Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Okt. 2013 - XII ZB 317/13

bei uns veröffentlicht am30.10.2013
vorgehend
Amtsgericht Mannheim, Ha 2 XVII 523/11, 18.01.2013
Landgericht Mannheim, 4 T 25/13, 31.05.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 317/13
vom
30. Oktober 2013
in der Betreuungssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Der Betroffene ist in Betreuungssachen als verfahrensfähig anzusehen, ohne
dass es auf seine Fähigkeit ankommt, einen natürlichen Willen zu bilden.

b) Die Verfahrensfähigkeit umfasst auch die Befugnis, einen Verfahrensbevollmächtigten
zu bestellen.
BGH, Beschluss vom 30. Oktober 2013 - XII ZB 317/13 - LG Mannheim
AG Mannheim
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 30. Oktober 2013 durch den
Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Weber-Monecke, Dr. Günter,
Dr. Botur und Guhling

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen wird der Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Mannheim vom 31. Mai 2013 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen. Beschwerdewert: 3.000 €

Gründe:

I.

1
Für die unter einer schweren Demenz leidende Betroffene bestand seit November 2011 eine Betreuung mit den Aufgabenkreisen der Vermögenssorge, der Gesundheitsfürsorge und der Aufenthaltsbestimmung. Mit Beschluss vom 18. Januar 2013 ist das Amtsgericht der Bitte des als berufsmäßiger Betreuer bestellten Rechtsanwalts O., aus seinem Betreueramt entlassen zu werden, nachgekommen und hat die Beteiligte zu 1 zur neuen Betreuerin bestellt. Zudem hat es für den Aufgabenkreis der Vermögenssorge einen Einwilligungsvorbehalt angeordnet.
2
Hiergegen hat Rechtsanwalt R. ausdrücklich namens und in Vollmacht der Betroffenen Beschwerde eingelegt. Nach Anhörung der Betroffenen hat das Beschwerdegericht die Beschwerde als unzulässig verworfen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Betroffenen.

II.

