Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Juni 2008 - IX ZB 238/07

bei uns veröffentlicht am26.06.2008
vorgehend
Amtsgericht Hagen, 106 IN 13/07, 03.07.2007
Landgericht Hagen, 3 T 420/07, 19.10.2007

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 238/07
vom
26. Juni 2008
in dem Verfahren auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Ganter, die Richter Prof. Dr. Gehrlein und Vill, die Richterin Lohmann und
den Richter Dr. Fischer
am 26. Juni 2008

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Hagen vom 19. Oktober 2007 wird auf Kosten der Schuldnerin als unzulässig verworfen.
Der Wert des Verfahrens der Rechtsbeschwerde wird auf 3.009,26 Euro festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Antrag Auf des weiteren Beteiligten zu 1 (fortan: Antragsteller) vom 17. Januar 2007 ist am 3. Juli 2007 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet worden. Grundlage war ein vom weiteren Beteiligten zu 2 (fortan: Gutachter) erstattetes Gutachten, nach welchem einer freien Masse von 3.009,26 Euro Verbindlichkeiten von 134.813,21 Euro, die in Höhe von 97.400,64 Euro aus Steuerforderungen des Antragstellers resultierten, gegenüber stünden. Die Schuldnerin hat im Wesentlichen eingewandt, die Forderung des Antragstellers sei durch zwei Grundschulden, welche der Komplementär sicherungshalber an jenen abgetreten habe, hinreichend gesichert; außerdem reiche das Vermögen des Komplementärs zur Deckung aller Forderungen aus. Nach der Eröffnung hat die Schuldnerin Erklärungen von neun Gläubigern vorgelegt , sie verzichteten unwiderruflich auf die Durchsetzung ihrer Forderungen im Insolvenzverfahren. Am 13. August 2007 hat der Antragsteller seinen Antrag für erledigt erklärt, nachdem auf die Steuerschulden der Schuldnerin und des Komplementärs ein Betrag von 93.482,75 Euro gezahlt worden war.
2
sofortige Die Beschwerde ist erfolglos geblieben. Mit ihrer Rechtsbeschwerde will die Schuldnerin weiterhin die Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens erreichen.

II.


3
Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO, §§ 6, 7, 34 Abs. 2 InsO statthaft. Sie ist jedoch unzulässig. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 574 Abs. 2 ZPO).
4
Die 1. Rechtsbeschwerde ist nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 ZPO) wegen (nachträglicher) Divergenz zum Senatsbeschluss vom 29. November 2007 (IX ZB 12/07, NZI 2008, 182, 183 Rn. 12) zuzulassen. Nach dieser Entscheidung ist der Insolvenzantrag eines Gläubigers unzulässig, dessen Forderung zweifelsfrei vollständig dinglich gesichert ist. Vorliegend stand im Zeitpunkt der Eröffnung nicht außer Zweifel, dass die abgetretenen Grundschulden im Nennwert von je 50.000 Euro die Steuerforderungen deckten. Die Grundschulden sicherten die Steuerverbindlichkeiten der Schuldnerin und des Komplementärs, die am 10. August 2007 durch eine Zahlung in Höhe von 93.482,75 Euro abgelöst worden waren; der Ertragswert des Wohnungseigentums, auf dem die Grundschulden ruhten, soll nach Angaben der Schuldnerin 103.600 Euro betragen haben. Ob in der Zwangsversteigerung - nach Abzug der Kosten - ein zur Deckung der genannten Verbindlichkeiten hinreichender Erlös erzielt worden wäre, ist durchaus fraglich. Ein fehlendes Rechtsschutzinteresse hat der Senat in klar und eindeutig liegenden Fällen angenommen, etwa dann, wenn eine Forderung von 5,5 Mio. DM grundpfandrechtlich an einem Grundstück abgesichert war, dessen Verkehrswert 10 bis 14 Mio. € betrug (BGH, Beschl. v. 29. November 2007 - IX ZB 12/07, aaO Rn. 13), oder wenn ein Grundstück mit einem Verkehrswert von 410.000 Euro mit Grundpfandrechten im Nominalwert von knapp 140.000 Euro belastet war (BGH, Beschl. v. 17. April 2008 - IX ZB 176/07, n.v.).
5
2. Der Zulässigkeitsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) ist ebenfalls nicht gegeben. Der Senat hat bereits entschieden, dass der Antragsteller die Hauptsache nur solange für erledigt erklären kann, wie das Gericht den Eröffnungsbeschluss noch nicht erlassen hat (BGH, Beschl. v. 11. November 2004 - IX ZB 258/03, ZIP 2005, 91, 92). Dies folgt auch aus § 13 Abs. 2 InsO, wonach ein Eröffnungsantrag nur bis zur Eröffnung zurückgenommen werden kann. Der Begriff "Eröffnung" bezeichnet hier den Eröffnungsbeschluss als solchen, nicht den rechtskräftigen Eröffnungsbeschluss (BGH, Beschl. v. 27. Juli 2006 - IX ZB 12/06, ZVI 2006, 564). Die der Vorschrift des § 13 Abs. 2 InsO zugrunde liegende Überlegung, die Wirkungen der Eröffnung dürften durch eine Antragsrücknahme nicht mehr in Zweifel gezogen werden (vgl. BT-Drucks. 12/2443, S. 113), gilt für die Erledigungserklärung in gleicher Weise.

