Bundesgerichtshof Beschluss, 04. März 2010 - StB 46/09

published on 04/03/2010 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 04. März 2010 - StB 46/09
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
_____________
StB 46/09
vom
4. März 2010
in dem Ermittlungsverfahren
gegen
Unbekannt,
wegen Mordes u. a.
hier: Beschwerde des Zeugen E. gegen die Anordnung von Haft zur
Erzwingung des Zeugnisses
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 4. März 2010 gemäß § 304 Abs. 5
StPO beschlossen:
Die Beschwerde des Zeugen E. gegen den Beschluss des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 9. September 2009 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


I.


1
Der Generalbundesanwalt führt ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt wegen Mordes, Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und anderer Straftaten. Gegenstand ist die Tötung des damaligen hessischen Ministers für Wirtschaft und Technik Heinz-Herbert Karry in Frankfurt am Main am 11. Mai 1981 durch unbekannte Mitglieder der terroristischen Vereinigung "Revolutionäre Zellen" (RZ).
2
In diesem Verfahren hat der Zeuge M. am 18. Januar 2001 Angaben gemacht über Gespräche, die ab Frühjahr 1986 bis Anfang 1990 unter Angehö- rigen der "Revolutionären Zellen" geführt worden sind und die einzelne Umstände des Todes von Minister Karry zum Gegenstand hatten. An diesen Gesprächen soll nach Angaben des Zeugen auch der Beschwerdeführer teilgenommen haben.
3
Der Generalbundesanwalt hat, nachdem der Beschwerdeführer bei einer staatsanwaltschaftlichen Vernehmung am 29. Juli 2009 unter Berufung auf § 55 StPO die Beantwortung jeder Frage zur Sache verweigert hatte, die richterliche Vernehmung beantragt. Vor dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs hat der Beschwerdeführer am 9. September 2009 im Beisein des ihm beigeordneten Zeugenbeistands, Frau Rechtsanwältin W. , erklärt, er werde keine Fragen zu dem Beweisthema "Zuhörer bei Gesprächen, anlässlich derer die Ermordung von Minister Karry Gegenstand war" beantworten.
4
Darauf hat der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs gemäß § 70 Abs. 1 und 2 StPO durch den angefochtenen Beschluss gegen den Zeugen ein Ordnungsgeld von 200 €, ersatzweise für je 100 € einen Tag Ordnungshaft festgesetzt und Erzwingungshaft längstens bis zur Dauer von sechs Monaten angeordnet, die Vollziehung der Beugehaft jedoch bis zur Entscheidung über die Beschwerde gegen deren Anordnung ausgesetzt.
5
Im Beschwerdeverfahren hat Rechtsanwältin W. beantragt, ihr für den Fall, dass der Senat die Ansicht vertrete, dem Beschwerdeführer stünde ein Auskunftsverweigerungsrecht nicht zu, Einsicht in die vollständigen Ermittlungsakten zu gewähren. Hiergegen hat der Generalbundesanwalt Bedenken erhoben.

II.


