vorgehend
Landgericht Berlin, 102 O 2/09, 20.02.2009
Kammergericht, 2 W 72/09, 26.05.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZB 12/11
vom
13. Dezember 2011
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Im Spruchverfahren können die außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners (§ 5
SpruchG) nicht dem Antragsteller auferlegt werden.
BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2011 - II ZB 12/11 - KG
LG Berlin
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Dezember 2011
durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bergmann und den Richter Dr. Strohn,
die Richterin Dr. Reichart sowie die Richter Dr. Drescher und Born

beschlossen:
Die Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 20. Februar 2009 wird zurückgewiesen , soweit sie die Auferlegung der außergerichtlichen Kosten und der Auslagen der Antragsgegnerin auf die Antragstellerin betrifft. Der Beschluss des 2. Zivilsenats des Kammergerichts vom 26. Mai 2011 wird, soweit er eine Entscheidung über die Gerichtskosten im zweiten Rechtszug enthält, dahingehend abgeändert, dass von den Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens die Antragstellerin 24/25 und die Antragsgegnerin 1/25 tragen.

Gründe:

I.

1
Die Antragstellerin hat nach der Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre der B. AG auf die Antragsgegnerin am 17. Januar 2007 im Spruchverfahren einen Antrag auf die gerichtliche Bestimmung der angemessenen Abfindung und eines angemessenen Ausgleichs nebst Verzinsung einer Erhöhung gestellt. Das Landgericht hat den Antrag als unzulässig verworfen. Gegen diesen Beschluss hat die Antragstellerin sofortige Beschwerde beim Kammergericht eingelegt. Die Antragsgegnerin hat Anschlussbeschwerde eingelegt und beantragt, die Gerichtskosten und außergerichtlichen Auslagen der Antragsgegnerin in Abänderung der angefochtenen Entscheidung der Antragstellerin aufzuerlegen. Das Kammergericht hat die sofortige Beschwerde der Antragstellerin zurückgewiesen und auf die Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin die im ersten Rechtszug entstandenen Gerichtskosten der Antragstellerin auferlegt. Außerdem hat es der Antragstellerin die im zweiten Rechtszug entstandenen Gerichtskosten auferlegt. Wegen der weitergehenden , die außergerichtlichen Auslagen der Antragsgegnerin betreffenden Anschlussbeschwerde hat es die Sache dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt. Insoweit möchte das Kammergericht die Anschlussbeschwerde zurückweisen , weil es die Kostenregelung in § 15 Abs. 4 SpruchG für abschließend hält. Daran sieht es sich durch den Beschluss des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Hamburg vom 9. Juni 2005 - 11 W 30/05 (AG 2005, 853) gehindert.

II.

2
Die Vorlage ist zulässig.
3
1. Die Zulässigkeit der Vorlage ist nach § 28 Abs. 2 Satz 1 FGG zu beurteilen, dessen entsprechende Anwendung in § 12 Abs. 2 Satz 2 SpruchG in der Fassung des Gesetzes vom 12. Juni 2003 (BGBl. I S. 838) angeordnet war. Nach Art. 111 Abs. 1 des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 17. Dezember 2008 (FGGReformgesetz -FGG-RG, BGBl. I S. 2586) finden das Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und das Spruchverfahrensgesetz in der bis zum 1. September 2009 geltenden Fassung weiter Anwendung, wenn das Verfahren in erster Instanz vor Inkrafttreten des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) am 1. September 2009 eingeleitet worden ist (BGH, Beschluss vom 19. Juli 2010 - II ZB 18/09, BGHZ 186, 229 Rn. 5 - STOLLWERCK). Das Spruchverfahren wurde 2007 eingeleitet.
4
2. Eine Vorlage an den Bundesgerichtshof ist auch wegen einer Rechtsfrage zulässig, die die Kostenerstattungspflicht (hier nach § 15 Abs. 2 und 4 SpruchG bzw. § 13a Abs. 1 FGG) betrifft (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Juli 1958 - V ZB 13/58, WM 1958, 1087; Beschluss vom 23. Oktober 1959 - IV ZB 105/59, BGHZ 31, 92, 94; Beschluss vom 6. Oktober 1960 - VII ZB 14/60, BGHZ 33, 205, 206).
5
3. Das vorlegende Gericht will bei seiner Entscheidung von einer Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts abweichen.
6
a) Der vom vorlegenden Kammergericht angeführte Beschluss des Oberlandesgerichts Hamburg ist in einem Spruchverfahren ergangen und beruht auf einer Rechtsauffassung, von der das vorlegende Gericht abweichen will. Eine Abweichung im Sinne von § 28 Abs. 2 Satz 1 FGG liegt auch vor, wenn die Entscheidung, von der abgewichen werden soll, nicht zu demselben gesetzlichen Tatbestand ergangen ist, aber die gleiche Rechtsfrage zu beurteilen ist (BGH, Beschluss vom 19. Juli 2010 - II ZB 18/09, BGHZ 186, 229 Rn. 6 - STOLLWERCK; Beschluss vom 25. Juni 2008 - II ZB 39/07, BGHZ 177, 131 Rn. 5; Beschluss vom 13. März 2006 - II ZB 26/04, BGHZ 166, 329 Rn. 6). Danach liegen die Vorlagevoraussetzungen vor, obwohl vom vorlegenden Gericht über die Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin im erstinstanzlichen Verfahren entschieden werden soll, während das Oberlandesgericht Hamburg darüber entschieden hat, wer die außergerichtlichen Kosten im Beschwerdeverfahren zu tragen hat. Das Oberlandesgericht Hamburg hat ange- nommen, dass § 15 SpruchG zu den außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners nicht abschließend und § 13a Abs. 1 FGG über § 17 Abs. 1 SpruchG aF anwendbar sei. Das Kammergericht will dagegen die Regelung in § 15 Abs. 2 bis 4 SpruchG gegenüber § 13a Abs. 1 FGG als abschließend ansehen.
7
Die Vorlagepflicht ist nicht entfallen, weil § 17 Abs. 1 SpruchG in der Fassung des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG-RG) nunmehr auf das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) verweist und § 13a Abs. 1 FGG aufgehoben wurde. Wenn das vorlegende Gericht von einer Entscheidung zu einem aufgehobenen Gesetz abweichen will, ist die Vorlage allerdings nur zulässig, wenn die frühere Gesetzesfassung weiter anzuwenden ist oder wenn die gleiche Norm ihrem wesentlichen Inhalt nach Bestandteil des geltenden Rechts ist (BGH, Beschluss vom 22. Oktober 1965 - IV ZB 342/65, BGHZ 44, 220, 222 f.). Im Verfahren des Kammergerichts sind § 17 Abs. 1 SpruchG in der seither geltenden Fassung und damit die Vorschriften des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG) anzuwenden, soweit das Spruchverfahrensgesetz keine Regelung enthält. Außerdem stellt sich die Frage, ob durch eine abschließende Regelung in § 15 Abs. 2 und 4 SpruchG die Erstattung außergerichtlicher Kosten des Antragsgegners ausgeschlossen ist, auch weiterhin. § 81 und § 84 FamFG, die an die Stelle von § 13a Abs. 1 FGG getreten sind, ermöglichen unter bestimmten Umständen, einem Antragsteller die außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners aufzuerlegen.
8
c) Für die Zulässigkeit der Vorlage ist weiter erforderlich, dass es für die Entscheidung vom Standpunkt des vorlegenden Gerichts aus auf die streitige Rechtsfrage ankommt. Dabei ist die Entscheidungserheblichkeit der Rechtsfrage für die vorgelegte Sache auf der Grundlage des im Vorlagebeschluss des Oberlandesgerichts mitgeteilten Sachverhalts und der dort zum Ausdruck gebrachten rechtlichen Beurteilung des Falles zu prüfen (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Oktober 1981- IVb ZB 718/80, BGHZ 82, 34, 36 f.; Beschluss vom 11. Juli 1990 - XII ZB 113/87, BGHZ 112, 127, 129; Beschluss vom 16. Juli 1997 - XII ZB 97/96, NJW-RR 1997, 1162). Es ist zwar zweifelhaft, ob die Entscheidung über die Anschlussbeschwerde allein von der Geltung von § 13a Abs. 1 FGG für die Kostenentscheidung im Spruchverfahren abhängt. § 13a Abs. 1 Satz 1 sieht nicht vor, dass die außergerichtlichen Kosten eines Beteiligten bei Misserfolg eines Antrags dem Antragsteller auferlegt werden müssen, sondern regelt die Kostenerstattung nach Billigkeit. Insoweit ist die Ansicht des vorlegenden Gerichts, es könne ohne Beantwortung der streitigen Rechtsfrage nicht über die Anschlussbeschwerde entscheiden, für die Beurteilung der Zulässigkeit der Vorlage aber bindend.

III.

9
1. Die Anschlussbeschwerde ist zulässig.
10
Eine Anschlussbeschwerde des Antragsgegners ist im Spruchverfahren grundsätzlich statthaft. Die Anschlussbeschwerde kann sich auch allein gegen die Kosten- und Auslagenentscheidung richten. Nach § 20a FGG ist die Kostenentscheidung zwar nicht ohne die Hauptsache anfechtbar. Wenn in der Hauptsache ein zulässiges Rechtsmittel eingelegt ist, ist eine Anschlussbeschwerde nur wegen der Kosten aber statthaft (vgl. Bumiller/Winkler, FGG, 8. Aufl., § 20a Rn. 9).
11
2. Die Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin bleibt - soweit der Senat hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin darüber zu entscheiden hat - ohne Erfolg. Im Spruchverfahren können die außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners (§ 5 SpruchG) nicht dem Antragsteller auferlegt werden. Eine Erstattung der Kosten des Antragsgegners ist in § 15 SpruchG nicht vorgesehen. § 15 Abs. 4 SpruchG regelt die Kostenerstattung für die außergerichtlichen Kosten abschließend.
12
a) Ob der Antragsteller dem nach § 5 SpruchG bestimmten Antragsgegner im Spruchverfahren außergerichtliche Kosten zu erstatten hat, ist streitig. Teilweise wird angenommen, dass § 15 Abs. 4 SpruchG den § 13a Abs. 1 FGG verdrängt (Meilicke/ Heidel, DB 2003, 2267, 2275; Emmerich in Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 6. Aufl., § 15 SpruchG Rn. 21b; Hüffer, AktG, 9. Aufl., Anh. § 305 § 15 SpruchG Rn. 6 für § 81 FamFG); teilweise wird über § 17 Abs. 1 SpruchG aF § 13a Abs. 1 FGG für anwendbar erachtet (Klöcker/Frowein, SpruchG, § 15 Rn. 18; Krieger/Mennicke in Lutter UmwG, 4. Aufl., § 15 SpruchG Rn. 15; MünchKommAktG /Kubis, 3. Aufl., § 15 SpruchG Rn. 21; Rosskopf in KK-SpruchG § 15 Rn. 53; Volhard in Semler/Stengel, UmwG, 2. Aufl., § 15 SpruchG Rn. 14; Ederle/ Theusinger in Bürgers/Körber, AktG, 2. Aufl., § 15 SpruchG Rn. 7). Eine vermittelnde Ansicht hält § 15 Abs. 4 SpruchG nur für die Erstattung der außergerichtlichen Kosten im erstinstanzlichen Verfahren für abschließend, dagegen nicht für die Kosten im Beschwerdeverfahren (Winter in Simon, SpruchG, § 15 Rn. 102 und 103). In der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte zur Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners im Beschwerdeverfahren wird eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners teilweise angeordnet (vgl. neben dem OLG Hamburg OLG München, Beschluss vom 3. Februar 2010 - 31 Wx 135/09, juris; OLGR Düsseldorf, 2009, 438, 443; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 10. Januar 2006 - 12 W 136/04, juris; OLG Zweibrücken, ZIP 2005, 948, 951) und teilweise abgelehnt (vgl. außer dem Kammergericht BayObLG, NZG 2004, 1111, 1114; OLG Stuttgart, Beschluss vom 5. Mai 2009 - 20 W 13/08, juris).
13
b) § 15 Abs. 2 und 4 SpruchG regeln die Kostenerstattung im Spruchverfahren abschließend.
14
aa) Für eine abschließende Regelung spricht schon, dass zwischen der Pflicht, die Gerichtskosten zu tragen, und den außergerichtlichen Kosten der Antragsteller unterschieden wird, ohne die außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners zu erwähnen. Hätten die außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners wie die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers nach Billigkeit verteilt werden sollen, hätte es nahegelegen, dies ausdrücklich aufzunehmen oder auf eine Regelung der Erstattung für außergerichtliche Kosten zugunsten des Verweises über § 17 Abs. 1 SpruchG auf § 13a Abs. 1 Satz 1 FGG zu verzichten. Gemäß § 13a Abs. 1 Satz 1 FGG sind nach Billigkeit die außergerichtlichen Kosten und gegebenenfalls auch verauslagte Gerichtskosten einem Beteiligten aufzuerlegen.
15
Die Ausgestaltung der Kostentragungspflicht in § 15 Abs. 2 und 4 SpruchG spricht ebenfalls dafür, dass die außergerichtlichen Kosten der Antragsgegner nicht erstattet werden. Grundsätzlich hat ein Antragsteller seine außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen (§ 15 Abs. 4 SpruchG), abhängig vom Verfahrensausgang können sie auch dem Antragsgegner auferlegt werden. Gerichtskosten sollen dem Antragsteller unabhängig vom Ausgang des Verfahrens dagegen nur ausnahmsweise auferlegt werden können (§ 15 Abs. 2 SpruchG). Ihn dann nach Billigkeit darüber hinaus sogar zur Erstattung außergerichtlicher Kosten des Antragsgegners zu verpflichten, passt nicht zu dieser Abstufung des Kostenrisikos.
16
bb) Die Entstehungsgeschichte von § 15 Abs. 2 und 4 SpruchG stützt dieses Ergebnis. Die Neuregelung des Spruchverfahrens ging unter anderem auf die Emp- fehlung der Regierungskommission „Corporate Governance“ zurück (Neye, NZG 2002, 23; Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des gesell- schaftsrechtlichen Spruchverfahrens [Spruchverfahrensneuordnungsgesetz], BTDrucks. 15/371 S. 1 und S. 11). Die Empfehlung sah vor, dass die Gerichtskosten und die Kosten des gemeinsamen Vertreters von der Gesellschaft getragen werden, die Antragsteller wie bisher von der Gesellschaft Erstattung ihrer außergerichtlichen Kosten verlangen können, aber abweichend von der seitherigen Praxis nur noch im Falle ihres Obsiegens. Die außergerichtlichen Kosten der Gesellschaft sollten dagegen wie bisher unabhängig vom Ausgang des Verfahrens bei dieser verbleiben (Be- richt der Regierungskommission „Corporate Governance“, Unternehmensführung - Unternehmenskontrolle - Modernisierung des Aktienrechts, BT-Drucks. 14/7515 S. 83 f.). Dem entsprechend ging der Gesetzgeber bei der Schaffung der Regelung in § 15 Abs. 2 und 4 SpruchG davon aus, dass bis dahin nach § 306 Abs. 7 AktG bzw. 312 UmwG der Antragsgegner bzw. der andere Vertragsteil regelmäßig sowohl die Gerichtskosten als auch die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller zu tragen hatte. Dass der Antragsgegner seine eigenen außergerichtlichen Kosten selbst tragen musste, wurde dabei vorausgesetzt (vgl. Referentenentwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des gesellschaftsrechtlichen Spruchverfahrens [Spruchverfahrensneuordnungsgesetz ], abgedruckt NZG 2002, 25, 31; Regierungsentwurf BTDrucks. 15/371 S. 11).
17
Dem Gesetzgeber erschien eine völlige Änderung der Grundlagen des Verfahrens im Sinne einer Umgestaltung in einen reinen Parteiprozess nach der Zivilprozessordnung nicht als sinnvoll (Regierungsentwurf BT-Drucks. 15/371 S. 11 f.), und eine Kostenentscheidung nach Obsiegen und Unterliegen sollte nicht getroffen werden , weil den Antragsberechtigten ansonsten in den meisten Fällen das Spruchverfahren wegen des Kostenrisikos faktisch verbaut wäre (Regierungsentwurf BTDrucks. 15/371 S. 17). Die Gerichtskosten sollte nach der Neuregelung weiter grundsätzlich der Antragsgegner tragen, nur ausnahmsweise - etwa bei Rechtsmissbrauch - sollen sie dem Antragsteller auferlegt werden können. Bei den außergericht- lichen Kosten der Antragsteller sollte die Möglichkeit einer stärkeren Differenzierung durch das Gericht eröffnet werden. Grundsätzlich sollten die Antragsteller ihre Kosten selbst tragen. Eine Anordnung der Kostenerstattung durch den Antragsgegner soll aus Billigkeitsgründen in Betracht kommen, insbesondere bei einer deutlichen Erhöhung der Leistung des Antragsgegners (Regierungsentwurf BT-Drucks. 15/371 S. 17 f.). Daraus, dass den Antragstellern mit der Aufbürdung der eigenen außergerichtlichen Kosten nur ein begrenztes Kostenrisiko auferlegt werden sollte (so ausdrücklich Regierungsentwurf BT-Drucks. 15/371 S. 17), lässt sich entnehmen, dass - entsprechend der Empfehlung der Corporate Governance Kommission - die außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners bei diesem verbleiben sollten.
18
cc) Eine solche Kostenverteilung entspricht auch dem Zweck der ausdifferenzierten Kostenregelung in § 15 SpruchG. Sie ist ein Ausgleich dafür, dass die Antragsberechtigten die Erfolgsaussichten des Verfahrens nicht notwendig im Voraus abschätzen können. Sie sind nach der Konzeption des Spruchverfahrensgesetzes hinsichtlich der Informationen auf den in § 7 Abs. 3 Satz 1 SpruchG genannten Bericht und den Prüfungsbericht des sachverständigen Prüfers beschränkt, während der Antragsgegner regelmäßig weitergehende Informationen über die zur Bewertung der Angemessenheit der Kompensation heranzuziehenden Umstände besitzt. Dieses informationelle Ungleichgewicht rechtfertigt es, die Antragsberechtigten nur mit einem beschränkten, berechenbaren Kostenrisiko zu belasten. Dass der Antragsgegner seine eigenen außergerichtlichen Kosten - wie auch schon die Gerichtskosten und die Kosten des gemeinsamen Vertreters - tragen muss, ist auch deshalb plausibel , weil der Antragsgegner die Strukturmaßnahme, die regelmäßig in seinem Interesse liegt, nach der gesetzlichen Konzeption zunächst unabhängig von der angemessenen Höhe eines Ausgleichs durchsetzen und die Antragsteller auf das Spruchverfahren verweisen kann. Sie können die Strukturmaßnahme regelmäßig weder wegen der Unangemessenheit der Kompensation noch wegen unzureichender In- formation verhindern, sondern werden auf eine Überprüfung im Spruchverfahren verwiesen (vgl. § 243 Abs. 4 Satz 2, § 304 Abs. 3, § 305 Abs. 5, § 320b Abs. 2, § 327 f AktG, § 14 Abs. 2 UmwG, § 6 Abs. 1 SEAG, § 7 Abs. 1 SCEAG). Da der Antragsgegner die von ihm gewünschte Maßnahme ohne endgültige Klärung der Ausgleichshöhe durchsetzen kann, dürfen die Hürden für ihre nachträgliche Überprüfung nicht zu hoch angesetzt werden.

IV.

19
Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren war durch den Senat unter Aufhebung der unzulässigen Teilkostenentscheidung im Beschluss des Kammergerichts nach § 15 Abs. 2 und 4 SpruchG zu treffen, weil er nach § 28 Abs. 3 FGG abschließend zu entscheiden hat.
20
1. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens sind zwischen den Beteiligten im Verhältnis 24/25 zu 1/25 zu teilen.
21
a) Die Regelung in § 15 Abs. 2 und 4 SpruchG zu den Gerichtskosten und der Erstattung außergerichtlicher Kosten gilt auch für das Beschwerdeverfahren. Der Wortlaut verhält sich dazu zwar nicht. § 15 Abs. 1 Satz 7 SpruchG, der eine Bestimmung zur Gebührenhöhe im Rechtsmittelverfahren enthält, legt aber nahe, dass auch die übrigen Regelungen in § 15 SpruchG für ein Rechtsmittelverfahren gelten sollen. Auch der Gesetzgeber ist davon ausgegangen, dass § 15 Abs. 4 SpruchG für das Beschwerdeverfahren Geltung hat. Nach der Begründung des Regierungsentwurfs zum Spruchverfahrensneuordnungsgesetz soll das Beschwerdegericht im Zusammenhang mit der Entscheidung über die Erstattung der außergerichtlichen Kosten die Begründung des Landgerichts auch auf Rechtsfehler überprüfen können (Regie- rungsentwurf BT-Drucks. 15/371 S. 18). Zwar trifft der Gedanke, dass die Antragsberechtigten ihre Aussichten im Verfahren nur beschränkt einschätzen können und ein Informationsgefälle besteht, wegen des Vorliegens einer erstinstanzlichen Entscheidung regelmäßig nur noch eingeschränkt zu. Es ist aber auch nicht ausgeschlossen, dass erst im Rechtsmittelverfahren weitere Informationen eingeholt werden oder dass ein Rechtsmittel des Antragsgegners zu einer Abweisung des Antrags führt. Hinsichtlich der Gerichtskosten sollte ohnehin nicht auf den Erfolg der Anträge abzustellen sein, und ihre außergerichtlichen Kosten sollten die Antragsteller ohne weiteres Kostenrisiko grundsätzlich selbst tragen. Dem widerspräche es, die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach anderen Grundsätzen als die Kosten der ersten Instanz zu verteilen.
22
b) Danach sind die Gerichtskosten, soweit die Beschwerde erfolglos war, anteilig nach § 15 Abs. 2 SpruchG der Antragstellerin aufzuerlegen.
23
Der Gesetzgeber ging zwar davon aus, dass die Gerichtskosten nur ausnahmsweise einem Antragssteller aufzuerlegen sind, etwa bei Rechtsmissbrauch (BT-Drucks. 15/371 S. 18). Einem Ausnahmefall wie dem Rechtsmissbrauch steht es nicht schon gleich, wenn ein Rechtsmittel erfolglos ist. Dem Antragsteller können die Gerichtskosten aber auferlegt werden, wenn sein Rechtsmittel bei einer Beurteilung ex ante offensichtlich von vorneherein ohne Erfolgsaussichten war. Das war hier der Fall, weil die Begründung des Antrags den Mindestanforderungen nach § 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 SpruchG eindeutig nicht entsprach und die Antragstellerin mit der Entscheidung des Landgerichts darauf bereits hingewiesen worden war. Zwar sind an die Begründung des Antrags im Spruchverfahren keine besonders strengen Anforderungen zu stellen und muss kein bezifferter Antrag gestellt werden, so dass auch keine Berechnung verlangt werden kann; im Gegenteil sollen die Anforderungen nach der Gesetzesbegründung zum Spruchverfahrensgesetz ausdrücklich nicht überspannt werden (Regierungsentwurf BT-Drucks. 15/371 S. 13). Mit dem Erfordernis konkreter Einwendungen gegen die Angemessenheit der Kompensation oder den als Grundlage der Kompensation ermittelten Unternehmenswert sollte verhindert werden, dass Antragsteller - wie dies nicht selten der Fall war - praktisch mit einem Satz und ohne jede sachliche Erläuterung ein aufwendiges und kostenträchtiges Überprüfungsverfahren in Gang setzen können (Regierungsentwurf BTDrucks. 15/371 S. 13).
24
Hier genügt die Anspruchsbegründung diesen Mindestanforderungen nicht. Sie steht einer Antragstellung „in einem Satz“ ohne sachliche Erläuterung gleich. Die Unternehmensbewertung wird nur mit einer pauschalen, nicht näher erläuterten Behauptung als unrichtig gekennzeichnet. Die Antragsbegründung beschränkt sich darauf , den angesetzten Wachstumsabschlag als zu niedrig und einen anderen Wachs- tumsabschlag als „fair“ zu bezeichnen, weil nicht erkennbar sei, warum gerade „in dem aktuellen Marktumfeld und in dieser Sparte mit weniger als der Inflation“ zu rechnen sein sollte; außerdem enthält sie noch eine Frage nach den Unternehmen in einer Vergleichsgruppe.
25
c) Dagegen sind die Gerichtskosten hinsichtlich der Anschlussbeschwerde nach der Regel in § 15 Abs. 2 SpruchG dem Antragsgegner aufzuerlegen. Wie schon aus der unterschiedlichen Fassung von § 15 Abs. 2 und 4 SpruchG folgt, ist der teilweise Erfolg des Rechtsmittels nicht ausschlaggebend. Gründe für eine ausnahmsweise Belastung der Antragstellerin sind, nachdem die Entscheidung des Landgerichts zu den Gerichtskosten vertretbar war, nicht erkennbar.
26
2. Für die Anordnung einer Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin durch die Antragsgegnerin nach § 15 Abs. 4 SpruchG besteht keine Veranlassung. Die Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin durch die Antragstellerin ist in § 15 SpruchG nicht vorgesehen; § 13a Abs. 1 Satz 2 FGG ist - wie dargelegt - nicht anwendbar.
Bergmann Strohn Reichart Drescher Born
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 20.02.2009 - 102 O 2/09 AktG -
KG, Entscheidung vom 26.05.2011 - 2 W 72/09 -

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(1) Die Gerichtskosten können ganz oder zum Teil den Antragstellern auferlegt werden, wenn dies der Billigkeit entspricht.

(2) Das Gericht ordnet an, dass die Kosten der Antragsteller, die zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendig waren, ganz oder zum Teil vom Antragsgegner zu erstatten sind, wenn dies unter Berücksichtigung des Ausgangs des Verfahrens der Billigkeit entspricht.

(1) Gegen die Entscheidungen nach § 11 findet die Beschwerde statt. Sie ist durch Einreichung einer Beschwerdeschrift bei dem Beschwerdegericht einzulegen; § 68 Absatz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist nicht anzuwenden. Die Beschwerde ist zu begründen.

(2) Die Landesregierung kann die Entscheidung über die Beschwerde durch Rechtsverordnung für die Bezirke mehrerer Oberlandesgerichte einem der Oberlandesgerichte oder dem Obersten Landesgericht übertragen, wenn dies zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dient. Die Landesregierung kann die Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltung übertragen.

(1) Auf Verfahren, die bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit beantragt wurde, sind weiter die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden. Auf Abänderungs-, Verlängerungs- und Aufhebungsverfahren finden die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften Anwendung, wenn die Abänderungs-, Verlängerungs- und Aufhebungsverfahren bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit beantragt wurde.

(2) Jedes gerichtliche Verfahren, das mit einer Endentscheidung abgeschlossen wird, ist ein selbständiges Verfahren im Sinne des Absatzes 1 Satz 1.

(3) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren in Familiensachen, die am 1. September 2009 ausgesetzt sind oder nach dem 1. September 2009 ausgesetzt werden oder deren Ruhen am 1. September 2009 angeordnet ist oder nach dem 1. September 2009 angeordnet wird, die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden.

(4) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren über den Versorgungsausgleich, die am 1. September 2009 vom Verbund abgetrennt sind oder nach dem 1. September 2009 abgetrennt werden, die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden. Alle vom Verbund abgetrennten Folgesachen werden im Fall des Satzes 1 als selbständige Familiensachen fortgeführt.

(5) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren über den Versorgungsausgleich, in denen am 31. August 2010 im ersten Rechtszug noch keine Endentscheidung erlassen wurde, sowie auf die mit solchen Verfahren im Verbund stehenden Scheidungs- und Folgesachen ab dem 1. September 2010 die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden.

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1. Die Vorlage ist nach § 28 FGG i.V.m. 12 Abs. 2 Satz 2 SpruchG aF statthaft. Das Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und das Spruchverfahrensgesetz finden in der bis zum 1. September 2009 geltenden Fassung weiter Anwendung. Ist ein Verfahren in erster Instanz vor Inkrafttreten des FamFG am 1. September 2009 eingeleitet worden, findet auf das gesamte Verfahren bis zu seinem rechtskräftigen Abschluss nach Art. 111 Abs. 1 FGG-RG das seinerzeit geltende Verfahrensrecht Anwendung (BGH, Beschluss vom 1. März 2010 - II ZB 1/10, ZIP 2010, 446 Rn. 6 ff.). Das Spruchverfahren wurde bereits im Jahr 2005 eingeleitet.

(1) Die Gerichtskosten können ganz oder zum Teil den Antragstellern auferlegt werden, wenn dies der Billigkeit entspricht.

(2) Das Gericht ordnet an, dass die Kosten der Antragsteller, die zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendig waren, ganz oder zum Teil vom Antragsgegner zu erstatten sind, wenn dies unter Berücksichtigung des Ausgangs des Verfahrens der Billigkeit entspricht.

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1. Die Vorlage ist nach § 28 FGG i.V.m. 12 Abs. 2 Satz 2 SpruchG aF statthaft. Das Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und das Spruchverfahrensgesetz finden in der bis zum 1. September 2009 geltenden Fassung weiter Anwendung. Ist ein Verfahren in erster Instanz vor Inkrafttreten des FamFG am 1. September 2009 eingeleitet worden, findet auf das gesamte Verfahren bis zu seinem rechtskräftigen Abschluss nach Art. 111 Abs. 1 FGG-RG das seinerzeit geltende Verfahrensrecht Anwendung (BGH, Beschluss vom 1. März 2010 - II ZB 1/10, ZIP 2010, 446 Rn. 6 ff.). Das Spruchverfahren wurde bereits im Jahr 2005 eingeleitet.
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2. Zutreffend ist das Kammergericht davon ausgegangen, dass die Vorlagepflicht nicht entfällt, weil die Entscheidungen der Oberlandesgerichte Stuttgart , Frankfurt und Düsseldorf in Spruchverfahren zu anderen Strukturmaßnahmen - zu einem Gewinnabführungsvertrag bzw. einem Ausschluss - ergangen sind. Eine beabsichtigte Abweichung im Sinne von § 28 Abs. 2 Satz 1 FGG liegt auch vor, wenn die Entscheidung, von der abgewichen werden soll, nicht zu demselben Tatbestand ergangen ist, aber die gleiche Rechtsfrage zu beurteilen ist. Maßgeblich ist allein, dass die Rechtsfrage die gleiche ist (Senat BGHZ 166, 329, 331 Tz. 6). Die Rechtsfrage, ob nach § 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SpruchG i.V.m. § 3 SpruchG die Stellung als Aktionär innerhalb der Antragsfrist nachgewiesen werden muss, stellt sich in Spruchverfahren nach verschiedenen Strukturmaßnahmen in gleicher Weise.
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Die Vorlagepflicht entfällt - wie das Beschwerdegericht zutreffend angenommen hat - nicht deshalb, weil die Entscheidung des Kammergerichts nicht zu derselben Gesetzesnorm ergangen ist. Eine beabsichtigte Abweichung i.S. von § 28 Abs. 2 FGG liegt auch dann vor, wenn es sich (lediglich) um die Beurteilung der gleichen Rechtsfrage handelt, die Entscheidung, von der abgewichen werden soll, aber nicht zu demselben Tatbestand und nicht zu derselben gesetzlichen Vorschrift ergangen ist; denn maßgeblich ist die Gleichheit der Rechtsfrage, nicht die des Gesetzes (st.Rspr. vgl.: BGHZ 54, 132, 134; 95, 118, 123; vgl. auch Keidel/Meyer-Holz, FGG 15. Aufl. § 28 Rdn. 18 m.w.Nachw.). Diese Voraussetzung liegt hier - wie bereits der im Wesentlichen gleiche Gesetzeswortlaut zu der Fristbestimmung für die entsprechenden Anträge erkennen lässt - ersichtlich vor; die Rechtsfrage der Einhaltung der Antragsfrist kann in beiden Spruchverfahren nicht unterschiedlich beantwortet werden.

