Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Juli 2013 - I ZR 64/13

bei uns veröffentlicht am17.07.2013
vorgehend
Landgericht Konstanz, 8 O 60/08, 11.02.2011
Oberlandesgericht Karlsruhe, 4 U 63/11, 22.02.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZR 64/13
vom
17. Juli 2013
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ein Rechtsanwalt, der einem anderen Rechtsanwalt einen Rechtsmittelauftrag
per E-Mail zuleitet, darf nicht allein wegen der Absendung der E-Mail auf deren
ordnungsgemäßen Zugang beim Adressaten vertrauen. Er muss vielmehr organisatorische
Maßnahmen ergreifen, die ihm eine Kontrolle des ordnungsgemäßen
Zugangs ermöglichen.
BGH, Beschluss vom 17. Juli 2013 - I ZR 64/13 - OLG Karlsruhe
LG Konstanz
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. Juli 2013 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Dr. h.c. Bornkamm und die Richter Pokrant, Prof.
Dr. Büscher, Dr. Koch und Dr. Löffler

beschlossen:
Der Antrag der Klägerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 22. Februar 2013 wird zurückgewiesen. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem vorgenannten Urteil wird auf ihre Kosten verworfen. Beschwerdewert: 800.000 €

Gründe:


1
I. Die Parteien streiten um Unterlassungsansprüche im Zusammenhang mit dem Parallelimport von Pflanzenschutzmitteln. Das Berufungsgericht hat die in erster Instanz überwiegend erfolgreiche Klage abgewiesen. Die Revision gegen sein Urteil hat das Berufungsgericht nicht zugelassen.
2
Das Berufungsurteil ist den zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten der Klägerin in vollständig abgefasster Form am 28. Februar 2013 zugestellt worden. Mit ihrer beim Bundesgerichtshof am 12. April 2013 eingegangenen Nichtzulassungsbeschwerde wendet sich die Klägerin gegen die unterlassene Zulassung der Revision im Berufungsurteil. Zugleich hat sie Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Berufungsurteil beantragt.
3
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig und deshalb zu verwerfen.
4
1. Die Klägerin hat die Nichtzulassungsbeschwerde nicht fristgerecht beim Bundesgerichtshof eingereicht.
5
Gemäß § 544 Abs. 1 Satz 2 ZPO ist die Beschwerde innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Für den Fristbeginn kommt es danach grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Zustellung an. Das Berufungsurteil ist der Klägerin in vollständig abgefasster Form am 28. Februar 2013 zugestellt worden, mithin war die Notfrist von einem Monat bei Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde am 12. April 2013 überschritten.
6
2. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 233 ZPO kommt nicht in Betracht, weil die Klägerin nicht ohne ihr Verschulden verhindert war, das Rechtsmittel rechtzeitig einzulegen. Dabei ist der Klägerin das Verschulden ihrer zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen.
7
a) Die Klägerin hat zur Begründung ihres Wiedereinsetzungsantrags vorgetragen , die Fristversäumung habe ihre Ursache in einem technischen Fehler im E-Mail-System des mit der Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde beauftragten Rechtsanwalts beim Bundesgerichtshof gehabt. Das technische Versagen des Systems sei weder vorhersehbar noch vermeidbar gewesen. E-Mail- Nachrichten könnten diese Kanzlei über drei unterschiedliche E-Mail-Adressen erreichen. Die eingehenden Nachrichten würden an die eingerichteten Endgeräte (Computer, iPad, Blackberry, I-Phone und häuslichen Laptop) synchron weitergeleitet. Am Abend des 27. März 2013 habe Rechtsanwalt Dr. v. P. festgestellt , dass über eine der drei E-Mail-Adressen keine Nachrichten eingegangen seien. Dieser Fehler sei der zuständigen Wartungsfirma am Morgen des 28. März 2013 mitgeteilt worden, die den Fehler vermeintlich behoben habe. Nachdem am Abend des 28. März 2013 weiterhin keine Nachrichten über die gestörte E-Mail-Adresse eingegangen seien, sei eine erneute Überprüfung veranlasst worden. Um 0.20 Uhr des Folgetages seien die am Vortag eingegangenen Nachrichten zu empfangen gewesen.
8