6
Das Rechtsmittel ist hinsichtlich der Erzwingungshaft gemäß § 304 Abs. 5 StPO zulässig (BGHSt 36, 192). Der Senat kann darüber entscheiden, ohne dass dem Beistand des Beschwerdeführers die begehrte Akteneinsicht gewährt worden ist, da ein Akteneinsichtsrecht hier nicht besteht. In der Sache bleibt die Beschwerde ohne Erfolg.
7
1. Die Entscheidung über die Akteneinsicht steht vorliegend dem Generalbundesanwalt zu, da es sich um ein Ermittlungsverfahren handelt (§ 478 Abs. 1 Satz 1 1. Halbs. StPO). Daran ändert die Tatsache nichts, dass die Akten dem Senat zur Entscheidung über eine Beschwerde vorliegen. Ein Fall von § 478 Abs. 1 Satz 1 2. Halbs. StPO ist deswegen nicht gegeben (Gieg in KK 6. Aufl. § 478 Rdn. 2). Der Senat hat indes aus Vereinfachungsgründen davon abgesehen, den Beschwerdeführer darauf zu verweisen, zunächst eine förmliche Entscheidung des Generalbundesanwalts über das Akteneinsichtsgesuch zu erwirken und sodann ggf. gemäß § 478 Abs. 3 StPO gegen eine Ablehnung der Akteneinsicht gerichtliche Entscheidung zu beantragen, da er nach § 161 a Abs. 3 StPO, § 135 Abs. 2 GVG auch darüber zu entscheiden hätte.
8
2. Dem anwaltlichen Zeugenbeistand steht im Gegensatz zu dem Verteidiger (vgl. § 147 Abs. 1 StPO) ein eigenes Recht auf Akteneinsicht nicht zu. Seine Rechtsstellung leitet sich aus der des Zeugen ab. Er hat keine eigenen Rechte als Verfahrensbeteiligter und keine weitergehenden Befugnisse als der Zeuge selbst. Dieser hat, sofern er nicht Verletzter ist, ein Akteneinsichtsrecht nur als "Privatperson" im Sinne von § 475 StPO (HansOLG Hamburg NJW 2002, 1590; KG, Beschl. vom 7. Februar 2008 (1) 2 BJs 58/06-2 (2/08) - juris m. w. N.; Ignor/Bertheau in Löwe/Rosenberg, StPO 26. Aufl. § 68 b Rdn. 24).
Ein berechtigtes Interesse an der Kenntnis der Ermittlungsakten im Sinne von § 475 Abs. 1 Satz 1 StPO hat der Beschwerdeführer nicht. Dies gilt insbesondere , soweit es um die Kenntnis des Zeugen von der Aussage anderer Zeugen geht, was schon aus § 58 Abs. 1, § 243 Abs. 2 Satz 1 StPO folgt: Danach ist ein Zeuge in Abwesenheit der später zu hörenden Zeugen zu vernehmen; während der Einlassung des Angeklagten (sofern diese vor der Zeugenvernehmung abgegeben wird) hat er den Sitzungssaal zu verlassen. Der Zeuge soll auf diese Weise unbeeinflusst von der Kenntnis der Angaben Dritter aussagen (vgl. Meyer-Goßner, StPO 52. Aufl. § 58 Rdn. 2). Insoweit stehen zugleich Zwecke des Strafverfahrens der Akteneinsicht entgegen (§ 477 Abs. 2 Satz 1 StPO). Der Beweiswert der Aussage des Beschwerdeführers wäre gemindert, wenn er vor ihr im Einzelnen wüsste, was andere Zeugen zu dem Beweisthema bekundet haben.
9
3. Dem Beschwerdeführer steht kein Auskunftsverweigerungsrecht in dem von ihm in Anspruch genommenen Umfang zu.
10
a) § 55 Abs. 1 StPO gewährt dem Zeugen das Recht, die Auskunft auf solche Fragen zu verweigern, deren Beantwortung ihn selbst oder einen Angehörigen der Gefahr aussetzen würde, wegen einer Straftat oder - was hier indes nicht in Betracht kommt - einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden. Eine Verfolgungsgefahr im Sinne des § 55 Abs. 1 StPO ist anzunehmen, wenn eine Ermittlungsbehörde aus einer wahrheitsgemäßen Aussage des Zeugen Tatsachen entnehmen könnte, die sie zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens (§ 152 StPO) veranlassen oder zur Aufrechterhaltung oder Verstärkung eines Tatverdachts führen könnte. Hierfür genügt es bereits, wenn der Zeuge bestimmte Tatsachen angeben müsste, die lediglich mittelbar den Verdacht einer Straftat begründen. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn die wahrheitsge- mäße Beantwortung einer Frage zwar allein eine Strafverfolgung nicht auslösen , jedoch "als Teilstück in einem mosaikartigen Beweisgebäude" zu einer Belastung des Zeugen beitragen könnte (vgl. BGH NJW 1999, 1413). Für die Gefahr strafrechtlicher Verfolgung muss es konkrete tatsächliche Anhaltspunkte geben; bloße Vermutungen oder rein denktheoretische Möglichkeiten reichen nicht aus (BGH NStZ 1999, 415, 416).
11
