vorgehend
Landgericht Heidelberg, 11 O 36/08, 25.07.2013
Oberlandesgericht Karlsruhe, 17 Kap 1/13, 17.03.2014

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I I Z B 1 1 / 1 4
vom
20. Januar 2015
in dem Musterverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
KapMuG § 13 Abs. 1 in der bis zum 31. Oktober 2012 geltenden Fassung
Die Parteien können den Gegenstand eines Kapitalanleger-Musterverfahrens nur bis
zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht erweitern.
BGH, Beschluss vom 20. Januar 2015 - II ZB 11/14 - OLG Karlsruhe
LG Heidelberg
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. Januar 2015 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bergmann, den Richter Prof. Dr. Strohn, die
Richterin Dr. Reichart sowie die Richter Dr. Drescher und Born

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Musterklägers gegen den Beschluss des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 17. März 2014 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens trägt der Musterkläger. Der Streitwert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 10.000 € festgesetzt.

Gründe:

A.

1
Der Musterkläger macht als Aktionär der Musterbeklagten zu 1 Schadensersatzansprüche wegen der Verbreitung fehlerhafter Kennzahlen aus Jahresabschlüssen geltend. Die Musterbeklagte zu 1, die M. AG, ist die Holding der M. -Gruppe. Der Musterbeklagte zu 2 war Mitglied, zeitweise auch Vorsitzender des Vorstands der Musterbeklagten zu 1.
2
Beim Landgericht sind mehrere vergleichbare Verfahren gegen die Musterbeklagten anhängig. Dem zugrunde liegt die bilanzielle Behandlung der Erträge aus Factoring- und Rückversicherungsgeschäften bei zwei Tochtergesellschaften.
3
Das Landgericht hat auf die von dem Musterkläger und 31 Beigeladenen gestellten Anträge durch Vorlagebeschluss vom 30. Dezember 2008 eine Entscheidung des Oberlandesgerichts nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz herbeigeführt. Nach Beweisaufnahme durch Sachverständigengutachten hat das Oberlandesgericht aufgrund mündlicher Verhandlung vom 24. September 2012, in der es u.a. rechtliche Hinweise zur Reichweite des Vorlagebeschlusses erteilt, beiden Seiten die Möglichkeit zur Stellungnahme bis zum 29. Oktober 2012 eingeräumt und Verkündungstermin auf den 16. November 2012 bestimmt hatte, den Feststellungsanträgen mit Musterentscheid vom 16. November 2012 (OLG Karlsruhe – 17 Kap 1/09, BeckRS 2012, 23479) teilweise stattgegeben und sie im Übrigen zurückgewiesen.
4
Die gegen die Zurückweisung der weitergehenden Anträge gerichtete Rechtsbeschwerde des Musterklägers und weiterer Beigeladener hat der Senat mit Beschluss vom 1. Juli 2014 (II ZB 29/12, ZIP 2014, 2074) zurückgewiesen.
5
Am 15. November 2012 - einen Tag vor Verkündung des Musterentscheids des Oberlandesgerichts am 16. November 2012 - hat der Musterkläger beim Landgericht beantragt, den Vorlagebeschluss zu ergänzen. Das Landgericht hat den Antrag als unzulässig zurückgewiesen und unter anderem ausge- führt, dass er nicht „bis zum Abschluss des Musterverfahrens“ im Sinne des § 13 Abs. 1 KapMuG in der bis zum 31. Oktober 2012 geltenden Fassung (im Folgenden: KapMuG aF) gestellt worden sei, denn darunter sei der Schluss der mündlichen Verhandlung zu verstehen; jedenfalls hätte er innerhalb der vom Oberlandesgericht gesetzten Frist bis zum 29. Oktober 2012 gestellt werden müssen.
6
Der hiergegen gerichteten sofortigen Beschwerde des Musterklägers hat das Landgericht nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht vorgelegt. Dieses hat die sofortige Beschwerde als unbegründet zurückgewiesen.

B.

7
Das Oberlandesgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
8
Die sofortige Beschwerde sei zulässig, insbesondere statthaft. Zwar sei sie in § 13 KapMuG aF nicht ausdrücklich genannt. Ihre Statthaftigkeit ergebe sich aber aus § 3 Abs. 1 EGZPO i.V.m. § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO.
9
Die sofortige Beschwerde sei jedoch unbegründet, da das Landgericht den ergänzenden Musterfeststellungsantrag des Musterklägers zu Recht als verspätet und damit als unzulässig angesehen habe. Die in § 13 Abs. 1 KapMuG aF vorgesehene zeitliche Begrenzung „bis zum Abschluss des Mus- terverfahrens“ sei zwar dem Wortlaut nach mehrdeutig, aber dahingehend aus- zulegen, dass eine Ergänzung nur bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung möglich sei.
10
Für seine der Auffassung des Landgerichts entsprechende Auslegung hat das Oberlandesgericht unter anderem darauf abgehoben, dass das Musterverfahren gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 KapMuG aF im Grundsatz ein den Regelungen der Zivilprozessordnung unterworfenes Verfahren sei. Ergänzende Musterfeststellungsanträge seien wie Sachanträge im Sinne von § 261 Abs. 2, § 297 ZPO in der letzten mündlichen Verhandlung, spätestens jedoch innerhalb einer vom Gericht nach § 139 Abs. 5 ZPO nachgelassenen Schriftsatzfrist zu stellen. Auch das Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz messe der mündlichen Verhandlung eine entscheidende Bedeutung bei, denn das Oberlandesgericht erlasse den Musterentscheid gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 KapMuG aF aufgrund mündlicher Verhandlung. Außerdem belegten sowohl die - von Landgericht und Oberlandesgericht näher dargestellte - Entstehungsgeschichte des § 13 KapMuG aF als auch die Gesetzesbegründung zur Novellierung des Kapitalanleger -Musterverfahrensgesetzes diese Sichtweise.
11
Schließlich entspreche dies auch Sinn und Zweck des Musterverfahrens. Zwar sei es richtig, dass das Musterverfahren zu einer möglichst umfassenden Klärung von Fragestellungen führen solle, weshalb es wegen der Sperrwirkung des § 5 KapMuG aF gerade die Möglichkeit gebe, dem Oberlandesgericht durch Erweiterung des Vorlagebeschlusses weitere klärungsbedürftige Fragen vorzulegen. Vor allem aber sei grundsätzlicher Zweck des Musterverfahrens, den Rechtsschutz des Einzelnen in sog. „Streuschadenfällen“ effektiver zu ge- stalten und hierfür die Interessen zu bündeln. Die Gewährung effektiven Rechtsschutzes verlange aber eine besondere Beachtung der Beschleunigungs - und Konzentrationsgrundsätze der Zivilprozessordnung. Eine Zulassung von Ergänzungsanträgen bis - so der Musterkläger im Beschwerdeverfahren - eine Minute vor dem Verkündungstermin oder sogar bis zum Eintritt der Rechtskraft des Musterentscheids eröffne dagegen die Möglichkeit, das Verfahren bis zur Grenze der Prozessverschleppung (§ 1 Abs. 3 Nr. 2 KapMuG aF) zu verzögern. Die Pflicht zur Prozessförderung treffe auch die Parteien, weshalb etwaige Ergänzungsanträge bis zu dem Zeitpunkt, der Grundlage der Entscheidungsfindung des Gerichts sei, gestellt werden müssten.

C.

12
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig.
13
I. Nach § 27 des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes in der seit dem 1. November 2012 geltenden Fassung (BGBl. I, S. 2182; im Folgenden: KapMuG nF) ist auf das vorliegende Rechtsbeschwerdeverfahren das Kapitalanleger -Musterverfahrensgesetz in seiner bis zum 1. November 2012 geltenden Fassung anzuwenden, weil vor dem 1. November 2012 mündlich verhandelt worden ist. Der Antrag auf Erweiterung des Gegenstands des ursprünglichen Musterverfahrens stellt keinen neuen Musterverfahrensantrag dar.
14
II. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft. Zwar findet § 15 Abs. 1 KapMuG aF keine Anwendung; das Oberlandesgericht hat die Rechtsbeschwerde aber gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO, der über § 3 Abs. 1 EGZPO anwendbar ist, zugelassen. Hieran ist der Senat gemäß § 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO gebunden. Dass nach § 13 Abs. 2 KapMuG aF Erweiterungen eines Vorlagebeschlusses unanfechtbar sind, führt nicht auch zur Unanfechtbarkeit von die Erweiterung ablehnenden Beschlüssen (ähnlich bei Zurückweisung eines Musterfeststellungsantrags gemäß § 4 Abs. 4 KapMuG aF BGH, Beschluss vom 21. April 2008 - II ZB 6/07, BGHZ 176, 170 Rn. 4; Reuschle in KK-KapMuG, 1. Aufl., § 13 Rn. 15, 23; Möllers/Weichert, NJW 2005, 2737, 2739; a.A. Fullenkamp in Vorwerk/Wolf, KapMuG, 2007, § 13 Rn. 10 und § 4 Rn. 36).

D.

15
Die Rechtsbeschwerde ist jedoch unbegründet.
16
Zu Recht haben Land- und Oberlandesgericht angenommen, dass die Parteien den Gegenstand des Musterverfahrens nur bis zum Schluss der münd- lichen Verhandlung im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 1 KapMuG aF erweitern können. Zwar ist die in § 13 Abs. 1 KapMuG aF enthaltene Bestimmung, dass ergänzende Musterfeststellungsanträge „bis zum Abschluss des Musterverfahrens“ gestellt werden müssten, ihrem Wortlaut nach nicht eindeutig. Für diese Auslegung sprechen aber die Gesetzesmaterialien, der systematische Zusammenhang und der Sinn und Zweck des § 13 Abs. 1 KapMuG aF.
17
1. Die Begründung zum Regierungsentwurf des KapitalanlegerMusterverfahrensgesetzes aF geht ausdrücklich davon aus, dass Erweiterungen des Verfahrensgegenstands des Musterverfahrens nur bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung möglich seien (BT-Drucks. 15/5091, S. 28). Es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber diese Vorstellung mit der Übernahme der dem Wortlaut des § 13 Abs. 1 KapMuG aF entsprechenden Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses (vgl. BT-Drucks. 15/5695, S. 11, 24) aufgegeben hätte. Der Begründung der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses zu § 13 KapMuG aF lässt sich kein Anhaltspunkt dafür entnehmen , dass gegenüber der Fassung des Regierungsentwurfs eine Änderung bezüglich des maßgebenden Zeitpunkts erfolgen sollte.
18
Dieser Befund wird bestätigt durch die Gesetzesbegründung zur Neufas- sung des § 15 KapMuG, der die Wendung „bis zum Abschluss des Musterverfahrens“ nicht mehr enthält. Darin wird ausgeführt, dass Erweiterungsanträge vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung zu stellen seien und allenfalls eine Wiedereröffnung nach § 156 ZPO in Betracht komme (BT-Drucks. 17/8799, S. 23). Hätte dies aus Sicht des Gesetzgebers eine Änderung oder jedenfalls eine Klarstellung gegenüber § 13 KapMuG aF bedeutet, so wäre zu erwarten gewesen, dass sich in der Gesetzesbegründung eine ausdrückliche Erwähnung finden würde, was aber - im Gegensatz zu anderen dort angespro- chenen Punkten wie der Verlagerung der Entscheidungskompetenz auf das Oberlandesgericht und der Streichung des Begriffs „Gegenstand des Muster- verfahrens“ - gerade nicht der Fall ist.
19
Demgegenüber spricht nichts für die Auffassung des Musterklägers, dass der Gesetzgeber mit der Formulierung „bis zum Abschluss des Musterverfahrens“ den Zeitpunkt des Erlasses des Musterentscheids gemeint haben könnte oder sogar erst den des Eintritts der Rechtskraft. Nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung ist die Erhebung einer neuen Klageforderung oder einer Klageerweiterung durch einen nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsatz unzulässig, weil Sachanträge spätestens in der letzten mündlichen Verhandlung gestellt werden müssen (vgl. nur BGH, Beschluss vom 19. März 2009 - IX ZB 152/08 Rn. 8, NJW-RR 2009, 853 Rn. 8 mwN). Allenfalls können sie zu einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gemäß § 156 ZPO führen. Hätte der Gesetzgeber von diesen allgemein anerkannten Grundsätzen abweichen wollen, obwohl er noch in der Begründung des Regierungsentwurfs eben hiervon ausgegangen war, wären entsprechende Ausführungen zu erwarten gewesen.
20
2. Auch die in § 9 KapMuG aF angeordnete Anwendung der im ersten Rechtszug für das Verfahren vor den Landgerichten geltenden Vorschriften der Zivilprozessordnung stützt diese Auslegung des § 13 KapMuG aF. So ist eine Klageänderung im Sinne von § 263 ZPO nach Schluss der mündlichen Verhandlung vorbehaltlich einer Wiedereröffnung gemäß § 156 ZPO grundsätzlich ausgeschlossen. Zwar lassen sich die Begrifflichkeiten der Zivilprozessordnung nicht ohne weiteres auf das Verfahren nach dem KapitalanlegerMusterverfahrensgesetz übertragen. Auch sollte § 13 KapMuG aF nach der Vorstellung des Gesetzgebers gerade eine Spezialvorschrift zu § 263 ZPO sein (BT-Drucks. 15/5091, S. 28). Gleichwohl zeigt schon die ausdrückliche Erwähnung des § 263 ZPO in der Begründung des Regierungsentwurfs, dass ein Vergleich der Erweiterung des Gegenstands des Musterverfahrens gemäß § 13 KapMuG aF mit einer Klageänderung im Sinne von § 263 ZPO jedenfalls nahe liegt.
21
Entgegen der Auffassung des Rechtsbeschwerdeführers spricht auch die Sperrwirkung des § 5 KapMuG aF für kein anderes Ergebnis. Zwar ist es richtig, dass die Einleitung eines weiteren Musterverfahrens in allen gemäß § 7 KapMuG aF auszusetzenden Verfahren mit Erlass des Vorlagebeschlusses unzulässig ist (so auch weiterhin §§ 7 f. KapMuG nF). Hieraus lässt sich aber auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten - mit Blick auf die Gebote der Gewährung effektiven Rechtsschutzes und rechtlichen Gehörs - nicht schließen, dass mit dem Begriff „Abschluss des Musterverfahrens“ im Sinne von § 13 KapMuG aF der Eintritt der Bindungswirkung gemäß § 16 KapMuG aF gemeint sein müsse, um es den Parteien zu ermöglichen, bis dahin - unter Umständen also sogar während eines laufenden Rechtsbeschwerdeverfahrens gegen den Musterentscheid - eine Erweiterung des Gegenstands des Musterverfahrens zu erwirken. Denn eine Einführung neuer Gesichtspunkte in die Ausgangsverfahren bleibt vorbehaltlich der dort anzuwendenden Präklusionsvorschriften grundsätzlich ebenso möglich wie die Erhebung einer neuen Klage im Falle einer beabsichtigten, aber nach Schluss der mündlichen Verhandlung grundsätzlich ausgeschlossenen Klageänderung.
22
3. Im Übrigen widerspräche - bei unterstellter Möglichkeit der Erweiterung des Musterverfahrens noch nach Schluss der mündlichen Verhandlung - der Erlass eines Teilmusterentscheids entgegen der Auffassung des Musterklägers Sinn und Zweck des Musterverfahrens. Das Ziel des Musterverfahrens, den Rechtsschutz des Einzelnen in sog. „Streuschadenfällen“ effektiver zu gestalten , würde konterkariert, wenn ein Teil des Musterverfahrens noch beim Oberlandesgericht und ein anderer Teil bereits beim Bundesgerichtshof anhängig wäre. Selbst bei Eintritt der - dann nur teilweisen - Bindungswirkung gemäß § 16 KapMuG aF erschiene die Fortführung der Ausgangsverfahren vor der endgültigen Entscheidung über alle im Musterverfahren zu klärenden Fragen zumindest unpraktikabel und weniger sinnvoll als die Einführung der beabsichtigten Erweiterungen in die jeweiligen Ausgangsverfahren nach rechtskräftigem Abschluss des - nicht erweiterten - Musterverfahrens.
Bergmann Strohn Reichart Drescher Born
Vorinstanzen:
LG Heidelberg, Entscheidung vom 25.07.2013 - 11 O 36/08 KfH -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 17.03.2014 - 17 Kap 1/13 -