Wegen der technischen Schwierigkeiten sei die per E-Mail vorgenommene Beauftragung zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde vom 28. März 2013 in der Kanzlei des beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalts zunächst nicht bemerkt worden. Dem Auftrag zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde sei zwar ein Telefonat zwischen dem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt Dr. v. P. und dem zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten Rechtsanwalt Dr. O. am 27. März 2013 vorausgegangen. Der zweitinstanzliche Prozessbevollmächtigte habe in diesem Gespräch jedoch darauf hingewiesen, dass die Klägerin sich noch nicht endgültig entschieden habe , ob sie gegen das Berufungsurteil mit einer Nichtzulassungsbeschwerde vorgehen wolle.
9
b) Mit diesem Vorbringen kann die Klägerin ein ihr gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnendes Verschulden ihrer zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten , die es versäumt haben, den Eingang des Rechtsmittelauftrags bei dem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt zu kontrollieren, nicht ausräumen.
10
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt der Rechtsanwalt seiner Pflicht zur wirksamen Ausgangskontrolle bei der Übermittlung eines fristgebundenen Schriftsatzes per Telefax nur dann, wenn er bei Schriftsätzen, die auf diese Weise übermittelt wurden, anhand des Sendeprotokolls überprüft (oder durch eine zuverlässige Kanzleikraft überprüfen lässt), ob die Übermittlung vollständig und an den richtigen Empfänger erfolgt ist, weil mögliche Fehlerquellen nur so mit einem hohen Maß an Zuverlässigkeit ausgeschlossen werden können (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Juli 2004 - XII ZB 27/03, NJW 2004, 3490, 3491; Beschluss vom 14. Mai 2008 - XII ZB 34/07, NJW 2008, 2508 Rn. 11; Beschluss vom 29. Juni 2010 - VI ZA 3/09, NJW 2010, 3101 Rn. 8).
11
Gleiches hat für die Übersendung einer E-Mail zu gelten, mit der ein beim Bundesgerichtshof zugelassener Rechtsanwalt beauftragt wird, ein Rechtsmittel einzulegen. Auch insoweit besteht die Gefahr, dass eine E-MailNachricht den Empfänger wegen einer technischen Störung bei der Übermittlung nicht erreicht. Um sicherzustellen, dass eine E-Mail den Adressaten erreicht hat, hat der Versender über die Optionsverwaltung eines E-MailProgramms die Möglichkeit, eine Lesebestätigung anzufordern (vgl. OLG Düsseldorf , NJW 2003, 833, 834).
12
bb) Eine diesen Anforderungen genügende Kontrolle in der Kanzlei ihrer zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten hat die Klägerin nicht dargetan. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass eine Weisung zur Kontrolle bestanden hat, ob ein per E-Mail erteilter Rechtsmittelauftrag den Adressaten auch tatsächlich erreicht hat. Wäre eine Kontrolle anhand einer Lesebestätigung der E-Mail erfolgt oder hätte der sachbearbeitende zweitinstanzliche Prozessbevollmächtigte eine solche Kontrolle selbst vorgenommen, hätte noch rechtzeitig vor Ablauf der Einlegungsfrist festgestellt werden können, dass der Auftrag zur Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde den beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt zunächst nicht erreicht hatte. Die E-Mail, die den Rechtsmittelauftrag enthielt, wurde am 28. März 2013 um 10.08 Uhr versandt.
13
Anlass für eine Nachfrage, ob der Rechtsmittelauftrag ordnungsgemäß beim Adressaten eingegangen war, hat vor allem auch deshalb bestanden, weil der zweitinstanzliche Prozessbevollmächtigte der Klägerin in der E-Mail vom 28. März 2013 ausdrücklich um eine Bestätigung der Übernahme des Mandats gebeten hatte. Die ausbleibende Bestätigung hätte den zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten der Klägerin erst recht veranlassen müssen, sich bei Rechtsanwalt Dr. v. P. nach dem erteilten Auftrag zur Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde zu erkundigen.
14
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Bornkamm Pokrant Büscher
Koch Löffler
Vorinstanzen:
LG Konstanz, Entscheidung vom 11.02.2011 - 8 O 60/08 KfH -
OLG Karlsruhe in Freiburg, Entscheidung vom 22.02.2013 - 4 U 63/11 -

