Bundesgerichtshof Beschluss, 31. Aug. 2017 - III ZB 37/17

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:310817BIIIZB37.17.0
bei uns veröffentlicht am31.08.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 37/17
vom
31. August 2017
in dem Prozesskostenhilfeverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Mutwilligkeit der beabsichtigten Rechtsverfolgung (§ 114 Abs. 2 ZPO) bei
Beantragung eines Mahnbescheids, wenn der Antragsgegner im Rahmen
der Anhörung nach § 118 Abs. 1 Satz 1 ZPO bereits Widerspruch gegen einen
etwaigen Mahnbescheid angekündigt hat (Fortführung von BGH, Beschluss
vom 10. August 2017 - III ZA 42/16 [zur Veröffentlichung vorgesehen
]).
BGH, Beschluss vom 31. August 2017 - III ZB 37/17 - LG Coburg
AG Coburg
ECLI:DE:BGH:2017:310817BIIIZB37.17.0

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 31. August 2017 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Herrmann, die Richter Tombrink, Dr. Remmert und Reiter sowie die Richterin Pohl

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landgerichts Coburg - 3. Zivilkammer - vom 19. Dezember 2016 - 33 T 36/16 - wird zurückgewiesen.
Der Streitwert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 2.000.000 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Die Antragstellerin reichte am 31. Dezember 2015 beim Amtsgericht einen Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides gegen die Antragsgegnerin über eine Hauptforderung von 2.000.000 € als "Schadensersatz aufgrund fehlerhaft erteilter GVVO Genehmigung, Schreiben vom 07.11.2011 an KSA und nachfolgende Korrespondenz" ein. Gleichzeitig beantragte sie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Mahnverfahren. Die Antragsgegnerin, der dieser Antrag nach § 118 Abs. 1 Satz 1 ZPO zur Stellungnahme übersandt worden war, beantragte mit Schreiben vom 1. Februar 2016, den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe zurückzuweisen, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine Aussicht auf Erfolg biete. Sie werde gegen einen eventuellen Mahnbescheid unverzüglich Widerspruch einlegen.
2
Das Amtsgericht hat den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wegen mangelnder Erfolgsaussicht des beabsichtigten Mahnverfahrens und wegen Mutwilligkeit zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit ihrer vom Landgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt dieAntragstellerin die Aufhebung des Beschlusses des Landgerichts und die Gewährung von Prozesskostenhilfe für das beabsichtigte Mahnverfahren.

II.