(1) Die Gerichtskosten können ganz oder zum Teil den Antragstellern auferlegt werden, wenn dies der Billigkeit entspricht.

(2) Das Gericht ordnet an, dass die Kosten der Antragsteller, die zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendig waren, ganz oder zum Teil vom Antragsgegner zu erstatten sind, wenn dies unter Berücksichtigung des Ausgangs des Verfahrens der Billigkeit entspricht.

(1) Sofern in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, finden auf das Verfahren die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Anwendung.

(2) Für Verfahren, in denen ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung vor dem 1. September 2003 gestellt worden ist, sind weiter die entsprechenden bis zu diesem Tag geltenden Vorschriften des Aktiengesetzes und des Umwandlungsgesetzes anzuwenden. Auf Beschwerdeverfahren, in denen die Beschwerde nach dem 1. September 2003 eingelegt wird, sind die Vorschriften dieses Gesetzes anzuwenden.

(3) Die Änderungen der §§ 1 bis 6c, 10a bis 13, 16 und 17 durch das Gesetz zur Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie und zur Änderung weiterer Gesetze vom 22. Februar 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 51) sind erstmals auf Spruchverfahren anzuwenden, in denen ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung ab dem 31. Januar 2023 gestellt wurde.

(1) Die Gerichtskosten können ganz oder zum Teil den Antragstellern auferlegt werden, wenn dies der Billigkeit entspricht.

(2) Das Gericht ordnet an, dass die Kosten der Antragsteller, die zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendig waren, ganz oder zum Teil vom Antragsgegner zu erstatten sind, wenn dies unter Berücksichtigung des Ausgangs des Verfahrens der Billigkeit entspricht.

(1) Sofern in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, finden auf das Verfahren die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Anwendung.

(2) Für Verfahren, in denen ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung vor dem 1. September 2003 gestellt worden ist, sind weiter die entsprechenden bis zu diesem Tag geltenden Vorschriften des Aktiengesetzes und des Umwandlungsgesetzes anzuwenden. Auf Beschwerdeverfahren, in denen die Beschwerde nach dem 1. September 2003 eingelegt wird, sind die Vorschriften dieses Gesetzes anzuwenden.

(3) Die Änderungen der §§ 1 bis 6c, 10a bis 13, 16 und 17 durch das Gesetz zur Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie und zur Änderung weiterer Gesetze vom 22. Februar 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 51) sind erstmals auf Spruchverfahren anzuwenden, in denen ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung ab dem 31. Januar 2023 gestellt wurde.

(1) Die Gerichtskosten können ganz oder zum Teil den Antragstellern auferlegt werden, wenn dies der Billigkeit entspricht.

(2) Das Gericht ordnet an, dass die Kosten der Antragsteller, die zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendig waren, ganz oder zum Teil vom Antragsgegner zu erstatten sind, wenn dies unter Berücksichtigung des Ausgangs des Verfahrens der Billigkeit entspricht.

(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.

(2) Das Gericht soll die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegen, wenn

1.
der Beteiligte durch grobes Verschulden Anlass für das Verfahren gegeben hat;
2.
der Antrag des Beteiligten von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und der Beteiligte dies erkennen musste;
3.
der Beteiligte zu einer wesentlichen Tatsache schuldhaft unwahre Angaben gemacht hat;
4.
der Beteiligte durch schuldhaftes Verletzen seiner Mitwirkungspflichten das Verfahren erheblich verzögert hat;
5.
der Beteiligte einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder über eine sonstige Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung nach § 156 Absatz 1 Satz 3 oder einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einer Beratung nach § 156 Absatz 1 Satz 4 nicht nachgekommen ist, sofern der Beteiligte dies nicht genügend entschuldigt hat.

(3) Einem minderjährigen Beteiligten können Kosten in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, nicht auferlegt werden.

(4) Einem Dritten können Kosten des Verfahrens nur auferlegt werden, soweit die Tätigkeit des Gerichts durch ihn veranlasst wurde und ihn ein grobes Verschulden trifft.

(5) Bundesrechtliche Vorschriften, die die Kostenpflicht abweichend regeln, bleiben unberührt.

Das Gericht soll die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels dem Beteiligten auferlegen, der es eingelegt hat.

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung in einem Verfahren nach § 1 ist in den Fällen

1.
der Nummer 1 gegen den anderen Vertragsteil des Unternehmensvertrags;
2.
der Nummer 2 gegen die Hauptgesellschaft;
3.
der Nummer 3 gegen den Hauptaktionär;
4.
der Nummer 4 gegen die übernehmenden oder neuen Rechtsträger oder gegen den Rechtsträger neuer Rechtsform;
5.
der Nummer 5 gegen die SE, aber im Fall des § 9 des SE-Ausführungsgesetzes gegen die die Gründung anstrebende Gesellschaft;
6.
der Nummer 6 gegen die Europäische Genossenschaft
zu richten.

In den Fällen des Satzes 1 Nummer 4 kann bei einer Abspaltung ein Antrag auf Bestimmung der Barabfindung wahlweise auch gegen den übertragenden Rechtsträger gerichtet werden.

(1) Die Gerichtskosten können ganz oder zum Teil den Antragstellern auferlegt werden, wenn dies der Billigkeit entspricht.

(2) Das Gericht ordnet an, dass die Kosten der Antragsteller, die zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendig waren, ganz oder zum Teil vom Antragsgegner zu erstatten sind, wenn dies unter Berücksichtigung des Ausgangs des Verfahrens der Billigkeit entspricht.

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung in einem Verfahren nach § 1 ist in den Fällen

1.
der Nummer 1 gegen den anderen Vertragsteil des Unternehmensvertrags;
2.
der Nummer 2 gegen die Hauptgesellschaft;
3.
der Nummer 3 gegen den Hauptaktionär;
4.
der Nummer 4 gegen die übernehmenden oder neuen Rechtsträger oder gegen den Rechtsträger neuer Rechtsform;
5.
der Nummer 5 gegen die SE, aber im Fall des § 9 des SE-Ausführungsgesetzes gegen die die Gründung anstrebende Gesellschaft;
6.
der Nummer 6 gegen die Europäische Genossenschaft
zu richten.

In den Fällen des Satzes 1 Nummer 4 kann bei einer Abspaltung ein Antrag auf Bestimmung der Barabfindung wahlweise auch gegen den übertragenden Rechtsträger gerichtet werden.

(1) Die Gerichtskosten können ganz oder zum Teil den Antragstellern auferlegt werden, wenn dies der Billigkeit entspricht.

(2) Das Gericht ordnet an, dass die Kosten der Antragsteller, die zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendig waren, ganz oder zum Teil vom Antragsgegner zu erstatten sind, wenn dies unter Berücksichtigung des Ausgangs des Verfahrens der Billigkeit entspricht.

(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.

(2) Das Gericht soll die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegen, wenn

1.
der Beteiligte durch grobes Verschulden Anlass für das Verfahren gegeben hat;
2.
der Antrag des Beteiligten von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und der Beteiligte dies erkennen musste;
3.
der Beteiligte zu einer wesentlichen Tatsache schuldhaft unwahre Angaben gemacht hat;
4.
der Beteiligte durch schuldhaftes Verletzen seiner Mitwirkungspflichten das Verfahren erheblich verzögert hat;
5.
der Beteiligte einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder über eine sonstige Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung nach § 156 Absatz 1 Satz 3 oder einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einer Beratung nach § 156 Absatz 1 Satz 4 nicht nachgekommen ist, sofern der Beteiligte dies nicht genügend entschuldigt hat.

(3) Einem minderjährigen Beteiligten können Kosten in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, nicht auferlegt werden.

(4) Einem Dritten können Kosten des Verfahrens nur auferlegt werden, soweit die Tätigkeit des Gerichts durch ihn veranlasst wurde und ihn ein grobes Verschulden trifft.

(5) Bundesrechtliche Vorschriften, die die Kostenpflicht abweichend regeln, bleiben unberührt.

(1) Sofern in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, finden auf das Verfahren die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Anwendung.

(2) Für Verfahren, in denen ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung vor dem 1. September 2003 gestellt worden ist, sind weiter die entsprechenden bis zu diesem Tag geltenden Vorschriften des Aktiengesetzes und des Umwandlungsgesetzes anzuwenden. Auf Beschwerdeverfahren, in denen die Beschwerde nach dem 1. September 2003 eingelegt wird, sind die Vorschriften dieses Gesetzes anzuwenden.

(3) Die Änderungen der §§ 1 bis 6c, 10a bis 13, 16 und 17 durch das Gesetz zur Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie und zur Änderung weiterer Gesetze vom 22. Februar 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 51) sind erstmals auf Spruchverfahren anzuwenden, in denen ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung ab dem 31. Januar 2023 gestellt wurde.

(1) Die Gerichtskosten können ganz oder zum Teil den Antragstellern auferlegt werden, wenn dies der Billigkeit entspricht.

(2) Das Gericht ordnet an, dass die Kosten der Antragsteller, die zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendig waren, ganz oder zum Teil vom Antragsgegner zu erstatten sind, wenn dies unter Berücksichtigung des Ausgangs des Verfahrens der Billigkeit entspricht.

Tenor

1. Die sofortigen Beschwerden der Antragstellerinnen 4, 5 und 6 und der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landgerichts Mannheim vom 25.10.2004 - 24 AktE 2/00 - werden zurückgewiesen.

2. Die Antragsgegnerin trägt die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens und die außergerichtlichen Kosten des gemeinsamen Vertreters im Beschwerdeverfahren.

3. Die Antragstellerinnen 4, 5 und 6 und die Antragsgegnerin tragen ihre außergerichtlichen Kosten jeweils selbst.

4. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens für die Gerichtsgebühren wird auf EUR 1.057.095,80 festgesetzt.

Gründe

 
Das Landgericht hat den für jede Vorzugsaktie der K. AG zu gewährenden Ausgleich in Höhe von 3 Stammaktien der A. AG um eine bare Zuzahlung erhöht und diese auf 6,38 EUR je Vorzugsaktie - verzinsbar ab 05.05.2000 - festgesetzt. Die Anträge auf Erhöhung der baren Zuzahlung als Ausgleich für den Verlust von K. - Stammaktien hat das Landgericht zurückgewiesen. Das Landgericht ist nach Beweisaufnahme zu der Überzeugung gelangt, dass Stammaktien und Vorzugsaktien der K. aufgrund von Besonderheiten im Verschmelzungszeitraum gleich zu bewerten waren und von einem Unternehmenswert pro Aktie von 76,67 EUR auszugehen sei. Hieraus ergebe sich der Zuzahlungsbetrag von 6,38 EUR. Der Umstand, dass nach dem Verschmelzungsvertrag, der für die Vorzugsaktionäre lediglich 70,29 EUR pro Aktie vorsehe, die Inhaber der K. - Stammaktien pro Aktie 82,69 EUR erhalten haben, schmälere den Ausgleichsanspruch der Inhaber der K. - Vorzugsaktien nicht, begründe für diese allerdings auch keinen Anspruch auf eine noch höhere Zuzahlung.
Im Beschwerdeverfahren streiten die Antragsteller und die Antragsgegnerin nur noch darüber, wie der Unternehmenswert der K. von rund 32,2 Mio. EUR auf die Vorzugsaktien und Stammaktien zu verteilen ist. Die Antragstellerinnen 4, 5 und 6 vertreten die Auffassung, dass bei der Vorzugsaktie eine höhere Zuzahlung angemessen sei, mindestens in Höhe von EUR 12,40 entsprechend der Bewertung der Stammaktie.
Die Antragsstellerinnen 4 und 6 führen im Wesentlichen aus, es gäbe keinen sachlichen Grund, die stimmrechtlosen Vorzugsaktien der K. anders zu behandeln als die Stammaktien. Für die Unternehmensbewertung sei auch der Börsenwert heranzuziehen, und nicht nur vom Ertragswert auszugehen. Im vorliegenden Falle komme noch hinzu, dass der Konzern R. AG sich als fast alleiniger Eigentümer der Stammaktien der bisherigen K. durch die Schlechtbehandlung der Vorzugsaktien in erster Linie selbst begünstigt habe.
Die Antragstellerin 5 führt aus, der Verzinsungsbeginn der Nachzahlung sei falsch gewählt. Vorliegend sei vom 24. März 2000 und damit dem Eintrag in das Handelsregister auszugehen. Der Börsenkurs habe nicht schon deshalb unberücksichtigt bleiben können, weil die übernehmende A. nicht börsennotiert gewesen wäre. Außerdem sei den Antragstellern nicht die Möglichkeit gegeben gewesen, die Arbeitspapiere der Verschmelzungsprüfer für die Ermittlung des Unternehmenswertes einzusehen.
Die Antragstellerin Ziffer 5 beantragt:
den Beschluss des Landgerichts Mannheim aufzuheben und die Höhe der angemessenen Barzuzahlung anderweitig (höher) festzusetzen.
Die Antragsteller Ziffer 4 und 6 und der gemeinsame Vertreter der außenstehenden Aktionäre beantragen,
für den Umtausch des stimmrechtslosen Vorzugsaktien der bisherigen K. AG einen Ausgleich durch bare Zuzahlung zzgl. Zinsen nicht nur in Höhe von 6,38 EUR, sondern in Höhe von mindestens 12,40 EUR festzusetzen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
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die sofortigen Beschwerden der Antragstellerinnen 4, 5 und 6 zurückzuweisen und den Beschluss des Landgerichts Mannheim zu ändern und die Anträge auf gerichtliche (Neu -) Bestimmung einer baren Zuzahlung zurückzuweisen.
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Die Antragstellerinnen beantragen,
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die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin zurückzuweisen.
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Die Antragsgegnerin führt aus, dass die Vorzugsaktie zur Stammaktie mit einem Abschlag von 15 % zu bewerten sei, weil die Vorzugsaktie eine andere Gattung als die Stammaktien bilde. Die Vorzugsaktie gewähre nur eine Vorzugs- oder Mehrdividende und gebe grundsätzlich kein Stimmrecht. Außerdem habe die Vorzugsaktie der K. 49 % unter der Stammaktie an der Börse notiert. Darüber hinaus sei für den Erwerb einer Vorzugsaktie entsprechend weniger als Kaufpreis gegenüber einer Stammaktie aufzuwenden gewesen. Zur Wertbestimmung sei insbesondere das so genannte Vergleichswertverfahren heranzuziehen. Auch danach ergebe sich mindestens ein Abschlag von 15 % der Vorzugsaktie zur Stammaktie. Es sei deshalb äußerst überraschend, dass der Sachverständige C. in seinem Gutachten das dem Vergleichsverfahren zugrunde liegende Heranziehen von DAX - Werten als zweifelhaft bezeichnet und festgestellt habe, dass es keine betriebswirtschaftlichen Regeln für die Wertrelation von Vorzugsaktien/Stammaktien gäbe. Der K. komme - wie unstreitig - insgesamt ein Unternehmenswert von EUR 32,2 Mio. zu, in dessen Höhe ihre Aktionäre Aktien der A. AG bekommen hätten. Rechne man die vom Landgericht zugesprochene Zuzahlung von EUR 6,38 je Vorzugsaktie hoch, ergäbe sich plötzlich - weil die Kompensation für die Stammaktionäre nicht mehr verringert werde könne - ein (gedachter) Wert der K. von über EUR 33,5 Mio. (216.000 Stammaktien x EUR 82,6913 + 204.000 Vorzugsaktien x 76,67 EUR). Die Antragsgegnerin müsse damit eine Zusatzleistung erbringen, ohne dafür eine Gegenleistung zu erhalten. Dadurch würde zu Unrecht ihr Gesellschaftsvermögen geschmälert, worin zugleich ein verfassungswidriger Eingriff in das gem. Art. 14 Abs. 1 GGG geschützte Eigentum ihrer Aktionäre einschließlich ihrer Minderheitsaktionäre liege. Dass Vorzugsaktien trotz Vorzugsdividende niedriger notierten als Stammaktien, erkläre sich in erster Linie damit, dass der Anleger ein dauerhaftes Stimmrecht, wie es die Stammaktie gewähre, höher bewerte als etwaige Vorzugs- und Mehrdividenden. Hieraus folge, dass für Vorzugsaktien wegen des fehlenden Stimmrechts immer ein Abschlag zu machen sei. Ein Anspruch auf Einsicht in die Arbeitspapiere bestehe schon deshalb nicht, weil diese auf den geheimhaltungsbedürftigen Unterlagen aufbauten.
A.
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Sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin
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Die sofortige Beschwerde ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
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Eine Schlechterstellung der Vorzugsaktionäre in Höhe eines Abschlages von 15 % im Vergleich zu den Stammaktien, wie er im Prüfbericht des Verschmelzungsprüfers, der W., für angemessen angesehen worden ist, kommt nicht in Betracht. Die Antragstellerin kann sich insbesondere nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sich im vorliegenden Falle eine Minderbewertung der Vorzugsaktie schon daraus ergebe, dass der Vorzugsaktie - wie in der Regel - ein Stimmrecht fehle und Vorzugsaktien trotz der Gewährung von Mehr- oder Vorzugsdividenden an der Börse niedriger notierten. Diese Unterscheidung der Vorzugsaktie zur Stammaktie trifft zwar im Regelfall zu, wenn der Vorzugsaktie tatsächlich das Stimmrecht fehlt. Im vorliegenden Falle steht jedoch unstreitig fest, dass das Stimmrecht zum Zeitpunkt des Jahresabschlusses 1998 wegen Nichtzahlung der Dividende aufgelebt war (§ 140 Abs. 2 AktG). Die Stellung der Vorzugsaktionäre war in der Phase der Verschmelzung im zweiten Halbjahr 1999 damit derjenigen der Stammaktionäre voll vergleichbar. Hierin liegt der maßgebliche Grund dafür, dass eine Minderbewertung der Vorzugsaktie hier ausscheidet.
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Zwar werden im Regelfall Vorzugsaktien an der Börse - so auch hier - im Vergleich zu Stammaktien geringer bewertet und gehandelt. Der sachliche Grund hierfür liegt aber nach den Ausführungen des Sachverständigen C. in der fehlenden Mitwirkung durch ein Stimmrecht wie bei der Stammaktie. Dieses Defizit besteht vorliegend nicht, weil den Vorzugsaktien der K. wegen fehlender Gewinnausschüttung bei der Verschmelzung ein temporäres Stimmrecht zustand.
18 
Nach den auch den Senat überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen C. gibt es darüber hinaus keine festen Regeln für die Wertrelation von Stamm- und Vorzugaktien (siehe mündliche Ausführung des Sachverständigen AS 304). Auch nach der Auffassung von Peemöller (Praxishandbuch der Unternehmensbewertung, 2001, S. 461, Rn. 224) fehlt es ausgehend vom Grundsatz der Gleichbehandlung der Aktionäre (§ 53 a AktG) an einem Grund für eine unterschiedliche Behandlung der Vorzugsaktionäre zu den Stammaktionären. Danach gilt dies besonders für stimmrechtslose Aktien, also Vorzugsaktien, bei denen der Nachteil beim Stimmrecht durch einen Vorzug bei der Gewinnverteilung ausgeglichen wird. Solange aus Sicht der Beteiligten zwischen dem Vor- und dem Nachteil kein gravierendes Missverhältnis besteht, ist die Vorzugsaktie zum Zwecke der Abfindungsbemessung den Aktien mit Normalausstattung gleichzusetzen, d. h. ein entsprechender Abschlag für das fehlende Stimmrecht ist nicht zulässig (Peemöller, a.a.O.). Im vorliegenden Falle kommt hinzu, dass die Vorzugsaktien hier auch zum maßgeblichen Zeitpunkt über ein Stimmrecht verfügten, sodass ein Abschlag von 15 % nicht in Betracht kommt. Die Vergleichswertmethode stellt nur auf den notierten Börsenkurs der Stamm- zur Vorzugsaktie ab und berücksichtigt damit nicht den Umstand, dass die Vorzugsaktien hier über ein temporäres Stimmrecht verfügten. Die von der Antragsgegnerin angeführten Entscheidung (OLG Düsseldorf AG 1973, 282 und AG 2002, 398 2002 781 und OLG Köln ZIP 2001, 2049) betreffen jeweils Fälle, bei denen den Vorzugsaktien das Stimmrecht fehlte und sich deshalb ein Abschlag im Vergleich zum Wert der Stammaktie rechtfertigte.
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Auch der Umstand, dass die Vorzugsaktien an der Börse niedriger als die Stammaktien (49 %) notierten und der Erwerbspreis für die Stammaktie damit höher lag, führt zu keiner anderen Beurteilung. Bei der Ermittlung des Umtauschverhältnisses ist von dem Grundgedanken auszugehen, dass den Anteilsinhabern der übertragenden Rechtsträger für den Verlust ihrer Anteile eine vermögensmäßig entsprechende Beteiligung am übernehmenden Rechtsträger zu gewähren ist. Danach soll keinem Anteilsinhaber ein unbewusster Vor- oder Nachteil aus der Verschmelzung entstehen und jeder soll seinen bisherigen relativen Anteil an der Summe der verschmolzenen Vermögensmassen behalten (Luther a.a.O., § 5 Rn. 18). Unter Berücksichtigung dieses Grundsatzes ist im Falle der temporär faktischen Gleichstellung von Vorzugs- und Stammaktionären, wenn wie hier beiden Aktiengattungen (§ 11 AktG) ein Stimmrecht zukommt, der höhere Börsenpreis der Stammaktien nicht der allein maßgebende und ausschlaggebende Gesichtspunkt bei der Bewertung. Hiervon ist auch das Landgericht zutreffend ausgegangen. Denn das Stimmrecht der Stammaktien, die sich im Jahre 1999 noch auf dem freien Markt bzw. in Händen von Minderheitsaktionären befanden, war von ebenso begrenzter Bedeutung wie das temporäre Stimmrecht der Vorzugsaktien. Denn ausweislich des Verschmelzungsberichts (S. 16) hatte die R. E. AG schon im Zeitpunkt vom 01.11.1997 75,5 % der Stammaktien erworben und belief sich die Anzahl der freien Stammaktien auf nur ca. 3,5 % (Verschmelzungsbericht vom 12.10.1999; S. 29). Die Verschmelzungsprüfer sind in ihrem Bericht 12.10.1999 (S. 31) auf Grund der Tatsache, dass seit längerer Zeit kein Handel mit K. - Stammaktien am Markt stattgefunden hat, auch nicht von der Kursentwicklung von 49 % der K. - Stammaktie zu der K. - Vorzugsaktie ausgegangen, sondern hielten nur einen Wertabschlag von 15 % bei der niedriger notierten Vorzugsaktie für berechtigt. Ein Abschlag von 15 % kommt im vorliegenden Fall allerdings - wie ausgeführt - nicht Betracht, weil den Vorzugsaktionären zum maßgeblichen Zeitpunkt ein Stimmrecht zustand.
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Es liegt auch keine verfassungswidrige Benachteiligung der Aktionäre der Antragsgegnerin und damit ein verfassungswidriger Eingriff in das gem. Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Eigentum ihrer Aktionäre einschließlich ihrer Minderheitsaktionäre vor. Denn die Antragsgegnerin hat die Inhaber von Stammaktien auf der Grundlage des Verschmelzungsberichtes und des sich hieraus ergebenden Wertes für die Stammaktien von EUR 82,69 ausgeglichen, statt den zutreffenden Wert von nur EUR 76,67 pro Stammaktie anzusetzen. Die nicht gerechtfertigte Zusatzleistung ist alleine auf den Verschmelzungsvertrag zurückzuführen. Durch sachlich nicht berechtigte Leistungen an die Inhaber von Stammaktien kann jedoch ein Eingriff in die Rechte der Inhaber von Vorzugsaktien nicht gerechtfertigt werden.
B.
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Sofortige Beschwerde der Antragsteller Ziffer 4, 5 und 6:
22 
Die sofortigen Beschwerden sind zulässig, in der Sache haben sie keinen Erfolg.
23 
Das Umtauschverhältnis der Anteile der Vorzugsaktionäre, welches im Beschwerdeverfahren alleine noch im Streit ist, ist mit 3 Stammaktien der A. AG und einer baren Zuzahlung von EUR 6,38 je Vorzugsaktie angemessen bewertet und stellt einen vollen Wertausgleich für den Verlust ihrer Mitgliedschaft an der K dar (§§ 15 Abs. 1, 12 Abs. 2 UmwG). Der Senat teilt nach erneuter Überprüfung die Ausführungen des Landgerichts, dass die Vorzugsaktie mit einer baren Zuzahlung von 6,38 EUR auszugleichen ist.
24 
Maßgeblich ist hierbei, dass nur der Gesamtwert des Unternehmens auf die Stamm- und Vorzugsaktionäre der zu übernehmenden AG zu verteilen ist. Der Unternehmenswert der K ist sowohl von den Gutachtern zur Ermittlung des Umtauschverhältnisses, der P., als auch der Verschmelzungsprüferin, der W., und darüber hinaus auch von dem gerichtlichen Gutachter Dipl. - Kfm. C. jeweils mit (rund) 32,2 Mio. EUR ermittelt worden. Hierbei ist - so auch der gerichtliche Sachverständige - zutreffend von der Ertragswertmethode ausgegangen worden. Eine andere Bewertung durch Heranziehung der Börsenkurse der K. Aktien als Untergrenze kommt im vorliegenden Fall schon deshalb nicht in Betracht, weil die Heranziehung des Börsenkurses gegen den Grundsatz der Methodengleichheit verstoßen würde. Denn im vorliegenden Fall gilt auch für das Verhältnis zwischen den Anteilsinhabern des übertragenden und des übernehmenden Rechtsträgers der Gleichbehandlungsgrundsatz (§ 53 a AktienG). Dieser macht es notwendig, die Unternehmenswerte nach der gleichen Bewertungsmethode zu bewerten, um auf diese Weise eine Verzerrung der Umtauschrelationen zu vermeiden. Im vorliegenden Falle ist die A. und damit eine der verschmolzenen Gesellschaften nicht börsennotiert gewesen, sodass eine Heranziehung der Börsenkurse für die K. nicht in Betracht kommt, worauf schon das Landgericht zutreffend abgestellt hat (BayObLG ZIP 2003, 253; Hüffer, AktienG, 6. Auflage, § 305 Rn. 24j). Im Übrigen bringen die Antragstellerinnen nichts weiter gegen die einzelnen Bewertungsregeln der Ertragswertmethode in Bezug auf die beiden Unternehmensgruppen vor. Danach ist nach allen gutachterlichen Stellungnahmen, insbesondere auch des Sachverständigen C. von einem Unternehmenswert von (rund) 32,2 Mio. EUR auszugehen.
25 
Den Antragstellern steht entgegen der Auffassung der Antragstellerin 5 auch kein Anspruch auf Vorlage weiterer Bewertungsunterlagen, insbesondere der von ihr erstmals im Beschwerdeverfahren angemahnten Arbeitspapiere der Verschmelzungsprüferin und des gerichtlichen Sachverständigen zu.
26 
Der Senat schließt sich der Auffassung des Landgerichts an, dass die Antragsteller im Spruchverfahren keinen Anspruch auf Offenlegung geheimhaltungsbedürftiger Basistatsachen aus den Geschäftsunterlagen haben. Dies gilt auch nach § 7 Abs. 7 des im Beschwerdeverfahren geltenden Spruchgesetzes (§ 17 SpruchG). Danach steht der Herausgabe der Planungsunterlagen an die Antragsteller das Geheimhaltungsinteresse gem. § 7 Abs. 7 S. 2 SpruchG entgegen. Der Sachverständige C. hat in seinem zweiten Gutachten (S. 3) eingehend und auch den Senat überzeugend ausgeführt, dass es aus betriebswirtschaftlicher Sicht absolut verständlich sei, wenn die Antragsgegnerin auf Geheimhaltung der detaillierten Planungsunterlagen bestehe. Der Sachverständige C. hat ausdrücklich versichert, alle Planunterlagen eingehend analysiert zu haben, und hat weiter ausweislich seiner Prüfung die Anlegung gleicher Maßstäbe bestätigt. Hiervon geht letztlich auch die Antragstellerin 5 aus (AS. 419).
27 
Ein Anspruch auf Vorlage weiterer Unterlagen in Form von Arbeitspapieren besteht nicht. Zwar sind in der BT-Drucksache 15/371 zu § 7 SpruchG beispielhaft die Arbeitspapiere der Sachverständigen genannt. Dies bedeutet aber nicht, dass die Antragsteller verlangen können, ihnen müssten sämtliche Unterlegen zugänglich gemacht werden, die der Sachverständige verwertet und in seinen Arbeitspapieren festgehalten hat. Das Gutachten soll neben den allgemein zugänglichen Erkenntnisquellen nur eine Plausibilitätskontrolle ermöglichen (OLG Düsseldorf ZIP 2004, 1503). Diese ist im vorliegenden Fall durch das gerichtliche Gutachten in ausreichendem Maße gewährleistet. Hinreichende Ausführungen dazu, warum die Antragstellerin 5 die Vorlage der Arbeitspapiere dennoch für notwendig erachtet, hat diese nicht gemacht, sodass es - unabhängig von der Frage, ob die Antragstellerin überhaupt einen förmlichen Antrag auf Vorlage der Arbeitspapiere gemäß § 7 SpruchG gestellt hat - an einem sachlichen Grund für die Vorlage und damit an einem begründeten Vorlagebegehren gemäß § 7 Abs. 2 SpruchG fehlt. Denn die herausverlangten Papiere müssen für die Entscheidung von Bedeutung und damit entscheidungsrelevant sein, was vom Antragsteller darzulegen und zu begründen ist (Kölner Komm., 1. Auflage, SpruchG, § 7 Rn. 39 und 57).
28 
Die Vorlage der Arbeitspapiere ist aber auch deshalb entbehrlich, weil die Unternehmenswertermittlung in insgesamt 5 Gutachten von drei verschiedenen Sachverständigen im Einzelnen nachvollziehbar und überzeugend dargestellt und bestätigt worden ist, sodass es schon von daher keiner weiteren Sachverhaltserhebungen und Ermittlungen für die Unternehmensbewertung mehr bedarf.
29 
Ausgehend von einem Unternehmenswert von 32,2 Mio. EUR und einem Gesamtaktienbestand von 420.000 Stamm- und Vorzugsaktien ergibt sich somit ein Unternehmenswert pro Aktie von 76,67 EUR, sodass die sofortigen Beschwerden auf eine höhere bare Zuzahlung für die Vorzugsaktien zurückzuweisen sind. Dass die Antragsgegnerin die Stammaktie mit EUR 82,69 bewertet hat, ist allein darauf zurückzuführen, dass die Antragsgegnerin sich an den Bericht des Verschmelzungsprüfers gehalten hat und von einem 15 %-igen Abschlag für die Vorzugsaktien ausgegangen ist. Der überhöhte Ausgleich der K. - Stammaktien gibt den Inhabern von K. - Vorzugsaktien jedoch kein Recht, ebenfalls einen überhöhten Ausgleich zu erhalten. Für einen solchen Vermögenszuwachs zu Lasten Dritter fehlt jede Rechtfertigung.
30 
Die Beschwerde der Antragsgegnerin 5 ist auch unbegründet, soweit sie einen früheren Verzugszeitpunkt für die Zinsen geltend macht. Der Verzinsungsbeginn ergibt sich aus § 15 Abs. 2 S. 1 UmWG. Danach beginnt die Verzinsung - wie vom Landgericht zutreffend angeführt - mit dem 05.05.2000, nämlich nach Ablauf des Tages, an dem die Eintragung der Verschmelzung in das Handelsregister des Sitzes des übernehmenden Rechtsträgers als bekannt gemacht gilt. Gem. § 20 UmWG wird die Verschmelzung erst mit der Eintragung in das Register des Sitzes der übernehmenden Gesellschaft wirksam.
C.
31 
Schuldnerin der Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens ist die Antragsgegnerin (§§ 15 Abs. 2 S. 1, 17 Abs. 2 S. 2 SpruchG).
32 
Die Entscheidung über die den Antragstellerinnen 4, 5 und 6 im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten folgt aus §§ 17 Abs. 1, 15 Abs. 4 SpruchG. Im vorliegenden Fall entspricht es der Billigkeit, den Antragstellerinnen die für ihr unbegründetes Rechtsmittel entstandenen Kosten aufzuerlegen (Kölner Kommentar, 1. Auflage, SpruchG, § 17 Rn. 7 und § 15 Rn. 37 ff). Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin beruht auf § 17 Abs. 1 SpruchG i. V. m. § 13 a Abs. 1 S. 2 FGG. Danach sind einem Beteiligten die Kosten aufzuerlegen, die er durch die Einlegung eines unbegründeten Rechtsmittels veranlasst hat (so auch OLG Zweibrücken, ZIP 2004, 1666). Die Beschwerden der Antragstellerinnen und der Antragsgegnerin sind zudem wertmäßig gleich, sodass jeder Beteiligte die außergerichtlichen Kosten seines Rechtsmittels zu tragen hat.
33 
Die Entscheidung über die Kosten des gemeinsamen Vertreters ergibt aus § 6 Abs. 2 SpruchG. Eine Entscheidung über die in erster Instanz entstandenen Kosten ist dem Landgericht vorzubehalten (Kölner Kommentar, a.a.O., § 6 Rn 49).
D.
34 
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens für die Gerichtsgebühren ergibt sich aus § 15 Abs. 1 S. 2 SpruchG, § 30 Abs. 1 KostO.