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War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 27/03
vom
21. Juli 2004
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO §§ 85 Abs. 2, 233 Fd, 574 Abs. 2, 577 Abs. 2 Satz 4

a) Zu den Anforderungen an die Ausgangskontrolle bei der Übermittlung fristwahrender
Schriftsätze durch Telefax.

b) Die Rechtsbeschwerde gegen einen die Wiedereinsetzung versagenden Beschluß
des Berufungsgerichts kann grundsätzlich nicht auf Tatsachen gestützt werden,
die nicht schon im Verfahren der Wiedereinsetzung vorgetragen worden sind (im
Anschluß an BGHZ 156, 165 ff.).
BGH, Beschluß vom 21. Juli 2004 - XII ZB 27/03 - OLG Karlsruhe
AG Offenburg
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. Juli 2004 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Prof. Dr. Wagenitz,
Dr. Ahlt und Dose

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Klägers gegen den Beschluß des 5. Zivilsenats - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 16. Januar 2003 wird auf seine Kosten als unzulässig verworfen. Beschwerdewert: 23.322 €

Gründe:

I.

Der Kläger war in der Zeit von Ende 1988 bis Anfang 1993 mit der Beklagten befreundet, hatte die Vaterschaft für ihre am 22. Februar 1990 geborene Tochter N. anerkannt und für das Kind Unterhalt in Höhe von insgesamt 38.113,70 DM gezahlt. Nachdem in der Folgezeit rechtskräftig festgestellt wurde , daß N. nicht von ihm abstammt, verlangt der Kläger von der Beklagten Auskunft über den Namen des leiblichen Vaters ihres Kindes, hilfsweise Rückzahlung des geleisteten Kindesunterhalts. Das Amtsgericht hat die Klage mit einem, dem Kläger am 19. Juni 2002 zugestellten, Urteil abgewiesen. Dagegen hat der Kläger am 17. Juli 2002 Berufung eingelegt, die er mit einem am (Dienstag) 20. August 2002 eingegangenen
Schriftsatz vom 19. August 2002 begründet hat. Mit einem ebenfalls am 20. August 2002 eingegangenen Schriftsatz hat er Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beantragt. Zur Begründung trägt er vor, sein Prozeßbevollmächtigter habe den Berufungsschriftsatz rechtzeitig am 19. August 2002 gefertigt und sodann postalisch versandt. Zur Fristwahrung habe die äußerst zuverlässige und insbesondere mit Fristangelegenheiten äußerst gewissenhafte Rechtsanwaltsfachgehilfin L. den Schriftsatz vorab per Telefax an das Gericht übersandt. Dabei habe sie versehentlich eine falsche Nummer gewählt (anstatt 205-3028 versehentlich 805-3028). Ebenfalls versehentlich sei sie davon ausgegangen, daß die Übertragung mit einem "o.k." bestätigt worden war. Zur Glaubhaftmachung hat der Kläger eine eidesstattliche Versicherung der Rechtsanwaltsfachgehilfin L. vom 20. August 2002 eingereicht, in der es auszugsweise heißt: "… Gemäß grundsätzlicher Anweisung von Herrn RA. N. müssen Schriftsätze, deren Fristen noch am gleichen Tag, an denen sie geschrieben werden, ablaufen, vorab per Fax abgesandt werden. Da mir bewußt war, daß die Frist in der Sache W./N. am 19.08.2002 endete, wurde der Schriftsatz kurz vor 16.00 Uhr von mir per Fax abgesandt. Da ich aufgrund arbeitsvertraglicher Regelung um 16.00 Uhr die Kanzlei verlasse , wurde von mir das Protokoll nicht mehr angesehen. Heute Vormittag sah ich die Protokolle der am 19.08.2002 abgesandten Faxschreiben durch und stellte fest, daß das Fax an das Oberlandesgericht Karlsruhe, Zivilsenate in Freiburg nicht durchging …" Mit Beschluß vom 19. Dezember 2002 wies das Berufungsgericht den Kläger auf die Verspätung und darauf hin, daß nicht von einer unverschuldeten Fristversäumung durch den Kläger ausgegangen werden könne. Der Kläger hat ergänzend vorgetragen, daß die Mitarbeiterinnen im Büro seines Prozeßbe-
vollmächtigten regelmäßig angewiesen werden, stets auf die korrekte Eingabe der Empfängernummer sowie die ordnungsgemäße und vollständige Übermittlung der Dokumente zu achten und dabei immer auch das Sendeprotokoll zu prüfen. Diesen Vortrag hat er durch ergänzende eidesstattliche Versicherung der Rechtsanwaltsfachangestellten L. vom 10. Januar 2003 belegt. Mit Beschluß vom 16. Januar 2003 hat das Berufungsgericht dem Kläger die begehrte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand versagt und die Berufung als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Klägers. Zur Begründung trägt er vor, die Rechtsanwaltsfachangestellte L. sei wegen eines Fehlers beim Ablesen des Versendeprotokolls davon ausgegangen, daß der Schriftsatz beim Oberlandesgericht eingegangen sei. Deswegen sei der - ihm nicht zurechenbare - Fehler beim Ablesen des Sendeprotokolls und nicht etwa eine unzureichende Büroorganisation kausal für die Fristversäumung geworden. Zur Glaubhaftmachung hat der Kläger eine zweite ergänzende eidesstattliche Versicherung der Rechtsanwaltsfachangestellten L. vom 3. Februar 2003 eingereicht , in der es auszugsweise heißt: "… erkläre ich hiermit, daß Herr RA.S. N. die mir Führung des Fristenkalenders übertragen hat. Ich prüfe alle Schriftsätze und ihre entsprechenden Fristen. Morgens öffne ich die Post und trage alle Fristen ein. Dies wurde auch in der Sache W. gegen N. in dieser Form unternommen. Am 19.08.2002 habe ich dann den Berufungsbegründungsschriftsatz abgesandt und das Versendungsprotokoll - falsch - abgelesen. Ich habe die Frist daraufhin gestrichen. Herr RA. S. N. fragte noch nach, ob der Schriftsatz ordnungsgemäß eingegangen sei, was ich auch bejaht habe. Die Frist wurde noch
am 19.08.2002 von mir gestrichen, wie ich das immer am Abend bevor ich nach Hause gehe unternehme."

