Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Dez. 2014 - XII ZB 232/13

published on 10/12/2014 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Dez. 2014 - XII ZB 232/13
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Amtsgericht Monschau, 6 F 59/12, 30/05/2012
Oberlandesgericht Köln, 12 UF 108/12, 18/04/2013

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB232/13
vom
10. Dezember 2014
in der Familiensache
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. Dezember 2014 durch
den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Schilling, Dr. Günter,
Dr. Nedden-Boeger und Dr. Botur

beschlossen:
Die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens werden den weiteren Beteiligten zu 1 und 2 zu je 1/2 auferlegt. Ihre außergerichtlichen Kosten tragen die weiteren Beteiligten selbst. Der Antrag der Antragsgegnerin auf Verfahrenskostenhilfe wird abgelehnt, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Beschwerdewert: 3.000 €

Gründe:

I.

1
Aus der geschiedenen Ehe der Eltern sind die im März 2006 geborenen Zwillinge hervorgegangen, für die die Eltern zunächst auch die gemeinsame elterliche Sorge innehatten.
2
Auf Antrag des Vaters hat das Amtsgericht ihm die Entscheidungsbefugnis über den Besuch des Religionsunterrichts und des Schulgottesdienstes übertragen. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde der Mutter zurückgewiesen. Die Mutter hat am 10. Mai 2013 Rechtsbeschwerde eingelegt und zu- gleich die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe beantragt. Bereits am 8. Mai 2013 hatte das Amtsgericht in einem anderen Verfahren den Eltern durch einstweilige Anordnung das Sorgerecht entzogen. Mit Beschluss vom 17. November 2014 hat das Amtsgericht entsprechend einer von den Eltern am selben Tag geschlossenen Vereinbarung die elterliche Sorge für die Zwillinge der Mutter übertragen. Hiervon ausgenommen hat das Amtsgericht das Umgangsrecht, das es beiden Elternteilen entzogen hat.
3
Nach Hinweis hat der Verfahrensbevollmächtigte der Mutter das "Beschwerdeverfahren" für erledigt erklärt.

II.

4
1. Nachdem die Mutter das Verfahren für erledigt erklärt hat, ist gemäß § 83 Abs. 2 i.V.m. § 81 FamFG nur noch über die Kosten nach billigem Ermessen zu entscheiden (vgl. Keidel/Sternal FamFG 18. Aufl. § 22 Rn. 34; Keidel/ Zimmermann FamFG 18. Aufl. § 81 Rn. 44 ff.). Dabei erscheint es dem Senat unter Berücksichtigung des Sach- und Streitstandes angemessen, die Kosten im Ergebnis gegeneinander aufzuheben.
5
Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung , zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§ 74 Abs. 7 FamFG).
6
2. Der Antrag auf Verfahrenskostenhilfe ist gemäß § 76 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO zurückzuweisen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung der Mutter keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
7
a) Für die Erfolgsprognose ist jedenfalls der letzte Sach- und Streitstand im Zeitpunkt der Entscheidungsreife maßgebend (vgl. Thomas/Putzo/Seiler ZPO 35. Aufl. § 119 Rn. 4). Die Entscheidungsreife tritt ein, wenn der Gegner innerhalb angemessener Frist Gelegenheit hatte, Stellung zu nehmen (vgl. Zöller/Geimer ZPO 30. Aufl. § 119 Rn. 44).
8
b) Zwar mag im Zeitpunkt der Einlegung der Rechtsbeschwerde am 10. Mai 2013 noch eine Erfolgsaussicht bestanden haben, weil der Beschluss vom 8. Mai 2013 über die vorläufige Entziehung des Sorgerechts der Mutter möglicherweise noch nicht gemäß § 40 Abs. 1 FamFG bekanntgegeben worden ist und damit noch nicht wirksam war.
9
Etwas anderes gilt indes für den Zeitpunkt der Entscheidungsreife. Rechtsbeschwerde und Verfahrenskostenhilfeantrag sind dem Instanzanwalt des Vaters am 17. Mai 2013 zugestellt worden. Legt man eine Stellungnahmefrist von mindestens zwei Wochen zugrunde, ist die Entscheidungsreife frühestens Anfang Juni 2013 eingetreten. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich , dass der nämliche Beschluss der Mutter zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekanntgegeben war.
10
Damit fehlte es im maßgeblichen Zeitpunkt an der gemäß § 76 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO erforderlichen Erfolgsaussicht, weil die Rechtsbeschwerde der Mutter unzulässig geworden ist. Denn mit der Entziehung des Sorgerechts ist die Entscheidung nach § 1628 BGB, die lediglich einen Teilbereich des gemeinsamen Sorgerechts anbelangt, gegenstandslos geworden.
Dose Schilling Günter Nedden-Boeger Botur
Vorinstanzen:
AG Monschau, Entscheidung vom 30.05.2012 - 6 F 59/12 -
OLG Köln, Entscheidung vom 18.04.2013 - II-12 UF 108/12 -
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(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.
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published on 16/11/2018 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZR 171/17 vom 16. November 2018 in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2018:161118BVZR171.17.0 Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. November 2018 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richter
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(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.

