Bundesgerichtshof Beschluss, 19. März 2013 - StB 2/13

bei uns veröffentlicht am19.03.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
StB 2/13
vom
19. März 2013
in dem Strafverfahren
gegen
wegen Mordes
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
sowie des Angeklagten und seiner Verteidiger am 19. März 2013
gemäß § 304 Abs. 1, Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 StPO beschlossen:
Die Beschwerde des Angeklagten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 17. Januar 2013 - III-6 StS 3/12 - wird verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

I.


1
Der Angeklagte ist am 8. April 2007 festgenommen worden und befindet sich seit dem Folgetag ununterbrochen, mithin seit knapp sechs Jahren in Untersuchungshaft. Nachdem der Senat durch seine Beschlüsse vom 30. Oktober 2007, 14. Februar 2008 und 17. Juni 2008 jeweils die Fortdauer der Untersuchungshaft angeordnet hatte, hat der Generalbundesanwalt unter dem 24. Juni 2008 Anklage wegen mehrfachen vollendeten und versuchten Mordes, unter anderem in Tateinheit mit Rädelsführerschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung, und wegen anderer Straftaten zum Oberlandesgericht Düsseldorf erhoben. Dieses hat nach Zulassung der Anklage und Eröffnung des Hauptverfahrens durch Beschluss vom 21. November 2008 ab dem 15. Januar 2009 die Hauptverhandlung gegen den Angeklagten durchgeführt und ihn durch Urteil vom 27. September 2011 wegen Mordes an zwei Menschen zur lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Auf die Revision des Angeklagten hat der Senat durch Urteil vom 29. November 2012 das erstinstanzliche Urteil mit den Feststellungen aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an einen anderen Strafsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf zurückverwiesen.
2
Durch Beschluss vom 17. Januar 2013 hat das Oberlandesgericht auf den Haftprüfungsantrag des Angeklagten vom 5. Dezember 2012 entschieden, dass der Haftbefehl des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofes vom 27. Mai 2008 im Hinblick auf den Tatvorwurf des Mordes an zwei Menschen aufrecht erhalten bleibt und weiter vollzogen wird.
3
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Angeklagten. Zur Begründung des Rechtsmittels trägt er im Wesentlichen vor, dass die angefallenen Ermittlungsergebnisse schon einen dringenden Tatverdacht gemäß § 112 Abs. 1 Satz 1 StPO nicht begründen; insbesondere habe das Oberlandesgericht die Bedeutung der Revisionsentscheidung des Senats hinsichtlich der Angaben des Belastungszeugen G. unzutreffend bewertet. Außerdem sei das Verfahren bisher nicht mit der gebotenen Beschleunigung betrieben worden. Insoweit sei auch die Zeit von sechs Monaten, die der jetzt zuständige Strafsenat des Oberlandesgerichts für die Vorbereitung der neuen Hauptverhandlung beanspruchen wolle, mit den Grundsätzen des § 121 StPO nicht vereinbar. Die Haftfortdauerentscheidung verstoße auch gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Insoweit fehle es in der angefochtenen Entscheidung an einer Auseinandersetzung mit der voraussichtlichen Dauer der neuen Hauptverhandlung und der sich daraus ergebenden Gesamtdauer des Verfahrens.
4
Das Oberlandesgericht hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen.
5
Der Generalbundesanwalt hat beantragt, die Beschwerde als unbegründet zu verwerfen.

II.


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Die zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg.
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1. Der Angeklagte ist (weiterhin) dringend verdächtig, als führendes Mitglied der terroristischen Vereinigung "Devrimci Sol" ("Revolutionäre Linke", Vorgängerorganisation der "DHKP-C") von der Bundesrepublik Deutschland aus in einem Telefonat mit dem Zeugen Gü. den durch ein bewaffnetes Kommando dieser Organisation am 1. April 1993 gegen 10:00 Uhr verübten Mordanschlag in Kiziltoprak/Istanbul angeordnet zu haben, bei dem zwei Polizeibeamte getötet wurden. Der dringende Tatverdacht ergibt sich aus den zu diesem Tatvorwurf in der Anklage des Generalbundesanwaltes benannten Beweismitteln; zu dem konkreten Anschlagsbefehl durch den Angeklagten von Deutschland aus beruht er insbesondere auf den Angaben des Zeugen G. , die dieser bei seinen kommissarischen Vernehmungen während der Hauptverhandlung am 17. Februar 2010 und am 23. September 2010 gemacht hat, sowie auf den Angaben des Zeugen Gü. in dessen polizeilichen Vernehmung vom 2. Mai 1993.
8
Der Zeuge G. hat in seiner Vernehmung vom 17. Februar 2010 bekundet , der Zeuge Gü. habe ihm berichtet, dass der Angeklagte diesem telefonisch die Anweisung zur Durchführung des am 1. April 1993 in Kiziltoprak auf Polizeikräfte verübten Anschlags erteilt habe. Der Angeklagte habe sich damals in Deutschland aufgehalten. In seiner zweiten kommissarischen Vernehmung hat der Zeuge G. diese Angaben ausdrücklich bestätigt und die Umstände der Mitteilung durch den Zeugen Gü. weiter erläutert. Der Her- anziehung der Angaben des Zeugen G. steht nicht entgegen, dass der Senat das erstinstanzliche Urteil mit den Feststellungen aufgehoben hat. Zwar war es sachlich-rechtlich fehlerhaft, dass das Oberlandesgericht die Angaben des Zeugen G. , die er bei seinen beiden kommissarischen Vernehmungen zu der Mitteilung des Zeugen Gü. über die Erteilung des Anschlagsbefehls durch den Angeklagten gemacht hatte, insgesamt als konstant gewürdigt hat, obwohl der Zeuge zum Zeitpunkt und zu einigen Begleitumständen dieser Mitteilung widersprüchlich ausgesagt hatte. Auch hat der Senat auf der Grundlage der schriftlichen Urteilsgründe nicht auszuschließen vermocht, dass das Oberlandesgericht bei Berücksichtigung des Umstandes, dass die Angaben des Zeugen in diesen Teilen nicht konstant waren, die Beweislage anders bewertet hätte. Dies führt indes nicht dazu, dass der im Rahmen dieser Beschwerdeentscheidung auf der Grundlage der vorhandenen Beweismittel zu beurteilende Beweiswert der Aussagen dieses Zeugen derart vermindert wäre, dass der dringende Tatverdacht gegen den Angeklagten entfiele; denn der in der Revisionsentscheidung des Senats aufgezeigte Widerspruch betrifft nicht den eigentlichen Kern der Angaben des Zeugen G. . Vielmehr hat dieser die Tatsache, dass der Zeuge Gü. ihm mitgeteilt hat, der Angeklagte habe diesem den Befehl zur Durchführung dieses Anschlags erteilt, im Wesentlichen konstant bekundet. Bei der Bewertung dieser Aussagen hat der Senat - wie schon in der Revisionsentscheidung - berücksichtigt, dass der Zeuge G. zur Tatbeteiligung des Angeklagten "Zeuge vom Hörensagen" ist und die den Tatvorwurf stützende Beweislage auch im Übrigen von bedeutsamen Besonderheiten gekennzeichnet ist. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ist unter den gegebenen Umständen nicht ohne Weiteres davon auszugehen, dass der Zeuge G. im Rahmen der neuen Hauptverhandlung keine Angaben mehr machen wird oder seine bisherigen Angaben nicht auf andere Weise in diese ein- geführt werden könnten. Letztlich muss dies der neuen Hauptverhandlung vorbehalten bleiben.
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Hinzu kommt, dass der Zeuge Gü. in seiner Vernehmung durch türkische Ermittlungsbehörden am 2. Mai 1993 angegeben hat, dass ihm der Angeklagte von Deutschland aus den Aktionsbefehl für den am 1. April 1993 in Kiziltoprak verübten Anschlag auf eine Polizeieinheit erteilt habe, bei dem zwei Polizeibeamte und drei "Militante" getötet, sowie sechs weitere Polizeibeamte verwundet und ein "Militanter" festgenommen worden seien. Die Verwertung dieser Angaben, die bereits Grundlage des gegen den Angeklagten bestehenden dringenden Tatverdachts seiner Anschlagsbeteiligung im Haftbefehl des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofes vom 27. Mai 2008 (6 BGs 52/2008), der Haftprüfungsentscheidungen des Senats vom 17. Juni 2008 (AK 9/08) und vom 2. Oktober 2008 (AK 15/08) sowie Gegenstand der Anklage des Generalbundesanwaltes vom 24. Juni 2008 waren, wird nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen nicht dadurch gehindert, dass der Zeuge - mehrfach, zuletzt auch gegenüber dem Oberlandesgericht - behauptet hat, er sei durch die Anwendung von Gewalt und Folter von Beamten der türkischen Polizei zu dieser Aussage bzw. zum Unterschreiben der Vernehmungsprotokolle gezwungen worden (§ 136a Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 2 StPO); denn angesichts der insoweit nur vagen und pauschalen Angaben des Zeugen zu angeblich angewandten unzulässigen Vernehmungsmethoden, dem Fehlen von Angaben zu einem konkreten Foltergeschehen und auch angesichts der vorliegenden Ergebnisse der zu dem Foltervorwurf des Zeugen angestellten Ermittlungen in der Türkei, durch die die von dem Zeugen erhobenen Vorwürfe nicht bestätigt worden sind, ist diese Behauptung des Zeugen derzeit zumindest nicht erwiesen (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Mai 2008 - StB 4 und 5/08, NStZ 2008, 643; zu Art. 15 UN-Antifolterkonvention und Art. 3 MRK vgl. BGH, Beschluss vom 14. September 2010 - 3 StR 573/09, BGHSt 55, 314, 319).
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2. Zutreffend ist das Oberlandesgericht davon ausgegangen, dass bei dem Angeklagten neben dem Haftgrund des § 112 Abs. 3 StPO auch die Haftgründe der Fluchtgefahr und der Verdunkelungsgefahr gemäß § 112 Abs. 2 Nr. 2 und 3 StPO weiterhin vorliegen. Dem gegebenen erheblichen Fluchtanreiz stehen weiterhin keinerlei belastbare private Bindungen und soziale Beziehungen des Angeklagten in Deutschland gegenüber. Dieser Wertung steht nicht entgegen, dass der Beschwerdeführer nach einer Haftentlassung bei seinem Bruder wohnen könnte. Die gegebenen Umstände schließen auch eine Aussetzung des Vollzugs des Haftbefehls nach § 116 Abs. 1 StPO aus.
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3. Die Untersuchungshaft hat mit Blick auf das Spannungsverhältnis zwischen dem Freiheitsanspruch des Angeklagten und dem Interesse der Allgemeinheit an einer effektiven Strafverfolgung bei Berücksichtigung und Abwägung der gegebenen Besonderheiten des vorliegenden Verfahrens - auch angesichts der bereits knapp sechs Jahre währenden Untersuchungshaft und der zu erwartenden Gesamtdauer des Verfahrens - fortzudauern. Die Haftfortdauer steht angesichts der Besonderheiten des Verfahrens auch nicht außer Verhältnis zu der erwarteten Strafe (§ 120 Abs. 1 Satz 1 StPO). Insoweit gilt:
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a) Bei Anordnung und Fortdauer der Untersuchungshaft ist das in Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG gewährleistete Recht des Einzelnen auf persönliche Freiheit in besonderer Weise zu beachten. Der Entzug der Freiheit eines der Straftat lediglich Verdächtigen ist wegen der Unschuldsvermutung, die ihre Wurzel im Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG hat und auch in Art. 6 Abs. 2 EMRK ausdrücklich hervorgehoben ist, nur ausnahmsweise zulässig. Dabei muss den vom Standpunkt der Strafverfolgung aus erforderlich und zweckmäßig erscheinenden Freiheitsbeschränkungen der Freiheitsanspruch des noch nicht rechtskräftig verurteilten Angeklagten als Korrektiv gegenübergestellt werden, wobei dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eine maßgebliche Bedeutung zukommt.
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Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist nicht nur für die Anordnung, sondern auch für die Dauer der Untersuchungshaft von Bedeutung. Er verlangt, dass die Dauer der Untersuchungshaft nicht außer Verhältnis zur erwarteten Strafe steht, und setzt ihr auch unabhängig vom Tatvorwurf und von der Straferwartung Grenzen. Das Gewicht des Freiheitsanspruchs vergrößert sich gegenüber dem Interesse an einer wirksamen Strafverfolgung regelmäßig mit zunehmender Dauer der Untersuchungshaft. Daraus folgt zum einen, dass die Anforderungen an die Zügigkeit der Arbeit in einer Haftsache mit der Dauer der Untersuchungshaft steigen. Zum anderen nehmen auch die Anforderungen an den die Haftfortdauer rechtfertigenden Grund zu.
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Das verfassungsrechtlich verankerte Beschleunigungsgebot in Haftsachen verlangt, dass die Strafverfolgungsbehörden und Strafgerichte alle möglichen und zumutbaren Maßnahmen ergreifen, um die notwendigen Ermittlungen mit der gebotenen Schnelligkeit abzuschließen und eine gerichtliche Entscheidung über die einem Beschuldigten vorgeworfenen Taten herbeizuführen. An den zügigen Fortgang des Verfahrens sind dabei umso strengere Anforderungen zu stellen, je länger die Untersuchungshaft schon andauert. Zur Durchführung eines geordneten Strafverfahrens und einer Sicherstellung der späteren Strafvollstreckung kann die Untersuchungshaft deshalb nicht mehr als notwendig anerkannt werden, wenn ihre Fortdauer durch vermeidbare Verfahrensverzögerungen verursacht ist. Bei absehbar umfangreicheren Verfahren ist daher stets eine vorausschauende, auch größere Zeiträume umgreifende Hauptver- handlung mit mehr als einem durchschnittlichen Hauptverhandlungstag pro Woche notwendig. Von dem Beschuldigten nicht zu vertretende, sachlich nicht gerechtfertigte und vermeidbare erhebliche Verfahrensverzögerungen stehen regelmäßig einer weiteren Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft entgegen. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass der Grundrechtsschutz auch durch die Verfahrensgestaltung zu bewirken ist. Auch das Verfahren der Haftprüfung und Haftbeschwerde muss deshalb so ausgestaltet sein, dass nicht die Gefahr einer Entwertung der materiellen Grundrechtsposition aus Art. 2 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 104 GG besteht. Dem ist vor allem durch erhöhte Anforderungen an die Begründungstiefe von Haftfortdauerentscheidungen Rechnung zu tragen. Die mit Haftsachen betrauten Gerichte haben sich bei der zu treffenden Entscheidung über die Fortdauer der Untersuchungshaft mit deren Voraussetzungen eingehend auseinanderzusetzen und diese entsprechend zu begründen. In der Regel sind in jedem Beschluss über die Anordnung der Fortdauer der Untersuchungshaft aktuelle Ausführungen zu dem weiteren Vorliegen ihrer Voraussetzungen, zur Abwägung zwischen dem Freiheitsgrundrecht des Beschuldigten und dem Strafverfolgungsinteresse der Allgemeinheit sowie zur Frage der Verhältnismäßigkeit geboten, weil sich die dafür maßgeblichen Umstände angesichts des Zeitablaufs in ihrem Gewicht verschieben können. Bei der Abwägung zwischen dem Freiheitsanspruch und dem Strafverfolgungsinteresse kommt es in erster Linie auf die durch objektive Kriterien bestimmte Angemessenheit der Verfahrensdauer an, die etwa von der Komplexität der Rechtssache, der Vielzahl der beteiligten Personen oder dem Verhalten der Verteidigung abhängig sein kann. Dies macht eine auf den Einzelfall bezogene Prüfung des Verfahrensablaufs erforderlich.
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Zu würdigen sind auch die voraussichtliche Gesamtdauer des Verfahrens und die für den Fall einer Verurteilung konkret im Raum stehende Straferwartung. Die zugehörigen Ausführungen müssen in Inhalt und Umfang eine Überprüfung des Abwägungsergebnisses am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht nur für den Betroffenen selbst, sondern auch für das die Anordnung treffende Fachgericht im Rahmen einer Eigenkontrolle gewährleisten und in sich schlüssig und nachvollziehbar sein (st. Rspr.; vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 17. Januar 2013 - 2 BvR 2098/12 mwN, juris Rn. 39 ff.).
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b) Daran gemessen ist der Haftbefehl gegen den Angeklagten aufrechtzuerhalten und die Untersuchungshaft weiter zu vollziehen. Zwar begegnet die angefochtene Entscheidung hinsichtlich der gebotenen Begründungstiefe rechtlichen Bedenken. Darauf kommt es im Ergebnis allerdings nicht an. Die im Beschwerdeverfahren veranlasste eigenständige Prüfung durch den Senat ergibt nämlich, dass die Voraussetzungen der Haftfortdauer weiterhin gegeben sind. Dem steht - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - der bisherige Verlauf des Verfahrens nicht entgegen.
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aa) Wie der Senat schon während des Ermittlungsverfahrens in mehreren Haftprüfungsverfahren entschieden hat (vgl. BGH, Beschlüsse vom 30. Oktober 2007 - AK 21/07, vom 14. Februar 2008 - AK 2/08, vom 17. Juni 2008 - AK 9/08 und vom 2. Oktober 2008 - AK 15/08), hat der Generalbundesanwalt nach der (zufälligen) Festnahme des Angeklagten die umfangreichen und durch einen starken Auslandsbezug geprägten Ermittlungen mit der in Haftsachen geboten Beschleunigung durchgeführt und nach rund 14 Monaten unter dem 24. Juni 2008 die Anklage erhoben, durch die er dem Angeklagten auf der Grundlage zahlreicher Beweismittel umfangreiche Tatvorwürfe gemacht hat.
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bb) Auch die Durchführung des Zwischenverfahrens und der Verlauf der (ersten) Hauptverhandlung lassen erhebliche vermeidbare Verzögerungen nicht erkennen. Das Oberlandesgericht hat - nach einer auf Antrag der Verteidiger gewährten Verlängerung der gemäß § 201 Abs. 1 Satz 1 StPO bestimmten Frist - am 15. Dezember 2008 zunächst in der Zeit vom 15. Januar 2009 bis zum 26. Juni 2009 insgesamt 54 Sitzungstage anberaumt; damit war eine Verhandlungsfrequenz von durchschnittlich 2,25 Verhandlungstagen pro Woche vorgesehen. Tatsächlich konnte in diesem Zeitraum lediglich an 19 Tagen verhandelt werden (0,79 Verhandlungstage pro Woche). Im Einzelnen:
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Der Angeklagte hat sich bis zum 4. Verhandlungstag (4. Februar 2009) zu den Anklagevorwürfen geäußert, indem er eine schriftlich vorbereitete Erklärung verlesen hat bzw. verlesen ließ. Danach erklärte er über seine Verteidiger, sich zu aufgezeigten möglichen Fragestellungen des Gerichts gegenwärtig nicht äußern zu wollen.
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Das Oberlandesgericht hat sodann zunächst im Inland erreichbare Zeugen vernommen, deren Vernehmung zum Teil nicht abgeschlossen werden konnte. Der gemeinsam mit dem Angeklagten in der Wohnung der Zeugin K. festgenommene Zeuge D. sowie die Zeugen A. , De. , S. und Y. , gegen die wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung (§ 129b StGB) u.a. seit dem 8. März 2008 vor dem Oberlandesgericht Stuttgart verhandelt wurde, haben sodann über ihre Verteidiger angekündigt , nach § 55 StPO von ihrem jeweiligen Auskunftsverweigerungsrecht Gebrauch zu machen. Der Zeuge Se. hat am 14. Hauptverhandlungstag (6. Mai 2009) nach § 55 StPO keine Angaben zur Sache gemacht. Die Tatsache , dass gegen ihn ein Ermittlungsverfahren des Generalbundesanwaltes anhängig war, ist dem Oberlandesgericht vor der Vernehmung des Zeugen nicht bekannt gewesen. Am 28. April 2009 wurde der Zeuge Gü. in Erledigung des (ersten) Rechtshilfeersuchens vom 2. Januar 2009 vor dem 11. Gericht für schwere Straftaten in Istanbul in Anwesenheit der Verfahrensbeteiligten kommissarisch vernommen.

