Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Jan. 2016 - V ZB 18/14

bei uns veröffentlicht am14.01.2016
vorgehend
Amtsgericht Schweinfurt, 03 XIV 292/13, 10.12.2013
Landgericht Schweinfurt, 11 T 204/13, 15.01.2014

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 18/14
vom
14. Januar 2016
in der Abschiebungshaftsache
ECLI:DE:BGH:2016:140116BVZB18.14.0

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. Januar 2016 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterin Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und die Richter Dr. Czub, Dr. Kazele und Dr. Göbel

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde wird festgestellt, dass die Beschlüsse des Amtsgerichts Schweinfurt vom 10. Dezember 2013 und des Landgerichts Schweinfurt - 1. Zivilkammer - vom 15. Januar 2014 den Betroffenen in seinen Rechten verletzt haben. Gerichtskosten werden in allen Instanzen nicht erhoben. Die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Betroffenen in allen Instanzen werden dem Hochsauerlandkreis auferlegt. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 5.000 €.

Gründe:

I.

1
Der Betroffene, ein türkischer Staatsangehöriger, reiste 1995 als Minderjähriger mit seinen Eltern in das Bundesgebiet ein. Er lebte - auch nach bestandskräftiger Ablehnung eines Asylantrags im Jahr 1998 und eines Asylfolgeantrags im Jahr 2002 - zunächst auf Grund einer Duldung, später auf Grund befristeter Aufenthaltserlaubnis im Bundesgebiet.
2
Mit Verfügung vom 3. April 2013 wies die beteiligte Behörde den Antrag des Betroffenen auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis zurück. Sie wies den Betroffenen in ihrer Verfügung zugleich aus der Bundesrepublik Deutschland aus, forderte ihn zur Ausreise innerhalb von einem Monat auf und drohte ihm bei Nichtbefolgung die Abschiebung in die Türkei an. Einen Monat später wurde dem Betroffenen die Abschiebung bekanntgegeben, und er wurde aufgefordert , sich am 14. Mai 2013 morgens zum Zwecke der Abschiebung bei der Behörde einzufinden. Er erschien nicht. Sein Aufenthalt war der beteiligten Behörde danach unbekannt. Am 10. Dezember 2013 wurde der Betroffene bei einer allgemeinen Verkehrskontrolle, bei der er sich mit einem gefälschten bulgarischen Pass auswies, festgenommen.
3
Auf Antrag der beteiligten Behörde hat das Amtsgericht am gleichen Tag gegen den Betroffenen Haft zur Sicherung der Abschiebung bis längstens zum 9. März 2014 angeordnet. Die dagegen gerichtete Beschwerde hat das Landgericht mit Beschluss vom 15. Januar 2014 zurückgewiesen. Der Senat hat mit Beschluss vom 28. Januar 2014 den Vollzug der Abschiebungshaft einstweilen ausgesetzt. Im Rechtsbeschwerdeverfahren beantragt der Betroffene, die Verletzung seiner Rechte durch die Haftanordnung des Amtsgerichts und die Entscheidung des Landgerichts festzustellen.

II.

4
Die Rechtsbeschwerde ist mit dem Feststellungsantrag analog § 62 FamFG statthaft, auch im Übrigen zulässig und begründet.
5
1. Die Haftanordnung des Amtsgerichts stellt sich schon deshalb als rechtswidrig dar, weil sie darauf gestützt ist, dass gegen den Betroffenen eine Abschiebeanordnung nach § 58a AufenthG ergangen sei, die nicht unmittelbar habe vollzogen werden können. An einer solchen Abschiebeanordnung der obersten Landesbehörde oder des Bundesministeriums des Innern zur Abwehr einer besonderen Gefahr der Sicherheit für die Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr (zu den von dieser Norm erfassten Gefahren: Erbslöh, NVwZ 2007, 156, 159) fehlt es hier. Der von dem Haftrichter der Sache nach herangezogene Haftgrund, dass eine nach § 58a AufenthG ergangene Abschiebungsanordnung nicht unmittelbar vollzogen werden kann (§ 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1a, im Beschluss allerdings fehlerhaft als Nr. 2 zitiert), ist nicht einschlägig. Die Begründung des Amtsgerichts hat mit dem von der beteiligten Behörde in ihrem Haftantrag vorgetragenen Sachverhalt nichts zu tun, nach dem diese eine sog. Ermessensausweisungsentscheidung nach § 55 AufenthG getroffen hat, die sie auf fünf Verurteilungen des Betroffenen wegen strafrechlicher Vergehen (Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Beleidigung und mehrfachen Fahrens ohne Fahrerlaubnis) gestützt hat.
6
2. Die Beschwerdeentscheidung ist rechtswidrig, weil das Beschwerdegericht nicht geprüft hat, ob die für die Anordnung von Haft zur Sicherung der Abschiebung notwendigen Vollstreckungsvoraussetzungen noch vorliegen , obwohl hierfür im Hinblick auf das Vorbringen des Betroffenen bei seiner Anhörung Anlass bestand.
7
a) Zu den vom Haftrichter zu prüfenden Vollstreckungsvoraussetzungen gehört grundsätzlich eine Abschiebungsandrohung nach § 59 AufenthG (vgl. näher Senat, Beschluss vom 16. Mai 2013 - V ZB 44/12, FGPrax 2013, 229 Rn. 9 ff.). Eine solche Androhung muss auch dann erfolgen, wenn der Ausländer gemäß § 14 AufenthG unerlaubt eingereist und deshalb nach § 58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG vollziehbar ausreisepflichtig ist (Senat, Beschluss vom 12. Juli 2013 - V ZB 92/12, FGPrax 2013, 279 Rn. 26 f.).
8
b) Nach dem Kenntnisstand bei der Haftanordnung lag diese Voraussetzung allerdings vor. Der Haftantrag entsprach insbesondere dem sich aus § 417 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 FamFG ergebenden Begründungserfordernis (vgl. Senat, Beschluss vom 22. Oktober 2014 - V ZB 61/14, InfAuslR 2015, 60 Rn. 6; Beschluss vom 22. Oktober 2015 - V ZB 46/14, juris Rn. 3), weil die Androhung in der dem Haftantrag beigefügten Verfügung der beteiligten Behörde vom 3. April 2013 enthalten war und der Sachverhalt sich so darstellte, dass der Betroffene der Ausreiseaufforderung der Behörde nicht nachgekommen, sondern nach Zustellung der behördlichen Verfügung bis zu seinem Aufgreifen bei einer Verkehrskontrolle im Dezember 2013 im Bundesgebiet untergetaucht war.
9
c) Tatsächlich fehlte es jedoch an der Vollstreckungsvoraussetzung, weil der Betroffene nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts nach der Aufforderung der beteiligten Behörde in die Türkei ausgereist und erst später über Bulgarien, wo er sich einen gefälschten Pass hatte anfertigen lassen, wieder in die Bundesrepublik Deutschland eingereist ist. Die Ausreise nach erfolgter Abschiebungsandrohung hatte - wie von der Rechtsbeschwerde zutreffend bemerkt - zur Folge, dass diese „verbraucht“ war, weil eine vorsorgliche Androhung auch für den Fall unerlaubter Wiedereinreise - von der Sonderregelung für das Flughafenverfahren (§ 18a Abs. 2 AsylVfG) abgesehen - nicht zulässig ist (Senat, Beschluss vom 1. Oktober 2015 - V ZB 44/15, juris Rn. 7; BVerwGE 124, 166, 170). Sie ist hier von der beteiligten Behörde auch nicht angeordnet worden. Das Beschwerdegericht hätte daher bei der von ihm auf der Grundlage des Vortrags des Betroffenen getroffenen Entscheidung die Haftanordnung des Amtsgerichts auf dessen Beschwerde aufheben müssen.
10
3. Beide Entscheidungen haben den Betroffenen zudem in seinen Rechten deshalb verletzt, weil die Gerichte darauf hingewirkt haben, dass die Haft unter Verletzung der im Lichte von Art. 16 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2008/115/EG (Rückführungsrichtlinie) auszulegenden Vorschrift des § 62a Abs. 1 AufenthG vollzogen wurde (zum Inhalt des Gebots der getrennten Un- terbringung: vgl. Senat, Beschluss vom 25. Juli 2014 - V ZB 137/14, FGPrax 2014, 230 Rn. 7 bis 9).