3
Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
4
1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, eine hinreichende Aussicht auf Erfolg des Mahnverfahrens bestehe nicht. Eine solche Prüfung der Erfolgsaussicht sei nach zutreffender Auffassung auch im Rahmen eines Mahnverfahrens, für das Prozesskostenhilfe beantragt werde, vorzunehmen. Dabei sei zu berücksichtigen , dass Prozesskostenhilfe nur für das Mahnverfahren und nicht für ein sich anschließendes streitiges Verfahren beantragt werde. Es komme damit nur auf die Erfolgsaussicht des Mahnverfahrens und nicht eines streitigen Hauptsacheverfahrens an. Sinn und Zweck des Mahnverfahrens sei der Erwerb eines schnellen und kostengünstigen Vollstreckungstitels in Form eines Vollstreckungsbescheides. Gerade dieser Erfolg sei aber äußerst unwahrscheinlich, da die Antragsgegnerin Widerspruch gegen einen zu erlassenden Mahnbe- scheid angekündigt habe. Für ein von vorneherein aussichtsloses Mahnverfahren , bei dem von Anfang an nicht damit zu rechnen sei, dass ein Vollstreckungsbescheid ergehen werde, könne ein Antragsteller nicht erwarten, dieses auf Kosten der Staatskasse durchführen zu können. Ihm bleibe unbenommen, Klage beim zuständigen Gericht einzureichen und für das Klageverfahren Prozesskostenhilfe zu beantragen.
5
2. Das hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
6
Dabei kann dahinstehen, ob der beabsichtigten Rechtsverfolgung im Mahnverfahren bereits deshalb die Erfolgsaussicht fehlt, weil mit einem Widerspruch der Antragsgegnerin gegen einen etwaigen Mahnbescheid zu rechnen ist. Denn die beabsichtigte Rechtsverfolgung erweist sich jedenfalls als mutwillig im Sinne des § 114 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 ZPO.
7
a) Der sachliche Geltungsbereich der §§ 114 ff ZPO erstreckt sich auf alle in der Zivilprozessordnung geregelten Verfahren. Für das Mahnverfahren kann - beschränkt auf dieses Verfahren - Prozesskostenhilfe bewilligt werden (allg. Meinung; vgl. nur Senat, Beschluss vom 10. August 2017 - III ZA 42/16 [zur Veröffentlichung vorgesehen]; MüKoZPO/Wache, 5. Aufl.‚ § 114 Rn. 22; Musielak/Voit/Fischer, ZPO, 14. Aufl., § 114 Rn. 8; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 38. Aufl., Vorbem. § 688 Rn. 12; Zöller/Geimer, ZPO, 31. Aufl., § 114 Rn. 2; jew. mwN). Dabei gilt die Voraussetzung fehlender Mutwilligkeit auch für den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein Mahnverfahren (Senat , Beschluss vom 10. August 2017 - III ZA 42/16 [zur Veröffentlichung vorgesehen ]; MüKoZPO/Wache aaO).
8
b) Mutwilligkeit liegt insbesondere vor, wenn eine verständige, nicht hilfsbedürftige Partei bei sachgerechter und vernünftiger Einschätzung der Prozesslage ihre Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde (Senat, Beschlüsse vom 10. August 2017 - III ZA 42/16 [zur Veröffentlichung vorgesehen] und vom 21. November 2013 - III ZA 28/13, BeckRS 2013, 22403 Rn. 9; BGH, Beschluss vom 6. Juli 2010 - VI ZB 31/08, NJW 2010, 3522 Rn. 6; jew. mwN). Aus der gemäß Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechtsschutzgleichheit folgt, dass die mittellose Partei nur einer solchen "normalen" Partei gleichgestellt werden muss, die ihre Prozessaussichten vernünftig abwägt und dabei auch das Kostenrisiko berücksichtigt (Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts , BT-Drucks. 17/11472, S. 29; BVerfG, NJW 1991, 413; NJW 2013, 2013, 2014; Senat, Beschluss vom 10. August 2017 - III ZA 42/16 [zur Veröffentlichung vorgesehen]). Es ist nicht Zweck der Prozesskostenhilfe, auf Kosten der Allgemeinheit bedürftigen Personen Prozesse zu ermöglichen, die eine wirtschaftlich leistungsfähige Partei bei vernünftiger und sachgerechter Einschätzung der Sach- und Rechtslage nicht führen würde (BT-Drucks. 17/11472 aaO; Musielak/Voit/Fischer aaO Rn. 30 mwN). Das hypothetische Verhalten einer selbstzahlenden Partei, die sich in der Situation des Antragstellers befindet , ist folglich der Maßstab, der bei der Beurteilung der Mutwilligkeit anzulegen ist (BT-Drucks. 17/11472 aaO).
9
c) Danach ist die Rechtsverfolgung der Antragstellerin mutwillig. Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage würde eine verständige Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, davon absehen, einen Mahnbescheid zu beantragen , auch wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass nach §§ 688 ff ZPO vorliegen sollten. Denn sie kann - wie das Beschwerdegericht zutreffend erkannt hat - das mit dem Mahnverfahren verfolgte Ziel, den Erwerb eines schnellen und kostengünstigen Vollstreckungstitels in Gestalt eines Vollstreckungsbescheides , nicht mehr erreichen, nachdem die (Mahn-)Antragsgegnerin angekündigt hat, sie werde gegen einen eventuellen Mahnbescheid unverzüglich Widerspruch einlegen. Anhaltspunkte dafür, dass die Stadt Z. als Gegnerin des Mahnantrags von dieser erklärten Absicht noch Abstand nehmen könnte, hat die Beschwerdeführerin nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht ersichtlich. Das Mahnverfahren erscheint damit im Hinblick auf die Erlangung eines Vollstreckungstitels in Gestalt eines Vollstreckungsbescheides aussichtslos. Es ist bereits jetzt absehbar, dass die Beschwerdeführerin, will sie gegen die Antragsgegnerin einen Vollstreckungstitel erwirken, Klage erheben muss.
10
Die Beschreitung eines prozessualen Weges, hier: des Mahnverfahrens, der erkennbar aussichtslos ist, ist mutwillig i.S.v. § 114 Abs. 2 ZPO (zur Mutwilligkeit einer Klage, wenn eine Vollstreckung aus dem erstrebten Titel dauerhaft aussichtslos ist, MüKoZPO/Wache aaO Rn. 77; BeckOKZPO/Reichling, § 114 Rn. 42 [Stand: 01.03.2017]; jew. mwN). Eine verständige, nicht hilfsbedürftige Partei, die ihre Prozessaussichten vernünftig abwägt, würde bei sachgerechter und vernünftiger Einschätzung der Verfahrenslage ihre Rechte nicht im Mahn-, sondern im Klageverfahren verfolgen. Die Beschwerdeführerin wird daher bei Versagung von Prozesskostenhilfe für das Mahnverfahren im Vergleich zu einer solchen "normalen" Partei nicht schlechter gestellt.
11
d) Die vom Beschwerdegericht aufgeworfene Frage, ob Prozesskostenhilfe für ein Mahnverfahren bereits mangels Erfolgsaussicht zu verneinen sei, wenn ein Widerspruch des Antragsgegners absehbar sei, ist nicht entscheidungserheblich , da die beabsichtigte Rechtsverfolgung im konkreten Fall mutwillig erscheint und Prozesskostenhilfe schon deshalb nicht in Betracht kommt.
Das Vorliegen von Mutwilligkeit kann auf der Grundlage der gesetzlichen Regelung und der vorliegenden Rechtsprechung abschließend beantwortet werden.
12
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 127 Abs. 4 ZPO; vgl. BGH, Beschluss vom 9. März 2010 - VI ZB 56/07, VersR 2010, 832 Rn. 4).
Herrmann Tombrink Remmert
Reiter Pohl
Vorinstanzen:
AG Coburg, Entscheidung vom 05.10.2016 - 15-7917439-04-N -
LG Coburg, Entscheidung vom 19.12.2016 - 33 T 36/16 -

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 31. Aug. 2017 - III ZB 37/17

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 31. Aug. 2017 - III ZB 37/17

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 31. Aug. 2017 - III ZB 37/17 zitiert 7 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Zivilprozessordnung - ZPO | § 114 Voraussetzungen


(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 20


(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 127 Entscheidungen


(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 118 Bewilligungsverfahren


(1) Dem Gegner ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, ob er die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für gegeben hält, soweit dies aus besonderen Gründen nicht unzweckmäßig erscheint. Die Stellungnahme kann vor der Geschäft

Zivilprozessordnung - ZPO | § 688 Zulässigkeit


(1) Wegen eines Anspruchs, der die Zahlung einer bestimmten Geldsumme in Euro zum Gegenstand hat, ist auf Antrag des Antragstellers ein Mahnbescheid zu erlassen. (2) Das Mahnverfahren findet nicht statt:1.für Ansprüche eines Unternehmers aus eine

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Beschluss, 31. Aug. 2017 - III ZB 37/17 zitiert oder wird zitiert von 10 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 31. Aug. 2017 - III ZB 37/17 zitiert 5 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 09. März 2010 - VI ZB 56/07

bei uns veröffentlicht am 09.03.2010

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VI ZB 56/07 vom 9. März 2010 in Sachen Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 127 Abs. 4 Im Prozesskostenhilfeverfahren werden die außergerichtlichen Kosten eines Rechtsbeschwerdeverfahrens nicht er

Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Nov. 2013 - III ZA 28/13

bei uns veröffentlicht am 21.11.2013

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS III ZA 28/13 vom 21. November 2013 in dem Prozesskostenhilfeverfahren Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. November 2013 durch den Vizepräsidenten Schlick und die Richter Wöstmann, Seiters, Dr. Remmert un

Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Juli 2010 - VI ZB 31/08

bei uns veröffentlicht am 06.07.2010

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VI ZB 31/08 vom 6. Juli 2010 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 144 Satz 1 Ein Versicherungsnehmer, der sich im Verkehrsunfallprozess gegen den von seinem mitverklagten Haftp

Landgericht Coburg Beschluss, 19. Dez. 2016 - 33 T 36/16

bei uns veröffentlicht am 19.12.2016

Tenor 1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Mahngerichts Coburg vom 05.10.2016, Az. 15-7917439-04-N, wird zurückgewiesen. 2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. 3.

Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Aug. 2017 - III ZA 42/16

bei uns veröffentlicht am 10.08.2017

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS III ZA 42/16 vom 10. August 2017 in dem Prozesskostenhilfeverfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 114 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, §§ 688 ff a) Für das Mahnverfahren (§§ 688 ff ZPO) kann - besch
5 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 31. Aug. 2017 - III ZB 37/17.

Bundesgerichtshof Beschluss, 31. Jan. 2019 - III ZA 34/18

bei uns veröffentlicht am 31.01.2019

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS III ZA 34/18 vom 31. Januar 2019 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja GVG § 198 Abs. 6 Nr. 1; ZPO § 114 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 a) An der Einleitung eines Gerichtsverfahrens im Sinne

Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Aug. 2019 - VII ZB 48/16

bei uns veröffentlicht am 21.08.2019

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VII ZB 48/16 vom 21. August 2019 in dem Prozesskostenhilfeverfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja ZPO § 114 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2; §§ 688 ff. a) Die hinreichende Erfolgsaussicht für ein Mahn

Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Nov. 2017 - X ZA 2/16

bei uns veröffentlicht am 28.11.2017

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS X ZA 2/16 vom 28. November 2017 in dem Prozesskostenhilfeverfahren ECLI:DE:BGH:2017:281117BXZA2.16.0 Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. November 2017 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck

Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Nov. 2017 - X ZA 1/16

bei uns veröffentlicht am 28.11.2017

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS X ZA 1/16 vom 28. November 2017 in dem Prozesskostenhilfeverfahren ECLI:DE:BGH:2017:281117BXZA1.16.0 Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. November 2017 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck

Referenzen

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Dem Gegner ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, ob er die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für gegeben hält, soweit dies aus besonderen Gründen nicht unzweckmäßig erscheint. Die Stellungnahme kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. Das Gericht kann die Parteien zur mündlichen Erörterung laden, wenn eine Einigung zu erwarten ist; ein Vergleich ist zu gerichtlichem Protokoll zu nehmen. Dem Gegner entstandene Kosten werden nicht erstattet. Die durch die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen nach Absatz 2 Satz 3 entstandenen Auslagen sind als Gerichtskosten von der Partei zu tragen, der die Kosten des Rechtsstreits auferlegt sind.

(2) Das Gericht kann verlangen, dass der Antragsteller seine tatsächlichen Angaben glaubhaft macht, es kann insbesondere auch die Abgabe einer Versicherung an Eides statt fordern. Es kann Erhebungen anstellen, insbesondere die Vorlegung von Urkunden anordnen und Auskünfte einholen. Zeugen und Sachverständige werden nicht vernommen, es sei denn, dass auf andere Weise nicht geklärt werden kann, ob die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint; eine Beeidigung findet nicht statt. Hat der Antragsteller innerhalb einer von dem Gericht gesetzten Frist Angaben über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht glaubhaft gemacht oder bestimmte Fragen nicht oder ungenügend beantwortet, so lehnt das Gericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe insoweit ab.

(3) Die in Absatz 1, 2 bezeichneten Maßnahmen werden von dem Vorsitzenden oder einem von ihm beauftragten Mitglied des Gerichts durchgeführt.

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Mahngerichts Coburg vom 05.10.2016, Az. 15-7917439-04-N, wird zurückgewiesen.

2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

Die Beschwerdeführerin beantragte am 31.12.2015 den Erlass eines Mahnbescheides gegen die … über eine Hauptforderung von 2.000.000,- € als „Schadensersatz aufgrund fehlerhaft erteilter GVVO Genehmigung, Schreiben vom 07.11.2011 an KSA und nachfolgende Korrespondenz vom 30.12.1991“. Gleichzeitig beantragte sie für die Kosten des Mahnverfahrens die Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Aus der von ihr eingereichten Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Belegen geht hervor, dass sie nicht in der Lage ist, die Kosten der Prozessführung aufzubringen. Sie bezieht eine geringe Altersrente.

Das Amtsgericht - Zentrales Mahngericht - Coburg leitete den Antrag zur Stellungnahme an den Antragsgegner zu, der mit Schreiben vom 1.2.2016 beantragte, den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe zurückzuweisen, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine Aussicht auf Erfolg biete. Die Antragsgegnerin werde gegen einen eventuellen Mahnbescheid Widerspruch einlegen. Ein konkreter Lebenssachverhalt, der dem Anspruch zugrundeliege, könne mangels hinreichender Angaben nicht ermittelt werden.

Mit Beschluss vom 5.10.2016, dem Beschwerdeführervertreter zugestellt am 7.10.2016, wies das Amtsgericht - Zentrales Mahngericht - Coburg den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wegen mangelnder Erfolgsaussichten des beabsichtigten Mahnverfahrens und Mutwilligkeit zurück. Hiergegen erhob der Beschwerdeführervertreter mit Schreiben vom 4.11.2016, eingegangen beim Amtsgericht Coburg am selben Tag, sofortige Beschwerde.