Selbst wenn danach von einer Verfolgungsgefahr ausgegangen werden muss, so ist der Zeuge gemäß § 55 Abs. 1 StPO grundsätzlich nur berechtigt, die Auskunft auf einzelne Fragen zu verweigern. Nur ausnahmsweise ist er zu einer umfassenden Verweigerung der Auskunft befugt, wenn seine gesamte in Betracht kommende Aussage mit einem möglicherweise strafbaren Verhalten in so engem Zusammenhang steht, dass im Umfang der vorgesehenen Vernehmungsgegenstände nichts übrig bleibt, wozu er ohne die Gefahr der Verfolgung wegen einer Straftat wahrheitsgemäß aussagen könnte (vgl. BGH NStZ 2002, 607; NStZ-RR 2005, 316). Dies gilt auch im Hinblick auf die Vernehmung zu einem einzelnen Tatsachenkomplex.
12
b) Eine solche Gefahr hat der Beschwerdeführer weder glaubhaft gemacht noch ist sie ersichtlich. Im Einzelnen gilt:
13
Der Beschwerdeführer ist durch Urteil des Kammergerichts vom 15. Juli 2004 wegen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren mit Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt worden. Die Tat hat er nach den Feststellungen des rechtskräftigen Urteils im Rahmen seiner mitgliedschaftlichen Beteiligung bei den "Revolutionären Zellen" begangen. Er war danach "im April 1986" aufgefordert worden, dieser Vereinigung beizutreten , und war dem Ansinnen "einige Wochen später" gefolgt. Seine Mitglied- schaft endete mit dem Zerfall der Berliner Gruppe der "Revolutionären Zellen" im Frühjahr 1988. Die gegen den Beschwerdeführer erhobenen Anklagevorwürfe der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung (§ 129 a StGB) sowie des Herbeiführens einer weiteren Sprengstoffexplosion sind im Verfahren vor dem Kammergericht im Zusammenhang mit einer verfahrensbeendenden Absprache gemäß § 154 a Abs. 2 StPO ausgeschieden worden, nachdem der Angeklagte eine geständige Einlassung abgegeben hatte.
14
Würde der Beschwerdeführer bekunden, an Gesprächen teilgenommen zu haben, die ab Frühjahr 1986 bis Anfang 1990 unter Angehörigen der "Revolutionären Zellen" geführt worden sind, so wäre eine Gefahr erneuter Verfolgung wegen des Vorwurfs der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung aufgrund der sich auch auf die ausgeschiedenen Rechtsverletzungen erstreckenden Rechtskraft des Urteils des Kammergerichts zweifellos ausgeschlossen (vgl. Meyer-Goßner aaO § 154 a Rdn. 28).
15
Es liegen auch keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass eine solche Tatsachenbekundung den Beschwerdeführer darüber hinaus in die Gefahr einer Strafverfolgung wegen der Beteiligung an der Tötung von Herrn Karry bringen könnte. Dass er sich ab Frühjahr 1986 an der terroristischen Vereinigung mitgliedschaftlich beteiligt hat, steht seit Jahren aufgrund seiner geständigen Einlassung vor dem Kammergericht fest. Zurecht hat der Generalbundesanwalt mehrfach darauf hingewiesen, es gebe keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer vor dem im Urteil des Kammergerichts festgestellten Zeitpunkt sowie nach Auflösung der Berliner Gruppe Mitglied der "Revolutionären Zellen" gewesen ist oder gar an dem Tötungsverbrechen im Jahr 1981 beteiligt war.
16
In gleicher Weise ist nicht zu erkennen, dass sich der Beschwerdeführer der Gefahr strafrechtlicher Verfolgung wegen sonstiger Vorwürfe aussetzen könnte, wenn er einräumen würde, bei den Gesprächen Erkenntnisse über mögliche Beteiligte an der Tötung gewonnen oder Vermutungen darüber angestellt zu haben, ohne in der Folgezeit den Strafverfolgungsbehörden darüber Mitteilung zu machen.
17
Nach alledem kann der Beschwerdeführer sich für die pauschale Verweigerung , auf Fragen zu dem Komplex "Zuhörer bei Gesprächen, anlässlich derer die Ermordung von Minister Karry Gegenstand war" zu antworten, nicht auf § 55 StPO berufen. Angesichts der Schwere der aufzuklärenden Straftat ist die Anordnung von Erzwingungshaft auch verhältnismäßig. Becker Pfister Hubert
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(1) Die Beschwerde ist gegen alle von den Gerichten im ersten Rechtszug oder im Berufungsverfahren erlassenen Beschlüsse und gegen die Verfügungen des Vorsitzenden, des Richters im Vorverfahren und eines beauftragten oder ersuchten Richters zulässig,

