Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Okt. 2015 - IX ZR 170/14

published on 15/10/2015 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Okt. 2015 - IX ZR 170/14
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Landgericht Hannover, 20 O 120/13, 21/01/2014
Oberlandesgericht Celle, 3 U 41/14, 09/07/2014

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZR170/14
vom
15. Oktober 2015
in dem Rechtsstreit
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Kayser, den Richter Vill, die Richterin Lohmann, den Richter Dr. Pape
und die Richterin Möhring
am 15. Oktober 2015

beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Grund- und Teilurteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 9. Juli 2014 wird auf Kosten der Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass es in Nr. 2 des Urteilstenors statt "Schäden ..., welche der Klägerin wegen des Unfalls vom 15. April 2013 ... entstehen werden" heißt "Schäden ..., welche der Klägerin wegen des Unfalls vom 15. September 2007 ... ab dem 15. April 2013 entstehen werden".
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 98.975,33 €.

Gründe:


1
1. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist statthaft (§ 544 Abs. 1 Satz 1 ZPO) und zulässig (§ 544 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 ZPO). Sie hat jedoch keinen Erfolg. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

2
Die behauptete Obersatzabweichung liegt nicht vor. Das Berufungsgericht hält sich bei der Beurteilung der groben Fahrlässigkeit im Rahmen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 18. Oktober 1988 - VI ZR 15/88, VersR 1989, 109; vom 30. Januar 2001 - VI ZR 49/00, NJW 2001, 2092, 2093; vom 18. November 2014 - VI ZR 141/13, VersR 2015, 193 Rn. 21 ff). Es weicht auch nicht von den Entscheidungen des Oberlandesgerichts Schleswig (VersR 71, 414) und des Oberlandesgerichts Frankfurt (VersR 1996, 126) ab. Die Sachverhalte unterschieden sich in einem wesentlichen Punkt. Nach den Feststellungen des Berufungsurteils ist der Geschädigte zwar in einem Nachbarschaftsverhältnis tätig geworden. Er hatte jedoch keine gegenüber dem Schädiger überlegende Gefahreneinsicht. Soweit die Beklagte dies (wenn auch wenig substantiiert) behauptet hatte, hat sie diesen streitigen Vortrag nicht unter Beweis gestellt.
3
Die behaupteten Gehörsverstöße liegen nicht vor. Das Gebot des rechtlichen Gehörs verpflichtet die Gerichte zwar dazu, das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei der Urteilsfindung in Erwägung zu ziehen. Grundsätzlich ist jedoch davon auszugehen, dass sie diesen Pflichten nachgekommen sind, auch wenn sie das Vorbringen nicht ausdrücklich beschieden haben. Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs ist erst dann verletzt, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht seiner Pflicht zur Kenntnisnahme und zur Erwägung des Vorgetragenen nicht nachgekommen ist (BGH, Beschluss vom 19. März 2009 - V ZR 142/08, NJW 2009, 1609 Rn. 8). Aus Art. 103 Abs. 1 GG folgt keine Pflicht des Gerichts, der von einer Partei vertretenen Rechtsansicht zu folgen (BGH, Beschluss vom 19. Mai 2011 - IX ZB 214/10, NZI 2011, 540 Rn. 13). Dass das Oberlandesgericht den Vortrag des Beklagten zu dem Laufsteg auf dem Dach und zu den Kenntnissen der Beteilig- ten von den Risiken beachtet hat, ergibt sich schon aus den Ausführungen im unstreitigen und streitigen Sachverhalt. Das Berufungsgericht musste in dem unstreitig vorhandenen Laufsteg keine, wenn auch nur unzureichende, Sicherungsmaßnahme im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 4 BGV C 22 sehen. Im Rahmen der Prüfung, ob dem Schädiger subjektiv ein schwerer Vorwurf zu machen war, musste es deswegen nicht hierauf eingehen. Streitigen, nicht unter Beweis gestellten Vortrag der Beklagten durfte es nicht berücksichtigen.
4
Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist.
5
2. Soweit das Berufungsgericht im Feststellungsausspruch das Datum des Unfalls mit dem 15. April 2013 statt mit dem 15. September 2007 angegeben und den Beginn des Feststellungsausspruchs nicht ausgesprochen hat, handelt es sich um eine offenbare Unrichtigkeit, die gemäß § 319 Abs. 1 ZPO jederzeit von Amts wegen - auch vom Rechtsmittelgericht - berichtigt werden kann. Nach den Gründen des Berufungsurteils sollte die Beklagte antragsge- mäß verurteilt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 5. April 2011 - XI ZR 365/09, WM 2011, 876 Rn. 19).
Kayser Vill Lohmann
Pape Möhring

Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 21.01.2014 - 20 O 120/13 -
OLG Celle, Entscheidung vom 09.07.2014 - 3 U 41/14 -
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(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur
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Annotations

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Schreibfehler, Rechnungsfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die in dem Urteil vorkommen, sind jederzeit von dem Gericht auch von Amts wegen zu berichtigen.

(2) Der Beschluss, der eine Berichtigung ausspricht, wird auf dem Urteil und den Ausfertigungen vermerkt. Erfolgt der Berichtigungsbeschluss in der Form des § 130b, ist er in einem gesonderten elektronischen Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(3) Gegen den Beschluss, durch den der Antrag auf Berichtigung zurückgewiesen wird, findet kein Rechtsmittel, gegen den Beschluss, der eine Berichtigung ausspricht, findet sofortige Beschwerde statt.