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In der Hauptverhandlung gewonnene Erkenntnisse boten Anlass, unter dem 14. April 2009 ein weiteres Ersuchen an die türkischen Behörden zu richten betreffend die Übersendung von zwei Vernehmungsprotokollen über eine staatsanwaltliche Vernehmung und über eine Vorführung des Zeugen Gü. beim Staatssicherheitsgericht Istanbul; ferner war Ziel des Ersuchens Auskunft darüber zu erhalten, welchen Ausgang das Verfahren auf die Anzeige des Zeugen "wegen Misshandlung zum Erzwingen eines Geständnisses" genommen hat.
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Das Ersuchen um Vernehmung des Zeugen Ka. vom 20. Februar 2009 wurde am 2. April 2009 - das Nachtragsersuchen vom 6. März 2009 am 15. April 2009 - dem türkischen Justizministerium übermittelt. Dem Oberlandesgericht ist unter dem 24. April 2009 mitgeteilt worden, dass der Zeuge nach den Nachforschungen der türkischen Behörden zurzeit in der "Türkischen Republik Nordzypern" seinen Wehrdienst ableistet. Das Oberlandesgericht hat daraufhin um eine Vernehmung des Zeugen Ka. noch während seiner Militärzeit gebeten. Das türkische Justizministerium teilte unter dem 13. November 2009 mit, dass das Ersuchen auf Vernehmung des Zeugen Ka. erst nach seinem Wehrdienst erledigt werden könne.
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Gegenstand des Ersuchens vom 2. April 2009 um Ermittlung und Befragung von Polizeibeamten waren aufklärungsbedürftige Umstände, deren Beweiserheblichkeit sich aus der Aussage des Zeugen Ad. am 10. und 11. Verhandlungstag (1. und 12. März 2009) ergeben hatte. Die Verteidigung hat im Hinblick auf § 136a StPO einer Befragung des Zeugen Ad. seitens der Bundesanwaltschaft widersprochen, soweit in diesem Rahmen Angaben des Zeugen aus dem "Beschuldigtenaussageprotokoll" bei der türkischen Polizei vom 11. Februar 1995 vorgehalten werden sollen. Die mögliche Feststellung und rechtliche Bewertung der angewandten Vernehmungsmethoden während des Verhörs des Zeugen waren von ausschlaggebender Bedeutung bei der Entscheidung über die Zulässigkeit einer weiteren Beweiserhebung und Verwertung der insoweit gewonnenen Erkenntnisse. Das Ersuchen um Ermittlung und Befragung von Polizeibeamten ist unter dem 9. April 2009 an das Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen übersandt worden. Die Vernehmung des Zeugen Ad. vor dem Senat konnte aus diesem Grund nicht abgeschlossen werden.
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Schon geraume Zeit nach Beginn der Hauptverhandlung waren die Rechtshilfeersuchen vom 20. Februar, 2. und 14. April 2009 noch nicht vollständig erledigt. Weitere Rechtshilfeersuchen an die türkischen Behörden zur Aufklärung angewandter Vernehmungsmethoden bei der polizeilichen Vernehmung des Zeugen Gü. am 2. Mai 1993 sowie um Vernehmung der Zeugen G. und B. mussten während des Laufes der Hauptverhandlung vorbereitet und gestellt werden.
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Die am 13. Hauptverhandlungstag (22. April 2009) begonnene Vernehmung des Zeugen E. wurde am 17., 18., 20. und 21. Hauptverhandlungstag (17. Juni, 24. Juni, 2. Juli und 3. August 2009) fortgesetzt; deren Dauer war durch kontroverse Auffassungen der Verfahrensbeteiligten und des Oberlandesgerichts über den Umfang des dem Zeugen zustehenden Auskunftsverweigerungsrechts nach § 55 StPO bestimmt. Nach Aufhebung des Beschlusses über die Anordnung der Beugehaft vom 2. Juli 2009 durch den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 4. August 2009 (StB 37/09) war eine weitere Sachaufklärung durch Fortsetzung der Vernehmung dieses Zeugen nicht zu erwarten.