III.

11
Die Kostenentscheidung folgt aus § 81 Abs. 1, § 83 Abs. 2, § 430 FamFG, Art. 5 EMRK analog. Der Gegenstandswert bestimmt sich nach § 36 Abs. 3 GNotKG. Stresemann Schmidt-Räntsch Czub Kazele Göbel
Vorinstanzen:
AG Schweinfurt, Entscheidung vom 10.12.2013 - 03 XIV 292/13 (B) -
LG Schweinfurt, Entscheidung vom 15.01.2014 - 11 T 204/13 -

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(1) Hat sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt, spricht das Beschwerdegericht auf Antrag aus, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn der Beschwerdeführer ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat.

(2) Ein berechtigtes Interesse liegt in der Regel vor, wenn

1.
schwerwiegende Grundrechtseingriffe vorliegen oder
2.
eine Wiederholung konkret zu erwarten ist.

(3) Hat der Verfahrensbeistand oder der Verfahrenspfleger die Beschwerde eingelegt, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

(1) Die oberste Landesbehörde kann gegen einen Ausländer auf Grund einer auf Tatsachen gestützten Prognose zur Abwehr einer besonderen Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ohne vorhergehende Ausweisung eine Abschiebungsanordnung erlassen. Die Abschiebungsanordnung ist sofort vollziehbar; einer Abschiebungsandrohung bedarf es nicht.

(2) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat kann die Übernahme der Zuständigkeit erklären, wenn ein besonderes Interesse des Bundes besteht. Die oberste Landesbehörde ist hierüber zu unterrichten. Abschiebungsanordnungen des Bundes werden von der Bundespolizei vollzogen.

(3) Eine Abschiebungsanordnung darf nicht vollzogen werden, wenn die Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 1 bis 8 gegeben sind. § 59 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Die Prüfung obliegt der über die Abschiebungsanordnung entscheidenden Behörde, die nicht an hierzu getroffene Feststellungen aus anderen Verfahren gebunden ist.

(4) Dem Ausländer ist nach Bekanntgabe der Abschiebungsanordnung unverzüglich Gelegenheit zu geben, mit einem Rechtsbeistand seiner Wahl Verbindung aufzunehmen, es sei denn, er hat sich zuvor anwaltlichen Beistands versichert; er ist hierauf, auf die Rechtsfolgen der Abschiebungsanordnung und die gegebenen Rechtsbehelfe hinzuweisen. Ein Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von sieben Tagen nach Bekanntgabe der Abschiebungsanordnung zu stellen. Die Abschiebung darf bis zum Ablauf der Frist nach Satz 2 und im Falle der rechtzeitigen Antragstellung bis zur Entscheidung des Gerichts über den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz nicht vollzogen werden.

(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfall zur Wahrung überwiegender öffentlicher Belange zwingend erforderlich ist, insbesondere wenn

1.
der begründete Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will, oder
2.
von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.
Unter den in Satz 2 genannten Voraussetzungen kann darüber hinaus auch von einer Abschiebungsandrohung abgesehen werden, wenn
1.
der Aufenthaltstitel nach § 51 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 erloschen ist oder
2.
der Ausländer bereits unter Wahrung der Erfordernisse des § 77 auf das Bestehen seiner Ausreisepflicht hingewiesen worden ist.
Die Ausreisefrist kann unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls angemessen verlängert oder für einen längeren Zeitraum festgesetzt werden. § 60a Absatz 2 bleibt unberührt. Wenn die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht oder der Abschiebungsandrohung entfällt, wird die Ausreisefrist unterbrochen und beginnt nach Wiedereintritt der Vollziehbarkeit erneut zu laufen. Einer erneuten Fristsetzung bedarf es nicht. Nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise darf der Termin der Abschiebung dem Ausländer nicht angekündigt werden.

(2) In der Androhung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Gebietskörperschaften im Sinne der Anhänge I und II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39), sind Staaten gleichgestellt.

(3) Dem Erlass der Androhung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. In der Androhung ist der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Stellt das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots fest, so bleibt die Rechtmäßigkeit der Androhung im Übrigen unberührt.

(4) Nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung bleiben für weitere Entscheidungen der Ausländerbehörde über die Abschiebung oder die Aussetzung der Abschiebung Umstände unberücksichtigt, die einer Abschiebung in den in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staat entgegenstehen und die vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung eingetreten sind; sonstige von dem Ausländer geltend gemachte Umstände, die der Abschiebung oder der Abschiebung in diesen Staat entgegenstehen, können unberücksichtigt bleiben. Die Vorschriften, nach denen der Ausländer die im Satz 1 bezeichneten Umstände gerichtlich im Wege der Klage oder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung geltend machen kann, bleiben unberührt.

(5) In den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 bedarf es keiner Fristsetzung; der Ausländer wird aus der Haft oder dem öffentlichen Gewahrsam abgeschoben. Die Abschiebung soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.

(6) Über die Fristgewährung nach Absatz 1 wird dem Ausländer eine Bescheinigung ausgestellt.

(7) Liegen der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Ausländer Opfer einer in § 25 Absatz 4a Satz 1 oder in § 25 Absatz 4b Satz 1 genannten Straftat wurde, setzt sie abweichend von Absatz 1 Satz 1 eine Ausreisefrist, die so zu bemessen ist, dass er eine Entscheidung über seine Aussagebereitschaft nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 3 oder nach § 25 Absatz 4b Satz 2 Nummer 2 treffen kann. Die Ausreisefrist beträgt mindestens drei Monate. Die Ausländerbehörde kann von der Festsetzung einer Ausreisefrist nach Satz 1 absehen, diese aufheben oder verkürzen, wenn

1.
der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder
2.
der Ausländer freiwillig nach der Unterrichtung nach Satz 4 wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.
Die Ausländerbehörde oder eine durch sie beauftragte Stelle unterrichtet den Ausländer über die geltenden Regelungen, Programme und Maßnahmen für Opfer von in § 25 Absatz 4a Satz 1 genannten Straftaten.

(8) Ausländer, die ohne die nach § 4a Absatz 5 erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beschäftigt waren, sind vor der Abschiebung über die Rechte nach Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 13 der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24), zu unterrichten.

