Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Jan. 2013 - III ZB 40/12

bei uns veröffentlicht am30.01.2013
vorgehend
Kammergericht, 20 Sch 10/11, 04.06.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 40/12
vom
30. Januar 2013
in dem Verfahren
auf Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Schiedsspruchs
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO § 1061 Abs. 1; GVG § 20 Abs. 2; GG Art. 25; KapAnlSchVtr THA Art. 8 bis 10

a) Das Verfahren auf Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Schiedsspruchs (§ 1061 ZPO)
ist kein Verfahren der Zwangsvollstreckung, sondern ein Erkenntnisverfahren eigener Art, auf
das die Grundsätze über die Immunität ausländischer Staaten im Erkenntnisverfahren anzuwenden
sind.

b) Nach den gemäß § 20 Abs. 2 GVG, Art. 25 GG als Bundesrecht geltenden Regeln des allgemeinen
Völkerrechts sind Staaten im Erkenntnisverfahren der Gerichtsbarkeit anderer Staaten
nicht unterworfen, soweit ihre hoheitliche Tätigkeit und nicht lediglich ihr kommerzielles Handeln
betroffen ist.

c) Enthält ein Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und einem ausländischen Staat
eine Regelung, wonach im Rahmen einer Schiedsabrede der Schiedsspruch nach innerstaatlichem
Recht vollstreckt wird, unterwirft sich der ausländische Staat damit grundsätzlich auch
dem Verfahren auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs (§ 1061 ZPO), das in Deutschland
als Vorstufe einer späteren Zwangsvollstreckung notwendig ist.

d) Sind die Entscheidungen des Schiedsgerichts nach dem Inhalt eines solchen Vertrags "bindend"
, gilt dies grundsätzlich nur im Rahmen der vereinbarten Schiedsklausel, sodass der
Schiedsspruch, soweit das Schiedsgericht den Anwendungsbereich des Vertrags verkennt und
sich irrtümlich für zuständig erachtet, nicht bindet und im Verfahren der Anerkennung und Vollstreckung
des Schiedsspruchs die Berufung auf die Immunität nicht hindert. Dies gilt auch, soweit
eine die Zuständigkeit bejahende Zwischenentscheidung des Schiedsgerichts unangefochten
geblieben ist. Dass eine Partei kein Rechtsmittel gegen die Zwischenentscheidung eingelegt
und sich im weiteren Verfahren auf die Klage eingelassen hat, kann regelmäßig nicht als Verzicht
auf die Immunität gewertet werden.
BGH, Beschluss vom 30. Januar 2013 - III ZB 40/12 - KG Berlin
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 30. Januar 2013 durch den
Vizepräsidenten Schlick sowie die Richter Wöstmann, Seiters, Tombrink und
Dr. Remmert

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Kammergerichts vom 26. März 2012 - 20 Sch 10/11 - aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Beschwerderechtszugs, an das Kammergericht zurückverwiesen.
Wert des Beschwerdegegenstands: 29.210.000 €

Gründe:

I.

1
Der Antragsteller ist Insolvenzverwalter der W. AG, die am 16. August 2001 mit der D. AG fusionierte. Durch die Fusion erlangte die W. AG Anteile an der D. M. T. Co. Ltd. (im Folgenden: DMT), einer Gesellschaft nach thailändischem Recht, die zur Fortentwicklung der öffentlichen Infrastruktur im Königreich Thailand in den 80iger Jahren gegründet worden war.
2
Der Antragsgegner hatte der DMT unter dem 21. August 1989 - "T. Concession Agreement" mit Änderungen und Ergänzungen vom 27. April 1995 und 29. November 1996 - eine Konzession über den Bau und Betrieb einer Au- tobahn von B. zum damaligen internationalen D. M. Flughafen erteilt. Als einzige Einnahmequelle der DMT waren Mautgebühren für die Nutzung der Straße über die Konzessionsdauer von 25 Jahren vorgesehen. Diese sollten zu bestimmten Anlässen erhöht werden, wobei diese Erhöhungen vom Antragsgegner genehmigt und umgesetzt werden mussten.
3
Am 24. Juni 2002 schlossen die Bundesrepublik Deutschland und das Königreich Thailand einen Vertrag über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (im Folgenden: Investitionsschutzvertrag = ISV 2002; BGBl. 2004 II S. 48). Dieser trat am 20. Oktober 2004 in Kraft (BGBl. 2004 II S. 1520). Gleichzeitig trat der Vertrag vom 13. Dezember 1961 über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (im Folgenden: Investitionsschutzvertrag = ISV 1961, BGBl. 1964 II S. 687, 1965 II S. 368) außer Kraft. Während der ISV 1961 nur eine Schiedsklausel zwischen den beteiligten Staaten vorgesehen hatte, enthielt der ISV 2002 in Artikel 10 eine Schiedsklausel auch für "Streitigkeiten in Bezug auf Kapitalanlagen zwischen einer der Vertragsparteien und einem Investor der anderen Vertragspartei". Artikel 8 ISV 2002 bestimmte zum Geltungsbereich des Vertrags, dass dieser auch Anwendung finde auf "genehmigte Kapitalanlagen, die Investoren der einen Vertragspartei in Übereinstimmung mit den Gesetzen und sonstigen Vorschriften der anderen Vertragspartei in deren Hoheitsgebiet schon vor dem Inkrafttreten dieses Vertrags vorgenommen haben". Nach Art. 2 Abs. 3 ISV 2002 verpflichtete sich jede Vertragspartei, "in ihrem Hoheitsgebiet solche Kapitalanlagen von Investoren der anderen Vertragspartei und deren Erträge in jedem Fall gerecht und billig zu behandeln und ihnen vollen Schutz zu gewähren".
4
Im April 2005 wurde über das Vermögen der W. AG das Insolvenzverfahren eröffnet. Im September 2005 erhob die W. AG in G.
Schiedsklage gegen den Antragsgegner wegen Verletzung (Entwertung) ihrer Gesellschafterrechte an der DMT. Mit Teilschiedsspruch vom 5. Oktober 2007 erklärte sich das Schiedsgericht für zuständig. Mit Schiedsspruch vom 1. Juni 2009 verurteilte das Schiedsgericht den Antragsgegner zur Zahlung von 29.210.000 € Schadensersatz nebst Zinsen und Kosten wegen Verletzung der dem Antragsgegner gegenüber der W. AG als geschützten Investor obliegenden Pflichten (Art. 2 Abs. 3 ISV 2002) durch Verweigerung der Anhebung sowie zeitweilige Senkung der Mautgebühren, Bau und Ausbau mautfreier Alternativrouten und die zeitweilige Schließung des D. M. Flughafens.
5
Der Antragsteller hat die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs beantragt. Dem hat das Kammergericht durch Beschluss vom 26. März 2012 entsprochen. Gegen diese Entscheidung wendet sich der Antragsgegner mit seiner Rechtsbeschwerde.

II.