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(1) Nimmt der Musterkläger im Laufe des Musterverfahrens seine Klage im Ausgangsverfahren zurück oder wurde über das Vermögen des Musterklägers ein Insolvenzverfahren eröffnet, so bestimmt das Oberlandesgericht nach Maßgabe des § 9 Absatz 2 einen neuen Musterkläger.

(2) Das Gleiche gilt, wenn der Prozessbevollmächtigte des Musterklägers die Aussetzung des Musterverfahrens aus einem der folgenden Gründe beantragt:

1.
der Musterkläger ist gestorben,
2.
der Musterkläger ist nicht mehr prozessfähig,
3.
der gesetzliche Vertreter des Musterklägers ist weggefallen,
4.
eine Nachlassverwaltung ist angeordnet oder
5.
die Nacherbfolge ist eingetreten.

(3) Die Klagerücknahme eines Beigeladenen hat auf den Fortgang des Musterverfahrens keinen Einfluss.

(4) Die Rücknahme eines Musterverfahrensantrags hat auf die Stellung als Musterkläger oder den Fortgang des Verfahrens keinen Einfluss.

(5) Ein Musterentscheid ergeht nicht, wenn der Musterkläger, die Musterbeklagten und die Beigeladenen übereinstimmend erklären, dass sie das Musterverfahren beenden wollen. Das Oberlandesgericht stellt die Beendigung des Musterverfahrens durch Beschluss fest. Der Beschluss ist unanfechtbar und wird öffentlich bekannt gemacht. § 11 Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZB 29/12
vom
1. Juli 2014
in dem Musterverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
KapMuG (in der Fassung vom 16. August 2005) § 4 Abs. 1 Satz 2, § 13;
Für die Abgrenzung eines Rückversicherungsvertrags von einem (verdeckten)
Darlehensvertrag bei Lebensversicherungen kommt es darauf an, ob ein hinreichender
Risikotransfer von dem Erstversicherer auf den Rückversicherer stattfindet.
Dafür reicht es im Rahmen eines Summenexzedenten-Vertrags aus,
dass aus der Sicht des Rückversicherers die tatsächliche Möglichkeit eines
nachteiligen Verlaufs des Erstversicherungsverhältnisses besteht.
BGH, Beschluss vom 1. Juli 2014 - II ZB 29/12 - OLG Karlsruhe
LG Heidelberg
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 1. Juli 2014 durch den Vorsitzenden
Richter Prof. Dr. Bergmann, den Richter Prof. Dr. Strohn, die Richterin Dr. Reichart
sowie die Richter Dr. Drescher und Born

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Musterklägers und der Beigeladenen zu 1 bis 14 gegen den Beschluss - Musterentscheid - des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 16. November 2012 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen , dass der Musterfeststellungsantrag hinsichtlich der Feststellungsziele XIII. und XIV. des Vorlagebeschlusses des Landgerichts Heidelberg vom 30. Dezember 2008 gegenstandslos ist.
Die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens und die außergerichtlichen Kosten der Musterbeklagten im Rechtsbeschwerdeverfahren tragen der Musterkläger und die im Rubrum aufgeführten Beigeladenen wie folgt: - Musterkläger: 9,6 % - Beigeladene zu 1: 3,3 % - Beigeladener zu 2: 0,1 % - Beigeladener zu 3: 1,2 % - Beigeladene zu 4: 0,7 % - Beigeladene zu 5: 1,6 % - Beigeladene zu 6: 12,4 % - Beigeladener zu 7: 0,2 % - Beigeladener zu 8: 0,6 % - Beigeladener zu 9: 8,0 % - Beigeladener zu 10: 13,6 % - Beigeladene zu 11: 5,9 % - Beigeladener zu 12: 5,0 % - Beigeladener zu 13: 25,7 % - Beigeladener zu 14: 9,8 % - Beigeladener zu 15: 2,3 %.
Ihre außergerichtlichen Kosten im Rechtsbeschwerdeverfahren tragen der Musterkläger und die im Rubrum aufgeführten Beigeladenen selbst.
Der Streitwert für die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 30.000.000 € festgesetzt.
Der Gegenstandswert für die außergerichtlichen Kosten im Rechtsbeschwerdeverfahren wird für die Prozessbevollmächtigten der Musterbeklagten auf 30.000.000 € festgesetzt.
Der Gegenstandswert für die außergerichtlichen Kosten im Rechtsbeschwerdeverfahren wird für die Prozessbevollmächtigten des Musterklägers und der im Rubrum aufgeführten Beigeladenen wie folgt festgesetzt : - 410.929,02 € für den Musterkläger, - 140.055,13 € für die Beigeladenen zu 1, - 6.348,91 € für den Beigeladenen zu 2, - 50.000 € für den Beigeladenen zu 3, - 28.890,83 € für die Beigeladene zu 4, - 70.629,52 € für die Beigeladene zu 5, - 527.773,10 € für die Beigeladene zu 6, - 8.796,47 € für den Beigeladenen zu 7, - 25.495,71 € für den Beigeladenen zu 8, - 340.000 € für den Beigeladenen zu 9, - 580.000 € für den Beigeladenen zu 10, - 249.862,19 € für die Beigeladene zu 11, - 213.498,41 € für den Beigeladenen zu 12, - 1.096.995,10 € für den Beigeladenen zu 13, - 418.704,81€ für den Beigeladenen zu 14 und - 100.146,87 € für den Beigeladenen zu 15.

Gründe:


A.


1
Der Musterkläger macht als Aktionär der Musterbeklagten zu 1 Schadensersatzansprüche wegen der Verbreitung fehlerhafter Kennzahlen aus Jahresabschlüssen geltend. Die Musterbeklagte zu 1, die M. AG, ist die Holding der M. -Gruppe. Diese erbringt Bank- und Versicherungsleistungen für Akademiker. Der Musterbeklagte zu 2 war von 1988 bis 1998 Mitglied und von 1999 bis 2003 Vorsitzender des Vorstands der Musterbeklagten zu 1. In den Jahren 2000 bis 2002 war er außerdem Vorstandsvorsitzender der voll konsolidierten Tochtergesellschaften der Musterbeklagten zu 1, der M. Finanzdienstleistungen AG (im Folgenden: M. FDL) und der (damaligen) M. Lebensversicherung AG (im Folgenden: M. Leben).
2
Beim Landgericht Heidelberg sind mehrere vergleichbare Verfahren gegen die Musterbeklagten anhängig. Dem zugrunde liegt die bilanzielle Behandlung der Erträge aus Factoring- und Rückversicherungsgeschäften bei der M. FDL und der M. Leben.
3
Die M. Leben bot u.a. eigene fondsgebundene Lebensversicherungen an, die von der M. FDL als Versicherungsmaklerin mit Hilfe selbständiger Handelsvertreter (Geschäftsstellenleiter, Berater) vertrieben wurden. Aufgrund eines Courtagevertrags mit der M. Leben hatte die M. FDL Anspruch auf Provisionen, deren Auszahlung im Gegensatz zu dem seinerzeit branchenüblichen frontgeladenen Provisionsmodell (mit einer einmaligen Abschlussprovision) auf die Dauer der Beitragszahlung , höchstens jedoch auf zwölf Jahre verteilt wurde. Die Handelsvertreter erhielten die in den ersten sechs Jahren anfallenden Provisionen, danach standen sie der M. FDL zu. Diese ab dem siebten bis zum zwölften Versicherungsjahr fällig werdenden Provisionen waren Gegenstand von insgesamt neun Factoringverträgen. Die Einnahmen hieraus wurden in den laufenden Jahresabschlüssen der M. FDL in voller Höhe als Erträge verbucht, ohne einen Rückstellungsbedarf für das Risiko des Bestands und der Durchsetzbarkeit der Forderungen zu berücksichtigen.
4
Die M. Leben schloss hinsichtlich eines Teils der Risiken und Prämien im Jahr 1999 einen Rückversicherungsvertrag mit der G. Rückversicherungs -AG (im Folgenden: G. ), für den sie Rückversicherungsbeiträge zu leisten hatte. Umgekehrt wurde die Vergütung einer Abschlussprovision in Höhe von 35 ‰ der Rückversicherungssumme sowie eine laufende Provision in Höhe von 25 % der Risikobeiträge an die M. Leben vereinbart. G. sollte das versicherungstechnische Risiko aus den Versicherungsverträgen teilweise übernehmen. Die vonG. erhaltenen Provisionen wurden in den Bilanzen der M. Leben ertragswirksam ausgewiesen , ohne Rückstellungen für Rückzahlungsverpflichtungen oder Rechnungsabgrenzungsposten zu bilden.
5
Das veröffentlichte Jahreskonzernergebnis der Musterbeklagten zu 1 wurde in den Geschäftsjahren 1998 bis 2001 durch die Erlöse aus den Factoring- und Rückversicherungsgeschäften mitgeprägt. Das in den Geschäftsberichten ausgewiesene Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit des M. -Konzerns belief sich imJahr 1998 auf ca. 46,9 Mio. €, im Jahr 1999 auf ca. 76,7 Mio. €, im Jahr 2000 auf ca. 114,9 Mio. € und im Jahr 2001 auf ca. 150,8 Mio. €. Wegen der für das Geschäftsjahr 2002 gebildeten Rückstellungen für Factoringgeschäfte in Höhe von 120,1 Mio. € musste die Musterbeklagte zu 1 im Jahresabschluss 2002 einen Verlust in Höhe von ca. 36,6 Mio. € ausweisen.
6
Ab Mitte des Jahres 2002 berichteten Börsenzeitschriften kritisch über die Bilanzierungspraxis hinsichtlich der Provisionserträge aus dem Factoring und der Einnahmen aus der Rückversicherung. Der Aktienkurs der Musterbeklagten zu 1, der seinen Höchststand mit über 160 € im Herbst 2000 erreicht hatte, brach daraufhin auf unter 20 € ein und lag zwischenzeitlich bei 5 €.
7
Ein Strafverfahren gegen den Musterbeklagten zu 2 wegen des Vorwurfs, Erlöse aus den verkauften Forderungen und Rückversicherungsprovisionen in den Bilanzen bewusst unrichtig als Gewinne verbucht zu haben, ohne mögliche Rückzahlungsverpflichtungen als Rückstellungen auszuweisen, wurde gegen Zahlung einer Geldauflage gemäß § 153a StPO eingestellt. Zum 31. Dezember 2005 wurde der Rückversicherungsvertrag aufgelöst, nachdem die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) eine Zusatzvereinbarung beanstandet und die Auffassung vertreten hatte, dass es sich nicht um eine Rückversicherung handele.
8
Das Landgericht Heidelberg hat auf die von dem Musterkläger und 31 Beigeladenen gestellten Anträge eine Entscheidung des Oberlandesgerichts nach dem Kapitalanleger -Musterverfahrensgesetz herbeigeführt. Nach Beweisaufnahme durch Sachverständigengutachten hat das Oberlandesgericht unter Zurückweisung weitergehender Feststellungsanträge mit Musterentscheid vom 16. November 2012 (OLG Karlsruhe – 17 Kap 1/09, BeckRS 2012, 23479) festgestellt, dass I. die M. FDL gegen das gesetzliche Gebot zur Bildung von Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten verstoßen habe, indem sie die Erlöse aus den Factoringgeschäften in den Jahren 1998 bis 2001 gewinnerhöhend in die Gewinn- und Verlustrechnung eingestellt habe, ohne die gesetzlich vorgeschriebenen Rückstellungen für daraus resultierende Einstandspflichten gegenüber dem jeweiligen Factor zu bilden und gewinnmindernd in der Gewinn- und Verlustrechnung auszuweisen, II. die M. Leben in den Jahren 2001 und 2002 gegen ihre Passivierungspflicht verstoßen habe, indem sie für Rückversicherungsprovisionen aus dem fraglichen Rückversicherungsvertrag keine Passivposten gebildet habe, obwohl dies wegen des branchenunüblichen Provisionsmodells der M. Leben erforderlich gewesen sei, III. die auf dieser rechtsfehlerhaften Bilanzierungspraxis beruhenden Kennzahlen zum Konzernergebnis und -umsatz der Musterbeklagten zu 1 fehlerhaft gewesen seien.
9
Mit der Rechtsbeschwerde verfolgen der Musterkläger und die aus dem Rubrum ersichtlichen Beigeladenen die Feststellungsziele, soweit der Musterentscheid hinter den Anträgen zurückgeblieben ist, weiter. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um die Anträge festzustellen, dass V. es der Musterbeklagte zu 2 in einer der Musterbeklagten zu 1 zuzurechnenden Weise jedenfalls billigend in Kauf genommen hat, dass die nach Nr. III des Musterfeststellungsantrags fehlerhaften Kennzahlen vom 1. Januar 1999 bis jedenfalls zum 31. Dezember 2002 in Kapitalmarktinformationen der Musterbeklagten zu 1 verbreitet wurden, VII. der Musterbeklagte zu 2 in einer der Musterbeklagten zu 1 zuzurechnenden Weise hinsichtlich der Verbreitung der nach Nr. III des Musterfeststellungsantrags fehlerhaften Kennzahlen zum Konzernergebnis und/oder Konzernumsatz vom 1. Januar 1999 bis jedenfalls zum 31. Dezember 2002 in Kapitalmarktinformationen der Musterbeklagten zu 1 mit Schädigungsvorsatz gehandelt hat, IX. die Verbreitung der nach Nr. III des Musterfeststellungsantrags fehlerhaften Kennzahlen zum Konzernergebnis und/oder Konzernumsatz vom 1. Januar 1999 bis jedenfalls zum 31. Dezember 2002 sittenwidrig war.
10
Für den Fall des Erfolgs der Rechtsbeschwerde haben die Musterbeklagten Eventual-Anschlussrechtsbeschwerde eingelegt.

