs kann nicht zum Nachteil des Unterhaltsberechtigten geltend gemacht werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZR 89/99 Verkündet am:
26. September 2001
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
EuGVÜ Art. 5 Nr. 2
Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft wird die Frage zur Vorabentscheidung
vorgelegt, ob sich die öffentliche Hand auf den Gerichtsstand der Unterhaltssachen
des Art. 5 Nr. 2 EuGVÜ berufen kann, wenn sie gesetzlich auf sie übergegangene
Unterhaltsansprüche im Wege des Regresses gegen den Unterhaltspflichtigen
geltend macht.
BGH, Beschluß vom 26. September 2001 - XII ZR 89/99 - OLG München
AG München
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. September 2001 durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Blumenröhr und die Richter Sprick, WeberMonecke
, Fuchs und Dr. Ahlt

beschlossen:
I. Die Entscheidung über die Revision des Klägers wird ausgesetzt. II. Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften wird gemäß Art. 3 des Protokolls vom 3. Juni 1971 betreffend die Auslegung des Übereinkommens vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen durch den Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt : Kann ein Kläger, dessen Behörden einem Auszubildenden nach öffentlichem Recht für eine bestimmte Zeit Ausbildungsförderung bezahlt haben, sich auf die besondere Zuständigkeitsregel des Art. 5 Nr. 2 des Übereinkommens vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen in der Fassung des Übereinkommens vom 26. Mai 1989 über den Beitritt des Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik berufen, wenn er aus gesetzlich übergegangenem Recht den bürgerlich-rechtlichen Unterhaltsanspruch des Auszubildenden gegen dessen Eltern für die Zeit der Zahlung der Ausbildungsförderung als Regreß geltend macht?

Gründe:

I.

Sachverhalt Der Kläger macht gegen den Beklagten aus übergegangenem Recht Unterhaltsansprüche für die am 6. Juni 1975 geborene Julia B. im Wege des Regresses geltend. Der Beklagte ist Niederländer und wohnt in E. /Niederlande. Er war mit einer österreichischen Staatsangehörigen verheiratet und hat durch Vertrag vom 8. Juli 1976 zusammen mit seiner Ehefrau das Kind Julia adoptiert. Das Bezirksgericht L. /Österreich bewilligte die Kindesannahme durch gerichtlichen Spruch vom 30. Juli 1976. Julia B. begann im Schuljahr 1993/1994 eine Ausbildung als pharmazeutisch-technische Assistentin an einer privaten Lehranstalt in M. - . Der Kläger gewährte ihr über das Landratsamt M. ab September 1993 Vorausleistungen zur Ausbildungsförderung. Wegen dieser Zahlungen machte der Kläger für die Zeit vom 1. September 1993 bis 28. Februar 1994 gegen den Beklagten vor dem Amtsgericht M. - einen Regreßanspruch in Höhe von insgesamt 1.980 DM zuzüglich Zinsen geltend. Dieser Rechtsstreit endete mit der rechtskräftigen Verurteilung des Beklagten.