3
Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet und führt zur Aufhebung der angefochtenen Beschwerdeentscheidung.
4
1. Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, es fehle an einer wirksamen Vollmachterteilung an Rechtsanwalt R. durch die Betroffene. Zwar sei sie ohne Rücksicht auf ihre Geschäftsfähigkeit verfahrensfähig. Für die Erteilung einer Vollmacht sei aber weiter erforderlich, dass sie sich einen eigenen natürlichen Willen zum Gegenstand der Mandatserteilung bilden könne sowie sich gebildet und dann auch artikuliert habe. Dass dies der Fall sei, könne trotz dreier Vollmachten vom 1. Dezember 2011, 3. Februar 2012 und 14. Januar 2013 nicht festgestellt werden.
5
2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die dem Rechtsanwalt R. durch die Betroffene erteilte Verfahrensvollmacht ist wirksam, so dass dieser in zulässiger Weise für die Betroffene die Beschwerde eingelegt hat.
6
a) Gemäß § 275 FamFG ist der Betroffene im Betreuungsverfahren ohne Rücksicht auf seine Geschäftsfähigkeit verfahrensfähig. Die Verfahrensfähigkeit umfasst dabei das gesamte Verfahren, so dass dem Betroffenen insoweit alle Befugnisse eines Geschäftsfähigen zur Verfügung stehen.
7
Die ganz herrschende Meinung leitet daraus auch die grundsätzliche Befugnis des Betroffenen ab, jederzeit selbst einen Verfahrensbevollmächtigten zu bestellen (KG FamRZ 2010, 835; OLG Schleswig FamRZ 2007, 1126; BayObLG BtPrax 2005, 148; BayObLG Beschluss vom 3. März 2004 - 3Z BR 268/03 - juris Rn. 5; OLG Saarbrücken FGPrax 1999, 108, 109; Keidel/Budde FamFG 17. Aufl. § 275 Rn. 5; MünchKommFamFG/SchmidtRecla 2. Aufl. § 275 Rn. 3; Prütting/Helms/Fröschle FamFG 3. Aufl. § 275 Rn. 11; Bork/Jacoby/Schwab/Heiderhoff FamFG 2. Aufl. § 275 Rn. 2; Damrau /Zimmermann Betreuungsrecht 4. Aufl. § 275 FamFG Rn. 5; Knittel Betreuungsrecht [Stand: 1.3.2013] § 275 FamFG Rn. 9; Horndrasch/Viefhues/ Beermann FamFG § 275 Rn. 2; Brosey in Bahrenfuss FamFG § 275 Rn. 2; Schulte-Bunert/Weinreich/Rausch FamFG 3. Aufl. § 275 Rn. 5; Grabow in Holzer FamFG § 275 Rn. 2; BeckOK-FamFG/Günter [Stand: 1.7.2013] § 275 Rn. 2; Heidebach in Haußleiter FamFG § 275 Rn. 3; Jurgeleit/Meier Betreuungsrecht 3. Aufl. § 275 FamFG Rn. 3; HK-BUR/Bauer [Stand: Juli 2011] § 275 Rn. 7; a.A. Prütting/Helms/Roth FamFG 3. Aufl. § 316 Rn. 3 f.). Der Senat teilt diesen Ansatz.
8
Die Norm des § 275 FamFG ersetzt § 66 FGG, der wiederum auf das Gesetz zur Reform des Rechts der Vormundschaft und Pflegschaft für Volljährige (Betreuungsgesetz) vom 12. September 1990 (BGBl. I S. 2002) zurückging. Ein wesentliches Ziel der mit dem Betreuungsgesetz vorgenommenen Änderungen des Gesetzes über die Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit war es, die Rechtsposition des Betroffenen auch im Verfahren zu stärken. In einem fairen Verfahren sollte er eigenständiger Beteiligter und nicht "Verfahrensobjekt" sein. Als Kernstück der Verfahrensvorschriften wurde daher schon in § 66 FGG die Verfahrensfähigkeit des Betroffenen ausdrücklich geregelt und auf alle die Betreuung betreffenden Verfahren ausgedehnt. Damit sollte der Betroffene in die Lage versetzt werden, seinen Willen nach Kräften selbst zu ver- treten, ohne auf Andere, insbesondere gesetzliche Vertreter, angewiesen zu sein (vgl. Senatsbeschluss vom 4. Mai 2011 - XII ZB 632/10 - FamRZ 2011, 1049 Rn. 10; BT-Drucks. 11/4528 S. 89 und 170).
9
Der vom Gesetzgeber verfolgte Zweck einer Stärkung der verfahrensrechtlichen Position des Betroffenen würde ohne die Möglichkeit, selbst einen Verfahrensbevollmächtigten zu bestellen, in vielen Fällen verfehlt. Denn wie schon der Blick auf die in § 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB genannten medizinischen Voraussetzungen der Betreuung verdeutlicht, wird es dem Betroffenen häufig nur mit anwaltlicher Vertretung möglich sein, seine Rechte im Betreuungsverfahren effektiv wahrzunehmen.
10
b) Unterschiedliche Auffassungen werden in Rechtsprechung und Literatur allerdings dazu vertreten, ob die Erteilung einer wirksamen Verfahrensvollmacht durch den Betroffenen zumindest das Vorliegen eines auf die Vertretung durch einen Bevollmächtigten gerichteten natürlichen Willens erfordert.
11
aa) Die Befürworter einer solchen Einschränkung des § 275 FamFG (Prütting/Helms/Fröschle FamFG 3. Aufl. § 275 Rn. 11; HK-BUR/Bauer [Stand: Juli 2011] § 275 FamFG Rn. 8; vgl. auch OLG Saarbrücken FGPrax 1999, 108, 109; wohl auch BayObLG BtPrax 2005, 148 und Beschluss vom 3. März 2004 - 3Z BR 268/03 - juris Rn. 7; unklar Grabow in Holzer FamFG § 275 Rn. 2) verweisen auf die Natur der Vollmachterteilung als Willenserklärung und darauf, dass die gesetzgeberische Vorstellung vom Betroffenen als selbstbestimmtem Verfahrenssubjekt zuweilen nicht verwirklicht werden könne, wenn der Betroffene durch seine Erkrankung jegliche Fähigkeit eingebüßt habe, sich verständlich zu artikulieren, den Sinn und die Folgen seiner Erklärung auch nur ansatzweise zu erkennen oder sich eine wenigstens ungefähre Vorstellung von seiner Lage zu bilden. Die Anerkennung von Äußerungen des Betroffenen als rechtserheb- lich berge dann die Gefahr, den Betroffenen - mehr oder weniger wohlmeinender - privater Herrschaft Dritter zu unterwerfen.
12