B.


11
Das Oberlandesgericht hat zur Begründung des Musterentscheids im Wesentlichen ausgeführt:
12
Die M. FDL hätte Rückstellungen für künftige Verbindlichkeiten aus den Factoringverträgen bilden müssen, da sie nach deren § 9 für das Risiko des Bestands , der Abtretbarkeit und der Einrede- bzw. Einwendungsfreiheit sowie der Stornierung , der Aussetzung oder der sonstigen vorzeitigen Beendigung des Grundgeschäfts hätte einstehen müssen. In diesem Zusammenhang hätte sie die Stornowahrscheinlichkeit von 2 % aufgrund des Vorsichtsprinzips nicht ab dem dritten Versicherungsjahr auf 1 % reduzieren dürfen. Auch hätte sie in Bezug auf die eventuellen Rückforderungsansprüche gegen die M. -Berater, die grundsätzlich geeignet gewesen seien, das Stornorisiko zu kompensieren, wegen des Ausfallrisikos einen Abschlag von 10 % kalkulieren müssen.
13
Die M. Leben hätte zur periodengerechten Erfassung von Rückversicherungsprovisionen Rechnungsabgrenzungsposten gemäß § 250 Abs. 2 HGB passivieren müssen, da sie diese Provisionen in vollem Umfang ertragswirksam eingebucht habe, während ihre eigenen Provisionsverbindlichkeiten aufgrund des mit der M. FDL vereinbarten Modells über zwölf Jahre gestreckt gewesen seien. Dies sei vom eigentlichen Feststellungsziel, das im Wesentlichen auf die Feststellung gerichtet gewesen sei, dass es sich nicht um ein Rückversicherungsgeschäft, sondern um ein verdecktes, in der Bilanz zu Unrecht nicht passiviertes Darlehen gehandelt habe, umfasst. Es sei tatsächlich von einem – wenn auch eine Finanzierungsfunktion enthaltenden – Rückversicherungsvertrag zu marktüblichen Konditionen auszugehen.
14
Dementsprechend seien auch die von der Musterbeklagten zu 1 veröffentlichten Kennzahlen fehlerhaft gewesen, soweit sie auf dieser Bilanzierungspraxis der M. Leben und der M. FDL beruht hätten.
15
Hinsichtlich der Feststellungsziele V., VII. und IX. hat das Oberlandesgericht nicht feststellen können, dass der Musterbeklagte zu 2 bei der Veröffentlichung der fehlerhaften Kennzahlen zum Konzernergebnis bedingt vorsätzlich (Feststellungsziel V.) und mit Schädigungsvorsatz (Feststellungsziel VII.) gehandelt hat und die Verbreitung fehlerhafter Kennzahlen sittenwidrig gewesen ist (Feststellungsziel IX.). Dazu hat es im Wesentlichen darauf abgestellt, dass die Bilanzierungsfehler nach damaligem Erkenntnisstand für den Musterbeklagten zu 2 nicht erkennbar gewesen seien und dass auch das geringe wirtschaftliche Gewicht der Fehler gegen einen Vorsatz spreche, erst Recht gegen eine Sittenwidrigkeit.
16
Zu den Feststellungszielen XIII. und XIV., die sich zu Fragen der Kausalität und der Schadenshöhe verhalten, hat das Oberlandesgericht ausgeführt, dass es darauf nach Verneinung der subjektiven Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs nicht mehr ankomme und das Musterverfahren nicht dazu diene, abstrakte Fragen zu beantworten, die nach derzeitigem Stand keine Auswirkung auf die ausgesetzten Verfahren haben könnten.

C.


17
Die Musterrechtsbeschwerde ist zulässig.
18
I. Nach § 27 des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes in der seit dem 1. November 2012 geltenden Fassung (BGBl. I, S. 2182; im Folgenden: KapMuG nF) ist auf das vorliegende Musterverfahren das Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz in seiner bis zum 1. November 2012 geltenden Fassung anzuwenden (im Folgenden: KapMuG), weil vor dem 1. November 2012 mündlich verhandelt worden ist.
19
II. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft. Die Sache hat nach § 15 Abs. 1 Satz 2 KapMuG stets grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
20
III. Dahinstehen kann aufgrund der einheitlichen Rechtsbeschwerdebegründung , ob den Beigeladenen und weiteren Rechtsbeschwerdeführern das Recht zu eigenem, von demjenigen des Musterklägers abweichendem Vorbringen zusteht (so Vorwerk in Vorwerk/Wolf, KapMuG, § 15 Rn. 33) oder ob die neben der Rechtsbeschwerde des Musterklägers ausdrücklich erhobenen Rechtsbeschwerden in einen Beitritt umzudeuten sind (so KK-KapMuG/Rimmelspacher, 1. Aufl., § 15 Rn. 72).

D.


21
Die Rechtsbeschwerde ist jedoch unbegründet.
22
I. Nicht mehr im Streit steht das Feststellungsziel zu I., das die Pflicht betrifft, Rückstellungen für die möglichen Einstandspflichten aus den in den Jahren 1998 bis 2002 betriebenen Factoring-Geschäften zu bilden. Der Musterkläger hat insoweit bezüglich der Jahre 1998 bis 2001 obsiegt. Dass sein Antrag bezüglich des Jahres 2002 zurückgewiesen worden ist, stellt er mit der Rechtsbeschwerdebegründung nicht in Frage.
23
II. Ohne Erfolg bleiben die Angriffe des Musterklägers, soweit sie die Feststellung zu II. betreffen – Verletzung der Pflicht, hinsichtlich der Rückversicherungsprovisionen aus dem Rückversicherungsvertrag Passivposten zu bilden.
24
1. Das Oberlandesgericht hat dem Feststellungsziel zu II. im Tenor des Musterentscheids im Wesentlichen entsprochen. Dennoch ist der Musterkläger insoweit materiell und formell beschwert. Denn der festgestellte, auf einem fehlenden negativen Rechnungsabgrenzungsposten beruhende Bilanzierungsfehler geht nicht so weit wie die begehrte Feststellung, dass es sich bei dem Rückversicherungsvertrag vom 9. Juni / 26. August 1999 bei zutreffender Würdigung um einen Darlehensvertrag gehandelt habe, dass deshalb eine Pflicht zur Rückzahlung der Provisionen bestehe und dass bezüglich dieser Pflicht eine Passivierung geboten gewesen sei.

25
2. Die rechtliche Beurteilung des Rückversicherungsvertrags durch das Oberlandesgericht ist indes nicht zu beanstanden. Das Gericht hat ohne Rechtsfehler festgestellt, dass der Rückversicherungsvertrag zwischen der M. Leben und G. kein verdeckter Darlehensvertrag war und dass deshalb die Provisionszahlungen von G. an M. Leben erfolgswirksam verbucht werden durften.
26
a) Eine Rückzahlungspflicht bezüglich der von der M. Leben vereinnahmten Rückversicherungsprovisionen, die zu passivieren gewesen wäre, hat das Oberlandesgericht nicht angenommen. Dabei hat es zutreffend darauf abgestellt, dass ein Rückversicherungsvertrag der vorliegenden Art seinem Wesen nach neben der Risikoteilung als Hauptfunktion immer auch eine Dienstleistungs- und Finanzierungsfunktion hat und dass die Grenze zu einem verdeckten Darlehensvertrag erst überschritten ist, wenn mit der Rückversicherung kein Übergang eines signifikanten Versicherungsrisikos verbunden ist, wenn also der Risikotransfer gegenüber dem Finanzierungsanteil vernachlässigbar gering ist. Diese Voraussetzung hat es nicht festzustellen vermocht. Dabei hat es berücksichtigt, dass die von der M. Leben angebotenen Lebensversicherungsverträge fondsgebunden waren und daher im Erlebensfall kein fester Auszahlungsbetrag, sondern ein Anspruch auf die Fondsanteile oder deren Wert zugesagt war. Damit lag das Kapitalanlagerisiko insoweit nicht beim Versicherer , sondern beim Versicherungsnehmer. Dennoch bestand ein versicherungstechnisches Risiko im Todesfall des Versicherungsnehmers. Denn die M. Leben war nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts im Todesfall verpflichtet, über das Fondsguthaben hinaus zusätzliche Leistungen zu erbringen, wenn dieses Guthaben nicht mindestens 60 % der Beitragssumme erreichte.
27
b) Die Rechtsbeschwerde führt dazu aus, das Oberlandesgericht habe die gutachterlichen Feststellungen nicht ausgeschöpft. Der Sachverständige habe in der mündlichen Verhandlung geäußert, dass die Finanzierungsfunktion die Risikoteilung überlagere, was das Oberlandesgericht nur unzureichend erfasst habe. Damit kann die Rechtsbeschwerde nicht durchdringen.

28
aa) Die Beweiswürdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Sie ist im Rechtsbeschwerdeverfahren nur auf Rechtsfehler zu überprüfen, § 576 Abs. 1 und Abs. 3 ZPO i.V.m. § 546 ZPO, nämlich darauf, ob eine umfassende und widerspruchsfreie Auseinandersetzung mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen stattgefunden hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 13. Dezember 2011 – XI ZR 51/10, BGHZ 192, 90 Rn. 29; Urteil vom 19. Juli 2004 – II ZR 217/03, WM 2004, 1726, 1729). Das gilt auch für die Rechtsbeschwerde nach § 15 KapMuG (BGH, Beschluss vom 23. April 2013 – II ZB 7/09, ZIP 2013, 1165 Rn. 11).
29
bb) Diesen Anforderungen halten die Ausführungen des Oberlandesgerichts stand. Es hat sich mit dem Beweisergebnis in Gestalt der Ausführungen des Sachverständigen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt und diese Ausführungen vollständig gewürdigt. Die Begründung genügt den Anforderungen an eine Beweiswürdigung (§ 286 ZPO i.V.m. § 9 KapMuG). Insbesondere hat das Oberlandesgericht auch zu den von der Rechtsbeschwerde in Bezug genommenen mündlichen Erläuterungen des Sachverständigen ausdrücklich Stellung bezogen, wobei es aber zu Recht nicht einen einzelnen Satz des Sachverständigen herausgegriffen, sondern die gesamten – schriftlichen wie mündlichen – Ausführungen berücksichtigt hat. Daraus hat es ohne Rechtsfehler den Schluss gezogen, dass der Rückversicherungsvertrag kein Scheinkreditvertrag ist, auch wenn der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung von einer "Überlagerung" der Finanzierungsfunktion über die Risikoaufteilung gesprochen hat. Diese "Überlagerung" beruht darauf, dass die M. Leben sämtliche Rückversicherungsprovisionen zum Zeitpunkt ihres Zuflusses ertragswirksam verbucht hat, obwohl sich aufgrund des damals unüblichen nicht frontgeladenen Abschlussprovisionsmodells die sonst recht hohen und durch die Rückversicherungsprovision mitfinanzierten Abschlusskosten verringerten. Das führt aber, wie das Oberlandesgericht richtig gesehen hat, nicht zur Qualifizierung des Rückversicherungsvertrags als verdecktes Darlehensgeschäft.