(2) Das Gericht soll die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegen, wenn

1.
der Beteiligte durch grobes Verschulden Anlass für das Verfahren gegeben hat;
2.
der Antrag des Beteiligten von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und der Beteiligte dies erkennen musste;
3.
der Beteiligte zu einer wesentlichen Tatsache schuldhaft unwahre Angaben gemacht hat;
4.
der Beteiligte durch schuldhaftes Verletzen seiner Mitwirkungspflichten das Verfahren erheblich verzögert hat;
5.
der Beteiligte einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder über eine sonstige Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung nach § 156 Absatz 1 Satz 3 oder einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einer Beratung nach § 156 Absatz 1 Satz 4 nicht nachgekommen ist, sofern der Beteiligte dies nicht genügend entschuldigt hat.

(3) Einem minderjährigen Beteiligten können Kosten in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, nicht auferlegt werden.

(4) Einem Dritten können Kosten des Verfahrens nur auferlegt werden, soweit die Tätigkeit des Gerichts durch ihn veranlasst wurde und ihn ein grobes Verschulden trifft.

(5) Bundesrechtliche Vorschriften, die die Kostenpflicht abweichend regeln, bleiben unberührt.

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Ergibt die Begründung des angefochtenen Beschlusses zwar eine Rechtsverletzung, stellt sich die Entscheidung aber aus anderen Gründen als richtig dar, ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(3) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Beteiligten gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 71 Abs. 3 und § 73 Satz 2 gerügt worden sind. Die §§ 559, 564 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(4) Auf das weitere Verfahren sind, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts ergeben, die im ersten Rechtszug geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden.

(5) Soweit die Rechtsbeschwerde begründet ist, ist der angefochtene Beschluss aufzuheben.

(6) Das Rechtsbeschwerdegericht entscheidet in der Sache selbst, wenn diese zur Endentscheidung reif ist. Andernfalls verweist es die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Verfahrens zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht oder, wenn dies aus besonderen Gründen geboten erscheint, an das Gericht des ersten Rechtszugs zurück. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(7) Von einer Begründung der Entscheidung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.

(1) Auf die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe finden die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Prozesskostenhilfe entsprechende Anwendung, soweit nachfolgend nichts Abweichendes bestimmt ist.

(2) Ein Beschluss, der im Verfahrenskostenhilfeverfahren ergeht, ist mit der sofortigen Beschwerde in entsprechender Anwendung der §§ 567 bis 572, 127 Abs. 2 bis 4 der Zivilprozessordnung anfechtbar.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Der Beschluss wird wirksam mit Bekanntgabe an den Beteiligten, für den er seinem wesentlichen Inhalt nach bestimmt ist.

(2) Ein Beschluss, der die Genehmigung eines Rechtsgeschäfts zum Gegenstand hat, wird erst mit Rechtskraft wirksam. Dies ist mit der Entscheidung auszusprechen.

(3) Ein Beschluss, durch den auf Antrag die Ermächtigung oder die Zustimmung eines anderen zu einem Rechtsgeschäft ersetzt oder die Beschränkung oder Ausschließung der Berechtigung des Ehegatten oder Lebenspartners, Geschäfte mit Wirkung für den anderen Ehegatten oder Lebenspartner zu besorgen (§ 1357 Abs. 2 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, auch in Verbindung mit § 8 Abs. 2 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), aufgehoben wird, wird erst mit Rechtskraft wirksam. Bei Gefahr im Verzug kann das Gericht die sofortige Wirksamkeit des Beschlusses anordnen. Der Beschluss wird mit Bekanntgabe an den Antragsteller wirksam.

(1) Auf die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe finden die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Prozesskostenhilfe entsprechende Anwendung, soweit nachfolgend nichts Abweichendes bestimmt ist.

(2) Ein Beschluss, der im Verfahrenskostenhilfeverfahren ergeht, ist mit der sofortigen Beschwerde in entsprechender Anwendung der §§ 567 bis 572, 127 Abs. 2 bis 4 der Zivilprozessordnung anfechtbar.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

Können sich die Eltern in einer einzelnen Angelegenheit oder in einer bestimmten Art von Angelegenheiten der elterlichen Sorge, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist, nicht einigen, so kann das Familiengericht auf Antrag eines Elternteils die Entscheidung einem Elternteil übertragen. Die Übertragung kann mit Beschränkungen oder mit Auflagen verbunden werden.