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Zur Feststellung zahlreicher, mutmaßlich der "DHKP-C" zuzurechnenden Brand-, Sprengstoff- und Schusswaffenanschläge, die vor und nach dem 30. August 2002 in der Türkei begangen worden waren, sowie zur Feststellung der Aktivitäten der "DHKP-C" im Bereich der Urkundendelikte und illegaler Grenzübertritte (Kuriertätigkeit, Waffentransporte) hat das Oberlandesgericht zahlreiche Zeugen vernommen, die ihre Erkenntnisse aus der Auswertung der im Rahmen der Rechtshilfe durch türkische und niederländische Behörden überlassenen Unterlagen ausführlich dargelegt, die Aufklärung der Aktivitäten der "DHKP-C" in der sog. Rückfront erläutert sowie über den Inhalt der in den Niederlanden aufgefundenen Dokumente zur Schulungspolitik dieser Vereinigung in Europa ausgesagt haben (19., 22. bis 26., 28., 33., 35. und 36. Hauptverhandlungstag [25. Juni bis 17. Dezember 2009]). Die Dauer und Anzahl der erforderlichen Hauptverhandlungstage zu deren Vernehmung war angesichts der Komplexität der Ermittlungen mit Auslandsbezug in weiten Bereichen nicht vorhersehbar.
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Am 32. und 33. Hauptverhandlungstag (12. und 26. November 2009) sind umfangreiche VeröffentIichungen aus Zeitungen ("Kurtulus") sowie sog. Tatbekennungen ("Erklärung" oder "lnterneterklärung") betreffend die der "DHKP-C" zuzurechnenden Brand-, Sprengstoff- und Schusswaffenanschläge verlesen worden. Die Verfahrensbeteiligten haben am 40. Hauptverhandlungstag (24. Februar 2010) eine umfangreiche Zusammenstellung von Urkunden erhalten, die im Wege des Selbstleseverfahrens in die Hauptverhandlung eingeführt wurden.
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Aufgrund des Anfang Mai 2009 eingegangenen Behördengutachtens des Bundesnachrichtendienstes vom 30. April 2009 waren aus dem nachrich- tendienstlichen Aufkommen neue, den Angeklagten belastende Erkenntnisse betreffend den Tatvorwurf der Rädelsführerschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung ("DHKP-C") zu erwarten. Angesichts der - während der laufenden Hauptverhandlung - erforderlichen zeitaufwändigen Auswertung dieser Beweismittel sowie aufgrund der bei der Erledigung von Rechtshilfeersuchen des Senats an türkische Behörden nicht absehbaren zeitlichen Verzögerungen ist die Anzahl der wöchentlichen Verhandlungstermine ab Mitte August 2009 reduziert worden. Weitergehend sind Verhandlungstermine wegen angekündigter terminlicher Verhinderung der Verteidigung aufgehoben bzw. bei der Terminabstimmung mit Zeugenbeiständen auf diese angezeigte Verhinderung Rücksicht genommen worden.
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Eine ab dem 27. Hauptverhandlungstag (9. September 2009) erwogene und später vom Oberlandesgericht vorgeschlagene Verständigung nach § 257c StPO kam nicht zustande: Am 29. Hauptverhandlungstag (7. Oktober 2009) stimmten Rechtsanwalt Sch. und die Vertreter der Bundesanwaltschaft zwar der Vorbereitung einer solchen zu. Nachdem Rechtsanwalt Bu. zunächst erklärt hatte, dass eine abschließende Stellungnahme wegen des zeitnahen Eingangs von weiteren Unterlagen noch nicht möglich sei, erklärte der Angeklagte am 31. Hauptverhandlungstag (4. November 2009) indes, seine Bereitschaft zu einer einvernehmlichen Verfahrensbeendigung setze voraus, dass das Oberlandesgericht den "Faschismus in der Türkei" nicht (weiter) unterstütze oder verteidige, die "Bedrohung mit seiner Auslieferung" gestoppt und die "Folter durch Isolationshaft" in der JVA Düsseldorf eingestellt werde.
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Das Oberlandesgericht hat daraufhin die Beweisaufnahme maßgeblich auf die Auswertung der vom Bundesnachrichtendienst zur Verfügung gestellten Beweismittel (7 Bände) erstreckt und zu den Ermittlungsmaßnahmen und -ergebnissen weitere Zeugen vernommen, zahlreiche Urkunden verlesen und eine Videoaufzeichnung in Augenschein genommen (33. bis 40. Hauptverhandlungstag [26. November 2009 bis 24. Februar 2010]). Die aus Sicht des Oberlandesgerichts erforderliche Aufklärung der Beweismittelgewinnung scheiterte an der Sperrerklärung des Bundeskanzleramtes vom 6. Januar 2010 im Hinblick auf einen Fragenkatalog, der dem Bundesnachrichtendienst bereits unter dem 13. November 2009 unterbreitet worden war. Nach fernmündlicher Intervention des Vorsitzenden, ob einzelne der vom Senat formulierten Fragen gleichwohl beantwortet werden könnten, hat der Bundesnachrichtendienst unter dem 30. März 2010 mitgeteilt, weitere Informationen könnten nicht übermittelt werden, da solche Rückschlüsse auf die Art ihrer Gewinnung zulassen würden.
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Um weitere tragfähige Erkenntnisse zu gewinnen, hat das Oberlandesgericht außerhalb der Hauptverhandlung wiederholt als Beweismittel in Betracht kommende Briefe (beglaubigte Kopien) und Postsendungen beschlagnahmt (Beschlüsse vom 3., 29. Juli, 23. September, 8., 14. Oktober, 24. November, 29. Dezember 2009) sowie die betreffenden Übersetzungen in der Hauptverhandlung verlesen und (teilweise) in Augenschein genommen (29., 32. und 42. Hauptverhandlungstag [7. Oktober und 12. November 2009, 25. März 2010]).
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Die für den 17. und 18. Februar 2010 vorgesehenen Hauptverhandlungstermine sind am 38. Hauptverhandlungstag (13. Januar 2010) aufgehoben worden , nachdem nach Mitteilung des türkischen Justizministeriums die Vernehmung des Zeugen B. im Beisein von deutschen Verfahrensbeteiligten in Istanbul am hierfür vorgesehenen Tag (16. Februar 2010) nicht möglich war. Der Zeuge wurde jedoch am darauf folgenden Tag in Anwesenheit von Mitgliedern des Senats und anderen Verfahrensbeteiligten durch den ersuchten Richter des 14. Gerichts für schwere Straftaten vernommen. Ebenso kommissarisch vernommen worden ist am 17. Februar 2010 der Zeuge G. . Aus Zeitgründen konnten weitere Fragen von Verfahrensbeteiligten im Rahmen dieser Vernehmung nicht mehr angebracht werden. Außerdem hatte der Zeuge Einzelheiten bekundet, die für die Verfahrensbeteiligten neu waren und nach Würdigung der Aussage Nachfragen auslösen. Diese Umstände boten Anlass, unter dem 31. März 2010 ein weiteres Ersuchen betreffend die (nochmalige) Vernehmung des Zeugen G. an die türkischen Behörden zu richten. Mit Schriftsatz des Verteidigers Rechtsanwalt Bu. sind am 6. Mai 2010 Fragen des Angeklagten (12 Seiten) eingegangen, die unmittelbar dem Nachtrag zum Rechtshilfeersuchen vom 31. März 2010 beigefügt worden sind.
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Nach Mitteilung des türkischen Justizministeriums vom 7. Oktober 2009 hat der Senat den türkischen Behörden auf deren Ersuchen die Wahrung der Anonymität der dort ermittelten Vernehmungsbeamten zugesichert. Das türkische Justizministerium hat mit Schreiben vom 25. Januar 2010 der Deutschen Botschaft die erbetenen Aussagen der vernehmenden Polizeibeamten übersandt , die am 24. Februar 2010 beim Oberlandesgericht eingegangen sind. Kopien der Übersetzungen sind am 41. Hauptverhandlungstag (11. März 2010) an den Angeklagten, die Verteidiger und die Vertreter der Bundesanwaltschaft ausgehändigt worden.
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Die am 10. und 11. Hauptverhandlungstag (11. und 12. März 2009) begonnene Vernehmung des Zeugen Ad. sollte gemäß Absprache mit seinem anwaltlichen Beistand am 45. Hauptverhandlungstag (20. Mai 2010) fortgesetzt werden. Der Termin ist wegen Erkrankung des Zeugenbeistandes kurzfristig abgesagt worden. Die zunächst ab dem 44. Hauptverhandlungstag (28. April 2010) vorgesehene Fortsetzung kam zu diesem Zeitpunkt nicht mehr in Betracht, nachdem sich ein anderer Beistand angezeigt und dieser um Ab- lichtungen der den Zeugen Ad. betreffenden Unterlagen sowie eine angemessene Vorbereitungszeit gebeten hatte.
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Angesichts der neuen Beweisergebnisse, insbesondere aufgrund der Aussage des Zeugen G. vor dem ersuchten Richter in Istanbul am 17. Februar 2010, hat das Oberlandesgericht die Beweisaufnahme erneut auf den Tatvorwurf erstreckt, im März 1993 von Deutschland aus einen am 1. April 1993 in Kiziltoprak/Instanbul begangenen Mord an zwei Menschen sowie einen Mordversuch an sechs Menschen angeordnet zu haben. Vor diesem Hintergrund erschien nunmehr eine weitere Sachaufklärung durch Vernehmung des Zeugen Ul. geboten, die am 44. Hauptverhandlungstag (28. April 2010) erfolgt ist. Soweit eine Vernehmung dieses Zeugen bereits für den 4. März 2009 vorgesehen war, war davon nach vorläufiger Bewertung der bis dahin gewonnenen Erkenntnisse zunächst abgesehen worden.
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Ferner sind außerhalb der Hauptverhandlung Ermittlungen durchgeführt worden zur Feststellung der Identität und der ladungsfähigen Anschrift des sog. "anonymen Zeugen aus Hildesheim", der polizeilich am 26. August und 1. September 1993 sowie richterlich am 26. August und 2. September 1993 vernommen worden ist und Angaben zu der terroristischen Vereinigung "Devrimci Sol" sowie zum Aufenthalt des Angeklagten in Deutschland im September /Oktober 1992 gemacht hat. Die Ermittlungen blieben ohne Erfolg.
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Nach der zweiten kommissarischen Vernehmung des Zeugen G. am 23. September 2010 hat das Oberlandesgericht die Beweisaufnahme fortgesetzt und - gegen den Widerspruch der Verteidiger - am 10. Februar 2011 (68. Hauptverhandlungstag) erstmals geschlossen. Wie im Urteil des Oberlandesgerichts dargelegt (UA S. 92 f.), konnte das Verfahren nach der Entgegen- nahme und Erledigung zahlreicher Anträge der Verteidigung, die zu einem dreimaligen Wiedereintritt in die Beweisaufnahme geführt haben, erst nach 94 Hauptverhandlungstagen am 27. September 2011 zum Abschluss gebracht werden.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Ablaufes der erstinstanzlichen Hauptverhandlung nimmt der Senat auf den Inhalt der Beschlüsse des Oberlandesgerichts vom 7. Juli 2009, vom 19. Mai 2010 und vom 18. August 2010 sowie auf die Gründe des Urteils des Oberlandesgerichts vom 27. September 2011 Bezug. Anhaltspunkte dafür, dass die Darstellung des Verfahrensgangs durch das Oberlandesgericht nicht zutreffend wäre, haben sich nicht ergeben.
39
Danach hat das Oberlandesgericht mit seiner anfänglichen Terminierung dem Gebot einer dem Umfang des Verfahrens angemessenen, vorausschauenden , einen größeren Zeitraum umfassenden Verhandlungsplanung entsprochen. Dass demgegenüber in diesem Zeitraum tatsächlich nur an 19 Tagen verhandelt werden konnte, war mit Blick auf die dargelegten Besonderheiten nicht vermeidbar. Auch der weitere Verlauf der Hauptverhandlung war maßgeblich von dem überaus starken Auslandsbezug des Verfahrens und damit wesentlich von der Erledigung der an die türkischen Behörden gerichteten Rechtshilfeersuchen abhängig, deren Notwendigkeit und Umfang sich teilweise erst aus der Hauptverhandlung selbst ergeben haben. Die Verminderung der Anzahl der Sitzungstage ab August 2009 war daher zur Vermeidung einer Aussetzung der Hauptverhandlung unumgänglich. In dieser Situation hätte die Sache durch Anberaumung zusätzlicher Verhandlungstermine nicht beschleunigt werden können. Hinsichtlich der zwischen den einzelnen Sitzungstagen verstrichenen Zeiträume ist dem Verlauf der Hauptverhandlung zu entnehmen, dass diese zur Auswertung neuer Beweismittel, zur Vorbereitung der jeweils folgen- den Sitzungstage bzw. der kommissarischen Vernehmungen in der Türkei sowie zur Beratung und Entscheidung über die in der Hauptverhandlung gestellten Anträge notwendig waren. Die dargestellten Besonderheiten des Verfahrens und der Hauptverhandlung, die einen erheblichen Zeitaufwand notwendig gemacht, zum Absetzen von Sitzungstagen bzw. zu deren Verkürzung geführt, die Verhandlungsfrequenz (negativ) beeinflusst und insgesamt die Dauer des erstinstanzlichen Verfahrens von rund zwei Jahren und acht Monaten verursacht haben, führen zu der Beurteilung, dass insoweit erhebliche vermeidbare und dem Staat zuzurechnende Verzögerungen (gleichwohl) nicht vorgekommen sind.
40
Das Beschwerdevorbringen ist nicht geeignet, dieses Ergebnis inFrage zu stellen. Die - früher schon einmal aufgestellte und nunmehr wiederholte - Behauptung des Beschwerdeführers, der anfängliche Verhandlungsplan mit 54 vorgesehenen Sitzungstagen innerhalb von sechs Monaten habe schon bei seiner Aufstellung lediglich "auf dem Papier gestanden", also keinen ernsthaften sachlichen Hintergrund gehabt, wird durch das Beschwerdevorbringen (wiederum) nicht belegt. Hierfür gibt es auch sonst keine Anhaltspunkte. Vielmehr ergeben sich aus den Darlegungen des Oberlandesgerichts in seinen Haftentscheidungen zahlreiche Gründe für ein nachträgliches Abweichen vom ursprünglich geplanten Verlauf der Hauptverhandlung. Darauf hat der Senat bereits in seinem Beschluss vom 4. August 2009 (StB 36/09) hingewiesen, und damals in diesem Zusammenhang auch ausgeführt, dass allein sechs der ursprünglich vorgesehenen Termine entfallen sind, weil einer der Verteidiger dies beantragt hatte (vgl. auch Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 9. Juni 2009).
41
cc) Erhebliche vermeidbare Verzögerungen im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hat es auch während des weiteren Verfahrens nicht gegeben (vgl. hierzu auch BVerfG, Beschluss vom 13. Mai 2009 - 2 BvR 388/09, StV 2009, 479): Nachdem das schriftliche, 94 Seiten umfassende Urteil des Oberlandesgerichts am 30. November 2011 zur Geschäftsstelle gelangt und den Verteidigern des Angeklagten am 9. bzw. 12. Dezember 2011 zugestellt worden war, gingen bis zum 12. Januar 2012 umfangreiche Revisionsrechtfertigungen der beiden Verteidiger ein, die mit zahlreichen Rügen das Verfahren beanstandeten und die Verletzung des sachlichen Rechts rügten. Außerdem begründete der Angeklagte das Rechtsmittel selbst zu Protokoll der Geschäftsstelle mit Beanstandungen der Verletzung des formellen und des sachlichen Rechts. Eine Rüge, das Verfahren sei rechtsstaatswidrig verzögert worden, wurde allerdings nicht erhoben. Nach Erstellung der Gegenerklärung vom 22. Februar 2012, die dem Beschwerdeführer bekannt gemacht worden war, ging die Antragsschrift des Generalbundesanwaltes (25 Seiten) am 17. April 2012 beim Bundesgerichtshof ein. Nach Ablauf der in § 349 Abs. 3 Satz 2 StPO bestimmten Frist verfügte der Vorsitzende des 3. Strafsenats unter dem 11. Mai 2012 die Zuteilung an den Berichterstatter und übertrug die Sachbearbeitung zunächst einem wissenschaftlichen Mitarbeiter. Nach Vorlage von dessen Gutachten am 21. Juni 2012 wurde die Sache am 16. August 2012 im Senat beraten; dabei ergab sich die Notwendigkeit einer Hauptverhandlung (§ 349 Abs. 5 StPO), die - unter Beachtung der Besetzungsgrundsätze der internen Geschäftsverteilung des Senats - für den 29. November 2012 terminiert und an diesem Tag durchgeführt wurde. Bereits am selben Tag hat der Senat entschieden, dass das erstinstanzliche Urteil wegen eines sachlich-rechtlichen Fehlers in der Beweiswürdigung aufgehoben und die Sache an das Oberlandesgericht zurückverwiesen wird. Die Sachakten wurden am 11. Dezember 2012 an das Oberlandesgericht versandt, das schriftliche Revisionsurteil ge- langte am 18. Dezember 2012 zur Geschäftsstelle des Senats und wurde dem Oberlandesgericht am 20. Dezember 2012 per Fax übermittelt. Die Schlussund Druckereiverfügung der Senatsgeschäftsstelle datiert vom 20. Dezember 2012 und wurde am 14. Januar 2013 abgefertigt.
42
dd) Eine die Fortdauer der Untersuchungshaft hindernde Verzögerung stellt auch nicht der Umstand dar, dass das Ersturteil mit den Feststellungen aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung zurückverwiesen worden ist. Auch verfassungsrechtlich ist es grundsätzlich nicht zu beanstanden, die infolge der Durchführung eines Revisionsverfahrens verstrichene Zeit nicht der ermittelten Überlänge eines Verfahrens hinzuzurechnen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 5. Dezember 2005 - 2 BvR 1964/05, StV 2006, 73). Eine Ausnahme hiervon ist (nur) dann zu machen, wenn das Revisionsverfahren der Korrektur eines offensichtlich der Justiz anzulastenden Verfahrensfehlers gedient hat; dies ist vorliegend nicht der Fall (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. September 2005 - 2 BvR 1315/05, NStZ 2006, 47).
43
c) Zum voraussichtlichen Gang des weiteren Verfahrens bei dem Oberlandesgerichts Düsseldorf hat die Vorsitzende des dort zuständigen 6. Strafsenats - zusätzlich zu den sich bereits aus dem Beschwerdeverfahren ergebenden Verfahrenstatsachen, dass dieser Senat am 17. Januar 2013 durch den angefochtenen Beschluss über den Haftprüfungsantrag des Beschwerdeführers vom 5. Dezember 2012 entschieden hat und die neue Hauptverhandlung Ende April/Anfang Mai 2013 beginnen soll - ergänzend mitgeteilt, dass am 7. Dezember 2012 das Protokoll der Urteilsverkündung des Bundesgerichtshofes vom 29. November 2012 (3 StR 139/12) und am 11., 14., und 21. Dezember 2012 die Aktenvorgänge eingegangen seien. Das Revisionsurteil sei in Ablichtung am 20. Dezember 2012 übersandt worden. Zu der aktuellen Belastung hat sie mitgeteilt, dass der 6. Strafsenat seit dem 26. Juli 2012 in einer Besetzung von fünf Richtern nebst einer Ergänzungsrichterin aus dem eigenen Senat an zwei bis drei Wochentagen gegen El. u.a. (III-6 StS 1/12) - sog. Düsseldorfer Zelle - verhandele. Ein Ende der Beweisaufnahme sei nicht absehbar; das Verfahren werde in keinem Fall vor September 2013 beendet sein. Es handele sich um eine Haftsache mit einem Umfang von heute 287 Stehordnern; die vier Angeklagten machten von ihrem Schweigerecht umfassend Gebrauch.
44
Der Senat verhandele daneben seit dem 21. Januar 2013 in einer Besetzung von drei Richtern an einem weiteren Wochentag in dem Verfahren gegen Ko. (III-6 StS 2/12) wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland gemäß § 129a Abs. 1 Nr. 1, § 129b Abs. 1 Satz 1 und 2 StGB u.a. (PKK). Durch Beschluss des Senats vom 3. Dezember 2012 sei die am 24. September 2012 eingegangene Anklage des Generalbundesanwalts (2 StE 9/12-6) unverändert zur Hauptverhandlung zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet worden. Auch hierbei handele es sich um eine Haftsache mit einem Umfang von gegenwärtig 38 Stehordnern. Es sei aufgrund der weitestgehend geständigen Einlassung des Angeklagten beabsichtigt , dieses Verfahren bis Ende April 2013 abzuschließen.
45
Am 20. Dezember 2012 sei die Anklageschrift des Generalbundesanwalts in der Strafsache gegen Kr. wegen Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland gemäß § 129b Abs. 1, § 129a Abs. 1 StGB u.a. (Islamische Bewegung Usbekistans) eingegangen. Es handele sich um eine Haftsache. Die sich insoweit ergebende Überlastung des 6. Strafsenats habe sie dem Präsidium am 7. Januar 2013 schriftlich angezeigt.
Mit Beschluss vom 18. Januar 2013 habe das Präsidium das Verfahren gegen Kr. dem 5. Strafsenat (Vertretersenat) übertragen.
46
Neben den laufenden Hauptverhandlungen an mindestens drei Wochentagen sei der Senat in der Strafsache gegen Er. aufgrund des verfahrensentscheidenden Auslandsbezuges bereits seit etwa drei bis vier Wochen mit der Vorbereitung umfangreicher Rechtshilfeersuchen sowie der Aufarbeitung der Verfahrensakten mit einem Umfang von gegenwärtig 134 Stehordnern befasst. Allein die Vorbereitung der Hauptverhandlung bedinge einen Zeitraum von mehreren Wochen, so dass der Senat sich auch aus diesem Grund außer Stande sehe, zu einem früheren Zeitpunkt als vor Ende April/Anfang Mai 2013 mit der Hauptverhandlung zu beginnen. Das Verfahren werde - wie das dem aufgehobenen Urteil zugrundeliegende - in einer Besetzung von fünf Richtern nebst einem Ergänzungsrichter zu verhandeln sein.
47
Danach kann die neue Hauptverhandlung nach dem derzeitigen Sachstand aus sachlichen Gründen (Vorbereitung des Verfahrens, gleichzeitige Durchführung anderer, teils schon vor Eingang des gegenständlichen Verfahrens begonnener Hauptverhandlungen) nicht früher beginnen. Vermeidbare Verzögerungen lässt dies entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers nicht erkennen. Nachdem der früher sehr umfangreiche Verfahrensstoff auf den Vorwurf der Beteiligung des Angeklagten an dem Mordanschlag vom 1. April 1993 beschränkt ist, geht der Senat davon aus, dass die neue Hauptverhandlung deutlich kürzer sein wird als die erste.
48
Nach alledem ist die Fortdauer der Untersuchungshaft angesichts der Bedeutung der Sache und der konkreten Erwartung einer lebenslangen Freiheitsstrafe immer noch verhältnismäßig (§ 120 Abs. 1 Satz 1 StPO).
49
Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 StPO.
Schäfer Pfister Hubert