Im vorliegenden Rechtsstreit geht es um die Zeit vom 1. November 1994 bis 31. Juli 1995 und vom 1. September 1995 bis 31. Juli 1996. In diesem Zeitraum hat Julia B. vom Landratsamt M. monatliche Förderleistungen in einer Gesamthöhe von 6.795 DM erhalten. Der Kläger macht geltend , der Unterhaltsanspruch der Auszubildenden gegen den Beklagten sei nach § 37 Abs. 1 Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) auf ihn übergegangen , weshalb der Beklagte ihm die verauslagten Beträge zu ersetzen habe. Der Beklagte rügt vorweg die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte. Darüber hinaus macht er geltend, Julia B. nicht zum Unterhalt verpflichtet zu sein. Denn die 1976 erfolgte Adoption sei nach niederländischem Recht ungültig. Auûerdem könne er schon deswegen keinen Unterhalt leisten, weil er nur das Existenzminimum verdiene. Auch sei er nie gemahnt worden, den geltend gemachten Unterhalt zu bezahlen. Das Amtsgericht verurteilte den Beklagten antragsgemäû zur Zahlung von 6.765 DM zuzüglich der geltend gemachten Zinsen in Höhe von 6 %. Auf die Berufung des Beklagten änderte das Oberlandesgericht [M. - ] das Urteil des Amtsgerichts ab und wies die Klage als unzulässig ab. Denn der Beklagte könne nach Art. 2 Abs. 1 EuGVÜ nur an seinem Wohnsitzgericht verklagt werden. Die Vorschrift des Art. 5 Nr. 2 EuGVÜ sei nicht anwendbar , da sie auf die Begünstigung des typischerweise sozial schwächeren Unterhaltsberechtigten zugeschnitten sei. Diese Voraussetzungen lägen aber beim Kläger nicht vor. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers, mit der er die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils erstrebt. Der Unterhaltsberechtigte bedürfe auch dann des Schutzes des Art. 5 Nr. 2 EuGVÜ, wenn er nicht Partei des Rechtsstreits sei, sondern der Unterhaltsanspruch von einem
öffentlichen Leistungsträger im Wege des Regresses geltend gemacht werde. Auûerdem sei das Gericht am Wohnsitz des Unterhaltsberechtigten auch in diesen Fällen am besten in der Lage, den Unterhaltsbedarf festzustellen. Unterhaltsregreûansprüche unterfielen unabhängig von ihrer Rechtsnatur - selbständig oder abgeleitet - dem EuGVÜ. Folgerichtig müûte dann auch Art. 5 Nr. 2 EuGVÜ angewendet werden. Auch das zum EuGVÜ geschlossene Rechtshilfeabkommen vom 6. November 1990 setze die Anwendung dieser Vorschrift voraus.

II.

Zum geltend gemachten Anspruch Nach § 1602 BGB, sind Eltern ihren Kindern zum Unterhalt verpflichtet. Dieser umfaût nach § 1610 Abs. 2 BGB den ganzen Lebensbedarf einschlieûlich der Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf. Nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz hat ein Auszubildender gegen den zuständigen öffentlichen Leistungsträger Anspruch auf Ausbildungsförderung, wenn die ihm für seinen Lebensunterhalt und seine Ausbildung erforderlichen Mittel anderweitig nicht zur Verfügung stehen. Bei der Berechnung der Höhe der Ausbildungsförderung werden die Unterhaltspflichten der Eltern eines Auszubildenden berücksichtigt. Macht ein Auszubildender glaubhaft, daû die Eltern ihren Unterhaltsbeitrag nicht leisten und ist die Ausbildung gefährdet, so wird ihm auf Antrag nach § 36 Abs. I Satz 1 BAföG nach Anhörung der Eltern Ausbildungsförderung ohne Anrechnung des an sich von den Eltern zu leistenden Unterhaltsbeitrags gewährt. Zu dem dann in Betracht kommenden Übergang
seines Unterhaltsanspruches bestimmt § 37 Abs. 1 BAföG in der für den maûgebenden Zeitraum gültigen Fassung: (1) Hat der Auszubildende für die Zeit, für die ihm Ausbildungsförderung gezahlt wird, nach bürgerlichem Recht einen Unterhaltsanspruch gegen seine Eltern, so geht dieser... mit der Zahlung bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen auf das Land über, jedoch nur soweit auf den Bedarf des Auszubildenden das Einkommen und Vermögen der Eltern nach diesem Gesetz anzurechnen ist ... .

III.