bb) Demgegenüber hält die in der Literatur herrschende Meinung (MünchKommFamFG/Schmidt-Recla 2. Aufl. § 275 Rn. 2 und 6; Bork/Jacoby/ Schwab/Heiderhoff FamFG 2. Aufl. § 275 Rn. 3; Knittel Betreuungsrecht [Stand: 1.3.2013] § 275 FamFG Rn. 9; Sonnenfeld in Bienwald/Sonnenfeld/Hoffmann Betreuungsrecht 5. Aufl. § 275 FamFG Rn. 13; Damrau/Zimmermann Betreuungsrecht 4. Aufl. § 275 FamFG Rn. 5; Horndasch/Viefhues/Beermann FamFG § 275 Rn. 3; Bassenge in Bassenge/Roth FamFG 12. Aufl. § 275 Rn. 1; Schulte -Bunert/Weinreich/Rausch FamFG 3. Aufl. § 275 Rn. 5; BeckOKFamFG /Günter [Stand: 1.7.2013] § 275 Rn. 2a; Heidebach in Haußleiter FamFG § 275 Rn. 2; Jurgeleit/Meier 3. Aufl. § 275 FamFG Rn. 4; Schmidt FGPrax 1999, 178, 179; vgl. auch OLG Schleswig FamRZ 2007, 1126) das Erfordernis eines natürlichen Willens für mit Wortlaut und Zweck der Vorschrift unvereinbar und in der Praxis problematisch.
13
c) Die letztgenannte Auffassung ist zutreffend.
14
aa) Nach dem Wortlaut des § 275 FamFG besteht die Verfahrensfähigkeit des Betroffenen uneingeschränkt und ist an keine weiteren Voraussetzungen geknüpft. Den Gesetzesmaterialien lässt sich nichts dazu entnehmen, dass der Gesetzgeber gleichwohl eine Differenzierung etwa nach unterschiedlichen Graden der geistigen Leistungsfähigkeit oder aber nach der Schwere der psychischen und physischen Beeinträchtigungen des Betroffenen vornehmen wollte. Vielmehr ging es ihm darum, die Rolle des Betroffenen als eigenständigem Verfahrensbeteiligten zu sichern (BT-Drucks. 11/4528 S. 89 und 170). Damit trug der Gesetzgeber Art. 1 Abs. 1 GG Rechnung, aus dem folgt, dass niemand zum bloßen Objekt eines ihn betreffenden staatlichen Verfahrens werdendarf (BVerfGE 63, 332, 337).
15
Mit dieser gesetzgeberischen Intention wäre es nicht vereinbar, aus den das Betreuungsverfahren erst auslösenden krankheitsbedingten Beeinträchtigungen der Willensbildungsfähigkeit eines Betroffenen wiederum auf Einschränkungen der Verfahrensfähigkeit - und der daraus folgenden Fähigkeit zur Erteilung einer Verfahrensvollmacht - rückzuschließen. Dies würde § 275 FamFG einen maßgeblichen Teil seiner Wirkung nehmen und zu einer gegenüber der Geschäftsfähigkeit nur wenig erweiterten Verfahrensfähigkeit führen (vgl. Bork/Jacoby/Schwab/Heiderhoff FamFG 2. Aufl. § 275 Rn. 3). Das war jedoch vom Gesetzgeber ersichtlich nicht gewollt.
16
bb) Hinzu kommt, dass es dem Merkmal eines natürlichen Willens in dem von seinen Befürwortern vertretenen Bedeutungsgehalt an der für § 275 FamFG erforderlichen Trennschärfe fehlt (vgl. MünchKommFamFG/SchmidtRecla 2. Aufl. § 275 Rn. 2; Damrau/Zimmermann Betreuungsrecht 4. Aufl. § 275 FamFG Rn. 5; Horndasch/Viefhues/Beermann FamFG § 275 Rn. 3).
17
Grundsätzlich liegt ein (nur) natürlicher Wille vor, wenn es einem Betroffenen an einem der beiden für eine freie Willensbestimmung erforderlichen Elemente, der Einsichtsfähigkeit oder der Fähigkeit, nach dieser Einsicht zu handeln, fehlt (Senatsbeschlüsse vom 9. Februar 2011 - XII ZB 526/10 - FamRZ 2011, 630 Rn. 7 und vom 14. März 2012 - XII ZB 502/11 - FamRZ 2012, 869 Rn. 14). Die im Zusammenhang mit § 275 FamFG verwendeten - zudem uneinheitlichen - Definitionen des "natürlichen Willens" greifen daher teilweise auf Begrifflichkeiten wie "ungefähre Vorstellung" und "ansatzweise" zurück (vgl. dazu Keidel/Budde FamFG 17. Aufl. § 275 Rn. 7 mwN; HKBUR /Bauer [Stand: Juli 2011] § 275 FamFG Rn. 8). Das ist folgerichtig, weil die Unterscheidung zur „einfachen“ Geschäftsunfähigkeit, bei der § 275 FamFG noch Platz greifen soll, nur mittels gradueller Kriterien möglich ist. Diese entziehen sich jedoch weitgehend einer für die gerichtliche Praxis brauchbaren Handhabung.
18
cc) Die von den Befürwortern des Erfordernisses eines natürlichen Willens angeführte Möglichkeit eines Missbrauchs der Befugnis des Betroffenen zur Erteilung einer Verfahrensvollmacht (vgl. insbes. OLG Saarbrücken FGPrax 1999, 108, 109) steht der Annahme einer uneingeschränkten Verfahrensfähigkeit des Betroffenen ebenso wenig entgegen wie die allgemeine Gefahr, dass der Betroffene Verfahrenshandlungen zu seinem Nachteil vornehmen kann.
19
Zum einen schließt die Sollvorschrift des § 276 Abs. 4 FamFG die Bestellung eines Verfahrenspflegers etwa bei Vorliegen eines Interessenkonflikts auch dann nicht aus, wenn der Betroffene durch einen Rechtsanwalt oder einen anderen geeigneten Verfahrensbevollmächtigten vertreten wird (vgl. KG FGPrax 2004, 117; Keidel/Budde FamFG 17. Aufl. § 276 Rn. 15). Zum anderen war dem Gesetzgeber bewusst, dass mit der uneingeschränkten Verfahrensfähigkeit des Betroffenen Probleme einhergehen können (vgl. OLG Schleswig FamRZ 2007, 1126 mwN; ausführlich Sonnenfeld in Bienwald/Sonnenfeld/ Hoffmann Betreuungsrecht 5. Aufl. § 275 FamFG Rn. 9; Jurgeleit/Meier 3. Aufl. § 275 FamFG Rn. 4; MünchKommFamFG/Schmidt-Recla 2. Aufl. § 275Rn. 6). Gleichwohl hat er in § 275 FamFG keine Einschränkungen aufgenommen.
20
d) Von der aus der unbeschränkten Verfahrensfähigkeit folgenden Befugnis des Betroffenen zur Erteilung einer Verfahrensvollmacht ist die Frage zu trennen, ob der Betroffene eine Bevollmächtigungserklärung abgegeben hat. Eine solche ist mündlich, schriftlich oder konkludent möglich. Für den Nachweis gilt § 11 FamFG.
21
e) Die von der Betroffenen an Rechtsanwalt R. erteilte schriftliche Verfahrensvollmacht ist mithin wirksam. Darauf, ob sich - wie die Rechtsbeschwerde rügt - das Beschwerdegericht mit seiner jetzigen Auffassung in Widerspruch zu seinen früheren Ausführungen und insbesondere dazu setzt, dass es in einem Vorverfahren die von der Betroffenen erklärte Beschwerderücknahme für wirksam erachtet hatte, kommt es danach nicht an.
22
3. Der angefochtene Beschluss ist deshalb aufzuheben und das Verfahren an das Landgericht zur Entscheidung in der Sache zurückzuverweisen.
Dose Weber-Monecke Günter Botur Guhling
Vorinstanzen:
AG Mannheim, Entscheidung vom 18.01.2013 - Ha 2 XVII 523/11 -
LG Mannheim, Entscheidung vom 31.05.2013 - 4 T 25/13 -