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(1) Die Beschwerde ist gegen alle von den Gerichten im ersten Rechtszug oder im Berufungsverfahren erlassenen Beschlüsse und gegen die Verfügungen des Vorsitzenden, des Richters im Vorverfahren und eines beauftragten oder ersuchten Richters zulässig, soweit das Gesetz sie nicht ausdrücklich einer Anfechtung entzieht.

(2) Auch Zeugen, Sachverständige und andere Personen können gegen Beschlüsse und Verfügungen, durch die sie betroffen werden, Beschwerde erheben.

(3) Gegen Entscheidungen über Kosten oder notwendige Auslagen ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.

(4) Gegen Beschlüsse und Verfügungen des Bundesgerichtshofes ist keine Beschwerde zulässig. Dasselbe gilt für Beschlüsse und Verfügungen der Oberlandesgerichte; in Sachen, in denen die Oberlandesgerichte im ersten Rechtszug zuständig sind, ist jedoch die Beschwerde zulässig gegen Beschlüsse und Verfügungen, welche

1.
die Verhaftung, einstweilige Unterbringung, Unterbringung zur Beobachtung, Bestellung eines Pflichtverteidigers oder deren Aufhebung, Beschlagnahme, Durchsuchung oder die in § 101 Abs. 1 oder § 101a Absatz 1 bezeichneten Maßnahmen betreffen,
2.
die Eröffnung des Hauptverfahrens ablehnen oder das Verfahren wegen eines Verfahrenshindernisses einstellen,
3.
die Hauptverhandlung in Abwesenheit des Angeklagten (§ 231a) anordnen oder die Verweisung an ein Gericht niederer Ordnung aussprechen,
4.
die Akteneinsicht betreffen oder
5.
den Widerruf der Strafaussetzung, den Widerruf des Straferlasses und die Verurteilung zu der vorbehaltenen Strafe (§ 453 Abs. 2 Satz 3), die Anordnung vorläufiger Maßnahmen zur Sicherung des Widerrufs (§ 453c), die Aussetzung des Strafrestes und deren Widerruf (§ 454 Abs. 3 und 4), die Wiederaufnahme des Verfahrens (§ 372 Satz 1) oder die Einziehung oder die Unbrauchbarmachung nach den §§ 435, 436 Absatz 2 in Verbindung mit § 434 Absatz 2 und § 439 betreffen;
§ 138d Abs. 6 bleibt unberührt.