9
aa) Zu den gemäß § 417 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 FamFG darzulegenden Abschiebungsvoraussetzungen gehört die nach § 59 AufenthG erforderliche Abschiebungsandrohung. Fehlt es an einer für die Vollstreckung der Abschiebung notwendigen Voraussetzung, darf auch eine kraft Gesetzes (§ 58 Abs. 2 Satz 1 AufenthG) vollziehbare Ausreisepflicht nämlich nicht ohne weiteres durchgesetzt werden. Das hat der Senat bereits für § 59 AufenthG aF entschieden (Be- schluss vom 30. Juli 2012 - V ZB 245/11, juris Rn. 9). Für die am 26. November 2011 in Kraft getretene und hier einschlägige Neufassung der Vorschrift gilt nichts anderes (Senat, Beschluss vom 14. März 2013 - V ZB 135/12, juris Rn. 7). Zu der Neuregelung hat sich der Gesetzgeber mit Blick auf die Richtlinie 2008/115/EG (im Folgenden: Rückführungsrichtlinie) veranlasst gesehen, die in Art. 6 eine „Rückkehrentscheidung“ verlangt. Dass diese in Fällen, in denen die Ausreisepflicht nicht bereits durch Verwaltungsakt statuiert worden ist, durch die Androhung der Abschiebung begründet werden soll, geht aus den Gesetzesmaterialien klar hervor (BT-Drucks. 17/5470, S. 24; vgl. auch VGH Mannheim, InfAuslR 2013, 98, 99; VGH München, Beschluss vom 8. November 2012 - 10 CE 12.2401, juris Rn. 7; Hailbronner, Ausländerrecht, Stand August 2012, § 59 AufenthG Rn. 2a). Ausführungen zu einer Abschiebungsandrohung oder dazu, dass es einer solchen ausnahmsweise nicht bedurfte (z.B. nach § 59 Abs. 1 Satz 3 AufenthG oder nach § 34a Abs. 1 Satz 3 AsylVfG), enthält der Haftantrag nicht.

(1) Die Einreise eines Ausländers in das Bundesgebiet ist unerlaubt, wenn er

1.
einen erforderlichen Pass oder Passersatz gemäß § 3 Abs. 1 nicht besitzt,
2.
den nach § 4 erforderlichen Aufenthaltstitel nicht besitzt,
2a.
zwar ein nach § 4 erforderliches Visum bei Einreise besitzt, dieses aber durch Drohung, Bestechung oder Kollusion erwirkt oder durch unrichtige oder unvollständige Angaben erschlichen wurde und deshalb mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen oder annulliert wird, oder
3.
nach § 11 Absatz 1, 6 oder 7 nicht einreisen darf, es sei denn, er besitzt eine Betretenserlaubnis nach § 11 Absatz 8.

(2) Die mit der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs beauftragten Behörden können Ausnahme-Visa und Passersatzpapiere ausstellen.

(1) Der Ausländer ist abzuschieben, wenn die Ausreisepflicht vollziehbar ist, eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist, und die freiwillige Erfüllung der Ausreisepflicht nicht gesichert ist oder aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung eine Überwachung der Ausreise erforderlich erscheint. Bei Eintritt einer der in § 59 Absatz 1 Satz 2 genannten Voraussetzungen innerhalb der Ausreisefrist soll der Ausländer vor deren Ablauf abgeschoben werden.

(1a) Vor der Abschiebung eines unbegleiteten minderjährigen Ausländers hat sich die Behörde zu vergewissern, dass dieser im Rückkehrstaat einem Mitglied seiner Familie, einer zur Personensorge berechtigten Person oder einer geeigneten Aufnahmeeinrichtung übergeben wird.

(1b) Ein Ausländer, der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt oder eine entsprechende Rechtsstellung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union innehat und in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union international Schutzberechtigter ist, darf außer in den Fällen des § 60 Absatz 8 Satz 1 nur in den schutzgewährenden Mitgliedstaat abgeschoben werden. § 60 Absatz 2, 3, 5 und 7 bleibt unberührt.

(2) Die Ausreisepflicht ist vollziehbar, wenn der Ausländer

1.
unerlaubt eingereist ist,
2.
noch nicht die erstmalige Erteilung des erforderlichen Aufenthaltstitels oder noch nicht die Verlängerung beantragt hat oder trotz erfolgter Antragstellung der Aufenthalt nicht nach § 81 Abs. 3 als erlaubt oder der Aufenthaltstitel nach § 81 Abs. 4 nicht als fortbestehend gilt oder
3.
auf Grund einer Rückführungsentscheidung eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union gemäß Artikel 3 der Richtlinie 2001/40/EG des Rates vom 28. Mai 2001 über die gegenseitige Anerkennung von Entscheidungen über die Rückführung von Drittstaatsangehörigen (ABl. EG Nr. L 149 S. 34) ausreisepflichtig wird, sofern diese von der zuständigen Behörde anerkannt wird.
Im Übrigen ist die Ausreisepflicht erst vollziehbar, wenn die Versagung des Aufenthaltstitels oder der sonstige Verwaltungsakt, durch den der Ausländer nach § 50 Abs. 1 ausreisepflichtig wird, vollziehbar ist.

(3) Die Überwachung der Ausreise ist insbesondere erforderlich, wenn der Ausländer

1.
sich auf richterliche Anordnung in Haft oder in sonstigem öffentlichen Gewahrsam befindet,
2.
innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nicht ausgereist ist,
3.
auf Grund eines besonders schwerwiegenden Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 in Verbindung mit § 53 ausgewiesen worden ist,
4.
mittellos ist,
5.
keinen Pass oder Passersatz besitzt,
6.
gegenüber der Ausländerbehörde zum Zweck der Täuschung unrichtige Angaben gemacht oder die Angaben verweigert hat oder
7.
zu erkennen gegeben hat, dass er seiner Ausreisepflicht nicht nachkommen wird.

(4) Die die Abschiebung durchführende Behörde ist befugt, zum Zweck der Abschiebung den Ausländer zum Flughafen oder Grenzübergang zu verbringen und ihn zu diesem Zweck kurzzeitig festzuhalten. Das Festhalten ist auf das zur Durchführung der Abschiebung unvermeidliche Maß zu beschränken.

(5) Soweit der Zweck der Durchführung der Abschiebung es erfordert, kann die die Abschiebung durchführende Behörde die Wohnung des abzuschiebenden Ausländers zu dem Zweck seiner Ergreifung betreten, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass sich der Ausländer dort befindet. Die Wohnung umfasst die Wohn- und Nebenräume, Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume sowie anderes befriedetes Besitztum.

(6) Soweit der Zweck der Durchführung der Abschiebung es erfordert, kann die die Abschiebung durchführende Behörde eine Durchsuchung der Wohnung des abzuschiebenden Ausländers zu dem Zweck seiner Ergreifung vornehmen. Bei anderen Personen sind Durchsuchungen nur zur Ergreifung des abzuschiebenden Ausländers zulässig, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass der Ausländer sich in den zu durchsuchenden Räumen befindet. Absatz 5 Satz 2 gilt entsprechend.

(7) Zur Nachtzeit darf die Wohnung nur betreten oder durchsucht werden, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass die Ergreifung des Ausländers zum Zweck seiner Abschiebung andernfalls vereitelt wird. Die Organisation der Abschiebung ist keine Tatsache im Sinne von Satz 1.