6
3. Zulässigkeitsgründe ergeben sich schließlich nicht in Hinblick auf den vom Beschwerdegericht angenommenen Eröffnungsgrund der Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO). Insbesondere wurde der Anspruch der Schuldnerin auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) nicht verletzt. Ihren Vortrag zum Umfang des Privatvermögens ihres persönlich haftenden Gesellschafters hat das Beschwerdegericht aus Gründen des materiellen Rechts außer Betracht gelassen. Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet die Gerichte nicht, der Rechtsansicht einer Partei zu folgen (vgl. BVerfGE 64, 1, 12; BVerfG NJW 2005, 3345, 3346).

7
4. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO abgesehen. Der Gegenstandswert ist nach § 58 Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 GKG festgesetzt worden.
Ganter Gehrlein Vill
Lohmann Fischer
Vorinstanzen:
AG Hagen, Entscheidung vom 03.07.2007 - 106 IN 13/07 -
LG Hagen, Entscheidung vom 19.10.2007 - 3 T 420/07 -

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Insolvenzordnung - InsO | § 13 Eröffnungsantrag


(1) Das Insolvenzverfahren wird nur auf schriftlichen Antrag eröffnet. Antragsberechtigt sind die Gläubiger und der Schuldner. Dem Antrag des Schuldners ist ein Verzeichnis der Gläubiger und ihrer Forderungen beizufügen. Wenn der Schuldner einen Gesc

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(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen dieses Gesetz die sofortige Beschwerde vorsieht. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Insolvenzgericht einzulegen.

(2) Die Beschwerdefrist beginnt mit der Verkündung der Entscheidung oder, wenn diese nicht verkündet wird, mit deren Zustellung.

(3) Die Entscheidung über die Beschwerde wird erst mit der Rechtskraft wirksam. Das Beschwerdegericht kann jedoch die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung anordnen.

(1) Wird die Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgelehnt, so steht dem Antragsteller und, wenn die Abweisung des Antrags nach § 26 erfolgt, dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu.

(2) Wird das Insolvenzverfahren eröffnet, so steht dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu.

(3) Sobald eine Entscheidung, die den Eröffnungsbeschluß aufhebt, Rechtskraft erlangt hat, ist die Aufhebung des Verfahrens öffentlich bekanntzumachen. § 200 Abs. 2 Satz 2 gilt entsprechend. Die Wirkungen der Rechtshandlungen, die vom Insolvenzverwalter oder ihm gegenüber vorgenommen worden sind, werden durch die Aufhebung nicht berührt.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 176/07
vom
17. April 2008
in dem Verfahren auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Ganter, den Richter Prof. Dr. Gehrlein, die Richterin Lohmann und die Richter
Dr. Fischer und Dr. Pape
am 17. April 2008

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Schuldners werden der Beschluss der 23. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld vom 14. August 2007 und der Beschluss des Amtsgerichts - Insolvenzgerichts - Bielefeld vom 4. Januar 2007 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung - auch über die Kosten der Beschwerdeverfahren - an das Insolvenzgericht zurückverwiesen.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 200.000 Euro festgesetzt (§ 58 Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 GKG).

Gründe:


I.