6
Die von Gesetzes wegen statthafte (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 1025 Abs. 4, § 1065 Abs. 1 Satz 1, § 1062 Abs. 1 Nr. 4 Fall 2 ZPO) und auch im Übrigen zulässige (§ 574 Abs. 2 ZPO) Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Kammergericht.
7
1. Das Kammergericht hat den Antrag auf Vollstreckbarerklärung für zulässig und begründet erachtet. Zur Zulässigkeit hat es dabei unter anderem folgendes ausgeführt:
8
Der Antragsgegner sei nicht von der deutschen Gerichtsbarkeit befreit. Nach den von § 20 Abs. 2 GVG in Bezug genommenen allgemeinen Regeln des Völkerrechts (Art. 25 GG) sei ein Gerichtsstaat nicht schlechthin gehindert, aufgrund eines gegen einen fremden Staat gerichteten Titels Zwangsmaßnahmen in dessen im Gerichtsstaat befindliche Vermögensgegenstände zu betreiben. Es bestehe lediglich eine allgemeine Regel des Völkerrechts, dass ohne Zustimmung des fremden Staates eine Zwangsvollstreckung unzulässig sei, wenn die Vermögensgegenstände im Zeitpunkt des Beginns der Vollstreckungsmaßnahme hoheitlichen Zwecken des fremden Staates dienten. Eine generelle Vollstreckungsimmunität bestehe für den Antragsgegner daher nicht. Verfahrensgegenstand sei auch kein Eingriff in hoheitliche Rechte des Antragsgegners , sondern ein Schiedsspruch auf Zahlung eines Geldbetrags wegen eines Schadensersatzanspruchs des Antragstellers. Hinzu komme, dass sich der Antragsgegner auf der Grundlage des Investitionsschutzabkommens einer Schiedsvereinbarung unterworfen und in diesem Umfang auf seine Staatenimmunität verzichtet habe. Im Abkommen sei ausdrücklich vereinbart, dass die Entscheidungen des Schiedsgerichts für den Antragsgegner bindend und nach innerstaatlichem Recht zu vollstrecken seien. Es würde die Grundsätze des Völkerrechts missachten, wenn der Antragsgegner an dieser von ihm bewusst eingegangenen Bindung nicht festgehalten werden könnte.
9
2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
10
a) Das Verfahren auf Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs ist kein Verfahren der Zwangsvollstreckung, sondern ein Erkenntnisverfahren eigener Art (vgl. nur Senat, Beschluss vom 27. März 2002 - III ZB 43/00, NJW-RR 2002, 933; OLG München, SchiedsVZ 2007, 164, 165; Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Aufl., Kap. 26 Rn. 3, Kap. 27 Rn. 1; Zöller/Geimer, ZPO, 29. Aufl., § 1060 Rn. 3). Auf das Verfahren sind deshalb die Grundsätze über die Immunität ausländischer Staaten im Erkenntnisverfahren anzuwenden (vgl. nur Zöller/Geimer, aaO § 722 Rn. 63; Geimer, Internationales Zivilprozessrecht , 6. Aufl., Rn. 544).
11
Nach den gemäß § 20 Abs. 2 GVG, Art. 25 GG als Bundesrecht geltenden Regeln des allgemeinen Völkerrechts sind Staaten im Erkenntnisverfahren der Gerichtsbarkeit anderer Staaten nicht unterworfen, soweit ihre hoheitliche Tätigkeit (acta iure imperii) und nicht lediglich ihr kommerzielles Handeln (acta iure gestionis) betroffen ist (vgl. nur BVerfGE 16, 27, 33 ff, 61 f; 46, 343, 364; BVerfG NJW 2007, 2605 Rn. 34 ff; BGH, Urteil vom 26. September 1978 - VI ZR 267/76, NJW 1979, 1101; BAG, Urteil vom 1. Juli 2010 - 2 AZR 270/09, juris Rn. 11; Stein/von Buttlar, Völkerrecht, 13. Aufl., § 41 Rn. 717 ff). Hierbei richtet sich die - regelmäßig nach dem Recht des entscheidenden Gerichts vorzunehmende - Abgrenzung zwischen hoheitlicher und nicht hoheitlicher Staatstätigkeit nicht nach deren Motiv oder Zweck; maßgebend ist vielmehr die Art beziehungsweise die Natur der zu beurteilenden staatlichen Handlung oder des streitigen Rechtsverhältnisses (vgl. nur BVerfGE 16, 27, 61 f; BGH, Urteil vom 26. September 1978, aaO; BAG, aaO Rn. 12) und damit die Frage, ob der ausländische Staat in Ausübung ihm zustehender Hoheitsgewalt oder wie ein Privatmann tätig geworden ist.
12
b) Die mit dem Schiedsspruch vom 1. Juli 2009 entschiedene Klage betrifft die hoheitliche Tätigkeit des Antragsgegners. Im Schiedsspruch wird die Verurteilung zum Schadensersatz auf eine Verletzung von Art. 2 Abs. 3 ISV 2002 und insoweit auf die Verweigerung der Anhebung sowie zeitweilige Senkung der Mautgebühren, den Bau und Ausbau mautfreier Alternativrouten und die zeitweilige Schließung des D. M. Flughafens gestützt. Hierbei handelt es sich - was auch vom Antragsteller nicht in Frage gestellt worden ist - um Unterlassungen beziehungsweise Handlungen des Antragsgegners, bei denen dieser nicht wie ein Privater im Rechtsverkehr tätig geworden ist, sondern die dem hoheitlichen Bereich zuzuordnen sind. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang , dass es vorliegend um die Vollstreckbarkeit einer Geldforderung geht, da nicht dies, sondern der Bezug zu hoheitlichem oder kommerziellem Handeln für die Frage der Immunität entscheidungserheblich ist.
13
c) Die Zulässigkeit des Antrags auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs hängt damit davon ab, ob der Antragsgegner sich der deutschen Gerichtsbarkeit unterworfen hat.
14
aa) Entgegen der Auffassung des Antragsgegners schadet es insoweit nicht, dass im Zusammenhang mit der Schiedsvereinbarung im ISV 2002 das Verfahren auf Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruchs (§ 1061 ZPO in Verbindung mit dem Übereinkommen vom 10. Juni 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche, BGBl. 1961 II S. 121) nicht ausdrücklich erwähnt worden ist. Nach Art. 10 ISV 2002 hat sich der Antragsgegner bezüglich der Beilegung von Streitigkeiten mit einem nach Maßgabe der übrigen Bestimmungen des Vertrags geschützten Investor einem Schiedsverfahren unterworfen. Zwar beinhaltet der Abschluss einer Schiedsvereinbarung keinen Verzicht auf die Immunität in einem Vollstreckungsverfahren. Immunität im Erkenntnis- und Vollstreckungsverfahren sind getrennt zu prüfen; allein von der Unterwerfung unter die Jurisdiktion eines Staates oder von einem entsprechenden Immunitätsverzicht im Erkenntnisverfahren lässt sich nicht auf einen Verzicht für das Zwangsvollstreckungsverfahren schließen (vgl. nur BVerfG NJW 2007, 2605 Rn. 37; BGH, Beschluss vom 4. Oktober 2005 - VII ZB 8/05, NJW-RR 2006, 425 Rn. 22 mwN). Ob aus dem Abschluss einer Schiedsvereinbarung zumindest ein Verzicht auf die Immunität im Verfahren der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs (als eines Erkenntnisverfahrens besonderer Art) abgeleitet werden kann (bejahend etwa Berger, RIW 1989, 956, 957; Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis , 3. Aufl., Rn. 2748; Schwab/Walter, aaO Kap. 4 Rn. 12; verneinend etwa Nagel/Gottwald, Internationales Zivilprozessrecht, 6. Aufl., § 2 Rn. 23, § 16 Rn. 34; Geimer, aaO Rn. 544, 3929), bedarf keiner grundsätzlichen Entscheidung. Denn der Antragsgegner hat sich im ISV 2002 nicht nur allgemein einem Schiedsverfahren unterworfen. Vielmehr bestimmt Art. 10 Abs. 2 Satz 3 ISV 2002, dass "der Schiedsspruch nach innerstaatlichem Recht vollstreckt wird." Damit hat sich der Antragsgegner auch dem Verfahren unterworfen, das in Deutschland als Vorstufe einer späteren Zwangsvollstreckung notwendig ist. Bedarf es zur Vollstreckung eines ausländischen Schiedsspruchs in Deutschland eines Verfahrens der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung, widerspräche es dem Sinn und Zweck des Übereinkommens, wenn man die vertraglichen Regelungen dahingehend auslegen würde, dass sich der Antragsgegner im insoweit notwendigen Zwischenverfahren auf seine Immunität berufen und damit eine Zwangsvollstreckung von vorneherein vereiteln könnte, obwohl z.B. die Zwangsvollstreckung in nicht hoheitlich genutzte Gegenstände eines fremden Staates grundsätzlich zulässig ist, also keiner Einwilligung oder eines Immunitätsverzichts bedarf (vgl. nur BVerfG NJW 2007, 2605 Rn. 39 mwN).
15
bb) Diese Unterwerfung geht allerdings entgegen der Auffassung des Kammergerichts und des Antragstellers nicht so weit, dass sie auch Sachverhalte erfasst, die nicht unter das ISV 2002 fallen. Zwar sind nach Art. 10 Abs. 2 Satz 2, Art. 9 Abs. 5 Satz 2 ISV 2002 die Entscheidungen des Schiedsgerichts "bindend". Dies gilt aber nur im Rahmen der vertraglich vereinbarten Schiedsklausel. Völkerrechtliche Verträge sind grundsätzlich so auszulegen, dass die Vertragspartner einerseits das von ihnen gemeinsam erstrebte Ziel durch den Vertrag erreichen können, andererseits nicht über das gewollte Maß hinaus als gebunden angesehen werden dürfen (vgl. nur BGH, Beschluss vom 4. Oktober 2005 - VII ZB 8/05, NJW-RR 2006, 425 Rn. 23 mwN). Verkennt ein Schiedsgericht den Anwendungsbereich des Abkommens, bindet dies die Vertragsparteien nicht und hindert auch nicht den Einwand der Immunität. Das Abkommen kann insoweit nicht dahingehend ausgelegt werden, dass die Vertragsparteien auf ihre Immunität auch für den Fall verzichten, dass das Abkommen gar nicht einschlägig ist.
16
d) Vor diesem Hintergrund hätte das Kammergericht zunächst die zwischen den Parteien umstrittene Frage klären müssen, ob die streitgegenständliche Investition unter Art. 8 ISV 2002 fällt.
17
Diese Prüfung ist nicht deshalb entbehrlich, weil das Kammergericht in anderem Zusammenhang bei der Begründetheit des Antrags die Auffassung vertreten hat, der Antragsgegner sei mit dem Einwand der fehlenden Schiedsabrede (Art. V Abs. 1 lit. a, c UNÜ) präkludiert. Abgesehen davon, dass das vom Kammergericht insoweit maßgeblich angesprochene Europäische Übereinkommen vom 21. April 1961 über die Internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit (BGBl. 1964 II 425, 1965 II 107) auf den Antragsgegner, der kein Vertragsstaat ist, nicht angewendet werden kann, sind die vom Kammergericht angestellten Überlegungen jedenfalls nicht geeignet, die in jedem Verfahrensstadium von Amts wegen zu prüfende Prozessvoraussetzung der deutschen Gerichtsbarkeit und damit der Immunität des Antragsgegners zu präkludieren.
18
aa) Der Umstand, dass der Antragsgegner gegen den Teilschiedsspruch des Schiedsgerichts über seine Zuständigkeit vom 5. Oktober 2007 keine Be- schwerde zum Schweizer Bundesgericht nach Art. 186 Abs. 3, Art. 190 Abs. 3, Abs. 2b des Schweizer Bundesgesetzes über das Internationale Privatrecht, Art. 77 Abs. 1, Art. 100 Abs. 1 des Schweizer Bundesgerichtsgesetzes eingelegt hat, ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung. Nach der Senatsrechtsprechung (vgl. Urteil vom 9. Juli 2009 - III ZR 46/08, BGHZ 182, 10 Rn. 17 ff) steht ein die Immunität einer Partei verneinendes Zwischenurteil der Prüfung im weiteren Verfahren, ob die deutsche Gerichtsbarkeit gegeben ist, nicht entgegen , auch wenn es unangefochten geblieben ist. Ein die Immunität zu Unrecht verneinendes Zwischenurteil entfaltet keine Bindungswirkung. Dies muss dann erst recht im vorliegenden Fall gelten, in dem es nicht um eine Zuständigkeitszwischenentscheidung innerhalb eines Instanzenzugs, sondern um eine Zwischenentscheidung in einem vorangegangenen anderen Erkenntnisverfahren geht.
19
bb) Dass eine Partei kein Rechtsmittel gegen die Zwischenentscheidung eingelegt und sich im weiteren Verfahren auf die Klage eingelassen hat, kann auch nicht als Verzicht auf die Immunität gewertet werden (vgl. Senat, Urteil vom 9. Juli 2009, aaO Rn. 37 f). An die Annahme eines Verzichts sind strenge Anforderungen zu stellen. Eine so weitgehende Selbstentäußerung des ausländischen Staates ist im Zweifel nicht zu vermuten (vgl. BGH, Urteil vom 26. September 1978, aaO S. 1102). Deshalb bedarf der Verzicht regelmäßig einer ausdrücklichen Erklärung (Senat, aaO Rn. 38). Ein konkludenter Immunitätsverzicht kommt von vorneherein nur bei Verhaltensweisen in Betracht, aus denen sich der Unterwerfungswille eindeutig ergibt (vgl. nur Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht, 2. Aufl., Bd. I/1 S. 470; Geimer, aaO Rn. 506), wobei dieser sich im Zweifel auch nur auf den konkreten Prozess bezieht (Geimer, aaO Rn. 646). Vor diesem Hintergrund kann dem vom Kammergericht erörterten Verhalten des Antragsgegners im Schiedsverfahren keine immunitätsausschließende Wir- kung für das Verfahren auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs beigemessen werden.
20
3. Der angefochtene Beschluss war daher aufzuheben und dasVerfahren an das Kammergericht zur Prüfung zurückzuverweisen, ob der Antragsgegner nach Maßgabe von Art. 8 ISV 2002 in den Schutzbereich dieses Abkommens fällt.
Schlick Wöstmann Seiters
Tombrink Remmert
Vorinstanz:
KG Berlin, Entscheidung vom 04.06.2012 - 20 Sch 10/11 -