(5) Gegen Verfügungen des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofes und des Oberlandesgerichts (§ 169 Abs. 1) ist die Beschwerde nur zulässig, wenn sie die Verhaftung, einstweilige Unterbringung, Bestellung eines Pflichtverteidigers oder deren Aufhebung, Beschlagnahme, Durchsuchung oder die in § 101 Abs. 1 bezeichneten Maßnahmen betreffen.

(1) Die Untersuchungshaft darf gegen den Beschuldigten angeordnet werden, wenn er der Tat dringend verdächtig ist und ein Haftgrund besteht. Sie darf nicht angeordnet werden, wenn sie zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis steht.

(2) Ein Haftgrund besteht, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen

1.
festgestellt wird, daß der Beschuldigte flüchtig ist oder sich verborgen hält,
2.
bei Würdigung der Umstände des Einzelfalles die Gefahr besteht, daß der Beschuldigte sich dem Strafverfahren entziehen werde (Fluchtgefahr), oder
3.
das Verhalten des Beschuldigten den dringenden Verdacht begründet, er werde
a)
Beweismittel vernichten, verändern, beiseite schaffen, unterdrücken oder fälschen oder
b)
auf Mitbeschuldigte, Zeugen oder Sachverständige in unlauterer Weise einwirken oder
c)
andere zu solchem Verhalten veranlassen,
und wenn deshalb die Gefahr droht, daß die Ermittlung der Wahrheit erschwert werde (Verdunkelungsgefahr).

(3) Gegen den Beschuldigten, der einer Straftat nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 oder § 13 Absatz 1 des Völkerstrafgesetzbuches oder § 129a Abs. 1 oder Abs. 2, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1, oder nach den §§ 176c, 176d, 211, 212, 226, 306b oder 306c des Strafgesetzbuches oder, soweit durch die Tat Leib oder Leben eines anderen gefährdet worden ist, nach § 308 Abs. 1 bis 3 des Strafgesetzbuches dringend verdächtig ist, darf die Untersuchungshaft auch angeordnet werden, wenn ein Haftgrund nach Absatz 2 nicht besteht.

(1) Solange kein Urteil ergangen ist, das auf Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt, darf der Vollzug der Untersuchungshaft wegen derselben Tat über sechs Monate hinaus nur aufrechterhalten werden, wenn die besondere Schwierigkeit oder der besondere Umfang der Ermittlungen oder ein anderer wichtiger Grund das Urteil noch nicht zulassen und die Fortdauer der Haft rechtfertigen.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 ist der Haftbefehl nach Ablauf der sechs Monate aufzuheben, wenn nicht der Vollzug des Haftbefehls nach § 116 ausgesetzt wird oder das Oberlandesgericht die Fortdauer der Untersuchungshaft anordnet.

(3) Werden die Akten dem Oberlandesgericht vor Ablauf der in Absatz 2 bezeichneten Frist vorgelegt, so ruht der Fristenlauf bis zu dessen Entscheidung. Hat die Hauptverhandlung begonnen, bevor die Frist abgelaufen ist, so ruht der Fristenlauf auch bis zur Verkündung des Urteils. Wird die Hauptverhandlung ausgesetzt und werden die Akten unverzüglich nach der Aussetzung dem Oberlandesgericht vorgelegt, so ruht der Fristenlauf ebenfalls bis zu dessen Entscheidung.

(4) In den Sachen, in denen eine Strafkammer nach § 74a des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständig ist, entscheidet das nach § 120 des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständige Oberlandesgericht. In den Sachen, in denen ein Oberlandesgericht nach den §§ 120 oder 120b des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständig ist, tritt an dessen Stelle der Bundesgerichtshof.

(1) Die Freiheit der Willensentschließung und der Willensbetätigung des Beschuldigten darf nicht beeinträchtigt werden durch Mißhandlung, durch Ermüdung, durch körperlichen Eingriff, durch Verabreichung von Mitteln, durch Quälerei, durch Täuschung oder durch Hypnose. Zwang darf nur angewandt werden, soweit das Strafverfahrensrecht dies zuläßt. Die Drohung mit einer nach seinen Vorschriften unzulässigen Maßnahme und das Versprechen eines gesetzlich nicht vorgesehenen Vorteils sind verboten.

(2) Maßnahmen, die das Erinnerungsvermögen oder die Einsichtsfähigkeit des Beschuldigten beeinträchtigen, sind nicht gestattet.