Tenor

1. Die Beschwerden der Antragsteller Ziffer 1) bis 3) gegen den Beschluss des Landgerichts Stuttgart vom 11.11.2008 - Az. 32 O 108/07 KfH AktG -, berichtigt durch Beschluss vom 04.12.2008, werden zurückgewiesen.

2. Die Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landgerichts Stuttgart vom 11.11.2008 - Az. 32 O 108/07 KfH AktG -, berichtigt durch Beschluss vom 04.12.2008, wird zurückgewiesen.

3. Von den Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragsgegnerin die Hälfte, die Antragsteller tragen jeweils ein Sechstel. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

4. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 200.000 Euro festgesetzt.

Gründe

 
A.
Die Antragsteller begehren die Festsetzung einer angemessenen Abfindung für die Übertragung ihrer Aktien an der M. W. AG mit Sitz in W. (M AG) auf die Antragsgegnerin.
I.
Die Aktien der Antragsteller an der M AG wurden im Zuge eines übernahmerechtlichen Squeeze-Out-Verfahrens auf die Antragsgegnerin übertragen.
1. Das Grundkapital der M AG beträgt 21.504.000 Euro und ist in 8.400.000 auf den Inhaber lautende Stückaktien unterteilt (Bl. 141).
Die Antragsteller Ziffer 1) bis 3) waren Aktionäre der M AG (Bl. 1, 57, 88 f., 92).
Die Antragsgegnerin erwarb am 27.03.2007 insgesamt 5.416.740 Stückaktien der M AG (entspricht etwa 64,49% des Grundkapitals), von denen 2.520.000 Stückaktien noch am selben Tag und die übrigen 2.896.740 Stückaktien am 02.04.2007 auf die Antragsgegnerin übertragen wurden; der Erwerb wurde gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 WpÜG veröffentlicht (Bl. 141).
2. Zum Erwerb der weiteren 2.983.260 Stückaktien der M AG veröffentlichte die Antragsgegnerin am 17.04.2007 ein Pflichtangebot gemäß §§ 35 Abs. 2, 14 Abs. 2 und 3 WpÜG zum Preis von 15,74 Euro je Aktie.
Der Angebotspreis entsprach dem gewichteten durchschnittlichen inländischen Börsenkurs der Aktien der M AG während der letzten drei Monate vor dem 27.03.2007 (Bl. 144, 250).
Das Angebot wurde für 2.688.984 Aktien angenommen; dies entspricht etwa 90,14% der Aktien, die noch nicht der Antragsgegnerin gehörten und damit von dem Angebot betroffen waren (Bl. 141).
Danach standen am 08.06.2007 8.105.724 Stückaktien der M AG im Eigentum der Antragsgegnerin, dies entspricht etwa 96,50% des Grundkapitals (Bl. 142).
10 
3. Auf Antrag der hiesigen Antragsgegnerin vom 16.05.2007, im elektronischen Bundesanzeiger bekannt gemacht am 29.06.2007 (vgl. AG3), übertrug das Landgericht Frankfurt am Main dieser mit Beschluss vom 02.08.2007 (Az. 3-5 O 138/07, vgl. LG Frankfurt am Main, EWiR 2007, 763) diejenigen Stückaktien, die ihr nicht bereits gehörten (Bl. 142). Der Beschluss wurde am 23.08.2007 im elektronischen Bundesanzeiger bekannt gemacht (Bl. 198).
11 
Gegen diesen Beschluss wurde von einem Aktionär sofortige Beschwerde eingelegt; das Rechtsmittel wurde allerdings am 21.09.2007 zurück genommen (Bl. 142). Das Landgericht Frankfurt am Main hat ein Rechtskraftzeugnis erteilt (Bl. 57).
12 
Die Antragsgegnerin hat durch Ad-hoc-Mitteilung vom 21.09.2007 (vgl. AG2) den Eintritt der Rechtskraft des Übertragungsbeschlusses bekannt gemacht (Bl. 142). Im elektronischen Bundesanzeiger wurde dies am 17.10.2007 bekannt gemacht (Bl. 142, vgl. AG3).
13 
4. Nach dem 21.09.2007 zahlte die Antragsgegnerin den Aktionären, deren Aktien durch den Übertragungsbeschluss auf sie übergegangen waren, eine Barabfindung in Höhe von 15,74 Euro je Aktie zuzüglich 0,06 Euro Zinsen je Aktie aus (Bl. 142), insgesamt also 15,80 Euro je Aktie.
II.
14 
Die Antragstellerin Ziffer 1) beantragte mit inhaltsgleichen Schriftsätzen vom 12.12.2007 (Bl. 1 ff., Bl. 21 ff.) beim Landgericht Stuttgart und beim Landgericht Ravensburg die Einleitung eines Spruchverfahrens. Das Landgericht Ravensburg hat das dortige Verfahren durch Beschluss vom 15.01.2008 (Bl. 53) an das Landgericht Stuttgart verwiesen.
15 
Der Antragsteller Ziffer 2) beantragte am 21.12.2007 (Bl. 55 ff.) beim Landgericht Ravensburg die Festsetzung einer angemessenen Abfindung. Das Landgericht Ravensburg hat das Verfahren durch Beschluss vom 21.01.2008 (Bl. 17 f.) an das Landgericht Stuttgart verwiesen.
16 
Der Antragsteller Ziffer 3) beantragte am 12.12.2007 mit einem den Schriftsätzen der Antragstellerin Ziffer 1) vom selben Tag im Wesentlichen entsprechenden Schriftsatz beim Landgericht Frankfurt am Main die Einleitung eines Spruchverfahrens (Bl. 92 ff.). Das Verfahren wurde durch Beschluss des Landgerichts Frankfurt am Main vom 31.01.2008 (Bl. 123 f.) an das Landgericht Stuttgart verwiesen.
17 
Das Landgericht Stuttgart hat die Verfahren durch Beschluss vom 30.04.2008 (Bl. 139 ff.) zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
18 
Zur Begründung ihrer Anträge trugen die Antragsteller in erster Instanz im Wesentlichen vor:
19 
1. Die gewährte Abfindung sei nicht angemessen (Bl. 2, 59).
20 
a) Ihr liege ein Gesamtunternehmenswert von 132.216.000 Euro (15,74 Euro x 8.400.000 Aktien) zugrunde (Bl. 10). Dies bilde den tatsächlichen inneren Wert des Unternehmens nicht ab (Bl. 11).
21 
Der Börsenkurs der Aktie der M AG sei im Jahr 2007 durch die Aufwendungen für die Umstellung auf die internationalen Rechnungslegungsvorschriften IFRS negativ beeinflusst worden, die das Ergebnis mit rund 13 Mio. Euro belastet hätten (Bl. 11).
22 
Der Börsenkurs der Aktie der M AG habe seit dem Jahr 2000 überwiegend zwischen 17,50 und 22,40 Euro gelegen; die negative Kursentwicklung im Jahr 2007 sei auf das öffentliche Kaufangebot der Antragsgegnerin zurück zu führen (Bl. 11).
23 
Im Geschäftsbericht des Vorstands der M AG des Jahres 2006 sei für das Jahr 2009 ein operativer Gewinn von 20 Mio. Euro prognostiziert worden (Bl. 12); im April 2007 habe der Vorstand der M AG den Aktionären angekündigt, das Unternehmen werde ab dem Jahr 2008 wieder positive Ergebnisse erzielen (Bl. 14). Diese positive Entwicklung sei im Börsenkurs des Jahres 2007 noch nicht berücksichtigt gewesen (Bl. 14).
24 
b) Mit Nichtwissen werde bestritten, dass die Antragsgegnerin die Anforderungen des § 39a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, Abs. 3 Satz 3 WpÜG manipulationsfrei erfüllt habe (Bl. 3).
25 
c) Jedenfalls sei die Abfindung nach dem Kurs am 21.09.2007 zu bemessen, der bei 15,80 Euro lag (Bl. 11).
26 
d) Im Allgemeinen seien die den abfindungsberechtigten Aktionären angebotenen Abfindungen zu niedrig; sie müssten regelmäßig im Spruchverfahren angehoben werden (Bl. 192).
27 
2. Die Antragsteller sind der Auffassung, die in § 39a Abs. 3 Satz 3 WpÜG geregelte Vermutung, der Angebotspreis entspreche der angemessenen Abfindung, sei widerleglich (Bl. 3).
28 
a) Die das Angebot ablehnenden übrigen Aktionäre müssten sich die wirtschaftliche Fehlentscheidung derer, die das Angebot annehmen, nicht zurechnen lassen (Bl. 3).
29 
Die hohe Akzeptanz des Angebots biete keine Gewähr dafür, dass der Angebotspreis dem vollen Wert der Aktien entspreche (Bl. 79). Dabei verweisen sie darauf, dass beim übernahmerechtlichen Squeeze-Out die Angemessenheit des Angebots im Gegensatz zu der beim gesellschaftsrechtlichen Squeeze-Out angebotenen Barabfindung nicht überprüft werde. Den übrigen Aktionären lägen deshalb auch keine Informationen zur Angemessenheit des Angebots vor (Bl. 4, 80); die Kontrolle durch die Beschlussfassung der Hauptversammlung fehle (Bl. 5). Unter Umständen könne die 90%-Schwelle des § 39a Abs. 3 Satz 3 WpÜG bereits durch die - unter Umständen auf Absprachen mit dem Bieter beruhende - Annahme des Angebots durch wenige Großaktionäre erreicht werden (Bl. 79). Wenn sich nur noch wenige Aktien in Streubesitz befänden, sei zweifelhaft, ob der Börsenkurs den Wert zutreffend wiederspiegele (Bl. 80).
30 
Soweit der Gesetzgeber angenommen habe, die Vermutung des § 39a Abs. 3 Satz 3 WpÜG sei unwiderleglich, habe er sich im Irrtum befunden (Bl. 7, 76).
31 
b) Die Unwiderleglichkeit der Vermutung des § 39a Abs. 3 Satz 3 WpÜG sei vielmehr durch die Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.04.2004 betreffend Übernahmeangebote (Übernahmerichtlinie) gemeinschafts-rechtlich nicht vorgegeben (Bl. 82). Bei gemeinschaftsrechtskonformer Auslegung des § 39a Abs. 3 Satz 3 WpÜG sei von einer widerleglichen Vermutung auszugehen (Bl. 178).
32 
Die englische und französische Fassung der Übernahmerichtlinie verwendeten in Artikel 15 Abs. 5 Unterabs. 2 Wendungen („presumed“, „presumée“), die anders als die deutsche Sprachfassung („gilt“) eine Widerleglichkeit der Vermutung nahe legten (Bl. 85). Die Kommission habe mit ihrem Richtlinienvorschlag entsprechend dem diesem vorausgehenden „Bericht der hochrangigen Gruppe von Experten auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts über die Abwicklung von Übernahmeangeboten“ vom 10.02.2002 (Jaap-Winter-Bericht) (Bl. 5, 85) lediglich eine widerlegliche Vermutung beabsichtigt (Bl. 85).
33 
Die Antragsteller meinen im Übrigen, die Übernahmerichtlinie ermögliche in Artikel 5 Abs. 4 ausdrücklich, den Angebotspreis durch „Aufsichtsstellen“ abzuändern (Bl. 7, 82, 85). Nach Artikel 5 Abs. 6 der Übernahmerichtlinie könnten die Mitgliedstaaten zudem weitere Instrumente zum Schutz der Interessen der Wertpapierinhaber vorsehen, sofern diese Instrumente den normalen Gang eines Angebots nicht behindern (Bl. 82, 85). Schließlich könnten die Mitgliedstaaten gemäß Artikel 3 Abs. 2 Buchstabe b) der Übernahmerichtlinie für Angebote zusätzliche Bedingungen und strengere Bestimmungen festlegen, um die Beachtung der in Artikel 3 Abs. 1 aufgeführten Grundsätze sicherzustellen, wozu nach Artikel 3 Abs. 1 Buchstabe a) auch der Schutz der Wertpapierinhaber zähle (Bl. 82, 85).
34 
c) Die Widerleglichkeit der Vermutung des § 39a Abs. 3 Satz 3 WpÜG ergebe sich auch bei verfassungskonformer Auslegung der Bestimmung (Bl. 178).
35 
Dazu berufen sich die Antragsteller auf Stimmen in der Literatur, welche die §§ 39a ff. WpÜG nur dann für verfassungsgemäß hielten, wenn die Angemessenheit der Abfindung gerichtlich überprüft werden könne (Bl. 6, 9). Zum Beleg ihrer verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 39a Abs. 3 Satz 3 WpÜG verweisen sie zudem darauf, dass ein gleichlautender Gesetzentwurf in der 14. Legislaturperiode des Bundestages nach verfassungsrechtlicher Kritik verworfen worden sei (Bl. 4).
36 
Sie meinen, dass die Rechtsfolge der Übertragung der Aktien auf den Hauptaktionär nicht einerseits - im Rahmen des gesellschaftsrechtlichen Squeeze-Out gemäß §§ 327a ff. AktG - mit gerichtlicher Überprüfung der Angemessenheit der Abfindung und andererseits - im Rahmen des übernahmerechtlichen Squeeze-Out - ohne eine solche allein aufgrund eines vorausgegangenen Angebots des Bieters eintreten könne (Bl. 77). Der Bundesgerichtshof habe in seiner Macrotron-Entscheidung festgestellt, dass ein „nur“ auf der Ebene des Kapitalmarktrechts vorgenommener Eingriff in das Aktieneigentum wie das Delisting voraussetze, dass die Aktionäre eine nach den Grundsätzen von § 327a AktG zu bemessende Barabfindung erhalten; dies müsse erst recht für den übernahmerechtlichen Squeeze-Out gelten (Bl. 78).
37 
Jedenfalls rechtfertige der Umstand, dass § 39a WpÜG der Umsetzung einer Richtlinie diene, keine Beschränkung des Grundrechtsschutzes (Bl. 81). Soweit das Gemeinschaftsrecht dem nationalen Gesetzgeber Spielräume lasse, müsse er diese in einer grundrechtsschonenden Weise umsetzen; würde eine Umsetzung gegen die verfassungsrechtliche Gewährleistung des Grundgesetzes verstoßen, müsse er diese verweigern (Bl. 82).
38 
3. Angesichts der von ihnen angenommenen Widerleglichkeit der Vermutung des § 39a Abs. 3 Satz 3 WpÜG meinen die Antragsteller, die Angemessenheit der Abfindung müsse in einem gerichtlichen Verfahren überprüft werden können (Bl. 3, 185 f.).
39 
a) Dabei sei der innere Wert bzw. Ertragswert des Unternehmens festzustellen und dieser, soweit er über dem Börsenkurs liege, zugrunde zu legen (Bl. 7, 78, 193); der innere Wert bilde in gleicher Weise eine Untergrenze für die Abfindung wie der Börsenkurs (Bl. 78).
40 
Der durch die Verweisung des § 39b Abs. 1 WpÜG auf das Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit anwendbare § 12 FGG verpflichte das Gericht, auf Anregung der Verfahrensbeteiligten von Amts wegen Tatsachen zur Widerlegung der Vermutung des § 39a Abs. 3 Satz 3 WpÜG zu ermitteln (Bl. 3, 86). Da der Unternehmenswert der M AG bislang nicht durch einen unabhängigen Prüfer ermittelt worden sei, müsse ein gerichtlich zu bestellender Sachverständiger eine Unternehmensbewertung durchführen (Bl. 60).
41 
b) Die Antragsteller meinen, die angemessene Abfindung sei im Spruchverfahren festzusetzen, da die Rügen zur Abfindungshöhe nicht im Ausschlussverfahren nach § 39b WpÜG geltend gemacht werden könnten (Bl. 58, 75, 77, 177 f., 185 f.).
42 
Im Ausschlussverfahren nach § 39b WpÜG komme eine Beweiserhebung zum Unternehmenswert durch Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens nicht in Betracht (Bl. 186).
43 
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts müssten aber den zum Ausscheiden aus einer Gesellschaft gezwungenen Minderheitsaktionären wirksame Rechtsbehelfe zur Verfügung stehen, um den ihnen aus Artikel 14 Grundgesetz zustehenden Anspruch auf volle wirtschaftliche Entschädigung durchsetzen zu können (Bl. 188). Gegebenenfalls sei dazu das Spruchverfahren zu eröffnen, auch wenn dies der Gesetzgeber nicht vorgesehen habe (Bl. 188).
44 
Dem könne nicht entgegen gehalten werden, dass die Bestimmung der Abfindung der übrigen Aktionäre, deren Aktien nach § 39a Abs. 1 Satz 1 WpÜG übertragen wurden, in § 1 SpruchG nicht genannt sei; die Regelung sei nicht abschließend (Bl. 177). Sie verweisen insoweit auf die Durchführung eines Spruchverfahrens im Fall des Delistings (Bl. 9, 58, 177).
45 
Auf eine planwidrige Regelungslücke komme es wegen der verfassungsrechtlich gebotenen Eröffnung des Spruchverfahrens zwar nicht an (Bl. 189). Eine planwidrige Regelungslücke sei aber anzunehmen, weil der Gesetzgeber übersehen habe, dass die Ausgestaltung der §§ 39a, 39b WpÜG ein Spruchverfahren nicht entbehrlich mache (Bl. 189). Dem stehe auch § 39a Abs. 6 WpÜG nicht entgegen, weil die §§ 327a ff. AktG danach nur bis zum rechtskräftigen Abschluss des übernahmerechtlichen Ausschlussverfahrens ausgeschlossen seien (Bl. 58).
46 
Gegen die Anwendbarkeit des Spruchverfahrens lasse sich nicht anführen, dass die Anforderung des § 4 Abs. 2 Nr. 4 SpruchG mangels einer Unternehmenswertermittlung nicht anwendbar sei; da die Regelung den übrigen Aktionären beim übernahmerechtlichen Squeeze-Out Unmögliches abverlange, sei sie hier nicht anwendbar (Bl. 190).
47 
c) Gegebenenfalls sei die Angemessenheit der Abfindung nach anderen verfahrensrechtlichen Bestimmungen, etwa nach der ZPO oder dem FGG gerichtlich zu prüfen (Bl. 75).
48 
4. Die Antragsteller sind der Auffassung, die Anträge seien fristgerecht gestellt worden.
49 
a) Selbst wenn man die Frist des § 4 Abs. 1 SpruchG bereits ab der Rechtskraft des Übertragungsbeschlusses berechne, seien sämtliche Anträge rechtzeitig, nämlich bis zum 21.12.2007 bei Gericht eingegangen (Bl. 190).
50 
b) Zwar werde zum Spruchverfahren vertreten, dass der Eingang beim unzuständigen Gericht die Antragsfrist nicht wahre; dies könne aber nicht für den Fall der analogen Anwendung des SpruchG gelten, da es aus Sicht der Antragsteller ungewiss gewesen sei, ob das Gericht auch insoweit die durch § 13 Abs. 2 Nr. 8 der baden-württembergischen Zuständigkeitsverordnung Justiz vorgesehene örtliche Konzentration annehme oder ob sich die örtliche Zuständigkeit gar nach § 39a Abs. 5 Satz 1 WpÜG richte (Bl. 191).
51 
c) Jedenfalls sei die Frist des § 4 Abs. 1 SpruchG erst ab der Bekanntmachung der Rechtkraft des Übertragungsbeschlusses im elektronischen Bundesanzeiger am 17.10.2007 zu berechnen (Bl. 191).
III.
52 
Die Antragsgegnerin ist den Anträgen entgegen getreten. Zur Begründung trug sie in erster Instanz im Wesentlichen vor:
53 
1. Die Anträge seien verfristet, soweit sie nicht unmittelbar beim Landgericht Stuttgart gestellt wurden (Bl. 140).
54 
Die Antragsgegnerin meint, die Anträge hätten nach § 4 Abs. 1 SpruchG innerhalb von drei Monaten nach Rechtskraft des Übertragungsbeschlusses beim zuständigen Gericht eingelegt werden müssen (Bl. 167 f.).
55 
2. Die Anträge seien jedenfalls unstatthaft, weil das Spruchverfahren nicht eröffnet sei (Bl. 145 ff.).
56 
a) Für den übernahmerechtlichen Squeeze-Out sei das Spruchverfahren im Gegensatz zum gesellschaftsrechtlichen Squeeze-Out nicht vorgesehen (Bl. 145).
57 
b) Zwar könne das Spruchverfahren in besonderen Konstellationen - etwa beim Delisting - auch analog angewandt werden. Hier fehle es aber an der dazu erforderlichen planwidrigen Regelungslücke (Bl. 146 ff.).
58 
Die Festlegung des dem Ausschlussverfahren vorausgehenden Angebots, an das die Vermutung des § 39a Abs. 3 Satz 3 WpÜG knüpft, unterliege der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bl. 146).
59 
Das Ausschlussverfahren selbst habe der Gesetzgeber mit § 39b WpÜG einer präventiven gerichtlichen Kontrolle unterstellt; in diesem Verfahren sei auch die Angemessenheit der Abfindung zu prüfen (Bl. 146).
60 
Die Anregung des Bundesrats, darüber hinaus das Spruchverfahren zu eröffnen, sei im Gesetzgebungsverfahren ausdrücklich abgelehnt worden (Bl. 146); die Beschränkung auf ein Gerichtsverfahren, nämlich das Ausschlussverfahren, sei eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers (Bl. 147). Zum einen sollten der Ausschluss der übrigen Aktionäre beschleunigt und langjährige gerichtliche Auseinandersetzungen vermieden werden (Bl. 146). Zum anderen sei für die Durchführung eines Spruchverfahrens kein Raum, weil die Bemessung der Abfindung in § 39a Abs. 3 Satz 3 WpÜG abschließend gesetzlich festgelegt sei; die Vermutung, dass der Angebotspreis der angemessenen Abfindung entspreche, sei unwiderleglich (Bl. 147).
61 
c) Im Übrigen sei die Durchführung eines Spruchverfahrens mit dem System der §§ 39a, 39b WpÜG nicht vereinbar (Bl. 148 ff.).
62 
Die Interessenlagen beim übernahmerechtlichen und beim gesellschaftsrechtlichen Squeeze-Out seien nicht vergleichbar (Bl. 148). Im ersten Fall diene der Squeeze-Out der Kompensation des Bieters für die mit der Übernahme verbundenen Kosten und Risiken und bilde gleichsam das Gegenstück zum Pflichtangebot (Bl. 148).
63 
Schließlich sei das Spruchverfahren auf den übernahmerechtlichen Squeeze-Out schon deshalb nicht anwendbar, weil die übrigen Aktionäre mangels Durchführung einer Unternehmensbewertung beim gesellschaftsrechtlichen Squeeze-Out keine substantiierten Einwendungen im Sinne von § 4 Abs. 2 Nr. 4 SpruchG vorbringen könnten (Bl. 149).
64 
Die Antragsgegnerin rügt, dass die Antragsteller das Ausschlussverfahren vor dem Landgericht Frankfurt am Main nicht zur Erhebung von Einwendungen gegen die Angemessenheit der Abfindung genutzt hätten (Bl. 149).
65 
3. Die Antragsgegnerin ist nicht der Auffassung, dass eine analoge Anwendung des SpruchG verfassungsrechtlich geboten sei (Bl. 149 ff.).
66 
a) §§ 39a, 39b WpÜG seien schon deshalb nicht am nationalen Verfassungsrecht zu messen, weil sie zwingende gemeinschaftsrechtliche Vorgaben umsetzten (Bl. 150 ff.).
67 
Nach der Übernahmerichtlinie sei die angemessene Abfindung mittels einer gesetzlichen Fiktion festzulegen. Dies ergebe sich aus Artikel 15 Abs. 5 Unterabs. 2 der Übernahmerichtlinie („gilt … als angemessen“) (Bl. 150).
68 
Zwar hätten sich in dem Expertenbericht, welcher dem gemeinschaftsrechtlichen Gesetzgebungsverfahren vorgelagert war, Ansätze für eine widerlegliche Ausgestaltung der Vermutung gefunden; diese seien aber im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens fallen gelassen worden (Bl. 151).
69 
Jedenfalls prüfe das Bundesverfassungsgericht nationale Rechtsakte nicht, die auf der Umsetzung von Gemeinschaftsrecht beruhten (Bl. 152).
70 
b) Der gebotene Grundrechtsschutz sei durch das Ausschlussverfahren nach § 39b WpÜG gewährleistet (Bl. 153 ff.).
71 
Selbst die Befürworter einer gerichtlichen Überprüfung der Abfindung seien der Auffassung, dass entsprechende Einwände nicht im Spruchverfahren, sondern im Ausschlussverfahren nach § 39b WpÜG geltend zu machen seien (Bl. 153). Im dortigen Verfahren sei insbesondere zu prüfen, ob bei dem erforderlichen Angebot der gesetzliche Mindestpreis beachtet wurde und ob der Angebotspreis sowie die Vermutungsschwelle manipulationsfrei zu Stande gekommen seien (Bl. 154). Für den Fall, dass die Vermutung des § 39a Abs. 3 Satz 3 WpÜG durch Nachweis eines über dem Börsenwert liegenden Ertragswerts des Unternehmens widerleglich sei, müsse dies ebenfalls im Ausschlussverfahren gemäß § 39b WpÜG geklärt werden (Bl. 198).
72 
Der Angebotspreis, der nach § 39a Abs. 3 Satz 3 WpÜG als angemessene Abfindung gelte, entspreche dem vollen Wert (Bl. 157); bei Aktien bilde der Börsenkurs regelmäßig den wahren Wert ab (Bl. 157, 161 f.). Vor Kursschwankungen und etwaigen Kurseinbrüchen durch die Bekanntgabe des Angebots seien die übrigen Aktionäre durch die Regelungen zur Ermittlung des Angebotspreises in § 31 Abs. 1 WpÜG i.V.m. § 5 Abs. 1. WpÜG-AngebotsVO geschützt; durch § 4 WpÜG-AngebotsVO profitierten die übrigen Aktionäre sogar von einem für den Kontrollerwerb gezahlten Bonus (Bl. 158). Die Annahmeschwelle von 90% schütze die übrigen Aktionäre schließlich, falls der Börsenkurs wegen außergewöhnlicher Umstände nicht marktgerecht sein sollte (Bl. 158). Das in § 39c WpÜG enthaltene Andienungsrecht, das den übrigen Aktionären noch drei Monate nach Ablauf der Annahmefrist zumindest den Angebotspreis sichert, verhindere, dass die übrigen Aktionäre ein unangemessenes Angebot lediglich aus Angst annähmen, als marginale Minderheit in der Gesellschaft zu verbleiben und damit noch weniger zu erhalten (Bl. 159 f.).
73 
4. Der Börsenpreis, welcher dem Angebot vom 17.04.2007 zugrunde lag, sei ordnungsgemäß zustande gekommen (Bl. 143 f.).
74 
In dem Dreimonatszeitraum, welcher der Ermittlung des Angebotspreises zugrunde gelegen habe, seien weder die Handelbarkeit der Aktien der M AG noch die Informationsbildung durch den Markt beeinträchtigt gewesen, insbesondere habe es keine Verstöße gegen Insiderregelungen oder Marktmanipulationen gegeben (Bl. 144). Sämtliche wesentlichen Informationen seien dem Kapitalmarkt zugänglich gewesen; die M AG habe alle veröffentlichungspflichtigen Informationen ordnungsgemäß offen gelegt (Bl. 143); die von den Antragstellern angesprochenen Informationen über das Investitions- und Rationalisierungsprogramm der M AG seien mit Ad-hoc-Mitteilung vom 15.01.2007 (vgl. AG4) bekannt gemacht worden.
75 
5. Die Antragsgegnerin ist schließlich der Auffassung, den Antragstellern seien die Kosten des Verfahrens einschließlich ihrer außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen, weil die Anträge erkennbar aussichtslos seien. Die Kostenregelungen des Spruchverfahrens seien mangels Eröffnung dieser Verfahrensart nicht anzuwenden (Bl. 169).
IV.
76 
Das Landgericht hat die Anträge der Antragsteller Ziffer 1) bis 3) durch Beschluss vom 11.11.2008 (Bl. 200 ff.) ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unzulässig verworfen.
77 
Zwar wandte das Landgericht vor dem Hintergrund der Behauptung der Antragsteller, die Vorschriften des Spruchverfahrensgesetzes seien analog anwendbar, nicht die allgemeinen Bestimmungen des FGG bzw. der ZPO, sondern das SpruchG auf das Verfahren in erster Instanz an (Bl. 205).
78 
Das Landgericht verneinte aber die Statthaftigkeit eines Verfahren zur richterlichen Überprüfung der Angemessenheit der den übrigen Aktionären gewährten Abfindung neben dem Ausschlussverfahren nach §§ 39a, 39b WpÜG (Bl. 206). Dazu verwies es zum einen auf die Entstehungsgeschichte des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.04.2004 betreffend Übernahmeangebote (Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetz), insbesondere auf die Zurückweisung der Bedenken des Bundesrates gegen § 39a Abs. 3 WpÜG durch die Bundesregierung (Bl. 206). Zum anderen stellte es fest, dass die Bestimmungen des nationalen Verfassungsrechts, insbesondere des Artikels 14 Grundgesetz, nicht verletzt seien (Bl. 207 f.), da sich die zu gewährende Abfindung am Börsenkurs orientiere und der Ausschluss zudem nur zulässig sei, wenn 90% der übrigen Aktionäre das Angebot des Bieters angenommen haben (Bl. 209).
79 
Der Beschluss des Landgerichts vom 11.11.2008 wurde durch Beschluss vom 04.12.2008 hinsichtlich der Angabe der Prozessbevollmächtigten der Antragsteller Ziffer 1) und 3) im Rubrum berichtigt (Bl. 237 f.).
V.
80 
Der Beschluss des Landgerichts wurde dem Antragsteller Ziffer 2) am 14.11.2008 zugestellt (Bl. 211). Am 17.11.2008 hat der Antragsteller Ziffer 2) sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts eingelegt (Bl. 213 f.) und diese innerhalb der bis zum 31.01.2009 gesetzten Frist (Bl. 217) mit Schriftsatz vom 01.12.2008 (Bl. 220 ff.) begründet.
81 
Die Antragsteller Ziffer 1) und 3) haben gegen den ihnen am 20.11.2008 zugestellten (Bl. 212) Beschluss des Landgerichts am 02.12.2006 bzw. 04.12.2006 sofortige Beschwerde eingelegt (Bl. 233, 236) und diese innerhalb der bis zum 28.02.2009 (Bl. 248) gesetzten Frist mit Schriftsätzen vom 16.02.2009 (Bl. 249 ff., 277) sowie vom 29.04.2009 (Bl. 316 ff.) begründet.
82 
Zur Begründung ihrer Beschwerden wiederholen die Antragsteller im Wesentlichen ihren Vortrag aus der ersten Instanz:
83 
1. Sie betonen, dass ein Squeeze-Out nur zulässig sei, wenn die Minderheitsaktionäre vollen Wertersatz für den Verlust der Aktien erhalten und effektiver Rechtsschutz gegen den Ausschluss gewährleistet ist (Bl. 221, 254).
84 
a) Der Squeeze-Out sei nur deshalb verfassungsgemäß, weil die Angemessenheit der Abfindung bereits vorab durch einen gerichtlich ausgewählten und bestellten Sachverständigen überprüft werde und etwaige Fehleinschätzungen des Gutachters nachträglich im Spruchverfahren korrigiert werden könnten (Bl. 222). Da der übernahmerechtliche Squeeze-Out nicht angefochten werden könne, müsse die gerichtliche Überprüfung der Angemessenheit der Abfindung ermöglicht werden (Bl. 224).
85 
Dabei müsse geprüft werden, ob die durch eine hohe Annahmequote begründete Vermutung der Angemessenheit der Abfindung auch im Einzelfall zutreffe (Bl. 257 f.). Wegen des Informationsgefälles zwischen dem Bieter und den übrigen Aktionären biete auch die 90%-Schwelle des § 39a Abs. 3 Satz 3 WpÜG keine Gewähr für die Angemessenheit des Angebots (Bl. 270 f.).
86 
Die Kontrolltätigkeit der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht genüge dazu nicht, da diese lediglich die Einhaltung der Bestimmungen der WpÜG-AngebotsVO überwache, aber nicht den inneren Wert des Unternehmens berücksichtige (Bl. 266). Zudem sei die Angemessenheit des von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht geprüften, nach der WpÜG-AngebotsVO vorzulegenden Angebots von der Angemessenheit der Abfindung zu unterscheiden (Bl. 266 f.).
87 
Jedenfalls sei ein durch Börsenkurse oder andere am Markt gebildete Preise bestimmter Wert nur die Untergrenze der verfassungsrechtlich gebotenen vollen Entschädigung. Liege der regelmäßig im Ertragswertverfahren zu bestimmende innere Wert über dem Börsenwert der Zielgesellschaft, stehe dem Aktionär eine Entschädigung auf der Grundlage des inneren Werts zu (Bl. 255 f.).
88 
Das Beschwerdegericht müsse daher entweder § 39a Abs. 3 Satz 3 WpÜG verfassungskonform dahin auslegen, dass die dortige Vermutung durch den inneren Wert der Aktie wiederlegt werden könne, oder das Verfahren nach Artikel 100 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz aussetzen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einholen, was ausdrücklich beantragt werde (Bl. 317).
89 
b) Zwar sei das Verfahren nach § 39b WpÜG insoweit vorrangig, als grundsätzlich dort der innere Wert der Aktie zu prüfen sei. Da das insoweit bundesweit letztinstanzlich zuständige Oberlandesgericht Frankfurt am Main die Ermittlung des Ertragswerts in diesem Verfahren ausgeschlossen habe, müsse aber das Spruchverfahren eröffnet werden (Bl. 265, 275, 318).