Zur Vorlage an den Europäischen Gerichtshof Die Frage, ob sich der Kläger auf Art. 5 Nr. 2 EuGVÜ berufen kann, ist entscheidungserheblich. Nur wenn diese Vorschrift eingreifen sollte, wären die deutschen Gerichte international zuständig und die Revision begründet. Ansonsten wäre sie als unbegründet zurückzuweisen. Das EuGVÜ in der Fassung des Beitrittsübereinkommens von 1989 ist nach seinem Art. 1 Abs. 1, Satz 1 anwendbar. Zwar haben die Behörden des Klägers Julia B. Ausbildungsförderung nach sozialrechtlichen Vorschriften gewährt. Macht jedoch ein Leistungsträger , wie hier, im Wege des Regresses den auf ihn übergegangenen bürgerlich-rechtlichen Unterhaltsanspruch gegen den Unterhaltsverpflichteten geltend, so liegt zweifellos und, soweit ersichtlich, nach allgemeiner Meinung eine Zivil- und Handelssache im Sinne von Art. 1 Abs. 1 EuGVÜ vor, so daû
der sachliche Anwendungsbereich des Übereinkommens eröffnet ist (vgl. Schlosser-Bericht, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften 1979, Nr. C/71, Rdn. 97; Bülow/Böckstiegel/Auer, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Art. 1 EuGVÜ, Rdn. 21; Zöller-Geimer, ZPO, 22. Aufl., Art. 1 EuGVÜ, Rdn. 15). Nach der Grundregel des Art. 2 Abs. 1 EuGVÜ, auf der die Zuständigkeitsregelung des Abkommens beruht, wäre daher der Beklagte in den Niederlanden zu verklagen, da er dort seinen Wohnsitz hat. Etwas anderes gilt nur, wenn eine Vorschrift des Titels II des EuGVÜ anwendbar ist, die die Zuständigkeit ausdrücklich anders regelt (vgl. EuGH, Urteil vom 13.7.2000, Rs. C412 /98, Group Josi, Slg. 2000, I-5925, Rdn. 34 ff.). Eine von Art. 2 Abs. 1 EuGVÜ abweichende Zuständigkeit der deutschen Gerichte ergibt sich vorliegend jedenfalls nicht aus Art. 18 EuGVÜ. Denn der Beklagte hat sich zwar auf das Verfahren vor den deutschen Gerichten eingelassen. Er hat jedoch vorweg deren internationale Zuständigkeit gerügt. Damit aber ist die in Art. 18 Satz 1 EuGVÜ enthaltene Zuständigkeitsregel nicht anwendbar, ohne daû es auf die hilfsweise Einlassung des Beklagten zur Sache ankommt (vgl. EuGH, Urteil vom 24.6.1981, Rs. 150/80, Elefanten Schuh, Slg. 1981, 1671, Rdn. 14). Zweifelhaft ist jedoch, ob Art. 5 Nr. 2 EuGVÜ zur Anwendung kommt, der ebenfalls eine von Art. 2 Abs. 1 EuGVÜ abweichende Zuständigkeitsregel enthält. Die genannte Sondervorschrift wäre dann anwendbar, wenn Julia B. - ein ihren Unterhaltsanspruch gegen den Beklagten selbst geltend machte. Für die Zuständigkeit würde es dann auch keine Rolle spielen, daû der Be-
klagte die Wirksamkeit der Adoption bestreitet und die Unterhaltsberechtigung Julias für den streitgegenständlichen Zeitraum dem Grunde nach nicht festgestellt ist (vgl. EuGH, Urteil vom 20.3.1997, Rs. C-295/95, Farrell, Slg. 1997, I1683 , Rdn. 22 ff.). Ungeklärt und streitig ist jedoch, ob eine öffentlich-rechtliche Einrichtung sich gleichfalls auf Art. 5 Nr. 2 EuGVÜ berufen kann, wenn sie aus übergegangenem Recht die Unterhaltsansprüche des Berechtigten gegen den Verpflichteten geltend macht. Dies wird einerseits