(8) Durchsuchungen nach Absatz 6 dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die die Abschiebung durchführende Behörde angeordnet werden. Die Annahme von Gefahr im Verzug kann nach Betreten der Wohnung nach Absatz 5 nicht darauf gestützt werden, dass der Ausländer nicht angetroffen wurde.

(9) Der Inhaber der zu durchsuchenden Räume darf der Durchsuchung beiwohnen. Ist er abwesend, so ist, wenn möglich, sein Vertreter oder ein erwachsener Angehöriger, Hausgenosse oder Nachbar hinzuzuziehen. Dem Inhaber oder der in dessen Abwesenheit hinzugezogenen Person ist in den Fällen des Absatzes 6 Satz 2 der Zweck der Durchsuchung vor deren Beginn bekannt zu machen. Über die Durchsuchung ist eine Niederschrift zu fertigen. Sie muss die verantwortliche Dienststelle, Grund, Zeit und Ort der Durchsuchung und, falls keine gerichtliche Anordnung ergangen ist, auch Tatsachen, welche die Annahme einer Gefahr im Verzug begründet haben, enthalten. Dem Wohnungsinhaber oder seinem Vertreter ist auf Verlangen eine Abschrift der Niederschrift auszuhändigen. Ist die Anfertigung der Niederschrift oder die Aushändigung einer Abschrift nach den besonderen Umständen des Falles nicht möglich oder würde sie den Zweck der Durchsuchung gefährden, so sind dem Wohnungsinhaber oder der hinzugezogenen Person lediglich die Durchsuchung unter Angabe der verantwortlichen Dienststelle sowie Zeit und Ort der Durchsuchung schriftlich zu bestätigen.

(10) Weitergehende Regelungen der Länder, die den Regelungsgehalt der Absätze 5 bis 9 betreffen, bleiben unberührt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 92/12
vom
12. Juli 2013
in der Abschiebungshaftsache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
§ 62 Abs. 2 AufenthG lässt die Anordnung von Vorbereitungshaft nicht zu, wenn
es allein an der für die Vollstreckung der Abschiebung des vollziehbar ausreisepflichtigen
Ausländers erforderlichen Androhung nach § 59 AufenthG fehlt und
daher (noch) keine Sicherungshaft nach § 62 Abs. 3 AufenthG angeordnet werden
kann.
BGH, Beschluss vom 12. Juli 2013 - V ZB 92/12 - LG Hamburg
AG Hamburg
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. Juli 2013 durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Stresemann und die Richter Dr. Lemke, Prof. Dr. SchmidtRäntsch
, Dr. Czub und Dr. Kazele

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird festgestellt, dass der Beschluss des Landgerichts Hamburg - Zivilkammer 29 - vom 8. Mai 2012 und der Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 27. April 2012 ihn in seinen Rechten verletzt haben. Gerichtskosten werden in allen Instanzen nicht erhoben. Die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Betroffenen in allen Instanzen werden der Freien und Hansestadt Hamburg auferlegt. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 3.000 €.

Gründe:

I.

1
Der Betroffene, ein montenegrinischer Staatsangehöriger, reiste im Mai 2010 erneut unerlaubt in das Bundesgebiet ein. Er befand sich seit dem 16. Juni 2010 in Abschiebungshaft, deren weiterer Vollzug durch einen Beschluss des Senats einstweilen ausgesetzt wurde. Der auf freien Fuß gesetzte Betroffene war an dem ihm von der Behörde mitgeteilten Abschiebungstermin nicht mehr in seiner Wohnung, sondern mit unbekanntem Ziel verzogen. Als sich der Betroffene am 26. April 2012 in die Räume der beteiligten Behörde begab , um einen Duldungsantrag zu stellen, wurde er festgenommen.
2
Auf Antrag der beteiligten Behörde hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 27. April 2012 Haft zur Vorbereitung der Abschiebung des Betroffenen bis zum 25. Mai 2012 angeordnet. Die beteiligte Behörde hat am 3. Mai 2012 eine Verfügung erlassen, mit der sie dem Betroffenen nach § 59 AufenthG die Abschiebung in sein Heimatland angedroht hat. Die Beschwerde gegen die Haftanordnung hat das Landgericht zurückgewiesen. Einen mit der Rechtsbeschwerde gestellten Antrag auf einstweilige Aussetzung des weiteren Vollzugs der Haft hat der Senat mit Beschluss vom 11. Mai 2012 zurückgewiesen.
3
Der Betroffene ist nach Ablauf der bis zum 25. Mai 2012 angeordneten Haft auf freien Fuß gesetzt worden und im Juni 2012 aus der Bundesrepublik Deutschland ausgereist. Er beantragt nunmehr die Feststellung, durch die Beschlüsse des Amts- und des Landgerichts in seinen Rechten verletzt worden zu sein.

II.

4
Das Beschwerdegericht meint, der Beschluss über die Anordnung von Vorbereitungshaft nach § 62 Abs. 2 AufenthG sei rechtmäßig. Im Zeitpunkt der Haftanordnung sei eine Ausweisungsverfügung der Behörde zu erwarten gewesen. Diese habe am 3. Mai 2012 die Rückkehrentscheidung auch erlassen. Über die Ausweisung des Betroffenen habe nicht sofort entschieden werden können. Ohne die Inhaftnahme des Betroffenen wäre dessen Abschiebung wesentlich erschwert gewesen. Der Haftantrag der beteiligten Behörde sei im Zeitpunkt der Anhörung des Betroffenen durch den Haftrichter zulässig gewesen und ein Verstoß gegen den Beschleunigungsgrundsatz nicht festzustellen.

III.