(1) Jeder Zeuge kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihm selbst oder einem der in § 52 Abs. 1 bezeichneten Angehörigen die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden.
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published on 28/10/2014 00:00

Tenor Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben. Die durch Beschluss des Landgerichts Bielefeld vom 22. Juli 2013 bestimmte Bewährungs- und Unterstellungszeit wird um ein Jahr verlängert. Die in dem Beschluss des Landgerichts Bielefeld vom 22. Juli
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Annotations

(1) Jeder Zeuge kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihm selbst oder einem der in § 52 Abs. 1 bezeichneten Angehörigen die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden.

(2) Der Zeuge ist über sein Recht zur Verweigerung der Auskunft zu belehren.

(1) Wird das Zeugnis oder die Eidesleistung ohne gesetzlichen Grund verweigert, so werden dem Zeugen die durch die Weigerung verursachten Kosten auferlegt. Zugleich wird gegen ihn ein Ordnungsgeld und für den Fall, daß dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft festgesetzt.

(2) Auch kann zur Erzwingung des Zeugnisses die Haft angeordnet werden, jedoch nicht über die Zeit der Beendigung des Verfahrens in dem Rechtszug, auch nicht über die Zeit von sechs Monaten hinaus.

(3) Die Befugnis zu diesen Maßregeln steht auch dem Richter im Vorverfahren sowie dem beauftragten und ersuchten Richter zu.

(4) Sind die Maßregeln erschöpft, so können sie in demselben oder in einem anderen Verfahren, das dieselbe Tat zum Gegenstand hat, nicht wiederholt werden.

(1) Die Beschwerde ist gegen alle von den Gerichten im ersten Rechtszug oder im Berufungsverfahren erlassenen Beschlüsse und gegen die Verfügungen des Vorsitzenden, des Richters im Vorverfahren und eines beauftragten oder ersuchten Richters zulässig, soweit das Gesetz sie nicht ausdrücklich einer Anfechtung entzieht.

(2) Auch Zeugen, Sachverständige und andere Personen können gegen Beschlüsse und Verfügungen, durch die sie betroffen werden, Beschwerde erheben.

(3) Gegen Entscheidungen über Kosten oder notwendige Auslagen ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.