Das Amtsgericht - Zentrales Mahngericht - Coburg hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 16.11.2016 nicht abgeholfen und die Akten dem Landgericht Coburg zur Beschwerdeentscheidung vorgelegt.

Mit Schriftsatz vom 28.11.2016 begründete der Beschwerdeführervertreter die Beschwerde damit, dass Erfolgsaussichten im Mahnverfahren nicht zu prüfen seien. Eine Schlüssigkeitsprüfung finde nicht statt. Auch sei keine Gewissheit oder Garantie des Erfolgs notwendig.

Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache hat die Einzelrichterin nach vorheriger Anhörung der Beschwerdeführerin das Verfahren auf die Kammer übertragen, § 568 S. 2 Nr. 2 ZPO.

II.

Die gemäß §§ 127 Abs. 2 Satz 2, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte und auch sonst form- und fristgerecht (§§ 127 Abs. 2 Satz 3, 569 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO) eingelegte sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Zu Recht geht das Amtsgericht - Zentrales Mahngericht - Coburg davon aus, dass eine hinreichende Aussicht auf Erfolg des Mahnverfahrens nicht besteht. Eine solche Prüfung der Erfolgsaussichten ist auch im Rahmen eines Mahnverfahrens, für das Prozesskostenhilfe beantragt wird, vorzunehmen.

Voraussetzung für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist gemäß § 114 ZPO, dass die antragstellende Partei nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht oder nur in Raten aufbringen kann und die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Grundsätzlich kann die Prozesskostenhilfe auf das Mahnverfahren beschränkt werden, vgl. Geimer in Zöller, ZPO, 29. Auflage, § 119, Rdnr. 16; OLG München, MDR 1997, 891; OLG Oldenburg, MDR 1999, 384; LG Berlin, NJW 1972, 2312. Sie erstreckt sich dann nicht auf den 33 t 36/16 - Seite 3 anschließenden Zivilprozess, zu dem es nach dem Übergang ins streitige Verfahren kommt.

Ob bei der Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Mahnverfahren die Erfolgsaussicht zu prüfen ist, ist umstritten. Nach einer Rechtsauffassung findet grundsätzlich eine Schlüssigkeitsprüfung nicht statt, vgl. Motzer im Münchener Kommentar zur ZPO, 4. Aufl., § 114, Rdnr. 32; Geimer in Zöller, ZPO, 29. Auflage, § 119, Rdnr. 16. Jedoch finden die Vorschriften der §§ 114 ff. ZPO im Mahnverfahren uneingeschränkte Anwendung, somit auch die Vorschrift des § 118 Abs. 1 Satz 1 ZPO, der grundsätzlich eine Anhörung des Gegners vorsieht. Eine solche Anhörung wäre jedoch überflüssig, wenn das Vorbringen des Antragsgegners überhaupt keine Berücksichtigung finden würde. Aus diesem Grunde ist daher auch bei der Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Mahnverfahren die Erfolgsaussicht zu prüfen, so auch Landgericht Stuttgart, Beschluss vom 09.09.2004, Az.: 10 T 304/04 (RPfl 2005, 32); Landgericht Berlin, Beschluss vom 05.07.2007, Az.: 57 T 27/07, Landgericht Hagen, Beschluss vom 26.6.2014, Az. 3 T 42/14, Landgericht Fulda, Beschluss vom 24.2.2014, Az. 1 T 7/14 und Landgericht Hamburg, Beschluss vom 26.8.2014, Az. 331 T 6/14 (letztgenannte alle unveröffentlicht).

Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Prozesskostenhilfe nur für das Mahnverfahren und nicht für ein sich anschließendes streitiges Verfahren beantragt wird. Es kommt damit nur auf die Erfolgsaussicht des Mahnverfahrens und nicht auf die etwaigen Erfolgsaussichten eines streitigen Hauptsacheverfahrens an. Sinn und Zweck des Mahnverfahrens ist der Erwerb eines schnellen und kostengünstigen Vollstreckungstitels in Form eines Vollstreckungsbescheides. Gerade dieser Erfolg ist aber äußerst unwahrscheinlich. Der Antragsgegner hat im Rahmen der Anhörung Widerspruch gegen einen zu erlassenden Mahnbescheid angekündigt. Es besteht damit eine ganz erhebliche Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Beschwerdeführerin im Mahnverfahren keinen Vollstreckungstitels erlangen wird. Deshalb hat das Amtsgericht zu Recht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Mahnverfahren zurückgewiesen. Für ein von vorneherein aussichtsloses Mahnverfahren, bei dem bereits von Anfang an nicht damit zu rechnen ist, dass ein Vollstreckungsbescheid ergehen wird, kann ein Antragsteller nicht erwarten, dieses auf Kosten der Staatskasse durchführen zu können. Dem Antragsteller bleibt unbenommen, Klage beim zuständigen Gericht einzureichen und für das Klageverfahren Prozesskostenhilfe zu beantragen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 22 GKG i.V.m. KV-Nr. 1812 zum GKG.

Die Rechtsbeschwerde war zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts bzw. die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordern. In Instanzrechtsprechung und Literatur werden zur Frage der Zulässigkeit der Prüfung der Erfolgsaussichten im Mahnverfahren sowie zum Umfang dieser Prüfung unterschiedliche Auffassungen vertreten.

(1) Dem Gegner ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, ob er die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für gegeben hält, soweit dies aus besonderen Gründen nicht unzweckmäßig erscheint. Die Stellungnahme kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. Das Gericht kann die Parteien zur mündlichen Erörterung laden, wenn eine Einigung zu erwarten ist; ein Vergleich ist zu gerichtlichem Protokoll zu nehmen. Dem Gegner entstandene Kosten werden nicht erstattet. Die durch die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen nach Absatz 2 Satz 3 entstandenen Auslagen sind als Gerichtskosten von der Partei zu tragen, der die Kosten des Rechtsstreits auferlegt sind.