5
Die Rechtsbeschwerde mit dem Feststellungsantrag analog § 62 FamFG ist gemäß § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 statthaft (Senat, Beschluss vom 25. Februar 2010 - V ZB 172/09, FGPrax 2010, 150, 151), auch im Übrigen zulässig und begründet.
6
1. Die angefochtenen Entscheidungen sind rechtsfehlerhaft, da die Abschiebungshaft gegen den Betroffenen nicht als Vorbereitungshaft (§ 62 Abs. 2 AufenthG) angeordnet werden durfte.
7
a) Nach § 62 Abs. 2 Satz 1 AufenthG ist ein Ausländer zur Vorbereitung der Ausweisung in Haft zu nehmen, wenn über die Ausweisung nicht sofort entschieden werden kann und die Abschiebung ohne die Inhaftnahme wesentlich erschwert oder vereitelt würde. Eine Inhaftierung nach dieser Vorschrift setzt voraus, dass eine Ausweisungsverfügung vorbereitet wird, die - aus irgendwelchen Gründen - nicht sofort ergehen kann. Die Ausweisung nach §§ 53, 54 oder 55 AufenthG ist ein Verwaltungsakt, der den weiteren Aufenthalt des Ausländers im Inland verhindern soll. Er enthält das Gebot, das Inland zu verlassen, und das Verbot, es erneut zu betreten (BVerwGE 49, 202, 207 f.; 106, 302, 304). Die Rechtsfolgen der Ausweisung sind regelmäßig das Erlöschen eines Aufenthaltstitels (§ 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG) und damit verbunden die Begründung der Ausreisepflicht des Ausländers nach § 50 Abs. 1 AufenthG (vgl. HKAuslR /Alexy, § 53 AufenthG Rn. 1; Huber/Beichel-Benedetti, AufenthG, vor §§ 53 bis 56 Rn. 2; Renner/Dienelt, Ausländerrecht, 9. Aufl., vor §§ 53 bis 56 AufenthG Rn. 2).
8
Vorbereitungshaft darf demgemäß nur dann angeordnet werden, wenn mit einer solchen Entscheidung innerhalb des in § 62 Abs. 2 Satz 2 AufenthG bestimmten Zeitraums von sechs Wochen zu rechnen ist (vgl. Senat, Beschluss vom 9. Februar 2012 - V ZB 305/10, Rn. 14, juris; BayObLGZ 1998, 124, 125). Die von der Ausländerbehörde beabsichtigte Ausweisung muss hinreichend sicher sein; es müssen konkrete Umstände vorliegen, die den Erlass einer Ausweisungsverfügung mit Wahrscheinlichkeit erwarten lassen (BayObLG, aaO).
9
b) Diese Voraussetzungen lagen hier nicht vor. Mit einer Ausweisungsverfügung ist nämlich grundsätzlich nicht zu rechnen, wenn der Ausländer bereits wegen unerlaubter Einreise nach § 58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG kraft Gesetzes vollziehbar ausreisepflichtig ist (vgl. Senat, Beschluss vom 9. Februar 2012 - V ZB 305/10, aaO). Dies gilt vor allem dann, wenn sich die Ausländerbehörde - wie hier - in ihrem Haftantrag und danach auf die gesetzliche Ausreisepflicht des Betroffenen nach unerlaubter Einreise (§ 58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 14 Abs. 1 AufenthG) beruft und auch keine (neue) Ausweisungsverfügung ankündigt.
10
Allerdings kann eine Ausweisungsverfügung auch gegen einen Ausländer ergehen, der bereits nach § 58 Abs. 2 Satz 1 AufenthG vollziehbar ausreispflichtig und damit nach § 58 Abs. 1 Satz 1 AufenthG abzuschieben ist. Dies ist auch dann zulässig, wenn - wie hier - gegen den Ausländer bereits einmal eine Ausweisungsverfügung ergangen ist, weil ein öffentliches Interesse an einer (Zweit-)Ausweisung bestehen kann, wenn die Sperrwirkung einer früheren Ausweisung für eine erneute Einreise bereits entfallen ist oder entfallen wird (vgl. BVerwGE 106, 302, 305). Auch in diesen Fällen darf jedoch gegen einen Ausländer, der bereits vollziehbar ausreisepflichtig ist und abgeschoben werden kann, keine Vorbereitungshaft nach § 62 Abs. 2 AufenthG angeordnet werden, weil auch diese nur zur Sicherung der Abschiebung, aber nicht zur Herbeiführung der Sperrwirkung angeordnet werden darf (Huber/Beichel-Benedetti, AufenthG, § 62 Rn. 5). Ob ausnahmsweise etwas anderes dann gilt, wenn der Ausländer nicht nach § 58 Abs. 2 Satz 1 AufenthG kraft Gesetzes ausreisepflichtig ist und die Behörde - wegen Zweifeln an der Rechtsmäßigkeit oder an der Fortgeltung der früheren Ausreiseverfügung - eine Zweitausweisungsverfügung erlassen will, bedarf keiner Entscheidung, da ein solcher Fall hier nicht vorliegt.
11
c) Ist eine Ausweisungsverfügung nicht zu erwarten, kann Vorbereitungshaft nach § 62 Abs. 2 AufenthG nicht angeordnet werden. Die Ausführungen des Beschwerdegerichts, dass die Vorbereitungshaft gegen den Betroffenen deshalb hätte angeordnet werden dürfen, weil die Verfügung der beteiligten Behörde vom 3. Mai 2012 eine Ausweisung im Sinne des § 62 Abs. 2 AufenthG gewesen sei, sind in mehreren Punkten rechtsfehlerhaft.
12
aa) Das Beschwerdegericht unterscheidet nicht zwischen der regelmäßig erst die Ausreisepflicht des Ausländers begründenden Ausweisung nach §§ 53 bis 55 AufenthG und der die zwangsweise Durchsetzung dieser Pflicht ermöglichenden Abschiebungsandrohung nach § 59 AufenthG. Die Androhung der Abschiebung ist nicht - wie die Ausweisung (zu dieser oben 1.a) - die Untersagung des Aufenthalts des Ausländers im Bundesgebiet, sondern eine Maßnahme der Verwaltungsvollstreckung nach § 13 VwVG (vgl. GK-AufenthG/FunkeKaiser , Stand: März 2013, § 59 Rn. 33; Hailbronner, AuslR, 76. Aktualisierung [März 2012], § 59 AufenthG Rn. 2; Renner/Dienelt, Ausländerrecht, 9. Aufl., § 59 AufenthG Rn. 2). Sie ist Voraussetzung für die Durchsetzung der Ausreisepflicht gegen den Willen des Betroffenen durch Abschiebung, die im Wege der Verwaltungsvollstreckung durch Ausübung unmittelbaren Zwangs erfolgt (vgl. nur GK-AufenthG/Funke-Kaiser, Stand: Februar 2012, § 58 Rn. 4; Hailbronner, AuslR, 76. Aktualisierung [März 2012], § 58 AufenthG Rn. 4).
13
bb) Das Beschwerdegericht sieht zu Unrecht in der Entscheidung der beteiligten Behörde vom 3. Mai 2012 eine Ausweisung im Sinne des § 62 Abs. 2 AufenthG. Die beteiligte Behörde hat eine Abschiebungsandrohung und keine Ausweisungsverfügung gegen den Betroffenen erlassen. Das ergibt sich bereits aus dem Tenor ihrer Entscheidung. Der Betroffene ist danach nicht aus dem Bundesgebiet ausgewiesen worden, sondern ihm ist unter Hinweis auf die bereits bestehende vollziehbare Ausreispflicht die Abschiebung in sein Heimatland nach § 59 Abs. 1, 2 AufenthG angedroht worden.
14
cc) § 62 Abs. 2 AufenthG lässt die Anordnung von Vorbereitungshaft nicht zu, wenn es allein an der für die Vollstreckung der Abschiebung des vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers erforderlichen Androhung nach § 59 AufenthG fehlt und daher (noch) keine Sicherungshaft nach § 62 Abs. 3 AufenthG angeordnet werden kann. Ein anderes Verständnis der Vorschrift findet im Gesetzeswortlaut keine Stütze. Demgemäß ist die Vorschrift über die Vorbereitungshaft (§ 62 Abs. 2 AufenthG) stets nur in den Fällen einer von der Behörde beabsichtigen Ausweisungsverfügung für einschlägig erachtet worden (vgl. nur Senat, Beschluss vom 9. Februar 2012 - V ZB 305/10, Rn. 14, juris; BayObLGZ 1998, 124, 125; OLG München, OLGR 2006, 205; GKAufenthG /Paintner, Stand: Februar 2011, § 62 Rn. 18; Hailbronner, AuslR, 76. Aktualisierung [Januar 2012], § 62 AufenthG Rn. 29; Renner/Dienelt, Ausländerrecht , 9. Aufl., § 62 AufenthG Rn. 8).
15
dd) Etwas anderes folgt nicht daraus, dass es sich bei der Abschiebungsandrohung , wie das Beschwerdegericht zutreffend erkennt, um die erforderliche Rückkehrentscheidung handelt.
16
(1) Einer solchen Entscheidung bedarf es deshalb, weil sich die Voraussetzungen für die Durchsetzung der Ausreisepflicht des Ausländers mit dem Inkrafttreten der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (im Folgenden: Rückführungslinie) am 26. November 2011 geändert haben. Nach früherer Rechtslage konnte die Haft zur Sicherung der Zurückschiebung eines illegal eingereisten und damit vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers (§ 58 Abs. 2 i.V.m. § 14 Abs. 1 AufenthG) ohne eine Rückkehrentscheidung angeordnet werden. Einer förmlichen Androhung der Abschiebung oder eines Verwaltungsakts, durch den der Ausländer zum Verlassen des Bundesgebiets aufgefordert wurde, bedurfte es für die Anordnung von Abschiebungshaft nicht (vgl. nur Senat, Beschluss vom 25. März 2010 - V ZA 9/10, NVwZ 2010, 1175 Rn. 9).
17
Das hat sich dadurch geändert, dass Art. 6 Abs. 1 der Rückführungsrichtlinie von den Mitgliedstaaten für die Beendigung des illegalen Aufenthalts der sich in ihrem Hoheitsgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen den Erlass einer Rückkehrentscheidung verlangt. Diese Anforderung des Gemeinschaftsrechts hat der Gesetzgeber durch eine Änderung der Vorschrift über die Androhung der Abschiebung umgesetzt (§ 59 AufenthG); diese soll - falls die Ausreisepflicht nicht bereits durch einen Verwaltungsakt nach § 51 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 AufenthG begründet worden ist - die Rückkehrentscheidung im Sinne des Art. 6 Abs. 1 der Rückkehrrichtlinie darstellen (BT-Drucks. 17/5470, S. 24). Das hat Folgen für die Anordnung von Abschiebungshaft. Der Senat hat bereits ausgeführt , dass auch eine kraft Gesetzes vollziehbare Ausreisepflicht auf Grund illegaler Einreise nach § 58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG nicht mehr ohne weiteres mit einer Abschiebung durchgesetzt werden darf, sondern eine dem Haftrichter nachzuweisende Rückkehrentscheidung vorliegen muss (Senat, Beschluss vom 14. März 2013 - V ZB 135/12, Rn. 7 juris). Ist eine Abschiebungsandrohung noch nicht ergangen, darf Sicherungshaft nach § 62 Abs. 3 AufenthG nicht angeordnet werden.
18
(2) Verfehlt ist es jedoch, daraus den Schluss zu ziehen,dass nunmehr - wenn die für die Anordnung von Sicherungshaft nach § 62 Abs. 3 AufenthG erforderlichen Abschiebungsandrohung nach § 59 AufenthG (noch) aussteht - Vorbereitungshaft gegen den Ausländer angeordnet werden kann, sofern die in § 62 Abs. 2 Satz 1 AufenthG genannte weitere Voraussetzung vorliegt, dass ohne die Inhaftnahme des Ausländers die Abschiebung wesentlich erschwert oder vereitelt würde. Die Abschiebungsandrohung bleibt eine für die zwangsweise Durchsetzung der Ausreisepflicht durch Haft erforderliche Vollstreckungsmaßnahme. Sie wird nicht deswegen, weil sie im nationalen Recht die Rückkehrentscheidung nach Art. 6 Abs. 1 der Rückführungsrichtlinie darstellt (vgl. GK-AufenthG/Funke-Kaiser, Stand: März 2013, § 59 Rn. 270; Hailbronner, AuslR, 76. Aktualisierung [März 2012], § 59 AufenthG Rn. 2a), zu einer Ausweisungsverfügung nach §§ 53, 54 oder 55 AufenthG.
19
d) Die richterliche Anordnung der Vorbereitungshaft verletzt danach den Ausländer selbst dann in seinem Freiheitsgrundrecht, wenn die Abschiebungsandrohung nicht bis zur Beantragung der Haft hätte erlassen können. In Betracht käme unter dieser Voraussetzung allenfalls - unter strikter Beachtung des Beschleunigungsgebots - bei Vorliegen der Haftgründe nach § 62 Abs. 3 Satz 1 AufenthG und dem dringenden Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden die Anordnung eine ganz kurzzeitige, vorläufige Ingewahrsamnahme nach § 427 Abs. 1 Satz 1 FamFG (vgl. Senat, Beschluss vom 16. Mai 2013 - V ZB 44/12, Rn. 11, juris).
20
2. Der mit dem Rechtsmittel verfolgte Feststellungsantrag analog § 62 FamFG ist schließlich unabhängig davon begründet, ob gegen den Betroffenen die Abschiebungshaft möglicherweise als Sicherungshaft nach § 62 Abs. 3 AufenthG hätte angeordnet werden können. Eine solche hypothetische, allein an den materiellen Haftvoraussetzungen orientierte Betrachtungsweise widerspricht den sich aus Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG ergebenden Anforderungen (vgl. BVerfG, NVwZ-RR 2009, 304, 305). Vor diesem Hintergrund kommt es nur darauf an, dass Vorbereitungshaft beantragt und angeordnet worden ist, obwohl diese Haft nicht hätte angeordnet werden dürfen. Das allein begründet die Rechtsverletzung des Betroffenen, so dass dessen analog § 62 FamFG gestellten Feststellungsantrag insgesamt stattzugeben ist.