(4) Gegen Beschlüsse und Verfügungen des Bundesgerichtshofes ist keine Beschwerde zulässig. Dasselbe gilt für Beschlüsse und Verfügungen der Oberlandesgerichte; in Sachen, in denen die Oberlandesgerichte im ersten Rechtszug zuständig sind, ist jedoch die Beschwerde zulässig gegen Beschlüsse und Verfügungen, welche

1.
die Verhaftung, einstweilige Unterbringung, Unterbringung zur Beobachtung, Bestellung eines Pflichtverteidigers oder deren Aufhebung, Beschlagnahme, Durchsuchung oder die in § 101 Abs. 1 oder § 101a Absatz 1 bezeichneten Maßnahmen betreffen,
2.
die Eröffnung des Hauptverfahrens ablehnen oder das Verfahren wegen eines Verfahrenshindernisses einstellen,
3.
die Hauptverhandlung in Abwesenheit des Angeklagten (§ 231a) anordnen oder die Verweisung an ein Gericht niederer Ordnung aussprechen,
4.
die Akteneinsicht betreffen oder
5.
den Widerruf der Strafaussetzung, den Widerruf des Straferlasses und die Verurteilung zu der vorbehaltenen Strafe (§ 453 Abs. 2 Satz 3), die Anordnung vorläufiger Maßnahmen zur Sicherung des Widerrufs (§ 453c), die Aussetzung des Strafrestes und deren Widerruf (§ 454 Abs. 3 und 4), die Wiederaufnahme des Verfahrens (§ 372 Satz 1) oder die Einziehung oder die Unbrauchbarmachung nach den §§ 435, 436 Absatz 2 in Verbindung mit § 434 Absatz 2 und § 439 betreffen;
§ 138d Abs. 6 bleibt unberührt.

(5) Gegen Verfügungen des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofes und des Oberlandesgerichts (§ 169 Abs. 1) ist die Beschwerde nur zulässig, wenn sie die Verhaftung, einstweilige Unterbringung, Bestellung eines Pflichtverteidigers oder deren Aufhebung, Beschlagnahme, Durchsuchung oder die in § 101 Abs. 1 bezeichneten Maßnahmen betreffen.

Auskünfte nach den §§ 474 bis 476 und Datenübermittlungen von Amts wegen nach § 477 können auch durch Überlassung von Kopien aus den Akten erfolgen.

(1) In Strafsachen ist der Bundesgerichtshof zuständig zur Verhandlung und Entscheidung über das Rechtsmittel der Revision gegen die Urteile der Oberlandesgerichte im ersten Rechtszug sowie gegen die Urteile der Landgerichte im ersten Rechtszug, soweit nicht die Zuständigkeit der Oberlandesgerichte begründet ist.

(2) Der Bundesgerichtshof entscheidet ferner über

1.
Beschwerden gegen Beschlüsse und Verfügungen der Oberlandesgerichte in den in § 138d Absatz 6 Satz 1, § 304 Absatz 4 Satz 2 und § 310 Absatz 1 der Strafprozessordnung bezeichneten Fällen,
2.
Beschwerden gegen Verfügungen des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofes (§ 169 Absatz 1 Satz 2 der Strafprozessordnung) in den in § 304 Absatz 5 der Strafprozessordnung bezeichneten Fällen sowie
3.
Einwände gegen die Besetzung eines Oberlandesgerichts im Fall des § 222b Absatz 3 Satz 1 der Strafprozessordnung.

(1) Der Verteidiger ist befugt, die Akten, die dem Gericht vorliegen oder diesem im Falle der Erhebung der Anklage vorzulegen wären, einzusehen sowie amtlich verwahrte Beweisstücke zu besichtigen.

(2) Ist der Abschluss der Ermittlungen noch nicht in den Akten vermerkt, kann dem Verteidiger die Einsicht in die Akten oder einzelne Aktenteile sowie die Besichtigung von amtlich verwahrten Beweisgegenständen versagt werden, soweit dies den Untersuchungszweck gefährden kann. Liegen die Voraussetzungen von Satz 1 vor und befindet sich der Beschuldigte in Untersuchungshaft oder ist diese im Fall der vorläufigen Festnahme beantragt, sind dem Verteidiger die für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Freiheitsentziehung wesentlichen Informationen in geeigneter Weise zugänglich zu machen; in der Regel ist insoweit Akteneinsicht zu gewähren.

