Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Feb. 2016 - V ZB 74/15

ECLI:ECLI:DE:BGH:2016:180216BVZB74.15.0
18.02.2016
vorgehend
Amtsgericht Kleve, 22 XIV 9/14 B, 11.02.2014
Landgericht Kleve, 4 T 577/14, 29.04.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 74/15
vom
18. Februar 2016
in dem Rücküberstellungsverfahren
ECLI:DE:BGH:2016:180216BVZB74.15.0

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. Februar 2016 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterinnen Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Brückner, den Richter Dr. Göbel und die Richterin Haberkamp

beschlossen:
Auf die Rechtsmittel des Betroffenen wird der Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Kleve vom 29. April 2015 aufgehoben und festgestellt, dass die Anordnung der Haft in dem Beschluss des Amtsgerichts Kleve vom 11. Februar 2014 den Betroffenen in seinen Rechten verletzt hat.
Gerichtskosten werden in allen Instanzen nicht erhoben. Die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Betroffenen in allen Instanzen werden der Bundesrepublik Deutschland auferlegt.
Der Gegenstandswert in allen Instanzen beträgt 5.000 €.

Gründe:


I.


1
Der Betroffene wurde am 1. Februar 2014 bei der Einreise aus den Niederlanden nach Deutschland im Rahmen einer Fahrzeugkontrolle ohne gültige Papiere angetroffen und festgenommen. Auf Antrag der beteiligten Behörde wurde gegen ihn zunächst vorläufig Haft zur Sicherung seiner Rücküberstellung nach Bulgarien, wo er Asyl beantragt hatte, angeordnet. Er wurde in die Justizvollzugsanstalt Büren aufgenommen.
2
Auf den weiteren Antrag der beteiligten Behörde hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 11. Februar 2014 Haft zur Sicherung der Rücküberstellung im Hauptsacheverfahren bis zum 26. März 2014 angeordnet. Für den Betroffenen hat sich zunächst ein Dritter mit den Anträgen gemeldet, ihn als Vertrauensperson zuzulassen und die Haft nach § 426 FamFG aufzuheben. Diesen Antrag hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 5. März 2014 zurückgewiesen. Mit einem bei dem Amtsgericht am 10. März 2014 eingegangenen Schriftsatz hat sich sodann eine Rechtsanwältin unter Vorlage einer Vollmacht für den Betroffenen bestellt, gegen die Haftanordnung vom 11. Februar 2014 Beschwerde eingelegt und für den Fall der Haftentlassung beantragt, die Rechtswidrigkeit der Haft festzustellen. Mit einem weiteren Schriftsatz vom 17. März 2014 hat sie sich zur Begründung der Beschwerde vollumfänglich auf die von dem Dritten zuvor vorgelegte Begründung für den Haftaufhebungsantrag bezogen. Der Betroffene ist am 25. März 2014 aus der Haft entlassen worden. Mit Beschluss vom 2. Oktober 2014 hat das Amtsgericht entschieden, der Beschwerde werde nicht abgeholfen, der Feststellungsantrag werde zurückgewiesen. Das Landgericht hat die Beschwerde als unzulässig verworfen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Betroffene seinen Feststellungsantrag weiter.

II.


3
Das Beschwerdegericht hält den Feststellungsantrag für unzulässig. Der Betroffene habe die Feststellung der Rechtswidrigkeit nicht im Beschwerdeverfahren beantragt, sondern zum Gegenstand eines isolierten Antrags gemacht. Dieses Vorgehen sei zwar nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zulässig. Über den Antrag sei im vorliegenden Beschwerdeverfahren aber nicht zu entscheiden, weil das Amtsgericht ihn mit dem Beschluss vom 2. Oktober 2014 zurückgewiesen und der Betroffene dagegen keine Beschwerde eingelegt habe. Er bleibe auch ohne Erfolg, wenn er als Antrag im Beschwerdeverfahren zu verstehen sei. Er sei unter einer Bedingung gestellt und schon deshalb unzulässig. Außerdem sei er mangels Angaben, die eine Identifizierung des Betroffenen erlaubten, insbesondere mangels Angabe des Aufenthaltsorts des Betroffenen, nicht hinreichend bestimmt. Schließlich fehle auch das Feststellungsinteresse. Dieses sei zwar regelmäßig bei Grundrechtseingriffen gegeben. Es könne aber ausnahmsweise fehlen, wenn sich der Betroffene nicht rechtstreu verhalte. So liege es hier. Der Betroffene habe sich unter Verstoß gegen die Meldevorschriften nicht ordnungsgemäß angemeldet.

III.