90 
Dabei könnten die Antragsteller nicht auf die Inanspruchnahme verfassungsgerichtlichen Rechtsschutzes gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main verwiesen werden. Zumindest sei das hiesige Verfahren entsprechend § 148 ZPO auszusetzen, bis über die von der Antragstellerin Ziffer 1) gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main erhobene Verfassungsbeschwerde (vgl. MHP 4) - auf welche die Antragsteller im Übrigen zur Ergänzung ihres Vortrags Bezug nehmen (Bl. 322) - entschieden sei.
91 
2. Die Antragsteller sind der Auffassung, die Auslegung des § 39a Abs. 3 Satz 3 WpÜG durch das Landgericht verstoße gegen die Übernahmerichtlinie, weil diese in Artikel 15 Abs. 5 die Mitgliedstaaten verpflichte, eine angemessene Abfindung zu garantieren (Bl. 259). Die Angemessenheit der Abfindung sei danach nicht nur im Regelfall, sondern in jedem Einzelfall zu gewährleisten (Bl. 259).
92 
Zudem ergebe nicht nur die historische Auslegung, sondern auch die Berücksichtigung der englischen und französischen Sprachfassungen von Artikel 15 Abs. 5 Unterabs. 2 der Übernahmerichtlinie, dass die Vermutung der Angemessenheit der Abfindung widerleglich sein solle (Bl. 260).
93 
Sollte das Beschwerdegericht anderer Auffassung sein, halten die Antragsteller eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof für geboten (Bl. 263).
94 
3. Die Antragsteller meinen schließlich, dass die Eröffnung des Spruchverfahrens zur Überprüfung der Angemessenheit der Abfindung aufgrund der von der Bundesrepublik Deutschland mit ausländischen Staaten geschlossenen Investitionsförderungs- und Investitionsschutzverträge (bilateral investment treaties - BIT, vgl. zu aktuell bestehenden Verträgen Bl. 228-230) geboten sei (Bl. 224).
95 
Nach den in den BIT enthaltenen Bestimmungen seien Enteignungen, Verstaatlichungen sowie diesen in ihren Auswirkungen gleichkommende Maßnahmen nur unter engen Voraussetzungen und nur gegen umgehende, wertentsprechende und tatsächlich verwertbare Entschädigung zulässig (Bl. 226). Die Rechtsmäßigkeit der Enteignung und die Höhe der Entschädigung müssten danach in einem ordentlichen Verfahren in Übereinstimmung mit dem entsprechenden innerstaatlichen Rechtssystem nachgeprüft werden können (Bl. 227).
96 
Die Antragsteller Ziffer 1) und 3) beantragen (Bl. 233 f.),
97 
den Beschluss des Landgerichts Stuttgart vom 11.11.2008, Az. 32 O 108/07 KfH, aufzuheben und „ein Spruchverfahren zur gerichtlichen Bestimmung der angemessenen Barabfindung analog § 327f Abs. 1 Satz 2 AktG, §§ 1 ff. SpruchG auf angemessene Barabfindung bzw. Festsetzung einer entsprechenden Barzuzahlung auf die angebotene Barabfindung für die durch Enteignung gemäß § 39a WpÜG ausgeschlossenen Minderheitsaktionäre“ der M AG durchzuführen.“
98 
Der Antragsteller Ziffer 2) beantragt (Bl. 215),
99 
den Beschluss des Landgerichts Stuttgart, Az. 32 O 108/07 KfH, vom 11.11.2008 aufzuheben und die angemessene Abfindung zu bestimmen, welchen den übrigen Aktionären der M AG für die Übertragung ihrer stimmberechtigten Aktien der M AG auf die Antragsgegnerin zu gewähren ist.
100 
Die Antragsgegnerin beantragt (Bl. 281),
101 
die Beschwerden zurückzuweisen.
102 
1. Die Antragsgegnerin rügt die Rechtzeitigkeit der Beschwerden (Bl. 284).
103 
a) Sie ist der Auffassung, dass die Antragsteller etwaige Einwendungen gegen die Angemessenheit der Abfindung hätten im gerichtlichen Ausschlussverfahren gemäß §§ 39a, 39b WpÜG geltend machen müssen (Bl. 285). Die Prüfung der Angemessenheit der Abfindung sei dort gewährleistet, da die angemessene Abfindung Voraussetzung der Ausschließung sei (Bl. 286 f., 308). Selbst wenn sich die Höhe der angemessenen Abfindung nach dem Ertragswert des Unternehmens richten würde, sei dieser nicht im Spruchverfahren, sondern im gerichtlichen Ausschlussverfahren zu ermitteln (Bl. 287); dort sei gegebenenfalls auch zu prüfen, ob Anhaltspunkte für ein Marktversagen vorliegen (Bl. 308).
104 
b) Die Antragsgegnerin meint, dass der aktuelle Verkehrswert der Aktien der übrigen Aktionäre dem Börsenkurs entspreche. Soweit die Börsenkurse derzeit allgemein zurück gingen, spiegelten sie den Verlust der Unternehmenswerte durch die Eintrübung des Marktumfeldes wieder (Bl. 290). Die übrigen Aktionäre hätten lediglich einen Anspruch auf den aktuellen Verkehrswert, nicht aber auf den möglichen Erlös bei einem Verkauf der Aktien zum optimalen Zeitpunkt (Bl. 291). Aktien hätten keinen „inneren“ oder „wahren“ Wert, der durch fundamentalanalytische Methoden zu ermitteln sei. Solche Schätzungen dienten nur dazu, die Verkehrswertfindung durch unabhängige Parteien an einem Markt zu simulieren; existiere ein Marktpreis - wie im Fall des Börsenkurses -, bedürfe es der Schätzung nicht (Bl. 299 f.).
105 
c) Sie weist die Kritik an der Gewährleistung der Angemessenheit des Angebotspreises durch die Annahmeschwelle des § 39a Abs. 3 Satz 3 WpÜG zurück. Insbesondere bestehe kein erhebliches Informationsgefälle zwischen dem Bieter und den übrigen Aktionären. Da kursrelevante Informationen nach § 15 WpHG unverzüglich zu veröffentlichen seien, sei es wenig wahrscheinlich, dass der Bieter im Rahmen einer Due-Diligence-Prüfung auf nicht öffentlich bekannte kursrelevante Informationen stoße; etwa verbleibende Informationsunterschiede zwischen Groß- und Kleinaktionären seien grundsätzlich unbedenklich und verschafften dem Bieter keine Sondervorteile zu Lasten der übrigen Aktionäre (Bl. 292, 294). Durch die Vorschriften zur Ermittlung des Angebotspreises sei sichergestellt, dass die übrigen Aktionäre auch an Aufpreisen teilhätten, die der Bieter einzelnen Aktionären zukommen lasse (Bl. 296). Das Bestehen regelwidrig verschwiegener Nebenabreden könne im gerichtlichen Ausschlussverfahren berücksichtigt werden (Bl 297).
106 
2. Die Antragsgegnerin hat schließlich am 27.03.2009 (Bl. 281) Anschlussbeschwerde erhoben.
107 
a) Dazu verweist sie darauf, dass in echten Streitsachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit - wie hier - die unselbständige Anschlussbeschwerde zulässig sei (Bl. 285).
108 
b) In der Sache begehrt sie eine Abänderung der Kostenentscheidung des Landgerichts mit dem Ziel, den Antragstellern die vollständigen Gerichtskosten und zudem die außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin aufzuerlegen. Zur Begründung führt sie an, die Antragsteller hätten trotz eindeutiger gesetzlicher Regelungen ein offensichtlich unstatthaftes Verfahren betrieben (Bl. 311).
109 
Die Antragsgegnerin ist der Auffassung, dass die Vorschriften des SpruchG, die den Antragsteller kostenrechtlich privilegierten, nicht anzuwenden seien, da der Antragsteller nicht allein durch die Behauptung, ein Spruchverfahren sei eröffnet, in den Genuss dieser Privilegien kommen dürfe (Bl. 311).
110 
Entsprechendes gelte für die Kosten des Beschwerdeverfahrens; hier sei jedenfalls über § 17 SpruchG die Anwendung des § 13a Abs. 1 Satz 2 FGG eröffnet (Bl. 311).
111 
Die Antragsgegnerin beantragt (Bl. 281),
112 
den Antragstellern die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin aufzuerlegen.
113 
Die Antragsteller haben beantragt,
114 
die Anschlussbeschwerde zurückzuweisen (Bl. 313, 314, 315).
B.
115 
Die Beschwerden sind zwar zulässig (dazu unten I.). Sie haben aber in der Sache keinen Erfolg (dazu unten II). Die Anschlussbeschwerde ist zulässig, aber unbegründet (dazu unten III.).
I.
116 
Die Zulässigkeit der Beschwerden bestimmt sich nach § 12 SpruchG, da die angegriffene Entscheidung auf der Grundlage des SpruchG ergangen ist.
117 
Den Parteien stehen jedenfalls die Rechtsbehelfe zu, die nach der Art der tatsächlich ergangenen Entscheidung statthaft sind (vgl. BGH, NJW 1999, 583 [juris Rn. 18]). Hat das Landgericht einen Antrag als unzulässig verworfen, weil es ein Spruchverfahren für nicht eröffnet hielt, ist hiergegen die sofortige Beschwerde statthaft (vgl. OLG Stuttgart, AG 1997, 136, 136; OLG Zweibrücken, ZIP 2005, 948 [juris Rn. 10]; Drescher in Spindler/Stilz, AktG, SpruchG § 1 Rn. 29).
118 
Die Voraussetzungen des § 12 SpruchG sind erfüllt; die sofortigen Beschwerden der Antragsteller wurden insbesondere fristgerecht eingelegt.
119 
Das Beschwerdeverfahren ist in analoger Anwendung des SpruchG durchzuführen (im Ergebnis ebenso OLG Zweibrücken, ZIP 2005, 948 [juris Rn. 38 f.]). Zwar folgt dies nicht schon aus der Eröffnung der sofortigen Beschwerde gemäß § 12 SpruchG, da das Rechtsmittelgericht das Verfahren nach den Vorschriften weiterzuführen hat, die von Anfang an richtigerweise einschlägig gewesen wären (vgl. Grunsky in Stein/Jonas, ZPO, 21. Aufl., Einl vor § 511 Rn. 49). Nachdem hier richtigerweise kein gerichtliches Verfahren eröffnet ist, kann indessen nur dasjenige Verfahrensrecht angewendet werden, das - träfe die Rechtsauffassung der Antragsteller zur Eröffnung des Spruchverfahrens zu - eröffnet wäre.
II.
120 
Die Beschwerden sind allerdings nicht begründet, da das Landgericht die Anträge zu Recht als unzulässig verworfen hat.
121 
Offen bleiben kann, ob die Anträge der Antragsteller Ziffer 2) und 3) verfristet waren. Jedenfalls ist ein gerichtliches Verfahren zur Überprüfung der Angemessenheit der Abfindung neben dem Ausschlussverfahren gemäß § 39b WpÜG weder in Gestalt des Spruchverfahrens noch unter Anwendung anderer Verfahrensordnungen eröffnet.
122 
Ein Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist nach § 1 FGG grundsätzlich nur durchzuführen, soweit dies gesetzlich bestimmt ist (vgl. von Schuckmann in Jansen, FGG, 3. Aufl., § 1 Rn. 10). Ein Verfahren nach der ZPO ist ebenfalls nicht statthaft, da das Begehren der Antragsteller nicht auf einen Leistungs- oder Feststellungsausspruch, sondern auf eine Rechtsgestaltung durch Bestimmung einer angemessenen Abfindung gerichtet ist; zivilprozessuale Gestaltungsklagen kommen allerdings grundsätzlich nur in Betracht, wo das Gesetz für die Ausübung eines Gestaltungsrechts Klage und Urteil voraussetzt (vgl. Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 28. Aufl., § 253 Vorbem Rn. 7; Roth in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., vor § 253 Rn. 89; Becker-Eberhard in Münchener Kommentar, ZPO, 3. Aufl., vor §§ 253 ff. Rn. 22).
123 
Das danach allein verbleibende Spruchverfahren ist nicht eröffnet. Die Bestimmung der Abfindung der übrigen Aktionäre, deren Aktien durch Beschluss nach § 39a Abs. 1 Satz 1 WpÜG auf den Bieter übertragen worden sind, ist in § 1 SpruchG nicht genannt.
124 
Ein Spruchverfahren ist auch nicht in entsprechender Anwendung des SpruchG durchzuführen. Zwar ist eine entsprechende Anwendung des SpruchG grundsätzlich möglich (vgl. unten 1.). Der Gesetzgeber hat das Spruchverfahren hier aber bewusst ausgeschlossen (vgl. unten 2.). Dabei hat der Gesetzgeber nicht übersehen, dass eine Unternehmensbewertung nach fundamentalanalytischen Methoden durchzuführen ist (vgl. unten 3.). Dem Gebot der Gewährung effektiven Rechtsschutzes ist durch das gerichtliche Ausschlussverfahren gemäß § 39b WpÜG genüge getan (vgl. unten 4.). Selbst wenn eine Unternehmensbewertung nach fundamentalanalytischen Methoden erforderlich wäre, wäre diese jedenfalls nicht im Spruchverfahren, sondern im gerichtlichen Ausschlussverfahren nach § 39b WpÜG durchzuführen (vgl. unten 5.).
125 
1. Im Ausgangspunkt zutreffend weisen die Antragsteller darauf hin, dass § 1 SpruchG keine abschließende Regelung ist.
126 
Der Bundesgerichtshof hat für die Beantragung des Widerrufs der Zulassung der Aktien der Gesellschaft zum Börsenhandel (Delisting) durch den Vorstand aufgrund einer Ermächtigung durch die Hauptversammlung angenommen, die Vorschriften über das Spruchverfahren seien entsprechend anzuwenden, um zu klären, ob das in diesem Fall vom Großaktionär zum Schutz der Minderheitsaktionäre vorzulegende Pflichtangebot eine volle Entschädigung gewährt (BGHZ 153, 47 [juris Rn. 32 bis 35] „Macrotron“).
127 
Die Regelungen im Unternehmensvertragsrecht und im Umwandlungsrecht zeigten, dass die Klärung der Höhe des Angebotsbetrags in einem Spruchverfahren den Beteiligten eher entspreche als die nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, ZIP 2000, 1670 [juris Rn. 27] „Moto-Meter“) alternativ denkbare Klärung im Rahmen einer Anfechtungsklage gegen den Hauptversammlungsbeschluss (BGHZ 153, 47 [juris Rn. 34] „Macrotron“). Die Bestimmungen des SpruchG seien angesichts der Hilfsfunktion des Verfahrensrechts zur Durchsetzung des materiellen Rechts grundsätzlich analogiefähig (BGHZ 153, 47 [juris Rn. 35] „Macrotron“).
128 
2. Die Erwägungen des Bundesgerichtshofs lassen sich allerdings auf den hiesigen Fall nicht übertragen. Der Gesetzgeber hat bei der Schaffung der §§ 39a, 39b WpÜG die Eröffnung des Spruchverfahrens zur Bestimmung einer angemessenen Abfindung bewusst ausgeschlossen (vgl. Santelmann in Steinmeyer/Häger, WpÜG, 2. Aufl., § 39a Rn. 6; Süßmann in Geibel/Süßmann, WpÜG, § 39a Rn. 18; Heidel/Lochner in Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 2. Aufl., WpÜG § 39a Rn. 54; Schüppen/Tretter in Frankfurter Kommentar, WpÜG, 3. Aufl., § 39a Rn. 29; Paefgen, WM 2007, 765, 770; offen gelassen von Falkner, ZIP 2008, 1775, 1777; a.A. Kießling, Der übernahmerechtliche Squeeze-Out gemäß §§ 39a, 39b WpÜG, S. 147 f. und 226; de lege ferenda auch Schüppen, BB 2006, 165, 168 f.; Seibt/Heiser, AG 2006, 310, 319).
129 
a) Der Regierungsentwurf des Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetzes, durch welches die §§ 39a, 39b WpÜG geschaffen wurden, beschränkte das gerichtliche Verfahren zum übernahmerechtlichen Squeeze-Out auf das Ausschlussverfahren gemäß § 39b WpüG (vgl. BT-Drs. 16/1003, S. 22). Zu den zentralen Anliegen des Gesetzentwurfs zählte es, dem Bieter durch den übernahmerechtlichen Squeeze-Out notwendige Umstrukturierungen ohne große zeitliche Verzögerungen zu ermöglichen. Deshalb sollten langjährige gerichtliche Auseinandersetzungen sowohl in Klageverfahren infolge der Anfechtung von Hauptversammlungsbeschlüssen als auch in Spruchverfahren ausgeschlossen sein (BT-Drs. 16/1003, S. 14).
130 
b) Der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme gemäß Artikel 76 Abs. 2 Satz 2 Grundgesetz zwar Bedenken geäußert. Diese setzten sich im weiteren Gesetzgebungsverfahren aber nicht durch.
131 
Im Wege einer Prüfbitte forderte der Bundesrat (BT-Drs. 16/1342 S. 5)
132 
„im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob die Geltendmachung von Bewertungsrügen im Interesse der Transaktionssicherheit ausschließlich im Rahmen eines Spruchverfahrens erfolgen sollte.“
133 
Der Bundesrat stützte seine Prüfbitte auf die Feststellung, der Gesetzentwurf lasse nicht eindeutig erkennen, wie eine etwaige Rüge, dass die gebotene Abfindung nicht angemessen sei, verfahrensrechtlich geltend zu machen wäre. Er fürchtete, dass ohne eine Verweisung solcher Rügen in das Spruchverfahren das Ausschlussverfahren gemäß § 39b WpÜG belastet und die Transaktionssicherheit auf diese Weise erheblich beeinträchtigt werden könnte (BT-Drs. 16/1342, S. 5).
134 
Die Bundesregierung hat indes in ihrer Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrates festgestellt, dass für die Eröffnung des Spruchverfahrens beim übernahmerechtlichen Squeeze-Out kein Bedürfnis bestehe (BT-Drs. 16/1342, S. 7).
135 
c) Der Gesetzgeber hat sich im weiteren Verfahren nicht die Bedenken des Bundesrates, sondern die Position der Bundesregierung zu eigen gemacht. Dies zeigt die vom Plenum übernommene Beschlussempfehlung des federführenden Finanzausschusses vom 18.05.2006, die lediglich diejenigen Änderungsvorschläge des Bundesrates aufgriff, denen die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung ausdrücklich zugestimmt hatte (vgl. BT-Drs. 16/1541, S. 12 f.). Der Bundesrat hat gegen das Ergebnis seiner Prüfbitte keine grundlegenden Einwendungen erhoben; von der nach Artikel 77 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz eröffneten Möglichkeit, den Vermittlungsausschuss anzurufen, wurde kein Gebrauch gemacht (vgl. BR-Drs. 336/06 (B)).
136 
3. Die Situation des übernahmerechtlichen Squeeze-Out ist - jedenfalls soweit die Voraussetzungen des § 39a Abs. 3 Satz 3 WpÜG erfüllt sind, weil das Angebot für mindestens 90% der Aktien angenommen wurde, auf die es sich bezog - den Fällen, für die der Gesetzgeber die Durchführung eines Spruchverfahrens angeordnet hat, nicht vergleichbar.
137 
Jene Fälle zeichnen sich dadurch aus, dass die Angemessenheit einer Kompensationsleistung für eine Strukturmaßnahme - getrennt von der Entscheidung über ihre Wirksamkeit - gerichtlich zu überprüfen ist, wobei die Überprüfung typischerweise mit komplexen Fragen der Unternehmensbewertung verbunden ist. Liegen die Voraussetzungen des § 39a Abs. 3 Satz 3 WpÜG vor, wird dagegen unterstellt, dass der Angebotspreis eine angemessene Kompensation darstellt.
138 
Da das Angebot der Antragsgegnerin vom 17.04.2007 für 2.688.984 der 2.983.260 Aktien angenommen wurde, die ihr zum Angebotszeitpunkt noch nicht gehörten, hat sie aufgrund ihres Angebots Aktien in Höhe von mindestens 90% des von dem Angebot betroffenen Grundkapitals erworben. In diesem Fall ist nach § 39a Abs. 3 Satz 3 WpÜG der nach § 31 Abs. 1 und Abs. 7 WpÜG i.V.m. §§ 3 ff. WpÜG-AngebotsVO bestimmte, im Wesentlichen auf dem Börsenkurses beruhende Angebotspreis als angemessene Abfindung für die übrigen Aktionäre anzusehen, deren Aktien gemäß § 39a Abs. 1 Satz 1 WpÜG auf den Bieter übertragen werden.
139 
Entgegen der Auffassung der Antragsteller kann die Vermutung des § 39a Abs. 3 Satz 3 WpÜG nicht widerlegt werden. Insbesondere kann ihr nicht entgegen gehalten werden, dass der nach dem Ertragswertverfahren oder anderen fundamentalanalytischen Methoden ermittelte Unternehmenswert über dem Börsenwert der Zielgesellschaft liegt (OLG Frankfurt am Main, ZIP 2009, 74 [juris Rn. 58] nimmt an, dass der an einem funktionierenden Markt ermittelte Angebotspreis jedenfalls nicht durch ein Sachverständigengutachten zum (theoretischen) Unternehmenswert zu widerlegen ist. Im Ergebnis wie hier Santelmann in Steinmeyer/Häger, WpÜG, 2. Aufl.; § 39a Rn. 11; Süßmann in Geibel/Süßmann, WpÜG, § 39a Rn. 16; Wilsing/Ogorek, BB 2008, 2038, 2039; Schlitt/Ries/Becker, NZG 2008, 700, 701; Falkner, ZIP 2008, 1775, 1776; Hörmann/Feldhaus, BB 2008, 2134, 2138; Wilsing/Ogorek, BB 2008, 2038, 2038; Merkt/Binder, BB 2006, 1285, 1290; Diekmann, NJW 2007, 17, 20; Holzborn/Müller in Bürgers/Körber, AktG, Anh § 327a/§§ 39a-39c WpÜG Rn. 12; Seibt/Heiser, AG 2006, 301, 318 f.; Grunewald, NZG 2009, 332, 334; Steinmeyer/Santelmann, BB 2009, 674, 765. A.A. LG Frankfurt am Main, BB 2008, 2035 [juris Rn. 36]; Heidel/Lochner in Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 2. Aufl., WpÜG § 39a Rn. 65; Schüppen/Tretter in Frankfurter Kommentar, WpÜG, 3. Aufl., § 39a Rn. 27; Paefgen, WM 2007, 765, 768; Schüppen, BB 2006, 165, 168; Rühland, NZG 2006, 401, 407; Kießling, Der übernahmerechtliche Squeeze-Out gemäß §§ 39a, 39b WpÜG, S. 226. Ohne eigene Stellungnahme Deilmann, NZG 2007, 721, 723 f.)
140 
Dies folgt bereits aus dem Wortlaut (vgl. unten a)) und der Entstehungsgeschichte (vgl. unten b)) der Vorschrift. Eine gemeinschaftsrechtskonforme (vgl. unten c)) bzw. verfassungskonforme (vgl. unten d)) Auslegung ergibt nichts Anderes. Die mit ausländischen Staaten geschlossenen völkerrechtlichen Verträge gebieten ebenfalls nicht die Widerleglichkeit der Vermutung in § 39a Abs. 3 Satz 3 WpÜG (vgl. unten e)).
141 
a) Die Unwiderleglichkeit der Vermutung des § 39a Abs. 3 Satz 3 WpÜG belegt schon der Wortlaut der Vorschrift.
142 
Danach „ist“ der Angebotspreis „als angemessene Abfindung anzusehen“, wenn der Bieter auf Grund des Angebots Aktien in Höhe von mindestens 90% des vom Angebot betroffenen Grundkapitals erworben hat (für die Annahme einer unwiderleglichen Vermutung auf der Grundlage dieses Wortlauts auch OLG Frankfurt am Main, ZIP 2009, 74 [juris Rn. 45]; a.A. LG Frankfurt am Main, BB 2008, 2035 [juris Rn. 37]; Grunewald, NZG 2009, 332, 334 und Santelmann in Steinmeyer/Häger, WpÜG, 2. Aufl., § 39a Rn. 31 halten den Wortlaut für offen).
143 
Zwar bestimmt der Wortlaut der Regelung anders als in § 1361b Abs. 4 BGB, § 1566 Abs. 1 BGB, Artikel 233 § 2 Abs. 2 Satz 1 EGBGB, § 444 Abs. 3 Satz 3 HGB, § 4 Abs. 2 Satz 2 Unterlassungsklagengesetz oder § 15a Abs. 3 Satz 2 EGZPO nicht ausdrücklich, dass die Vermutung „unwiderleglich“ ist. Der Gesetzgeber verwendet aber unterschiedliche Wendungen, um die Unwiderleglichkeit einer Vermutung zum Ausdruck zu bringen. So benutzt er in § 67 Abs. 2 AktG das Wort „gilt“, um zum Ausdruck zu bringen, dass die Aktionärseigenschaft im Fall der Eintragung im Aktienregister im Verhältnis zur Gesellschaft unwiderlegbar vermutet wird (vgl. Hüffer, AktG, 8. Aufl., § 67 Rn. 12).
144 
In § 142 Abs. 1 BGB umschreibt der Gesetzgeber im bürgerlichen Recht mit den Worten „ist anzusehen“ die Fiktion der ex-tunc-Wirkung der Anfechtung; im Verfahrensrecht dient die Wendung zur Beschreibung der Rechtsfolge der absoluten Revisionsgründe (vgl. § 547 ZPO). Soll dagegen nur eine Vermutung geregelt werden, stellt der Gesetzgeber an anderer Stelle die Wörter „im Zweifel“ vorweg, so etwa in der Auslegungsregel des § 2066 Satz 2 BGB.
145 
Dementsprechend benutzt der Gesetzgeber in § 358 Abs. 3 Satz 2 BGB die eng verwandte Wendung „ist anzunehmen“, um eine Vermutung zu umschreiben, die unwiderleglich ist (vgl. BGH, NJW 2003, 2821 [juris Rn. 16]; Grüneberg in Palandt, BGB, 68. Aufl., § 358 Rn. 12). Will der Gesetzgeber dagegen lediglich eine Vermutung zu Ausdruck bringen, stellt er dem Wort „anzunehmen“ die Worte „im Zweifel“ voran (vgl. §§ 271 Abs. 1, 307 Abs. 2 BGB); dies gilt insbesondere bei Auslegungsregeln (vgl. §§ 315 Abs. 1, 316, 317 Abs. 2, 329 BGB). Auch um Verfahrensrecht benutzt der Gesetzgeber die Wendung „ist anzunehmen“, um unwiderlegliche Vermutungen zu umschreiben (vgl. § 267 ZPO, dazu Greger in Zöller, ZPO, 27. Aufl., § 267 Rn. 1).
146 
b) Die Unwiderleglichkeit der Vermutung des § 39a Abs. 3 Satz 3 WpÜG belegt im Übrigen die Entstehungsgeschichte der Vorschrift (ebenso Steinmeyer/Santelmann, BB 2009, 674, 674; für einen aus der Entstehungsgeschichte zu schließenden klaren Willen des Gesetzgebers auch Santelmann in Steinmeyer/Häger, WpÜG, 2. Aufl., § 39a Rn. 11 und 31; Grundewald, NZG 2009, 332, 334).
147 
aa) Der Regierungsentwurf des Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetzes stellte klar, dass § 39a Abs. 3 Satz 3 eine unwiderlegliche Vermutung enthalte (BT-Drs. 16/1003, S. 22).
148 
bb) Der Bundesrat hat zwar in seiner Stellungnahme gemäß Artikel 76 Abs. 2 Satz 2 Grundgesetz auch hierzu Bedenken geäußert, diese setzten sich aber wiederum im weiteren Gesetzgebungsverfahren nicht durch.
149 
Im Wege einer Prüfbitte forderte der Bundesrat (BT-Drs. 16/1342 S. 3)
150 
„im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob die in § 39a Abs. 3 Satz 3 WpÜG-E vorgesehene unwiderlegliche Vermutung der Angemessenheit der Abfindung mit dem verfassungsrechtlichen Schutz des Aktieneigentums nach Artikel 14 Abs. 1 Grundgesetz und der hierzu bestehenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu vereinbaren ist.“
151 
Der Bundesrat stützte seine Prüfbitte unter anderem auf den Umstand, dass bei der Schaffung der §§ 327a ff. AktG durch das Gesetz zur Regelung von öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren und von Unternehmensübernahmen zwei Legislaturperioden zuvor in § 327b Abs. 1 Satz 3 AktG-E eine vergleichbare Regelung für den gesellschaftsrechtlichen Squeeze-Out vorgesehen war. Der Regelungsentwurf lautete wie folgt (vgl. BT-Drs. 14/7034, S. 24):
152 
„Ist jemand Hauptaktionär auf Grund eines in den letzten sechs Monaten vor der Beschlussfassung der Hauptversammlung abgegebenen Angebotes nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes geworden, so ist eine im Rahmen dieses Angebots angebotene Geldleistung als angemessene Barabfindung anzusehen, sofern das Angebot von mindestens neunzig vom Hundert der Aktionäre, an die es gerichtet war, angenommen worden ist.“
153 
Bereits gegen diesen Regelungsvorschlag hatte der Bundesrat Bedenken geäußert, weil die übrigen Aktionäre damit so gestellt würden, als hätten sie das Angebot angenommen, obwohl sie es abgelehnt haben, weil sie der Auffassung waren, dass die angebotene Gegenleistung nicht dem wahren Wert ihrer Beteiligung entspreche (vgl. BT-Drs. 14/7034, S. 87). Auch von dritter Seite hatte der Vorschlag Kritik erfahren (vgl. Rühland, NZG 2001, 448, 454; Heidel/Lochner, DB 2001, 2031, 2032; kritisch vor dem Hintergrund der Ausgestaltung des konkreten Regelungsvorschlags und der beim gesellschaftsrechtlichen Squeeze-Out typischen Marktenge auch Habersack, ZIP 2001, 1230, 1238; kritisch in Bezug auf die Maßgeblichkeit des Börsenkurses bei Marktmanipulationen Ehricke/Roth, DStR 2001, 1120, 1123; soweit Wirth/Arnold, AG 2002, 503, 506, Vetter, AG 2002, 176, 188 sowie Sellmann, WM 2003, 1545, 1547 auf § 327b Abs. 1 Satz 3 AktG-E eingehen, berichten sie lediglich ex post über das Gesetzgebungsverfahren). Der federführende Finanzausschuss des Bundestages hatte die Regelung vor diesem Hintergrund in seiner dem späteren Gesetzesbeschluss entsprechenden Beschlussempfehlung an das Plenum (vgl. BT-Drs. 14/7477, S. 54) gestrichen.
154 
Die Bundesregierung hat in ihrer Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrates im Gesetzgebungsverfahren zum Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetzdie Auffassung vertreten, die unwiderlegliche Vermutung des § 39a Abs. 3 Satz 3 WpÜG stelle eine zulässige Schrankenbestimmung nach Artikel 14 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz dar. Zwar gebiete das Grundgesetz einen vollen Ausgleich. Die dabei nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichts zu beachtende Mindestschwelle, namentlich der Börsenkurs, werde aber bei der Bestimmung des Angebotspreises erreicht. Der Schwellenwert von 90% gewährleiste zudem, dass der Angebotspreis dem Verkehrswert der Aktien entspreche (BT-Drs. 16/1342, S. 6).
155 
cc) Der Gesetzgeber hat sich auch hier im weiteren Verfahren nicht die Bedenken des Bundesrates, sondern die Position der Bundesregierung zu eigen gemacht. Dies zeigt wiederum die vom Plenum übernommene Beschlussempfehlung des federführenden Finanzausschusses vom 18.05.2006, die lediglich diejenigen Änderungsvorschläge des Bundesrates aufgriff, denen die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung ausdrücklich zugestimmt hatte (vgl. BT-Drs. 16/1541, S. 12 f.). Dem 16. Deutschen Bundestag erschienen demnach die gegen eine Orientierung der Abfindung ausschließlich am Börsenkurs vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken im Gegensatz zum 14. Deutschen Bundestag nicht hinreichend fundiert, um die Vermutungsregelung entgegen dem Gesetzgebungsvorschlag widerleglich auszugestalten.
156 
c) Die Widerleglichkeit der in § 39a Abs. 3 Satz 3 WpÜG geregelten Vermutung folgt nicht aus Vorgaben der Übernahmerichtlinie.
157 
aa) § 39a Abs. 3 Satz 3 WpÜG setzt die Regelung in Artikel 15 Abs. 5 Unterabs. 2 und 3 der Übernahmerichtlinie um. Wenngleich dies hier nicht abschließend zu entscheiden ist, dürfte die Richtlinie insoweit eine unwiderlegliche Vermutung enthalten (offen gelassen OLG Frankfurt am Main, ZIP 2009, 74 [juris Rn. 49]. Für die Vorgabe einer unwiderleglichen Vermutung Schlitt/Ries/Becker, NZG 2008, 700, 701; Hörmann/Feldmann, BB 2008, 2134, 2137; Wilsing/Ogorek, BB 2008, 2038, 2038; Merkt/Binder, BB 2006, 1285, 1290; Austmann/Mennicke, NZG 2004, 846, 851; Hasselbach, ZGR 2005, 387, 405 sowie Krause, BB 2004, 113, 118, der eine Angemessenheitsfiktion annimmt. Für die Vorgabe einer widerleglichen Vermutung dagegen LG Frankfurt am Main, BB 2008, 2035 [juris Rn. 42]; Heidel/Lochner in Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 2. Aufl., WpÜG § 39a Rn. 63; Schüppen/Tretter in Frankfurter Kommentar, WpÜG, 3. Aufl., § 39a Rn. 27; Maul, NZG 2005, 151, 157; Maul/Muffat-Jeandet, AG 2004, 306, 317; Rühland, NZG 2006, 401, 405; Mülbert, NZG 2004, 633, 634 und 641; Paefgen, WM 2007, 765, 767; Kießling, Der übernahmerechtliche Squeeze-Out gemäß §§ 39a, 39b WpÜG, S. 85; jedenfalls für den Fall des Squeeze-Out nach einem freiwilligen Angebot Hopt/Mülbert/Kumpan, AG 2005, 109, 116 f.; Schüppen, BB 2006, 165, 168 sieht eine widerlegliche Vermutung jedenfalls als mit der Richtlinie vereinbar an; Rühland, NZG 2004, 401, 407 meint, dass die Richtlinie keine unwiderlegliche Vermutung vorgebe. Grunewald, NZG 2009, 332, 332 meint, dass die Übernahmerichtlinie insoweit keine Vorgaben enthalte).