IV.

21
Die Kostenentscheidung folgt aus § 81 Abs. 1, § 83 Abs. 2, § 430 FamFG, Art. 5 EMRK analog, die Festsetzung des Gegenstandswerts aus § 128c Abs. 3 Satz 2, § 30 Abs. 2 KostO. Stresemann Lemke Schmidt-Räntsch Czub Kazele
Vorinstanzen:
AG Hamburg, Entscheidung vom 27.04.2012 - 219j XIV 113/12 -
LG Hamburg, Entscheidung vom 08.05.2012 - 329 T 23/12 -

(1) Die Freiheitsentziehung darf das Gericht nur auf Antrag der zuständigen Verwaltungsbehörde anordnen.

(2) Der Antrag ist zu begründen. Die Begründung hat folgende Tatsachen zu enthalten:

1.
die Identität des Betroffenen,
2.
den gewöhnlichen Aufenthaltsort des Betroffenen,
3.
die Erforderlichkeit der Freiheitsentziehung,
4.
die erforderliche Dauer der Freiheitsentziehung sowie
5.
in Verfahren der Abschiebungs-, Zurückschiebungs- und Zurückweisungshaft die Verlassenspflicht des Betroffenen sowie die Voraussetzungen und die Durchführbarkeit der Abschiebung, Zurückschiebung und Zurückweisung.
Die Behörde soll in Verfahren der Abschiebungshaft mit der Antragstellung die Akte des Betroffenen vorlegen.

(3) Tatsachen nach Absatz 2 Satz 2 können bis zum Ende der letzten Tatsacheninstanz ergänzt werden.