4
Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung nicht stand.
5
1. Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen ist statthaft und auch sonst zulässig. Sie genügt auch den Formerfordernissen. Zwar hat die Verfahrensbevollmächtigte des Betroffenen dessen aktuelle Anschrift nicht angegeben. Das führte aber nur dann zur Unzulässigkeit des Rechtsmittels, wenn der geordnete Ablauf des Rechtsmittelverfahrens ohne Angabe der ladungsfähigen Anschrift gefährdet ist oder die fehlende Angabe der ladungsfähigen Anschrift Rückschlüsse auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Betroffenen erlaubt (Senat, Beschluss vom 20. November 2014 - V ZB 54/14, InfAuslR 2015, 104 Rn. 5). Diese Ausnahmetatbestände liegen hier nicht vor. Der geordnete Ablauf des Rechtsmittelverfahrens wird durch die fehlende Angabe der Anschrift des Betroffenen nicht beeinträchtigt. Dass und aus welchen Gründen sich der Betroffene mit der Stellung des Antrags rechtsmissbräuchlich verhalten würde, ist nicht erkennbar.
6
2. Das Rechtsmittel ist begründet.
7
a) Die Beschwerde des Betroffenen ist statthaft und auch sonst zulässig.
8
aa) Das Beschwerdeverfahren hat sich zwar mit der Entlassung des Betroffenen aus der Haft am 25. März 2014 in der Hauptsache erledigt. Es konnte aber nach § 62 Abs. 1 FamFG mit einem Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Haftanordnung fortgesetzt werden. Den dazu erforderlichen Antrag hat der Betroffene in zulässiger Weise gestellt.
9
(1) (a) Das Beschwerdegericht meint, der Betroffene habe die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Haftanordnung nicht im Rahmen des Beschwerdeverfahrens beantragt, sondern außerhalb dieses Verfahrens mit einem isolierten Antrag angestrebt. Diese Auslegung betrifft eine Verfahrenshandlung und unterliegt deshalb (dazu: BGH, Urteil vom 18. Juni 1996 - VI ZR 325/95, NJW-RR 1996, 1210, 1211; Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 18. Aufl., § 74 Rn. 48; Prütting/Helms/Abramenko, FamFG, 3. Aufl., § 72 Rn. 13) in vollem Umfang der Nachprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht. Sie ergibt, dass der Be- troffene die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Haftanordnung nicht isoliert, ohne Bezug zu dem Beschwerdeverfahren, sondern in dessen Rahmen für den Fall beantragt hat, dass sich die Hauptsache durch Entlassung aus der Haft erledigen sollte.
10
(b) Der Antrag ist in der Beschwerdeschrift des Betroffenen und „im Fall der Haftentlassung“ „bereits jetzt“ gestellt worden. Die Feststellung der Verlet- zung der Rechte des Betroffenen sollte mithin gleich zu Beginn des Beschwerdeverfahrens für den Fall erfolgen, dass sich dieses durch die Haftentlassung in der Hauptsache erledigt. Für dieses Verständnis spricht, dass im Zweifel dasjenige gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und dem recht verstandenen Interesse des Erklärenden entspricht (BGH, Urteile vom 24. November 1999 - XII ZR 94/98, NJW-RR 2000, 1446, vom 17. Mai 2000 - VIII ZR 210/99, NJW 2000, 3216, 3217 und Beschluss vom 10. Juni 2003 - VIII ZB 126/02, NJW 2003, 3418, 3419). Die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Haft kann nämlich nicht unabhängig von einem Beschwerde - oder Haftaufhebungsverfahren, sondern nur in dessen Rahmen beantragt werden (Senat, Beschlüsse vom 20. Januar 2011 - V ZB 116/10, FGPrax 2011, 143 Rn. 5-8 und vom 24. September 2015 - V ZB 3/15, InfAuslR 2016, 56 Rn. 11). Aus dem von dem Beschwerdegericht zitierten Beschluss des Senats vom 11. Oktober 2012 (V ZB 238/11, FGPrax 2013, 39) folgt nichts anderes. Darin hat der Senat nur entschieden, dass über einen im Beschwerdeverfahren gestellten Antrag nach § 62 FamFG auch dann entschieden werden muss, wenn die Beschwerde Erfolg hat und zur Aufhebung der Haftanordnung führt (aaO Rn. 6).
11
(c) Unschädlich ist, dass das Amtsgericht den Antrag förmlich zurückgewiesen hat. Der Antrag ist Teil des Verfahrens über die Beschwerde des Be- troffenen, der das Amtsgericht nicht abgeholfen und die es deshalb dem Beschwerdegericht vorgelegt hat. Die Zurückweisung betrifft einen nicht gestellten Antrag und ging deshalb ins Leere.
12
(2) Der Zulässigkeit des Antrags steht nicht entgegen, dass er für den Fall der Haftentlassung des Betroffenen gestellt worden ist. Verfahrenshandlungen können zwar im Grundsatz nicht von Bedingungen abhängig gemacht werden (BGH, Urteil vom 19. Januar 1989 - IX ZR 83/88, NJW-RR 1989, 766, 767 f.; MüKoZPO/Rauscher, 4. Aufl., Einl. ZPO Rn. 404). Eine Ausnahme gilt aber für Verfahrensanträge, die von innerprozessualen Bedingungen abhängig gemacht werden (vgl. BGH, Urteile vom 13. Mai 1996 - II ZR 275/94, BGHZ 132, 390, 398 f. und vom 25. März 2003 - X ZR 240/00, BGH-Report 2003, 829 f. und Beschluss vom 11. März 2010 - IX ZB 110/09, NJW-RR 2010, 1199 Rn. 7; Keidel/Sternal, FamFG, 18. Aufl., § 23 Rn. 45a). Dieser Fall liegt hier vor. Der Betroffene hat zwar auf den scheinbar außerprozessualen Umstand seiner Haftentlassung Bezug genommen. Damit hat er aber nur den typischen Fall beschrieben, in dem sich eine Freiheitsentziehungssache in der Hauptsache erledigt. Der Antrag ist deshalb in dem Sinn zu verstehen, dass er für den Fall der Erledigung der Beschwerde in der Hauptsache gestellt werden sollte. Das ist zulässig.
13
(3) Der Antrag ist entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts ferner nicht deshalb unzulässig, weil es an Angaben fehlte, die eine Individualisierung des Betroffenen erlauben, und insbesondere der Aufenthaltsort des Betroffenen nicht angegeben worden ist. Es trifft zwar zu, dass der Antragsteller in einem das Verfahren einleitenden Antrag individualisiert werden muss und dass dies durch die Angabe von Namen, Stand, Gewerbe oder Wohnort und die Anschrift geschehen kann (MüKoFamFG/Ulrici, 2. Aufl., § 23 Rn. 30). Unzutreffend ist aber, dass ein Antrag nach § 23 FamFG oder ein Antrag des Betroffenen im Beschwerdeverfahren nur zulässig sind, wenn sie alle vorgenannten Angaben enthalten, insbesondere den Aufenthaltsort des Betroffenen angeben. Ein das Verfahren einleitender Antrag nach § 23 FamFG, dem im Freiheitsentziehungsverfahren etwa der Antrag des Betroffenen auf Haftaufhebung nach § 426 FamFG entspricht, ist vielmehr zulässig, wenn sich ihm entnehmen lässt, wer Antragsteller ist (Keidel/Sternal, FamFG, 18. Aufl., § 23 Rn. 39; MüKoFamFG/Ulrici, 2. Aufl., § 23 Rn. 28). Auch eine Beschwerde des Betroffenen ist bei Fehlen der Angabe zum Aufenthaltsort nur ausnahmsweise, nämlich dann unzulässig, wenn der geordnete Ablauf des Rechtsmittelverfahrens ohne Angabe der ladungsfähigen Anschrift gefährdet ist oder die fehlende Angabe der ladungsfähigen Anschrift Rückschlüsse auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Betroffenen erlaubt (Senat, Beschluss vom 20. November 2014 - V ZB 54/14, InfAuslR 2015, 104 Rn. 5). Danach führt das Fehlen einer Angabe zum Aufenthaltsort des Betroffenen hier weder zur Unzulässigkeit der Beschwerde noch des darin gestellten Feststellungsantrags. Die Beschwerdeschrift , in der der Antrag enthalten ist, gibt keinen Anlass zu zweifeln, dass sich die Rechtsanwältin für den Betroffenen bestellt und für ihn die Feststellung einer Verletzung seiner Rechte beantragt hat. Ein anderer Antragsteller kam dafür nicht in Betracht; der Dritte hatte einen eigenständigen Haftaufhebungsantrag im Interesse des Betroffenen gestellt, aber gerade keine Beschwerde eingelegt. Zudem befand sich der Betroffene bei Einlegung der Beschwerde, was sich aus dem Haftantrag der beteiligten Behörde und der Haftanordnung des Amtsgerichts ergab, in Sicherungshaft in der Justizvollzugsanstalt Büren. Dass er sich nach seiner Entlassung aus der Haft nicht polizeilich gemeldet hatte, änderte an der Zulässigkeit der Beschwerde und des Feststellungsantrags nichts. Dieser Umstand erschwerte das Beschwerdeverfahren nicht und lässt auch keinen Rückschluss auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Betroffenen zu.
14
(4) Es fehlt schließlich nicht an dem nach § 62 Abs. 1 FamFG erforderlichen Feststellungsinteresse. Das berechtigte Interesse liegt nach § 62 Abs. 2 Nr. 1 FamFG bei schwerwiegenden Grundrechtseingriffen in der Regel vor. Zu diesen Grundrechtseingriffen gehört auch eine rechtswidrige Freiheitsentziehung zur Sicherung der Abschiebung oder Rücküberstellung (vgl. Senat, Beschluss vom 14. Januar 2016 - V ZB 174/14, juris Rn. 6; vgl. auch Senat, Beschluss vom 31. Januar 2013 - V ZB 22/12, BGHZ 196, 118 Rn. 12). Daran ändert es entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts nichts, wenn sich der Betroffene nach seiner Haftentlassung rechtswidrig verhält, etwa - wie möglicherweise hier - gegen eine ausländerrechtliche Meldeauflage oder gesetzliche Meldepflichten verstößt. Der Feststellungsantrag nach § 62 FamFG ermöglicht dem Betroffenen zwar auch, seinen guten Ruf wiederherzustellen (zu diesem Aspekt: BVerfGE 104, 220, 235). Er soll ihm aber unabhängig hiervon eine Möglichkeit geben, sich auch nach ihrer Beendigung gegen die unberechtigte Freiheitsentziehung und den in ihr enthaltenen unberechtigten Vorwurf zur Wehr zu setzen (Senat, Beschluss vom 31. Januar 2013 - V ZB 22/12, BGHZ 196, 118 Rn. 12). Dieses Interesse ist unabhängig von dem konkreten Ablauf des Verfahrens und dem Zeitpunkt der Erledigung der Maßnahme anzuerkennen (Senat, Beschlüsse vom 14. Oktober 2010 - V ZB 78/10, FGPrax 2011, 39 Rn. 12 und vom 11. Oktober 2012 - V ZB 238/11, FGPrax 2013, 39 Rn. 5). Es besteht deshalb auch bei einem späteren rechtswidrigen Verhalten des Betroffenen (Senat, Beschluss vom 14. Januar 2016 - V ZB 174/14, juris Rn. 6).
15
bb) Die Beschwerde ist auch sonst zulässig. Sie genügt insbesondere den Anforderungen des § 64 Abs. 2 FamFG. Sie führt zwar nicht ausdrücklich auf, dass namens des Betroffenen Beschwerde gegen die - mit Datum und Aktenzeichen zutreffend bezeichnete - Haftanordnung eingelegt werden soll. Das ist aber unschädlich, weil sich, wie schon ausgeführt, aus der Beschwerdeschrift und der dieser beigefügten Vollmacht des Betroffenen im Wege der Auslegung ergibt, dass die Beschwerde namens des Betroffenen eingelegt werden sollte, und weil damit die Person des Beschwerdeführers vor Ablauf der Beschwerdefrist zweifelsfrei geklärt werden konnte (vgl. dazu: BGH, Beschluss vom 6. Dezember 2006 - IV ZB 20/06, NJW-RR 2007, 935 Rn. 9; Keidel/Sternal, FamFG, 18. Aufl., § 64 Rn. 25).
16
b) Die Beschwerde ist auch begründet.
17
aa) Jedenfalls in der Hauptsache durfte das Amtsgericht Sicherungshaft nicht anordnen, da abzusehen war, dass die Haft in der Justizvollzugsanstalt Büren und damit unter Verletzung der im Lichte von Art. 16 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2008/115/EG auszulegenden Vorschrift des § 62a Abs. 1 AufenthG vollzogen werden würde (vgl. näher Senat, Beschluss vom 25. Juli 2014 - V ZB 137/14, FGPrax 2014, 230 Rn. 7 bis 10). Diese Richtlinie ist auf die Haft zur Sicherstellung von Rücküberstellungen nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26. Juni 2013 (ABl. Nr. L 180 S. 31 - sog. Dublin-III-Verordnung) ebenfalls anzuwenden (Senat, Beschlüsse vom 20. November 2014 - V ZB 54/14, InfAuslR 2015, 104 Rn. 8 für Dublin-II-Verordnung und vom 3. März 2015 - V ZB 108/14, juris Rn. 1 für Dublin-III-Verordnung). Die einstweilige Anordnung des Amtsgerichts hatte zur Einweisung des Betroffenen in diese Haftanstalt geführt.
18
bb) Die Haft war aber auch deshalb rechtswidrig, weil die von dem Amtsgericht angewandten Haftgründe des § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 5 AufenthG aF für die Inhaftierung des Betroffenen nicht herangezogen werden konnten. Eine Inhaftierung durfte nämlich nach Art. 28 der hier maßgeblichen Dublin-III-Verordnung nur bei einer erheblichen Fluchtgefahr und nur angeordnet werden, wenn diese Fluchtgefahr entsprechend dem Regelungsgebot des Art. 2 Buchst. n dieser Verordnung durch nationale Gesetzesvorschriften näher ausgeformt war. Das war bei Anordnung der Haft nicht der Fall. Der deutsche Gesetzgeber hatte seinerzeit den Regelungsauftrag nicht umgesetzt. Die Haftgründe des hier noch maßgeblichen § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 5 AufenthG aF genügten dem Regelungsgebot nicht (Senat, Beschlüsse vom 26. Juni 2014 - V ZB 31/14, NVwZ 2014, 1397 Rn. 13, 20 und Beschluss vom 22. Oktober 2014 - V ZR 124/14, NVwZ 2015, 607 Rn. 10).

IV.


19
Die Kostenentscheidung folgt aus § 81 Abs. 1, § 83 Abs. 2, § 430 FamFG, Art. 5 EMRK. Der Gegenstandswert bestimmt sich nach § 36 Abs. 3 GNotKG.
Stresemann Schmidt-Räntsch Brückner
Göbel Haberkamp
Vorinstanzen:
AG Kleve, Entscheidung vom 11.02.2014 - 22 XIV 9/14 B -
LG Kleve, Entscheidung vom 29.04.2015 - 4 T 577/14 -

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Feb. 2016 - V ZB 74/15

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Feb. 2016 - V ZB 74/15

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Feb. 2016 - V ZB 74/15 zitiert 12 §§.

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 81 Grundsatz der Kostenpflicht


(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 62 Abschiebungshaft


(1) Die Abschiebungshaft ist unzulässig, wenn der Zweck der Haft durch ein milderes Mittel erreicht werden kann. Die Inhaftnahme ist auf die kürzest mögliche Dauer zu beschränken. Minderjährige und Familien mit Minderjährigen dürfen nur in besonderen

Gerichts- und Notarkostengesetz - GNotKG | § 36 Allgemeiner Geschäftswert


(1) Soweit sich in einer vermögensrechtlichen Angelegenheit der Geschäftswert aus den Vorschriften dieses Gesetzes nicht ergibt und er auch sonst nicht feststeht, ist er nach billigem Ermessen zu bestimmen. (2) Soweit sich in einer nichtvermögensrec

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 62 Statthaftigkeit der Beschwerde nach Erledigung der Hauptsache


(1) Hat sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt, spricht das Beschwerdegericht auf Antrag aus, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn der Beschwerdeführ

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 83 Kostenpflicht bei Vergleich, Erledigung und Rücknahme


(1) Wird das Verfahren durch Vergleich erledigt und haben die Beteiligten keine Bestimmung über die Kosten getroffen, fallen die Gerichtskosten jedem Teil zu gleichen Teilen zur Last. Die außergerichtlichen Kosten trägt jeder Beteiligte selbst. (

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 64 Einlegung der Beschwerde


(1) Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Beschluss angefochten wird. Anträge auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für eine beabsichtigte Beschwerde sind bei dem Gericht einzulegen, dessen Beschluss angefochten werden soll. (

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 430 Auslagenersatz


Wird ein Antrag der Verwaltungsbehörde auf Freiheitsentziehung abgelehnt oder zurückgenommen und hat das Verfahren ergeben, dass ein begründeter Anlass zur Stellung des Antrags nicht vorlag, hat das Gericht die Auslagen des Betroffenen, soweit sie zu

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 62a Vollzug der Abschiebungshaft


(1) Die Abschiebungshaft wird grundsätzlich in speziellen Hafteinrichtungen vollzogen. Sind spezielle Hafteinrichtungen im Bundesgebiet nicht vorhanden oder geht von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rech

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 426 Aufhebung


(1) Der Beschluss, durch den eine Freiheitsentziehung angeordnet wird, ist vor Ablauf der nach § 425 Abs. 1 festgesetzten Frist von Amts wegen aufzuheben, wenn der Grund für die Freiheitsentziehung weggefallen ist. Vor der Aufhebung hat das Gericht d

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 23 Verfahrenseinleitender Antrag


(1) Ein verfahrenseinleitender Antrag soll begründet werden. In dem Antrag sollen die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angegeben sowie die Personen benannt werden, die als Beteiligte in Betracht kommen. Der Antrag soll in geeignete