158 
(1) In der deutschen Fassung lauten die Vorgaben der Richtlinie wie folgt (vgl. Amtsblatt Nr. L142 vom 30.04.2004, S. 0012-0023):
159 
„Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass eine angemessene Abfindung garantiert wird. Diese Abfindung muss dieselbe Form aufweisen wie die Gegenleistung des Angebots oder in Form einer Geldleistung erfolgen. Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass zumindest wahlweise eine Geldleistung angeboten werden muss.
160 
Bei einem freiwilligen Angebot in den in Absatz 2 Buchstaben a) und b) vorgesehenen Fällen gilt die im Angebot angebotene Abfindung dann als angemessen, wenn der Bieter durch die Annahme des Angebots Wertpapiere erworben hat, die mindestens 90% des vom Angebot betroffenen stimmberechtigten Kapitals entsprechen.
161 
Bei einem Pflichtangebot gilt die Gegenleistung des Angebots als angemessen.“
162 
Die Wendung „gilt … als angemessen“ in Unterabsatz 2 und 3 spricht dafür, dass die Vermutung nicht widerleglich sein soll (vgl. Krause, BB 2004, 113, 118 [„Fiktion"]; Hasselbach, ZGR 2005, 387, 405; Schlitt/Ries/Becker, NZG 2008, 700, 701; Austmann/Mennicke, NZG 2004, 846, 851; für eine Ambivalenz des deutschen Wortlauts dagegen Grunewald, NZG 2009, 332, 332).
163 
Zu Recht wird zwar darauf verwiesen, dass die vorgenannte Wendung in den verschiedenen Sprachfassungen der Richtlinie unterschiedlich übersetzt wurde. Die englische Sprachfassung weist die Wendung „shall be presumed to be fair“ auf, die französische enthält die Formulierung „est présumée juste“. In der italienischen Fassung ist formuliert „è da considerare giusto“. Daraus kann aber nicht darauf geschlossen werden, dass die Vermutung nach der Übernahmerichtlinie widerleglich sein soll.
164 
Zwar werden die Verben „to presume“ bzw. „présumer“ im Allgemeinen mit „annehmen“, „mutmaßen“ oder „unterstellen“ ins Deutsche übersetzt (vgl. LG Frankfurt am Main, BB 2008, 2035 [juris Rn. 51]; Kießling, Der übernahmerechtliche Squeeze-Out gemäß §§ 39a, 39b WpÜG, S. 77). Die Wendungen „annehmen“ oder „unterstellen“ lassen sich nach dem allgemeinen deutschen Sprachgebrauch aber durchaus mit einer unwiderleglichen Vermutung vereinbaren. Auch das italienische „da considerare“ legt eine unwiderlegliche Vermutung nahe (vgl. Mülbert, NZG 2004, 633, 634; Grunewald, NZG 2009, 332, 332). Entsprechendes gilt für die spanische, niederländische und finnische Sprachfassung jedenfalls in Bezug auf Pflichtangebote, bei denen der Angebotspreis nach der Richtlinie - wie nach dem WpÜG allgemein - nach bestimmten Vorgaben zu ermitteln ist (vgl. Kießling, Der übernahmerechtliche Squeeze-Out gemäß §§ 39a, 39b WpÜG, S. 79).
165 
Dem kann nicht entgegen gehalten werden, dass der britische Gesetzgeber Regelungen, die er als unwiderlegliche Vermutungen ausgestalten will, mit „shall be considered“ umschreibt, wohingegen Regelungen, die in der Tendenz widerlegbar sind, mit „shall be presumed“ formuliert werden (so LG Frankfurt am Main, BB 2008, 2035 [juris Rn. 51 f.]; Kießling, Der übernahmerechtliche Squeeze-Out gemäß §§ 39a, 39b WpÜG, S. 77). Die Orientierung der Wortlautauslegung an der nationalen Gesetzgebung ist mit dem aus den Grundsätzen der Eigenständigkeit und der einheitlichen Geltung des Gemeinschaftsrechts abzuleitenden Grundsatz der autonomen Auslegung des Gemeinschaftsrechts unvereinbar (vgl. EuGH, Urteil vom 14.01.1982, C-64/81 [juris LS 1 und Rn. 8]; EuGH, Urteil vom 22.05.2003, C-103/01 [juris Rn. 33]; Borchardt in Schulze/Zuleeg, Europarecht, § 15 Rn. 32; Karpenstein, Praxis des EG-Rechts, § 2 Rn. 104; Pernice/Mayer in Grabitz/Hilf, Das Recht der EU, Art. 220 EGV Rn. 42).
166 
Im Übrigen kommt der englischen Sprachfassung keine größere Bedeutung zu als der deutschen. Bei der Wortlautauslegung von Gemeinschaftsrechtsakten ist grundsätzlich allen Sprachfassungen der gleiche Wert beizumessen (EuGH, Urteil vom 02.04.1998, C-296/95 [juris LS 2]; EuGH, Urteil vom 20.11.2003, C-152/01 [juris Rn. 32]; Borchardt in Schulze/Zuleeg, Europarecht, § 15 Rn. 35; Karpenstein, Praxis des EG-Rechts, § 2 Rn. 107; Pernice/Mayer in Grabitz/Hilf, Das Recht der EU, Art. 220 EGV Rn. 42).
167 
(2) Angesichts der durch mögliche Abweichungen der unterschiedlichen Sprachfassungen erschwerten Wortlautauslegung sind Vorschriften in Gemeinschaftsrechtsakten insbesondere anhand von Sinn und Zweck der Regelung auszulegen, zu der sie gehören (vgl. EuGH, Urteil vom 20.11.2003, C-152/01 [juris Rn.33]). Entgegen der Auffassung der Antragsteller spricht der Regelungszusammenhang, in dem Artikel 15 Abs. 5 Unterabs. 2 und 3 der Übernahmerichtlinie stehen, nicht für die Widerleglichkeit der dort angeordneten Vermutung.
168 
Die Verpflichtung der Mitgliedstaaten durch Artikel 15 Abs. 5 Unterabs. 1 Satz 2 der Richtlinie sicherzustellen, dass eine angemessene Abfindung „garantiert“ wird, setzt nicht voraus, dass die Möglichkeit eröffnet wird, die Unangemessenheit des auf Marktpreisen beruhenden Angebotspreises nachzuweisen. Im Gegenteil zeigt der Blick auf die Regelungen zur Bestimmung des Angebotspreises bei Pflichtangeboten, dass dem Gemeinschaftsgesetzgeber grundsätzlich eine Wertbestimmung anhand von Marktpreisen vor Augen stand (vgl. Hörmann/Feldhaus, BB 2008, 2314, 2137). Der Gemeinschaftsgesetzgeber traf - etwa durch die Bestimmung eines längeren Referenzzeitraums oder durch die Verpflichtung zur Berücksichtigung an Dritte gezahlter Zuschläge - lediglich Vorkehrungen, um Manipulationen des Marktpreises zu verhindern. So bestimmt die Übernahmerichtlinie in Artikel 5 Abs. 4:
169 
„Als angemessener Preis gilt der höchste Preis, der vom Bieter oder einer mit ihm gemeinsam handelnden Person in einem von den Mitgliedstaaten festzulegenden Zeitraum von mindestens sechs und höchstens zwölf Monaten vor dem Angebot gemäß Absatz 1 für die gleichen Wertpapiere gezahlt worden ist. Erwirbt der Bieter oder eine mit ihm gemeinsam handelnde Person nach Bekanntmachung des Angebots und vor Ablauf der Angebotsfrist Wertpapiere zu einem höheren als dem Angebotspreis, so muss der Bieter sein Angebot mindestens auf den höchsten Preis erhöhen, der für die dergestalt erworbenen Wertpapiere gezahlt wurde
170 
Sofern die allgemeinen Grundsätze nach Artikel 3 Absatz 1 eingehalten werden, können die Mitgliedstaaten ihre Aufsichtsstellen ermächtigen, den in Unterabsatz 1 genannten Preis unter ganz bestimmten Voraussetzungen und nach eindeutig festgelegten Kriterien abzuändern. Hierzu können sie in einer Liste festlegen, unter welchen Voraussetzungen der Höchstpreis nach oben oder nach unten korrigiert werden darf: wenn beispielsweise der Höchstpreis in einer Vereinbarung zwischen Käufer und Verkäufer gemeinsam festgelegt worden ist, wenn die Marktpreise der betreffenden Wertpapiere manipuliert worden sind, wenn die Marktpreise allgemein oder im Besonderen durch außergewöhnliche Umstände beeinflusst worden sind, oder um die Rettung eines Unternehmens in Schwierigkeiten zu ermöglichen. Sie können auch die in diesen Fällen heranzuziehenden Kriterien bestimmen: Beispielsweise den durchschnittlichen Marktwert während eines bestimmten Zeitraums, den Liquidationswert der Gesellschaft oder andere objektive Bewertungskriterien, die allgemein in der Finanzanalyse verwendet werden.
171 
Jede Entscheidung der Aufsichtsstellen zur Änderung des angemessenen Preises muss begründet und bekannt gemacht werden.“
172 
Dahin gestellt bleiben kann, dass Artikel 5 Abs. 4 Unterabs. 2 der Übernahmerichtlinie den Mitgliedstaaten die Möglichkeit einräumt, ihre Aufsichtsstellen zur Abänderung von Pflichtangebotspreisen zu ermächtigen, oder nach Artikel 5 Abs. 6 bzw. Artikel 3 Abs. 2 Buchstabe b) ermöglicht, weitere Instrumente zum Schutz der Wertpapierinhaber bzw. zusätzliche Bedingungen und strengere Bestimmungen für Angebote vorzusehen. Da den Mitgliedstaaten insoweit ausdrücklich ein Umsetzungsspielraum gewährt wird, können diese Regelungen nicht als Beleg dafür angeführt werden, dass zum Schutz der Wertpapierinhaber die in Artikel 15 Abs. 5 Unterabs. 2 und 3 angeordnete Maßgeblichkeit des auf dem Marktpreis beruhenden Angebotspreises stets entfallen soll, wenn dessen Unangemessenheit im Einzelfall nach gewiesen wird.
173 
(3) Zweifelhaft erscheint, ob aus der Entstehungsgeschichte der Übernahmerichtlinie abzuleiten ist, dass die Angemessenheitsvermutung in Artikel 15 Abs. 5 Unterabs. 2 und 3 widerleglich sein soll.
174 
Der dem Gesetzgebungsverfahren vorausgegangene Jaap-Winter-Bericht empfahl ausdrücklich, die Widerlegung der Angemessenheit des Angebotspreises zuzulassen (Jaap-Winter-Bericht S. 76; vgl. dazu Hörmann/Feldhaus, BB 2008, 2134, 2137; Paefgen, WM 2007, 765, 767):
175 
„Die Gruppe ist der Ansicht, dass … der im Rahmen des Übernahmeangebots angebotene Preis als ein gerechter Preis für die Aktion der Minderheitsaktionäre betrachtet werden sollte, wenn das Angebot von den Aktionären angenommen wurde, die mindestens 90% des Aktienkapitals halten, für das das Angebot unterbreitet wurde. Diese Annahme gilt unter der Bedingung, dass das Recht auf „Squeeze-Out“ innerhalb eines bestimmten Zeitraums ach dem Angebot ausgeübt wird. … Die Annahme, dass der Preis des Angebots gerecht ist, sollte anfechtbar sein, so dass unter bestimmten Voraussetzungen bei Gericht oder bei der Stelle, die die Aufsicht über das Übernahmeangebot führt, eine Überprüfung des Preises beantragt werden kann.“
176 
Dieser Empfehlung stand vermutlich die Regelung des Squeeze-Out im britischen companies act Modell (vgl. Rühland, NZG 2006, 401, 407).
177 
Die Kommission hat zwar in der Begründung ihres Richtlinienvorschlags vom 02.10.2002 zum Ausdruck gebracht, dass sie in Bezug auf das Ausschlussrecht den Empfehlungen des Jaap-Winter-Berichts folge (vgl. KOM (2002) 534 endgültig [im Folgenden „RL-E“], S. 3):
178 
„Der neue Vorschlag … folgt den Vorschlägen des „Winter-Berichts“, soweit es um die gemeinsame Definition des „angemessenen Preises“ (Artikel 5), das Ausschlussrecht (Artikel 14) und das Andienungsrecht im Anschluss an ein Angebot (Artikel 15) geht.“
179 
Dies muss aber nicht notwendig für die Einzelheiten der Ausgestaltung des Ausschlussrechts gelten. Die Kommission hat in ihrem Entwurfstext die Frage der Widerleglichkeit der Angemessenheitsvermutung jedenfalls nicht ausdrücklich angesprochen. In Artikel 14 Abs. 3 und 4 RL-E war zum Ausschluss von Minderheitsaktionären bestimmt:
180 
„3. Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass eine angemessene Abfindung garantiert wird. Diese Abfindung muss dieselbe Form aufweisen wie die Gegenleistung des Angebots.
181 
Bei einem freiwilligen Angebot gilt die Abfindung als angemessen, wenn sie der Gegenleistung des Angebots entspricht und der Bieter durch die Annahme des Angebots Wertpapiere erworben hat, die mindestens 90% des Gesellschaftskapitals entsprechen, das Gegenstand des Angebots war.
182 
Bei einem Pflichtangebot gilt die Gegenleistung des Angebots als angemessen.
183 
4. In den beiden in Absatz 1 Buchstaben a) und b) vorgesehenen Fällen gilt die Vermutung der angemessenen Abfindung nur, wenn das Ausschlussrecht innerhalb von drei Monaten nach Ablauf der Frist für die Annahme des Angebots ausgeübt wird. In allen anderen Fällen muss die Abfindung von einem unabhängigen Sachverständigen festgelegt werden.“
184 
Die Gegenüberstellung der Bemessung der Abfindung anhand der Vermutung in Absatz 4 Satz 1 einerseits und anhand eines Sachverständigengutachtens in Absatz 4 Satz 2 andererseits legt eher nahe, dass sich die Abfindung in den Fällen des Absatzes 3 - zumindest bei einem zeitlich unmittelbar auf das Angebot folgenden Ausschlussverfahren - nur am Angebotspreis orientieren sollte.
185 
Die Auslegung der Angemessenheitsvermutung in Artikel 15 Abs. 5 Unterabs. 2 und 3 der Übernahmerichtlinie als widerleglich stützt sich demnach im Wesentlichen auf die vor Beginn des Gesetzgebungsverfahrens veröffentlichten Empfehlungen einer Expertengruppe, die weder im Richtlinientext noch in den Erwägungsgründen in Bezug genommen werden. Die Berücksichtigung nicht in Text oder Erwägungsgründen enthaltener Umstände bei der Auslegung von Gemeinschaftsrechtsakten begegnet allerdings Bedenken. Zwar können bei der historischen Auslegung des sekundären Gemeinschaftsrechts subjektive Vorstellungen des Normgebers einfließen; dies gilt aber nur insoweit, als sie in dem auszulegenden Gemeinschaftsrechtsakt selbst konkreten Niederschlag gefunden und damit rechtliche Relevanz erhalten haben (vgl. zur Nichtberücksichtigung von Protokollerklärungen bei der Ratstagung, in welcher der Rechtsakt beschlossen wurde EuGH, Urteil vom 19.03.1996, C-25/74 [juris LS 3 und Rn. 38]; EuGH, Urteil vom 26.02.1991, C-292/89, [Juris Rn. 18]; allgemein Borchardt in Schulze/Zuleeg, Europarecht, § 15 Rn. 42; zur untergeordneten Bedeutung der historischen Auslegung im Gemeinschaftsrecht wegen der beschränkten Zugänglichkeit der Vorarbeiten der Kommission und anderer Materialien Karpenstein, Praxis des EG-Rechts, § 2 Rn. 111; zurückhaltender demgegenüber unter Hinweis auf die zunehmende Veröffentlichung von Materialien im Internet Pernice/Mayer in Grabitz/Hilf, Das Recht der EU, Art. 220 EGV Rn. 53).
186 
bb) Entgegen der Auffassung der Antragsteller (Bl. 263 f.) ist die Auslegung von Artikel 15 Abs. 5 Unterabs. 2 und 3 der Übernahmerichtlinie nicht gemäß Artikel 234 EG-Vertrag dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorzulegen.
187 
(1) Zwar ist der Senat gemäß Artikel 234 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Buchstabe b) EG-Vertrag zur Vorlage verpflichtet, wenn die Klärung der Auslegung der Übernahmerichtlinie in diesem Verfahren erforderlich ist.
188 
Der Senat entscheidet im Sinne von Artikel 234 Abs. 3 EG-Vertrag in letzter Instanz. Dabei ist in Übereinstimmung mit dem Wortlaut der Regelung eine konkrete Betrachtungsweise geboten. Vorlagepflichtig sind demnach nicht nur die höchsten nationalen Gerichte, sondern auch Instanzgerichte, soweit ihre Entscheidung im konkreten Verfahren nicht mehr anfechtbar ist (vgl. Karpenstein in Grabitz/Hilf, Das Recht der EU, Art. 234 EGV Rn. 52; Borchardt in Lenz/Borchardt, EUV/EGV, Art. 234 EGV Rn. 41; Middeke in Rengeling/Middeke/Gellermann, Handbuch des Rechtsschutzes in der EU, 2. Aufl., §10 Rn. 57; Classen in Schulze/Zuleeg, Europarecht, § 4 Rn. 77). Da auf dieses Verfahren die Bestimmungen des SpruchG anzuwenden sind (vgl. oben I.), ist gegen die Entscheidung des Senats nach § 12 Abs. 2 Satz 3 SpruchG kein ordentlicher Rechtsbehelf eröffnet.
189 
(2) Die Auslegung von Artikel 15 Abs. 5 Unterabs. 2 und 3 der Übernahmerichtlinie ist aber für die Entscheidung des Senats nicht erheblich.
190 
Eine Vorlagepflicht nach Artikel 234 Abs. 3 EG-Vertrag besteht nur, wenn die Auslegungsfrage entscheidungserheblich ist; dabei obliegt die Beurteilung der Entscheidungserheblichkeit dem nationalen Gericht (vgl. Karpenstein in Grabitz/Hilf, Das Recht der EU, Art. 234 EGV Rn. 25; Borchardt in Lenz/Borchardt, EUV/EGV, Art. 234 EGV Rn. 26; Middeke in Rengeling/Middeke/Gellermann, Handbuch des Rechtsschutzes in der EU, 2. Aufl., §10 Rn. 51; Classen in Schulze/Zuleeg, Europarecht, § 4 Rn. 74).
191 
Auf die Frage, ob die Angemessenheitsvermutung nach Artikel 15 Abs. 5 Unterabs. 2 und 3 der Übernahmerichtlinie widerleglich ist, kommt es indessen im Rahmen der hiesigen Entscheidung nicht an. Weder ist insoweit eine richtlinienkonforme Auslegung des § 39a Abs. 3 Satz 3 WpÜG geboten (dazu unten (a)) noch kommt eine unmittelbare Anwendung der Richtlinie in Betracht (dazu unten (b)).
192 
(a) Entgegen der Auffassung der Antragsteller und von Teilen der Literatur (vgl. Heidel/Lochner in Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 2. Aufl., § 39a Rn. 62; Paefgen, WM 2007, 765, 767) ist § 39a Abs. 3 Satz 3 WpÜG selbst dann nicht richtlinienkonform im Sinne einer widerleglichen Vermutung auszulegen, wenn die Übernahmerichtlinie eine widerlegliche Angemessenheitsvermutung enthalten sollte.
193 
Zwar folgt aus der gemäß Artikel 10 i.V.m. Artikel 249 EG-Vertrag sämtlichen Trägern öffentlicher Gewalt in den Mitgliedstaaten obliegenden Pflicht zur Gemeinschaftstreue das Gebot, nationale Gesetze, die in Umsetzung einer Richtlinie erlassen wurden, richtlinienkonform, also im Lichte von Wortlaut und Zweck der Richtlinie auszulegen (vgl. Gellermann in Rengeling/Middeke/Gellermann, Handbuch des Rechtsschutzes in der EU, 2. Aufl., § 33 Rn. 45; Nettesheim in Grabitz/Hilf, Das Recht der EU, Art. 249 EGV Rn. 153; Borchardt in Lenz/Borchardt, EUV/EGV, Art. 220 EGV Rn. 40; Borchardt in Schulze/Zuleeg, Europarecht, § 15 Rn. 72 und 75). Die Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung besteht aber nur, soweit die auszulegenden nationalen Rechtsvorschriften überhaupt Auslegungsspielräume eröffnen; zur Überwindung des Wortlauts, zur Bildung von Analogien oder zur Rechtsfortbildung ist der Rechtsanwender nicht verpflichtet (vgl. Nettesheim in Grabitz/Hilf, Das Recht der EU, Art. 249 EGV Rn. 153; Gellermann in Rengeling/Middeke/Gellermann, Handbuch des Rechtsschutzes in der EU, 2. Aufl., § 33 Rn. 49). Die Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung findet jedenfalls ihre Grenze im eindeutigen Wortlaut der nationalen Vorschrift oder in der ausdrücklichen Weigerung des nationalen Gesetzgebers, eine Richtlinie in nationales Recht umzusetzen; das nationale Recht darf nicht „contra legem“ ausgelegt werden (Borchardt in Lenz/Borchardt, EUV/EGV, Art. 220 EGV Rn. 41; Borchardt in Schulze/Zuleeg, Europarecht, § 15 Rn. 85 f.).
194 
Da sich der deutsche Gesetzgeber ausweislich der Entstehungsgeschichte (vgl. dazu oben b)) ausdrücklich für eine unwiderlegliche Ausgestaltung der Angemessenheitsvermutung des § 39a Abs. 3 Satz 3 WpÜG entschieden hat und dies im Wortlaut der Bestimmung auch zum Ausdruck kommt (vgl. oben a)), kann die Vorschrift selbst dann nicht als widerlegliche Vermutung ausgelegt werden, wenn dies die Übernahmerichtlinie vorgeben sollte.
195 
(b) Die Auslegung der Richtlinie ist auch nicht in anderem Zusammenhang für die Entscheidung des Senats erheblich; insbesondere ist die Richtlinie nicht unmittelbar anzuwenden.
196 
Es erscheint bereits zweifelhaft, ob die Übernahmerichtlinie im Allgemeinen und ihr Artikel 15 Abs. 5 Unterabs. 2 und 3 im Besonderen zur unmittelbaren Anwendung geeignet sind.
197 
Dazu müssten die Bestimmungen der Richtlinie inhaltlich unbedingt sein (vgl. Nettesheim in Grabitz/Hilf, Das Recht der EU, Art. 249 EGV Rn. 161; Gellermann in Rengeling/Middeke/Gellermann, Handbuch des Rechtsschutzes in der EU, 2. Aufl., § 33 Rn. 29; Hetmeier in Lenz/Borchardt, EUV/EGV, Art. 249 EGV Rn. 13). Dies trifft indessen jedenfalls auf die Bestimmungen der Übernahmerichtlinie zur Gegenleistung für den Squeeze-Out nicht zu, da die Richtlinie dem nationalen Gesetzgeber insoweit einen Umsetzungsspielraum lässt (vgl. dazu Falkner, ZIP 2008, 1775, 1776; Austmann/Mennicke, NZG 2004, 846, 849; Kießling, Der übernahmerechtliche Squeeze-Out gemäß §§ 39a, 39b WpÜG, S. 12 und 85). Bislang unangefochten hat etwa der deutsche Gesetzgeber den nach der Richtlinie nur für freiwillige Angebote vorgesehenen Schwellenwert von 90% in § 39a Abs. 3 Satz 3 WpÜG auch zur Voraussetzung der Angemessenheitsvermutung bei Pflichtangeboten gemacht hat, um die Angemessenheit des Angebotspreises abzusichern (vgl. dazu Austmann/Mennicke, NZG 2004, 846, 849 f.). Zu bedenken ist außerdem, dass Artikel 3 Abs. 2 Buchstabe b) und Artikel 4 Abs. 5 Unterabs. 2 sowie Artikel 5 Abs. 4 Unterabs. 2 der Übernahmerichtlinie den nationalen Gesetzgeber ermächtigen, von den Richtlinienvorgaben für das Angebot abzuweichen, insbesondere um eine Manipulation der Marktpreise zu verhindern. Die Bestimmungen über den Angebotspreis betreffen die beim Squeeze-Out zu gewährende Abfindung zwar nur mittelbar. Je stärker die nationalen Umsetzungsvorschriften aber sicherstellen, dass der Angebotspreis angemessen ist, desto weniger besteht Anlass, die Widerlegung der Vermutung in Artikel 15 Abs. 5 Unterabs. 2 und 3 zu eröffnen.
198 
Jedenfalls kommt die unmittelbare Anwendung einer Richtlinie grundsätzlich nur im Verhältnis zu dem die Richtlinie nicht ordnungsgemäß umsetzenden Mitgliedstaat, nicht aber im hier betroffenen Verhältnis zwischen Bürgern untereinander in Betracht.
199 
Da Richtlinien Verpflichtungen nur für die Mitgliedstaaten, nicht aber für den Einzelnen enthalten, sind sie unmittelbar grundsätzlich nur anzuwenden, soweit sie den Bürger gegenüber dem Mitgliedstaat begünstigen, nicht aber im Verhältnis der Bürger untereinander (vgl. EuGH, Urteil vom 07.03.1996, C-192/94 [juris LS 1 und Rn. 15-18] „El Corte Ingles“; EuGH, Urteil vom 26.02.1986, C-152/84 [juris LS 5 und Rn. 48] „Marshall“; Gellermann in Rengeling/Middeke/Gellermann, Handbuch des Rechtsschutzes in der EU, 2. Aufl., § 33 Rn. 34; Remien in Schulze/Zuleeg, Europarecht, § 14 Rn. 36; Hetmeier in Lenz/Borchardt, EUV/EGV, Art. 249 EGV Rn. 14; für eine umfassendere unmittelbare Anwendung von Richtlinien dagegen Nettesheim in Grabitz/Hilf, Das Recht der EU, Art. 249 EGV Rn. 179). Zwar können sich Bürger ausnahmsweise gegenüber anderen Bürgern darauf berufen, dass Vorschriften des nationalen Rechts gegen die Vorgaben einer Richtlinie verstoßen. Diese Fälle betreffen aber Rechtsvorschriften, die unter Verstoß gegen gemeinschaftsrechtliche Notifizierungs- oder Wartefristen erlassen wurden, die es der Kommission ermöglichen sollten, Beschränkungen des freien Warenverkehrs durch Harmonisierungsmaßnahmen zu vermindern (vgl. EuGH, Urteil vom 30.04.1996, C-194/94 [juris Rn. 47-50] „CIA Security“; EuGH, Urteil vom 26.09.2000, C-443/98 [juris Rn. 49] „Unilever“). Dadurch wurden die Bürger, die sich auf die richtlinienwidrig erlassenen Rechtsvorschriften beriefen, indessen nicht über die Reflexwirkung des Wegfalls der Vorschrift hinaus belastet (vgl. insoweit Gellermann in Rengeling/Middeke/Gellermann, Handbuch des Rechtsschutzes in der EU, 2. Aufl., § 33 Rn. 34). Würde man demgegenüber - die Widerleglichkeit der Angemessenheitsvermutung in Artikel 15 Abs. 5 Unterabs. 2 und 3 der Übernahmerichtlinie unterstellt - in unmittelbarer Anwendung dieser Richtlinienbestimmung anstelle des § 39a Abs. 3 Satz 3 WpÜG den übrigen Aktionären die Möglichkeit eröffnen, zu widerlegen, dass die angemessene Abfindung dem auf dem Börsenwert beruhenden Angebotspreis entspricht, und stattdessen die Bemessung der Abfindung nach einem über dem Börsenwert liegenden, im Ertragswertverfahren ermittelten Unternehmenswert zu fordern, käme es - schon wegen des damit verbundenen Zeit- und Kostenaufwands - zu einer unmittelbaren Belastung des Bieters.
200 
d) Die Widerleglichkeit der Vermutung in § 39a Abs. 3 Satz 3 WpÜG folgt auch nicht aus einer verfassungskonformen Auslegung der Vorschrift.
201 
Das Gebot der verfassungskonformen Auslegung von Gesetzen bewirkt, dass von mehreren möglichen Normdeutungen, die teils zu verfassungswidrigen, teils zu verfassungsgemäßen Ergebnissen führen, die verfassungsgemäße zu wählen ist (vgl. BVerfGE 32, 373 [juris Rn. 30 m.w.N.]; Hopfauf in Schmidt-Bleibtreu, GG, 11. Aufl., Art. 93 Rn. 114). Die verfassungskonforme Auslegung des § 39a Abs. 3 Satz 3 WpÜG führt aber nicht zu dem Ergebnis, dass die Vermutung, die angemessene Abfindung entspreche dem auf dem Börsenwert beruhenden Angebotspreis, durch den Nachweis eines über dem Börsenwert liegenden, nach fundamentalanalytischen Methoden ermittelten Unternehmenswerts widerlegt werden kann.
202 
Dies gilt schon deshalb, weil die verfassungskonforme Auslegung einer Vorschrift - ähnlich wie die richtlinienkonforme Auslegung (vgl. dazu oben c) bb) (2) (a)) - deren normativen Gehalt nicht grundlegend neu bestimmen darf; die verfassungskonforme Auslegung findet dort ihre Grenze, wo sie zu dem Wortlaut und dem klaren Willen des Gesetzgebers in Widerspruch treten würde (vgl. BVerfGE 8, 28 [juris LS 1 und Rn. 22]; BVerfGE 18, 97 [juris Rn. 50]; BVerfGE 72, 278 [juris Rn. 40]; BVerfGE 90, 263 [juris Rn. 39]; Hopfauf in Schmidt-Bleibtreu, GG, 11. Aufl., Art. 93 Rn. 114). Da sich der Gesetzgeber ausweislich der Entstehungsgeschichte (vgl. dazu oben b)) für eine unwiderlegliche Ausgestaltung der Vermutung des § 39a Abs. 3 Satz 3 WpÜG entschieden hat und dies im Wortlaut der Bestimmung auch zum Ausdruck kommt (vgl. oben a)), könnte die Vorschrift deshalb selbst dann nicht als widerlegliche Vermutung ausgelegt werden, wenn sie nur in diesem Fall verfassungsgemäß wäre.
203 
Indessen ist die Eröffnung der Möglichkeit für die übrigen Aktionäre, nachzuweisen, dass der nach dem Ertragswertverfahren oder anderen fundamentalanalytischen Methoden ermittelte Unternehmenswert den am Börsenwert orientierten Angebotspreis übersteigt, und diesen vom Bieter zu fordern, nicht geboten, um die Vereinbarkeit der Bestimmung mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben sicherzustellen (ebenso im Ergebnis OLG Frankfurt am Main, ZIP 2009, 74 [juris Rn. 56, 58 und 62]; Santelmann in Steinmeyer/Häger, WpÜG, 2. Aufl., § 39a Rn. 8 und 11; Süßmann in Geibel/Süßmann, WpÜG, § 39a Rn. 16; Wilsing/Ogorek, BB 2008, 2038, 2039; Falkner, ZIP 2008, 1775, 1776; Hörmann/Feldhaus, BB 2008, 2134, 2138; Schlitt/Ries/Becker, NZG 2008, 700, 700; Seibt/Heiser, AG 2006, 301, 318 f.; Merkt/Binder, BB 2006, 1285, 1290; Grunewald, NZG 2009, 332, 334; Paefgen, WM 2007, 765, 768, allerdings bei Annahme einer Widerleglichkeitsvorgabe durch das Gemeinschaftsrecht; Austmann/Mennicke, NZG 2004, 846, 850 und Hasselbach, ZGR 2005, 387, 406 de lege ferenda; wohl auch Holzborn/Müller in Bürgers/Körber, AktG, Anh § 327a/§§ 39a-39c WpÜG Rn. 12 und Ott, WM 2008, 384, 390; Rühland, NZG 2006, 401, 406 f. hält zwar eine Widerlegungsmöglichkeit für geboten, aber nur für Fälle des Verstoßes gegen § 15 WpHG oder von Börsenkursmanipulationen. A.A. LG Frankfurt am Main, BB 2008, 2035 [juris Rn. 41]; Heidel/Lochner in Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 2. Aufl., WpÜG § 39a Rn. 64 und 41 ff.; Schüppen, BB 2006, 165, 168; Hopt/Mülbert/Kumpan, AG 2005, 109, 117; Kießling, Der übernahmerechtliche Squeeze-Out gemäß §§ 39a, 39b WpÜG, S. 118; wohl auch Schüppen/Tretter in Frankfurter Kommentar, WpÜG, 3. Aufl., § 39a Rn. 26 f.. Sellmann, WM 2003, 1545, 1547 hielt de lege ferenda jedenfalls eine widerlegliche Vermutung für verfassungsgemäß. Ohne eigene Stellungnahme insoweit Krause, BB 2004, 113, 118; Maul, NZG 2004, 1451, 157; Mülbert, NZG 2004, 633, 642 und Deilmann, NZG 2007, 721, 723 f.).
204 
Nicht zu entscheiden ist vor diesem Hintergrund, ob § 39a Abs. 3 Satz3 WpÜG an Artikel 14 Abs. 1 Grundgesetz gemessen werden darf, wenn und soweit er gemeinschaftsrechtliche Vorgaben umsetzt, oder ob der Grundrechtsschutz insoweit nur auf europäischer Ebene zu gewährleisten ist (vgl. dazu BVerfGE 73, 339 [juris LS 2] „Solange II“; BVerfGE 89, 155 [juris LS 7] „Maastricht“; BVerfGE 113, 273 [juris Rn. 80] „EU-Haftbefehl“; BVerfG, WM 2007, 1483 [juris Orientierungssatz 1a]). Einer Aussetzung des Verfahrens zur Einholung einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gemäß Artikel 100 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz bedarf es nicht.
205 