(2) Das Gericht kann verlangen, dass der Antragsteller seine tatsächlichen Angaben glaubhaft macht, es kann insbesondere auch die Abgabe einer Versicherung an Eides statt fordern. Es kann Erhebungen anstellen, insbesondere die Vorlegung von Urkunden anordnen und Auskünfte einholen. Zeugen und Sachverständige werden nicht vernommen, es sei denn, dass auf andere Weise nicht geklärt werden kann, ob die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint; eine Beeidigung findet nicht statt. Hat der Antragsteller innerhalb einer von dem Gericht gesetzten Frist Angaben über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht glaubhaft gemacht oder bestimmte Fragen nicht oder ungenügend beantwortet, so lehnt das Gericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe insoweit ab.

(3) Die in Absatz 1, 2 bezeichneten Maßnahmen werden von dem Vorsitzenden oder einem von ihm beauftragten Mitglied des Gerichts durchgeführt.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZA 42/16
vom
10. August 2017
in dem Prozesskostenhilfeverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Für das Mahnverfahren (§§ 688 ff ZPO) kann - beschränkt auf dieses Verfahren
- Prozesskostenhilfe bewilligt werden.

b) Zur Mutwilligkeit der beabsichtigten Rechtsverfolgung (§ 114 Abs. 2 ZPO)
bei Beantragung eines Mahnbescheids über einen Hauptsachebetrag von
400.000.000 €, wenn der Antragsgegner im Rahmen der Anhörung nach
§ 118 Abs. 1 Satz 1 ZPO den Anspruch bestritten und bereits Widerspruch
gegen einen etwaigen Mahnbescheid angekündigt hat.
BGH, Beschluss vom 10. August 2017 - III ZA 42/16 - LG Coburg
AG Coburg
ECLI:DE:BGH:2017:100817BIIIZA42.16.0

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. August 2017 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Herrmann, die Richter Seiters und Reiter sowie die Richterinnen Dr. Liebert und Dr. Arend

beschlossen:
Der Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Coburg - 3. Zivilkammer - vom 24. November 2016 - 33 T 34/16 - wird abgelehnt

Gründe:


I.


1
Der Antragsteller begehrt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zur Durchführung eines Rechtsbeschwerdeverfahrens. Er hat beim Amtsgericht C. - Zentrales Mahngericht - den Erlass eines Mahnbescheids über einen Betrag von 400.000.000 € beantragt, wobei er als Antragsgegner das "Landes- amt für Finanzen A. " und als Anspruchsgrund "Schadensersatz aus StrEG/aus Zinsen zum StrEG" angegeben hat. Zugleich hat er um Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Kosten des Mahnverfahrens nachgesucht. Das Landesamt, dem dieser Antrag nach § 118 Abs. 1 Satz 1 ZPO zur Stellungnahme übersandt worden war, teilte mit, Forderungen des Antragstellers gegen den Freistaat B. bestünden nicht, und bei Erlass eines Mahnbescheids würde umgehend Widerspruch eingelegt werden. Daraufhin hat das Amtsgericht (Rechtspfleger) den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit der Begründung zurückgewiesen, das Mahnverfahren biete nicht die nötige Aussicht auf Erfolg. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des Antragstellers hat das Landgericht zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die Erfolgsaussicht im Sinne des § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO auch bei Beantragung von Prozesskostenhilfe für ein Mahnverfahren zu prüfen sei. Für ein - wie hier - von vornherein aussichtsloses Mahnverfahren, bei dem von Anfang an mit einem Widerspruch des Antragsgegners zu rechnen und ein Vollstreckungsbescheid deswegen nicht zu erreichen sei, könne der Antragsteller nicht erwarten, das Verfahren auf Kosten der Staatskasse durchführen zu können.
2
Das Landgericht hat die Rechtsbeschwerde gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1, 2 ZPO zugelassen, da in der Instanzrechtsprechung und der Literatur zur Frage der Zulässigkeit der Prüfung der Erfolgsaussichten im Mahnverfahren sowie zum Umfang dieser Prüfung unterschiedliche Auffassungen vertreten würden.

II.