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Feb. 2016 - V ZB 74/15 zitiert oder wird zitiert von 19 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Feb. 2016 - V ZB 74/15 zitiert 11 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Jan. 2016 - V ZB 174/14

bei uns veröffentlicht am 14.01.2016

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZB 174/14 vom 14. Januar 2016 in der Abschiebungshaftsache ECLI:DE:BGH:2016:140116BVZB174.14.0 Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. Januar 2016 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richt

Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Okt. 2010 - V ZB 78/10

bei uns veröffentlicht am 14.10.2010

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZB 78/10 vom 14. Oktober 2010 in der Abschiebungshaftsache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja FamFG § 62 Abs. 1; AsylVfG § 55 Abs. 1 Satz 3; Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 200

Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Okt. 2012 - V ZB 238/11

bei uns veröffentlicht am 11.10.2012

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZB 238/11 vom 11. Oktober 2012 in der Abschiebungshaftsache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja FamFG §§ 58, 62, 426 Hat ein sich in Abschiebungshaft befindlicher Ausländer die Beschwerde gegen di

Bundesgerichtshof Beschluss, 31. Jan. 2013 - V ZB 22/12

bei uns veröffentlicht am 31.01.2013

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZB 22/12 vom 31. Januar 2013 in der Abschiebungshaftsache Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja FamFG § 62 Einen Feststellungsantrag nach § 62 FamFG kann nur der Betroffene, nicht die beteiligte Be

Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Dez. 2006 - IV ZB 20/06

bei uns veröffentlicht am 06.12.2006

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IV ZB 20/06 vom 6. Dezember 2006 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein _____________________ ZPO §§ 519 Abs. 2, 522 Abs. 1 Satz 2 Eine Berufung darf nicht mehr wegen Mängel bei den Formerfordernissen d

Bundesgerichtshof Beschluss, 03. März 2015 - V ZB 108/14

bei uns veröffentlicht am 03.03.2015

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZB 108/14 vom 3. März 2015 in der Überstellungshaftsache Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 3. März 2015 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterin Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und die Richt

Bundesgerichtshof Beschluss, 11. März 2010 - IX ZB 110/09

bei uns veröffentlicht am 11.03.2010

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IX ZB 110/09 vom 11. März 2010 in dem Insolvenzverfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja InsO §§ 13, 20 Abs. 2, § 287 Abs. 1 Einem Schuldner ist es verwehrt, sich gegen den Antrag eines Gläubigers

Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Sept. 2015 - V ZB 3/15

bei uns veröffentlicht am 24.09.2015

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZB 3/15 vom 24. September 2015 in der Abschiebungshaftsache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja FamFG § 62 Abs. 1, § 426 Abs. 2 Ein Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Haftanordnun

Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Nov. 2014 - V ZB 54/14

bei uns veröffentlicht am 20.11.2014

Tenor Auf die Rechtsbeschwerde wird festgestellt, dass der Beschluss des Amtsgerichts Krefeld vom 28. Januar 2014 und der Beschluss der 7. Zivilkammer des Landgerichts Krefeld vom 13. März 2014 den

Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Juli 2014 - V ZB 137/14

bei uns veröffentlicht am 25.07.2014

Tenor Die Vollziehung der mit Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 8. Mai 2014 gegen den Betroffenen angeordneten und durch Beschluss der 39. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 27. Juni 2014 aufr

Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Juni 2014 - V ZB 31/14

bei uns veröffentlicht am 26.06.2014

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZB 31/14 vom 26. Juni 2014 in der Überstellungshaftsache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (Dublin-III-Ver
8 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Feb. 2016 - V ZB 74/15.

Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Mai 2019 - V ZB 12/18

bei uns veröffentlicht am 09.05.2019

Berichtigt durch Beschluss vom 22. August 2019 Langendörfer-Kunz Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZB 12/18 vom 9. Mai 2019 in der Abschiebungshaftsache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BG

Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Aug. 2019 - V ZB 174/17

bei uns veröffentlicht am 21.08.2019

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZB 174/17 vom 21. August 2019 in der Abschiebungshaftsache ECLI:DE:BGH:2019:210819BVZB174.17.0 Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. August 2019 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richt

Bundesgerichtshof Beschluss, 17. März 2016 - V ZB 75/15

bei uns veröffentlicht am 17.03.2016

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZB 75/15 vom 17. März 2016 in der Rücküberstellungshaftsache ECLI:DE:BGH:2016:170316BVZB75.15.0 Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. März 2016 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, d

Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Aug. 2019 - V ZB 179/17

bei uns veröffentlicht am 22.08.2019

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZB 179/17 vom 22. August 2019 in der Abschiebungshaftsache ECLI:DE:BGH:2019:220819BVZB179.17.0 Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. August 2019 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richt

Referenzen

(1) Der Beschluss, durch den eine Freiheitsentziehung angeordnet wird, ist vor Ablauf der nach § 425 Abs. 1 festgesetzten Frist von Amts wegen aufzuheben, wenn der Grund für die Freiheitsentziehung weggefallen ist. Vor der Aufhebung hat das Gericht die zuständige Verwaltungsbehörde anzuhören.

(2) Die Beteiligten können die Aufhebung der Freiheitsentziehung beantragen. Das Gericht entscheidet über den Antrag durch Beschluss.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde wird festgestellt, dass der Beschluss des Amtsgerichts Krefeld vom 28. Januar 2014 und der Beschluss der 7. Zivilkammer des Landgerichts Krefeld vom 13. März 2014 den Betroffenen bis zum 17. März 2014 in seinen Rechten verletzt haben.

Gerichtskosten werden in allen Instanzen nicht erhoben. Die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Betroffenen in allen Instanzen werden der Bundesrepublik Deutschland auferlegt.

Der Gegenstandswert in allen Instanzen beträgt 5.000 €.

Gründe

I.

1

Der Betroffene, ein russischer Staatsangehöriger, reiste am 20. Januar 2014 aus den Niederlanden nach Deutschland ein und führte lediglich eine italienische Carta d'Identità (Identitätsausweis), die nach ihrem Aufdruck auf der Rückseite nicht für die Ausreise gilt, und einen italienischen Permesso di Soggiorno (Aufenthaltserlaubnis) bei sich. Eine Recherche in dem EURODAC-Register ergab, dass er im März 2011 in Belgien und im Juni 2011 in Italien Asyl beantragt hatte. Die belgischen Behörden teilten auf Nachfrage mit, dass der Betroffene von dort nach Italien zurückgeführt worden sei. Das Amtsgericht ordnete im Wege der einstweiligen Anordnung gegen den Betroffenen Haft zur Sicherung der Zurückschiebung bis zum 23. Februar 2014 an, die in der Justizvollzugsanstalt Büren vollzogen wurde.

2

Mit Beschluss vom 28. Januar 2014 hat das Amtsgericht im Hauptsacheverfahren gegen den Betroffenen Haft zur Sicherung der Zurückschiebung bis zum 20. März 2014 angeordnet. Die Beschwerde hat das Landgericht mit Beschluss vom 13. März 2014 zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Betroffene mit der Rechtsbeschwerde, nach seiner Zurückschiebung nach Italien am 17. März 2014 mit dem Antrag, die Rechtswidrigkeit der Haft festzustellen, soweit sie vollzogen worden ist.

II.

3

Das Beschwerdegericht hält die Anordnung der Haft für rechtmäßig. Ihr stehe insbesondere nicht entgegen, dass sie in der Justizvollzugsanstalt Büren vollzogen werde. Dort werde zwar auch Strafhaft vollzogen. Das sei aber nach § 62a AufenthG nicht zu beanstanden, da es in Nordrhein-Westfalen keine speziellen Abschiebungshafteinrichtungen gebe. Unerheblich sei auch, dass in dieser Justizvollzugsanstalt Betroffene, die einen Asylantrag gestellt hätten, nicht von solchen getrennt würden, die einen solchen Antrag nicht gestellt hätten. Eine solche Vorgabe folge zwar aus Art. 10 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 2013/33/EU (ABl. Nr. L 180 S. 96). Die Frist zu deren Umsetzung sei aber noch nicht abgelaufen.

III.

4

Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung im Ergebnis nicht stand.

5

1. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig. Die Rechtsbeschwerdeschrift enthält zwar keine aktuelle ladungsfähige Anschrift des Betroffenen. Diese Angabe ist aber keine Voraussetzung für die Zulässigkeit des Rechtsmittels (BGH, Urteile vom 9. Dezember 1987 - IVb ZR 4/87, BGHZ 102, 332, 333 f. und vom 11. Oktober 2005 - XI ZR 398/04, NJW 2005, 3773 sowie Beschluss vom 1. April 2009 - XII ZB 46/08, NJW-RR 2009, 1009 Rn. 10). Etwas anderes kommt nur in Betracht, wenn ohne die Angabe der ladungsfähigen Anschrift der geordnete Ablauf des Rechtsmittelverfahrens gefährdet ist oder wenn die fehlende Angabe der ladungsfähigen Anschrift Rückschlüsse auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Betroffenen erlaubt, etwa darauf, dass er das Verfahren aus dem Verborgenen führen will, um sich Ansprüchen gegen ihn zu entziehen (BGH, Beschluss vom 1. April 2009 - XII ZB 46/08, NJW-RR 2009, 1009 Rn. 13, 18 f.). Für das Vorliegen solcher Ausnahmen ist hier nichts ersichtlich.

6

2. Das Rechtsmittel ist auch begründet.

7

a) Die Haftanordnung des Amtsgerichts und ihre Aufrechterhaltung durch das Beschwerdegericht haben den Betroffenen jedenfalls deshalb in seinen Rechten verletzt, weil abzusehen war, dass die Haft in der Justizvollzugsanstalt Büren und damit unter Verletzung der im Lichte von Art. 16 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2008/115/EG auszulegenden Vorschrift des § 62a Abs. 1 AufenthG vollzogen werden würde (vgl. näher Senat, Beschluss vom 25. Juli 2014 - V ZB 137/14, FGPrax 2014, 230 Rn. 7 bis 10).

8

b) Die Vorgaben der Richtlinie sind auch für Rücküberstellungen nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26. Juni 2013 (ABl. Nr. L 180 S. 31 - sog. Dublin-III-Verordnung) einzuhalten. Die Bedingungen für die Inhaftierung von Betroffenen zur Sicherung solcher Rücküberstellungen richten sich zwar gemäß Art. 28 Abs. 4 der Dublin-III-Verordnung nach den Art. 9, 10 und 11 der Richtlinie 2013/33/EU, die nach ihrem Art. 31 Abs. 1 bis zum 20. Juli 2015 umzusetzen ist. Das bedeutet aber nicht, dass die Vorgaben der Art. 15 Abs. 1, Art. 16 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2008/115/EG bis dahin bei Rücküberstellungen nicht einzuhalten wären. Diese gelten zwar nur für die Inhaftierung zur Sicherung einer Rückkehr in das Heimatland. Eine Rücküberstellung in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union (sowohl nach der Dublin-II-Verordnung als auch nach der Dublin-III-Verordnung) wird aber in Art. 6 Abs. 2 dieser Richtlinie einer Rückkehr in das Heimatland gleichgestellt. Die Vorgaben der Richtlinie 2008/115/EG sind deshalb bis zum Ablauf der Frist für die Umsetzung der Richtlinie 2013/33/EU auch bei Rücküberstellungen einzuhalten. Das ist hier nicht geschehen und führt zur Rechtswidrigkeit der Haft.