II.

Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 i.V. mit § 522 Abs. 1 Satz 4, 238 Abs. 2 ZPO), aber unzulässig. 1. Entgegen der Auffassung des Klägers kommt der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zu. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Sache, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann (BGHZ 151, 221, 223). Das ist hier nicht der Fall. Die Anforderungen an die Sorgfaltspflicht eines Rechtsanwalts bei der Ausgangskontrolle fristgebundener Schriftsätze sind in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hinreichend geklärt (vgl. zur Versendung fristgebundener Schriftsätze durch Fax die Beschlüsse vom 23. Oktober 2003 - V ZB 28/03 - FamRZ 2004, 262; vom 2. Juli 2001 - II ZB 28/00 - NJR-RR 2002, 60; vom 3. April 2001 - XI ZB 2/01 - BGHR ZPO § 233 Ausgangskontrolle 15 (Gründe); vom 16. Juni 1998 - XI ZB 13/98 - VersR 1999, 996; vom 18. Dezember 1997 - X ZB 16/97 - NJWE-VHR 1998, 86 und vom 19. November 1997 - VIII ZB 33/97 - NJW 1998, 907). Nach dieser Rechtsprechung endet die Pflicht des Rechtsanwalts zur Ausgangskontrolle bei Übermittlung fristwahrender Schriftsätze per Telefax erst dann, wenn feststeht, daß der Schriftsatz wirklich übermittelt worden ist. Mit Rücksicht auf die Risiken beim Einsatz eines Telefaxgerätes kommt der Rechtsanwalt seiner Verpflichtung zu einer wirksamen Ausgangskontrolle nur dann nach, wenn er seinen dafür zuständigen Mitarbeitern die Weisung erteilt, sich einen Einzelnachweis ausdrucken zu lassen,
auf dieser Grundlage die Vollständigkeit der Übermittlung zu prüfen und die Notfrist erst nach Kontrolle des Sendeberichts zu löschen. Ob die Büroorganisation des Prozeßbevollmächtigten des Klägers diesen Anforderungen genügt, ist eine Frage des Einzelfalles und damit einer Verallgemeinerung nicht zugänglich. 2. Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nach § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO erfordert eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs nur in Fällen einer Divergenz oder dann, wenn bei der Auslegung oder Anwendung revisiblen Rechts Fehler über die Einzelfallentscheidung hinaus die Interessen der Allgemeinheit nachhaltig berühren. Letzteres ist vor allem dann der Fall, wenn Verfahrensgrundsätze, insbesondere die Grundrechte auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG), auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG i.V. mit dem Rechtsstaatsprinzip) und auf ein objektiv willkürfreies Verfahren (Art. 3 Abs. 1 GG i.V. mit dem Rechtsstaatsprinzip) verletzt sind. Dabei sollen Art und Weise eines Rechtsfehlers nach dem Willen des Gesetzgebers aber nur dann Bedeutung erlangen, wenn sie geeignet sind, das Vertrauen in die Rechtsprechung im ganzen zu beschädigen. Regelmäßig ist eine auf § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO gestützte Rechtsbeschwerde deswegen nur zulässig , wenn dargelegt ist, daß ein Verstoß gegen Verfahrensgrundrechte im Einzelfall klar zutage tritt, also offenkundig ist, und die angefochtene Entscheidung hierauf beruht (BGHZ 151, 221, 227; Senatsbeschluß vom 11. Februar 2004 - XII ZB 263/03 - FamRZ 2004, 696 m.w.N.).