(3) Das Verbot der Absätze 1 und 2 gilt ohne Rücksicht auf die Einwilligung des Beschuldigten. Aussagen, die unter Verletzung dieses Verbots zustande gekommen sind, dürfen auch dann nicht verwertet werden, wenn der Beschuldigte der Verwertung zustimmt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 573/09
vom
14. September 2010
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
___________________________________
1. Das Gespräch, das ein Konsularbeamter mit einem in ausländischer Haft
befindlichen deutschen Beschuldigten in Erfüllung seiner Hilfspflicht nach
§ 7 KonsG führt, ist keine Vernehmung im Sinne von § 136a StPO.
2. Wird ein Beschuldigter in ausländischer Haft bei Vernehmungen geschlagen
, so führt dies nicht zur Unverwertbarkeit seiner Äußerungen im Rahmen
eines Gesprächs, das er während der Haft mit einem deutschen Konsularbeamten
führt, wenn hierbei die Misshandlungen keinen Einfluss auf den Inhalt
seiner Angaben mehr haben.
BGH, Beschluss vom 14. September 2010 - 3 StR 573/09 - OLG Koblenz
in der Strafsache
gegen
wegen Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag und mit Zustimmung
des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am
14. September 2010 gemäß § 154a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2, § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird
a) die Strafverfolgung auf den Vorwurf der Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung beschränkt,
b) das Urteil des Oberlandesgerichts Koblenz vom 13. Juli 2009 im Schuldspruch dahin geändert, dass die Verurteilung wegen der "vorsätzlichen nach dem Außenwirtschaftsgesetz strafbaren Zuwiderhandlung gegen ein EGEmbargo" in acht tateinheitlichen Fällen entfällt.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Oberlandesgericht hat den Angeklagten wegen "mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland in Tateinheit mit acht Fällen der vorsätzlichen nach dem Außenwirtschaftsgesetz strafbaren Zuwiderhandlung gegen ein EG-Embargo" zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten mit mehreren verfahrensrechtlichen Beanstandungen und der allgemeinen Sachbeschwerde.
2
Mit Zustimmung des Generalbundesanwalts hat der Senat gemäß § 154a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 StPO die Verfolgung auf den Vorwurf der Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung beschränkt und die Vorwürfe tateinheitlich begangener Verstöße gegen das Außenwirtschaftsgesetz von der Strafverfolgung ausgenommen. Dies führt zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Änderung des Schuldspruchs. Im verbleibenden Umfang hat die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
3
1. Der Schuldspruch nach § 129b Abs. 1 i.V.m. § 129a Abs. 1 Nr. 1 StGB hält rechtlicher Nachprüfung stand. Näherer Erörterung bedarf nur die im Zusammenhang mit der Verwertung der Aussage des Zeugen M. erhobene Verfahrensbeanstandung. Ihr liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
4
Nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts beteiligte sich der in Pakistan geborene und 1992 in Deutschland eingebürgerte Angeklagte ab spätestens Sommer 2004 bis zum Februar 2008 als Mitglied in der ausländischen terroristischen Vereinigung Al Qaida. Er beschaffte in Deutschland Ausrüstungsgegenstände sowie größere Geldbeträge und verbrachte diese bei insge- samt acht Reisen in das pakistanisch-afghanische Grenzgebiet, wo er sie an andere Mitglieder der Organisation weitergab. Darüber hinaus bemühte er sich - teils erfolgreich - um die Rekrutierung von Kämpfern, warb um Unterstützer für Al Qaida, nahm an Ausbildungen der Vereinigung teil und stellte sich auch selbst als Kämpfer zur Verfügung. Am 18. Juni 2007 wurde er in Lahore vom pakistanischen Geheimdienst ISI festgenommen und an diesem sowie am Folgetag mehrfach vernommen. Er machte dabei auch Angaben zu seiner Tätigkeit in der Al Qaida. Bei diesen Verhören wurde der Angeklagte auf nicht näher feststellbare Weise - wahrscheinlich mit einem Schlaginstrument, das aus einem etwa 1 cm dicken, oval zugeschnittenen Gummistück aus einem Reifen mit Holzgriff bestand - geschlagen, als er danach befragt wurde, ob er in Pakistan oder in Deutschland Anschläge plane. Während das Oberlandesgericht insoweit von einer Misshandlung des Angeklagten durch die pakistanischen Behörden ausgeht, hat es hinsichtlich weiterer Verhöre in der Folgezeit nur nicht ausschließen können, dass der Angeklagte dabei erneut geschlagen worden ist.
5
Mitarbeiter des ISI unterrichteten den Verbindungsbeamten des Bundeskriminalamts in Islamabad am 19. Juni 2007 von den Angaben des Angeklagten und boten an, diesen über den ISI befragen zu lassen. Hiervon machte der Verbindungsbeamte keinen Gebrauch. Er teilte dem ISI auch keine Erkenntnisse über den Angeklagten mit, sondern unterrichtete die Deutsche Botschaft von dessen Verhaftung. Am 18. Juli 2007 konnte der Zeuge M. , Leiter der Rechts- und Konsularabteilung der Deutschen Botschaft in Islamabad, den Angeklagten besuchen. Alleiniger Grund für das Gespräch war die konsularische Betreuung des Gefangenen. Dem Zeugen war zuvor vom ISI mitgeteilt worden, dass dem Anklagten Kontakte zu Al Qaida angelastet würden und er sich beim Bombenbau am Arm verletzt habe. Weder der Verbindungsbeamte des Bundeskriminalamts noch andere Mitarbeiter deutscher Ermittlungs- oder Sicher- heitsbehörden oder Mitarbeiter des ISI waren an ihn mit dem Anliegen herangetreten , den Angeklagten über seine Betätigung für Al Qaida zu befragen oder auch nur das Gespräch in diese Richtung zu lenken. Das Treffen fand in einer Villa statt. Es wurde in entspannter Atmosphäre in deutscher Sprache und teilweise unter vier Augen geführt. Der Zeuge wollte abklären, ob der Angeklagte die Vermittlung eines Rechtsanwalts durch die deutsche Auslandsvertretung wünsche. Er fragte deshalb, seiner üblichen Vorgehensweise in solchen Fällen entsprechend, ob der Angeklagte wisse, was ihm vorgeworfen werde und ob die Vorwürfe stimmten. Dies bejahte der Angeklagte und erzählte nunmehr von sich aus von seiner langjährigen Tätigkeit für Al Qaida und von seiner Verletzung beim Versuch, in einem Trainingslager der Organisation einen Sprengkörper herzustellen. Er berichtete auch davon, in der Haft mehrmals gefragt worden zu sein, ob er Anschläge geplant habe; dies seien die einzigen Gelegenheiten gewesen, bei denen er geschlagen worden sei. Ansonsten sei er relativ vernünftig behandelt und nicht geschlagen worden.
6
Der Angeklagte hat sich in der Hauptverhandlung nicht zur Sache eingelassen. Seinen Erklärungen, die er nach einzelnen Beweiserhebungen abgegeben hat, hat das Oberlandesgericht entnommen, dass er den Tatvorwurf bestreite. Es hat Aussagen, die der Angeklagte bei seinen Vernehmungen durch den ISI getätigt hatte, nicht verwertet. Seine der Verurteilung zugrundeliegende Überzeugung beruht indes unter anderem auf den Bekundungen des Zeugen M. über die Angaben, die der Angeklagte ihm gegenüber bei dem Gespräch am 18. Juli 2007 über seine Tätigkeit für Al Qaida gemacht hatte. Diese Angaben sind - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - verwertbar.
7
a) Das Verbot des § 136a Abs. 3 Satz 2 StPO steht einer Verwertung der Aussage des Zeugen M. nicht entgegen.
8
aa) Die Anhörung des Angeklagten durch den Zeugen M. war keine Vernehmung im Sinne von § 136a StPO. Der Zeuge M. ist erkennbar in Erfüllung seiner Pflichten aus dem Gesetz über die Konsularbeamten, ihre Aufgaben und Befugnisse (Konsulargesetz - KonsG) tätig geworden. Danach sind die Konsularbeamten u.a. dazu berufen, Deutschen nach pflichtgemäßem Ermessen Rat und Beistand zu gewähren (§ 1 KonsG; vgl. auch Art. 5 Buchst. e Wiener Übereinkommen über Konsularische Beziehungen - WÜK). Sie sollen in ihrem Konsularbezirk deutsche Untersuchungs- und Strafgefangene auf deren Verlangen betreuen und ihnen insbesondere Rechtsschutz vermitteln (§ 7 KonsG; vgl. auch Art. 36 Abs. 1 Buchst. c WÜK). Bei der ersten Kontaktaufnahme mit dem Inhaftierten soll der Konsularbeamte auch den Grund der Inhaftierung zu klären versuchen (vgl. Hoffmann, Konsularrecht, Band I, Stand: 1. April 1995, § 7 KonsG, Rn. 7.3.2). Damit er einen geeigneten Anwalt empfehlen kann, ist es erforderlich, dass er sich mit dem Inhaftierten auch über die ihm zur Last gelegten Straftaten unterhält (Wagner/Raasch/Pröpstl, WÜK, Kommentar für die Praxis, 2007, S. 261). Sowohl das Konsulargesetz als auch das Wiener Übereinkommen unterscheiden zwischen der Beistandsleistung, die der Konsularbeamte gegenüber einem deutschen Staatsbürger in seinem Zuständigkeitsbereich erbringt, und den Vernehmungen und Anhörungen, die er auf Ersuchen der Gerichte und Behörden des Entsendestaates durchführt (§ 15 KonsG; Art. 5 Buchst. j WÜK). Nur bei letzteren hat er die für die jeweilige Vernehmung geltenden deutschen verfahrensrechtlichen Vorschriften sinngemäß anzuwenden (§ 15 Abs. 3 KonsG).
9
Die Befragung hat aus Anlass der Beistandsleistung für den Inhaftierten stattgefunden. Sie war keine amtliche Befragung eines Beschuldigten in Bezug auf die "Beschuldigung" (§ 136 Abs. 1 Satz 2 StPO) oder den "Gegenstand der Untersuchung" (§ 69 Abs. 1 Satz 2, § 72 StPO) im Rahmen eines Strafverfahrens (vgl. Löwe/Rosenberg/Gleß, StPO, 26. Aufl., § 136a Rn. 15).
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bb) Selbst wenn § 136a StPO auf das Gespräch zwischen dem Angeklagten und dem Zeugen M. zumindest entsprechend Anwendung zu finden hätte, würde sich hieraus kein Verwertungsverbot für die Erklärungen des Angeklagten ergeben.
11
Nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts haben die Misshandlungen des Angeklagten bei seinen Vernehmungen durch den ISI keinen Einfluss auf seine Angaben gegenüber dem Zeugen M. gehabt. Der Senat kann erneut offen lassen, ob er an diese - rechtsfehlerfrei getroffenen - Feststellungen gebunden (vgl. insoweit schon BGH, Urteil vom 14. August 2009 - 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69 = NJW 2009, 3448, Rn. 73) oder insoweit zu eigener Prüfung im Freibeweisverfahren berufen ist (im letzteren Sinn BGH, Urteil vom 28. Juni 1961 - 2 StR 154/61, BGHSt 16, 164). Denn er kommt auch bei eigener Überprüfung anhand der vom Oberlandesgericht mitgeteilten, von der Revision als solche nicht in Zweifel gezogenen objektiven Umständen der Befragung zu demselben Ergebnis.
12
Gegen eine Fortwirkung spricht die vom Zeugen M. geschilderte Gesprächssituation. Er konnte sich in einer entspannten Atmosphäre durchgängig auf deutsch mit dem Angeklagten unterhalten. Ein - möglicherweise der deutschen Sprache mächtiger - Mitarbeiter des ISI verließ nach einiger Zeit den Raum. Der Angeklagte schilderte dem Zeugen, vereinzelt Schläge erhalten zu haben. Diese deutschem und internationalem Recht zuwiderlaufende Verfahrensweise würde er nicht geschildert haben, wenn er noch unter dem Eindruck von Schlägen gestanden und eine Überwachung des Gespräches befürchtet hätte.
13
cc) Bei dieser Sachlage kommt ein Verwertungsverbot nicht in Betracht; denn es besteht kein Anlass, den Anwendungsbereich von § 136a Abs. 3 Satz 2 StPO weiter auszudehnen und eine Fernwirkung der vom Angeklagten erlittenen Misshandlungen in der Form anzunehmen, alles, was er während seiner Inhaftierung durch den ISI auch Dritten gegenüber geäußert hat, mit einem Verwertungsverbot zu belegen. Dies gilt auch in Ansehung der Verpflichtungen, die der Bundesrepublik aus Art. 15 des Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (UNAntifolterkonvention ) erwachsen. Danach trägt jeder Vertragsstaat dafür Sorge, dass Aussagen, die nachweislich durch Folter herbeigeführt worden sind, nicht als Beweis in einem Verfahren verwendet werden, es sei denn gegen eine der Folter angeklagte Person als Beweis dafür, dass die Aussage gemacht wurde (Art. 15 UN-Antifolterkonvention). Weder ist der Wortlaut im Sinne einer Fernwirkung auszulegen, noch ist eine entsprechende Praxis der Vertragsstaaten erkennbar, so dass insoweit eine Fernwirkung des Verwertungsverbotes der unter Einsatz unzulässiger Vernehmungsmethoden erlangten Aussage nicht als elementares rechtsstaatliches Gebot des deutschen Strafverfahrensrechts angesehen werden kann (BVerfG [Kammer] Beschluss vom 29. Mai 1996 - 2 BvR 66/96, StV 1997, 361). Gleiches gilt bei Berücksichtigung der Verpflichtung aus Art. 3 EMRK, wonach niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden darf (vgl. EGMR, Urteil vom 1. Juni 2010 - Nr. 22978/05, NJW 2010, 3145, Rn. 87 ff., 92).
14
b) Der Senat muss nicht entscheiden, ob einer Verwertung der Aussage des Zeugen M. der Grundsatz des fairen Verfahrens (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK) unter folgendem Gesichtspunkt entgegenstehen könnte: Der Konsularbeamte ist zu Belehrungen entsprechend der StPO nur verpflichtet, wenn er auf Ersuchen deutscher Gerichte und Behörden Vernehmungen oder Anhörungen durchführt (§ 15 Abs. 1, 3, 5 KonsG). In den Fällen konsularischer Betreuung besteht eine solche gesetzliche Verpflichtung nicht. Die im Rahmen dieser Aufgabe notwendigen Erkundigungen des Konsularbeamten nach dem Tatvorwurf sind indes durchaus geeignet, den Gefangenen dazu zu veranlassen, zu dem Tatvorwurf auch inhaltlich, das heißt entweder diesen bestreitend oder in Form eines Geständnisses Stellung zu nehmen. Die spezielle Situation des im Ausland Inhaftierten, der von einem Repräsentanten seines Heimatlandes besucht wird und Hilfe erwartet, mag insbesondere Anlass für eine offene Selbstbelastung geben. Dies gilt generell und ist unabhängig davon, welchen Vernehmungsmethoden und Haftbedingungen der Gefangene bis dahin ausgesetzt war. Es könnte deshalb Anlass bestehen, der besonderen Situation eines Inhaftierten dadurch Rechnung zu tragen, dass ihn der Konsularbeamte auch in den Fällen fürsorglicher Kontaktaufnahme darüber unterrichten muss, dass der Inhalt des nun folgenden Gesprächs regelmäßig innerhalb der Behörde und gegebenenfalls auch bei den Strafverfolgungsbehörden des Heimatlandes bekannt wird.
15
Eine Rüge mit dieser Stoßrichtung hat der Angeklagte indes nicht erhoben.
16
Die Revisionsbegründung durch Rechtsanwalt H. rügt ein "Beweisverwertungsverbot wegen Fortwirkung der Folter" und trägt vor, entgegen den Feststellungen des Oberlandesgerichts hätten die Misshandlungen bis zu dem Gespräch des Angeklagten mit dem Zeugen M. fortgewirkt. Sie hält § 136a StPO für verletzt. Die Frage, ob unabhängig von den Haft- und Vernehmungsbedingungen ein Hinweis des Konsularbeamten auf die mit einer Selbstbelastung bei dem Gespräch verbundenen Gefahren notwendig gewesen wäre, wird von der Revision nicht angesprochen. Selbst der von Rechtsanwalt H. in der Hauptverhandlung erklärte Widerspruch gegen eine Vernehmung des Zeugen M. , "da bei der Vernehmung des Zeugen" (gemeint ist erkennbar: bei der Vernehmung des Angeklagten durch den Zeugen) "kein Hinweis auf ein bestehendes Aussageverweigerungsrecht erteilt wurde" knüpft an das behauptete "Beweisverwertungsverbot gemäß § 136a StPO" an.
17
Gleiches gilt für die Revisionsbegründung von Rechtsanwalt N. . Auch sie stellt die Verletzung von § 136a StPO in den Vordergrund. Sie hält die Norm mangels einer Vernehmung des Angeklagten durch den Zeugen M. zwar nicht für direkt anwendbar, knüpft aber die Unverwertbarkeit, soweit sie aus dem Grundrecht auf Achtung der Menschenwürde sowie aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleitet wird, an die erfolgten Misshandlungen.
18
2. Auch der Strafausspruch hat Bestand. Das Oberlandesgericht hat die Strafe aus dem Rahmen des § 129b in Verbindung mit § 129a Abs. 1 StGB (Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zehn Jahre) entnommen und strafschärfend unter anderem die besondere Gefährlichkeit der Vereinigung Al Qaida, die mehrjährige Dauer der mitgliedschaftlichen Beteiligung und die Intensität der Beteiligungsakte gewertet, bei denen der Angeklagte insgesamt ca. 80.000 € sowie eine große Anzahl teilweise hochwertiger Ausrüstungsgegenstände an andere Mitglieder der Vereinigung weitergegeben hatte. Den Schuldgehalt der Weitergabe von Spendengeldern, durch die das Geld für Zwecke und die Tätigkeit von Al Qaida nutzbar wurde, hat das Oberlandesgericht vollständig in den mitgliedschaftlichen Betätigungsakten und demnach in der mitgliedschaftlichen Beteiligung in der terroristischen Vereinigung erfasst. Es hat deshalb den Unrechtsgehalt der Zuwiderhandlungen gegen ein EG-Embargo als reine Formalverstöße gewertet und diese bei der Strafzumessung nicht gesondert zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt. Der Senat schließt deshalb aus, dass sich die nunmehr vorgenommene Verfolgungsbeschränkung auf den Strafausspruch ausgewirkt hätte, wenn sie bereits im Verfahren vor dem Oberlandesgericht vorgenommen worden wäre.
19
3. Der allein in der Änderung des Schuldspruchs bestehende Erfolg des Rechtsmittels ist nicht derartig bedeutend, dass es unbillig wäre, den Angeklagten mit den vollen Kosten seines Rechtsmittels zu belasten, § 473 Abs. 4 StPO.
Becker Pfister von Lienen Schäfer RiBGH Mayer befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker

(1) Die Untersuchungshaft darf gegen den Beschuldigten angeordnet werden, wenn er der Tat dringend verdächtig ist und ein Haftgrund besteht. Sie darf nicht angeordnet werden, wenn sie zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis steht.

(2) Ein Haftgrund besteht, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen

1.
festgestellt wird, daß der Beschuldigte flüchtig ist oder sich verborgen hält,
2.
bei Würdigung der Umstände des Einzelfalles die Gefahr besteht, daß der Beschuldigte sich dem Strafverfahren entziehen werde (Fluchtgefahr), oder
3.
das Verhalten des Beschuldigten den dringenden Verdacht begründet, er werde
a)
Beweismittel vernichten, verändern, beiseite schaffen, unterdrücken oder fälschen oder
b)
auf Mitbeschuldigte, Zeugen oder Sachverständige in unlauterer Weise einwirken oder
c)
andere zu solchem Verhalten veranlassen,
und wenn deshalb die Gefahr droht, daß die Ermittlung der Wahrheit erschwert werde (Verdunkelungsgefahr).

(3) Gegen den Beschuldigten, der einer Straftat nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 oder § 13 Absatz 1 des Völkerstrafgesetzbuches oder § 129a Abs. 1 oder Abs. 2, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1, oder nach den §§ 176c, 176d, 211, 212, 226, 306b oder 306c des Strafgesetzbuches oder, soweit durch die Tat Leib oder Leben eines anderen gefährdet worden ist, nach § 308 Abs. 1 bis 3 des Strafgesetzbuches dringend verdächtig ist, darf die Untersuchungshaft auch angeordnet werden, wenn ein Haftgrund nach Absatz 2 nicht besteht.