3
Die für die Durchführung des Rechtsbeschwerdeverfahrens beantragte Prozesskostenhilfe ist nicht zu bewilligen, weil das beabsichtigte Rechtsmittel keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (§ 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Prozesskostenhilfe für das Mahnverfahren versagenden Beschluss des Amtsgerichts im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen.
4
Dabei kann dahinstehen, ob der beabsichtigten Rechtsverfolgung im Mahnverfahren - wie das Landgericht meint - bereits deshalb die Erfolgsaussicht fehlt, weil mit einem Widerspruch des Antragsgegners gegen einen etwaigen Mahnbescheid zu rechnen ist. Denn die beabsichtigte Rechtsverfolgung erweist sich als mutwillig im Sinne des § 114 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 ZPO.
5
1. Der sachliche Geltungsbereich der §§ 114 ff ZPO erstreckt sich auf alle in der Zivilprozessordnung geregelten Verfahren. Für das Mahnverfahren kann - beschränkt auf dieses Verfahren - Prozesskostenhilfe bewilligt werden (allg. Meinung; vgl. nur Musielak/Voit/Fischer, ZPO, 14. Aufl., § 114 Rn. 8;Thomas/ Putzo/Hüßtege, ZPO, 38. Aufl., Vorbem. § 688 Rn. 12; Zöller/Geimer, ZPO, 31. Aufl., § 114 Rn. 2; jew. mwN). Dabei gilt die Voraussetzung fehlender Mutwilligkeit auch für den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein Mahnverfahren (MüKoZPO/Wache, 5. Aufl., § 114 Rn. 22).
6
2. Mutwilligkeit liegt insbesondere vor, wenn eine verständige, nicht hilfsbedürftige Partei bei sachgerechter und vernünftiger Einschätzung der Prozesslage ihre Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde (Senat, Beschluss vom 21. November 2013 - III ZA 28/13, BeckRS 2013, 22403 Rn. 9; BGH, Beschluss vom 6. Juli 2010 - VI ZB 31/08, NJW 2010, 3522 Rn. 6). Aus der gemäß Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechtsschutzgleichheit folgt, dass die mittellose Partei nur einer solchen "normalen" Partei gleichgestellt werden muss, die ihre Prozessaussichten vernünftig abwägt und dabei auch das Kostenrisiko berücksichtigt (BVerfG, NJW 1991, 413; NJW 2013, 2013, 2014). Es ist nicht Zweck der Prozesskostenhilfe, auf Kosten der Allgemeinheit bedürftigen Personen Prozesse zu ermöglichen, die eine wirtschaftlich leistungsfähige Partei bei vernünftiger und sachgerechter Einschätzung der Sach- und Rechtslage nicht führen würde (Musielak/Voit/ Fischer aaO § 114 Rn. 30 mwN).
7
3. Nach diesen Maßstäben ist die Rechtsverfolgung des Antragstellers mutwillig. Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage würde eine verständige Partei, die selbst für die Gerichtskosten aufzukommen hat, davon absehen, ei- nen Mahnbescheid über einen Hauptsachebetrag von 400.000.000 € gegen den Freistaat B. zu beantragen, auch wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass nach §§ 688 ff ZPO vorliegen sollten.
8
Dass dem Antragsteller, der keiner geregelten Beschäftigung nachgeht, durch Strafverfolgungsmaßnahmen ein Schaden in der geltend gemachten Größenordnung entstanden sein könnte, ist gänzlich fernliegend. Die Staatsanwaltschaft A. hat auf Anfrage des Senats mitgeteilt, dass der Antragsteller in dem Strafverfahren 501 Js 140433/09 zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten rechtskräftig verurteilt worden ist, die vollständig vollstreckt wurde. Die in dem weiteren Strafverfahren 501 Js 117364/09 gegen den Antragsteller vollzogene Untersuchungshaft von 75 Tagen wurde nach Verfahrenseinstellung gemäß § 154 Abs. 2 StPO im Rahmen der Strafvollstreckung auf die vorgenannte Freiheitsstrafe angerechnet. Eine Entschädigungspflicht der Staatskasse wurde in keinem der Strafverfahren festgestellt. Dementsprechend hat die Staatsanwaltschaft A. Schadensersatzansprüche des Antragstellers mit Bescheid vom 25. April 2016 abgelehnt. Auch sonst ist nichts dafür ersichtlich, dass der Antragsteller berechtigt sein könnte, einen Schaden in der - nicht näher erläuterten - ungewöhnlichen Größenordnung von 400.000.000 € zu beanspruchen, zumal der Antragsgegner den Anspruch be- stritten und bereits Widerspruch gegen einen etwaigen Mahnbescheid angekündigt hat. Bei dieser Sachlage drängt es sich auf, dass der Antragsteller die Allgemeinheit für Gerichtskosten in Anspruch nehmen möchte, die eine die Pro- zessaussichten vernünftig abwägende und auch das Kostenrisiko berücksichtigende verständige Partei niemals tragen würde.
9
4. Der Versagung von Prozesskostenhilfe für das Rechtsbeschwerdeverfahren steht nicht entgegen, dass das Landgericht die Rechtsbeschwerde zugelassen hat. Die vom Beschwerdegericht aufgeworfene Frage, ob Prozesskostenhilfe für ein Mahnverfahren bereits mangels Erfolgsaussicht zu verneinen sei, wenn ein Widerspruch des Antragsgegners absehbar sei, ist nicht entscheidungserheblich , da die beabsichtigte Rechtsverfolgung im konkreten Fall mutwillig erscheint und Prozesskostenhilfe schon deshalb nicht in Betracht kommt. Das Vorliegen von Mutwilligkeit kann auf der Grundlage der gesetzlichen Regelung und der vorliegenden Rechtsprechung abschließend beantwortet werden. Herrmann Reiter
Vorinstanzen:
AG Coburg, Entscheidung vom 15.09.2016 - 16-0460118-08-N -
LG Coburg, Entscheidung vom 24.11.2016 - 33 T 34/16 -
9
1. Von der Frage der Mutwilligkeit im Sinne von § 114 Satz 1 ZPO wird in erster Linie die verfahrensmäßige Geltendmachung des Anspruchs betroffen (vgl. BAG, NJW 2011, 1161 Rn. 8). Eine Rechtsverfolgung ist mutwillig, wenn eine wirtschaftlich leistungsfähige, also nicht bedürftige Partei bei sachgerechter und vernünftiger Einschätzung der Prozesslage von ihr Abstand nehmen oder ihre Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde, weil ihr ein kostengünstigerer Weg offensteht und dieser Weg genauso Erfolg versprechend ist (st. Rspr., vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 10. März 2005 - XII ZB 20/04, NJW 2005, 1497 f und vom 6. Dezember 2010 - II ZB 13/09, NZI 2011, 104 Rn. 8; siehe auch BAG aaO Rn. 9; Hk-ZPO/Pukall, 5. Aufl., § 114 Rn. 19; Musielak /Fischer, ZPO, 10. Aufl., § 114 Rn. 30; Zöller/Geimer, ZPO, 30. Aufl., § 114 Rn. 30, 34 f). Mutwilligkeit im Sinne von § 114 Satz 1 ZPO liegt deshalb regelmäßig vor, wenn eine Partei keine nachvollziehbaren Sachgründe dafür vorbringt , warum sie eine Mehrzahl von Ansprüchen nicht in einer Klage geltend macht, oder nicht plausibel erklärt, aus welchen Gründen sie einen neuen Prozess anstrengt, obwohl sie das gleiche Klageziel kostengünstiger im Wege der Erweiterung einer bereits anhängigen Klage hätte erreichen können (BAG aaO Rn. 9; OLG Nürnberg, BeckRS 2010, 30507 jeweils mwN). Ein sein Kostenrisiko vernünftig abwägender Kläger, der die Prozesskosten aus eigenen Mitteln finanzieren muss, wird ein Verfahren nicht (weiter) betreiben, solange dieselben (Rechts-)Fragen bereits in anderen Verfahren anhängig sind (sog. unechte Musterverfahren). Er kann auf diesem Wege im Falle einer in seinem Sinne positiven Entscheidung - die gegebenenfalls erst durch das Revisionsgericht getroffen wird - vom Ausgang dieser Verfahren profitieren, ohne selbst einem (weiteren) Kostenrisiko zu unterliegen. Bei einem aus seiner Sicht negativen Ausgang des Musterverfahrens ist er nicht gehindert, sein Rechtsschutzziel im eigenen Verfahren weiter zu verfolgen (vgl. BVerfG, NJW 2010, 988 Rn. 10 f; Zöller/Geimer aaO Rn. 12a). Dieses Verständnis des Begriffs der Mutwilligkeit entspricht auch der ratio legis des § 114 Satz 1 ZPO. Prozesskostenhilfe kann nur für zweckentsprechende Rechtsverfolgung beziehungsweise Rechtsverteidigung verlangt werden. Einer Partei, die auf Kosten der Allgemeinheit prozessiert , muss zugemutet werden, zulässige Maßnahmen erst dann vorzunehmen, wenn dies wirklich notwendig ist (Zöller/Geimer aaO § 114 Rn. 30).
6
a) Das Beschwerdegericht geht zutreffend davon aus, dass Mutwilligkeit im Sinne des § 114 Satz 1 ZPO voraussetzt, dass eine verständige, nicht hilfsbedürftige Partei ihre Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde (vgl. etwa Zöller/Geimer, ZPO, 28. Aufl., § 114 Rn. 30; Musielak/Fischer, ZPO, 7. Aufl., § 114 Rn. 30).