1
Am 20. Juni 2005 beantragte der weitere Beteiligte zu 1 (fortan: Gläubiger ) die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners. Das Insolvenzgericht bestellte den weiteren Beteiligten zu 2 (fortan: Gut- achter) zum vorläufigen Insolvenzverwalter und beauftragte ihn zugleich mit der Erstattung eines Gutachtens über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners. Der Gutachter ermittelte Verbindlichkeiten des Schuldners von 200.000 Euro. An Vermögensgegenständen fand er ein Konto mit einem Guthaben von 302,05 Euro sowie ein dem Schuldner gehörendes bebautes Grundstück , das sich in der Zwangsversteigerung befinde; hieraus sei ein Überschuss von mehr 250.000 Euro zu erwarten.
2
Am 4. Januar 2007 hat das Insolvenzgericht das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet. Die sofortige Beschwerde des Schuldners ist erfolglos geblieben. Mit der Rechtsbeschwerde will der Schuldner weiterhin die Aufhebung des Eröffnungsbeschlusses erreichen.

II.


3
Die Rechtsbeschwerde ist nach § 34 Abs. 2, §§ 6, 7 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 574 Abs. 2 ZPO). Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das Insolvenzgericht.
4
1. Das Beschwerdegericht hat den Eröffnungsantrag für begründet gehalten. Der Gläubiger habe titulierte Forderungen in Höhe von insgesamt 33.882,66 Euro glaubhaft gemacht. Der Schuldner sei zahlungsunfähig, weil er nicht in der Lage sei, diese Forderungen zu begleichen. Das ihm gehörende Grundstück ändere daran nichts, weil der Schuldner wegen des eingetragenen Zwangsversteigerungsvermerks darüber nicht verfügen könne.
5
2. Diese Ausführungen sind in einem wesentlichen Punkt unvollständig. Sie lassen außer Acht, dass für den Gläubiger eine Zwangshypothek auf dem Grundstück des Schuldners eingetragen ist.
6
a) Ist die Forderung eines Gläubigers zweifelsfrei vollständig dinglich gesichert , ist dessen Insolvenzantrag unzulässig. Das hat der Bundesgerichtshof nach Erlass der angefochtenen Entscheidung entschieden (BGH, Beschl. v. 29. November 2007 - IX ZB 12/07, WM 2008, 227). In einem solchen Fall fehlt dem Gläubiger das Rechtsschutzinteresse. Gläubiger, die abgesonderte Befriedigung verlangen können, sind Insolvenzgläubiger, soweit ihnen der Schuldner auch persönlich haftet. Zur anteilsmäßigen Befriedigung aus der Insolvenzmasse sind sie jedoch nur berechtigt, soweit sie auf eine abgesonderte Befriedigung verzichten oder bei ihr ausgefallen sind (§ 52 InsO). Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, wird ihre Forderung bei der Verteilung nicht berücksichtigt (§ 190 Abs. 1 InsO).
7
b) Für den Gläubiger ist aufgrund der vollstreckbaren Urkunde vom 21. November 2003, auf der die Forderung von 30.000 Euro beruht, am 1. September 2004 eine Sicherungshypothek über einen Betrag von 30.028,50 Euro eingetragen worden. Aus diesem Recht betreibt der Gläubiger die Zwangsversteigerung. Das Recht ist voll werthaltig, weil der Gutachter aus der Verwertung des Grundstücks einen Überschuss von 250.000 Euro erwartet.

III.


8
Der angefochtene Beschluss kann daher keinen Bestand haben. Er ist aufzuheben (§ 577 Abs. 4 ZPO); die Sache wird - da auch das Insolvenzgericht sich nicht mit der Frage der ausreichenden dinglichen Sicherung des Gläubigers befasst hat - an das Insolvenzgericht zurückverwiesen (§ 577 Abs. 4, § 572 Abs. 3 ZPO; vgl. BGHZ 160, 176, 185 f). Bei der erneuten Entscheidung wird allerdings auch zu berücksichtigen sein, dass der Gläubiger den Eröffnungsantrag auf eine weitere titulierte Forderung in Höhe von 3.882,66 Euro stützt, die im Falle der Eröffnung eine Insolvenzforderung darstellen würde.
Ganter Gehrlein Lohmann
Fischer Pape

Vorinstanzen:
AG Bielefeld, Entscheidung vom 04.01.2007 - 43 IK 513/05 -
LG Bielefeld, Entscheidung vom 14.08.2007 - 23 T 47/07 -