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(2) Ist die Vollstreckbarerklärung abzulehnen, stellt das Gericht fest, dass der Schiedsspruch im Inland nicht anzuerkennen ist.

(3) Wird der Schiedsspruch, nachdem er für vollstreckbar erklärt worden ist, im Ausland aufgehoben, so kann die Aufhebung der Vollstreckbarerklärung beantragt werden.

(1) Die deutsche Gerichtsbarkeit erstreckt sich auch nicht auf Repräsentanten anderer Staaten und deren Begleitung, die sich auf amtliche Einladung der Bundesrepublik Deutschland im Geltungsbereich dieses Gesetzes aufhalten.

(2) Im übrigen erstreckt sich die deutsche Gerichtsbarkeit auch nicht auf andere als die in Absatz 1 und in den §§ 18 und 19 genannten Personen, soweit sie nach den allgemeinen Regeln des Völkerrechts, auf Grund völkerrechtlicher Vereinbarungen oder sonstiger Rechtsvorschriften von ihr befreit sind.

Die allgemeinen Regeln des Völkerrechtes sind Bestandteil des Bundesrechtes. Sie gehen den Gesetzen vor und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebietes.

(1) Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche richtet sich nach dem Übereinkommen vom 10. Juni 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (BGBl. 1961 II S. 121). Die Vorschriften in anderen Staatsverträgen über die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen bleiben unberührt.

(2) Ist die Vollstreckbarerklärung abzulehnen, stellt das Gericht fest, dass der Schiedsspruch im Inland nicht anzuerkennen ist.

(3) Wird der Schiedsspruch, nachdem er für vollstreckbar erklärt worden ist, im Ausland aufgehoben, so kann die Aufhebung der Vollstreckbarerklärung beantragt werden.

(1) Die deutsche Gerichtsbarkeit erstreckt sich auch nicht auf Repräsentanten anderer Staaten und deren Begleitung, die sich auf amtliche Einladung der Bundesrepublik Deutschland im Geltungsbereich dieses Gesetzes aufhalten.

(2) Im übrigen erstreckt sich die deutsche Gerichtsbarkeit auch nicht auf andere als die in Absatz 1 und in den §§ 18 und 19 genannten Personen, soweit sie nach den allgemeinen Regeln des Völkerrechts, auf Grund völkerrechtlicher Vereinbarungen oder sonstiger Rechtsvorschriften von ihr befreit sind.

Die allgemeinen Regeln des Völkerrechtes sind Bestandteil des Bundesrechtes. Sie gehen den Gesetzen vor und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebietes.

(1) Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche richtet sich nach dem Übereinkommen vom 10. Juni 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (BGBl. 1961 II S. 121). Die Vorschriften in anderen Staatsverträgen über die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen bleiben unberührt.