9

c) Die richtlinienkonforme Unterbringung hat das Rechtsbeschwerdegericht unabhängig von einer Rüge des Betroffenen zu prüfen, weil dies eine materielle Voraussetzung für die Anordnung von Sicherungshaft betrifft und weil die gebotene möglichst wirksame Anwendung des Rechts der Union (effet utile) anders nicht zu erreichen ist. Die Anwendung der genannten Vorschrift steht auch nicht zur Disposition des Betroffenen oder anderer Beteiligter (EuGH, Urteil vom 17. Juli 2014 - Rs. C-474/13 - Pham, ECLI:EU:C:2014:2096 Rn. 22 f.; Senat, Beschluss vom 25. September 2014 - V ZB 144/12, juris Rn. 6).

10

3. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 74 Abs. 7 FamFG).

Stresemann                           Schmidt-Räntsch                            Czub

                       Weinland                                       Kazele

(1) Hat sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt, spricht das Beschwerdegericht auf Antrag aus, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn der Beschwerdeführer ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat.

(2) Ein berechtigtes Interesse liegt in der Regel vor, wenn

1.
schwerwiegende Grundrechtseingriffe vorliegen oder
2.
eine Wiederholung konkret zu erwarten ist.

(3) Hat der Verfahrensbeistand oder der Verfahrenspfleger die Beschwerde eingelegt, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

11
(2) Die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Haftanordnung im Rahmen eines Haftaufhebungsverfahrens vor dem Amtsgericht gemäß § 426 Abs. 2 Satz 1 FamFG scheidet zum anderen insgesamt aus mit der Folge der Unzulässigkeit des gesamten Feststellungsantrags, wenn die Haftentlassung und damit die Erledigung bereits vor Eingang des Aufhebungsantrags beim Amtsgericht erfolgt war. Mangels einer aufzuhebenden Entscheidung fehlt es an einem Rechtsschutzinteresse des Betroffenen für die Durchführung dieses Verfahrens. Deshalb kommt auch eine Verfahrensfortsetzung durch Stellung eines Feststellungsantrags gemäß § 62 Abs. 1 FamFG nicht in Betracht. Dies ist auch verfassungsrechtlich (Art. 19 Abs. 4 GG) unbedenklich, weil es dem Betroffenen zumutbar ist, die Rechtmäßigkeit der Maßnahme im Rahmen einer - allerdings fristgerecht einzureichenden - Beschwerde überprüfen zu lassen (vgl. Senat, Beschluss vom 20. Januar 2011 - V ZB 116/10, FGPrax 2011, 143 Rn. 8 zu der Unzulässigkeit eines isolierten Feststellungsantrags an das Amtsgericht nach Erledigung eines Verfahrens gemäß § 427 FamFG). Dies ist auch bei einer Erledigung vor Einlegung der Beschwerde möglich (Senat, Beschluss vom 6. Oktober 2011 - V ZB 314/10, FGPrax 2012, 211 Rn. 7).
5
1. Das Beschwerdegericht hat den Antrag des Betroffenen, analog § 62 FamFG die Rechtswidrigkeit des die Abschiebungshaft anordnenden Beschlusses des Amtsgerichts festzustellen, zu Unrecht als unzulässig verworfen.

(1) Hat sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt, spricht das Beschwerdegericht auf Antrag aus, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn der Beschwerdeführer ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat.

(2) Ein berechtigtes Interesse liegt in der Regel vor, wenn

1.
schwerwiegende Grundrechtseingriffe vorliegen oder
2.
eine Wiederholung konkret zu erwarten ist.

(3) Hat der Verfahrensbeistand oder der Verfahrenspfleger die Beschwerde eingelegt, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

7
a) Als Prozesshandlungen sind Anträge auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach den allgemeinen Regeln grundsätzlich bedingungsfeindlich (BGHZ 167, 190, 194 Rn. 12; OLG Köln ZIP 2000, 2031, 2033; Graf-Schlicker/ Fuchs, InsO 2. Aufl. § 13 Rn. 2; HK-InsO/Kirchhof, 5. Aufl. § 13 Rn. 4; HmbKomm-InsO/Wehr, 3. Aufl. § 13 Rn. 4; MünchKomm-InsO/Schmahl, 2. Aufl. § 13 Rn. 77; Pape in Kübler/Prütting/Bork, InsO § 13 Rn. 71; Uhlenbruck, InsO 13. Aufl. § 13 Rn. 7). Zwar gilt auch für Insolvenzanträge die weitere auf Prozesshandlungen allgemein anzuwendende Regel (vgl. BGHZ 132, 390, 398; BGH, Urt. v. 11. Juli 1996 - IX ZR 226/94, ZIP 1996, 1516, 1521; v. 25. Februar 2003 - IX ZR 240/00, NJW-RR 2003, 1145, 1146; Zöller/Greger, ZPO 28. Aufl. § 253 Rn. 1; Prütting/Gehrlein/Geisler, ZPO § 253 Rn. 2; HkZPO /Saenger, 3. Aufl. § 253 Rn. 4), dass sie an eine bloße innerprozessuale Bedingung geknüpft werden und deshalb hilfsweise für den Fall zur Entscheidung gestellt werden können, dass ein bestimmtes innerprozessuales Ereignis eintritt (OLG Köln aaO; Graf-Schlicker/Fuchs, aaO; HK-InsO/Kirchhof aaO; Pape, aaO Rn. 71b). Von einer solchen bloß innerprozessualen Bedingung, die etwa vorliegt, wenn der Antrag auf Verfahrenseröffnung an die Stundungsbewilligung geknüpft wird, ist aber nicht auszugehen, wenn der Schuldner den mit einem Eigenantrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens verbundenen Restschuldbefreiungsantrag nur hilfsweise für den Fall stellt, dass das Insolvenzgericht den Antrag eines Gläubigers für zulässig und begründet hält. Ein Vorrangverhältnis , wie es innerhalb eines bestehenden Prozessrechtsverhältnisses bei einer eventuellen Klagehäufung dann als unbedenklich angesehen wird, wenn die Antragstellung vom Ergebnis der Sachentscheidung des Gerichts über den Hauptanspruch abhängig sein soll (vgl. BGH, Urt. v. 16. Mai 1984 - VIII ZR 18/83, NJW 1984, 2937, 2938), kommt zwischen verschiedenen Insolvenzanträgen nicht in Betracht. Der Schuldner muss sich deshalb entscheiden, ob er dem Gläubigerantrag entgegentritt oder ob er sich dessen Antrag mit einem eigenen unbedingten Antrag anschließt. Er kann nicht in erster Linie geltend machen, gar nicht insolvent zu sein, und nur hilfsweise, für den Fall, dass das Insolvenzgericht die Voraussetzungen für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens feststellt, einen eigenen Insolvenzantrag stellen. Es ist widersprüchlich und stellt keine bloße innerprozessuale Verknüpfung dar, wenn der Schuldner auf den Gläubigerantrag einwendet, ein Insolvenzgrund liege nicht vor, in zweiter Linie jedoch einen eigenen Antrag stellt, mit dem er vorträgt, ein Eröffnungsgrund sei doch gegeben, sofern das Insolvenzgericht den Gläubigerantrag für begründet erachte.

(1) Ein verfahrenseinleitender Antrag soll begründet werden. In dem Antrag sollen die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angegeben sowie die Personen benannt werden, die als Beteiligte in Betracht kommen. Der Antrag soll in geeigneten Fällen die Angabe enthalten, ob der Antragstellung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen. Urkunden, auf die Bezug genommen wird, sollen in Urschrift oder Abschrift beigefügt werden. Der Antrag soll von dem Antragsteller oder seinem Bevollmächtigten unterschrieben werden.

(2) Das Gericht soll den Antrag an die übrigen Beteiligten übermitteln.

(1) Der Beschluss, durch den eine Freiheitsentziehung angeordnet wird, ist vor Ablauf der nach § 425 Abs. 1 festgesetzten Frist von Amts wegen aufzuheben, wenn der Grund für die Freiheitsentziehung weggefallen ist. Vor der Aufhebung hat das Gericht die zuständige Verwaltungsbehörde anzuhören.

(2) Die Beteiligten können die Aufhebung der Freiheitsentziehung beantragen. Das Gericht entscheidet über den Antrag durch Beschluss.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde wird festgestellt, dass der Beschluss des Amtsgerichts Krefeld vom 28. Januar 2014 und der Beschluss der 7. Zivilkammer des Landgerichts Krefeld vom 13. März 2014 den Betroffenen bis zum 17. März 2014 in seinen Rechten verletzt haben.

Gerichtskosten werden in allen Instanzen nicht erhoben. Die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Betroffenen in allen Instanzen werden der Bundesrepublik Deutschland auferlegt.

Der Gegenstandswert in allen Instanzen beträgt 5.000 €.

Gründe

I.

1

Der Betroffene, ein russischer Staatsangehöriger, reiste am 20. Januar 2014 aus den Niederlanden nach Deutschland ein und führte lediglich eine italienische Carta d'Identità (Identitätsausweis), die nach ihrem Aufdruck auf der Rückseite nicht für die Ausreise gilt, und einen italienischen Permesso di Soggiorno (Aufenthaltserlaubnis) bei sich. Eine Recherche in dem EURODAC-Register ergab, dass er im März 2011 in Belgien und im Juni 2011 in Italien Asyl beantragt hatte. Die belgischen Behörden teilten auf Nachfrage mit, dass der Betroffene von dort nach Italien zurückgeführt worden sei. Das Amtsgericht ordnete im Wege der einstweiligen Anordnung gegen den Betroffenen Haft zur Sicherung der Zurückschiebung bis zum 23. Februar 2014 an, die in der Justizvollzugsanstalt Büren vollzogen wurde.

2

Mit Beschluss vom 28. Januar 2014 hat das Amtsgericht im Hauptsacheverfahren gegen den Betroffenen Haft zur Sicherung der Zurückschiebung bis zum 20. März 2014 angeordnet. Die Beschwerde hat das Landgericht mit Beschluss vom 13. März 2014 zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Betroffene mit der Rechtsbeschwerde, nach seiner Zurückschiebung nach Italien am 17. März 2014 mit dem Antrag, die Rechtswidrigkeit der Haft festzustellen, soweit sie vollzogen worden ist.

II.

3

Das Beschwerdegericht hält die Anordnung der Haft für rechtmäßig. Ihr stehe insbesondere nicht entgegen, dass sie in der Justizvollzugsanstalt Büren vollzogen werde. Dort werde zwar auch Strafhaft vollzogen. Das sei aber nach § 62a AufenthG nicht zu beanstanden, da es in Nordrhein-Westfalen keine speziellen Abschiebungshafteinrichtungen gebe. Unerheblich sei auch, dass in dieser Justizvollzugsanstalt Betroffene, die einen Asylantrag gestellt hätten, nicht von solchen getrennt würden, die einen solchen Antrag nicht gestellt hätten. Eine solche Vorgabe folge zwar aus Art. 10 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 2013/33/EU (ABl. Nr. L 180 S. 96). Die Frist zu deren Umsetzung sei aber noch nicht abgelaufen.