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Das Insolvenzverfahren wird nur auf schriftlichen Antrag eröffnet. Antragsberechtigt sind die Gläubiger und der Schuldner. Dem Antrag des Schuldners ist ein Verzeichnis der Gläubiger und ihrer Forderungen beizufügen. Wenn der Schuldner einen Geschäftsbetrieb hat, der nicht eingestellt ist, sollen in dem Verzeichnis besonders kenntlich gemacht werden

1.
die höchsten Forderungen,
2.
die höchsten gesicherten Forderungen,
3.
die Forderungen der Finanzverwaltung,
4.
die Forderungen der Sozialversicherungsträger sowie
5.
die Forderungen aus betrieblicher Altersversorgung.
Der Schuldner hat in diesem Fall auch Angaben zur Bilanzsumme, zu den Umsatzerlösen und zur durchschnittlichen Zahl der Arbeitnehmer des vorangegangenen Geschäftsjahres zu machen. Die Angaben nach Satz 4 sind verpflichtend, wenn
1.
der Schuldner Eigenverwaltung beantragt,
2.
der Schuldner die Merkmale des § 22a Absatz 1 erfüllt oder
3.
die Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses beantragt wurde.
Dem Verzeichnis nach Satz 3 und den Angaben nach den Sätzen 4 und 5 ist die Erklärung beizufügen, dass die enthaltenen Angaben richtig und vollständig sind.

(2) Der Antrag kann zurückgenommen werden, bis das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Antrag rechtskräftig abgewiesen ist.

(3) Ist der Eröffnungsantrag unzulässig, so fordert das Insolvenzgericht den Antragsteller unverzüglich auf, den Mangel zu beheben und räumt ihm hierzu eine angemessene Frist ein.

(4) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates für die Antragstellung durch den Schuldner ein Formular einzuführen. Soweit nach Satz 1 ein Formular eingeführt ist, muss der Schuldner dieses benutzen. Für Verfahren, die von den Gerichten maschinell bearbeitet, und für solche, die nicht maschinell bearbeitet werden, können unterschiedliche Formulare eingeführt werden.

(1) Allgemeiner Eröffnungsgrund ist die Zahlungsunfähigkeit.

(2) Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 575 Abs. 3 und § 574 Abs. 4 Satz 2 gerügt worden sind. § 559 gilt entsprechend.

(3) Ergibt die Begründung der angefochtenen Entscheidung zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(4) Wird die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. § 562 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(5) Das Rechtsbeschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist. § 563 Abs. 4 gilt entsprechend.

(6) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluss. § 564 gilt entsprechend. Im Übrigen kann von einer Begründung abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.

(1) Die Gebühren für den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und für die Durchführung des Insolvenzverfahrens werden nach dem Wert der Insolvenzmasse zur Zeit der Beendigung des Verfahrens erhoben. Gegenstände, die zur abgesonderten Befriedigung dienen, werden nur in Höhe des für diese nicht erforderlichen Betrags angesetzt. Wird das Unternehmen des Schuldners fortgeführt, so ist von den bei der Fortführung erzielten Einnahmen nur der Überschuss zu berücksichtigen, der sich nach Abzug der Ausgaben ergibt. Dies gilt auch, wenn nur Teile des Unternehmens fortgeführt werden.

(2) Ist der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens von einem Gläubiger gestellt, wird die Gebühr für das Verfahren über den Antrag nach dem Betrag seiner Forderung, wenn jedoch der Wert der Insolvenzmasse geringer ist, nach diesem Wert erhoben.

(3) Bei der Beschwerde des Schuldners oder des ausländischen Insolvenzverwalters gegen die Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder gegen die Abweisung des Eröffnungsantrags mangels Masse gilt Absatz 1. Bei der Beschwerde eines Gläubigers gegen die Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder gegen die Abweisung des Eröffnungsantrags gilt Absatz 2.

(4) Im Verfahren über einen Antrag nach Artikel 36 Absatz 7 Satz 2 der Verordnung (EU) 2015/848 bestimmt sich der Wert nach dem Mehrbetrag, den der Gläubiger bei der Verteilung anstrebt.

(5) Im Verfahren über Anträge nach Artikel 36 Absatz 9 der Verordnung (EU) 2015/848 bestimmt sich der Wert nach dem Betrag der Forderung des Gläubigers.

(6) Im Verfahren über die sofortige Beschwerde nach Artikel 102c § 26 des Einführungsgesetzes zur Insolvenzordnung gegen die Entscheidung über die Kosten des Gruppen-Koordinationsverfahrens bestimmt sich der Wert nach der Höhe der Kosten.