(1) Der Richter setzt den Vollzug eines Haftbefehls, der lediglich wegen Fluchtgefahr gerechtfertigt ist, aus, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die Erwartung hinreichend begründen, daß der Zweck der Untersuchungshaft auch durch sie erreicht werden kann. In Betracht kommen namentlich

1.
die Anweisung, sich zu bestimmten Zeiten bei dem Richter, der Strafverfolgungsbehörde oder einer von ihnen bestimmten Dienststelle zu melden,
2.
die Anweisung, den Wohn- oder Aufenthaltsort oder einen bestimmten Bereich nicht ohne Erlaubnis des Richters oder der Strafverfolgungsbehörde zu verlassen,
3.
die Anweisung, die Wohnung nur unter Aufsicht einer bestimmten Person zu verlassen,
4.
die Leistung einer angemessenen Sicherheit durch den Beschuldigten oder einen anderen.

(2) Der Richter kann auch den Vollzug eines Haftbefehls, der wegen Verdunkelungsgefahr gerechtfertigt ist, aussetzen, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die Erwartung hinreichend begründen, daß sie die Verdunkelungsgefahr erheblich vermindern werden. In Betracht kommt namentlich die Anweisung, mit Mitbeschuldigten, Zeugen oder Sachverständigen keine Verbindung aufzunehmen.

(3) Der Richter kann den Vollzug eines Haftbefehls, der nach § 112a erlassen worden ist, aussetzen, wenn die Erwartung hinreichend begründet ist, daß der Beschuldigte bestimmte Anweisungen befolgen und daß dadurch der Zweck der Haft erreicht wird.

(4) Der Richter ordnet in den Fällen der Absätze 1 bis 3 den Vollzug des Haftbefehls an, wenn

1.
der Beschuldigte den ihm auferlegten Pflichten oder Beschränkungen gröblich zuwiderhandelt,
2.
der Beschuldigte Anstalten zur Flucht trifft, auf ordnungsgemäße Ladung ohne genügende Entschuldigung ausbleibt oder sich auf andere Weise zeigt, daß das in ihn gesetzte Vertrauen nicht gerechtfertigt war, oder
3.
neu hervorgetretene Umstände die Verhaftung erforderlich machen.

(1) Der Haftbefehl ist aufzuheben, sobald die Voraussetzungen der Untersuchungshaft nicht mehr vorliegen oder sich ergibt, daß die weitere Untersuchungshaft zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis stehen würde. Er ist namentlich aufzuheben, wenn der Beschuldigte freigesprochen oder die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt oder das Verfahren nicht bloß vorläufig eingestellt wird.

(2) Durch die Einlegung eines Rechtsmittels darf die Freilassung des Beschuldigten nicht aufgehalten werden.

(3) Der Haftbefehl ist auch aufzuheben, wenn die Staatsanwaltschaft es vor Erhebung der öffentlichen Klage beantragt. Gleichzeitig mit dem Antrag kann die Staatsanwaltschaft die Freilassung des Beschuldigten anordnen.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.

(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.

(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.

(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.

(1) Der Vorsitzende des Gerichts teilt die Anklageschrift dem Angeschuldigten mit und fordert ihn zugleich auf, innerhalb einer zu bestimmenden Frist zu erklären, ob er die Vornahme einzelner Beweiserhebungen vor der Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens beantragen oder Einwendungen gegen die Eröffnung des Hauptverfahrens vorbringen wolle. Die Anklageschrift ist auch dem Nebenkläger und dem Nebenklagebefugten, der dies beantragt hat, zu übersenden; § 145a Absatz 1 und 3 gilt entsprechend.

(2) Über Anträge und Einwendungen beschließt das Gericht. Die Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Die §§ 129 und 129a gelten auch für Vereinigungen im Ausland. Bezieht sich die Tat auf eine Vereinigung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, so gilt dies nur, wenn sie durch eine im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes ausgeübte Tätigkeit begangen wird oder wenn der Täter oder das Opfer Deutscher ist oder sich im Inland befindet. In den Fällen des Satzes 2 wird die Tat nur mit Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz verfolgt. Die Ermächtigung kann für den Einzelfall oder allgemein auch für die Verfolgung künftiger Taten erteilt werden, die sich auf eine bestimmte Vereinigung beziehen. Bei der Entscheidung über die Ermächtigung zieht das Ministerium in Betracht, ob die Bestrebungen der Vereinigung gegen die Grundwerte einer die Würde des Menschen achtenden staatlichen Ordnung oder gegen das friedliche Zusammenleben der Völker gerichtet sind und bei Abwägung aller Umstände als verwerflich erscheinen.

(2) In den Fällen der §§ 129 und 129a, jeweils auch in Verbindung mit Absatz 1, ist § 74a anzuwenden.

(1) Jeder Zeuge kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihm selbst oder einem der in § 52 Abs. 1 bezeichneten Angehörigen die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden.

(2) Der Zeuge ist über sein Recht zur Verweigerung der Auskunft zu belehren.

(1) Die Freiheit der Willensentschließung und der Willensbetätigung des Beschuldigten darf nicht beeinträchtigt werden durch Mißhandlung, durch Ermüdung, durch körperlichen Eingriff, durch Verabreichung von Mitteln, durch Quälerei, durch Täuschung oder durch Hypnose. Zwang darf nur angewandt werden, soweit das Strafverfahrensrecht dies zuläßt. Die Drohung mit einer nach seinen Vorschriften unzulässigen Maßnahme und das Versprechen eines gesetzlich nicht vorgesehenen Vorteils sind verboten.

(2) Maßnahmen, die das Erinnerungsvermögen oder die Einsichtsfähigkeit des Beschuldigten beeinträchtigen, sind nicht gestattet.

(3) Das Verbot der Absätze 1 und 2 gilt ohne Rücksicht auf die Einwilligung des Beschuldigten. Aussagen, die unter Verletzung dieses Verbots zustande gekommen sind, dürfen auch dann nicht verwertet werden, wenn der Beschuldigte der Verwertung zustimmt.

(1) Jeder Zeuge kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihm selbst oder einem der in § 52 Abs. 1 bezeichneten Angehörigen die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden.

(2) Der Zeuge ist über sein Recht zur Verweigerung der Auskunft zu belehren.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
StB 37/09
vom
4. August 2009
in dem Strafverfahren
gegen
wegen Rädelsführerschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung u. a.;
hier: Beschwerde des Zeugen N. gegen die Anordnung von Haft
zur Erzwingung des Zeugnisses
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 4. August 2009 gemäß
§ 304 Abs. 1, Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 StPO, § 135 Abs. 2 GVG beschlossen:
1. Auf die Beschwerde des Zeugen N. wird der Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 2. Juli 2009 über die Anordnung von Beugehaft aufgehoben. Der Beschwerdeführer ist unverzüglich aus der Haft zu entlassen. 2. Die Kosten des Rechtsmittels und die dem Beschwerdeführer entstandenen notwendigen Auslagen hat die Staatskasse zu tragen.

Gründe:


I.


1
Vor dem 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf findet zurzeit die Hauptverhandlung gegen den Angeklagten E. statt. Diesem wird im Wesentlichen vorgeworfen, Mitglied des Zentralkommitees der DHKP-C gewesen zu sein und in dieser Eigenschaft von Deutschland aus in den Jahren 1993 bis 2005 an der Begehung mehrerer Terroranschläge in der Türkei mitgewirkt zu haben bzw. für diese verantwortlich zu sein.

2
In der Sitzung vom 2. Juli 2009 wurde der Beschwerdeführer als Zeuge vernommen. Auf die Frage des Sitzungsvertreters des Generalbundesanwalts, ob er eine Person namens A. kenne, hat der Zeuge zunächst die Auskunft unter Berufung auf § 55 StPO verweigert und diese Frage nach der Feststellung des Strafsenats, dass er hierzu nicht berechtigt ist, mit "Ja" beantwortet. Auf die folgende Frage des Sitzungsvertreters, aus welchem Zusammenhang er den A. kenne, hat der Beschwerdeführer unter Berufung auf § 55 StPO erneut die Antwort verweigert und an dieser Weigerung festgehalten, nachdem der Strafsenat wiederum seine fehlende Berechtigung zur Auskunftsverweigerung festgestellt hatte. Deswegen hat das Oberlandesgericht gegen den Zeugen unter Auferlegung der durch dessen Auskunftsverweigerung verursachten Kosten ein Ordnungsgeld von 500 €, ersatzweise für je 100 € einen Tag Ordnungshaft, angeordnet und die Verhängung von Beugehaft angedroht.
3
Nachdem der Zeuge die Auskunft weiterhin verweigert hatte, hat das Oberlandesgericht zur Erzwingung des Zeugnisses Haft bis zu einer Dauer von drei Monaten gegen den Beschwerdeführer beschlossen und dessen Inhaftnahme sowie Vorführung zum nächsten Hauptverhandlungstermin am 3. August 2009 verfügt. Gegen diese Anordnung von Beugehaft richtet sich die Beschwerde des Zeugen, der das Oberlandesgericht nicht abgeholfen hat.

II.


4
Das Rechtsmittel ist gemäß § 304 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 StPO zulässig und hat Erfolg, weil dem Beschwerdeführer hinsichtlich der nicht beantworteten Frage ein Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 Abs. 1 StPO zusteht.
5
1. Die Gefahr einer Strafverfolgung im Sinne des § 55 StPO setzt voraus, dass der Zeuge Tatsachen bekunden müsste, die - nach der Beurteilung durch das Gericht - geeignet sind, unmittelbar oder mittelbar den Anfangsverdacht einer von ihm selbst oder von einem Angehörigen (§ 52 Abs. 1 StPO) begangenen Straftat zu begründen oder einen bereits bestehenden Verdacht zu bestärken. Bloße Vermutungen ohne Tatsachengrundlage oder rein denktheoretische Möglichkeiten reichen für die Annahme einer Verfolgungsgefahr nicht aus (vgl. BGH NJW 1994, 2839; Meyer-Goßner, StPO 52. Aufl. § 55 Rdn. 7). Eine das Recht zur Auskunftsverweigerung begründende Verfolgungsgefahr im Sinne des § 55 Abs. 1 StPO besteht grundsätzlich dann nicht mehr, wenn gegen den Zeugen hinsichtlich der Tat, deren Begehung er sich durch wahrheitsgemäße Beantwortung der Frage verdächtig machen könnte, bereits ein rechtskräftiges Urteil vorliegt, die Strafklage daher verbraucht ist, oder die Straftat verjährt wäre und deswegen zweifelsfrei ausgeschlossen ist, dass er für diese noch verfolgt werden könnte (vgl. Meyer-Goßner aaO Rdn. 8 m. w. N.).
6
a) Hinsichtlich des Strafklageverbrauchs gelten im Bereich der Organisationsdelikte grundlegende Besonderheiten: Danach werden im Vergleich zu §§ 129, 129 a, 129 b StGB schwerere Straftaten, die mit der mitgliedschaftlichen Beteiligung an der Vereinigung in Tateinheit stehen, dann nicht von der Rechtskraft eines allein wegen dieser Beteiligung ergangenen Urteils erfasst, wenn sie in dem früheren Verfahren tatsächlich nicht - auch nicht als mitgliedschaftlicher Beteiligungsakt - Gegenstand der Anklage und der Urteilsfindung waren (BGHSt 29, 288). Daher ist ein wegen eines Organisationsdelikts Verurteilter durch die Rechtskraft des früheren Urteils nur vor weiterer Strafverfolgung wegen dieses Delikts und tateinheitlich mit diesem zusammentreffender weiterer, nicht schwerer wiegender Straftaten geschützt (st. Rspr.; vgl. BGH NStZ 2002, 607, 608).