(2) Ist die Vollstreckbarerklärung abzulehnen, stellt das Gericht fest, dass der Schiedsspruch im Inland nicht anzuerkennen ist.

(3) Wird der Schiedsspruch, nachdem er für vollstreckbar erklärt worden ist, im Ausland aufgehoben, so kann die Aufhebung der Vollstreckbarerklärung beantragt werden.

(1) Die Vorschriften dieses Buches sind anzuwenden, wenn der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens im Sinne des § 1043 Abs. 1 in Deutschland liegt.

(2) Die Bestimmungen der §§ 1032, 1033 und 1050 sind auch dann anzuwenden, wenn der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens im Ausland liegt oder noch nicht bestimmt ist.

(3) Solange der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens noch nicht bestimmt ist, sind die deutschen Gerichte für die Ausübung der in den §§ 1034, 1035, 1037 und 1038 bezeichneten gerichtlichen Aufgaben zuständig, wenn der Beklagte oder der Kläger seinen Sitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat.

(4) Für die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche gelten die §§ 1061 bis 1065.

(1) Gegen die in § 1062 Abs. 1 Nr. 2 und 4 genannten Entscheidungen findet die Rechtsbeschwerde statt. Im Übrigen sind die Entscheidungen in den in § 1062 Abs. 1 bezeichneten Verfahren unanfechtbar.

(2) Die Rechtsbeschwerde kann auch darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung eines Staatsvertrages beruht. Die §§ 707, 717 sind entsprechend anzuwenden.

(1) Das Oberlandesgericht, das in der Schiedsvereinbarung bezeichnet ist oder, wenn eine solche Bezeichnung fehlt, in dessen Bezirk der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens liegt, ist zuständig für Entscheidungen über Anträge betreffend

1.
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2.
die Feststellung der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens (§ 1032) oder die Entscheidung eines Schiedsgerichts, in der dieses seine Zuständigkeit in einem Zwischenentscheid bejaht hat (§ 1040);
3.
die Vollziehung, Aufhebung oder Änderung der Anordnung vorläufiger oder sichernder Maßnahmen des Schiedsgerichts (§ 1041);
4.
die Aufhebung (§ 1059) oder die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs (§§ 1060 ff.) oder die Aufhebung der Vollstreckbarerklärung (§ 1061).

(2) Besteht in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 erste Alternative, Nr. 3 oder Nr. 4 kein deutscher Schiedsort, so ist für die Entscheidungen das Oberlandesgericht zuständig, in dessen Bezirk der Antragsgegner seinen Sitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat oder sich Vermögen des Antragsgegners oder der mit der Schiedsklage in Anspruch genommene oder von der Maßnahme betroffene Gegenstand befindet, hilfsweise das Kammergericht.

(3) In den Fällen des § 1025 Abs. 3 ist für die Entscheidung das Oberlandesgericht zuständig, in dessen Bezirk der Kläger oder der Beklagte seinen Sitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.

(4) Für die Unterstützung bei der Beweisaufnahme und sonstige richterliche Handlungen (§ 1050) ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk die richterliche Handlung vorzunehmen ist.

(5) Sind in einem Land mehrere Oberlandesgerichte errichtet, so kann die Zuständigkeit von der Landesregierung durch Rechtsverordnung einem Oberlandesgericht oder dem obersten Landesgericht übertragen werden; die Landesregierung kann die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltung übertragen. Mehrere Länder können die Zuständigkeit eines Oberlandesgerichts über die Ländergrenzen hinaus vereinbaren.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Die deutsche Gerichtsbarkeit erstreckt sich auch nicht auf Repräsentanten anderer Staaten und deren Begleitung, die sich auf amtliche Einladung der Bundesrepublik Deutschland im Geltungsbereich dieses Gesetzes aufhalten.

(2) Im übrigen erstreckt sich die deutsche Gerichtsbarkeit auch nicht auf andere als die in Absatz 1 und in den §§ 18 und 19 genannten Personen, soweit sie nach den allgemeinen Regeln des Völkerrechts, auf Grund völkerrechtlicher Vereinbarungen oder sonstiger Rechtsvorschriften von ihr befreit sind.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 43/00
vom
27. März 2002
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zum Nachweis der Bevollmächtigung im Verfahren der Vollstreckbarerklärung
eines ausländischen Schiedsspruchs.
BGH, Beschluß vom 27. März 2002 - III ZB 43/00 - OLG Hamm
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Rinne und die Richter Dr. Wurm, Dr. Kapsa, Dörr und Galke am 27. März
2002

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 25. August 2000 wird angenommen, soweit der Schiedsspruch des Schiedsrichters F. W. vom 21. Juni 1999 (ICC Schiedsverfahren Nr. 9945/AMW/BWD) zugunsten der Antragstellerin zu 7 für vollstreckbar erklärt worden ist.
Der vorbezeichnete Beschluß wird im Umfang der Annahme und im Kostenpunkt aufgehoben.
Der Antrag der Antragstellerin zu 7, den vorbezeichneten Schiedsspruch für vollstreckbar zu erklären, wird zurückgewiesen.
Die weitergehende Rechtsbeschwerde wird nicht angenommen.
Von den Kosten des Verfahrens werden der Antragsgegnerin die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerinnen zu 1 bis 6 sowie 6/7 der Gerichtskosten und der eigenen außergerichtlichen Kosten auferlegt; die Antragstellerin zu 7 hat ihre eigenen außergerichtlichen Kosten sowie 1/7 der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin zu tragen.
Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens: 345.490 DM (= 176.646,23 ?).

Gründe


I.


Die Antragsgegnerin wurde durch Schiedsspruch des ICC-Schiedsrichters F. W. vom 21. Juni 1999 verurteilt, an die Antragstellerinnen 345.490 DM nebst Zinsen zu zahlen und ihnen Kosten in Höhe von 273.338,63 Dänischen Kronen, 4.544,99 DM und 28.000 US-Dollar zu erstatten. Die Antragstellerinnen begehren die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs. Die Antragsgegnerin hat unter anderem gerügt, die erstinstanzlichen Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerinnen seien nicht bevollmächtigt gewesen.
Das Oberlandesgericht hat den Schiedsspruch für vollstreckbar erklärt. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin, die um Zurückweisung des Antrags auf Vollstreckbarerklärung bittet.

II.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht angenommen, soweit der Schiedsspruch zugunsten der Antragstellerinnen zu 1 bis 6 für vollstreckbar erklärt worden ist; sie hat insoweit keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung.
Die Rechtsbeschwerde ist begründet, soweit der Schiedsspruch zugunsten der Antragstellerin zu 7 für vollstreckbar erklärt worden ist. In diesem Punkt beruht der angefochtene Beschluû auf der Verletzung eines Gesetzes (§ 1065 Abs. 2 Satz 1 ZPO a.F. i.V.m. § 26 Nr. 10 EGZPO n.F.). Der von den
Rechtsanwälten G. für die Antragstellerin zu 7 ohne Vollmacht eingereichte Antrag auf Vollstreckbarerklärung ist als unzulässig abzuweisen. Das folgt aus den §§ 80, 88 ZPO.
1. Die Allgemeinen Vorschriften der ZPO, mithin auch diejenigen zur Prozeûvollmacht (§§ 80 ff ZPO), sind im Streitfall anwendbar.
Zwar handelte es sich bei dem vorliegenden Schiedsspruch ("Award Sentence") des ICC-Schiedsrichters F. W. vom 21. Juni 1999 um einen ausländischen Schiedsspruch. Der insoweit maûgebliche Schiedsort (vgl. § 1025 Abs. 1 ZPO) lag in Kopenhagen/Dänemark (vgl. S. 3 und 27 des Schiedsspruchs , Nr. 18 Satz 4 des Consortium Agreement vom 8. Dezember 1989). Das Verfahren auf Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche folgt aber - soweit nicht gemäû den §§ 1061 Abs. 1, 1064 Abs. 3 ZPO vorrangige Staatsverträge besondere Verfahrensregelungen treffen - demjenigen für die Anerkennung und Vollstreckung inländischer Schiedssprüche. Denn § 1025 Abs. 4 ZPO verweist insgesamt auf § 1061 und §§ 1062 bis 1065 ZPO (vgl. Münch in MünchKomm ZPO, 2. Aufl. 2001 § 1061 Rn. 10; Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit 6. Aufl. 2000 Kap. 30 Rn. 25). Ergänzend gelten - soweit mit dem Charakter des Vollstreckbarerklärungsverfahrens als eines Erkenntnisverfahrens eigener Art vereinbar - die Allgemeinen Vorschriften der ZPO (vgl. Schwab/Walter aaO Kap. 26 Rn. 3; Kap. 27 Rn. 1 und 6; Stein/Jonas /Schlosser, ZPO 21. Aufl. 1994 § 1042 Rn. 7, s. auch Rn. 12; Musielak/Voit, ZPO 2. Aufl. 2000 § 1060 Rn. 6; Albers in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann , ZPO 59. Aufl. 2001 § 1060 Rn. 8; s. ferner Zöller/Geimer, ZPO 23. Aufl. 2002 § 1063 Rn. 3). Mangels anderweitiger staatsvertraglicher oder in den
§§ 1061 ff ZPO getroffener Bestimmung sind hier die Vorschriften zur Prozeûvollmacht (§§ 80 ff ZPO) anwendbar (s. auch § 1064 Abs. 1 Satz 2 ZPO).
2. Die Rechtsanwälte G. haben - wie die Rechtsbeschwerde zu Recht rügt - das Vollstreckbarerklärungsverfahren als Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin zu 7 betrieben, ohne von ihr bevollmächtigt zu sein.