mit dem Argument verneint, daû in diesen Fällen der Schutzzweck des Art. 5 Nr. 2 EuGVÜ, dem Unterhaltsberechtigten als der generell schwächeren Partei die Verfolgung seiner Ansprüche zu erleichtern, nicht erfüllt sei (Schlosser-Bericht, aaO; MünchKomm-ZPO/Gottwald, 2. Aufl., Art. 5 EuGVÜ, Rdn. 32; Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht, Art. 5 EuGVÜ, Rdn. 111). Darüber hinaus wird auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 19.1.1993 in der Rechtssache C-89/91, Shearson Lehman Hutton, Slg. 1993, I-139, verwiesen, wonach ein Kläger, der aus abgetretenem Recht die Forderung eines Verbrauchers einklagt, sich nicht auf die besondere Zuständigkeitsregeln der Art. 13, 14 EuGVÜ für Verbraucher berufen kann. Art. 5 Nr. 2 EuGVÜ sei entsprechend auszulegen (Schlosser, EuGVÜ, Art. 5, Rdn. 13; Kropholler, EuGVÜ, 6. Aufl., Art. 5 Rdn. 48). Andererseits wird die Anwendung der Vorschrift unter Hinweis auf ihren Wortlaut und darauf bejaht, daû sich durch den Rechtsübergang die Rechtsnatur des Anspruchs nicht ändere (vgl. Thomas/Putzo/Hüûtege, ZPO, Art. 5 EuGVÜ, Rdn. 7; Kaye, Civil Jurisdiction and Enforcement of Foreign Judgments, 542; Hartley, Civil Jurisdiction and Judgments, 50 N.32). Weiter wird auf das Übereinkommen zwischen den Mitgliedsstaaten der Europäischen Gemeinschaften über die Vereinfa-
chung der Verfahren zur Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen vom 6. November 1990 (im folgenden "Übereinkommen 1990") hingewiesen, das in seinem Art. 5 Abs. 1 die Anwendbarkeit des Art. 5 Nr. 2 EuGVÜ für Regreûansprüche öffentlicher Einrichtungen voraussetze (vgl. Brückner, Unterhaltsregreû im internationalen Privat- und Verfahrensrecht, 154 ff., 180 ff.). Der Senat neigt der letztgenannten Ansicht zu. Allerdings dürfte sich eine solche Auslegung des Art. 5 Nr. 2 des EuGVÜ schwerlich aus dem nicht in Kraft getretenen Übereinkommen 1990 ergeben, auch wenn dessen Art. 5 Abs. 1 für öffentliche Einrichtungen nur dann praktische Bedeutung hätte, wenn sie sich bei Klageerhebung auf Art. 5 Nr. 2 EuGVÜ berufen könnten. Denn daraus kann nicht geschlossen werden, daû die Verfasser des EuGVÜ Art. 5 Abs. 2 auch auf Regreûansprüche der öffentlichen Hand angewandt wissen wollten. Deren Wille ergibt sich vielmehr aus dem Schlosser-Bericht, der die Anwendung des Art. 5 Nr. 2 EuGVÜ für öffentliche Einrichtungen verneint (vgl. Schlosser-Bericht, aaO). Ebensowenig ist dem Beklagten nach Übergang des Unterhaltsanspruchs auf die öffentliche Hand der in der Grundregel des Art. 2 Abs. 1 EuGVÜ verankerte Schutz, grundsätzlich nur vor den Gerichten seines Wohnsitzstaates verklagt werden zu können, allein mit der praktischen Erwägung zu versagen, die Gerichte am Wohnsitz des Unterhaltsberechtigten seien am besten in der Lage, dessen Unterhaltsbedarf festzustellen. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist bei der Auslegung des EuGVÜ vielmehr in erster Linie seine Systematik und Zielsetzung zu berücksichtigen (vgl. EuGH, Urteil Shearson Lehman Hutton, aaO, Rdn. 13).