(3) Die Einsicht in die Protokolle über die Vernehmung des Beschuldigten und über solche richterlichen Untersuchungshandlungen, bei denen dem Verteidiger die Anwesenheit gestattet worden ist oder hätte gestattet werden müssen, sowie in die Gutachten von Sachverständigen darf dem Verteidiger in keiner Lage des Verfahrens versagt werden.

(4) Der Beschuldigte, der keinen Verteidiger hat, ist in entsprechender Anwendung der Absätze 1 bis 3 befugt, die Akten einzusehen und unter Aufsicht amtlich verwahrte Beweisstücke zu besichtigen, soweit der Untersuchungszweck auch in einem anderen Strafverfahren nicht gefährdet werden kann und überwiegende schutzwürdige Interessen Dritter nicht entgegenstehen. Werden die Akten nicht elektronisch geführt, können ihm an Stelle der Einsichtnahme in die Akten Kopien aus den Akten bereitgestellt werden.

(5) Über die Gewährung der Akteneinsicht entscheidet im vorbereitenden Verfahren und nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens die Staatsanwaltschaft, im Übrigen der Vorsitzende des mit der Sache befassten Gerichts. Versagt die Staatsanwaltschaft die Akteneinsicht, nachdem sie den Abschluss der Ermittlungen in den Akten vermerkt hat, versagt sie die Einsicht nach Absatz 3 oder befindet sich der Beschuldigte nicht auf freiem Fuß, so kann gerichtliche Entscheidung durch das nach § 162 zuständige Gericht beantragt werden. Die §§ 297 bis 300, 302, 306 bis 309, 311a und 473a gelten entsprechend. Diese Entscheidungen werden nicht mit Gründen versehen, soweit durch deren Offenlegung der Untersuchungszweck gefährdet werden könnte.

(6) Ist der Grund für die Versagung der Akteneinsicht nicht vorher entfallen, so hebt die Staatsanwaltschaft die Anordnung spätestens mit dem Abschluß der Ermittlungen auf. Dem Verteidiger oder dem Beschuldigten, der keinen Verteidiger hat, ist Mitteilung zu machen, sobald das Recht zur Akteneinsicht wieder uneingeschränkt besteht.

(7) (weggefallen)

(1) Für eine Privatperson und für sonstige Stellen kann unbeschadet des § 57 des Bundesdatenschutzgesetzes ein Rechtsanwalt Auskünfte aus Akten erhalten, die dem Gericht vorliegen oder diesem im Falle der Erhebung der öffentlichen Klage vorzulegen wären, soweit er hierfür ein berechtigtes Interesse darlegt. Auskünfte sind zu versagen, wenn der hiervon Betroffene ein schutzwürdiges Interesse an der Versagung hat.

(2) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 kann Akteneinsicht gewährt werden, wenn die Erteilung von Auskünften einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern oder nach Darlegung dessen, der Akteneinsicht begehrt, zur Wahrnehmung des berechtigten Interesses nicht ausreichen würde.

(3) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 können amtlich verwahrte Beweisstücke besichtigt werden.

(4) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 können auch Privatpersonen und sonstigen Stellen Auskünfte aus den Akten erteilt werden.

(1) Die Zeugen sind einzeln und in Abwesenheit der später zu hörenden Zeugen zu vernehmen.

(2) Eine Gegenüberstellung mit anderen Zeugen oder mit dem Beschuldigten im Vorverfahren ist zulässig, wenn es für das weitere Verfahren geboten erscheint. Bei einer Gegenüberstellung mit dem Beschuldigten ist dem Verteidiger die Anwesenheit gestattet. Von dem Termin ist der Verteidiger vorher zu benachrichtigen. Auf die Verlegung eines Termins wegen Verhinderung hat er keinen Anspruch. Hat der Beschuldigte keinen Verteidiger, so ist er darauf hinzuweisen, dass er in den Fällen des § 140 die Bestellung eines Pflichtverteidigers nach Maßgabe des § 141 Absatz 1 und des § 142 Absatz 1 beantragen kann.