a) Der Mangel der Vollmacht kann von dem Gegner in jeder Lage des Verfahrens gerügt werden (§ 88 Abs. 1 ZPO). Der Bevollmächtigte hat auf diese Rüge die Bevollmächtigung - abgesehen von hier nicht gegebenen Sonderfällen (vgl. Stein/Jonas/Bork, ZPO 21. Aufl. 1992 § 80 Rn. 23) - durch eine schriftliche Vollmacht nachzuweisen und diese zu den Gerichtsakten abzugeben (§ 80 Abs. 1 ZPO). Der Nachweis der schriftlichen Vollmacht kann nur durch Einreichung der Originalurkunde - gegebenenfalls in beglaubigter Form (§ 80 Abs. 2 ZPO) - geführt werden, ein urkundlicher Nachweis irgendwelcher Art genügt nicht (BGHZ 126, 266, 267 ff; Senatsurteil vom 5. Juni 1997 - III ZR 190/96 - ZIP 1997, 1474, 1475; Stein/Jonas/Bork aaO Rn. 26). An einer solchen zweifelsfreien Feststellung der Bevollmächtigung besteht ein öffentliches Interesse und ein Interesse des Prozeûgegners (v. Mettenheim in MünchKomm ZPO 2. Aufl. 2000 § 80 Rn. 1 unter Hinweis auf § 551 Nr. 5 und § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO a.F.). Durch schriftliche Vollmacht nachzuweisen sind Haupt- und Untervollmacht (vgl. Senatsurteil vom 5. Juni 1997 aaO S. 1474; Stein/Jonas/ Bork aaO Rn. 23 und § 88 Rn. 1; v. Mettenheim aaO Rn. 5 und § 88 Rn. 2; Putzo in Thomas/Putzo, ZPO 23. Aufl. 2001 § 88 Rn. 2). Der Unterbevollmächtigte hat den Vollmachtsnachweis also in der Weise zu führen, daû seine Vertretungsmacht bis auf die Partei zurückgeführt werden kann; er muû nicht nur die Untervollmacht nachweisen, sondern auch die Vertretungsmacht der Per-
son, von der er die Untervollmacht ableitet (vgl. BGH, Urteil vom 27. Mai 1986 - IX ZR 152/85 - NJW-RR 1986, 1252, 1253; Musielak/Weth, ZPO 2. Aufl. 2000 § 80 Rn. 13; Zöller/Vollkommer, ZPO 23. Aufl. 2002 § 80 Rn. 7; OLG München OLGZ 1993, 223, 224).

b) Bezüglich der Antragstellerin zu 7 ist - auch nach dem Hinweis des Senats - eine den vorbeschriebenen Anforderungen genügende Vollmacht der Rechtsanwälte G. nicht vorgelegt worden.
Die mit Schriftsatz vom 31. Januar 2002 zu den Akten gereichte Vollmacht der Rechtsanwälte N. (vormals Rechtsanwälte G.) ist nicht von der Antragstellerin zu 7, der T E-GmbH in D., sondern von einer anderen GmbH, nämlich von der T K-GmbH in B., erteilt worden. Es ist nicht ersichtlich, daû die T K-GmbH (Haupt-)Vollmacht der T E-GmbH oder der T-AG (inzwischen angeblich T K-AG), auf die die T E-GmbH unstreitig verschmolzen ist, gehabt hätte. Die Antragstellerin hat eine solche Bevollmächtigung weder behauptet noch in der Form des § 80 Abs. 1 ZPO nachgewiesen; sie hat lediglich vorgetragen , die - anstelle der T E-GmbH - bevollmächtigende T K-GmbH sei deren
"Rechtsnachfolgerin" bzw. "(Einzel-)Rechtsnachfolgerin der auf die T-AG (nunmehr T K-AG) verschmolzenen T E-GmbH". Die bestrittene Rechtsnachfolge der T K-GmbH ist jedoch nicht belegt.
Rinne Wurm Kapsa Dörr Galke

(1) Die deutsche Gerichtsbarkeit erstreckt sich auch nicht auf Repräsentanten anderer Staaten und deren Begleitung, die sich auf amtliche Einladung der Bundesrepublik Deutschland im Geltungsbereich dieses Gesetzes aufhalten.

(2) Im übrigen erstreckt sich die deutsche Gerichtsbarkeit auch nicht auf andere als die in Absatz 1 und in den §§ 18 und 19 genannten Personen, soweit sie nach den allgemeinen Regeln des Völkerrechts, auf Grund völkerrechtlicher Vereinbarungen oder sonstiger Rechtsvorschriften von ihr befreit sind.

Die allgemeinen Regeln des Völkerrechtes sind Bestandteil des Bundesrechtes. Sie gehen den Gesetzen vor und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebietes.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 14. Januar 2009 - 17 Sa 1719/08 - aufgehoben, soweit es der Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 2. Juli 2008 - 86 Ca 13143/07 - entsprochen hat.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer von der Beklagten ausgesprochenen ordentlichen Kündigung, über Annahmeverzugslohn und Weiterbeschäftigung. Dabei steht im Vordergrund die Frage, ob die Beklagte Staatenimmunität genießt.

2

Der Kläger ist algerischer Herkunft. Er besitzt die algerische und die deutsche Staatsangehörigkeit, beherrscht neben der deutschen die arabische und die französische Sprache und wohnt in Berlin. Die Beklagte ist die Demokratische Volksrepublik Algerien. Sie beschäftigte den Kläger auf der Grundlage eines in französischer Sprache verfassten Arbeitsvertrags seit September 2002 als Kraftfahrer in ihrer Berliner Botschaft. Der Vertrag sieht für Meinungsverschiedenheiten und Streitigkeiten die Zuständigkeit der algerischen Gerichte vor und weist den Kläger der deutschen Sozialversicherung zu.

3

Dem Kläger obliegt es, Gäste und Mitarbeiter - vertretungsweise auch den Botschafter - zu fahren. Ferner hat er die Korrespondenz der Botschaft zu deutschen Stellen oder zur Post zu befördern. Diplomatenpost wird von einem weiteren Mitarbeiter der Botschaft entgegengenommen bzw. weitergeleitet, der seinerseits ua. vom Kläger gefahren wird. Ob der Kläger auch Dolmetscherdienste leistet, ist streitig.

4

Ende August 2007 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 30. September 2007.