III.

4

Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung im Ergebnis nicht stand.

5

1. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig. Die Rechtsbeschwerdeschrift enthält zwar keine aktuelle ladungsfähige Anschrift des Betroffenen. Diese Angabe ist aber keine Voraussetzung für die Zulässigkeit des Rechtsmittels (BGH, Urteile vom 9. Dezember 1987 - IVb ZR 4/87, BGHZ 102, 332, 333 f. und vom 11. Oktober 2005 - XI ZR 398/04, NJW 2005, 3773 sowie Beschluss vom 1. April 2009 - XII ZB 46/08, NJW-RR 2009, 1009 Rn. 10). Etwas anderes kommt nur in Betracht, wenn ohne die Angabe der ladungsfähigen Anschrift der geordnete Ablauf des Rechtsmittelverfahrens gefährdet ist oder wenn die fehlende Angabe der ladungsfähigen Anschrift Rückschlüsse auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Betroffenen erlaubt, etwa darauf, dass er das Verfahren aus dem Verborgenen führen will, um sich Ansprüchen gegen ihn zu entziehen (BGH, Beschluss vom 1. April 2009 - XII ZB 46/08, NJW-RR 2009, 1009 Rn. 13, 18 f.). Für das Vorliegen solcher Ausnahmen ist hier nichts ersichtlich.

6

2. Das Rechtsmittel ist auch begründet.

7

a) Die Haftanordnung des Amtsgerichts und ihre Aufrechterhaltung durch das Beschwerdegericht haben den Betroffenen jedenfalls deshalb in seinen Rechten verletzt, weil abzusehen war, dass die Haft in der Justizvollzugsanstalt Büren und damit unter Verletzung der im Lichte von Art. 16 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2008/115/EG auszulegenden Vorschrift des § 62a Abs. 1 AufenthG vollzogen werden würde (vgl. näher Senat, Beschluss vom 25. Juli 2014 - V ZB 137/14, FGPrax 2014, 230 Rn. 7 bis 10).

8

b) Die Vorgaben der Richtlinie sind auch für Rücküberstellungen nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26. Juni 2013 (ABl. Nr. L 180 S. 31 - sog. Dublin-III-Verordnung) einzuhalten. Die Bedingungen für die Inhaftierung von Betroffenen zur Sicherung solcher Rücküberstellungen richten sich zwar gemäß Art. 28 Abs. 4 der Dublin-III-Verordnung nach den Art. 9, 10 und 11 der Richtlinie 2013/33/EU, die nach ihrem Art. 31 Abs. 1 bis zum 20. Juli 2015 umzusetzen ist. Das bedeutet aber nicht, dass die Vorgaben der Art. 15 Abs. 1, Art. 16 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2008/115/EG bis dahin bei Rücküberstellungen nicht einzuhalten wären. Diese gelten zwar nur für die Inhaftierung zur Sicherung einer Rückkehr in das Heimatland. Eine Rücküberstellung in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union (sowohl nach der Dublin-II-Verordnung als auch nach der Dublin-III-Verordnung) wird aber in Art. 6 Abs. 2 dieser Richtlinie einer Rückkehr in das Heimatland gleichgestellt. Die Vorgaben der Richtlinie 2008/115/EG sind deshalb bis zum Ablauf der Frist für die Umsetzung der Richtlinie 2013/33/EU auch bei Rücküberstellungen einzuhalten. Das ist hier nicht geschehen und führt zur Rechtswidrigkeit der Haft.

9

c) Die richtlinienkonforme Unterbringung hat das Rechtsbeschwerdegericht unabhängig von einer Rüge des Betroffenen zu prüfen, weil dies eine materielle Voraussetzung für die Anordnung von Sicherungshaft betrifft und weil die gebotene möglichst wirksame Anwendung des Rechts der Union (effet utile) anders nicht zu erreichen ist. Die Anwendung der genannten Vorschrift steht auch nicht zur Disposition des Betroffenen oder anderer Beteiligter (EuGH, Urteil vom 17. Juli 2014 - Rs. C-474/13 - Pham, ECLI:EU:C:2014:2096 Rn. 22 f.; Senat, Beschluss vom 25. September 2014 - V ZB 144/12, juris Rn. 6).

10

3. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 74 Abs. 7 FamFG).

Stresemann                           Schmidt-Räntsch                            Czub

                       Weinland                                       Kazele

(1) Hat sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt, spricht das Beschwerdegericht auf Antrag aus, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn der Beschwerdeführer ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat.

(2) Ein berechtigtes Interesse liegt in der Regel vor, wenn

1.
schwerwiegende Grundrechtseingriffe vorliegen oder
2.
eine Wiederholung konkret zu erwarten ist.

(3) Hat der Verfahrensbeistand oder der Verfahrenspfleger die Beschwerde eingelegt, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

6
bb) Das Feststellungsinteresse entfällt nicht deswegen, weil der Betroffene sich mithilfe seiner Komplizen gewaltsam aus der Haft befreit hat. Dass die richterliche Feststellung der Rechtsverletzung des Betroffenen auch nach der Erledigung der Hauptsache, die hier jedenfalls mit dem Ablauf der angeordneten Haftdauer eingetreten ist, zu dessen Rehabilitierung geboten ist, mag angesichts der hier vorliegenden Umstände zweifelhaft sein. Die Feststellung der Rechtsverletzung dürfte nicht geeignet sein, einer Beeinträchtigung des Ansehens des Betroffenen in der Öffentlichkeit durch die Haftanordnung entgegenzuwirken (zu diesem Aspekt: BVerfGE 104, 220, 235). Das ändert aber nichts daran, dass eine unrechtmäßige Inhaftierung einen schwerwiegenden Grundrechtseingriff darstellt und deshalb ein schutzwürdiges Interesse des Betroffenen an der richterlichen Feststellung der Rechtswidrigkeit der Haft anzuerkennen ist, das weder von dem konkreten Ablauf des Verfahrens noch von dem Zeitpunkt der Erledigung der Maßnahme abhängt (Senat, Beschluss vom 14. Oktober 2010 - V ZB 78/10, FGPrax 2011, 39 Rn. 12; Beschluss vom 11. Oktober 2012 - V ZB 328/11, FGPrax 2013, 39 Rn. 5 st. Rspr.).
12
Dieses Verständnis der Norm ergibt sich aus ihrer Entstehungsgeschichte. Mit § 62 FamFG hat der Gesetzgeber die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu dem früheren Gesetz über das Verfahren bei Freiheitsentziehungen aufgreifen und einer gesetzlichen Regelung zuführen wollen (Entwurfsbegründung in BT-Drucks. 16/6308 S. 205). Jenes Gesetz enthielt keine Regelung darüber, wie verfahren werden sollte, wenn sich die gegen den Betroffenen angeordnete Haft erledigte, bevor dieser eine abschließende Überprüfung erreichen konnte. Das widersprach nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts den Erfordernissen eines effektiven Rechtsschutzes (BVerfGE 104, 220, 232 f.; NJW 1998, 2432 f.). Dieser bliebe gerade in Freiheitsentziehungssachen praktisch weitgehend wirkungslos, gäbe es nicht die Möglichkeit, auch nach Erledigung der Haft feststellen zu lassen, ob sie rechtswidrig war oder nicht. Der Grund dafür liegt darin, dass die Anordnung einer Freiheitsentziehung nicht nur in Freiheitsrechte eingreift, sondern auch den Vorwurf enthält, der Betroffene habe sich gesetzwidrig verhalten. Gegen diesen Vorwurf muss sich der Betroffene zur Wehr setzen können. Es ist sogar erforderlich , eine solche Möglichkeit nach dem Tod des Betroffenen seinen Erben einzuräumen (Senat, Beschluss vom 6. Oktober 2011 - V ZB 314/10, FGPrax 2012, 44 Rn. 13 f.). Diese von dem Bundesverfassungsgericht entwickelte Möglichkeit einer Feststellung der Rechtswidrigkeit wollte der Gesetzgeber mit der Einführung des § 62 FamFG kodifizieren. Das kommt in dem Erfordernis des besonderen Feststellungsinteresses und in den aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts übernommenen Regelbeispielen zum Ausdruck.

(1) Hat sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt, spricht das Beschwerdegericht auf Antrag aus, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn der Beschwerdeführer ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat.

(2) Ein berechtigtes Interesse liegt in der Regel vor, wenn

1.
schwerwiegende Grundrechtseingriffe vorliegen oder
2.
eine Wiederholung konkret zu erwarten ist.

(3) Hat der Verfahrensbeistand oder der Verfahrenspfleger die Beschwerde eingelegt, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

12
Dieses Verständnis der Norm ergibt sich aus ihrer Entstehungsgeschichte. Mit § 62 FamFG hat der Gesetzgeber die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu dem früheren Gesetz über das Verfahren bei Freiheitsentziehungen aufgreifen und einer gesetzlichen Regelung zuführen wollen (Entwurfsbegründung in BT-Drucks. 16/6308 S. 205). Jenes Gesetz enthielt keine Regelung darüber, wie verfahren werden sollte, wenn sich die gegen den Betroffenen angeordnete Haft erledigte, bevor dieser eine abschließende Überprüfung erreichen konnte. Das widersprach nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts den Erfordernissen eines effektiven Rechtsschutzes (BVerfGE 104, 220, 232 f.; NJW 1998, 2432 f.). Dieser bliebe gerade in Freiheitsentziehungssachen praktisch weitgehend wirkungslos, gäbe es nicht die Möglichkeit, auch nach Erledigung der Haft feststellen zu lassen, ob sie rechtswidrig war oder nicht. Der Grund dafür liegt darin, dass die Anordnung einer Freiheitsentziehung nicht nur in Freiheitsrechte eingreift, sondern auch den Vorwurf enthält, der Betroffene habe sich gesetzwidrig verhalten. Gegen diesen Vorwurf muss sich der Betroffene zur Wehr setzen können. Es ist sogar erforderlich , eine solche Möglichkeit nach dem Tod des Betroffenen seinen Erben einzuräumen (Senat, Beschluss vom 6. Oktober 2011 - V ZB 314/10, FGPrax 2012, 44 Rn. 13 f.). Diese von dem Bundesverfassungsgericht entwickelte Möglichkeit einer Feststellung der Rechtswidrigkeit wollte der Gesetzgeber mit der Einführung des § 62 FamFG kodifizieren. Das kommt in dem Erfordernis des besonderen Feststellungsinteresses und in den aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts übernommenen Regelbeispielen zum Ausdruck.
12
b) Die Verwerfung des Feststellungsantrags als unzulässig ist dennoch rechtsfehlerhaft. Das Beschwerdegericht hat bei seiner allein auf den Wortlaut des § 62 Abs. 1 FamFG gestützten Auslegung die sich aus Art. 19 Abs. 4 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG ergebenden Anforderungen für einen effektiven Rechtsschutz nach Freiheitsentziehungen nicht erkannt. In Haftsachen hängt die Gewährung von Rechtsschutz im Hinblick auf das bestehende Rehabilitierungsinteresse weder von dem konkreten Ablauf des Verfahrens noch von dem Zeitpunkt der Erledigung der Maßnahme ab (vgl. BVerfG, BVerfGE 104, 220, 235 und Beschluss vom 31. Oktober 2005 - 2 BvR 2233/04, juris Rn. 22). Bei Freiheitsentziehungen durch Haft besteht auch dann ein schutzwürdiges Interesse des Betroffenen an der (nachträglichen) Feststellung der Rechtswidrigkeit, wenn sie erledigt sind, was die Fachgerichte bei der Beantwortung der Frage nach einem Rechtsschutzinteresse gemäß Art. 19 Abs. 4 GG beachten müssen (BVerfG, Beschluss vom 31. Oktober 2005 - 2 BvR 2233/04, juris Rn. 25). Die Haftaufhebung ist ein "wesensgleiches Plus" zu der Feststellung, dass die Inhaftierung rechtswidrig ist; mit dieser wird die Erkenntnis der Rechtswidrigkeit praktisch umgesetzt (BVerfG, Beschluss vom 31. Oktober 2005 - 2 BvR 2233/04, aaO).
5
1. Das Beschwerdegericht hat den Antrag des Betroffenen, analog § 62 FamFG die Rechtswidrigkeit des die Abschiebungshaft anordnenden Beschlusses des Amtsgerichts festzustellen, zu Unrecht als unzulässig verworfen.
6
bb) Das Feststellungsinteresse entfällt nicht deswegen, weil der Betroffene sich mithilfe seiner Komplizen gewaltsam aus der Haft befreit hat. Dass die richterliche Feststellung der Rechtsverletzung des Betroffenen auch nach der Erledigung der Hauptsache, die hier jedenfalls mit dem Ablauf der angeordneten Haftdauer eingetreten ist, zu dessen Rehabilitierung geboten ist, mag angesichts der hier vorliegenden Umstände zweifelhaft sein. Die Feststellung der Rechtsverletzung dürfte nicht geeignet sein, einer Beeinträchtigung des Ansehens des Betroffenen in der Öffentlichkeit durch die Haftanordnung entgegenzuwirken (zu diesem Aspekt: BVerfGE 104, 220, 235). Das ändert aber nichts daran, dass eine unrechtmäßige Inhaftierung einen schwerwiegenden Grundrechtseingriff darstellt und deshalb ein schutzwürdiges Interesse des Betroffenen an der richterlichen Feststellung der Rechtswidrigkeit der Haft anzuerkennen ist, das weder von dem konkreten Ablauf des Verfahrens noch von dem Zeitpunkt der Erledigung der Maßnahme abhängt (Senat, Beschluss vom 14. Oktober 2010 - V ZB 78/10, FGPrax 2011, 39 Rn. 12; Beschluss vom 11. Oktober 2012 - V ZB 328/11, FGPrax 2013, 39 Rn. 5 st. Rspr.).