30
c) Weiter stellt die Rechtsbeschwerde in Abrede, dass es sich (nur) dann um einen verdeckten Darlehensvertrag und nicht um einen Rückversicherungsvertrag handele, wenn kein signifikantes Versicherungsrisiko übergehe. Diese Voraussetzung sei höchstrichterlich ungeklärt. Feststellungen des Oberlandesgerichts zur Wahrscheinlichkeit der Einstandspflicht des Rückversicherers fehlten. Diese Wahrscheinlichkeit sei aufgrund der konkreten Ausgestaltung statistisch nicht relevant gewesen.
31
Auch damit kann die Rechtsbeschwerde nicht durchdringen.
32
aa) Die Rückversicherung ist eine Versicherung der vom Versicherer übernommenen Gefahr (vgl. § 779 Abs. 1 HGB in der bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung). In der Form des hier vorliegenden Summenexzedenten-Vertrages übernimmt der Rückversicherer einen festgelegten Teil des Risikos, wenn ein vereinbarter Selbstbehalt überschritten wird (Bender/Nell/Winterhalder, VW 2000, 171, bei Fn. 16). Dabei muss zur Abgrenzung von der reinen Finanzierungsfunktion ein "hinreichender" Risikotransfer stattfinden, vgl. § 4 Abs. 1 und 3 der Verordnung über Finanzrückversicherungsverträge und Verträge ohne hinreichenden Risikotransfer (FinanzrückversicherungsverordnungFinRVV), § 121e VAG. Nach § 4 Abs. 3 Nr. 1 FinRVV ist u.a. dann von einem hinreichenden Risikotransfer auszugehen, wenn der Rückversicherer im Rahmen einer realistischen Betrachtung durch eine Übertragung von versicherungstechnischem Risiko und von Zeitpunktrisiko über die Gesamtlaufzeit des Vertrages mit einer Mindestwahrscheinlichkeit einen nicht unerheblichen Verlust erleiden wird. Im Schrifttum wird das Merkmal "hinreichend" teilweise mit "signifikant" gleichgesetzt (Dreher/Lange, WM 2009, 193, 195). Andere verwenden den Begriff „ausreichend“ (Laars, VAG, 2. Aufl., § 121e Rn. 2) oder fordern einen „ge- ringen“ Risikotransfer (Bender/Nell/Winterhalder, VW 2000, 171 nach Fn. 30).
33
Das Oberlandesgericht ist davon ausgegangen, dass in der vorliegenden Fallkonstellation nur dann ein Darlehensvertrag vorläge, wenn kein signifikantes Versi- cherungsrisiko auf den Rückversicherer übertragen worden wäre, wenn also der Risikotransfer gegenüber dem Finanzierungsanteil vernachlässigbar gering wäre. Das festzustellen, erfordert eine Wertung, die dem Tatrichter vorbehalten ist. Dabei sind nicht nur quantitative, sondern auch qualitative Kriterien zu prüfen (Dreher/Lange, WM 2009, 193, 198). Das Oberlandesgericht hat einen hinreichenden Risikotransfer schon dann als erfüllt angesehen, wenn hinsichtlich der für eine Versicherung bei der M. Leben in Frage kommenden Personengruppe der Jungakademiker von einer Sterbequote in Höhe von lediglich 0,05 % auszugehen ist. Es hat dabei – sachverständig beraten – angenommen, dass auch eine geringe Schadenswahrscheinlichkeit am Bestehen eines nicht vernachlässigbaren Versicherungsrisikos nichts ändere , weil es genüge, dass der Eintritt des Versicherungsfalls tatsächlich möglich sei, auch wenn sich diese Möglichkeit nur vereinzelt realisieren werde.
34
bb) Das hält der rechtlichen Prüfung stand.
35
Die Ausführungen des Oberlandesgerichts befassen sich gerade mit der Einstandspflicht des Rückversicherers und mit den Besonderheiten des hier vorliegenden fondsgebundenen Versicherungsmodells, bei dem der Versicherungsnehmer zwar das Erlebensfallrisiko, also das Kapitalanlagerisiko, selbst trägt, im Todesfall aber die Mindest-Leistungspflicht des Erstversicherers 60 % der Beitragssumme beträgt , also einen Betrag ausmacht, der insbesondere zu Beginn eines Versicherungsverhältnisses unter Umständen noch nicht erwirtschaftet ist. Das Oberlandesgericht stellt damit zu Recht nicht auf die (quantitative) Frage ab, wie wahrscheinlich es ist, dass bzw. wie viele Versicherungsnehmer frühzeitig versterben, sondern wählt eine (qualitative) Betrachtungsweise, die auf die Höhe der im Versterbensfall zu erbringenden Leistungen abhebt. Dieses Risiko wiederum wurde nach der nicht zu beanstandenden tatrichterlichen Würdigung insoweit anteilig auf den Rückversicherer übertragen, als dieser bei Überschreiten des im Rückversicherungsvertrag vereinbarten Selbstbehalts an einem Versicherungsfall anteilig beteiligt ist, während nur das übrige Risiko bei der M. Leben verbleibt. Es deutet damit auch nichts darauf hin, dass lediglich allgemeine wirtschaftliche Risiken wie das Zinsänderungs-, Währungs- kurs- oder Zahlungszeitpunktrisiko übertragen worden wären (hierzu Prase, VW 1996, 156 nach Fn. 6). Der Senat vermag sich auch nicht der Meinung anzuschließen , dass der mögliche (Rück)Versicherungsfall, also das Versterben eines „Jung- akademikers“ in den ersten Versicherungsjahren, statistisch ausgeschlossen wäre.
36
Auch ist weder das Fehlen einer prozentualen Wahrscheinlichkeit in den Ausführungen des Oberlandesgerichts zu beanstanden, noch kommt es auf die Behauptung der Rechtsbeschwerde an, dass der Rückversicherer im vorliegenden Fall (ex post) tatsächlich allenfalls verschwindend geringe Beträge habe auskehren müssen. Denn für die Beurteilung, ob (neben der Finanzierungsfunktion) im konkreten Fall ein Risikotransfer vereinbart war, ist eine qualitative Prognose ex ante entscheidend. Der Vergleich zum Versicherungsaufsichtsrecht zeigt, dass § 4 Abs. 3 FinRVV für Lebensversicherungen ausdrücklich kein festes, mathematisch nachvollziehbares Kriterium zur Feststellung eines hinreichenden Risikotransfers vorsieht, da nach Ansicht des Verordnungsgebers die Verlustwahrscheinlichkeit in diesem Zusammenhang finanzmathematisch nicht zuverlässig zu bestimmen ist (nicht amtlicher Text der Begründung , abrufbar unter www.bafin.de; vgl. hierzu auch Dreher/Lange, WM 2009, 193, 198). Danach genügt es für die Annahme eines Rückversicherungsvertrags im Sinne des Aufsichtsrechts, dass die tatsächliche Möglichkeit eines aus Sicht des die Prämien kalkulierenden Lebensrückversicherers nachteiligen Verlaufs des Erstversicherungsverhältnisses besteht (ebenso Laudage, Aufsicht über strukturierte Rückversicherungskonzepte , 2009, S. 144) – also im Sinne des § 779 Abs. 1 HGB aF tatsächlich eine Gefahr übernommen wird –, ohne dass die seitens des Erstversicherers gezahlten Prämien dieses Risiko vollständig decken oder vertragliche Verlustausgleichsverpflichtungen bestehen. Dies hat das Oberlandesgericht ohne Rechtsfehler festgestellt.
37
d) Auch die weitere Rüge der Rechtsbeschwerde, das Oberlandesgericht hätte den Sachverständigen mit der Klärung der Höhe der Nettoeffekte, die sich auf Konzernebene aus der inkongruenten Behandlung der Provisionen bei der M. FDL und der M. Leben ergeben hätten, beauftragen müssen, greift nicht durch. Die Rechtsbeschwerde entnimmt den Ausführungen des Sachverständigen, dass die Musterbeklagte zu 1 annähernd 8 Mio. € zu Unrecht gewinnerhöhend berücksichtigt habe, während sich die Gesamterträge der M. Leben aus dem in Rückdeckung gegebenen Geschäft nach dem auch vom Oberlandesgericht als richtig unterstellten Vortrag des Musterklägers auf 11,8 Mio. € beliefen. Inwieweit sich auf der Ebene der Musterbeklagten zu 1 Nettoeffekte ergeben haben, spielt aber für die rechtliche Bewertung des Rückversicherungsvertrags schon keine Rolle. Im Übrigen sind diese Nettoeffekte von den Feststellungszielen des Vorlagebeschlusses nicht erfasst, wie sich den Ausführungen unter Rn. 51 ff. entnehmen lässt.
38
e) Die von der Rechtsbeschwerde erhobene, auf die Nichtbeiziehung von Akten gerichtete Verfahrensrüge hat der Senat geprüft und nicht für durchgreifend erachtet. Von einer weiteren Begründung wird insoweit gemäß § 577 Abs. 6 Satz 2, § 64 Satz 1 ZPO abgesehen.
39
III. Hinsichtlich der Feststellungsziele V., VII. und IX. – also hinsichtlich der billigenden Inkaufnahme der Verbreitung fehlerhafter Kennzahlen gemäß Feststellungsziel III. durch den Musterbeklagten zu 2, seines Schädigungsvorsatzes und der Sittenwidrigkeit der Verbreitung der nach Ziffer III. fehlerhaften Kennzahlen – greift die Rechtsbeschwerde die tatrichterliche Würdigung des Oberlandesgerichts ebenfalls erfolglos an.
40
1. Zu Recht unbeanstandet lässt die Rechtsbeschwerde allerdings den rechtlichen Ausgangspunkt des Oberlandesgerichts.
41
a) Zutreffend stellt das Oberlandesgericht darauf ab, dass der Vorsatz ein "Wissens-" und ein "Wollenselement" enthält. Der Handelnde muss die Umstände, auf die sich der Vorsatz – hier im Rahmen von § 826 BGB bzw. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 331 Nr. 2 HGB und § 264a StGB – beziehen muss, gekannt bzw. vorausgesehen und in seinen Willen aufgenommen haben (BGH, Urteil vom 3. Dezember 2013 – XI ZR 295/12, ZIP 2014, 65 Rn. 26; Urteil vom 20. Dezember 2011 – VI ZR 309/10, WM 2012, 260 Rn. 10 mwN). Es genügt dagegen nicht, wenn die relevanten Tatumstände lediglich objektiv erkennbar waren und der Handelnde sie hätte kennen können oder kennen müssen. In einer solchen Situation wäre lediglich ein Fahrlässigkeitsvorwurf gerechtfertigt.
42
b) Von den materiellen Voraussetzungen des Vorsatzes sind die Anforderungen zu unterscheiden, die an seinen Beweis zu stellen sind. So kann sich aus dem Grad der Leichtfertigkeit die Schlussfolgerung ergeben, dass der Schädiger vorsätzlich gehandelt hat (vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 2011 – VI ZR 390/10, WM 2012, 260 Rn. 11; Urteil vom 17. Mai 2011 – XI ZR 300/08, juris Rn. 18; Urteil vom 9. März 2010 – XI ZR 93/09, BGHZ 184, 365 Rn. 39 mwN). Auch kann es im Einzelfall beweisrechtlich naheliegen, dass der Schädiger einen pflichtwidrigen Erfolg gebilligt hat, wenn er sein Vorhaben trotz starker Gefährdung des betroffenen Rechtsguts durchführt, ohne auf einen glücklichen Ausgang vertrauen zu können, und es dem Zufall überlässt, ob sich die von ihm erkannte Gefahr verwirklicht oder nicht (vgl. BGH, Urteil vom 11. November 2003 – VI ZR 371/02, WM 2004, 34, 36; Urteil vom 13. Dezember 2001 – VII ZR 305/99, WM 2002, 861, 862). Allerdings kann der Grad der Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts nicht allein das Kriterium für die Frage sein, ob der Handelnde den Erfolg auch in Kauf genommen hat. Vielmehr ist immer eine umfassende Würdigung der Umstände des Einzelfalles erforderlich (vgl. BGH, Urteil vom 11. Februar 2003 – VI ZR 34/02, BGHZ 154, 11, 20 f.).
43
c) Ob Vorsatz als eine innere Tatsache vorliegt, ist eine Tatfrage, die das Tatgericht nach § 286 ZPO unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer gegebenenfalls durchgeführten Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden hat. Das Rechtsbeschwerdegericht hat dementsprechend lediglich zu überprüfen, ob sich der Tatrichter mit dem Prozessstoff und gegebenenfalls den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 2011 – VI ZR 309/10, WM 2012, 260 Rn. 13; Urteil vom 19. Juli 2004 – II ZR 402/02, BGHZ 160, 149, 152).
44
2. Die Ausführungen des Oberlandesgerichts werden diesen Maßstäben gerecht. Es ist weder erkennbar, dass das Oberlandesgericht nicht alle relevanten tatsächlichen Umstände bei seiner Entscheidungsfindung berücksichtigt hätte, noch erweist sich deren Würdigung als rechtsfehlerhaft.
45
a) So hat das Oberlandesgericht entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ausdrücklich festgestellt, dass der Musterbeklagte zu 2 zeitweise die Positionen der Vorstandsvorsitzenden der beiden Konzerntöchter innehatte. Dass es sich nicht ausdrücklich dazu verhalten hat, welche Informationsflüsse in diesem Zusammenhang bestanden haben und welche Rechtspflichten den Musterbeklagten zu 2 trafen, macht die Würdigung weder erkennbar unvollständig noch widersprüchlich. Auch die Behauptung des Musterklägers, der Musterbeklagte zu 2 habe die Factoringverträge veranlasst, findet im Musterentscheid ausdrücklich Erwähnung, so dass es keinen vernünftigen Anhaltspunkt dafür gibt, dass das Oberlandesgericht diese Behauptung bei seiner Entscheidungsfindung nicht mit abgewogen hätte. Gleiches gilt für die Behauptung, dass die Factoringgeschäfte jeweils kurz vor Jahresende abgeschlossen worden seien, um das jährliche Wachstumsziel von mindestens 30 % noch erreichen zu können. Im Übrigen ist grundsätzlich davon auszugehen, dass das Gericht das Parteivorbringen zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat, ohne dass das Gericht verpflichtet wäre, sich in den Gründen seiner Entscheidung mit jedem Vorbringen ausdrücklich zu befassen. Erst wenn das Gericht auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags einer Partei zu einer Frage, die für das Verfahren von besonderer Bedeutung ist, nicht eingeht, lässt dies auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder aber offensichtlich unsubstantiiert war (BVerfGE 86, 133, 146). Solche Umstände zeigt die Rechtsbeschwerde nicht auf. Sie liegen insbesondere nicht darin, dass das Oberlandesgericht aus dem Vorbringen des Musterklägers andere Schlüsse gezogen hat als er selbst, so etwa hinsichtlich der Beurteilung eines handschriftlichen Vermerks auf einem Telefax der M. Leben.
46
b) Die Position des Musterbeklagten zu 2 als Vorstandsvorsitzender und die damit verbundenen Informations- und Prüfpflichten belegen dessen Kenntnis von den im Rahmen der Beweisaufnahme vor dem Oberlandesgericht mit erheblichem Aufwand festgestellten Bilanzierungsfehlern entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ebenso wenig wie deren Bestätigung (auch) durch den späteren Parteigutachter der Musterbeklagten. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde liegt auch kein Widerspruch darin, dass das Oberlandesgericht im Zusammenhang mit der sich aus den Factoringverträgen ergebenden Einstandspflicht, die auch die Musterbeklagten gesehen haben, das Stornorisiko als im Rahmen der Bilanzierung relevanten Umstand erachtet, gleichzeitig aber eine Kenntnis des Musterbeklagten zu 2 in Bezug auf den festgestellten Bilanzierungsfehler verneint. Denn dieser ergibt sich vor allem daraus, dass das Oberlandesgericht die Kompensationsmöglichkeiten aus Gründen des bilanzrechtlichen Vorsichtsprinzips anders bewertet hat als die Musterbeklagten , während die grundsätzliche Berechnung der Stornierungswahrscheinlichkeit und die grundsätzliche Berücksichtigung von Kompensationsmöglichkeiten unbeanstandet geblieben sind. Ebenso wenig vermag der Senat einen Widerspruch darin zu erkennen, dass das Oberlandesgericht in diesem Zusammenhang einen Rückstellungsbedarf auf der Ebene der M. FDL angenommen, hieraus aber angesichts der im Verhältnis zum Konzernergebnis nicht gravierenden Höhe desselben weder auf eine selbst geschaffene Drucksituation des Musterbeklagten zu 2 geschlossen noch einen groben Sorgfaltsverstoß festgestellt hat. Es nimmt vielmehr in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen ausdrücklich keine gravierende Abweichung von den zu beachtenden Bilanzierungsgrundsätzen an.
47
c) Das Oberlandesgericht hat auch, worauf der Musterkläger unter dem Gesichtspunkt der vollständigen Ermittlung der für den Vorsatz des Musterbeklagten zu 2 relevanten Tatsachen eingeht, im Zusammenhang mit dem Feststellungsziel zu I. zu Recht festgestellt, dass die ertragswirksame Aktivierung der Erlöse aus dem Factoring nicht wegen eventueller Nichtigkeit der Factoringverträge gemäß § 134 BGB i.V.m. § 203 StGB fehlerhaft war. Insoweit konnte das Oberlandesgericht das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 10. Februar 2010 – VIII ZR 53/09, WM 2010, 669 zur Nichtigkeit der Abtretung von Provisionsansprüchen eines selbständigen Versicherungsvertreters nach § 134 BGB i.V.m. § 203 Abs. 1 Nr. 6 StGB in Bezug nehmen , die Frage der Nichtigkeit aber offen lassen, da die Nichtigkeit weder erkennbare Auswirkungen auf die Höhe der tatsächlich vereinnahmten Erlöse noch auf den Umfang der aus den Geschäften resultierenden Risiken und damit auf einen möglichen Rückstellungsbedarf hatte.
48
Ob sich dies, wie das Oberlandesgericht angenommen hat, schon aus der salvatorischen Ersetzungs- und Erhaltungsklausel in § 17 Nr. 2 der jeweiligen Factoringverträge ergibt, kann offen bleiben. Denn jedenfalls trägt die zweite – selbständige – Begründung des Oberlandesgerichts, das zusätzlich darauf abgehoben hat, dass es hinsichtlich der Frage der Nichtigkeit und des daraus folgenden eventuellen Risikos der Rückabwicklung auf die Sichtweise zum Abschlussstichtag ankomme , weshalb es sich allenfalls um eine theoretische und deshalb keine Rückstellungen erfordernde Verpflichtung gehandelt habe.
49
Denn die Gefahr, dass bestimmte Verträge als nichtig erachtet werden, kann allenfalls zu einem – das Risiko der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung und der damit verbundenen Rückzahlungsverpflichtung abbildenden – Rückstellungsbedarf für ungewisse Verbindlichkeiten gemäß § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB führen, nicht aber dazu, die zunächst einmal vorhandenen Erträge aus den Geschäften überhaupt nicht zu aktivieren. Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten im Sinne von § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB wiederum sind zu bilden, wenn ernsthaft mit ihrem Bestand gerechnet werden muss (BGH, Urteil vom 22. September 2003 – II ZR 229/02, ZIP 2003, 2068). Maßgeblich ist insoweit, ob der Bilanzierungspflichtige bei sorgfältiger Abwägung aller in Betracht zu ziehenden Umstände eine Rückstellungspflicht nicht verneinen durfte (BGH, Urteil vom 5. Juni 1989 – II ZR 172/88, ZIP 1989, 1324, 1325). In diese Abwägung hat auch die Überlegung einzufließen, ob der Anspruchs- inhaber von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis hat oder eine solche Kenntniserlangung unmittelbar bevorsteht (BFHE 238, 173 Rn. 17 zu hinterzogenen Mehrsteuern; BFHE 213, 364, 369 zu vertraglichen Schadensersatzverpflichtungen; BFHE 172, 456, 458 zur Altlastensanierung). Aus dem bilanzrechtlichen Vorsichtsprinzip im Sinne von § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB folgt lediglich, dass nicht nur die bestehende Kenntnis, sondern auch eine unmittelbar bevorstehende Kenntniserlangung des Gläubigers die Bildung einer Rückstellung gebieten kann.
50
Diese Grundsätze sind auf die hier in Rede stehende ungewisse Verpflichtung zur eventuellen Herausgabe des Erlangten nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen übertragbar. Damit käme es entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde jedenfalls nicht nur darauf an, ob die M. FDL schon ein Jahrzehnt vor der ersten Entscheidung des VIII. Zivilsenats zu Abtretungen von der Verschwiegenheitspflicht aus § 203 Abs. 1 Nr. 6 StGB unterliegenden Ansprüchen – etwa aufgrund von Erkenntnissen aus der damaligen juristischen Literatur (vgl. Nachweise bei BGH, Urteil vom 10. Februar 2010 – VIII ZR 53/09, WM 2010, 669, 671 Rn. 15, auch zur Gegenansicht ) – von der Nichtigkeit der Verträge ausgehen musste. Bedeutsam ist auch, ob dies dem Factor bekannt war und mehr Gründe für als gegen eine Rückforderung der gezahlten Erlöse sprachen. Dies wiederum ist nicht ersichtlich. Insbesondere spricht bei bereicherungsrechtlichen Ansprüchen, anders als bei (Primär)Ansprüchen aus einem wirksamen Vertrag, keine tatsächliche Vermutung dafür, dass der Gläubiger seine Rechte kennt und auch geltend machen wird (vgl. zu diesem Gesichtspunkt BFHE 213, 364, 369).
51
d) Ebenso wenig war das Oberlandesgericht unter dem Gesichtspunkt der vollständigen Ermittlung der für den Vorsatz relevanten Tatsachen gehalten, Effekte einer eventuellen inkongruenten Behandlung der Provisionsforderungen bei der M. FDL und der M. Leben auf Konzernebene zu ermitteln.
52
aa) Die Rechtsbeschwerde rügt insoweit, dass die Effekte der inkongruenten Buchungen entgegen der in der mündlichen Verhandlung unter ausdrücklicher Be- zugnahme auf das Feststellungsziel zu III. geäußerten Auffassung des Oberlandesgerichts von den Feststellungszielen des Vorlagebeschlusses erfasst gewesen seien. Das gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 KapMuG an den anhand der Anträge des Musterklägers formulierten Vorlagebeschluss gebundene Oberlandesgericht habe diese allein wörtlich verstanden und sei dadurch dem tatsächlich Gewollten nicht gerecht geworden , zumal die Feststellungsanträge aufeinander Bezug nähmen und die Prüfung des Vorsatzes eine Gesamtwürdigung der erkennbaren Umstände erfordere.
53
bb) Dem steht indes entgegen, dass das Feststellungsziel zu V. (nur) insofern auf das Feststellungsziel zu III. verweist, als dort der Vorsatz des Musterbeklagten zu 2 in Bezug auf „die nach Ziffer III des Musterfeststellungsantrags fehlerhaften Kennzahlen“ thematisiert wird. Wenn also das Oberlandesgericht – wie hier – zu dem Ergebnis gelangt, dass die „Kennzahlen nach Ziffer III“ tatsächlich fehlerhaft sind, so liegt es nahe, dass es sich sodann auch (nur) mit dem diesbezüglichen Vorsatz des Musterbeklagten zu 2 befasst und nicht damit, dass weitere Kennzahlen fehlerhaft gewesen sein könnten und der Musterbeklagte zu 2 dies billigend in Kauf genommen haben könnte. Das Feststellungsziel zu III. wiederum bezieht sich ausdrücklich auf die „rechtsfehlerhafte Bilanzierungspraxis nach Ziffer I/Ziffer II“, wobei sich das Fest- stellungsziel zu I. ausdrücklich darauf richtet, dass „Rückstellungen für daraus (= aus den Factoringverträgen) resultierende Einstandspflichten gegenüber dem jeweiligen Factor nicht gebildet“ wurden. Das ist aber, wie das Oberlandesgericht richtig ausführt , etwas anderes als die Frage, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe sich auf Konzernebene aufgrund einer inkongruenten Behandlung der Provisionen auf der Ebene der beiden Konzerntöchter Nettoeffekte ergeben haben könnten.
54
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde kommt das Oberlandesgericht im Zusammenhang mit dem Vorsatz des Musterbeklagten zu 2 auch nicht selbst auf die Höhe des Rückstellungsbedarfs aufgrund einer inkongruenten Behandlung der Provisionsforderungen bei der M. FDL und der M. Leben zu sprechen. Vielmehr befasst es sich ausdrücklich nur mit der Höhe des aus den Factoringgeschäften resultierenden Rückstellungsbedarfs bei der M. FDL.