5

Der Kläger hat die Kündigung für sozialwidrig gehalten. Als Kraftfahrer sei er nicht hoheitlich tätig geworden, weshalb die Beklagte auch als ausländischer Staat vor deutschen Gerichten verklagt werden könne. International zuständig seien die deutschen, nicht die algerischen Gerichte. Die anderslautende arbeitsvertragliche Vereinbarung stehe dem nicht entgegen. In der Sache sei der Fall nach deutschem Recht zu beurteilen.

6

Der Kläger hat - soweit für die Revision von Bedeutung - beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die ordentliche Kündigung vom 29. August 2007 aufgelöst worden ist,

        

2.    

im Falle des Obsiegens mit dem Antrag zu 1) die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zur rechtskräftigen Beendigung des vorliegenden Rechtsstreits zu den bisherigen Bedingungen als Autofahrer der Berliner Botschaft weiterzubeschäftigen,

        

3.    

hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 1) festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigungserklärung vom 29. August 2007 nicht zum 30. September 2007, sondern erst zum 31. Oktober 2007 geendet hat,

        

4.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 25.459,56 Euro brutto abzüglich 10.781,40 Euro netto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 1.818,54 Euro brutto abzüglich 770,10 Euro netto seit dem 1. Dezember 2007, 1. Januar, 1. Februar, 1. März, 1. April, 1. Mai, 1. Juni, 1. Juli, 1. August, 1. September, 1. Oktober, 1. November, 1. Dezember 2008 sowie 1. Januar 2009 zu zahlen.

7

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen, sie sei nach den Grundsätzen der Staatenimmunität von der deutschen Gerichtsbarkeit ausgenommen, weil der Kläger hoheitliche Aufgaben erfüllt habe. Der Kläger sei in einer Vertrauensstellung beschäftigt worden. Er habe nicht nur vertrauliche Unterlagen befördert, sondern vor allem Kontakt zu den Gästen und Mitarbeitern ihrer Botschaft und damit Kenntnis von botschaftsinternen Vorgängen gehabt, die nicht Gegenstand einer Verhandlung vor deutschen Gerichten sein könnten. Bei sprachlichen Verständigungsschwierigkeiten habe der Kläger auch den Gästen der Botschaft als Dolmetscher zur Verfügung gestanden. International zuständig seien ausschließlich die algerischen Gerichte. Es sei algerisches Recht anzuwenden. Dafür sprächen ua. die algerische Staatsangehörigkeit des Klägers und die Tatsache, dass der Arbeitsvertrag in französischer Sprache abgefasst sei. Die Kündigung sei auf der Grundlage algerischer Rechtsvorschriften gerechtfertigt.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen, weil die Beklagte für den Streitfall Staatenimmunität genieße. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts teilweise abgeändert und im Wesentlichen nach den Klageanträgen erkannt. Mit der vom Landesarbeitsgericht nur für sie zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des arbeitsgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht. Ob die Beklagte Staatenimmunität genießt, steht noch nicht fest (I.). Gegebenenfalls wird das Landesarbeitsgericht auch die Fragen der internationalen Zuständigkeit und der Anwendbarkeit deutschen oder algerischen Rechts neu zu würdigen haben (II.).

10

I. Ob die Beklagte der deutschen Gerichtsbarkeit unterfällt, kann der Senat nicht abschließend beurteilen.

11

1. Nach § 20 Abs. 2 GVG erstreckt sich die deutsche Gerichtsbarkeit nicht auf Personen, die gemäß den allgemeinen Regeln des Völkerrechts, aufgrund völkerrechtlicher Vereinbarungen oder sonstiger Rechtsvorschriften von ihr befreit sind. Nach dem als Bundesrecht iSv. Art. 25 GG geltenden allgemeinen Völkergewohnheitsrecht sind Staaten der Gerichtsbarkeit anderer Staaten nicht unterworfen, soweit ihre hoheitliche Tätigkeit von einem Rechtsstreit betroffen ist. Ihre diplomatischen und konsularischen Beziehungen dürfen nicht behindert werden (vgl. zur nach wie vor hohen Bedeutung der Staatenimmunität: BVerfG 6. Dezember 2006 - 2 BvM 9/03 - BVerfGE 117, 141; BAG 15. Februar 2005 - 9 AZR 116/04 - zu A I 2 a der Gründe mwN, BAGE 113, 327, 331; 23. November 2000 - 2 AZR 490/99 - zu II 3 b der Gründe, AP GVG § 20 Nr. 2 = EzA GVG § 20 Nr. 3). Andernfalls könnte die rechtliche Prüfung durch die Gerichte eine Beurteilung des hoheitlichen Handelns erfordern mit der Folge, dass die ungehinderte Erfüllung der Aufgaben der Botschaft bzw. des Konsulats beeinträchtigt wäre (Senat 16. Mai 2002 - 2 AZR 688/00 - zu II 1 der Gründe, AP GVG § 20 Nr. 3; Schack Internationales Zivilverfahrensrecht 5. Aufl. Rn. 172 ff.).

12

a) Die Abgrenzung zwischen hoheitlicher und nichthoheitlicher Staatstätigkeit richtet sich nicht nach deren Motiv oder Zweck. Maßgebend ist die Art der umstrittenen staatlichen Handlung oder des streitigen Rechtsverhältnisses (BVerfG 30. April 1963 - 2 BvM 1/62 - zu C II 2 der Gründe, BVerfGE 16, 27, 61 f.; BAG 15. Februar 2005 - 9 AZR 116/04 - BAGE 113, 327). Mangels völkerrechtlicher Unterscheidungsmerkmale ist die Abgrenzung grundsätzlich nach dem Recht des entscheidenden Gerichts zu beurteilen (BVerfG 30. April 1963 - 2 BvM 1/62 - zu C II 3 der Gründe, BVerfGE 16, 27, 62; BAG 15. Februar 2005 - 9 AZR 116/04 - aaO; 23. November 2000 - 2 AZR 490/99 - zu II 3 c cc der Gründe, AP GVG § 20 Nr. 2 = EzA GVG § 20 Nr. 3; Schack Internationales Zivilverfahrensrecht 5. Aufl. Rn. 176).

13

b) Gesetzliche Regeln für die Einordnung als hoheitliches oder nichthoheitliches Handeln bestehen im Hinblick auf den Gegenstand arbeitsrechtlicher Streitigkeiten zwischen außereuropäischen Botschaften und ihrem Personal nicht (vgl. das noch nicht in Kraft getretene UN-Übereinkommen zur Staatenimmunität vom 2. Dezember 2004 - Resolution 59/38 - Art. 11; vgl. auch das hier nicht anwendbare Europäische Übereinkommen über Staatenimmunität vom 16. Mai 1972 - Art. 5, BGBl. II 1990, 34 - EuStImm). Nach der Rechtsprechung des Senats unterliegen arbeitsrechtliche Bestandsstreitigkeiten zwischen Botschaftsangestellten und dem betreffendem Staat der deutschen Gerichtsbarkeit nicht, wenn der Arbeitnehmer für den anderen Staat hoheitlich tätig war (23. November 2000 - 2 AZR 490/99 - AP GVG § 20 Nr. 2 = EzA GVG § 20 Nr. 3). Es kommt dabei nicht auf die rechtliche Form der Rechtsbeziehung (privatrechtlicher Vertrag oder öffentlich-rechtliches Verhältnis), sondern auf den Inhalt der ausgeübten Tätigkeit an. So ist etwa die Tätigkeit eines Aufzugsmonteurs (Senat 20. November 1997 - 2 AZR 631/96 - zu II 1 der Gründe, BAGE 87, 144, 149) oder Haustechnikers (BAG 15. Februar 2005 - 9 AZR 116/04 - zu A I 2 der Gründe, BAGE 113, 327, 331) nicht hoheitlich. Betrifft die geschuldete Leistung dagegen eine originär hoheitliche Aufgabe, ist Immunität gegeben (Senat 16. Mai 2002 - 2 AZR 688/00 - zu II 2 c der Gründe, AP GVG § 20 Nr. 3),zB bei Angestellten zur Visa-Bearbeitung (Senat 16. Mai 2002 - 2 AZR 688/00 - zu II 2 a aa der Gründe, aaO) oder bei einem Pressereferenten (Senat 23. November 2000 - 2 AZR 490/99 - zu II 3 c der Gründe, aaO). Entscheidend ist der funktionale Zusammenhang zwischen den diplomatischen Aufgaben und der zu beurteilenden Tätigkeit (vgl. Kissel/Mayer GVG 5. Aufl. § 20 Rn. 5).