(1) Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Beschluss angefochten wird. Anträge auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für eine beabsichtigte Beschwerde sind bei dem Gericht einzulegen, dessen Beschluss angefochten werden soll.

(2) Die Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle eingelegt. Die Einlegung der Beschwerde zur Niederschrift der Geschäftsstelle ist in Ehesachen und in Familienstreitsachen ausgeschlossen. Die Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Sie ist von dem Beschwerdeführer oder seinem Bevollmächtigten zu unterzeichnen.

(3) Das Beschwerdegericht kann vor der Entscheidung eine einstweilige Anordnung erlassen; es kann insbesondere anordnen, dass die Vollziehung des angefochtenen Beschlusses auszusetzen ist.

9
Anerkannt ist insbesondere, dass - gemessen an den formalen Anforderungen des § 519 Abs. 2 ZPO - an sich unzureichende Angaben unschädlich sein können, wenn sich vor Ablauf der Berufungsfrist im Zusammenhang mit den Prozessakten für das Berufungsgericht zweifelsfrei ergibt, welches Urteil von wem angegriffen wird (BGH, Beschlüsse vom 24. April 2003 aaO unter 2 b und vom 25. Februar 1993 - VII ZB 22/92 - BGHR ZPO § 518 Abs. 2 Nr. 1 "Urteilsbezeichnung 7" unter 2; Musielak/ Ball, ZPO 5. Aufl. § 519 Rdn. 4; Zöller/Gummer/Heßler, ZPO 26. Aufl. § 519 Rdn. 33; jeweils m.w.N.). Denn die prozessualen Formvorschriften sind kein Selbstzweck. Sie sollen insbesondere dem Rechtsmittelgericht eine rasche und unkomplizierte Anforderung der erstinstanzlichen Akten ermöglichen und damit den Geschäftsgang erleichtern und ihm zu einer eindeutigen Identifizierung des angefochtenen Urteils und Klärung des Rechtsmittelführers verhelfen (vgl. BGHZ 165, 371, 375; BGH, Urteil vom 8. April 2004 aaO).

(1) Die Abschiebungshaft wird grundsätzlich in speziellen Hafteinrichtungen vollzogen. Sind spezielle Hafteinrichtungen im Bundesgebiet nicht vorhanden oder geht von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit aus, kann sie in sonstigen Haftanstalten vollzogen werden; die Abschiebungsgefangenen sind in diesem Fall getrennt von Strafgefangenen unterzubringen. Werden mehrere Angehörige einer Familie inhaftiert, so sind diese getrennt von den übrigen Abschiebungsgefangenen unterzubringen. Ihnen ist ein angemessenes Maß an Privatsphäre zu gewährleisten.

(2) Den Abschiebungsgefangenen wird gestattet, mit Rechtsvertretern, Familienangehörigen, den zuständigen Konsularbehörden und einschlägig tätigen Hilfs- und Unterstützungsorganisationen Kontakt aufzunehmen.

(3) Bei minderjährigen Abschiebungsgefangenen sind unter Beachtung der Maßgaben in Artikel 17 der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (ABl. L 348 vom 24.12.2008, S. 98) alterstypische Belange zu berücksichtigen. Der Situation schutzbedürftiger Personen ist besondere Aufmerksamkeit zu widmen.

(4) Mitarbeitern von einschlägig tätigen Hilfs- und Unterstützungsorganisationen soll auf Antrag gestattet werden, Abschiebungsgefangene zu besuchen.

(5) Abschiebungsgefangene sind über ihre Rechte und Pflichten und über die in der Einrichtung geltenden Regeln zu informieren.

Tenor

Die Vollziehung der mit Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 8. Mai 2014 gegen den Betroffenen angeordneten und durch Beschluss der 39. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 27. Juni 2014 aufrecht erhaltenen Sicherungshaft wird einstweilen ausgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Betroffene ist türkischer Staatsbürger und reiste am 27. April 2014 ohne Ausweis- oder Aufenthaltspapiere mit Hilfe eines Schleppers nach Deutschland ein. Am 7. Mai 2014 wurde er in Köln bei dem Versuch festgenommen, sich unter Vorlage einer gefälschten bulgarischen Identitätskarte anzumelden. Mit Verfügung vom gleichen Tag drohte ihm die beteiligte Behörde die Abschiebung an. Auf ihren Antrag hat das Amtsgericht am 8. Mai 2014 gegen den Betroffenen Haft bis zum 6. August 2014 angeordnet. Die Haft wird in einem gesonderten Gebäude auf dem Gelände der Justizvollzugsanstalt Büren vollzogen. Am 6. Juni 2014 hat der Betroffene aus der Haft heraus einen Asylantrag gestellt. Auf die gegen die Haftanordnung gerichtete Beschwerde hat das Landgericht mit Beschluss vom 27. Juni 2014 die Rechtswidrigkeit der Haft für den Zeitraum vom 8. Mai 2014 bis zum 27. Juni 2014 festgestellt und die weitergehende Beschwerde zurückgewiesen. Hiergegen hat der Betroffene Rechtsbeschwerde eingelegt.

2

Einen ersten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der angeordneten Haft hat der Senat mit Beschluss vom 3. Juli 2014 zurückgewiesen. Mit dem vorliegenden zweiten Aussetzungsantrag macht der Betroffene geltend, der Vollzug der Haft in der Justizvollzugsanstalt Büren widerspreche dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 17. Juli 2014 (Rs. 473/13 und 514/13 - Bero und Bouzalmate, ECLI:EU:C:2014:2095).

II.

3

Der Aussetzungsantrag hat Erfolg.

4

1. Er ist in entsprechender Anwendung von § 64 Abs. 3 FamFG statthaft (Senat, Beschluss vom 21. Januar 2010 - V ZB 14/10, FGPrax 2010, 97 Rn. 3). Seiner Zulässigkeit steht nicht entgegen, dass der Senat den ersten Aussetzungsantrag des Betroffenen abgelehnt hat. Der Zurückweisungsbeschluss erwächst nicht in Rechtskraft. Deshalb kann eine Aussetzung bei Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen auch angeordnet werden, wenn ein vorausgegangener Aussetzungsantrag zurückgewiesen worden ist (vgl. auch BGH, Beschluss vom 4. März 2009 - AnwZ (B) 78/08, juris Rn. 3). Ein Rechtsschutzbedürfnis für den erneuten Antrag besteht jedenfalls deshalb, weil der Betroffene unter Hinweis auf das zwischenzeitlich ergangene Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union nunmehr erstmals die rechtswidrige Unterbringung in der Justizvollzugsanstalt Büren rügt.

5

2. Der Antrag ist auch begründet, weil die Rechtsbeschwerde des Betroffenen nach der gebotenen summarischen Prüfung erfolgreich sein wird. Im Hinblick auf das Gebot einer möglichst wirksamen Anwendung des Rechts der Union (effet utile) muss der Haftrichter die Anordnung von Sicherungshaft ablehnen, wenn absehbar ist, dass der Betroffene entgegen den Vorgaben des Unionsrechts untergebracht werden wird (Senat, Vorlagebeschluss vom 11. Juli 2013 - V ZB 40/11, NVwZ 2014, 166, Rn. 20). Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

6

a) Die Unterbringung des Betroffenen in der Justizvollzugsanstalt Büren widerspricht den unionsrechtlichen Vorgaben.

7

aa) Nach Art. 16 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2008/115/EG erfolgt die Inhaftierung von Betroffenen zur Sicherung der Ab- oder Zurückschiebung grundsätzlich in speziellen Hafteinrichtungen. Zwar dürfen Betroffene nach Art. 16 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie in „gewöhnlichen Haftanstalten“ untergebracht werden, wenn in einem Mitgliedstaat solche speziellen Hafteinrichtungen nicht vorhanden sind. Diese Ausnahme trifft aber nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union für Deutschland nicht zu, weil in mehreren deutschen Bundesländern spezielle Einrichtungen vorhanden sind (EuGH, Urteil vom 17. Juli 2014 - C 473/13 und C 514/13 - Bero und Bouzalmate, ECLI:EU:C:2014: 2095 Rn. 30 f.).

8

§ 62a Abs. 1 Satz 2 AufenthG ist in diesem Sinne richtlinienkonform einschränkend auszulegen. Dem steht nicht entgegen, dass die Vorschrift nach ihrem Wortlaut auf die Verhältnisse in dem betroffenen Bundesland und nicht auf die Verhältnisse in Deutschland insgesamt abstellt. Der Gesetzgeber hat mit der Vorschrift ausweislich der Entwurfsbegründung Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie ohne Abstriche umsetzen wollen (BT-Drucks. 17/5470 S. 25). Er hat dabei ein - wie sich aus dem Urteil des Gerichtshofs ergibt - fehlerhaftes Verständnis der Richtlinie zugrunde gelegt, was aber an dem Willen zur richtlinienkonformen Anpassung des nationalen deutschen Rechts nichts ändert. Einem solchen Versehen ist mit einer richtlinienkonformen - hier einschränkenden - Auslegung Rechnung zu tragen (vgl. BGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - VIII ZR 70/08, BGHZ 192, 148 Rn. 26; Senat, Beschluss vom 8. Januar 2014 - V ZB 137/12, InfAuslR 2014, 148 Rn. 9-11).