aa) Artikel 14 Abs. 1 Grundgesetz gewährleistet zwar auch das in der Aktie verkörperte Anteilseigentum im Rahmen seiner Ausgestaltung durch das Gesellschaftsrecht. Diese Gewährleistung schließt aber nicht aus, dass der Gesetzgeber kraft seiner Befugnis zur Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums gemäß Artikel 14 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz Maßnahmen ermöglicht, die den Wert der Aktie erheblich mindern oder die in ihr verkörperte Rechtsposition entziehen (vgl. BVerfGE 14, 263 [juris Rn. 52 und 62] „Feldmühle“; BVerfGE 100, 289 [juris Rn. 42 und 46] „DAT/Altana“).
206 
Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass die berechtigten Interessen der betroffenen Aktionäre gewahrt werden. Dazu gehört zum einen, dass ihnen wirksame Rechtsbehelfe gegen einen Missbrauch der wirtschaftlichen Macht zur Verfügung stehen und zum anderen, dass sie für den Verlust ihrer Rechtsposition - anders als bei Enteignungen zum Wohl der Allgemeinheit - wirtschaftlich voll entschädigt werden (BVerfGE 14, 263 [juris Rn. 65] „Feldmühle“; BVerfGE 100, 289 [juris Rn. 47] „DAT/Altana“).
207 
Die „volle Entschädigung“ muss dasjenige vollständig kompensieren, was dem Aktionär an Eigentum i.S.v. Artikel 14 Abs. 1 Grundgesetz verloren geht. Dabei ist zu bedenken, dass das Aktieneigentum mitgliedschaftliche Herrschafts- und Vermögensrechte vermittelt. Bei Kleinaktionären, die auf die Unternehmenspolitik regelmäßig keinen Einfluss nehmen können und die Aktie vorwiegend als Kapitalanlage betrachten, steht die Vermögenskomponente vielfach im Vordergrund. Dabei ist das Aktieneigentum im Gegensatz zu anderen Unternehmensbeteiligungen von der besonderen Verkehrsfähigkeit geprägt, die es dem Aktionär jedenfalls in Zeiten eines funktionierenden Kapitalmarktes erlaubt, sein Kapital nach Belieben zu investieren oder zu deinvestieren (vgl. BVerfGE 100, 289 [juris Rn. 54 f.] „DAT/Altana“).
208 
Soweit der einfache Gesetzgeber bislang eine Entwertung oder Entziehung des Aktieneigentums ermöglicht hat, gewährt er dem betroffenen Aktionär im Gegenzug eine „angemessene Abfindung“ (vgl. § 305 Abs. 1 AktG, § 320b Abs. 1 Satz 1 AKtG, § 327f Satz 1 und 2 AktG) bzw. einen „angemessenen Ausgleich“ (vgl. § 304 Abs. 1 Satz 1 AktG). Die Praxis ermittelt zur Bestimmung der angemessenen Abfindung bzw. des angemessenen Ausgleichs den Grenzpreis, zu dem der Minderheitsaktionär bei einer freiwilligen Desinvestitionsentscheidung ohne Nachteil aus der Gesellschaft ausscheiden könnte (vgl. BGHZ 138, 136 [juris Rn. 9]; OLG Stuttgart, NZG 2007, 112 [juris Rn. 23]; Hüffer, AktG, 8. Aufl., § 305 Rn. 18). Zur Ermittlung dieses Werts wendet die Rechtsprechung fundamentalanalytische Unternehmensbewertungsverfahren an, insbesondere das Ertragswertverfahren (vgl. OLG Stuttgart, AG 2007, 209 [juris Rn. 30]; Hüffer AktG, 8. Aufl., § 305 Rn. 19; Emmerich in Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 5. Aufl., § 305 Rn. 51 ff.; Veil in Spindler/Stilz, AktG, § 305 Rn. 62 ff.). Dabei ist allerdings der Börsenkurs der Aktie als Untergrenze der Entschädigung zu berücksichtigen (BVerfGE 100, 289 [juris Rn. 63] „DAT/Altana“; BGHZ 147, 108 [juris Rn. 17] „DAT/Altana“).
209 
Die durch das Übernahmerichtlinien-Umsetzungsgesetz neu geschaffene Vorschrift des § 39a Abs. 3 Satz 3 WpÜG unterstellt demgegenüber, dass der Preis des Angebots, das dem Ausschlussverfahren vorausging, der angemessenen Abfindung entspricht, wenn es für mindestens 90% der Aktien angenommen wurde, auf die es sich bezog. Der Angebotspreis bestimmt sich nach § 31 Abs. 1 WpÜG i.V.m. §§ 3 ff. WpÜG-AngebotsVO. Entscheidend ist dabei im Wesentlichen der gewichtete durchschnittliche Börsenkurs der Aktie während der letzten drei Monate vor der Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots bzw. des Kontrollerwerbs (§ 31 Abs. 1 Satz 2 WpÜG i.V.m. § 5 f. WpÜG-AngebotsVO). Daneben sind die Preise zu berücksichtigen, zu denen der Bieter oder bestimmte Dritte Aktien erworben haben (§ 31 Abs. 1 Satz 2 WpÜG i.V.m. § 4 WpÜG-AngebotsVO). Die angemessene Abfindung orientiert sich demnach im Fall des § 39a Abs. 3 Satz 3 WpÜG nicht an einem nach fundamentalanalytischen Methoden ermittelten Wert des Unternehmens, sondern an seinem Börsenwert.
210 
bb) Verfassungsrechtlich bedenklich wäre die Unwiderleglichkeit der in § 39a Abs. 3 Satz 3 WpÜG geregelten Vermutung, dass die angemessene Abfindung dem Angebotspreis entspricht, nur, wenn damit nicht hinreichend gewährleistet wäre, dass die übrigen Aktionäre im Gegenzug für ihre auf den Bieter übertragenen Aktien deren vollen Verkehrswert erhalten. Dies trifft indessen nicht zu.
211 
Angesichts der Orientierung des Angebotspreises am Börsenkurs erhalten die übrigen Aktionäre zumindest den Börsenwert. Dem kann hier nicht entgegen gehalten werden, dass der Börsenkurs der Aktie am 21.09.2007, also nach dem Übertragungsbeschluss, bei 15,80 Euro und damit um 6 Cent über dem Angebotspreis lag. Dieser Kurs entspricht genau der Summe aus angebotener Abfindung und Verzinsung.
212 
Auf einen über dem Börsenwert liegenden, nach fundamentalanalytischen Methoden ermittelten Unternehmenswert haben die übrigen Aktionäre keinen verfassungsrechtlichen Anspruch (vgl. dazu unten (1)); der Gesetzgeber hat jedenfalls ausreichend sichergestellt, dass der am Börsenwert orientierte Angebotspreis dem Verkehrswert der Aktien entspricht (vgl. dazu unten (2)).
213 
(1) Zwar ist der Börsenwert eines Unternehmens nicht notwendig mit dem fundamentalanalytisch ermittelten Unternehmenswert, insbesondere mit seinem Ertragswert identisch. Fehl geht aber die Auffassung der Antragsteller, es sei verfassungsrechtlich geboten, ihnen im Wege einer „Meistbegünstigung“ entweder den anteiligen Börsenwert oder aber einen höheren anteiligen Ertragswert des Unternehmens zukommen zu lassen; Artikel 14 Abs. 1 Grundgesetz gebietet keine „doppelte Untergrenze“ für die Ermittlung des Verkehrswerts (vgl. Stephan in Schmidt/Lutter, AktG, § 305 Rn. 99; im Ergebnis wohl ebenso OLG Frankfurt am Main, ZIP 2009, 74 [juris Rn. 56] und Grunewald, NZG 2009, 332, 334; Veil in Spindler/Stilz, AktG, § 305 Rn. 51 sowie Emmerich in Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 5. Aufl., § 305 Rn. 44 jedenfalls vorbehaltlich nachgewiesener Kapitalmarktineffizienzen; Rühland, NZG 2006, 401, 404; Müller in Festschrift Röhricht, S. 1015, 1028 hält den Börsenkurs zugleich für die Obergrenze der angemessenen Abfindung; a.A. Heidel/Lochner in Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 2. Aufl., WpÜG § 39a Rn. 42; Kießling, Der übernahmerechtliche Squeeze-Out gemäß §§ 39a, 39b WpÜG, S. 927).
214 
Zwar hat der Bundesgerichtshof zur Frage der Bemessung der angemessenen Abfindung i.S.v. § 305 AktG in Umsetzung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Berücksichtigung des Börsenkurses als Untergrenze der angemessenen Abfindung festgestellt, dass der Minderheitsaktionär zumindest den anteiligen Börsenwert oder stattdessen einen darüber liegenden anteiligen Unternehmenswert verlangen kann, der nach fundamentalanalytischen Methoden ermittelt wurde (vgl. BGHZ 147, 110 [juris Rn. 21] „DAT/Altana“; kritisch dazu Stilz, ZGR 2001, 875, 892 und Veil in Spindler/Stilz, AktG, § 305 Rn. 51). Dies bedeutet aber nicht, dass der Minderheitsaktionär stets von Verfassung wegen den höheren Betrag verlangen kann (vgl. Stephan in Schmidt/Lutter, AktG, § 305 Rn. 99; a.A. Heidel/Lochner in Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 2. Aufl., WpÜG § 39a Rn. 42; soweit sich Martens, AG 2003, 593, 599 für einen „Meistbegünstigungsgrundsatz“ ausspricht, dient dies lediglich der Bewältigung der hier nicht einschlägigen Sonderprobleme bei der Ermittlung einer angemessenen Verschmelzungswertrelation; Emmerich in Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 5. Aufl., § 305 Rn. 44 hält im Rahmen des § 305 AktG eine Abfindung nach dem den Börsenwert übersteigenden fundamentalanalytisch ermittelten Unternehmenswert für geboten, wenn die Anteile wegen offenkundiger Informationsdefizite der Börsenteilnehmer unterbewertet sind). Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs erging auf der Grundlage einer einfachgesetzlichen Vorschrift, welche die Methode zur Ermittlung des Verkehrswerts nicht regelt. Der Entscheidung lässt sich nicht entnehmen, dass der Minderheitsaktionär auch dann den anteiligen, anhand des Ertragswertverfahrens ermittelten Unternehmenswert verlangen darf, wenn der Gesetzgeber ausdrücklich eine Wertermittlung anhand des Börsenwerts vorschreibt.
215 
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist zwar neben dem von der Rechtsprechung bis zum damaligen Zeitpunkt ausschließlich fundamentalanalytisch ermittelten Unternehmenswert „[dar]über hinaus“ (BVerfGE 100, 289 [juris Rn. 56] „DAT/Altana“) der Börsenwert zu berücksichtigen, weil und soweit dieser den Verkehrswert der Aktie abbildet (BVerfGE 100, 289 [juris Rn. 63] „DAT/Altana“). Mit dieser Feststellung sind aber keine Vorgaben für die Ermittlung des Unternehmenswerts verbunden. Die verfassungsrechtlich gebotene Berücksichtigung von Börsenkursen beruht vielmehr darauf, dass die Aktie nicht nur eine mittelbare Beteiligung am Unternehmen der Gesellschaft darstellt, was zu einer Unternehmensbewertung führen muss, sondern dass sie - im Unterschied zu anderen Formen gesellschaftsrechtlicher Beteiligung - auch ein selbständig verkehrsfähiger, der unmittelbaren Verfügung des Aktionärs unterliegender Vermögenswert ist (OLG Stuttgart, ZIP 2008, 883 [juris Rn. 33]; zustimmend Wasmann, BB 2008, 580). Für die unter dem Aspekt der Aktie als Unternehmensbeteiligung weiterhin gebotene Ermittlung des Unternehmenswerts hat das Bundesverfassungsgericht indessen ausdrücklich festgestellt, das Verfassungsrecht enthalte keine konkreten Vorgaben zur Wertermittlung (BVerfGE 100, 289 [juris Rn. 61] „DAT/Altana“). Demnach verdient von Verfassung wegen eine auf fundamentalanalytischen Methoden beruhende Wertermittlung weder im Allgemeinen noch bei der Ermittlung höherer Ergebnisse im Einzelfall den Vorrang vor einer marktorientierten Wertermittlung anhand von Börsenwerten .
216 
Der Börsenwert gibt ebenso wie der Ertragswert oder andere in fundamentalanalytischen Verfahren ermittelte Werte den Wert des Unternehmens an. Der Ertragswert ist im Verhältnis zum Börsenwert nicht der richtigere oder „wahre“ Wert, sondern lediglich ein mithilfe anderer Methoden gefundener Wert.
217 
Der in einem fundamentalanalytischen Verfahren ermittelte Unternehmenswert stellt den - lediglich theoretischen - Wert dar, wie er bei einem Verkauf des Unternehmens als Einheit erzielt werden könnte (vgl. BGH, WM 1984, 1506 [juris Rn. 10]; Hüttemann, ZGR 2001, 454, 466). Während der Aktionär grundsätzlich einen Börsenkurs realisieren kann, wenn er sich zu einer Desinvestition entscheidet, kann er nicht darauf vertrauen, einen über dem Börsenwert liegenden, seinem Anteil am Unternehmen entsprechenden Teil des für das Unternehmen als Wirtschaftseinheit theoretisch errechneten Werts zu erlösen. Dies gilt nicht nur deshalb, weil der letztgenannte Wert jeweils im Einzelfall aufwändig zu ermitteln ist, sondern auch deshalb, weil der einzelne Aktionär dem Erwerber regelmäßig nicht die Kontrolle über das Unternehmen vermitteln kann. Jedenfalls hängt eine Veräußerung zu einem vom allgemeinen Marktpreis abweichenden Preis auch für große Aktienpakete regelmäßig vom individuellen Verlauf der Verhandlungen zwischen Käufer und Verkäufer sowie deren subjektiven Bewertungsmaßstäben ab.
218 
Zwar entspricht der fundamentalanalytisch im Ertragswertverfahren ermittelte Unternehmenswert modelltheoretisch dem Barwert der künftigen Unternehmenserträge, die dem Aktionär über seinen Dividendenanspruch zugute gekommen wären, wenn er seine Aktien hätte behalten dürfen; daher ist nicht auszuschließen, dass der Aktionär - das Halten seiner Aktien unterstellt - den fundamentalanalytisch ermittelten Ertragswert in der Zukunft tatsächlich realisieren kann, wenn sich unter anderem die der Ertragswertberechnung zugrunde liegenden Ertragsprognosen und Zinsannahmen bewahrheiten würden. Auch der Börsenkurs spiegelt aber die Einschätzung des Barwerts der künftigen Unternehmenserträge wider (vgl. Hüttemann, ZGR 2001, 454, 468; Steinhauer, AG 1999, 299, 303 f.; Gude, Strukturänderungen und Unternehmensbewertung zum Börsenkurs, S. 28; ähnlich Stilz, ZGR 2001, 875, 884 sowie LG Frankfurt am Main, BB 2009, 617 [juris Rn. 19]). Dem kann nicht entgegen gehalten werden, dass diese nicht von einem externen Sachverständigen, sondern von den Marktteilnehmern getroffene Einschätzung nicht nur die dem Unternehmen selbst innewohnenden Umstände, sondern auch äußere Einflüsse wie politische Ereignisse, psychologische Momente oder allgemeine Tendenzen berücksichtigt. Dies trifft in gleicher Weise auf die Ertragsprognosen zu, die der fundamentalanalytischen Wertermittlung durch einen Sachverständigen zugrunde gelegt werden (vgl. Steinhauer, AG 1999, 299, 302).
219 
Dabei kommt den vom Sachverständigen zugrunde gelegten Ertragsprognosen nicht per se eine höhere Richtigkeitsgewähr zu als den Einschätzungen der Marktteilnehmer, da sie grundsätzlich auf der Planung der Geschäftsführung des zu bewertenden Unternehmens beruhen (vgl. LG Frankfurt, BB 2009, 617 [juris Rn. 19]). Jedenfalls bei einem hinreichend (informations-) effizienten Kapitalmarkt und bei hinreichender Liquidität der Aktie, also bei ausreichend großen Handelsumsätzen, sind die auf den Schätzungen der Marktteilnehmer beruhenden Börsenwerte nicht weniger zur Bestimmung des Verkehrswerts einer Aktie geeignet als die Schätzungen eines Sachverständigen (vgl. LG Frankfurt am Main, BB 2009, 617 [juris Rn. 19]; Hüttemann, ZGR 2001, 454, 468; Steinhauer, AG 1999, 299, 306 f.; Gude, Strukturänderungen und Unternehmensbewertung zum Börsenkurs, S. 299; in diesem Sinne auch Müller in Festschrift Röhricht, S. 1015, 1028). Während eine fundamentalanalytische Unternehmensbewertung nur versucht, einen Preisbildungsprozess am Markt zu simulieren (vgl. OLG Frankfurt am Main, ZIP 2009, 74 [juris Rn. 56]; Müller in Festschrift Röhricht, S. 1015, 1026; Stilz in Festschrift Mailänder, S. 423, 427), beruht der Börsenwert auf einem tatsächlichen Preisbildungsprozess, der sich aus einer Vielzahl realer Kauf- und Verkaufsentscheidungen der Marktteilnehmer zusammensetzt (vgl. Hüttemann, ZGR 2001, 454, 468). Dementsprechend wird der Börsenwert eines Unternehmens auch bei der fundamentalanalytischen Ermittlung seines Wertes zur Plausibilisierung herangezogen (vgl. IDW Standard: Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen [IDW S1] Stand 18.10.2005 Tz. 15).
220 
(2) Der Gesetzgeber hat jedenfalls ausreichend sichergestellt, dass der nach § 39a Abs. 3 Satz 3 WpÜG maßgebliche Angebotspreis im Einzelfall dem Verkehrswert entspricht.
221 
Zwar gebietet Artikel 14 Abs. 1 Grundgesetz, Sicherungen vorzusehen, die gewährleisten, dass der zum Ausscheiden gezwungene Aktionär wirtschaftlich voll entschädigt wird; die Verfassung verlangt aber keine bestimmten Schutzvorkehrungen (BVerfG, ZIP 2000, 1670 [juris Rn. 20 und 23] „Moto-Meter“).
222 
Da die Vorschriften des § 31 WpÜG und der §§ 3 ff. WpÜG-AngebotsV zur Ermittlung des Angebotspreises in Verbindung mit der in § 39a Abs. 3 Satz 3 WpÜG als Voraussetzung für das Eingreifen der Angemessenheitsvermutung vorgesehenen Annahmequote von 90% ausreichende Schutzvorkehrungen darstellen, geht die Auffassung der Antragsteller fehl, der nach § 39a Abs. 3 Satz 3 WpÜG maßgebliche Angebotspreis müsse - zumindest bei einer Erschütterung der Angemessenheitsvermutung - im Einzelfall anhand einer Unternehmensbewertung nach fundamentalanalytischen Methoden überprüft werden (ebenso im Ergebnis OLG Frankfurt am Main, ZIP 2009, 74 [juris Rn. 58]; im Ausgangspunkt ebenso, wegen Missbrauchs- und Umgehungsgefahren allerdings im Ergebnis für eine Widerleglichkeit bei substantiierten Rügen der übrigen Aktionäre Kießling, Der übernahmerechtliche Squeeze-Out gemäß §§ 39a, 39b WpÜG, S. 106, 113, 116. Für eine allgemeine Widerleglichkeit der Vermutung dagegen LG Frankfurt am Main, BB 2008, 2035 [juris Rn. 39]; Heidel/Lochner in Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 2. Aufl., WpÜG § 39a Rn. 42 ff.; Rühland, NZG 2006, 401, 405).
223 
(a) Der dem Angebotspreis zugrundeliegende Börsenpreis ist im Allgemeinen zur Bestimmung des Verkehrswerts geeignet (vgl. oben (1); BVerfGE 100, 289 [juris Rn. 63] „DAT/Altana“). Die an der Börse auftretenden Verkäufer verfolgen grundsätzlich dasselbe Interesse wie die übrigen Aktionäre im Falle ihres Ausschlusses, nämlich für ihre Aktie einen möglichst hohen Preis zu erzielen. Vor dem Hintergrund dieser Interessenhomogenität hat das Bundesverfassungsgericht die Orientierung an einem Marktpreis als verfassungsrechtlich ausreichend erachtet, solange dieser nicht durch den - insoweit in einen Interessenkonflikt verstrickten - Hauptaktionär beeinflusst wird (vgl. BVerfG, ZIP 2000, 1670 [juris Rn. 21] „Moto-Meter“; OLG Stuttgart, AG 2006, 421 [juris Rn. 61]; OLG Frankfurt am Main, ZIP 2009, 74 [juris Rn. 62 f.]).
224 
Eine solche Beeinflussung ist hier allerdings ausgeschlossen, da die Vorschriften in § 31 Abs. 1 WpÜG i.V.m. §§ 3 ff. WpÜG-AngebotsVO dem Bieter die Höhe des Angebotspreises vorgeben. Dabei verhindert § 5 Abs. 1 und 3 WpÜG-AngebotsVO, wonach auf einen nach Umsätzen gewichteten Durchschnittskurs in einem Referenzzeitraum von drei Monaten abzustellen ist, dass der Angebotspreis von zufälligen Tageskursen oder nicht aussagekräftigen Einzelgeschäften an Tagen mit geringem Handelsvolumen geprägt wird. § 4 WpÜG-AngebotsVO sichert den übrigen Aktionären die Teilhabe an Paketaufschlägen und anderen Sonderpreisen, die der Bieter bzw. bestimmte dritte Personen in der Vergangenheit gezahlt haben.
225 
Auch in der vom Bundesverfassungsgericht als Hauptfall der fehlenden Aussagekraft des Börsenkurses angesehenen Situation der Marktenge (vgl. BVerfGE 100, 289 [juris Rn. 67] „DAT/Altana“), also bei fehlender Liquidität der Aktie, ist gewährleistet, dass der Angebotspreis dem Verkehrswert der Aktie entspricht. Anders als beim gesellschaftsrechtlichen Squeeze-Out, wo der Verkehrswert der Aktie zu einem Zeitpunkt bestimmt werden muss, zu dem der Hauptaktionär bereits über 95% des Grundkapitals verfügt (§ 327 Abs. 1 Satz 1 AktG), bestimmt sich die Abfindung beim übernahmerechtlichen Squeeze-Out gemäß § 39a Abs. 3 Satz 3 WpÜG durch Anknüpfung an einen Zeitpunkt, zu dem der Streubesitz typischer Weise noch deutlich größer ist. Ging dem übernahmerechtlichen Squeeze-Out ein Pflichtangebot voraus, betrug der Aktienbesitz des Hauptaktionärs unter Umständen nur 30% des Grundkapitals (vgl. §§ 35 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. 29 Abs. 2 WpÜG). Im Zeitpunkt der Abgabe des Pflichtangebots der Antragsgegnerin befanden sich hier noch gut 35% der Aktien der M AG in Streubesitz. Insoweit bestehen verfassungsrechtlich bedeutsame Unterschiede zwischen § 39a Abs. 3 Satz 3 WpÜG und der im Gesetzgebungsverfahren betreffend das Gesetz zur Regelung von öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren und von Unternehmensübernahmen umstrittenen Regelung des § 327b Abs. 1 Satz 3 AktG-E (vgl. dazu Habersack, ZIP 2001, 1230, 1238 und oben b)). Zwar hat der Gesetzgeber für das Eingreifen der Vermutung des § 39a Abs. 3 Satz 3 WpÜG kein Mindestmaß an Streubesitz zum Zeitpunkt der Abgabe des Angebots voraus gesetzt. Die Verfälschung des Angebotspreises im Fall der Marktenge wird aber durch § 31 WpÜG i.V.m. § 5 Abs. 4 WpÜG-AngebotsVO verhindert. Danach wird der Angebotspreis nicht aufgrund von Börsenkursen, sondern anhand eines nach fundamentalanalytischen Methoden erstellten Unternehmenswertgutachtens ermittelt, wenn den Börsenkursen wegen Illiquidität der Aktie die Aussagekraft fehlt (vgl. BT-Drs. 14/7034, S. 80).
226 
Die Beachtung der Bestimmungen zur Ermittlung des Angebotspreises werden von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht überwacht. Der Gesetzgeber hat durch ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt sichergestellt, dass Angebotsunterlagen nur nach Gestattung durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht oder deren Verzicht auf eine Untersagung des Angebots binnen zehn Werktagen veröffentlicht werden (§ 14 Abs. 2 Satz 1, § 15 WpÜG). Dabei prüft die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht die Angebotsunterlage nicht nur in formeller Hinsicht, sondern auch daraufhin, ob sie offensichtliche Verstöße gegen das WpÜG oder die WpÜG-AngebotsVO enthält (vgl. BT-Drs. 14/7034, S. 45). Dazu zählen insbesondere die Vorschriften zur Ermittlung des Angebotspreises (vgl. Angerer in Geibel/Süßmann, WpÜG, § 15 Rn. 21), die in der Praxis den Schwerpunkt der Prüfungen ausmachen (vgl. Bosch/Meyer in Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 15 Rn. 11; Wackerbarth in Münchener Kommentar, AktG, 2. Aufl., WpÜG § 15 Rn. 21).
227 
(b) In erster Linie hat der Gesetzgeber aber durch die in § 39a Abs. 3 Satz 3 WpÜG als Voraussetzung für das Eingreifen der Vermutung geregelte Annahmeschwelle sichergestellt, dass der Angebotspreis nicht unter dem Verkehrswert liegt. Dass der Angebotspreis der angemessenen Abfindung entspricht, wird danach nur vermutet, wenn das Angebot des Bieters für mindestens 90% des Grundkapitals, auf das es sich bezog, also für nahezu den gesamten Streubesitz angenommen wurde (OLG Frankfurt am Main, ZIP 2009, 74 [juris Rn. 56] spricht insoweit von einem „Markttest“).
228 
Fehl geht der Einwand, der einzelne Aktionär sei durch diese Regelung einer Mehrheitsentscheidung unterworfen. Vielmehr belegt eine Annahmequote von 90%, dass das Angebot angemessen ist. Eine solche Annahmequote wird nur ein Angebot erreichen können, das dem Verkehrswert der Aktie entspricht (vgl. OLG Frankfurt am Main, ZIP 2009, 74 [juris Rn. 56]; Süßmann in Geibel/Süßmann, WpÜG, § 39a Rn. 15; Austmann/Mennicke, NZG 2004, 846, 849; Grunewald, NZG 2009, 332, 334). Obwohl von der Übernahmerichtlinie nur für freiwillige Übernahmeangebote gefordert, für die nach der Richtlinie im Gegensatz zum deutschen Recht keine Preisfindungsregeln gelten, hat der deutsche Gesetzgeber das Eingreifen der Vermutung auch bei Pflichtangeboten vom Erreichen der Annahmeschwelle abhängig gemacht, um zusätzliche Gewähr dafür zu bieten, dass der Angebotspreis nicht unter dem Verkehrswert der Aktie liegt (vgl. Austmann/Mennicke, NZG 2004, 846, 849). Die Annahmeschwelle verhindert, dass ein Bieter vorübergehende Einbrüche des Verkehrswerts der Aktie, etwa aufgrund zeitweiliger Kurseintrübungen am Aktienmarkt oder Krisen ausnutzt, um die übrigen Aktionäre kostengünstig auszuschließen; ist innerhalb überschaubarer Zeiträume damit zu rechnen, dass der Börsenkurs den Angebotspreis übersteigen wird, erscheint es wenig wahrscheinlich, dass die Annahmeschwelle erreicht wird.
229 
Der Sicherungsfunktion der Angebotsschwelle kann nicht entgegen gehalten werden, dass die Annahmequote von subjektiven Entscheidungen nicht ausreichend informierter Aktionäre abhängt.
230 
Zwar ist nicht auszuschließen, dass sich fehlerhafte Entscheidungen der Aktionäre, die das Übernahmeangebot angenommen haben, auf die übrigen Aktionäre auswirken. Diese Gefahr ist dem Aktieneigentum aber immanent, da der Aktionär auch bei einer freiwilligen Desinvestitionsentscheidung regelmäßig nur den an der Börse gebildeten Marktpreis erzielen kann, mag dieser auch auf Fehlentscheidungen der Marktteilnehmer beruhen.
231 
Fehl geht dagegen die Auffassung der Antragsteller, die Adressaten des Übernahmeangebots verfügten nicht über ausreichend Informationen, um darüber zu entscheiden, ob das Angebot dem Verkehrswert entspricht.
232 
Zutreffend ist zwar, dass dem Adressaten bei der Entscheidung über das Übernahmeangebot anders als bei der Entscheidung über die Zustimmung zu einem Hauptversammlungsbeschluss über einen gesellschaftsrechtlichen Squeeze-Out (§ 327d Satz 1 i.V.m. § 327c Abs. 2 Satz 1 und 2 sowie Abs. 3 Nr. 3 und 4 AktG) im Zweifel kein nach fundamentalanalytischen Methoden erstelltes Unternehmenswertgutachten vorliegen wird. Ein solches Gutachten ist für den Adressaten des Übernahmeangebots aber nicht erforderlich, um über die Angemessenheit des Angebots zu entscheiden, da der Verkehrswert regelmäßig durch den Börsenwert bestimmt wird und ein verfassungsrechtlicher Anspruch auf Teilhabe an einem den Börsenwert übersteigenden, nach fundamentalanalytischen Methoden ermittelten Unternehmenswert nicht besteht (vgl. oben (1)).
233 
Die durch Schadensersatzansprüche und Bußgeldtatbestände bewehrte Verpflichtung, kursrelevante Informationen unverzüglich zu veröffentlichen („Ad-hoc-Publizitätspflicht“, vgl. § 15 WpHG), gewährleistet grundsätzlich, dass der Angebotsadressat wie alle Marktteilnehmer über die Informationen verfügt, die zur Beurteilung des Marktpreises nötig sind. Zwar ist nicht davon auszugehen, dass Kapitalmärkte vollständig (informations-) effizient sind; der Börsenkurs reflektiert aber grundsätzlich alle öffentlich zugänglichen Informationen über ein Unternehmen (vgl. Steinhauer, AG 1999, 299, 303 f.). Hat der Bieter vor Abgabe seines Angebots im Einzelfall eine Due-Diligence-Prüfung der Zielgesellschaft durchgeführt und dadurch zusätzliche Informationen erlangt, muss er deshalb keinen Wissensvorsprung in Bezug auf deren Unternehmenswert haben, zumal Gegenstand und Tiefe einer Due-Diligence-Prüfung von Einzelfall zu Einzelfall höchst unterschiedlich sein können.
234 
Im Übrigen hat der Gesetzgeber entsprechend dem in § 3 Abs. 2 WpÜG allgemein verankerten Transparenzgebot Regelungen vorgesehen, die den Adressaten des Übernahmeangebots hinreichende Informationen für die von ihnen zu treffende Entscheidung verschaffen. Neben den dem Bieter gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 WpÜG obliegenden „Wasserstandsmeldungen“ über den Stand der Annahme seines Angebots ist dabei insbesondere die Verpflichtung des Vorstands und des Aufsichtsrats der Zielgesellschaft zu nennen, zu dem Übernahmeangebot eine begründete Stellungnahme abzugeben, die sich auch auf die Höhe der angebotenen Gegenleistung zu erstrecken hat (§ 27 Abs. 1 Nr. 1 WpÜG, vgl. dazu Schwennicke in Geibel/Süßmann, WpÜG, § 27 Rn. 14). Dabei hat sich der Vorstand unter anderem dazu zu äußern, ob der Wert der Zielgesellschaft von ihrem Börsenkurs hineichend reflektiert wird (vgl. Hirte in Kölner Kommentar, WpÜG, § 27 Rn. 39; Krause/Pötzsch in Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 27 Rn. 65). Der Informationswert dieser Stellungnahme ist nicht gering zu schätzen, da Vorstand und Aufsichtsrat der Zielgesellschaft über das künftige Ertragspotential der Zielgesellschaft im Zweifel besser informiert sein werden als externe Sachverständige oder ein Gericht (vgl. Krause/Pötzsch in Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 27 Rn. 64). Auch eine fundamentalanalytische Ermittlung des Unternehmenswerts im Ertragswertverfahren beruht entscheidend auf den Ertragsprognosen der Gesellschaftsorgane (vgl. oben (1)).
235 
Der Gefahr der Verfälschung der Indizwirkung der Annahmequote durch psychologische Effekte, namentlich durch die Angst der übrigen Aktionäre, bei Ausschlagen des Angebots wegen dessen Annahme durch andere am Ende der Mehrheitsherrschaft des Bieters ausgeliefert zu sein und zu schlechteren Konditionen ausscheiden zu müssen, hat der Gesetzgeber durch das Andienungsrecht des § 39c WpÜG (Sell-Out) vorgesorgt. Dies ermöglicht den übrigen Aktionären, die das Angebot nicht angenommen haben, vom Bieter die Übernahme ihrer Aktien zum Angebotspreis zu verlangen, falls dieser keinen Ausschlussantrag nach § 39a WpÜG stellt (fehl gehen insoweit die Befürchtungen von Kießling, Der übernahmerechtliche Squeeze-Out gemäß §§ 39a, 39b WpÜG, S. 109).
236 