14

2. Diesen Grundsätzen trägt die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, der Kläger habe keine hoheitliche Tätigkeit ausgeübt und deshalb genieße die Beklagte im Streitfall keine Immunität, nicht ausreichend Rechnung. Das Landesarbeitsgericht hat erheblichen Tatsachenvortrag der Beklagten außer Acht gelassen. Sein Urteil war deshalb aufzuheben.

15

a) Im Ansatz zutreffend nimmt das Landesarbeitsgericht an, dass die Tätigkeit eines Fahrers, der nicht in den diplomatischen Funktionszusammenhang eingebunden ist, keine hoheitliche Tätigkeit darstellt (vgl. BAG 30. Oktober 2007 - 3 AZB 17/07 - Rn. 22, IPRspr. 2007, 498, 501 f.).

16

b) Indes hat das Landesarbeitsgericht den unter Zeugenbeweis gestellten Vortrag der Beklagten, der Kläger sei nicht nur als Fahrer, sondern auch als Dolmetscher eingesetzt worden, zu Unrecht außer Acht gelassen. Trifft die entsprechende Behauptung in einem nennenswerten Umfang zu, so kann der Tätigkeit des Klägers eine andere Funktionalität zukommen als die einer reinen Hilfstätigkeit nichthoheitlicher Prägung.

17

c) Die Aufgaben einer diplomatischen Mission umfassen nach Art. 3 des Wiener Übereinkommens vom 18. April 1961 über diplomatische Beziehungen (BGBl. II 1964, 957 ff.) die vielfältige Pflege politischer, kultureller, wirtschaftlicher und wissenschaftlicher Beziehungen. Dass hierbei ebenso offizielle wie auch informelle Gespräche die wichtigste Rolle spielen, liegt auf der Hand. Wenn dem Kläger aufgrund seiner Herkunft und seiner Sprachkenntnisse aufgegeben war, seine Tätigkeit als Chauffeur mit der des Dolmetschers zu verbinden, indem er zur Anbahnung und Pflege derartiger Gesprächskontakte in nennenswertem Umfang beitrug, so kann dies zu der Beurteilung führen, dass seine Tätigkeit in einem funktionellen Zusammenhang mit den diplomatischen Zielen der Botschaft stand. Auch die Beförderung von vertraulicher Post und der gelegentliche Einsatz als Fahrer des Botschafters könnten dann in einem anderen Licht erscheinen.

18

d) Der Beweisantritt der Beklagten durfte nicht als Ausforschungsbeweis unbeachtet bleiben.

19

aa) Eine Partei genügt ihrer Darlegungslast, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen (vgl. BVerfG 10. Februar 2009 - 1 BvR 1232/07 - Rn. 26, NJW 2009, 1585; BGH 25. April 1995 - VI ZR 178/94 - AP ZPO § 286 Nr. 23; 4. März 1991 - II ZR 90/90 - EzA GG Art. 9 Nr. 51 mwN). Unerheblich ist dabei, wie wahrscheinlich die Darstellung ist und ob sie auf eigenem Wissen oder einer Schlussfolgerung aus Indizien beruht (BGH 9. Februar 2009 - II ZR 77/08 - Rn. 4 mwN, NJW 2009, 2137). Es ist dann Sache des Tatrichters, in die Beweisaufnahme einzutreten und dabei gegebenenfalls Zeugen nach weiteren Einzelheiten zu befragen (BGH 21. Mai 2007 - II ZR 266/04 - Rn. 8, NJW-RR 2007, 1409; 2. April 2009 - I ZR 16/07 - TranspR 2009, 410).

20

bb) Legt man diesen Maßstab zugrunde, hätte der Beweisantritt der Beklagten nur dann unbeachtet bleiben dürfen, wenn ihre Behauptung als gänzlich substanzlos, willkürlich, aus der Luft gegriffen oder ins Blaue hinein aufgestellt erschiene. Davon kann nicht die Rede sein. Es trifft zwar zu, dass die Beklagte ihrer Behauptung, der Kläger sei als Dolmetscher eingesetzt worden, weder zeitlich noch räumlich genauere Konturen verliehen hat. Indes hätte das Landesarbeitsgericht der Beklagten, wenn ihm deren Vortrag nicht hinreichend konkret erschien, einen Hinweis nach § 139 ZPO erteilen müssen. Dabei hätte es beachten müssen, dass die Staatenimmunität nicht auf prozessrechtlichem Wege eine Entwertung erfahren darf: Der Schutz der Staatenimmunität soll verhindern, dass ein Staat über den anderen im Kernbereich der staatlichen Souveränität zu Gericht sitzt (par in parem non habet imperium). Die Anforderungen an die Substantiierungslast im Prozess dürfen nicht dazu führen, dass der Staat, der sich auf Immunität beruft, auf prozessrechtlichem Wege zur Aufgabe des ihm eingeräumten Vorrechts gezwungen wird, indem er nun Einzelheiten über die vom Kläger möglicherweise entfaltete Dolmetschertätigkeit, zB Namen von Personen, Gesprächsinhalte usf. preisgeben müsste.

21

II. Sollte das Landesarbeitsgericht nach einer Beweisaufnahme zu dem Ergebnis kommen, die Beklagte sei nach den Grundsätzen der Staatenimmunität nicht von der deutschen Gerichtsbarkeit ausgenommen, wird es auch die Frage der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte und, falls es diese bejaht, die Anwendbarkeit deutschen oder algerischen Rechts erneut prüfen müssen.

22

1. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte kann, wovon auch das Landesarbeitsgericht ausgegangen ist, nach Art. 19 Nr. 1, Art. 18 Abs. 2 der Verordnung über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen - Verordnung Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 (EuGVVO - ABl. EG L 12 vom 16. Januar 2001 S. 1, ber. ABl. EG L 307 vom 24. November 2001 S. 28) begründet sein.

23

a) Die EuGVVO ist seit ihrem Inkrafttreten am 1. März 2002 in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat der EU. Die Verordnung geht nationalem Recht im Rang vor. Soweit ihr nationale Bestimmungen widersprechen, werden sie durch die EuGVVO verdrängt (BAG 24. September 2009 - 8 AZR 306/08 - AP EuGVVO Art. 18 Nr. 1 = EzA EG-Vertrag 1999 Verordnung 44/2001 Nr. 4 mwN; vgl. Schack Internationales Zivilverfahrensrecht 5. Aufl. Rn. 218, 326).

24

b) Sind - wofür Vieles sprechen wird - die Vorschriften der Art. 18 ff. EuGVVO anwendbar, so wird zu beachten sein, dass nach Art. 18 Abs. 2 EuGVVO ein Arbeitgeber, mit dem der Arbeitnehmer einen individuellen Arbeitsvertrag geschlossen hat und der im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats keinen Wohnsitz hat(Arbeitgeber mit Wohnsitz in einem Drittstaat), so behandelt wird, als habe er einen Wohnsitz, vorausgesetzt, er unterhält in einem Mitgliedstaat eine Zweigniederlassung, Agentur oder sonstige Niederlassung.

25

c) Die vom Landesarbeitsgericht bejahte Frage, ob als sonstige Niederlassung iSd. Art. 18 Abs. 2 EuGVVO auch die Botschaft eines Drittstaates angesehen werden kann, ist bisher von dem zur Auslegung der EuGVVO vorrangig zuständigen Gerichtshof der Europäischen Union nicht entschieden. Ob den Entscheidungen des Gerichtshofs in anderen Zusammenhängen ohne Weiteres mit der erforderlichen Eindeutigkeit entnommen werden kann, die Botschaft der Beklagten sei als „sonstige Niederlassung“ anzusehen, erscheint zweifelhaft. Dagegen mag immerhin Artikel 7 EuStImm sprechen. Die Norm sieht vor, dass eine „andere Niederlassung“ die Staatenimmunität nur dann aufhebt, wenn der betreffende Staat von dieser anderen Niederlassung aus „auf die gleiche Weise wie eine Privatperson eine gewerbliche, kaufmännische oder finanzielle Tätigkeit ausübt“. Jedenfalls ist, soweit es die Auslegung von Art. 18 EuGVVO betrifft, Art. 267 AEUV zu beachten.