(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind.

(2) Die Zeugen verlassen den Sitzungssaal. Der Vorsitzende vernimmt den Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse.

(3) Darauf verliest der Staatsanwalt den Anklagesatz. Dabei legt er in den Fällen des § 207 Abs. 3 die neue Anklageschrift zugrunde. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 3 trägt der Staatsanwalt den Anklagesatz mit der dem Eröffnungsbeschluß zugrunde liegenden rechtlichen Würdigung vor; außerdem kann er seine abweichende Rechtsauffassung äußern. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 4 berücksichtigt er die Änderungen, die das Gericht bei der Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung beschlossen hat.

(4) Der Vorsitzende teilt mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Diese Pflicht gilt auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung, soweit sich Änderungen gegenüber der Mitteilung zu Beginn der Hauptverhandlung ergeben haben.

(5) Sodann wird der Angeklagte darauf hingewiesen, daß es ihm freistehe, sich zu der Anklage zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Ist der Angeklagte zur Äußerung bereit, so wird er nach Maßgabe des § 136 Abs. 2 zur Sache vernommen. Auf Antrag erhält der Verteidiger in besonders umfangreichen erstinstanzlichen Verfahren vor dem Land- oder Oberlandesgericht, in denen die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird, Gelegenheit, vor der Vernehmung des Angeklagten für diesen eine Erklärung zur Anklage abzugeben, die den Schlussvortrag nicht vorwegnehmen darf. Der Vorsitzende kann dem Verteidiger aufgeben, die weitere Erklärung schriftlich einzureichen, wenn ansonsten der Verfahrensablauf erheblich verzögert würde; § 249 Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend. Vorstrafen des Angeklagten sollen nur insoweit festgestellt werden, als sie für die Entscheidung von Bedeutung sind. Wann sie festgestellt werden, bestimmt der Vorsitzende.

(1) Von Amts wegen dürfen personenbezogene Daten aus Strafverfahren Strafverfolgungsbehörden und Strafgerichten für Zwecke der Strafverfolgung sowie den zuständigen Behörden und Gerichten für Zwecke der Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten übermittelt werden, soweit diese Daten aus der Sicht der übermittelnden Stelle hierfür erforderlich sind.

(2) Eine von Amts wegen erfolgende Übermittlung personenbezogener Daten aus Strafverfahren ist auch zulässig, wenn die Kenntnis der Daten aus der Sicht der übermittelnden Stelle erforderlich ist für

1.
die Vollstreckung von Strafen oder von Maßnahmen im Sinne des § 11 Absatz 1 Nummer 8 des Strafgesetzbuches oder für die Vollstreckung oder Durchführung von Erziehungsmaßregeln oder von Zuchtmitteln im Sinne des Jugendgerichtsgesetzes,
2.
den Vollzug von freiheitsentziehenden Maßnahmen oder
3.
Entscheidungen in Strafsachen, insbesondere über die Strafaussetzung zur Bewährung oder deren Widerruf, oder in Bußgeld- oder Gnadensachen.

(1) Jeder Zeuge kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihm selbst oder einem der in § 52 Abs. 1 bezeichneten Angehörigen die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden.

(2) Der Zeuge ist über sein Recht zur Verweigerung der Auskunft zu belehren.

(1) Zur Erhebung der öffentlichen Klage ist die Staatsanwaltschaft berufen.

(2) Sie ist, soweit nicht gesetzlich ein anderes bestimmt ist, verpflichtet, wegen aller verfolgbaren Straftaten einzuschreiten, sofern zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen.

(1) Jeder Zeuge kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihm selbst oder einem der in § 52 Abs. 1 bezeichneten Angehörigen die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden.

(2) Der Zeuge ist über sein Recht zur Verweigerung der Auskunft zu belehren.