Deshalb kann Art. 5 Nr. 2 EuGVÜ als Ausnahme vom allgemeinen Grundsatz des Art. 2 Abs. 1 EuGVÜ zwar nicht erweiternd ausgelegt werden. Dies ist jedoch nicht der Fall, wenn sich auch öffentliche Einrichtungen zur Geltendmachung ihrer Regreûforderungen auf Art. 5 Nr. 2 EuGVÜ berufen können. Denn diese Vorschrift spricht allgemein von Klagen in Unterhaltssachen und fordert ihrem Wortlaut nach nicht, daû der Unterhaltsberechtigte selbst Kläger sein muû. Die Geltendmachung eines Unterhaltsanspruchs durch einen Dritten, auf den der Anspruch übergegangen ist, ist ohne weiteres autonom als Unterhaltssache zu qualifizieren. Weiter ist zu berücksichtigen, daû die Sonderregel des Art. 5 Nr. 2 EuGVÜ den Schutzzweck verfolgt, dem Unterhaltsberechtigten als der generell schwächeren Partei die Prozeûführung zu erleichtern (vgl. EuGH, Urteile Farrell , aaO, Rdn. 19 und Group Josi, aaO, Rdn. 38 f.). Der gesetzliche Übergang der Unterhaltsforderungen des Berechtigten auf öffentliche Einrichtungen oder Verwandte (§ 1607 BGB), die anstelle des in erster Linie verpflichteten Schuldners Zahlungen leisten, dient dazu, die Bereitschaft der Leistenden zu fördern, den Unterhalt vorzuschieûen. Wenn diese aber infolge des Forderungsübergangs die Möglichkeit verlören, ihre Regreûansprüche am Wohnsitz des Unterhaltsberechtigten geltend zu machen, minderte dies, zum Nachteil des Unterhaltsberechtigten , ihre Bereitschaft, solche Vorschüsse zu erbringen. Unter diesem Gesichtspunkt dient es auch dem Schutz des Unterhaltsberechtigten, wenn Regreûansprüche öffentlicher Einrichtungen unter Art. 5 Nr. 2 EuGVÜ fallen, auch wenn diese Einrichtungen selbst des Schutzes des Art. 5 Nr. 2 EuGVÜ offensichtlich nicht bedürfen. Auûerdem verfolgt der Mechanismus, wonach die öffentliche Hand für den säumigen Unterhaltsschuldner den Unterhalt zahlt und der Anspruch des Berechtigten insoweit auf sie übergeht, allgemein das Ziel, den Unterhaltsberechtigten, beziehungsweise seinen gesetzli-
chen Vertreter von der Prozeûführung zu entlasten und die Durchsetzung des Unterhalts im Interesse des Berechtigten sicherzustellen. Wenn die öffentliche Hand ihre Regreûklage dann gegebenenfalls aber im Ausland erheben müûte, könnte dies dazu führen, daû sie ihren Anspruch deswegen auf den Berechtigten zurücküberträgt und diesen zur Klageerhebung drängt. Damit aber entfiele der mit dem genannten Mechanismus verbundene Schutzzweck, was dem Grundgedanken des Art. 5 Nr. 2 EuGVÜ widerspräche, dem Unterhaltsberechtigten die Durchsetzung seiner Ansprüche zu erleichtern. Nach Ansicht des Senats folgt aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache Shearson Lehman Hutton, nicht zwingend, daû Art. 5 Nr. 2 EuGVÜ im Regreûprozeû der öffentlichen Hand nicht angewandt werden kann. Vielmehr schützen Art. 13 und 14 EuGVÜ, wie sich insbesondere aus dem Wortlaut des Art. 14 ("Die Klage des Verbrauchers... die Klage gegen den Verbraucher") ergibt, den Verbraucher nur, soweit er persönlich Kläger oder Beklagter in einem Rechtsstreit ist (vgl. EuGH, aaO, Rdn. 23). Gerade aus der anders lautenden Formulierung in Art. 5 Nr. 2 EuGVÜ, die allgemein auf Unterhaltssachen Bezug nimmt, kann geschlossen werden, daû das EuGVÜ den Unterhaltsberechtigten hingegen auch dann schützen und die Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen auch dann erleichtern will, wenn der Unterhaltsberechtigte den Anspruch nicht selbst einklagt. Insgesamt gesehen läût sich die richtige Auslegung des Art. 5 Nr. 2 EuGVÜ nicht aus der bisherigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs klar ableiten. Vielmehr bleiben bei der Auslegung der Vorschrift vernünftige Zweifel. Der Senat legt daher dem Europäischen Gerichtshof die im Tenor formulierte Auslegungsfrage zur Vorabentscheidung vor. Blumenröhr Sprick Weber-Monecke
Fuchs Ahlt