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2. Außerhalb des Geltungsbereichs der EuGVVO richtet sich die internationale Zuständigkeit nach den Regeln über die örtliche Zuständigkeit. Da die Beklagte keinen allgemeinen Gerichtsstand im Inland hat, kann die im Arbeitsvertrag getroffene Vereinbarung der Zuständigkeit der algerischen Gerichte nach § 38 Abs. 2 ZPO wirksam sein.

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3. Sollte es auf die Frage ankommen, ob auf den Streitfall deutsches oder algerisches Recht anzuwenden ist, wird das Landesarbeitsgericht die folgenden Erwägungen beachten müssen.

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a) Nach Art. 27 Abs. 1 Satz 1 EGBGB unterliegt ein Vertrag dem von den Parteien gewählten Recht. Die Rechtswahl muss nicht ausdrücklich erfolgen. Sie kann sich aus den Bestimmungen des Vertrags oder aus den Umständen des Falles ergeben. Die Voraussetzungen einer stillschweigenden (konkludenten) Rechtswahl bestimmen sich nicht nach dem gewählten Recht. Vielmehr bestimmt Art. 27 Abs. 1 EGBGB selbst, unter welchen Voraussetzungen von einer stillschweigenden Rechtswahl auszugehen ist(BAG 13. November 2007 - 9 AZR 134/07 - BAGE 125, 24 mwN). Obgleich es keinen abschließenden Katalog einschlägiger Indizien gibt, sind bei Schuldverträgen aus Gerichtsstandsklauseln, Schiedsklauseln, vertraglichen Bezugnahmen auf ein bestimmtes Recht sowie aus der Vereinbarung eines für beide Parteien gemeinsamen Erfüllungsorts typische Hinweise auf eine stillschweigende Rechtswahl zu entnehmen. Bei Arbeitsverträgen stellt die Bezugnahme auf Tarifverträge und sonstige Regelungen am Sitz des Arbeitgebers ein gewichtiges Indiz für eine stillschweigende Rechtswahl dar (vgl. BAG 13. November 2007 - 9 AZR 134/07 - aaO; 12. Dezember 2001 - 5 AZR 255/00 - zu B I 1 der Gründe, BAGE 100, 130; 26. Juli 1995 - 5 AZR 216/94 - zu II 1 der Gründe, AP BGB § 157 Nr. 7 = EzA BGB § 133 Nr. 19).

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b) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Parteien keine ausdrückliche Rechtswahl getroffen haben. Bei seiner weiteren Würdigung, es liege auch keine stillschweigende Wahl algerischen Rechts vor, hat es jedoch nicht alle wesentlichen Umstände ausreichend in Betracht gezogen. In Ziff. VI des Arbeitsvertrags haben die Parteien die Zuständigkeit der algerischen Gerichtsbarkeit vereinbart. Dies kann ein gewichtiger Hinweis darauf sein, dass auch das materielle Recht Algeriens angewendet werden sollte. Im Allgemeinen dürfte dem Willen der Vertragsparteien eine Rechtswahl fernliegen, nach der ein ausländisches Gericht materielles deutsches Recht anwenden soll. Das materielle Recht und das Prozessrecht stehen regelmäßig in einer engen Wechselwirkung, was im Fall des deutschen Arbeitsrechts ganz besonders greifbar ist. Außerdem dürfte die Sicherheit in der Anwendung des materiellen Rechts eines ausländischen Staates bei den Gerichten geringer sein als bei der Anwendung des jeweiligen eigenen, innerstaatlichen Rechts. Nimmt man im Streitfall die Vertragssprache, die Herkunft des Klägers und dessen Tätigkeit im öffentlichen Dienst der Beklagten hinzu, so sprechen gewichtige Anhaltspunkte für eine stillschweigend getroffene Wahl algerischen Rechts. Gegebenenfalls muss das Landesarbeitsgericht darauf hinwirken, dass die Parteien zur Vertragspraxis Vortrag halten. Dass die Erfüllung der beiderseitigen Vertragspflichten nur in Deutschland möglich war und die Bezahlung in Euro erfolgte, liegt in der Natur der Sache und dürfte wenig Aussagekraft für die Rechtswahl haben. Der Umstand, dass der Kläger der deutschen Sozialversicherung unterlag und die Steuerschuld in Deutschland anfiel, betrifft nicht den arbeitsrechtlichen Kern des vertraglichen Pflichtengefüges.

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c) Haben die Parteien algerisches Recht vereinbart, so ist noch zu prüfen, ob diese Rechtswahl den in Art. 30 EGBGB niedergelegten Anforderungen entspricht. Hier wird ggfs. in Betracht zu ziehen sein, ob das Arbeitsverhältnis des Klägers nicht engere Verbindungen zum algerischen Staat als zu Deutschland aufweist (Art. 30 Abs. 2 EGBGB).

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d) Die Anwendung deutschen Kündigungsrechts ergibt sich jedenfalls nicht aus Art. 34 EGBGB. Die Vorschriften der §§ 1 - 14 KSchG stellen keine „Eingriffsnormen“ iSd. Art. 34 EGBGB dar. Nach Art. 9 Abs. 1 Rom-I-VO, die zwar auf den Streitfall noch nicht anwendbar ist, aber zur Orientierung insoweit herangezogen werden kann, sind „Eingriffsnormen“ zwingende Vorschriften, deren Einhaltung von einem Staat als so entscheidend für die Wahrung seines öffentlichen Interesses, insbesondere seiner politischen, sozialen oder wirtschaftlichen Organisation angesehen wird, dass sie auf alle in Betracht kommenden Sachverhalte angewendet werden müssen. Hierher gehören im Arbeitsrecht etwa die Beschäftigungsverbote für werdende Mütter, die Vorschriften der Arbeitsstättenverordnung uÄ. Es muss sich um Regelungen handeln, die nicht nur zwingendes Recht darstellen, sondern darüber hinaus in besonderer Weise das allgemeine Wohl betreffen; häufig werden es Regeln sein, über deren Einhaltung staatliche Stellen wachen. Diese Voraussetzungen liegen bei den Vorschriften des allgemeinen Kündigungsschutzes nicht vor. Sie dienen nach dem individualrechtlichen Konzept des deutschen Kündigungsschutzrechts in erster Linie dem Ausgleich eines Konflikts zwischen Privatleuten und nur mittelbar sozialpolitischen Zwecksetzungen (Senat 24. August 1989 - 2 AZR 3/89 - BAGE 63, 17; ErfK/Schlachter 10. Aufl. Art. 27 - 34 EGBGB Rn. 16; Palandt/Thorn BGB 68. Aufl. Art. 34 EGBGB Rn. 3b; Junker in jurisPK/BGB 4. Aufl. Art. 34 EGBGB Rn. 35; HWK/Tillmanns 4. Aufl. Art. 3, 8, 9 ROM-I-VO Rn. 33 ff.; Deinert RdA 2009, 144).

        

    Kreft    

        

    Eylert    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

        

        

    Gans    

        

    Nielebock    

                 

(1) Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche richtet sich nach dem Übereinkommen vom 10. Juni 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (BGBl. 1961 II S. 121). Die Vorschriften in anderen Staatsverträgen über die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen bleiben unberührt.

(2) Ist die Vollstreckbarerklärung abzulehnen, stellt das Gericht fest, dass der Schiedsspruch im Inland nicht anzuerkennen ist.

(3) Wird der Schiedsspruch, nachdem er für vollstreckbar erklärt worden ist, im Ausland aufgehoben, so kann die Aufhebung der Vollstreckbarerklärung beantragt werden.