9

bb) Nach dem erwähnten Urteil des Gerichtshofs kann die Unterbringung eines Betroffenen in einem gesonderten Gebäude auf dem Gelände einer Justizvollzugsanstalt, anders als die beteiligte Behörde meint, auch nicht als Unterbringung in einer speziellen Hafteinrichtung angesehen werden, wie sie von Art. 16 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie verlangt wird. Wenn Betroffene in einem Mitgliedstaat überhaupt in gewöhnlichen Haftanstalten untergebracht werden dürfen, dürfte dies nach Art. 16 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie 2008/115/EG nur „gesondert von den gewöhnlichen Strafgefangenen“ geschehen. In einem weiteren Urteil vom 17. Juli 2014 hat der Gerichtshof der Europäischen Union ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich aus dem Wortlaut dieser Norm die unbedingte Verpflichtung ergibt, die illegal aufhältigen Drittstaatsangehörigen von den gewöhnlichen Strafgefangenen zu trennen, wenn ein Mitgliedstaat sie nicht in speziellen Hafteinrichtungen unterbringen kann (Rs. C-474/13 - Pham, ECLI:EU:C:2014:2096 Rn. 17, 21). Daraus folgt, dass eine solche gesonderte Unterbringung von Betroffenen auf dem Gelände einer gewöhnlichen Haftanstalt keine Unterbringung in einer speziellen Hafteinrichtung sein kann. Sie ist - unabhängig von ihrer Ausgestaltung im Einzelnen - eine Unterbringung in einer gewöhnlichen Haftanstalt, die in Deutschland, wie ausgeführt, generell nicht zulässig ist.

10

cc) Die Justizvollzugsanstalt Büren dient nach Teil 4 des geltenden Vollstreckungsplans für das Land Nordrhein-Westfalen (Allgemeinverfügung des Justizministeriums vom 16. September 2003 - 4431 - IV B. 28) dem Vollzug der Abschiebungshaft, der Freiheitsstrafe von bis zu drei Monaten und der Ersatzfreiheitsstrafe. Es handelt sich deshalb um eine gewöhnliche Haftanstalt, in der auch von einer Ab- oder Zurückschiebung Betroffene untergebracht sind. Diese Art der Unterbringung widerspricht dem Unionsrecht.

11

b) Daran gemessen ist jedenfalls der weitere Vollzug der Haft rechtswidrig, weil der Betroffene derzeit unter Verstoß gegen die Vorgaben des Unionsrechts untergebracht ist und die Behörde eine Änderung der Unterbringung abgelehnt hat.

Schmidt-Räntsch                      Roth                    Brückner

                          Weinland                 Kazele

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde wird festgestellt, dass der Beschluss des Amtsgerichts Krefeld vom 28. Januar 2014 und der Beschluss der 7. Zivilkammer des Landgerichts Krefeld vom 13. März 2014 den Betroffenen bis zum 17. März 2014 in seinen Rechten verletzt haben.

Gerichtskosten werden in allen Instanzen nicht erhoben. Die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Betroffenen in allen Instanzen werden der Bundesrepublik Deutschland auferlegt.

Der Gegenstandswert in allen Instanzen beträgt 5.000 €.

Gründe

I.

1

Der Betroffene, ein russischer Staatsangehöriger, reiste am 20. Januar 2014 aus den Niederlanden nach Deutschland ein und führte lediglich eine italienische Carta d'Identità (Identitätsausweis), die nach ihrem Aufdruck auf der Rückseite nicht für die Ausreise gilt, und einen italienischen Permesso di Soggiorno (Aufenthaltserlaubnis) bei sich. Eine Recherche in dem EURODAC-Register ergab, dass er im März 2011 in Belgien und im Juni 2011 in Italien Asyl beantragt hatte. Die belgischen Behörden teilten auf Nachfrage mit, dass der Betroffene von dort nach Italien zurückgeführt worden sei. Das Amtsgericht ordnete im Wege der einstweiligen Anordnung gegen den Betroffenen Haft zur Sicherung der Zurückschiebung bis zum 23. Februar 2014 an, die in der Justizvollzugsanstalt Büren vollzogen wurde.

2

Mit Beschluss vom 28. Januar 2014 hat das Amtsgericht im Hauptsacheverfahren gegen den Betroffenen Haft zur Sicherung der Zurückschiebung bis zum 20. März 2014 angeordnet. Die Beschwerde hat das Landgericht mit Beschluss vom 13. März 2014 zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Betroffene mit der Rechtsbeschwerde, nach seiner Zurückschiebung nach Italien am 17. März 2014 mit dem Antrag, die Rechtswidrigkeit der Haft festzustellen, soweit sie vollzogen worden ist.

II.

3

Das Beschwerdegericht hält die Anordnung der Haft für rechtmäßig. Ihr stehe insbesondere nicht entgegen, dass sie in der Justizvollzugsanstalt Büren vollzogen werde. Dort werde zwar auch Strafhaft vollzogen. Das sei aber nach § 62a AufenthG nicht zu beanstanden, da es in Nordrhein-Westfalen keine speziellen Abschiebungshafteinrichtungen gebe. Unerheblich sei auch, dass in dieser Justizvollzugsanstalt Betroffene, die einen Asylantrag gestellt hätten, nicht von solchen getrennt würden, die einen solchen Antrag nicht gestellt hätten. Eine solche Vorgabe folge zwar aus Art. 10 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 2013/33/EU (ABl. Nr. L 180 S. 96). Die Frist zu deren Umsetzung sei aber noch nicht abgelaufen.

III.

4

Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung im Ergebnis nicht stand.

5

1. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig. Die Rechtsbeschwerdeschrift enthält zwar keine aktuelle ladungsfähige Anschrift des Betroffenen. Diese Angabe ist aber keine Voraussetzung für die Zulässigkeit des Rechtsmittels (BGH, Urteile vom 9. Dezember 1987 - IVb ZR 4/87, BGHZ 102, 332, 333 f. und vom 11. Oktober 2005 - XI ZR 398/04, NJW 2005, 3773 sowie Beschluss vom 1. April 2009 - XII ZB 46/08, NJW-RR 2009, 1009 Rn. 10). Etwas anderes kommt nur in Betracht, wenn ohne die Angabe der ladungsfähigen Anschrift der geordnete Ablauf des Rechtsmittelverfahrens gefährdet ist oder wenn die fehlende Angabe der ladungsfähigen Anschrift Rückschlüsse auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Betroffenen erlaubt, etwa darauf, dass er das Verfahren aus dem Verborgenen führen will, um sich Ansprüchen gegen ihn zu entziehen (BGH, Beschluss vom 1. April 2009 - XII ZB 46/08, NJW-RR 2009, 1009 Rn. 13, 18 f.). Für das Vorliegen solcher Ausnahmen ist hier nichts ersichtlich.

6

2. Das Rechtsmittel ist auch begründet.

7

a) Die Haftanordnung des Amtsgerichts und ihre Aufrechterhaltung durch das Beschwerdegericht haben den Betroffenen jedenfalls deshalb in seinen Rechten verletzt, weil abzusehen war, dass die Haft in der Justizvollzugsanstalt Büren und damit unter Verletzung der im Lichte von Art. 16 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2008/115/EG auszulegenden Vorschrift des § 62a Abs. 1 AufenthG vollzogen werden würde (vgl. näher Senat, Beschluss vom 25. Juli 2014 - V ZB 137/14, FGPrax 2014, 230 Rn. 7 bis 10).

8

b) Die Vorgaben der Richtlinie sind auch für Rücküberstellungen nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26. Juni 2013 (ABl. Nr. L 180 S. 31 - sog. Dublin-III-Verordnung) einzuhalten. Die Bedingungen für die Inhaftierung von Betroffenen zur Sicherung solcher Rücküberstellungen richten sich zwar gemäß Art. 28 Abs. 4 der Dublin-III-Verordnung nach den Art. 9, 10 und 11 der Richtlinie 2013/33/EU, die nach ihrem Art. 31 Abs. 1 bis zum 20. Juli 2015 umzusetzen ist. Das bedeutet aber nicht, dass die Vorgaben der Art. 15 Abs. 1, Art. 16 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2008/115/EG bis dahin bei Rücküberstellungen nicht einzuhalten wären. Diese gelten zwar nur für die Inhaftierung zur Sicherung einer Rückkehr in das Heimatland. Eine Rücküberstellung in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union (sowohl nach der Dublin-II-Verordnung als auch nach der Dublin-III-Verordnung) wird aber in Art. 6 Abs. 2 dieser Richtlinie einer Rückkehr in das Heimatland gleichgestellt. Die Vorgaben der Richtlinie 2008/115/EG sind deshalb bis zum Ablauf der Frist für die Umsetzung der Richtlinie 2013/33/EU auch bei Rücküberstellungen einzuhalten. Das ist hier nicht geschehen und führt zur Rechtswidrigkeit der Haft.

9

c) Die richtlinienkonforme Unterbringung hat das Rechtsbeschwerdegericht unabhängig von einer Rüge des Betroffenen zu prüfen, weil dies eine materielle Voraussetzung für die Anordnung von Sicherungshaft betrifft und weil die gebotene möglichst wirksame Anwendung des Rechts der Union (effet utile) anders nicht zu erreichen ist. Die Anwendung der genannten Vorschrift steht auch nicht zur Disposition des Betroffenen oder anderer Beteiligter (EuGH, Urteil vom 17. Juli 2014 - Rs. C-474/13 - Pham, ECLI:EU:C:2014:2096 Rn. 22 f.; Senat, Beschluss vom 25. September 2014 - V ZB 144/12, juris Rn. 6).

10

3. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 74 Abs. 7 FamFG).

Stresemann                           Schmidt-Räntsch                            Czub

                       Weinland                                       Kazele

1
Die Rechtsbeschwerde ist mit dem Feststellungsantrag analog § 62 FamFG statthaft, auch im Übrigen zulässig und begründet. Die Verlängerung der Haft durch das Amtsgericht und ihre Aufrechterhaltung durch das Beschwerdegericht haben den Betroffenen in seinen Rechten verletzt, weil abzusehen war, dass die Haft weiterhin in der Justizvollzugsanstalt Frankfurt am Main I und damit unter Verletzung der im Lichte von Art. 16 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2008/115/EG auszulegenden Vorschrift des § 62a Abs. 1 AufenthG vollzogen werden würde (vgl. näher Senat, Beschluss vom 25. Juli 2014 - V ZB 137/14, FGPrax 2014, 230 Rn. 7 bis 10). Diese Richtlinie ist auf die Haft zur Sicherstellung von Rücküberstellungen nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26. Juni 2013 (ABl. Nr. L 180 S. 31 - sog. Dublin-IIIVerordnung ) ebenfalls anzuwenden (vgl. Senat, Beschluss vom 20. November 2014 - V ZB 54/14, juris Rn. 8). Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 74 Abs. 7 FamFG).