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Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt oder Notar auftritt. Im Übrigen gelten die §§ 81 bis 87 und 89 der Zivilprozessordnung entsprechend.

10
Die Zustellung an die Betreuerin wirkt indessen nicht gegen den Betroffenen. § 15 Abs. 2 Satz 1 FamFG verweist zwar hinsichtlich der Bekanntgabe durch Zustellung auf die §§ 166 bis 195 ZPO. § 170 Abs. 1 Satz 1 ZPO, nach dem bei nicht prozessfähigen Personen an deren gesetzlichen Vertreter zuzustellen ist, findet auf den Betroffenen im Betreuungsverfahren aber keine Anwendung. Nach § 275 FamFG ist der Betroffene vielmehr ohne Rücksicht auf seine Geschäftsfähigkeit verfahrensfähig. Durch diese Vorschrift, die eine Regelung im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 4 FamFG darstellt und die § 66 FGG entspricht , soll sichergestellt werden, dass Betroffene in allen mit der Betreuung zusammenhängenden Verfahren alle Angriffs- und Verteidigungsmittel selbst vorbringen und von Rechtsmitteln Gebrauch machen können. Dadurch soll die Rechtsposition der Betroffenen im Verfahrensrecht entscheidend verbessert werden (BT-Drucks. 11/4528 S. 170). Da ein Betroffener somit seine Rechte im Betreuungsverfahren aufgrund von § 275 FamFG selbst wahrnehmen kann, muss die Zustellung abweichend von § 170 Abs. 1 Satz 1 ZPO an ihn selbst erfolgen (OLG München BtPrax 2007, 180 - juris Rn. 10; Bork/Jacoby/Schwab/ Heiderhoff FamFG § 275 Rn. 3; Keidel/Budde aaO § 275 Rn. 3; Fröschle in Prütting/Helms FamFG § 275 Rn. 16; Brosey in Bahrenfuss aaO § 275 Rn. 2). Das gilt selbst dann, wenn - wie hier - ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet worden ist (Bork/Jacoby/Schwab/Heiderhoff aaO § 275 Rn. 3; Brosey in Bahrenfuss aaO § 275 Rn. 2). Ohne Einfluss bleibt auch, dass die Betreuerin für den Aufgabenkreis "Entgegennahme, Anhalten und Öffnen der Post" bestellt ist. In seinem Aufgabenkreis vertritt der Betreuer den Betreuten zwar gerichtlich und außergerichtlich (§ 1902 BGB). Eine Zustellung nach § 170 Abs. 1 Satz 1 ZPO an den gesetzlichen Vertreter des Betroffenen scheidet im Betreuungsverfahren nach dem Vorstehenden aber gerade aus.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