55
cc) Damit hätte eine weitere Beweisaufnahme zu den Auswirkungen einer möglicherweise inkongruenten Behandlung der Provisionsforderungen bei der M. Leben und der M. FDL auf Konzernebene allenfalls nach Erweiterung des Vorlagebeschlusses gemäß § 13 KapMuG erfolgen können, und dies auch nur dann, wenn, was hier dahinstehen kann, eine solche Erweiterung überhaupt möglich gewesen wäre, da sie die Feststellungsziele und nicht (nur) die Streitpunkte betroffen hätte , wie dies § 13 KapMuG jedenfalls dem Wortlaut nach aber verlangt (dagegen OLG Frankfurt, Beschluss vom 6. Juli 2009 – 23 W 32/09 juris-Rn. 7; wohl auch Tamm, ZGR 174, 525, 547; a.A. Fullenkamp in Vorwerk/Wolf, KapMuG, § 13 Rn. 6; vgl. auch die Neuregelung in § 15 Abs. 1 KapMuG nF). Einen entsprechenden Antrag hat der Musterkläger indes nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Oberlandesgerichts nicht gestellt.
56
Die Rechtsbeschwerde kann auch nicht damit gehört werden, dass dies auf einem Verstoß des Oberlandesgerichts gegen die richterliche Hinweispflicht gemäß § 139 ZPO beruhe, da das Oberlandesgericht einen entsprechenden Hinweis erst in der mündlichen Verhandlung erteilt und daraufhin eine Schriftsatzfrist von (nur) fünf Wochen eingeräumt habe, binnen derer es nicht möglich gewesen sei, sich mit den anderen Beigeladenen abzustimmen bzw. eine entsprechende Ergänzung des Vorlagebeschlusses zu erwirken; hätte das Oberlandesgericht früher auf seinen Standpunkt aufmerksam gemacht, hätte der Musterkläger umgehend eine Erweiterung der Feststellungsziele über das Prozessgericht bewirkt. Denn im fristgerecht eingegangenen nachgelassenen Schriftsatz vom 29. Oktober 2012 hat der Musterkläger – entgegen dem gerichtlichen Hinweis – gerade nicht geltend gemacht, dass er in Erwägung ziehe oder gezogen habe, einen entsprechenden Beschluss des Ausgangsgerichts einzuholen, sondern sich im Gegenteil darauf beschränkt auszuführen , dass es dessen seiner Ansicht nach nicht bedürfe, da die Frage vom Feststellungsziel zu III. erfasst sei.
57
e) Mit dem Versuch, die Würdigung des Oberlandesgerichts im Hinblick auf die – fehlende – Inkaufnahme der Schädigung von Anlegern und die eigenen Verluste des Musterbeklagten zu 2 aufgrund ebenfalls im fraglichen Zeitraum erworbener Aktien durch ihre eigene zu ersetzen, kann die Rechtsbeschwerde ebenfalls nicht durchdringen. Insbesondere kann sie, nachdem der Musterkläger zunächst behauptet hatte, der Aktienzukauf sei schon ohne Wissen des Musterbeklagten zu 2 durch seine Depotbank erfolgt, nunmehr nicht mit der Vermutung Gehör finden, dass der in den Jahren 2001/2002 zu einem Durchschnittspreis von 77,56 € je Aktie erfolgte Kauf von 307.684 Aktien, also zu einem Gesamtpreis von 23.863.971 €, im Hinblick auf eventuelle Schadensersatzforderungen taktische Gründe gehabt habe. Der – bestrittenen – Behauptung des Musterklägers, der Musterbeklagte zu 2 habe andererseits unter Ausnutzung eines Wissensvorsprungs Aktienerlöse in Höhe von mehr als 100 Mio. € erzielt, ist das Oberlandesgericht dagegen mangels substantiierten Vortrags zum Zeitpunkt dieser Erlöse und zum Kausalzusammenhang mit der hier in Rede stehenden Bilanzierungspraxis zu Recht nicht nachgegangen.
58
f) Dem Oberlandesgericht kann, ausgehend vom Vortrag des Musterklägers zu den auf den Vorsatz des Musterbeklagten zu 2 eventuell hinweisenden, als Indizien in Betracht kommenden tatsächlichen Umständen, auch nicht vorgeworfen werden , dass es hierzu keinen Beweis erhoben hat.
59
aa) Die Darlegungs- und Beweislast für den Vorsatz des Musterbeklagten zu 2 trägt, was die Rechtsbeschwerde nicht bezweifelt, der Musterkläger. Dieser hat insoweit keinen Beweis angetreten. Die Rechtsbeschwerde macht dazu geltend, das Vorbringen des Musterklägers in Bezug auf den Vorsatz des Musterbeklagten zu 2 sei weitgehend unstreitig geblieben. Die Musterbeklagten hätten sich in diesem Zusammenhang nur ausweichend bzw. unsubstantiiert geäußert. Das zeige sich etwa daran, dass sie (sachverständige) Zeugen nur für die Ertragswirksamkeit der Factoringerlöse , nicht aber für die bilanzrechtliche Unbedenklichkeit benannt hätten. Deshalb hätte das Oberlandesgericht auf eine andere Einschätzung gemäß § 139 ZPO hinweisen müssen. Dann hätte der Musterkläger die Parteivernehmung des Musterbeklagten zu 2 beantragt und den damaligen kaufmännischen Leiter der Musterbeklagten zu 1 als Zeugen benannt. Im Übrigen hätte das Oberlandesgericht den Musterbeklagten zu 2 gemäß § 141 ZPO informatorisch anhören müssen, um dem Musterkläger Gelegenheit zu geben herauszufinden, was der Musterbeklagte zu 2 genau bestreiten wolle. Dies habe das Oberlandesgericht ermessensfehlerhaft nicht in Betracht gezogen.
60
bb) Insoweit verkennt die Rechtsbeschwerde schon, dass die Musterbeklagten ausweislich der nicht angegriffenen Feststellungen des Oberlandesgerichts den Vortrag zu den Kenntnissen des Musterbeklagten zu 2 – ebenso wie zum Schädigungsvorsatz und zur Sittenwidrigkeit – durchaus bestritten haben. So haben sie ausdrücklich in Abrede gestellt, dass der Musterbeklagte zu 2 Kenntnis von der (angeblichen) Fehlerhaftigkeit der Kennzahlen gehabt habe. Für einen Schädigungsvorsatz bestehe , so die Musterbeklagten, ebenfalls kein Anhalt, zumal die streitgegenständlichen Bilanzen von den Abschlussprüfern geprüft und testiert worden seien. Letztlich sei schlicht eine jahrelang praktizierte, unbeanstandet gebliebene und nach dem Urteil der Fachleute vertretbare Bilanzierung fortgesetzt worden. Was einen handschriftlichen Vermerk auf einem Telefax der M. Leben angehe, so stamme dieser nicht aus ihrem Hause, wofür sie – anders als der Musterkläger – Zeugenbeweis angeboten hatten.
61
Abgesehen davon war der Vorsatz des Musterbeklagten zu 2 schon ausweislich der Feststellungsziele erkennbar eines der zentralen Streitthemen des Musterverfahrens. Auch ohne entsprechenden richterlichen Hinweis musste sich der Musterkläger daher dazu veranlasst sehen, seine Behauptung unter Beweis zu stellen und etwa die Parteivernehmung des Musterbeklagten zu 2 zu beantragen oder seinerseits den ehemaligen kaufmännischen Leiter der Musterbeklagten zu 1 als Zeugen zu benennen. Die persönliche Anhörung des Musterbeklagten zu 2 gemäß § 141 ZPO wäre demgegenüber nur in Betracht gekommen, um den Sachverhalt näher aufzuklären, ohne indes der Gegenpartei Beweisanträge zu ermöglichen, die sie ohne die Einlassung des Angehörten nicht hätte stellen können. Anhaltspunkte dafür, dass das Oberlandesgericht den Vortrag der Musterbeklagten für erläuterungsbedürftig gehalten hätte, sind nicht ersichtlich. Schon deshalb war das Absehen von der persönlichen Anhörung des Musterbeklagten zu 2 nicht ermessensfehlerhaft.
62
IV. Schließlich stellt der Musterkläger die Auffassung des Oberlandesgerichts, dass es einer Entscheidung über die Feststellungsziele zu XIII. und XIV. nicht mehr bedürfe, zur Überprüfung durch den Senat. Denn formal habe es diese gleichwohl zurückgewiesen und auch zur Sache Stellung genommen.
63
Auch diese Rüge greift nicht durch. Zwar lässt es der Wortlaut der Beschlussformel des Musterentscheids möglich erscheinen, dass von der Zurückweisung die Feststellungsziele zu XIII. und XIV. umfasst sein könnten. Das Oberlandesgericht bezieht sich aber auf die Kommentierung von Vollkommer (KK-KapMuG § 9 Rn. 22 f.), wonach die im Vorlagebeschluss gestellten Fragen stufig zu beantworten sind und das Prüfungsmuster dem jeweiligen Ergebnis zu vorgreiflichen Punkten anzupassen ist (ebenso Vorwerk, WM 2011, 817, 819; Kilian, Ausgewählte Probleme des Musterverfahrens nach dem KapMuG, S. 159 ff.). Damit waren die Feststellungsanträge zu XIII. und XIV. gegenstandslos, nachdem zwar festgestellt worden ist, dass die im Beschlusstenor unter I. bis III. angesprochenen Kennzahlen fehlerhaft waren, der Musterbeklagte zu 2 in Bezug auf die Veröffentlichung aber nicht vorsätzlich und mit Schädigungsvorsatz gehandelt hat und die entsprechende Veröffentlichung nicht sittenwidrig war.
64
Der Tenor des Musterentscheids war entsprechend klarzustellen.