3
2. Im Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung stand zwar fest, dass die Haft nunmehr die Abschiebung in die Türkei sichern sollte. Insoweit war jedoch der Haftantrag unzulässig, weil er sich nicht zu den Voraussetzungen der Abschiebung verhielt; dies gilt insbesondere für die gemäß § 59 AufenthG erforderliche Abschiebungsandrohung (vgl. Senat, Beschluss vom 16. Mai 2013 - V ZB 44/12, InfAuslR 2013, 349 Rn. 9 ff.). Das Beschwerdegericht hat diesen Mangel auch nicht - was möglich gewesen wäre (Senat, Beschluss vom 16. Juli 2014 - V ZB 80/13, InfAuslR 2014, 384 Rn. 21 ff.) - durch eigene Ermittlungen behoben, weil es hierauf bezogene Feststellungen nicht getroffen hat.
7
Die in dem früheren Verfahren ergangene Abschiebungsandrohung der BAMF in dem Bescheid vom 17. Juli 2012 ist zwar bestandskräftig. Sie konnte aber ihren Zweck, dem Betroffenen vor Augen zu führen, dass seine Ausreisepflicht bei Nichteinhaltung der Ausreisefrist ggf. im Wege der Abschiebung durchgesetzt würde, nicht erfüllen; denn der Betroffene war im Zeitpunkt der Androhung bereits freiwillig in sein Heimatland zurückgekehrt. Dies war der Behörde auch bekannt, da sie das Asylverfahren in dem Bescheid vom 17. Juli 2012 im Hinblick auf die freiwillige Rückreise des Betroffenen in seine Heimat gemäß §§ 32, 33 Abs. 2 AsylVfG eingestellt hatte. Da die Abschiebungsandrohung somit für die Behörde erkennbar ins Leere ging, konnte sie nicht als Grundlage für die Anordnung von Haft zur Sicherung der Abschiebung dienen. Sie wäre eine vorsorgliche Androhung für den Fall einer künftigen Einreise , die aber nicht vorgesehen und somit unzulässig ist (BVerwerfGE, 124, 166, 170 f.).

(1) Die Abschiebungshaft wird grundsätzlich in speziellen Hafteinrichtungen vollzogen. Sind spezielle Hafteinrichtungen im Bundesgebiet nicht vorhanden oder geht von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit aus, kann sie in sonstigen Haftanstalten vollzogen werden; die Abschiebungsgefangenen sind in diesem Fall getrennt von Strafgefangenen unterzubringen. Werden mehrere Angehörige einer Familie inhaftiert, so sind diese getrennt von den übrigen Abschiebungsgefangenen unterzubringen. Ihnen ist ein angemessenes Maß an Privatsphäre zu gewährleisten.

(2) Den Abschiebungsgefangenen wird gestattet, mit Rechtsvertretern, Familienangehörigen, den zuständigen Konsularbehörden und einschlägig tätigen Hilfs- und Unterstützungsorganisationen Kontakt aufzunehmen.

(3) Bei minderjährigen Abschiebungsgefangenen sind unter Beachtung der Maßgaben in Artikel 17 der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (ABl. L 348 vom 24.12.2008, S. 98) alterstypische Belange zu berücksichtigen. Der Situation schutzbedürftiger Personen ist besondere Aufmerksamkeit zu widmen.

(4) Mitarbeitern von einschlägig tätigen Hilfs- und Unterstützungsorganisationen soll auf Antrag gestattet werden, Abschiebungsgefangene zu besuchen.

(5) Abschiebungsgefangene sind über ihre Rechte und Pflichten und über die in der Einrichtung geltenden Regeln zu informieren.

Tenor

Die Vollziehung der mit Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 8. Mai 2014 gegen den Betroffenen angeordneten und durch Beschluss der 39. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 27. Juni 2014 aufrecht erhaltenen Sicherungshaft wird einstweilen ausgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Betroffene ist türkischer Staatsbürger und reiste am 27. April 2014 ohne Ausweis- oder Aufenthaltspapiere mit Hilfe eines Schleppers nach Deutschland ein. Am 7. Mai 2014 wurde er in Köln bei dem Versuch festgenommen, sich unter Vorlage einer gefälschten bulgarischen Identitätskarte anzumelden. Mit Verfügung vom gleichen Tag drohte ihm die beteiligte Behörde die Abschiebung an. Auf ihren Antrag hat das Amtsgericht am 8. Mai 2014 gegen den Betroffenen Haft bis zum 6. August 2014 angeordnet. Die Haft wird in einem gesonderten Gebäude auf dem Gelände der Justizvollzugsanstalt Büren vollzogen. Am 6. Juni 2014 hat der Betroffene aus der Haft heraus einen Asylantrag gestellt. Auf die gegen die Haftanordnung gerichtete Beschwerde hat das Landgericht mit Beschluss vom 27. Juni 2014 die Rechtswidrigkeit der Haft für den Zeitraum vom 8. Mai 2014 bis zum 27. Juni 2014 festgestellt und die weitergehende Beschwerde zurückgewiesen. Hiergegen hat der Betroffene Rechtsbeschwerde eingelegt.

2

Einen ersten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der angeordneten Haft hat der Senat mit Beschluss vom 3. Juli 2014 zurückgewiesen. Mit dem vorliegenden zweiten Aussetzungsantrag macht der Betroffene geltend, der Vollzug der Haft in der Justizvollzugsanstalt Büren widerspreche dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 17. Juli 2014 (Rs. 473/13 und 514/13 - Bero und Bouzalmate, ECLI:EU:C:2014:2095).

II.

3

Der Aussetzungsantrag hat Erfolg.

4

1. Er ist in entsprechender Anwendung von § 64 Abs. 3 FamFG statthaft (Senat, Beschluss vom 21. Januar 2010 - V ZB 14/10, FGPrax 2010, 97 Rn. 3). Seiner Zulässigkeit steht nicht entgegen, dass der Senat den ersten Aussetzungsantrag des Betroffenen abgelehnt hat. Der Zurückweisungsbeschluss erwächst nicht in Rechtskraft. Deshalb kann eine Aussetzung bei Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen auch angeordnet werden, wenn ein vorausgegangener Aussetzungsantrag zurückgewiesen worden ist (vgl. auch BGH, Beschluss vom 4. März 2009 - AnwZ (B) 78/08, juris Rn. 3). Ein Rechtsschutzbedürfnis für den erneuten Antrag besteht jedenfalls deshalb, weil der Betroffene unter Hinweis auf das zwischenzeitlich ergangene Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union nunmehr erstmals die rechtswidrige Unterbringung in der Justizvollzugsanstalt Büren rügt.

5

2. Der Antrag ist auch begründet, weil die Rechtsbeschwerde des Betroffenen nach der gebotenen summarischen Prüfung erfolgreich sein wird. Im Hinblick auf das Gebot einer möglichst wirksamen Anwendung des Rechts der Union (effet utile) muss der Haftrichter die Anordnung von Sicherungshaft ablehnen, wenn absehbar ist, dass der Betroffene entgegen den Vorgaben des Unionsrechts untergebracht werden wird (Senat, Vorlagebeschluss vom 11. Juli 2013 - V ZB 40/11, NVwZ 2014, 166, Rn. 20). Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

6

a) Die Unterbringung des Betroffenen in der Justizvollzugsanstalt Büren widerspricht den unionsrechtlichen Vorgaben.