7
Dabei ist der Begriff der freien Willensbestimmung im Sinne des § 1896 Abs. 1 a BGB und des § 104 Nr. 2 BGB im Kern deckungsgleich. Die beiden entscheidenden Kriterien sind dabei die Einsichtsfähigkeit des Betroffenen und dessen Fähigkeit, nach dieser Einsicht zu handeln. Fehlt es an einem dieser beiden Elemente, liegt kein freier, sondern ein natürlicher Wille vor. Einsichtsfähigkeit setzt die Fähigkeit des Betroffenen voraus, im Grundsatz die für und wider eine Betreuerbestellung sprechenden Gesichtspunkte zu erkennen und gegeneinander abzuwägen. Dabei dürfen jedoch keine überspannten Anforderungen an die Auffassungsgabe des Betroffenen gestellt werden. Auch der an einem Gebrechen im Sinne des § 1896 Abs. 1 BGB leidende Betroffene kann in der Lage sein, einen freien Willen zu bilden und ihn zu äußern. Abzustellen ist jeweils auf das Krankheitsbild des Betroffenen. So vermag ein an einer Psychose erkrankter Betroffener das Wesen und die Bedeutung einer Betreuung im Detail eher zu begreifen als der an einer Demenz leidende Betroffene. Wichtig ist das Verständnis, dass ein gesetzlicher Vertreter (§ 1902 BGB) bestellt wird, der eigenständige Entscheidungen in den ihm übertragenen Aufgabenbereichen treffen kann. Der Betroffene muss Grund, Bedeutung und Tragweite einer Betreuung intellektuell erfassen können (BT-Drucks. 15/2494 S. 28).
14
Dabei ist der Begriff der freien Willensbestimmung im Sinne des § 1896 Abs. 1 a BGB und des § 104 Nr. 2 BGB im Kern deckungsgleich. Die beiden entscheidenden Kriterien sind dabei die Einsichtsfähigkeit des Betroffenen und dessen Fähigkeit, nach dieser Einsicht zu handeln. Fehlt es an einem dieser beiden Elemente, liegt kein freier, sondern nur ein natürlicher Wille vor. Einsichtsfähigkeit setzt die Fähigkeit des Betroffenen voraus, im Grundsatz die für und wider eine Betreuerbestellung sprechenden Gesichtspunkte zu erkennen und gegeneinander abzuwägen. Dabei dürfen jedoch keine überspannten Anforderun- gen an die Auffassungsgabe des Betroffenen gestellt werden. Auch der an einem Gebrechen im Sinne des § 1896 Abs. 1 BGB leidende Betroffene kann in der Lage sein, einen freien Willen zu bilden und ihn zu äußern. Abzustellen ist jeweils auf das Krankheitsbild des Betroffenen. So vermag ein an einer Psychose erkrankter Betroffener das Wesen und die Bedeutung einer Betreuung im Detail eher zu begreifen als der an einer Demenz leidende Betroffene. Wichtig ist das Verständnis, dass ein gesetzlicher Vertreter (§ 1902 BGB) bestellt wird, der eigenständige Entscheidungen in den ihm übertragenen Aufgabenbereichen treffen kann. Der Betroffene muss Grund, Bedeutung und Tragweite einer Betreuung intellektuell erfassen können (BT-Drucks. 15/2494 S. 28).