E.


65
Die Kostenlast richtet sich nach § 19 Abs. 1 KapMuG.
66
Die Festsetzung des Streitwerts für die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens beruht auf § 51a Abs. 1, § 39 Abs. 2 GKG. Nach § 51a Abs. 1 GKG ist im Rechtsbeschwerdeverfahren nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz bei der Bestimmung des Streitwerts von der Summe der in sämtlichen nach § 7 KapMuG ausgesetzten Prozessverfahren geltend gemachten Ansprüchen auszugehen , soweit diese Gegenstand des Musterverfahrens sind. Infolgedessen sind bei der Streitwertbemessung im Rechtsbeschwerdeverfahren auch die in den Ausgangsverfahren geltend gemachten Ansprüche der Beigeladenen zu berücksichtigen, die zwar dem Rechtsbeschwerdeverfahren nicht beigetreten sind, ihre Klage aber nicht innerhalb der Zwei-Wochen-Frist zurückgenommen haben (BT-Drucks. 15/5091, S. 35; BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2011 – II ZB 6/09, ZIP 2012, 117 Rn. 55). Da sich der auf diese Weise errechnete Streitwert auf über 30 Mio. € beläuft, greift die Höchstwertbegrenzung gemäß § 39 Abs. 2 GKG.
67
Die Festsetzung des Gegenstandswerts für die außergerichtlichen Kosten findet ihre Grundlage in § 23b RVG. Danach bestimmt sich der Gegenstandswert im Musterverfahren nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz nach der Höhe des von dem Auftraggeber oder gegen diesen im Prozessverfahren geltend gemachten Anspruchs, soweit dieser Gegenstand des Musterverfahrens ist. Im Rechtsbeschwerdeverfahren bestimmt sich der Gegenstandswert nach der Beschwer des Auftraggebers , § 23 RVG in Verbindung mit § 47 Abs. 1 GKG, die somit dem persönlichen Streitwert des § 23b RVG in der Fassung des 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 23. Juli 2013 entspricht (BGBl. I S. 2586, 2. KostRMoG; s.a. KK-KapMuG/Kruis, 1. Aufl., § 19 Anh. II-RVG Rn. 10 zur gleichlautenden Vorgängervorschrift des § 23a RVG). Für die Musterbeklagten war deshalb die Summe der im Musterverfahren und allen ausgesetzten Verfahren gegen sie geltend gemachten Ansprüche anzusetzen; gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1 RVG war der Wert auf den Höchstwert von 30 Mio. € zu begrenzen. Der Musterkläger und die am Rechtsbeschwerdeverfahren teilnehmenden Beigeladenen sind dagegen nur in Höhe ihrer jeweiligen eigenen Ansprüche beschwert.
Bergmann Strohn Reichart
Drescher Born
Vorinstanz:
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 16.11.2012 - 17 Kap 1/09 -

(1) Nimmt der Musterkläger im Laufe des Musterverfahrens seine Klage im Ausgangsverfahren zurück oder wurde über das Vermögen des Musterklägers ein Insolvenzverfahren eröffnet, so bestimmt das Oberlandesgericht nach Maßgabe des § 9 Absatz 2 einen neuen Musterkläger.

(2) Das Gleiche gilt, wenn der Prozessbevollmächtigte des Musterklägers die Aussetzung des Musterverfahrens aus einem der folgenden Gründe beantragt:

1.
der Musterkläger ist gestorben,
2.
der Musterkläger ist nicht mehr prozessfähig,
3.
der gesetzliche Vertreter des Musterklägers ist weggefallen,
4.
eine Nachlassverwaltung ist angeordnet oder
5.
die Nacherbfolge ist eingetreten.

(3) Die Klagerücknahme eines Beigeladenen hat auf den Fortgang des Musterverfahrens keinen Einfluss.

(4) Die Rücknahme eines Musterverfahrensantrags hat auf die Stellung als Musterkläger oder den Fortgang des Verfahrens keinen Einfluss.

(5) Ein Musterentscheid ergeht nicht, wenn der Musterkläger, die Musterbeklagten und die Beigeladenen übereinstimmend erklären, dass sie das Musterverfahren beenden wollen. Das Oberlandesgericht stellt die Beendigung des Musterverfahrens durch Beschluss fest. Der Beschluss ist unanfechtbar und wird öffentlich bekannt gemacht. § 11 Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.

(1) Die sofortige Beschwerde findet statt gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde Entscheidungen handelt, durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist.

(2) Gegen Entscheidungen über Kosten ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.

(3) Der Beschwerdegegner kann sich der Beschwerde anschließen, selbst wenn er auf die Beschwerde verzichtet hat oder die Beschwerdefrist verstrichen ist. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Beschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Nimmt der Musterkläger im Laufe des Musterverfahrens seine Klage im Ausgangsverfahren zurück oder wurde über das Vermögen des Musterklägers ein Insolvenzverfahren eröffnet, so bestimmt das Oberlandesgericht nach Maßgabe des § 9 Absatz 2 einen neuen Musterkläger.

(2) Das Gleiche gilt, wenn der Prozessbevollmächtigte des Musterklägers die Aussetzung des Musterverfahrens aus einem der folgenden Gründe beantragt:

1.
der Musterkläger ist gestorben,
2.
der Musterkläger ist nicht mehr prozessfähig,
3.
der gesetzliche Vertreter des Musterklägers ist weggefallen,
4.
eine Nachlassverwaltung ist angeordnet oder
5.
die Nacherbfolge ist eingetreten.

(3) Die Klagerücknahme eines Beigeladenen hat auf den Fortgang des Musterverfahrens keinen Einfluss.

(4) Die Rücknahme eines Musterverfahrensantrags hat auf die Stellung als Musterkläger oder den Fortgang des Verfahrens keinen Einfluss.

(5) Ein Musterentscheid ergeht nicht, wenn der Musterkläger, die Musterbeklagten und die Beigeladenen übereinstimmend erklären, dass sie das Musterverfahren beenden wollen. Das Oberlandesgericht stellt die Beendigung des Musterverfahrens durch Beschluss fest. Der Beschluss ist unanfechtbar und wird öffentlich bekannt gemacht. § 11 Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.

(1) Beteiligte des Musterverfahrens sind:

1.
der Musterkläger,
2.
die Musterbeklagten,
3.
die Beigeladenen.