(1) Die Abschiebungshaft ist unzulässig, wenn der Zweck der Haft durch ein milderes Mittel erreicht werden kann. Die Inhaftnahme ist auf die kürzest mögliche Dauer zu beschränken. Minderjährige und Familien mit Minderjährigen dürfen nur in besonderen Ausnahmefällen und nur so lange in Abschiebungshaft genommen werden, wie es unter Berücksichtigung des Kindeswohls angemessen ist.

(2) Ein Ausländer ist zur Vorbereitung der Ausweisung oder der Abschiebungsanordnung nach § 58a auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen, wenn über die Ausweisung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a nicht sofort entschieden werden kann und die Abschiebung ohne die Inhaftnahme wesentlich erschwert oder vereitelt würde (Vorbereitungshaft). Die Dauer der Vorbereitungshaft soll sechs Wochen nicht überschreiten. Im Falle der Ausweisung bedarf es für die Fortdauer der Haft bis zum Ablauf der angeordneten Haftdauer keiner erneuten richterlichen Anordnung.

(3) Ein Ausländer ist zur Sicherung der Abschiebung auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen (Sicherungshaft), wenn

1.
Fluchtgefahr besteht,
2.
der Ausländer auf Grund einer unerlaubten Einreise vollziehbar ausreisepflichtig ist oder
3.
eine Abschiebungsanordnung nach § 58a ergangen ist, diese aber nicht unmittelbar vollzogen werden kann.
Von der Anordnung der Sicherungshaft nach Satz 1 Nummer 2 kann ausnahmsweise abgesehen werden, wenn der Ausländer glaubhaft macht, dass er sich der Abschiebung nicht entziehen will. Die Sicherungshaft ist unzulässig, wenn feststeht, dass aus Gründen, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, die Abschiebung nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann; bei einem Ausländer, bei dem ein Fall des § 54 Absatz 1 Nummer 1 bis 1b oder Absatz 2 Nummer 1 oder 3 vorliegt und auf den nicht das Jugendstrafrecht angewendet wurde oder anzuwenden wäre, gilt abweichend ein Zeitraum von sechs Monaten. Abweichend von Satz 3 ist die Sicherungshaft bei einem Ausländer, von dem eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit ausgeht, auch dann zulässig, wenn die Abschiebung nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann.

(3a) Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 wird widerleglich vermutet, wenn

1.
der Ausländer gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität täuscht oder in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise und in zeitlichem Zusammenhang mit der Abschiebung getäuscht hat und die Angabe nicht selbst berichtigt hat, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität,
2.
der Ausländer unentschuldigt zur Durchführung einer Anhörung oder ärztlichen Untersuchung nach § 82 Absatz 4 Satz 1 nicht an dem von der Ausländerbehörde angegebenen Ort angetroffen wurde, sofern der Ausländer bei der Ankündigung des Termins auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle des Nichtantreffens hingewiesen wurde,
3.
die Ausreisefrist abgelaufen ist und der Ausländer seinen Aufenthaltsort trotz Hinweises auf die Anzeigepflicht gewechselt hat, ohne der zuständigen Behörde eine Anschrift anzugeben, unter der er erreichbar ist,
4.
der Ausländer sich entgegen § 11 Absatz 1 Satz 2 im Bundesgebiet aufhält und er keine Betretenserlaubnis nach § 11 Absatz 8 besitzt,
5.
der Ausländer sich bereits in der Vergangenheit der Abschiebung entzogen hat oder
6.
der Ausländer ausdrücklich erklärt hat, dass er sich der Abschiebung entziehen will.

(3b) Konkrete Anhaltspunkte für Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 können sein:

1.
der Ausländer hat gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise getäuscht und hat die Angabe nicht selbst berichtigt, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität,
2.
der Ausländer hat zu seiner unerlaubten Einreise erhebliche Geldbeträge, insbesondere an einen Dritten für dessen Handlung nach § 96, aufgewandt, die nach den Umständen derart maßgeblich sind, dass daraus geschlossen werden kann, dass er die Abschiebung verhindern wird, damit die Aufwendungen nicht vergeblich waren,
3.
von dem Ausländer geht eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit aus,
4.
der Ausländer ist wiederholt wegen vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu mindestens einer Freiheitsstrafe verurteilt worden,
5.
der Ausländer hat die Passbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 nicht erfüllt oder der Ausländer hat andere als die in Absatz 3a Nummer 2 genannten gesetzlichen Mitwirkungshandlungen zur Feststellung der Identität, insbesondere die ihm nach § 48 Absatz 3 Satz 1 obliegenden Mitwirkungshandlungen, verweigert oder unterlassen und wurde vorher auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle der Nichterfüllung der Passersatzbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 oder der Verweigerung oder Unterlassung der Mitwirkungshandlung hingewiesen,
6.
der Ausländer hat nach Ablauf der Ausreisefrist wiederholt gegen eine Pflicht nach § 61 Absatz 1 Satz 1, Absatz 1a, 1c Satz 1 Nummer 3 oder Satz 2 verstoßen oder eine zur Sicherung und Durchsetzung der Ausreisepflicht verhängte Auflage nach § 61 Absatz 1e nicht erfüllt,
7.
der Ausländer, der erlaubt eingereist und vollziehbar ausreisepflichtig geworden ist, ist dem behördlichen Zugriff entzogen, weil er keinen Aufenthaltsort hat, an dem er sich überwiegend aufhält.

(4) Die Sicherungshaft kann bis zu sechs Monaten angeordnet werden. Sie kann in Fällen, in denen die Abschiebung aus von dem Ausländer zu vertretenden Gründen nicht vollzogen werden kann, um höchstens zwölf Monate verlängert werden. Eine Verlängerung um höchstens zwölf Monate ist auch möglich, soweit die Haft auf der Grundlage des Absatzes 3 Satz 1 Nummer 3 angeordnet worden ist und sich die Übermittlung der für die Abschiebung erforderlichen Unterlagen oder Dokumente durch den zur Aufnahme verpflichteten oder bereiten Drittstaat verzögert. Die Gesamtdauer der Sicherungshaft darf 18 Monate nicht überschreiten. Eine Vorbereitungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft anzurechnen.

(4a) Ist die Abschiebung gescheitert, bleibt die Anordnung bis zum Ablauf der Anordnungsfrist unberührt, sofern die Voraussetzungen für die Haftanordnung unverändert fortbestehen.

(5) Die für den Haftantrag zuständige Behörde kann einen Ausländer ohne vorherige richterliche Anordnung festhalten und vorläufig in Gewahrsam nehmen, wenn

1.
der dringende Verdacht für das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 3 Satz 1 besteht,
2.
die richterliche Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft nicht vorher eingeholt werden kann und
3.
der begründete Verdacht vorliegt, dass sich der Ausländer der Anordnung der Sicherungshaft entziehen will.
Der Ausländer ist unverzüglich dem Richter zur Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft vorzuführen.

(6) Ein Ausländer kann auf richterliche Anordnung zum Zwecke der Abschiebung für die Dauer von längstens 14 Tagen zur Durchführung einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, bei den Vertretungen oder ermächtigten Bediensteten des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er vermutlich besitzt, persönlich zu erscheinen, oder eine ärztliche Untersuchung zur Feststellung seiner Reisefähigkeit durchführen zu lassen, in Haft genommen werden, wenn er

1.
einer solchen erstmaligen Anordnung oder
2.
einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, zu einem Termin bei der zuständigen Behörde persönlich zu erscheinen,
unentschuldigt ferngeblieben ist und der Ausländer zuvor auf die Möglichkeit einer Inhaftnahme hingewiesen wurde (Mitwirkungshaft). Eine Verlängerung der Mitwirkungshaft ist nicht möglich. Eine Mitwirkungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft anzurechnen. § 62a Absatz 1 findet entsprechende Anwendung.

13
3. Das Beschwerdegericht hat daher zu Recht geprüft, ob die Voraussetzungen für eine Inhaftnahme nach Art. 28 Abs. 2 Dublin-III-Verordnung vorgelegen haben. Seine Auffassung, dass der in § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 AufenthG genannte Haftgrund den von Art. 2 Buchstabe n der Dublin-IIIVerordnung gestellten Anforderungen entspricht, teilt der Senat jedoch nicht.

(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.

(2) Das Gericht soll die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegen, wenn

1.
der Beteiligte durch grobes Verschulden Anlass für das Verfahren gegeben hat;
2.
der Antrag des Beteiligten von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und der Beteiligte dies erkennen musste;
3.
der Beteiligte zu einer wesentlichen Tatsache schuldhaft unwahre Angaben gemacht hat;
4.
der Beteiligte durch schuldhaftes Verletzen seiner Mitwirkungspflichten das Verfahren erheblich verzögert hat;
5.
der Beteiligte einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder über eine sonstige Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung nach § 156 Absatz 1 Satz 3 oder einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einer Beratung nach § 156 Absatz 1 Satz 4 nicht nachgekommen ist, sofern der Beteiligte dies nicht genügend entschuldigt hat.

(3) Einem minderjährigen Beteiligten können Kosten in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, nicht auferlegt werden.

(4) Einem Dritten können Kosten des Verfahrens nur auferlegt werden, soweit die Tätigkeit des Gerichts durch ihn veranlasst wurde und ihn ein grobes Verschulden trifft.

(5) Bundesrechtliche Vorschriften, die die Kostenpflicht abweichend regeln, bleiben unberührt.

(1) Wird das Verfahren durch Vergleich erledigt und haben die Beteiligten keine Bestimmung über die Kosten getroffen, fallen die Gerichtskosten jedem Teil zu gleichen Teilen zur Last. Die außergerichtlichen Kosten trägt jeder Beteiligte selbst.

(2) Ist das Verfahren auf sonstige Weise erledigt oder wird der Antrag zurückgenommen, gilt § 81 entsprechend.

Wird ein Antrag der Verwaltungsbehörde auf Freiheitsentziehung abgelehnt oder zurückgenommen und hat das Verfahren ergeben, dass ein begründeter Anlass zur Stellung des Antrags nicht vorlag, hat das Gericht die Auslagen des Betroffenen, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren, der Körperschaft aufzuerlegen, der die Verwaltungsbehörde angehört.

(1) Soweit sich in einer vermögensrechtlichen Angelegenheit der Geschäftswert aus den Vorschriften dieses Gesetzes nicht ergibt und er auch sonst nicht feststeht, ist er nach billigem Ermessen zu bestimmen.

(2) Soweit sich in einer nichtvermögensrechtlichen Angelegenheit der Geschäftswert aus den Vorschriften dieses Gesetzes nicht ergibt, ist er unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Beteiligten, nach billigem Ermessen zu bestimmen, jedoch nicht über 1 Million Euro.

(3) Bestehen in den Fällen der Absätze 1 und 2 keine genügenden Anhaltspunkte für eine Bestimmung des Werts, ist von einem Geschäftswert von 5 000 Euro auszugehen.

(4) Wenn sich die Gerichtsgebühren nach den für Notare geltenden Vorschriften bestimmen, sind die für Notare geltenden Wertvorschriften entsprechend anzuwenden. Wenn sich die Notargebühren nach den für Gerichte geltenden Vorschriften bestimmen, sind die für Gerichte geltenden Wertvorschriften entsprechend anzuwenden.