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZA 42/16
vom
10. August 2017
in dem Prozesskostenhilfeverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Für das Mahnverfahren (§§ 688 ff ZPO) kann - beschränkt auf dieses Verfahren
- Prozesskostenhilfe bewilligt werden.

b) Zur Mutwilligkeit der beabsichtigten Rechtsverfolgung (§ 114 Abs. 2 ZPO)
bei Beantragung eines Mahnbescheids über einen Hauptsachebetrag von
400.000.000 €, wenn der Antragsgegner im Rahmen der Anhörung nach
§ 118 Abs. 1 Satz 1 ZPO den Anspruch bestritten und bereits Widerspruch
gegen einen etwaigen Mahnbescheid angekündigt hat.
BGH, Beschluss vom 10. August 2017 - III ZA 42/16 - LG Coburg
AG Coburg
ECLI:DE:BGH:2017:100817BIIIZA42.16.0

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. August 2017 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Herrmann, die Richter Seiters und Reiter sowie die Richterinnen Dr. Liebert und Dr. Arend

beschlossen:
Der Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Coburg - 3. Zivilkammer - vom 24. November 2016 - 33 T 34/16 - wird abgelehnt

Gründe:


I.


1
Der Antragsteller begehrt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zur Durchführung eines Rechtsbeschwerdeverfahrens. Er hat beim Amtsgericht C. - Zentrales Mahngericht - den Erlass eines Mahnbescheids über einen Betrag von 400.000.000 € beantragt, wobei er als Antragsgegner das "Landes- amt für Finanzen A. " und als Anspruchsgrund "Schadensersatz aus StrEG/aus Zinsen zum StrEG" angegeben hat. Zugleich hat er um Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Kosten des Mahnverfahrens nachgesucht. Das Landesamt, dem dieser Antrag nach § 118 Abs. 1 Satz 1 ZPO zur Stellungnahme übersandt worden war, teilte mit, Forderungen des Antragstellers gegen den Freistaat B. bestünden nicht, und bei Erlass eines Mahnbescheids würde umgehend Widerspruch eingelegt werden. Daraufhin hat das Amtsgericht (Rechtspfleger) den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit der Begründung zurückgewiesen, das Mahnverfahren biete nicht die nötige Aussicht auf Erfolg. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des Antragstellers hat das Landgericht zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die Erfolgsaussicht im Sinne des § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO auch bei Beantragung von Prozesskostenhilfe für ein Mahnverfahren zu prüfen sei. Für ein - wie hier - von vornherein aussichtsloses Mahnverfahren, bei dem von Anfang an mit einem Widerspruch des Antragsgegners zu rechnen und ein Vollstreckungsbescheid deswegen nicht zu erreichen sei, könne der Antragsteller nicht erwarten, das Verfahren auf Kosten der Staatskasse durchführen zu können.
2
Das Landgericht hat die Rechtsbeschwerde gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1, 2 ZPO zugelassen, da in der Instanzrechtsprechung und der Literatur zur Frage der Zulässigkeit der Prüfung der Erfolgsaussichten im Mahnverfahren sowie zum Umfang dieser Prüfung unterschiedliche Auffassungen vertreten würden.

II.