7

aa) Nach Art. 16 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2008/115/EG erfolgt die Inhaftierung von Betroffenen zur Sicherung der Ab- oder Zurückschiebung grundsätzlich in speziellen Hafteinrichtungen. Zwar dürfen Betroffene nach Art. 16 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie in „gewöhnlichen Haftanstalten“ untergebracht werden, wenn in einem Mitgliedstaat solche speziellen Hafteinrichtungen nicht vorhanden sind. Diese Ausnahme trifft aber nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union für Deutschland nicht zu, weil in mehreren deutschen Bundesländern spezielle Einrichtungen vorhanden sind (EuGH, Urteil vom 17. Juli 2014 - C 473/13 und C 514/13 - Bero und Bouzalmate, ECLI:EU:C:2014: 2095 Rn. 30 f.).

8

§ 62a Abs. 1 Satz 2 AufenthG ist in diesem Sinne richtlinienkonform einschränkend auszulegen. Dem steht nicht entgegen, dass die Vorschrift nach ihrem Wortlaut auf die Verhältnisse in dem betroffenen Bundesland und nicht auf die Verhältnisse in Deutschland insgesamt abstellt. Der Gesetzgeber hat mit der Vorschrift ausweislich der Entwurfsbegründung Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie ohne Abstriche umsetzen wollen (BT-Drucks. 17/5470 S. 25). Er hat dabei ein - wie sich aus dem Urteil des Gerichtshofs ergibt - fehlerhaftes Verständnis der Richtlinie zugrunde gelegt, was aber an dem Willen zur richtlinienkonformen Anpassung des nationalen deutschen Rechts nichts ändert. Einem solchen Versehen ist mit einer richtlinienkonformen - hier einschränkenden - Auslegung Rechnung zu tragen (vgl. BGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - VIII ZR 70/08, BGHZ 192, 148 Rn. 26; Senat, Beschluss vom 8. Januar 2014 - V ZB 137/12, InfAuslR 2014, 148 Rn. 9-11).

9

bb) Nach dem erwähnten Urteil des Gerichtshofs kann die Unterbringung eines Betroffenen in einem gesonderten Gebäude auf dem Gelände einer Justizvollzugsanstalt, anders als die beteiligte Behörde meint, auch nicht als Unterbringung in einer speziellen Hafteinrichtung angesehen werden, wie sie von Art. 16 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie verlangt wird. Wenn Betroffene in einem Mitgliedstaat überhaupt in gewöhnlichen Haftanstalten untergebracht werden dürfen, dürfte dies nach Art. 16 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie 2008/115/EG nur „gesondert von den gewöhnlichen Strafgefangenen“ geschehen. In einem weiteren Urteil vom 17. Juli 2014 hat der Gerichtshof der Europäischen Union ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich aus dem Wortlaut dieser Norm die unbedingte Verpflichtung ergibt, die illegal aufhältigen Drittstaatsangehörigen von den gewöhnlichen Strafgefangenen zu trennen, wenn ein Mitgliedstaat sie nicht in speziellen Hafteinrichtungen unterbringen kann (Rs. C-474/13 - Pham, ECLI:EU:C:2014:2096 Rn. 17, 21). Daraus folgt, dass eine solche gesonderte Unterbringung von Betroffenen auf dem Gelände einer gewöhnlichen Haftanstalt keine Unterbringung in einer speziellen Hafteinrichtung sein kann. Sie ist - unabhängig von ihrer Ausgestaltung im Einzelnen - eine Unterbringung in einer gewöhnlichen Haftanstalt, die in Deutschland, wie ausgeführt, generell nicht zulässig ist.

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cc) Die Justizvollzugsanstalt Büren dient nach Teil 4 des geltenden Vollstreckungsplans für das Land Nordrhein-Westfalen (Allgemeinverfügung des Justizministeriums vom 16. September 2003 - 4431 - IV B. 28) dem Vollzug der Abschiebungshaft, der Freiheitsstrafe von bis zu drei Monaten und der Ersatzfreiheitsstrafe. Es handelt sich deshalb um eine gewöhnliche Haftanstalt, in der auch von einer Ab- oder Zurückschiebung Betroffene untergebracht sind. Diese Art der Unterbringung widerspricht dem Unionsrecht.

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b) Daran gemessen ist jedenfalls der weitere Vollzug der Haft rechtswidrig, weil der Betroffene derzeit unter Verstoß gegen die Vorgaben des Unionsrechts untergebracht ist und die Behörde eine Änderung der Unterbringung abgelehnt hat.

Schmidt-Räntsch                      Roth                    Brückner

                          Weinland                 Kazele

(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.

(2) Das Gericht soll die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegen, wenn

1.
der Beteiligte durch grobes Verschulden Anlass für das Verfahren gegeben hat;
2.
der Antrag des Beteiligten von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und der Beteiligte dies erkennen musste;
3.
der Beteiligte zu einer wesentlichen Tatsache schuldhaft unwahre Angaben gemacht hat;
4.
der Beteiligte durch schuldhaftes Verletzen seiner Mitwirkungspflichten das Verfahren erheblich verzögert hat;
5.
der Beteiligte einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder über eine sonstige Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung nach § 156 Absatz 1 Satz 3 oder einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einer Beratung nach § 156 Absatz 1 Satz 4 nicht nachgekommen ist, sofern der Beteiligte dies nicht genügend entschuldigt hat.

(3) Einem minderjährigen Beteiligten können Kosten in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, nicht auferlegt werden.

(4) Einem Dritten können Kosten des Verfahrens nur auferlegt werden, soweit die Tätigkeit des Gerichts durch ihn veranlasst wurde und ihn ein grobes Verschulden trifft.

(5) Bundesrechtliche Vorschriften, die die Kostenpflicht abweichend regeln, bleiben unberührt.

(1) Wird das Verfahren durch Vergleich erledigt und haben die Beteiligten keine Bestimmung über die Kosten getroffen, fallen die Gerichtskosten jedem Teil zu gleichen Teilen zur Last. Die außergerichtlichen Kosten trägt jeder Beteiligte selbst.

(2) Ist das Verfahren auf sonstige Weise erledigt oder wird der Antrag zurückgenommen, gilt § 81 entsprechend.

Wird ein Antrag der Verwaltungsbehörde auf Freiheitsentziehung abgelehnt oder zurückgenommen und hat das Verfahren ergeben, dass ein begründeter Anlass zur Stellung des Antrags nicht vorlag, hat das Gericht die Auslagen des Betroffenen, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren, der Körperschaft aufzuerlegen, der die Verwaltungsbehörde angehört.

(1) Soweit sich in einer vermögensrechtlichen Angelegenheit der Geschäftswert aus den Vorschriften dieses Gesetzes nicht ergibt und er auch sonst nicht feststeht, ist er nach billigem Ermessen zu bestimmen.

(2) Soweit sich in einer nichtvermögensrechtlichen Angelegenheit der Geschäftswert aus den Vorschriften dieses Gesetzes nicht ergibt, ist er unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Beteiligten, nach billigem Ermessen zu bestimmen, jedoch nicht über 1 Million Euro.

(3) Bestehen in den Fällen der Absätze 1 und 2 keine genügenden Anhaltspunkte für eine Bestimmung des Werts, ist von einem Geschäftswert von 5 000 Euro auszugehen.

(4) Wenn sich die Gerichtsgebühren nach den für Notare geltenden Vorschriften bestimmen, sind die für Notare geltenden Wertvorschriften entsprechend anzuwenden. Wenn sich die Notargebühren nach den für Gerichte geltenden Vorschriften bestimmen, sind die für Gerichte geltenden Wertvorschriften entsprechend anzuwenden.