7
b) Eine Verfolgungsgefahr ist bei Vorliegen einer rechtskräftigen Verurteilung ferner dann nicht auszuschließen, wenn zwischen der abgeurteilten Tat und anderen Straftaten, derentwegen der Zeuge noch verfolgt werden könnte, ein so enger Zusammenhang besteht, dass die Beantwortung von Fragen zu der abgeurteilten Tat die Gefahr der Verfolgung wegen dieser anderen Taten mit sich bringt (vgl. BGH NStZ-RR 2006, 239; NStZ 2006, 509; StraFo 2008, 423 m. w. N.)
8
Ein entsprechender Zusammenhang kann auch bei einem - insoweit bereits rechtkräftig verurteilten - Mitglied einer terroristischen Vereinigung gegeben sein, wenn es so in die Strukturen der Vereinigung eingebunden, insbesondere in einer derart herausgehobenen Stellung tätig war, dass er schon deswegen (allgemein) oder aufgrund der spezifischen Sachzusammenhänge weiterer Straftaten verdächtig ist, die aus der Vereinigung heraus begangen worden sind und für die nach obigen Grundsätzen in seiner Person Strafklageverbrauch nicht eingetreten ist. Die von einer terroristischen Vereinigung begangenen Straftaten sind vielfach dadurch gekennzeichnet, dass sie von einem begrenzten Kreis von Tätern begangen werden, die sich kennen oder zumindest voneinander wissen, untereinander - teils über Dritte - in (konspirativem) Kontakt stehen und von den terroristischen Aktivitäten der anderen Mitglieder zumindest aus Treffen, internen Mitteilungen oder Gesprächen Kenntnis haben. Daher kann schon die Aufdeckung der Zusammenhänge des Sichkennens einzelner Mitglieder der Vereinigung nicht selten auch Rückschlüsse über deren Beteiligung sowie der von weiteren Mitgliedern an (anderen) Taten der Vereinigung zulassen, so dass diese Erkenntnisse - unter Umständen mit weiteren schon bekannten Tatsachen - "Teilstücke in einem mosaikartig zusammengesetzten Beweisgebäude" werden können (vgl. BVerfG NJW 2002, 1411; BGH NJW 1999, 1413 m. w. N.).
9
2. Nach diesen Maßstäben kann die angefochtene Entscheidung nicht bestehen bleiben. Für den Beschwerdeführer ist bei Beantwortung der Frage eine Verfolgungsgefahr nicht ausgeschlossen.
10
a) Der Zeuge wurde durch Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 5. Januar 2000 rechtskräftig wegen Rädelsführerschaft in einer terroristischen Vereinigung zur Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt, die er bis zum Jahr 2005 verbüßt hat. Dieser Verurteilung lag zu Grunde, dass der Beschwerdeführer nach seiner Einreise nach Deutschland im Februar 1992 führender Funktionär der DHKP-C und zunächst von Anfang 1995 bis zu seiner (ersten) Verhaftung Mitte 1995 sowie erneut spätestens ab September 1997 sogar Deutschland- und Europaverantwortlicher dieser Vereinigung war.
11
b) Wegen dieser (herausgehobenen) Führungsrolle innerhalb der DHKP-C ist nicht ausgeschlossen, dass der Beschwerdeführer in den 1990er Jahren an weiteren, bislang nicht abgeurteilten Straftaten in Deutschland und in der Türkei - etwa an solchen, wie sie dem Angeklagten E. zur Last liegen - beteiligt war, für die Strafklageverbrauch durch seine Verurteilung durch das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg nach den oben dargestellten Maßstäben nicht eingetreten ist und die auch noch nicht verjährt sind. Bei (wahrheitsgemäßer ) Beantwortung der Frage, aus welchem Zusammenhang er den A. kenne, bestünde für den Beschwerdeführer die Gefahr, dass er durch Preisgabe der Hintergründe und des Zusammenhangs seiner Beziehung zu dieser Person zugleich auch Umstände zu weiteren eigenen, noch verfolgba- ren Straftaten offenbart oder dadurch ein bestehender Verdacht verstärkt wird. Dies wird insbesondere bei Berücksichtigung des Umstandes deutlich, dass nach - im Dezember 2004 gemäß § 153 c Abs. 1 Nr. 3 StPO abgeschlossenen - Ermittlungen der früheren Generalstaatsanwaltschaft bei dem Bayerischen Obersten Landesgericht gegen A. wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer (inländischen) terroristischen Vereinigung dieser ab Januar 1998 bis zur (zweiten) Festnahme des Beschwerdeführers am 15. Oktober 1999 dessen Fahrer und Sekretär gewesen sein soll. Bei dieser Sachlage ist es zumindest nicht ausgeschlossen, dass sich durch die begehrte Auskunft die konkrete Gefahr einer Strafverfolgung des Beschwerdeführers für vor Oktober 1999 begangene Straftaten ergibt. Daher kommt es nicht mehr darauf an, ob dem Beschwerdeführer - wie dieser mutmaßt - durch die Beantwortung der Frage die Verfolgung von Straftaten droht, die er nach seiner Haftentlassung im Jahre 2005 begangen haben könnte. Becker Pfister Hubert

(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt.

(2) Gegenstand dieser Verständigung dürfen nur die Rechtsfolgen sein, die Inhalt des Urteils und der dazugehörigen Beschlüsse sein können, sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen im zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren sowie das Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten. Bestandteil jeder Verständigung soll ein Geständnis sein. Der Schuldspruch sowie Maßregeln der Besserung und Sicherung dürfen nicht Gegenstand einer Verständigung sein.

(3) Das Gericht gibt bekannt, welchen Inhalt die Verständigung haben könnte. Es kann dabei unter freier Würdigung aller Umstände des Falles sowie der allgemeinen Strafzumessungserwägungen auch eine Ober- und Untergrenze der Strafe angeben. Die Verfahrensbeteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Verständigung kommt zustande, wenn Angeklagter und Staatsanwaltschaft dem Vorschlag des Gerichtes zustimmen.

(4) Die Bindung des Gerichtes an eine Verständigung entfällt, wenn rechtlich oder tatsächlich bedeutsame Umstände übersehen worden sind oder sich neu ergeben haben und das Gericht deswegen zu der Überzeugung gelangt, dass der in Aussicht gestellte Strafrahmen nicht mehr tat- oder schuldangemessen ist. Gleiches gilt, wenn das weitere Prozessverhalten des Angeklagten nicht dem Verhalten entspricht, das der Prognose des Gerichtes zugrunde gelegt worden ist. Das Geständnis des Angeklagten darf in diesen Fällen nicht verwertet werden. Das Gericht hat eine Abweichung unverzüglich mitzuteilen.

(5) Der Angeklagte ist über die Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung des Gerichtes von dem in Aussicht gestellten Ergebnis nach Absatz 4 zu belehren.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wer eine Vereinigung (§ 129 Absatz 2) gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder § 12 des Völkerstrafgesetzbuches) oder
2.
Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b
3.
(weggefallen)
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
einem anderen Menschen schwere körperliche oder seelische Schäden, insbesondere der in § 226 bezeichneten Art, zuzufügen,
2.
Straftaten nach den §§ 303b, 305, 305a oder gemeingefährliche Straftaten in den Fällen der §§ 306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 1 bis 5, der §§ 313, 314 oder 315 Abs. 1, 3 oder 4, des § 316b Abs. 1 oder 3 oder des § 316c Abs. 1 bis 3 oder des § 317 Abs. 1,
3.
Straftaten gegen die Umwelt in den Fällen des § 330a Abs. 1 bis 3,
4.
Straftaten nach § 19 Abs. 1 bis 3, § 20 Abs. 1 oder 2, § 20a Abs. 1 bis 3, § 19 Abs. 2 Nr. 2 oder Abs. 3 Nr. 2, § 20 Abs. 1 oder 2 oder § 20a Abs. 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21, oder nach § 22a Abs. 1 bis 3 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen oder
5.
Straftaten nach § 51 Abs. 1 bis 3 des Waffengesetzes
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wenn eine der in den Nummern 1 bis 5 bezeichneten Taten bestimmt ist, die Bevölkerung auf erhebliche Weise einzuschüchtern, eine Behörde oder eine internationale Organisation rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt zu nötigen oder die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beseitigen oder erheblich zu beeinträchtigen, und durch die Art ihrer Begehung oder ihre Auswirkungen einen Staat oder eine internationale Organisation erheblich schädigen kann.

(3) Sind die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet, eine der in Absatz 1 und 2 bezeichneten Straftaten anzudrohen, ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(4) Gehört der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern, so ist in den Fällen der Absätze 1 und 2 auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(5) Wer eine in Absatz 1, 2 oder Absatz 3 bezeichnete Vereinigung unterstützt, wird in den Fällen der Absätze 1 und 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Wer für eine in Absatz 1 oder Absatz 2 bezeichnete Vereinigung um Mitglieder oder Unterstützer wirbt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, in den Fällen der Absätze 1, 2, 3 und 5 die Strafe nach seinem Ermessen (§ 49 Abs. 2) mildern.

(7) § 129 Absatz 7 gilt entsprechend.

(8) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten kann das Gericht die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, und die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, aberkennen (§ 45 Abs. 2).

(9) In den Fällen der Absätze 1, 2, 4 und 5 kann das Gericht Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(1) Die §§ 129 und 129a gelten auch für Vereinigungen im Ausland. Bezieht sich die Tat auf eine Vereinigung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, so gilt dies nur, wenn sie durch eine im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes ausgeübte Tätigkeit begangen wird oder wenn der Täter oder das Opfer Deutscher ist oder sich im Inland befindet. In den Fällen des Satzes 2 wird die Tat nur mit Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz verfolgt. Die Ermächtigung kann für den Einzelfall oder allgemein auch für die Verfolgung künftiger Taten erteilt werden, die sich auf eine bestimmte Vereinigung beziehen. Bei der Entscheidung über die Ermächtigung zieht das Ministerium in Betracht, ob die Bestrebungen der Vereinigung gegen die Grundwerte einer die Würde des Menschen achtenden staatlichen Ordnung oder gegen das friedliche Zusammenleben der Völker gerichtet sind und bei Abwägung aller Umstände als verwerflich erscheinen.

(2) In den Fällen der §§ 129 und 129a, jeweils auch in Verbindung mit Absatz 1, ist § 74a anzuwenden.

(1) Wer eine Vereinigung (§ 129 Absatz 2) gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder § 12 des Völkerstrafgesetzbuches) oder
2.
Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b
3.
(weggefallen)
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
einem anderen Menschen schwere körperliche oder seelische Schäden, insbesondere der in § 226 bezeichneten Art, zuzufügen,
2.
Straftaten nach den §§ 303b, 305, 305a oder gemeingefährliche Straftaten in den Fällen der §§ 306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 1 bis 5, der §§ 313, 314 oder 315 Abs. 1, 3 oder 4, des § 316b Abs. 1 oder 3 oder des § 316c Abs. 1 bis 3 oder des § 317 Abs. 1,
3.
Straftaten gegen die Umwelt in den Fällen des § 330a Abs. 1 bis 3,
4.
Straftaten nach § 19 Abs. 1 bis 3, § 20 Abs. 1 oder 2, § 20a Abs. 1 bis 3, § 19 Abs. 2 Nr. 2 oder Abs. 3 Nr. 2, § 20 Abs. 1 oder 2 oder § 20a Abs. 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21, oder nach § 22a Abs. 1 bis 3 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen oder
5.
Straftaten nach § 51 Abs. 1 bis 3 des Waffengesetzes
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wenn eine der in den Nummern 1 bis 5 bezeichneten Taten bestimmt ist, die Bevölkerung auf erhebliche Weise einzuschüchtern, eine Behörde oder eine internationale Organisation rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt zu nötigen oder die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beseitigen oder erheblich zu beeinträchtigen, und durch die Art ihrer Begehung oder ihre Auswirkungen einen Staat oder eine internationale Organisation erheblich schädigen kann.

(3) Sind die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet, eine der in Absatz 1 und 2 bezeichneten Straftaten anzudrohen, ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(4) Gehört der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern, so ist in den Fällen der Absätze 1 und 2 auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(5) Wer eine in Absatz 1, 2 oder Absatz 3 bezeichnete Vereinigung unterstützt, wird in den Fällen der Absätze 1 und 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Wer für eine in Absatz 1 oder Absatz 2 bezeichnete Vereinigung um Mitglieder oder Unterstützer wirbt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, in den Fällen der Absätze 1, 2, 3 und 5 die Strafe nach seinem Ermessen (§ 49 Abs. 2) mildern.

(7) § 129 Absatz 7 gilt entsprechend.

(8) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten kann das Gericht die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, und die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, aberkennen (§ 45 Abs. 2).

(9) In den Fällen der Absätze 1, 2, 4 und 5 kann das Gericht Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(1) Der Haftbefehl ist aufzuheben, sobald die Voraussetzungen der Untersuchungshaft nicht mehr vorliegen oder sich ergibt, daß die weitere Untersuchungshaft zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis stehen würde. Er ist namentlich aufzuheben, wenn der Beschuldigte freigesprochen oder die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt oder das Verfahren nicht bloß vorläufig eingestellt wird.

(2) Durch die Einlegung eines Rechtsmittels darf die Freilassung des Beschuldigten nicht aufgehalten werden.

(3) Der Haftbefehl ist auch aufzuheben, wenn die Staatsanwaltschaft es vor Erhebung der öffentlichen Klage beantragt. Gleichzeitig mit dem Antrag kann die Staatsanwaltschaft die Freilassung des Beschuldigten anordnen.

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.