(2) Das Oberlandesgericht bestimmt nach billigem Ermessen durch Beschluss den Musterkläger aus den Klägern, deren Verfahren nach § 8 Absatz 1 ausgesetzt wurden. Zu berücksichtigen sind:

1.
die Eignung des Klägers, das Musterverfahren unter Berücksichtigung der Interessen der Beigeladenen angemessen zu führen,
2.
eine Einigung mehrerer Kläger auf einen Musterkläger und
3.
die Höhe des Anspruchs, soweit er von den Feststellungszielen des Musterverfahrens betroffen ist.
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(3) Die Kläger, die nicht als Musterkläger ausgewählt werden, sind Beigeladene des Musterverfahrens.

(4) Das Oberlandesgericht kann den Musterkläger auf Antrag eines Beigeladenen abberufen und einen neuen Musterkläger nach Maßgabe des Absatzes 2 bestimmen, wenn der Musterkläger das Musterverfahren nicht angemessen führt.

(5) Musterbeklagte sind alle Beklagten der ausgesetzten Verfahren.

(1) Durch die Erhebung der Klage wird die Rechtshängigkeit der Streitsache begründet.

(2) Die Rechtshängigkeit eines erst im Laufe des Prozesses erhobenen Anspruchs tritt mit dem Zeitpunkt ein, in dem der Anspruch in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht oder ein den Erfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 entsprechender Schriftsatz zugestellt wird.

(3) Die Rechtshängigkeit hat folgende Wirkungen:

1.
während der Dauer der Rechtshängigkeit kann die Streitsache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden;
2.
die Zuständigkeit des Prozessgerichts wird durch eine Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt.

(1) Die Anträge sind aus den vorbereitenden Schriftsätzen zu verlesen. Soweit sie darin nicht enthalten sind, müssen sie aus einer dem Protokoll als Anlage beizufügenden Schrift verlesen werden. Der Vorsitzende kann auch gestatten, dass die Anträge zu Protokoll erklärt werden.

(2) Die Verlesung kann dadurch ersetzt werden, dass die Parteien auf die Schriftsätze Bezug nehmen, die die Anträge enthalten.

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

Die Beigeladenen müssen das Musterverfahren in der Lage annehmen, in der es sich im Zeitpunkt der Aussetzung des von ihnen geführten Rechtsstreits befindet. Sie sind berechtigt, Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend zu machen und alle Prozesshandlungen wirksam vorzunehmen, soweit ihre Erklärungen und Handlungen mit Erklärungen und Handlungen des Musterklägers nicht in Widerspruch stehen.

(1) Nimmt der Musterkläger im Laufe des Musterverfahrens seine Klage im Ausgangsverfahren zurück oder wurde über das Vermögen des Musterklägers ein Insolvenzverfahren eröffnet, so bestimmt das Oberlandesgericht nach Maßgabe des § 9 Absatz 2 einen neuen Musterkläger.

(2) Das Gleiche gilt, wenn der Prozessbevollmächtigte des Musterklägers die Aussetzung des Musterverfahrens aus einem der folgenden Gründe beantragt:

1.
der Musterkläger ist gestorben,
2.
der Musterkläger ist nicht mehr prozessfähig,
3.
der gesetzliche Vertreter des Musterklägers ist weggefallen,
4.
eine Nachlassverwaltung ist angeordnet oder
5.
die Nacherbfolge ist eingetreten.

(3) Die Klagerücknahme eines Beigeladenen hat auf den Fortgang des Musterverfahrens keinen Einfluss.

(4) Die Rücknahme eines Musterverfahrensantrags hat auf die Stellung als Musterkläger oder den Fortgang des Verfahrens keinen Einfluss.

(5) Ein Musterentscheid ergeht nicht, wenn der Musterkläger, die Musterbeklagten und die Beigeladenen übereinstimmend erklären, dass sie das Musterverfahren beenden wollen. Das Oberlandesgericht stellt die Beendigung des Musterverfahrens durch Beschluss fest. Der Beschluss ist unanfechtbar und wird öffentlich bekannt gemacht. § 11 Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.

Mit der Bekanntmachung des Musterverfahrensantrags im Klageregister wird das Verfahren unterbrochen.

(1) Dieses Gesetz ist anwendbar in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, in denen

1.
ein Schadensersatzanspruch wegen falscher, irreführender oder unterlassener öffentlicher Kapitalmarktinformation,
2.
ein Schadensersatzanspruch wegen Verwendung einer falschen oder irreführenden öffentlichen Kapitalmarktinformation oder wegen Unterlassung der gebotenen Aufklärung darüber, dass eine öffentliche Kapitalmarktinformation falsch oder irreführend ist, oder
3.
ein Erfüllungsanspruch aus Vertrag, der auf einem Angebot nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, einschließlich eines Anspruchs nach § 39 Absatz 3 Satz 3 und 4 des Börsengesetzes, beruht,
geltend gemacht wird.

(2) Öffentliche Kapitalmarktinformationen sind Informationen über Tatsachen, Umstände, Kennzahlen und sonstige Unternehmensdaten, die für eine Vielzahl von Kapitalanlegern bestimmt sind und einen Emittenten von Wertpapieren oder einen Anbieter von sonstigen Vermögensanlagen betreffen. Dies sind insbesondere Angaben in

1.
Prospekten nach der Verordnung (EU) 2017/1129 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt zu veröffentlichen ist und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/71/EG (ABl. L 168 vom 30.6.2017, S. 12), Wertpapier-Informationsblättern nach dem Wertpapierprospektgesetz und Informationsblättern nach dem Wertpapierhandelsgesetz,
2.
Verkaufsprospekten, Vermögensanlagen-Informationsblättern und wesentlichen Anlegerinformationen nach dem Verkaufsprospektgesetz, dem Vermögensanlagengesetz, dem Investmentgesetz in der bis zum 21. Juli 2013 geltenden Fassung sowie dem Kapitalanlagegesetzbuch,
3.
Mitteilungen über Insiderinformationen im Sinne des Artikels 17 der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über Marktmissbrauch (Marktmissbrauchsverordnung) und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinien 2003/124/EG, 2003/125/EG und 2004/72/EG der Kommission (ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 1) in der jeweils geltenden Fassung und des § 26 des Wertpapierhandelsgesetzes,
4.
Darstellungen, Übersichten, Vorträgen und Auskünften in der Hauptversammlung über die Verhältnisse der Gesellschaft einschließlich ihrer Beziehungen zu verbundenen Unternehmen im Sinne des § 400 Absatz 1 Nummer 1 des Aktiengesetzes,
5.
Jahresabschlüssen, Lageberichten, Konzernabschlüssen, Konzernlageberichten sowie Halbjahresfinanzberichten des Emittenten und in
6.
Angebotsunterlagen im Sinne des § 11 Absatz 1 Satz 1 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

Auf Musterverfahren, in denen vor dem 1. November 2012 bereits mündlich verhandelt worden ist, ist das Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz in seiner bis zum 1. November 2012 geltenden Fassung weiterhin anzuwenden.

(1) Nach Bekanntmachung des Vorlagebeschlusses gemäß § 6 Absatz 4 erweitert das Oberlandesgericht auf Antrag eines Beteiligten das Musterverfahren durch Beschluss um weitere Feststellungsziele, soweit

1.
die Entscheidung des zugrunde liegenden Rechtsstreits von den weiteren Feststellungszielen abhängt,
2.
die Feststellungsziele den gleichen Lebenssachverhalt betreffen, der dem Vorlagebeschluss zugrunde liegt, und
3.
das Oberlandesgericht die Erweiterung für sachdienlich erachtet.
Der Antrag ist beim Oberlandesgericht unter Angabe der Feststellungsziele und der öffentlichen Kapitalmarktinformationen zu stellen.

(2) Das Oberlandesgericht macht die Erweiterung des Musterverfahrens im Klageregister öffentlich bekannt.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Nimmt der Musterkläger im Laufe des Musterverfahrens seine Klage im Ausgangsverfahren zurück oder wurde über das Vermögen des Musterklägers ein Insolvenzverfahren eröffnet, so bestimmt das Oberlandesgericht nach Maßgabe des § 9 Absatz 2 einen neuen Musterkläger.

(2) Das Gleiche gilt, wenn der Prozessbevollmächtigte des Musterklägers die Aussetzung des Musterverfahrens aus einem der folgenden Gründe beantragt:

1.
der Musterkläger ist gestorben,
2.
der Musterkläger ist nicht mehr prozessfähig,
3.
der gesetzliche Vertreter des Musterklägers ist weggefallen,
4.
eine Nachlassverwaltung ist angeordnet oder
5.
die Nacherbfolge ist eingetreten.

(3) Die Klagerücknahme eines Beigeladenen hat auf den Fortgang des Musterverfahrens keinen Einfluss.

(4) Die Rücknahme eines Musterverfahrensantrags hat auf die Stellung als Musterkläger oder den Fortgang des Verfahrens keinen Einfluss.

(5) Ein Musterentscheid ergeht nicht, wenn der Musterkläger, die Musterbeklagten und die Beigeladenen übereinstimmend erklären, dass sie das Musterverfahren beenden wollen. Das Oberlandesgericht stellt die Beendigung des Musterverfahrens durch Beschluss fest. Der Beschluss ist unanfechtbar und wird öffentlich bekannt gemacht. § 11 Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.

(1) Musterverfahrensanträge, deren Feststellungsziele den gleichen zugrunde liegenden Lebenssachverhalt betreffen (gleichgerichtete Musterverfahrensanträge), werden im Klageregister in der Reihenfolge ihrer Bekanntmachung erfasst.

(2) Das Gericht, das die Bekanntmachung veranlasst, trägt die datenschutzrechtliche Verantwortung für die von ihm im Klageregister bekannt gemachten Daten, insbesondere für die Rechtmäßigkeit ihrer Erhebung, die Zulässigkeit ihrer Veröffentlichung und die Richtigkeit der Darstellung.

(3) Die Einsicht in das Klageregister steht jedem unentgeltlich zu.

(4) Die im Klageregister gespeicherten Daten sind nach rechtskräftigem Abschluss des Musterverfahrens oder im Fall des § 6 Absatz 5 nach Zurückweisung des Musterverfahrensantrags unverzüglich zu löschen.

(5) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen über Inhalt und Aufbau des Klageregisters, insbesondere über Eintragungen, Änderungen, Löschungen, Einsichtsrechte, Datensicherheit und Datenschutz zu treffen. Dabei sind Löschungsfristen vorzusehen sowie Vorschriften, die sicherstellen, dass die Bekanntmachungen

1.
unversehrt, vollständig und aktuell bleiben sowie
2.
jederzeit ihrem Ursprung nach zugeordnet werden können.

4
1. Das Beschwerdegericht hat allerdings zutreffend angenommen, dass gegen die Zurückweisung eines Musterfeststellungsantrags nach § 4 Abs. 4 KapMuG die sofortige Beschwerde gemäß § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthaft ist (ebenso Möllers/Weichert, NJW 2005, 2737, 2739; a.A. Fullenkamp in Vorwerk/ Wolf, KapMuG § 4 Rdn. 36). Danach findet die sofortige Beschwerde gegen Entscheidungen statt, die eine mündliche Verhandlung nicht erfordern und durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt, § 128 Abs. 4 ZPO.

Die Beigeladenen müssen das Musterverfahren in der Lage annehmen, in der es sich im Zeitpunkt der Aussetzung des von ihnen geführten Rechtsstreits befindet. Sie sind berechtigt, Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend zu machen und alle Prozesshandlungen wirksam vorzunehmen, soweit ihre Erklärungen und Handlungen mit Erklärungen und Handlungen des Musterklägers nicht in Widerspruch stehen.

(1) Nimmt der Musterkläger im Laufe des Musterverfahrens seine Klage im Ausgangsverfahren zurück oder wurde über das Vermögen des Musterklägers ein Insolvenzverfahren eröffnet, so bestimmt das Oberlandesgericht nach Maßgabe des § 9 Absatz 2 einen neuen Musterkläger.

(2) Das Gleiche gilt, wenn der Prozessbevollmächtigte des Musterklägers die Aussetzung des Musterverfahrens aus einem der folgenden Gründe beantragt:

1.
der Musterkläger ist gestorben,
2.
der Musterkläger ist nicht mehr prozessfähig,
3.
der gesetzliche Vertreter des Musterklägers ist weggefallen,
4.
eine Nachlassverwaltung ist angeordnet oder
5.
die Nacherbfolge ist eingetreten.

(3) Die Klagerücknahme eines Beigeladenen hat auf den Fortgang des Musterverfahrens keinen Einfluss.

(4) Die Rücknahme eines Musterverfahrensantrags hat auf die Stellung als Musterkläger oder den Fortgang des Verfahrens keinen Einfluss.

(5) Ein Musterentscheid ergeht nicht, wenn der Musterkläger, die Musterbeklagten und die Beigeladenen übereinstimmend erklären, dass sie das Musterverfahren beenden wollen. Das Oberlandesgericht stellt die Beendigung des Musterverfahrens durch Beschluss fest. Der Beschluss ist unanfechtbar und wird öffentlich bekannt gemacht. § 11 Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.

(1) Nach Bekanntmachung des Vorlagebeschlusses gemäß § 6 Absatz 4 erweitert das Oberlandesgericht auf Antrag eines Beteiligten das Musterverfahren durch Beschluss um weitere Feststellungsziele, soweit

1.
die Entscheidung des zugrunde liegenden Rechtsstreits von den weiteren Feststellungszielen abhängt,
2.
die Feststellungsziele den gleichen Lebenssachverhalt betreffen, der dem Vorlagebeschluss zugrunde liegt, und
3.
das Oberlandesgericht die Erweiterung für sachdienlich erachtet.
Der Antrag ist beim Oberlandesgericht unter Angabe der Feststellungsziele und der öffentlichen Kapitalmarktinformationen zu stellen.