Zwar ist nicht auszuschließen, dass einzelne Adressaten des Übernahmeangebots sachwidrige oder von individuellen Besonderheiten - etwa aktuellem Liquiditätsbedarf - geprägte Entscheidungen treffen. Diese Einzelfälle können sich aber kaum wesentlich auf das Erreichen der Annahmeschwelle auswirken. Der Fall, dass sich der Streubesitz lediglich auf einige wenige übrige Aktionäre verteilt, erscheint eher theoretischer Natur. Im Übrigen dürfte es in diesem Fall ohnehin regelmäßig an der Liquidität der Aktie mangeln, so dass sich der Angebotspreis im Zweifel nicht nach Börsenkursen, sondern gemäß § 31 WpÜG i.V.m. § 5 Abs. 4 WpÜG-AngebotsVO bestimmt.
237 
Demgegenüber können die Antragsteller nicht mit dem pauschalen Einwand durchdringen, dass die angebotenen Abfindungen in der Praxis regelmäßig unter dem nach fundamentalanalytischen Methoden ermittelten Unternehmenswert lägen (vgl. Bl. 192, so auch Heidel/Lochner in Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 2. Aufl., WpÜG § 39a Rn. 44). Dem Senat sind keine aktuellen rechtstatsächlichen Untersuchungen bekannt, welche die nach § 31 Abs. 1 WpÜG i.V.m. §§ 3 ff. WpÜG-AngebotsVO ermittelten Angebotspreise in eine Relation zu dem nach dem Ertragswertverfahren oder vergleichbaren fundamentalanalytischen Methoden ermittelten Unternehmenswert stellen. Dass Spruchverfahren gemäß § 327f AktG nach einem gesellschaftsrechtlichen Squeeze-Out zu einer Abfindung führten, welche die vom Hauptaktionär zuvor gemäß § 327b Abs. 1 Satz 1 AktG ohne Preisfindungsvorschriften angebotenen Beträge überstieg (vgl. Kießling, Der übernahmerechtliche Squeeze-Out gemäß §§ 39a, 39b WpÜG, S. 92 und Anhang II), belegt nicht, dass der nach den Vorgaben des § 31 Abs. 1 WpÜG i.V.m. §§ 3 ff. WpÜG-AngebotsVO ermittelte Angebotspreis zur Ermittlung des Verkehrswerts der Aktie ungeeignet ist, zumal ein Großteil der Verfahren nicht (nur) durch gerichtliche Entscheidung, sondern durch (Teil-) Vergleich beendet wird (in der Untersuchung von Kießling beispielsweise 52 von 84 Verfahren, vgl. Der übernahmerechtliche Squeeze-Out gemäß §§ 39a, 39b WpÜG S. 92). Soweit die Antragsteller in Einzelfällen die Beträge übernahmerechtlicher Angebote mit der in anschließenden gesellschaftsrechtlichen Squeeze-Out-Verfahren gewährten Abfindung vergleichen (vgl. Bl. 276, MHP3, S. 6 ff.), verkennen sie, dass das Angebot des Hauptaktionärs nach § 327b Abs. 1 Satz 1 AktG nicht allein am „wahren Wert“ der Aktie orientiert sein muss, sondern durch andere Umstände beeinflusst sein kann, etwa das Interesse an der Vermeidung eines zeit- und kostenaufwändigen Spruchverfahrens. Im Übrigen zeigen rechtstatsächliche Untersuchungen, auf die sich auch die Antragsteller berufen haben, dass zwar freiwillige Abfindungsangebote von Hauptaktionären im Zeitraum vor Inkrafttreten des WpÜG häufig unter dem durchschnittlichen Börsenkurs der Aktie vor Bekanntgabe des Abfindungsangebots lagen (vgl. Dörfler/Gahler/Unterstraßler/Wirichs, BB 1994, 156, 159), der - für die Ermittlung des Angebotspreises nach dem WpÜG grundsätzlich maßgebliche - Börsenwert des Unternehmens aber in der Mehrzahl der untersuchten Fälle höher war als der in einem Gutachten nach fundamentalanalytischen Methoden ermittelte Unternehmenswert (vgl. Dörfler/Gahler/Unterstraßler/Wirichs, BB 1994, 156, 157 f.). Die Untersuchung empfahl deshalb ausdrücklich, die Abfindung an erfolgreich verlaufenen, zuvor von außenstehenden Aktionären akzeptierten Abfindungsangeboten zu orientieren (vgl. Dörfler/Gahler/Unterstraßler/Wirichs, BB 1994, 156, 161)
238 
(c) Schließlich kann die Regelung des § 39a Abs. 3 Satz 3 WpÜG zwar nicht völlig ausschließen, dass der Bieter die Aktien der übrigen Aktionäre durch Manipulationen des Börsenkurses kostengünstig zu deren Lasten erwirbt. Solche Manipulationen lassen sich aber auch bei der Bemessung der Abfindung nach einem entsprechend fundamentalanalytischen Methoden erstellten Unternehmenswertgutachten nicht ausschließen (vgl. Müller in Festschrift Röhricht, S. 1015, 1028; ähnlich Gude, Strukturänderungen und Unternehmensbewertung zum Börsenkurs, S. 299). Der im Ertragsverwertverfahren ermittelte Unternehmenswert hängt entscheidend von den Ertragsprognosen des Vorstands der Zielgesellschaft ab. Der Unternehmenswert kann im Wege fundamentalanalytischer Methoden zudem naturgemäß nicht durch eine punktgenaue Messung, sondern nur durch eine auf zahlreichen Annahmen und Prognosen beruhende und schon deshalb mit Unsicherheiten behaftete Schätzung ermittelt werden (vgl. dazu oben (1) und OLG Stuttgart, NZG 2007, 112 [juris Rn. 28]; LG Frankfurt am Main, BB 2009, 617 [juris Rn. 19]). Bei Manipulationen des Bieters verbleibt den übrigen Aktionären allerdings je nach Einzelfall die Möglichkeit der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gemäß § 826 BGB (vgl. BT-Drs. 16/1342 S. 6). Darüber hinaus hat der Gesetzgeber den Schadensersatzanspruch wegen unrichtiger oder unvollständiger Angaben in der Angebotsunterlage gemäß § 12 WpÜG ausdrücklich auf die übrigen Aktionäre erstreckt, die gemäß § 39a WpÜG ausgeschlossen wurden. Außerdem sind die übrigen Aktionäre selbstverständlich durch die allgemeinen Vorschriften zur Sicherung der Effizienz des Kapitalmarkts geschützt (vgl. §§ 14, 15, 20a WpHG).
239 
Dass der Angebotspreis hier auf Manipulationen der Antragsgegnerin beruht, ist dem Vortrag der Antragsteller nicht zu entnehmen. Das Bestreiten der Manipulationsfreiheit mit Nichtwissen (Bl. 3) kann auch in einem Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht genügen, um das Gericht zu entsprechenden Nachforschungen zu veranlassen (vgl. OLG Frankfurt am Main, ZIP 2009, 74 [juris Rn. 42]; zum Forum für die Geltendmachung etwaiger Manipulationen vgl. unten 4.).
240 
e) Die von der Bundesrepublik Deutschland mit ausländischen Staaten geschlossenen Investitionsförderungs- und Investitionsschutzverträge (BIT) gebieten ebenfalls nicht die Widerleglichkeit der Vermutung in § 39a Abs. 3 Satz 3 WpÜG.
241 
Da es sich bei den BIT nicht um allgemeine Regeln des Völkerrechts i.S.v. Artikel 25 Grundgesetz handelt, sondern lediglich um völkerrechtliche Verträge, wurden diese durch Zustimmungsgesetze gemäß Artikel 59 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz in innerstaatliches Recht transformiert. Da die Zustimmungsgesetze den Rang einfacher Bundesgesetze einnehmen (vgl. Butzer/Haas in Schmidt-Bleibtreu, GG, 11. Aufl., Art. 59 Rn. 116), kommt den BIT in normenhierarchischer Hinsicht kein dem § 39a WpÜG vorgehender Rang zu.
242 
Im Übrigen ist den BIT (vgl. Bl. 224 ff.) nichts zu entnehmen, was der Unwiderleglichkeit der Vermutung in § 39a Abs. 3 Satz 3 WpÜG entgegen stünde. Der übernahmerechtliche Squeeze-Out stellt weder eine Enteignung noch einen enteignungsgleichen Eingriff, sondern eine Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums dar. Selbst wenn man die Übertragung der Aktien durch Gerichtsbeschluss gemäß § 39a WpÜG als gleichzuachtende Maßnahme im Sinne der Abkommen ansähe, wäre jedenfalls eine angemessene und wertgerechte Entschädigung sichergestellt. Dem Gebot der vollen wirtschaftlichen Entschädigung ist trotz Unwiderleglichkeit der Vermutung des § 39a Abs. 3 Satz 3 WpÜG jedenfalls in einer den Anforderungen von Artikel 14 Abs. 1 Grundgesetz genügenden Weise Rechnung getragen (vgl. oben d)).
243 
4. Dem Gebot der Gewährung effektiven Rechtsschutzes ist durch das gerichtliche Ausschlussverfahren gemäß § 39b WpÜG genüge getan; die Eröffnung eines weiteren gerichtlichen Verfahrens in Gestalt des Spruchverfahrens ist daneben verfassungsrechtlich nicht geboten (ebenso Grunewald, NZG 2009, 332, 334).
244 
a) Zwar ist gemäß Artikel 19 Abs. 4 Grundgesetz gegen Akte der öffentlichen Gewalt Rechtsschutz vor den staatlichen Gerichten zu gewähren.
245 
Dazu bedarf es aber nicht der Eröffnung des Spruchverfahrens. Gerichtlicher Rechtsschutz wird bereits dadurch in ausreichender Weise gewährt, dass die Aktien der übrigen Aktionäre nicht durch eine Verwaltungsbehörde oder durch Beschluss der Hauptversammlung der Zielgesellschaft auf den Bieter übertragen werden, sondern durch Beschluss des Gerichts gemäß § 39a Abs. 1 Satz 1 WpÜG in einem gemäß § 39b WpÜG näher ausgestalteten Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Ausschlussverfahren).
246 
b) Aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Entwertung oder Entziehung von Aktieneigentum folgt nichts Anderes.
247 
Dem Gebot der Schaffung wirksamer Rechtsbehelfe gegen einen Missbrauch wirtschaftlicher Macht (vgl. dazu BVerfGE 100, 289 [juris Rn. 47] „DAT/Altana“) wird durch das gerichtliche Ausschlussverfahren, das dem Gericht nicht nur die Überprüfung des Ausschlusses, sondern den Ausschluss selbst zuweist, hinreichend Rechnung getragen (so auch Kießling, Der übernahmerechtliche Squeeze-Out gemäß §§ 39a, 39b WpÜG, S. 102).
248 
Aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum gesellschaftsrechtlichen Squeeze-Out (§§ 327a ff. AktG, vgl. BVerfG, ZIP 2007, 1261 „Squeeze-Out“) lassen sich für den übernahmerechtlichen Squeeze-Out keine weitergehenden Vorgaben ableiten. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht dort festgestellt, der einfache Gesetzgeber sei gehalten, eine gerichtliche Überprüfungsmöglichkeit für die Angemessenheit der Abfindung zu schaffen (BVerfG, ZIP 2007, 1261 [juris Rn. 27] „Squeeze-Out“). Diese Vorgabe kann aber auf den übernahmerechtlichen Squeeze-Out nicht übertragen werden. Während der Hauptaktionär beim gesellschaftsrechtlichen Squeeze-Out die Abfindung gemäß § 327b Abs. 1 Satz 1 AktG ohne Bindung an Preisfindungsvorschriften selbst festlegt und der Gesetzgeber die Methode zur Ermittlung der angemessenen Abfindung nicht vorgegeben hat, stellen die Regelungen zum übernahmerechtlichen Squeeze-Out zur Bemessung der angemessenen Abfindung ausdrücklich auf den Preis des vorausgegangenen Übernahmeangebots ab, dessen Ermittlung durch § 31 WpÜG i.V.m. §§ 3 ff. WpÜG-AngebotsVO determiniert ist, sofern die Annahmequote den Schwellenwert des § 39a Abs. 3 Satz 3 WpÜG übersteigt. Auf diese Weise hat der Gesetzgeber ausreichende Schutzvorkehrungen getroffen, um sicherzustellen, dass die übrigen Aktionäre wirtschaftlich voll entschädigt werden (vgl. oben 3. d) bb) (2)).
249 
c) Soweit den übrigen Aktionären die Geltendmachung von Einwendungen im gerichtlichen Verfahren zu ermöglichen ist, ist das gerichtliche Ausschlussverfahren eröffnet. Die Rechtsprechung der insoweit zuständigen Gerichte lässt keine der gesetzgeberischen Intension zuwider laufenden oder mit der Verfassung unvereinbaren Restriktionen erkennen.
250 
Nicht zu entscheiden ist hier, ob und in welchem Umfang den übrigen Aktionären über das Bestreiten der Voraussetzungen für die Übertragung ihrer Aktien und das Erreichen der Angebotsschwelle des § 39a Abs. 3 Satz 3 WpÜG hinaus die Möglichkeit zu eröffnen ist, in einem gerichtlichen Verfahren geltend zu machen, dass sich der Bieter ausnahmsweise trotz formalen Erreichens der Angebotsschwelle wegen wesentlicher Fehler des Angebotsverfahrens, wegen Marktmanipulationen oder in anderen Ausnahmefällen auf die Vermutung des § 39a Abs. 3 Satz 3 WpÜG nicht berufen darf (vgl. zur Beschränkung der Anwendung des § 39a Abs. 3 Satz 3 WpÜG in Fällen des Rechtsmissbrauchs Grunewald, NZG 2009, 332, 334 und Steinmeyer/Santelmann, BB 2009, 674, 676; gegen eine Berücksichtigung von Fehlern bei der Ermittlung des Angebotspreises oder von Kursmanipulationen im Ausschlussverfahren Santelmann in Steinmeyer/Häger, WpÜG, 2. Aufl., § 39a Rn. 31 f.).Jedenfalls ist das gerichtliche Ausschlussverfahren für solche Einwendungen nach der Rechtsprechung der insoweit zuständigen Gerichte nicht verschlossen (vgl. dazu OLG Frankfurt am Main, ZIP 2009, 74 [juris Rn. 59], das in diesem Zusammenhang von einer „Widerlegung“ der Vermutung des § 39a Abs. 3 Satz 3 WpÜG spricht).
251 
Die Antragsteller haben dazu im Übrigen schon nichts vorgetragen. Das Bestreiten der Manipulationsfreiheit mit Nichtwissen (Bl. 3) kann auch in einem Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht genügen, um das Gericht zu entsprechenden Nachforschungen zu veranlassen (vgl. OLG Frankfurt am Main, ZIP 2009, 74 [juris Rn. 42]). Die Antragsteller meinen lediglich, der nach dem Ertragswertverfahren ermittelte Unternehmenswert liege über dem Börsenwert der M AG. Dieser Einwand ist indessen unbeachtlich (vgl. dazu oben 3.).
252 
5. Selbst wenn man - entgegen der unter 3. dargelegten Auffassung des Senats - annähme, die Antragsteller könnten einwenden, dass der nach dem Ertragswertverfahren oder anderen fundamentalanalytischen Methoden ermittelte Unternehmenswert über dem Börsenwert der M AG lag, wäre dafür jedenfalls nicht das Spruchverfahren eröffnet.
253 
Der entsprechende Einwand hätte vielmehr im gerichtlichen Ausschlussverfahren vor dem Landgericht Frankfurt am Main geltend gemacht werden müssen (im Ergebnis wohl ebenso OLG Frankfurt am Main, ZIP 2009, 74 [juris Rn. 59 f.]; Heidel/Lochner in Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 2. Aufl., WpÜG § 39a Rn. 54; für den Fall des Nichterreichens der Annahmeschwelle bzw. der insoweit als möglich unterstellten Widerlegung der Vermutung des § 39a Abs. 3 Satz 3 WpÜG in diesem Sinne auch Schüppen/Tretter in Frankfurter Kommentar, WpÜG, 3. Aufl., § 39a Rn. 29; Paefgen, WM 2007, 765, 770; Diekmann, NJW 2007, 17, 20; Hörmann/Feldhaus, BB 2008, 2134, 2140; Schlitt/Ries/Becker, NZG 2008, 700, 701; a.A. Kießling, Der übernahmerechtliche Squeeze-Out gemäß §§ 39a, 39b WpÜG, S. 147 ff.; de lege ferenda wohl auch Schüppen, BB 2006, 165, 168 f. und Seibt/Heiser, AG 2006, 301, 319).
254 
a) Dies folgt schon aus der Konzeption des übernahmerechtlichen Squeeze-Out.
255 
Während beim gesellschaftsrechtlichen Squeeze-Out gemäß § 327a Abs. 1 Satz 1 AktG die Höhe der Abfindung Bestandteil des Übertragungsbeschlusses der Hauptversammlung ist, muss die Höhe der Abfindung beim übernahmerechtlichen Squeeze-Out im Übertragungsbeschluss des Gerichts gemäß § 39a Abs. 1 Satz 1 WpÜG festgesetzt werden (vgl. Heidel/Lochner in Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 2. Aufl., WpÜG § 39a Rn. 54).
256 
Offen bleiben kann in diesem Zusammenhang, ob die Festsetzung und Gewährung der Abfindung Voraussetzung für die Wirksamkeit der Übertragung ist (in diesem Sinne Heidel/Lochner in Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 2. Aufl., WpÜG § 39a Rn. 27), oder ob die Aktien ohne Weiteres bereits mit Rechtskraft des Übertragungsbeschlusses übertragen werden (so BT-Drs. 16/1003, S. 22 f.; Santelmann in Steinmeyer/Häger, WpÜG, 2. Aufl., § 39b Rn. 37). Jedenfalls käme man ohne Festsetzung der Abfindung im Übertragungsbeschluss zu dem Ergebnis, dass der Beschluss entweder wirkungslos ist oder dass die übrigen Aktionäre ihre Aktien ohne Abfindung verlieren. Beide Ergebnisse vermögen nicht zu überzeugen.
257 
b) Hat das Gericht die Abfindung deshalb im gerichtlichen Ausschlussverfahren festzusetzen, muss die Höhe der Abfindung im dortigen Verfahren geklärt werden.
258 
Dies zeigt sich an der zwar eher theoretischen, nach der gesetzlichen Regelung aber als Grundfall anzusehenden Konstellation, dass die Annahmeschwelle des § 39a Abs. 3 Satz 3 WpÜG unstreitig nicht erreicht wurde, so dass die Vermutung, dass der Angebotspreis der angemessenen Abfindung entspricht, nicht eingreifen kann. In dieser, vom Gesetzgeber als praktischer Ausnahmefall nicht vertieften Konstellation, kann die angemessene Abfindung nur im gerichtlichen Ausschlussverfahren ermittelt werden (vgl. Süßmann in Geibel/Süßmann, WpÜG, § 39a Rn. 18; Santelmann in Steinmeyer/Häger, WpÜG, § 39b Rn. 14 [allerdings beschränkt auf die Überprüfung der Angemessenheit des - gegebenenfalls nachgebesserten - Antrag des Bieters]; Heidel/Lochner in Heidel, Aktien- und Kapitalmarktrecht, 2. Aufl., WpÜG § 39a Rn. 55; König/Wilken/Felke, Praxis des Übernahmerechts, Rn. 661 f.; Diekmann, NJW 2007, 17, 20; Ott, WM 2008, 384, 390; Hörmann/Feldhaus, BB 2008, 2134, 2140; im Ergebnis ebenso Steinmeyer/Santelmann, BB 2009, 674, 676). Fehl geht demgegenüber die Auffassung, im gerichtlichen Ausschlussverfahren mangele es an einer Kompetenz des Gerichts zur Festsetzung der angemessenen Abfindung (so LG Frankfurt am Main, BB 2008, 2035 [juris Rn. 62]). Einer besonderen Ermächtigungsgrundlage zur Festsetzung der angemessenen Abfindung bedarf es nicht, wenn der Übertragungsbeschluss notwendig diese Festsetzung enthalten muss (vgl. dazu oben a); ebenso Hörmann/Feldhaus, BB 2008, 2134, 2140; im Ergebnis auch Schlitt/Ries/Becker, NZG 2008, 700, 701; Falkner, ZIP 2008, 1775, 1777).
259 
Ist die angemessene Abfindung grundsätzlich im gerichtlichen Ausschlussverfahren zu klären, sind dort auch die Einwendungen zu behandeln, die gegen den Vermutungstatbestand des § 39a Abs. 3 Satz 3 WpÜG geltend gemacht werden. Dies gilt zunächst, wenn die übrigen Aktionäre die Voraussetzungen für das Eingreifen der Vermutung des § 39a Abs. 3 Satz 3 WpÜG bestreiten, etwa indem sie geltend machen, der Schwellenwert von 90% sei nicht erreicht worden. In gleicher Weise zu behandeln ist der Fall, dass die übrigen Aktionäre geltend machen, der Bieter dürfe sich auf die Vermutung des § 39a Abs. 3 Satz 3 WpÜG ausnahmsweise wegen wesentlicher Fehler des Angebotsverfahrens oder wegen Marktmanipulationen nicht berufen (vgl. oben 4. c); dazu OLG Frankfurt am Main, ZIP 2009, 74 [juris Rn. 59]).
260 
Nichts anderes kann gelten, wenn man mit den Antragstellern - entgegen der vom Senat vertretenen Auffassung (vgl. dazu oben 3.) - annähme, der Vermutung des § 39a Abs. 3 Satz 3 WpÜG könne entgegen gehalten werden, dass der nach fundamentalanalytischen Methoden ermittelte Wert des Unternehmens seinen Börsenwert übersteige (in diesem Sinne Heidel/Lochner in Heidel, Aktien- und Kapitalmarktrecht, 2. Aufl., WpÜG § 39a Rn. 65; König/Wilken/Felke, Praxis des Übernahmerechts, Rn. 659).
261 
Dass das Oberlandesgericht Frankfurt am Main die Auffassung der Antragsteller - aus Sicht des Senats zu Recht - nicht teilt, hat nicht zur Folge, dass das hiesige Verfahrens bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die von der Antragstellerin Ziffer 1) gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main erhobene Verfassungsbeschwerde (vgl. Bl. 327 ff., MHP4) entsprechend § 148 ZPO ausgesetzt werden müsste. Zwar ist eine Aussetzung des Verfahrens entsprechend § 148 ZPO grundsätzlich zulässig, wenn ein verfassungsgerichtliches Verfahren zur Überprüfung einer entscheidungserheblichen Norm anhängig ist (BGH, NJW 1998, 1957 [juris Rn. 12 ff.]). Selbst wenn das Bundesverfassungsgericht auf die Verfassungsbeschwerde der Antragstellerin Ziffer 1) hin die Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main aufheben und feststellen würde, dass § 39a Abs. 3 Satz 3 WpÜG im Sinne der Antragsteller als widerlegliche Vermutung auszulegen ist, hätte dies auf das hiesige Verfahren aber keinen Einfluss, weil die Überprüfung der Angemessenheit des Börsenwerts anhand fundamentalanalytischer Methoden zur Unternehmensbewertung dann im gerichtlichen Ausschlussverfahren nach § 39b WpÜG, nicht aber im Spruchverfahren erfolgen müsste.
262 
c) Zwar dürfte die Ermittlung des Unternehmenswerts der Zielgesellschaft mit fundamentalanalytischen Methoden das gerichtliche Ausschlussverfahren erheblich verlängern; dieser Umstand allein kann aber nicht zur Eröffnung des Spruchverfahrens führen.
263 
Da das Gericht beim übernahmerechtlichen Squeeze-Out im Gegensatz zum gesellschaftsrechtlichen Squeeze-Out (vgl. § 327c Abs. 2 AktG) nicht auf einem vorgerichtlich bereits erstellten und durch einen gerichtlich bestellten Prüfer geprüften Unternehmenswertgutachten aufbauen kann, könnte die Ermittlung der angemessenen Abfindung im gerichtlichen Ausschlussverfahren unter Umständen länger dauern als die Bestimmung der angemessenen Abfindung im Spruchverfahren nach einem gesellschaftsrechtlichen Squeeze-Out.
264 
Damit wird zwar das gesetzgeberische Ziel eines „zügigen und kostengünstigen“ Verfahrens (vgl. BT-Drs. 16/1003, S. 14) nicht erreicht. Von der Erreichbarkeit dieses Ziels ging der Gesetzgeber aber ohnehin nur für den Fall aus, dass die Annahmeschwelle des § 39a Abs. 3 Satz 3 WpÜG erreicht wird und die dort geregelte Vermutung eingreift; die Ermittlung und Festsetzung der angemessenen Abfindung in den übrigen Fällen wird jedenfalls in der Gesetzesbegründung nicht angesprochen. Verfassungsrechtlich geschützte Interessen der übrigen Aktionäre wären durch ein lang andauerndes Ausschlussverfahren allerdings grundsätzlich nicht beeinträchtigt, da sie bis zum Abschluss des Ausschlussverfahrens ihre Aktien behalten.
265 
Wollte der Gesetzgeber das Ausschlussverfahren demgegenüber beschleunigen, müsste er die (endgültige) Ermittlung und Festsetzung der angemessenen Abfindung - etwa in den Fällen, in denen die Annahmeschwelle des § 39a Abs. 3 Satz 3 WpÜG nicht erreicht wird - durch ausdrückliche gesetzliche Regelung in ein Spruchverfahren auslagern und statt dessen im Ausschlussverfahren eine nur vorläufige Festsetzung der Abfindung vorsehen. Bis zu einer solchen Korrektur des geltenden Rechts durch den Gesetzgeber ist das Spruchverfahren jedoch nicht eröffnet.
III.
266 
Die Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig, aber unbegründet.
267 
1. Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die Kostenentscheidung des Landgerichts ist trotz des Ablaufs der Beschwerdefrist als unselbständiges Anschlussrechtsmittel gemäß § 567 Abs. 3 ZPO statthaft (vgl. OLG Stuttgart, ZIP 2007, 250 [juris Rn. 4]).
268 
2. Sie ist aber unbegründet, da die Kostenentscheidung des Landgerichts nicht abzuändern ist.
269 
a) Die außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin im erstinstanzlichen Verfahren sind von den Antragstellern nicht zu erstatten.
270 
§ 15 Abs. 4 SpruchG beschränkt die Möglichkeit zur Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten auf die Kosten der Antragsteller. Zwar wollte der Gesetzgeber im Zuge der Neuordnung des gesellschaftsrechtlichen Spruchverfahrens durch das Spruchverfahrensneuordnungsgesetz die Antragsteller durch Aufbürdung eines „begrenzten Kostenrisikos“ von einer übereilten oder mutwilligen Antragstellung abhalten (vgl. BT-Drs. 15/371, S. 17). Dem kann aber nicht entnommen werden, dass dieses begrenzte Kostenrisiko über die nach § 15 Abs. 4 SpruchG künftig grundsätzlich vom Antragsteller selbst zu tragenden eigenen außergerichtlichen Kosten hinaus auch die außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners umfassen sollte. Ein gesetzgeberischer Wille, den Antragsteller über seine eigenen außergerichtlichen Kosten hinaus aus Gründen der Billigkeit mit weiteren Kosten zu belasten, ist lediglich für die Gerichtskosten erkennbar (vgl. § 15 Abs. 2 SpruchG). Da der Gesetzgeber bewusst zwischen Gerichtskosten und außergerichtlichen Kosten unterschieden hat (vgl. BT-Drs. 15/371, S. 12), ist nicht davon auszugehen, dass er auch die Belastung der Antragsteller mit den außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners ermöglichen wollte und dazu den Rückgriff auf § 17 Abs. 1 SpruchG i.V.m. § 13a Abs. 1 Satz 1 FGG offen ließ. § 15 Abs. 4 SpruchG ist daher als abschließend anzusehen; die Bestimmung verdrängt § 13a Abs. 1 Satz 1 FGG (vgl. Drescher in Spindler/Stilz, AktG, SpruchG § 15 Rn. 21; Emmerich in Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 5. Aufl., § 15 SpruchG Rn. 21a; Hüffer, AktG, 8. Aufl., Anh § 305 § 15 SpruchG Rn. 6; ebenso im Ergebnis Fritzsche/Dreier/Verfürth, SpruchG, § 15 Rn. 34; Weingärtner in Heidel, Aktien- und Kapitalmarktrecht, 2. Aufl., SpruchG § 15 Rn. 22; für das erstinstanzliche Verfahren Winter in Simon, SpruchG, § 15 Rn. 102 f.; a.A. Rosskopf in Kölner Kommentar, SpruchG, § 15 Rn. 53; Klöckner/Frowein, SpruchG, § 15 Rn. 18).
271 
Ein Rückgriff auf § 13a Abs. 1 Satz 1 FGG ist hier auch nicht deshalb eröffnet, weil das Spruchverfahren an sich nicht statthaft ist. Da in diesem Fall kein gerichtliches Verfahren eröffnet ist, kann nur dasjenige Verfahrensrecht angewendet werden, das eröffnet wäre, wenn die Rechtsauffassung der Antragsteller zuträfe (vgl. dazu oben I.). Dabei kann allerdings nicht danach differenziert werden, ob die Anwendung der maßgeblichen Vorschriften des SpruchG im Einzelfall gerechtfertigt ist oder nicht, da sich die Antragsteller insgesamt zu Unrecht auf das SpruchG berufen.
272 
b) Nicht zu beanstanden ist, dass das Landgericht den Antragstellern insgesamt nur die Hälfte der Gerichtskosten des erstinstanzlichen Verfahrens gemäß § 15 Abs. 2 Satz 2 SpruchG auferlegt hat.
273 
Zwar haben die Antragsteller ein nach dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers nicht statthaftes Verfahren betrieben. Zu bedenken ist aber, dass die Rechtsprechung die Frage der Eröffnung des Spruchverfahrens im Rahmen des übernahmerechtlichen Squeeze-Outs bislang noch nicht entschieden hatte. Eine „Kostenaufhebung“ entspricht daher der Billigkeit.
IV.
274 
1. Der Senat kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da im Spruchverfahren nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SpruchG zwar im Regelfall, aber nicht zwingend eine mündliche Verhandlung durchzuführen ist.
275 
Durch den Verzicht auf eine völlige Freistellung der mündlichen Verhandlung wollte der Gesetzgeber eine Beeinträchtigung des Rechts auf rechtliches Gehör durch Beschränkungen des Rechts der Verfahrensbeteiligten vermeiden, dem Sachverständigen Fragen zu stellen (vgl. die Bezugnahme auf BVerfG NJW 1998, 2273 in BT-Drs. 15/371, S. 15). Eine solche Beeinträchtigung ist hier nicht zu befürchten, da die Entscheidung ausschließlich auf rechtlichen, nicht aber auf tatsächlichen Erwägungen beruht.
276 
Der Senat hat den Beteiligten seine Absicht, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden, durch Verfügung vom 25.03.2009 angekündigt (Bl. 278 f.).
277 
2. Entsprechend der zutreffenden Entscheidung des Landgerichts ist gemäß § 15 Abs. 2 Satz 2 SpruchG den Antragstellern anteilig die Hälfte der Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.
278 
a) Die Auferlegung von jeweils einem Sechstel der Gerichtskosten entspricht der Billigkeit, da die Antragsteller ihr Begehren im Beschwerdeverfahren weiterverfolgt haben, obwohl das Landgericht ihre Anträge mit zutreffender Begründung verworfen hat (vgl. OLG Zweibrücken, ZIP 2005, 948 [juris Rn. 38]). Eine vollständige Auferlegung der Gerichtskosten ist dagegen angesichts der bislang noch fehlenden Rechtsprechung zur Eröffnung des Spruchverfahrens im Rahmen des übernahmerechtlichen Squeeze-Outs nicht geboten (vgl. dazu oben III. 2. b)).
279 
b) Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin sind den Antragsstellern nicht darüber hinaus die außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren aufzuerlegen.
280 
Die Kostenentscheidung richtet sich nach den Bestimmungen des SpruchG (vgl. dazu oben III. 2. a)).
281 
§ 17 Abs. 1 SpruchG ermöglicht auch im Beschwerdeverfahren keinen Rückgriff auf § 13a Abs. 1 FGG; insbesondere ist § 13a Abs. 1 Satz 2 FGG nicht anzuwenden. Es ist nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber des Spruchverfahrensneuordnungsgesetzes (vgl. dazu oben III. 2. a)) hinsichtlich des Rückgriffs auf § 13a Abs. 1 FGG zwischen dessen Satz 1 und Satz 2 differenzieren wollte (vgl. Drescher in Spindler/Stilz, AktG, SpruchG § 15 Rn. 22; ebenso im Ergebnis Emmerich in Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 5. Aufl., § 15 SpruchG Rn. 21a; Hüffer, AktG, 8. Aufl., Anh § 305 § 15 SpruchG Rn. 6; Fritzsche/Dreier/Verfürth, SpruchG, § 15 Rn. 34; Weingärtner in Heidel, Aktien- und Kapitalmarktrecht, 2. Aufl., SpruchG § 15 Rn. 22; a.A. Winter in Simon, SpruchG, § 15 Rn. 103 für das Beschwerdeverfahren; allgemein Rosskopf in Kölner Kommentar, SpruchG, § 15 Rn. 53; Klöckner/Frowein, SpruchG, § 15 Rn. 18).
282 
3. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens ist in Höhe des Mindestgeschäftswerts nach § 15 Abs. 1 Satz 2 SpruchG festzusetzen, da keine zusätzlichen Beträge gefordert werden können (vgl. OLG Stuttgart, AG 2004, 390 [juris Rn. 5]).