(1) Das Gericht hat dem Betroffenen einen geeigneten Verfahrenspfleger zu bestellen, wenn dies zur Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen erforderlich ist. Die Bestellung ist in der Regel erforderlich, wenn

1.
von der persönlichen Anhörung des Betroffenen nach § 278 Abs. 4 in Verbindung mit § 34 Abs. 2 abgesehen werden soll oder
2.
die Bestellung eines Betreuers oder die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts gegen den erklärten Willen des Betroffenen erfolgen soll.

(2) Von der Bestellung kann in den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 abgesehen werden, wenn ein Interesse des Betroffenen an der Bestellung des Verfahrenspflegers offensichtlich nicht besteht. Die Nichtbestellung ist zu begründen.

(3) Der Verfahrenspfleger hat die Wünsche, hilfsweise den mutmaßlichen Willen des Betroffenen festzustellen und im gerichtlichen Verfahren zur Geltung zu bringen. Er hat den Betroffenen über Gegenstand, Ablauf und möglichen Ausgang des Verfahrens in geeigneter Weise zu informieren und ihn bei Bedarf bei der Ausübung seiner Rechte im Verfahren zu unterstützen. Er ist nicht gesetzlicher Vertreter des Betroffenen.

(4) Als Verfahrenspfleger ist eine natürliche Person zu bestellen. Wer Verfahrenspflegschaften im Rahmen seiner Berufsausübung führt, soll nur dann zum Verfahrenspfleger bestellt werden, wenn keine andere geeignete Person zur Verfügung steht, die zur ehrenamtlichen Führung der Verfahrenspflegschaft bereit ist.

(5) Die Bestellung eines Verfahrenspflegers soll unterbleiben oder aufgehoben werden, wenn die Interessen des Betroffenen von einem Rechtsanwalt oder einem anderen geeigneten Verfahrensbevollmächtigten vertreten werden.

(6) Die Bestellung endet, sofern sie nicht vorher aufgehoben wird, mit der Rechtskraft der Endentscheidung oder mit dem sonstigen Abschluss des Verfahrens.

(7) Die Bestellung eines Verfahrenspflegers oder deren Aufhebung sowie die Ablehnung einer derartigen Maßnahme sind nicht selbständig anfechtbar.

(8) Dem Verfahrenspfleger sind keine Kosten aufzuerlegen.

Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt oder Notar auftritt. Im Übrigen gelten die §§ 81 bis 87 und 89 der Zivilprozessordnung entsprechend.