(2) Das Oberlandesgericht macht die Erweiterung des Musterverfahrens im Klageregister öffentlich bekannt.

(1) Das Gericht kann die Wiedereröffnung einer Verhandlung, die geschlossen war, anordnen.

(2) Das Gericht hat die Wiedereröffnung insbesondere anzuordnen, wenn

1.
das Gericht einen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler (§ 295), insbesondere eine Verletzung der Hinweis- und Aufklärungspflicht (§ 139) oder eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, feststellt,
2.
nachträglich Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, die einen Wiederaufnahmegrund (§§ 579, 580) bilden, oder
3.
zwischen dem Schluss der mündlichen Verhandlung und dem Schluss der Beratung und Abstimmung (§§ 192 bis 197 des Gerichtsverfassungsgesetzes) ein Richter ausgeschieden ist.

(1) Nimmt der Musterkläger im Laufe des Musterverfahrens seine Klage im Ausgangsverfahren zurück oder wurde über das Vermögen des Musterklägers ein Insolvenzverfahren eröffnet, so bestimmt das Oberlandesgericht nach Maßgabe des § 9 Absatz 2 einen neuen Musterkläger.

(2) Das Gleiche gilt, wenn der Prozessbevollmächtigte des Musterklägers die Aussetzung des Musterverfahrens aus einem der folgenden Gründe beantragt:

1.
der Musterkläger ist gestorben,
2.
der Musterkläger ist nicht mehr prozessfähig,
3.
der gesetzliche Vertreter des Musterklägers ist weggefallen,
4.
eine Nachlassverwaltung ist angeordnet oder
5.
die Nacherbfolge ist eingetreten.

(3) Die Klagerücknahme eines Beigeladenen hat auf den Fortgang des Musterverfahrens keinen Einfluss.

(4) Die Rücknahme eines Musterverfahrensantrags hat auf die Stellung als Musterkläger oder den Fortgang des Verfahrens keinen Einfluss.

(5) Ein Musterentscheid ergeht nicht, wenn der Musterkläger, die Musterbeklagten und die Beigeladenen übereinstimmend erklären, dass sie das Musterverfahren beenden wollen. Das Oberlandesgericht stellt die Beendigung des Musterverfahrens durch Beschluss fest. Der Beschluss ist unanfechtbar und wird öffentlich bekannt gemacht. § 11 Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.

8
a) Gemäß § 296a ZPO können nach Schluss der mündlichen Verhandlung neue Angriffs- und Verteidigungsmittel nicht mehr vorgebracht werden. Da die Vorschrift lediglich Angriffsmittel, aber nicht den Angriff und damit die Klage selbst betrifft, werden zwar neue Sachanträge von ihrem Regelungsbereich nicht erfasst (vgl. nur Musielak/Huber aaO § 296a Rn. 3). Wie sich jedoch aus § 256 Abs. 2, § 261 Abs. 2, § 297 ZPO ergibt, ist die Erhebung einer neuen Klageforderung oder einer Klageerweiterung durch einen nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsatz unzulässig, weil Sachanträge spätestens in der letzten mündlichen Verhandlung gestellt werden müssen (BGH, Urt. v. 2. Juni 1966 - VII ZR 41/64, WM 1966, 863, 864; Beschl. v. 9. Juli 1997 - IV ZB 11/97, NJW-RR 1997, 1486; Musielak/Huber, aaO; Stein/Jonas/Leipold, ZPO 22. Aufl. § 296a Rn. 26; Zöller/Greger, ZPO 27. Aufl. § 296a Rn. 2a; HK-ZPO/Saenger, 2. Aufl. § 296a Rn. 3; Frank O. Fischer NJW 1994, 1315, 1316; vgl. zur Unzulässigkeit einer nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten Widerklage: BGH, Beschl. v. 12. Mai 1992 – XI ZR 251/91, NJW-RR 1992, 1085; Urt. v. 19. April 2000 - XII ZR 334/97, NJW 2000, 2512, 2513).

(1) Das Gericht kann die Wiedereröffnung einer Verhandlung, die geschlossen war, anordnen.

(2) Das Gericht hat die Wiedereröffnung insbesondere anzuordnen, wenn

1.
das Gericht einen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler (§ 295), insbesondere eine Verletzung der Hinweis- und Aufklärungspflicht (§ 139) oder eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, feststellt,
2.
nachträglich Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, die einen Wiederaufnahmegrund (§§ 579, 580) bilden, oder
3.
zwischen dem Schluss der mündlichen Verhandlung und dem Schluss der Beratung und Abstimmung (§§ 192 bis 197 des Gerichtsverfassungsgesetzes) ein Richter ausgeschieden ist.

(1) Beteiligte des Musterverfahrens sind:

1.
der Musterkläger,
2.
die Musterbeklagten,
3.
die Beigeladenen.

(2) Das Oberlandesgericht bestimmt nach billigem Ermessen durch Beschluss den Musterkläger aus den Klägern, deren Verfahren nach § 8 Absatz 1 ausgesetzt wurden. Zu berücksichtigen sind:

1.
die Eignung des Klägers, das Musterverfahren unter Berücksichtigung der Interessen der Beigeladenen angemessen zu führen,
2.
eine Einigung mehrerer Kläger auf einen Musterkläger und
3.
die Höhe des Anspruchs, soweit er von den Feststellungszielen des Musterverfahrens betroffen ist.
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(3) Die Kläger, die nicht als Musterkläger ausgewählt werden, sind Beigeladene des Musterverfahrens.

(4) Das Oberlandesgericht kann den Musterkläger auf Antrag eines Beigeladenen abberufen und einen neuen Musterkläger nach Maßgabe des Absatzes 2 bestimmen, wenn der Musterkläger das Musterverfahren nicht angemessen führt.

(5) Musterbeklagte sind alle Beklagten der ausgesetzten Verfahren.

(1) Nimmt der Musterkläger im Laufe des Musterverfahrens seine Klage im Ausgangsverfahren zurück oder wurde über das Vermögen des Musterklägers ein Insolvenzverfahren eröffnet, so bestimmt das Oberlandesgericht nach Maßgabe des § 9 Absatz 2 einen neuen Musterkläger.

(2) Das Gleiche gilt, wenn der Prozessbevollmächtigte des Musterklägers die Aussetzung des Musterverfahrens aus einem der folgenden Gründe beantragt:

1.
der Musterkläger ist gestorben,
2.
der Musterkläger ist nicht mehr prozessfähig,
3.
der gesetzliche Vertreter des Musterklägers ist weggefallen,
4.
eine Nachlassverwaltung ist angeordnet oder
5.
die Nacherbfolge ist eingetreten.

(3) Die Klagerücknahme eines Beigeladenen hat auf den Fortgang des Musterverfahrens keinen Einfluss.

(4) Die Rücknahme eines Musterverfahrensantrags hat auf die Stellung als Musterkläger oder den Fortgang des Verfahrens keinen Einfluss.

(5) Ein Musterentscheid ergeht nicht, wenn der Musterkläger, die Musterbeklagten und die Beigeladenen übereinstimmend erklären, dass sie das Musterverfahren beenden wollen. Das Oberlandesgericht stellt die Beendigung des Musterverfahrens durch Beschluss fest. Der Beschluss ist unanfechtbar und wird öffentlich bekannt gemacht. § 11 Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.

Nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit ist eine Änderung der Klage zulässig, wenn der Beklagte einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich erachtet.

(1) Das Gericht kann die Wiedereröffnung einer Verhandlung, die geschlossen war, anordnen.

(2) Das Gericht hat die Wiedereröffnung insbesondere anzuordnen, wenn

1.
das Gericht einen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler (§ 295), insbesondere eine Verletzung der Hinweis- und Aufklärungspflicht (§ 139) oder eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, feststellt,
2.
nachträglich Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, die einen Wiederaufnahmegrund (§§ 579, 580) bilden, oder
3.
zwischen dem Schluss der mündlichen Verhandlung und dem Schluss der Beratung und Abstimmung (§§ 192 bis 197 des Gerichtsverfassungsgesetzes) ein Richter ausgeschieden ist.

(1) Nimmt der Musterkläger im Laufe des Musterverfahrens seine Klage im Ausgangsverfahren zurück oder wurde über das Vermögen des Musterklägers ein Insolvenzverfahren eröffnet, so bestimmt das Oberlandesgericht nach Maßgabe des § 9 Absatz 2 einen neuen Musterkläger.

(2) Das Gleiche gilt, wenn der Prozessbevollmächtigte des Musterklägers die Aussetzung des Musterverfahrens aus einem der folgenden Gründe beantragt:

1.
der Musterkläger ist gestorben,
2.
der Musterkläger ist nicht mehr prozessfähig,
3.
der gesetzliche Vertreter des Musterklägers ist weggefallen,
4.
eine Nachlassverwaltung ist angeordnet oder
5.
die Nacherbfolge ist eingetreten.

(3) Die Klagerücknahme eines Beigeladenen hat auf den Fortgang des Musterverfahrens keinen Einfluss.

(4) Die Rücknahme eines Musterverfahrensantrags hat auf die Stellung als Musterkläger oder den Fortgang des Verfahrens keinen Einfluss.

(5) Ein Musterentscheid ergeht nicht, wenn der Musterkläger, die Musterbeklagten und die Beigeladenen übereinstimmend erklären, dass sie das Musterverfahren beenden wollen. Das Oberlandesgericht stellt die Beendigung des Musterverfahrens durch Beschluss fest. Der Beschluss ist unanfechtbar und wird öffentlich bekannt gemacht. § 11 Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.

Nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit ist eine Änderung der Klage zulässig, wenn der Beklagte einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich erachtet.

(1) Nimmt der Musterkläger im Laufe des Musterverfahrens seine Klage im Ausgangsverfahren zurück oder wurde über das Vermögen des Musterklägers ein Insolvenzverfahren eröffnet, so bestimmt das Oberlandesgericht nach Maßgabe des § 9 Absatz 2 einen neuen Musterkläger.

(2) Das Gleiche gilt, wenn der Prozessbevollmächtigte des Musterklägers die Aussetzung des Musterverfahrens aus einem der folgenden Gründe beantragt:

1.
der Musterkläger ist gestorben,
2.
der Musterkläger ist nicht mehr prozessfähig,
3.
der gesetzliche Vertreter des Musterklägers ist weggefallen,
4.
eine Nachlassverwaltung ist angeordnet oder
5.
die Nacherbfolge ist eingetreten.

(3) Die Klagerücknahme eines Beigeladenen hat auf den Fortgang des Musterverfahrens keinen Einfluss.

(4) Die Rücknahme eines Musterverfahrensantrags hat auf die Stellung als Musterkläger oder den Fortgang des Verfahrens keinen Einfluss.

(5) Ein Musterentscheid ergeht nicht, wenn der Musterkläger, die Musterbeklagten und die Beigeladenen übereinstimmend erklären, dass sie das Musterverfahren beenden wollen. Das Oberlandesgericht stellt die Beendigung des Musterverfahrens durch Beschluss fest. Der Beschluss ist unanfechtbar und wird öffentlich bekannt gemacht. § 11 Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.

Nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit ist eine Änderung der Klage zulässig, wenn der Beklagte einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich erachtet.

Mit der Bekanntmachung des Musterverfahrensantrags im Klageregister wird das Verfahren unterbrochen.

Mit Erlass des Vorlagebeschlusses ist die Einleitung eines weiteren Musterverfahrens für die gemäß § 8 Absatz 1 auszusetzenden Verfahren unzulässig. Ein gleichwohl ergangener Vorlagebeschluss ist nicht bindend.

(1) Nimmt der Musterkläger im Laufe des Musterverfahrens seine Klage im Ausgangsverfahren zurück oder wurde über das Vermögen des Musterklägers ein Insolvenzverfahren eröffnet, so bestimmt das Oberlandesgericht nach Maßgabe des § 9 Absatz 2 einen neuen Musterkläger.

(2) Das Gleiche gilt, wenn der Prozessbevollmächtigte des Musterklägers die Aussetzung des Musterverfahrens aus einem der folgenden Gründe beantragt:

1.
der Musterkläger ist gestorben,
2.
der Musterkläger ist nicht mehr prozessfähig,
3.
der gesetzliche Vertreter des Musterklägers ist weggefallen,
4.
eine Nachlassverwaltung ist angeordnet oder
5.
die Nacherbfolge ist eingetreten.

(3) Die Klagerücknahme eines Beigeladenen hat auf den Fortgang des Musterverfahrens keinen Einfluss.

(4) Die Rücknahme eines Musterverfahrensantrags hat auf die Stellung als Musterkläger oder den Fortgang des Verfahrens keinen Einfluss.

(5) Ein Musterentscheid ergeht nicht, wenn der Musterkläger, die Musterbeklagten und die Beigeladenen übereinstimmend erklären, dass sie das Musterverfahren beenden wollen. Das Oberlandesgericht stellt die Beendigung des Musterverfahrens durch Beschluss fest. Der Beschluss ist unanfechtbar und wird öffentlich bekannt gemacht. § 11 Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.

(1) Das Oberlandesgericht erlässt auf Grund mündlicher Verhandlung den Musterentscheid durch Beschluss. Die Beigeladenen müssen nicht im Rubrum des Musterentscheids bezeichnet werden. Der Musterentscheid wird den Beteiligten und den Anmeldern zugestellt. Die Zustellung kann durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. § 11 Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.

(2) Über die im Musterverfahren angefallenen Kosten entscheidet das Prozessgericht.