(1) Die Gerichtskosten können ganz oder zum Teil den Antragstellern auferlegt werden, wenn dies der Billigkeit entspricht.

(2) Das Gericht ordnet an, dass die Kosten der Antragsteller, die zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendig waren, ganz oder zum Teil vom Antragsgegner zu erstatten sind, wenn dies unter Berücksichtigung des Ausgangs des Verfahrens der Billigkeit entspricht.

(1) Sofern in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, finden auf das Verfahren die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Anwendung.

(2) Für Verfahren, in denen ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung vor dem 1. September 2003 gestellt worden ist, sind weiter die entsprechenden bis zu diesem Tag geltenden Vorschriften des Aktiengesetzes und des Umwandlungsgesetzes anzuwenden. Auf Beschwerdeverfahren, in denen die Beschwerde nach dem 1. September 2003 eingelegt wird, sind die Vorschriften dieses Gesetzes anzuwenden.

(3) Die Änderungen der §§ 1 bis 6c, 10a bis 13, 16 und 17 durch das Gesetz zur Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie und zur Änderung weiterer Gesetze vom 22. Februar 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 51) sind erstmals auf Spruchverfahren anzuwenden, in denen ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung ab dem 31. Januar 2023 gestellt wurde.

(1) Die Gerichtskosten können ganz oder zum Teil den Antragstellern auferlegt werden, wenn dies der Billigkeit entspricht.

(2) Das Gericht ordnet an, dass die Kosten der Antragsteller, die zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendig waren, ganz oder zum Teil vom Antragsgegner zu erstatten sind, wenn dies unter Berücksichtigung des Ausgangs des Verfahrens der Billigkeit entspricht.

(1) Die Gerichtskosten können ganz oder zum Teil den Antragstellern auferlegt werden, wenn dies der Billigkeit entspricht.

(2) Das Gericht ordnet an, dass die Kosten der Antragsteller, die zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendig waren, ganz oder zum Teil vom Antragsgegner zu erstatten sind, wenn dies unter Berücksichtigung des Ausgangs des Verfahrens der Billigkeit entspricht.

(1) Das Gericht stellt dem Antragsgegner und dem gemeinsamen Vertreter die Anträge der Antragsteller unverzüglich zu.

(2) Das Gericht fordert den Antragsgegner zugleich zu einer schriftlichen Erwiderung auf. Darin hat der Antragsgegner insbesondere zur Höhe des Ausgleichs, der Zuzahlung oder der Barabfindung oder sonstigen Abfindung Stellung zu nehmen. Für die Stellungnahme setzt das Gericht eine Frist, die mindestens einen Monat beträgt und drei Monate nicht überschreiten soll.

(3) Außerdem hat der Antragsgegner den Bericht über den Unternehmensvertrag, den Eingliederungsbericht, den Bericht über die Übertragung der Aktien auf den Hauptaktionär oder den Umwandlungsbericht nach Zustellung der Anträge bei Gericht einzureichen. In den Fällen, in denen der Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrag, die Eingliederung, die Übertragung der Aktien auf den Hauptaktionär oder die Umwandlung durch sachverständige Prüfer geprüft worden ist, ist auch der jeweilige Prüfungsbericht einzureichen. Auf Verlangen des Antragstellers oder des gemeinsamen Vertreters gibt das Gericht dem Antragsgegner auf, dem Antragsteller oder dem gemeinsamen Vertreter unverzüglich und kostenlos eine Abschrift der genannten Unterlagen zu erteilen.

(4) Die Stellungnahme nach Absatz 2 wird dem Antragsteller und dem gemeinsamen Vertreter zugeleitet. Sie haben Einwendungen gegen die Erwiderung und die in Absatz 3 genannten Unterlagen binnen einer vom Gericht gesetzten Frist, die mindestens einen Monat beträgt und drei Monate nicht überschreiten soll, schriftlich vorzubringen.

(5) Das Gericht kann weitere vorbereitende Maßnahmen erlassen. Es kann den Beteiligten die Ergänzung oder Erläuterung ihres schriftlichen Vorbringens sowie die Vorlage von Aufzeichnungen aufgeben, insbesondere eine Frist zur Erklärung über bestimmte klärungsbedürftige Punkte setzen. In jeder Lage des Verfahrens ist darauf hinzuwirken, dass sich die Beteiligten rechtzeitig und vollständig erklären. Die Beteiligten sind von jeder Anordnung zu benachrichtigen.

(6) Das Gericht kann bereits vor dem ersten Termin eine Beweisaufnahme durch Sachverständige zur Klärung von Vorfragen, insbesondere zu Art und Umfang einer folgenden Beweisaufnahme, für die Vorbereitung der mündlichen Verhandlung anordnen oder dazu eine schriftliche Stellungnahme des sachverständigen Prüfers einholen.

(7) Sonstige Unterlagen, die für die Entscheidung des Gerichts erheblich sind, hat der Antragsgegner auf Verlangen des Antragstellers oder des Vorsitzenden dem Gericht und gegebenenfalls einem vom Gericht bestellten Sachverständigen unverzüglich vorzulegen. Der Vorsitzende kann auf Antrag des Antragsgegners anordnen, dass solche Unterlagen den Antragstellern nicht zugänglich gemacht werden dürfen, wenn die Geheimhaltung aus wichtigen Gründen, insbesondere zur Wahrung von Fabrikations-, Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen, nach Abwägung mit den Interessen der Antragsteller, sich zu den Unterlagen äußern zu können, geboten ist. Gegen die Entscheidung des Vorsitzenden kann das Gericht angerufen werden; dessen Entscheidung ist nicht anfechtbar.

(8) Für die Durchsetzung der Verpflichtung des Antragsgegners nach Absatz 3 und 7 ist § 35 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend anzuwenden.

(1) Eine Klage gegen die Wirksamkeit eines Verschmelzungsbeschlusses muß binnen eines Monats nach der Beschlußfassung erhoben werden.

(2) Eine Klage gegen die Wirksamkeit des Verschmelzungsbeschlusses kann nicht darauf gestützt werden, dass das Umtauschverhältnis der Anteile nicht angemessen ist oder dass die Mitgliedschaft bei dem übernehmenden Rechtsträger kein angemessener Gegenwert für die Anteile oder die Mitgliedschaft bei dem übertragenden Rechtsträger ist.

(1) Unter den Voraussetzungen des Artikels 25 Abs. 3 Satz 1 der Verordnung kann eine Klage gegen den Verschmelzungsbeschluss nicht darauf gestützt werden, dass das Umtauschverhältnis der Anteile nicht angemessen ist.

(2) Ist bei der Gründung einer SE durch Verschmelzung nach dem Verfahren der Verordnung das Umtauschverhältnis der Anteile nicht angemessen, so kann jeder Aktionär, dessen Recht, gegen die Wirksamkeit des Verschmelzungsbeschlusses Klage zu erheben, nach Absatz 1 ausgeschlossen ist, von der SE einen Ausgleich durch bare Zuzahlung verlangen.

(3) Die bare Zuzahlung ist nach Ablauf des Tages, an dem die Verschmelzung im Sitzstaat der SE nach den dort geltenden Vorschriften eingetragen und bekannt gemacht worden ist, mit jährlich 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu verzinsen. Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(4) Macht ein Aktionär unter den Voraussetzungen des Artikels 25 Abs. 3 Satz 1 der Verordnung geltend, dass das Umtauschverhältnis der Anteile nicht angemessen sei, so hat auf seinen Antrag das Gericht nach dem Spruchverfahrensgesetz vom 12. Juni 2003 (BGBl. I S. 838) eine angemessene bare Zuzahlung zu bestimmen. Satz 1 findet auch auf Aktionäre einer Gesellschaft mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung, sofern nach dem Recht dieses Staates ein Verfahren zur Kontrolle und Änderung des Umtauschverhältnisses der Aktien vorgesehen ist und deutsche Gerichte für die Durchführung eines solchen Verfahrens international zuständig sind.

(5) Die §§ 72a und 72b des Umwandlungsgesetzes und § 10a des Spruchverfahrensgesetzes sind entsprechend anzuwenden.

(1) Unter den Voraussetzungen des Artikels 29 Abs. 3 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1435/2003 kann eine Klage gegen den Verschmelzungsbeschluss einer übertragenden Genossenschaft nicht darauf gestützt werden, dass das Umtauschverhältnis der Anteile nicht angemessen ist.

(2) Ist bei der Gründung einer Europäischen Genossenschaft durch Verschmelzung nach dem Verfahren der Verordnung (EG) Nr. 1435/2003 das Geschäftsguthaben eines Mitglieds in der Europäischen Genossenschaft niedriger als in der übertragenden Genossenschaft, kann jedes Mitglied einer übertragenden Genossenschaft, dessen Recht, gegen die Wirksamkeit des Verschmelzungsbeschlusses Klage zu erheben, nach Absatz 1 ausgeschlossen ist, von der Europäischen Genossenschaft einen Ausgleich durch bare Zuzahlung verlangen.

(3) Die bare Zuzahlung ist nach Ablauf des Tages, an dem die Verschmelzung im Sitzstaat der Europäischen Genossenschaft nach den dort geltenden Vorschriften eingetragen und bekannt gemacht worden ist, mit jährlich 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu verzinsen. Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(4) Macht ein Mitglied einer übertragenden Genossenschaft unter den Voraussetzungen des Artikels 29 Abs. 3 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1435/2003 geltend, dass sein Geschäftsguthaben in der Europäischen Genossenschaft niedriger als sein Geschäftsguthaben in der übertragenden Genossenschaft sei, hat auf seinen Antrag das Gericht nach dem Spruchverfahrensgesetz eine angemessene bare Zuzahlung zu bestimmen. Satz 1 ist auch auf Mitglieder einer übertragenden Genossenschaft mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum anzuwenden, wenn nach dem Recht dieses Staates ein Verfahren zur Kontrolle und Änderung des Umtauschverhältnisses der Anteile vorgesehen ist und deutsche Gerichte für die Durchführung eines solchen Verfahrens international zuständig sind.

(1) Die Gerichtskosten können ganz oder zum Teil den Antragstellern auferlegt werden, wenn dies der Billigkeit entspricht.

(2) Das Gericht ordnet an, dass die Kosten der Antragsteller, die zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendig waren, ganz oder zum Teil vom Antragsgegner zu erstatten sind, wenn dies unter Berücksichtigung des Ausgangs des Verfahrens der Billigkeit entspricht.

(1) Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung in einem Verfahren nach § 1 kann nur binnen drei Monaten seit dem Tag gestellt werden, an dem in den Fällen

1.
der Nummer 1 der Unternehmensvertrag oder seine Änderung;
2.
der Nummer 2 die Eingliederung;
3.
der Nummer 3 der Übergang aller Aktien der Minderheitsaktionäre auf den Hauptaktionär;
4.
der Nummer 4 die Umwandlung;
5.
der Nummer 5 die Gründung oder Sitzverlegung der SE oder
6.
der Nummer 6 die Gründung der Europäischen Genossenschaft
wirksam geworden ist. Die Frist wird in den Fällen des § 2 Absatz 2 durch Einreichung bei jedem zunächst zuständigen Gericht gewahrt. Die Frist wird auch dann gewahrt, wenn der Antrag bei einem sachlich oder örtlich unzuständigen Gericht eingereicht wird.

(2) Der Antragsteller muss den Antrag innerhalb der Frist nach Absatz 1 begründen. Die Antragsbegründung hat zu enthalten:

1.
die Bezeichnung des Antragsgegners;
2.
die Darlegung der Antragsberechtigung nach § 3;
3.
Angaben zur Art der Strukturmaßnahme und der vom Gericht zu bestimmenden Kompensation nach § 1;
4.
Konkrete Einwendungen gegen die Angemessenheit der Kompensation nach § 1 oder gegebenenfalls gegen den als Grundlage für die Kompensation ermittelten Unternehmenswert, soweit hierzu Angaben in den in § 7 Abs. 3 genannten Unterlagen enthalten sind. Macht der Antragsteller glaubhaft, dass er im Zeitpunkt der Antragstellung aus Gründen, die er nicht zu vertreten hat, über diese Unterlagen nicht verfügt, so kann auf Antrag die Frist zur Begründung angemessen verlängert werden, wenn er gleichzeitig Abschrifterteilung gemäß § 7 Abs. 3 verlangt.
Aus der Antragsbegründung soll sich außerdem die Zahl der von dem Antragsteller gehaltenen Anteile ergeben.

(1) Die Gerichtskosten können ganz oder zum Teil den Antragstellern auferlegt werden, wenn dies der Billigkeit entspricht.

(2) Das Gericht ordnet an, dass die Kosten der Antragsteller, die zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendig waren, ganz oder zum Teil vom Antragsgegner zu erstatten sind, wenn dies unter Berücksichtigung des Ausgangs des Verfahrens der Billigkeit entspricht.