3
Die für die Durchführung des Rechtsbeschwerdeverfahrens beantragte Prozesskostenhilfe ist nicht zu bewilligen, weil das beabsichtigte Rechtsmittel keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (§ 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Prozesskostenhilfe für das Mahnverfahren versagenden Beschluss des Amtsgerichts im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen.
4
Dabei kann dahinstehen, ob der beabsichtigten Rechtsverfolgung im Mahnverfahren - wie das Landgericht meint - bereits deshalb die Erfolgsaussicht fehlt, weil mit einem Widerspruch des Antragsgegners gegen einen etwaigen Mahnbescheid zu rechnen ist. Denn die beabsichtigte Rechtsverfolgung erweist sich als mutwillig im Sinne des § 114 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 ZPO.
5
1. Der sachliche Geltungsbereich der §§ 114 ff ZPO erstreckt sich auf alle in der Zivilprozessordnung geregelten Verfahren. Für das Mahnverfahren kann - beschränkt auf dieses Verfahren - Prozesskostenhilfe bewilligt werden (allg. Meinung; vgl. nur Musielak/Voit/Fischer, ZPO, 14. Aufl., § 114 Rn. 8;Thomas/ Putzo/Hüßtege, ZPO, 38. Aufl., Vorbem. § 688 Rn. 12; Zöller/Geimer, ZPO, 31. Aufl., § 114 Rn. 2; jew. mwN). Dabei gilt die Voraussetzung fehlender Mutwilligkeit auch für den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein Mahnverfahren (MüKoZPO/Wache, 5. Aufl., § 114 Rn. 22).
6
2. Mutwilligkeit liegt insbesondere vor, wenn eine verständige, nicht hilfsbedürftige Partei bei sachgerechter und vernünftiger Einschätzung der Prozesslage ihre Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde (Senat, Beschluss vom 21. November 2013 - III ZA 28/13, BeckRS 2013, 22403 Rn. 9; BGH, Beschluss vom 6. Juli 2010 - VI ZB 31/08, NJW 2010, 3522 Rn. 6). Aus der gemäß Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechtsschutzgleichheit folgt, dass die mittellose Partei nur einer solchen "normalen" Partei gleichgestellt werden muss, die ihre Prozessaussichten vernünftig abwägt und dabei auch das Kostenrisiko berücksichtigt (BVerfG, NJW 1991, 413; NJW 2013, 2013, 2014). Es ist nicht Zweck der Prozesskostenhilfe, auf Kosten der Allgemeinheit bedürftigen Personen Prozesse zu ermöglichen, die eine wirtschaftlich leistungsfähige Partei bei vernünftiger und sachgerechter Einschätzung der Sach- und Rechtslage nicht führen würde (Musielak/Voit/ Fischer aaO § 114 Rn. 30 mwN).
7
3. Nach diesen Maßstäben ist die Rechtsverfolgung des Antragstellers mutwillig. Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage würde eine verständige Partei, die selbst für die Gerichtskosten aufzukommen hat, davon absehen, ei- nen Mahnbescheid über einen Hauptsachebetrag von 400.000.000 € gegen den Freistaat B. zu beantragen, auch wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass nach §§ 688 ff ZPO vorliegen sollten.
8
Dass dem Antragsteller, der keiner geregelten Beschäftigung nachgeht, durch Strafverfolgungsmaßnahmen ein Schaden in der geltend gemachten Größenordnung entstanden sein könnte, ist gänzlich fernliegend. Die Staatsanwaltschaft A. hat auf Anfrage des Senats mitgeteilt, dass der Antragsteller in dem Strafverfahren 501 Js 140433/09 zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten rechtskräftig verurteilt worden ist, die vollständig vollstreckt wurde. Die in dem weiteren Strafverfahren 501 Js 117364/09 gegen den Antragsteller vollzogene Untersuchungshaft von 75 Tagen wurde nach Verfahrenseinstellung gemäß § 154 Abs. 2 StPO im Rahmen der Strafvollstreckung auf die vorgenannte Freiheitsstrafe angerechnet. Eine Entschädigungspflicht der Staatskasse wurde in keinem der Strafverfahren festgestellt. Dementsprechend hat die Staatsanwaltschaft A. Schadensersatzansprüche des Antragstellers mit Bescheid vom 25. April 2016 abgelehnt. Auch sonst ist nichts dafür ersichtlich, dass der Antragsteller berechtigt sein könnte, einen Schaden in der - nicht näher erläuterten - ungewöhnlichen Größenordnung von 400.000.000 € zu beanspruchen, zumal der Antragsgegner den Anspruch be- stritten und bereits Widerspruch gegen einen etwaigen Mahnbescheid angekündigt hat. Bei dieser Sachlage drängt es sich auf, dass der Antragsteller die Allgemeinheit für Gerichtskosten in Anspruch nehmen möchte, die eine die Pro- zessaussichten vernünftig abwägende und auch das Kostenrisiko berücksichtigende verständige Partei niemals tragen würde.
9
4. Der Versagung von Prozesskostenhilfe für das Rechtsbeschwerdeverfahren steht nicht entgegen, dass das Landgericht die Rechtsbeschwerde zugelassen hat. Die vom Beschwerdegericht aufgeworfene Frage, ob Prozesskostenhilfe für ein Mahnverfahren bereits mangels Erfolgsaussicht zu verneinen sei, wenn ein Widerspruch des Antragsgegners absehbar sei, ist nicht entscheidungserheblich , da die beabsichtigte Rechtsverfolgung im konkreten Fall mutwillig erscheint und Prozesskostenhilfe schon deshalb nicht in Betracht kommt. Das Vorliegen von Mutwilligkeit kann auf der Grundlage der gesetzlichen Regelung und der vorliegenden Rechtsprechung abschließend beantwortet werden. Herrmann Reiter
Vorinstanzen:
AG Coburg, Entscheidung vom 15.09.2016 - 16-0460118-08-N -
LG Coburg, Entscheidung vom 24.11.2016 - 33 T 34/16 -

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.

(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.

(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.

(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

4
Der Antrag des Klägers hat keinen Erfolg. Da im Prozesskostenhilfeverfahren die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens gemäß § 127 Abs. 4 ZPO nicht erstattet werden, ist hinsichtlich dieser Kosten keine Entscheidung veranlasst. Das gilt auch bei Beschwerden der Staatskasse (vgl. Zöller /Geimer, ZPO, 28. Aufl., § 127, Rn. 39) und auch für ein nachfolgendes Rechtsbeschwerdeverfahren. Für eine Ergänzung des Senatsbeschlusses besteht demgemäß kein Anlass. Galke Diederichsen Pauge Stöhr von Pentz