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dient das Rechtsinstitut der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in besonderer Weise dazu, die Rechtsschutzgarantie und das rechtliche Gehör zu gewährleisten. Die Verfahrensgrundsätze auf Gewährleistung wirkungsvollen Rechtsschutzes und auf rechtliches Gehör gebieten es daher, den Zugang zu den Ge-
richten und den weiteren Instanzen nicht in unzumutbarer, sachlich nicht gerechtfertigter Weise zu erschweren. Deswegen dürfen gerade bei der Auslegung der Vorschriften über die Wiedereinsetzung die Anforderungen an die Sorgfalt eines Rechtsanwalts und die Kausalität einer Pflichtverletzung nicht überspannt werden (BGHZ 151 aaO, 227 f. m.w.N. aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts).
b) Gegen diese Grundsätze hat das Beschwerdegericht nicht verstoßen. Die Rechtsbeschwerde hat keinen erheblichen Unterschied der angefochtenen Entscheidung zu den zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs aufgezeigt. Eine Divergenz kommt nur dann in Betracht, wenn nach den Darlegungen der Rechtsbeschwerde der angefochtenen Entscheidung ein Rechtssatz zugrunde liegt, der von einem die Entscheidung tragenden Rechtssatz eines höherrangigen Gerichts, eines anderen Spruchkörpers desselben Gerichts oder eines anderen gleichgeordneten Gerichts abweicht (vgl. BGH Beschlüsse vom 4. Juli 2002 - V ZB 75/02 - NJW 2002, 2957 und vom 5. November 2002 - VI ZR 40/02 - NJW 2003, 437). Das ist hier nicht der Fall. Nach der zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darf die Notfrist im Fristenkalender bei Übermittlung eines Schriftsatzes per Fax erst nach einer Kontrolle des Sendeberichts gelöscht werden. Auf eine solche allgemein organisatorische Vorkehrung kommt es nur dann nicht an, wenn im Einzelfall konkrete Anweisungen erteilt worden sind, deren Befolgung die Fristwahrung ebenso sichergestellt hätte. Das hat der Kläger im Verfahren der Wiedereinsetzung nicht glaubhaft gemacht. Nach dem Vortrag des Prozeßbevollmächtigten des Klägers im Wiedereinsetzungsverfahren beschränkte sich die Büroorganisation auf die Sorgfalt beim Absenden eines Telefax, ließ aber die Löschung der Notfrist schon vor der
endgültigen Kontrolle der vollständigen Übermittlung zu. Denn nach dem Inhalt der zur Begründung der beantragten Wiedereinsetzung eingereichten Eidesstattlichen Versicherungen ist die Frist ohne erneute Prüfung des Sendeprotokolls gelöscht und die fehlerhafte Übermittlung erst am Folgetag bemerkt worden. Hätte demgegenüber eine allgemeine Anweisung bestanden, Notfristen erst nach Kontrolle der vollständigen Übermittlung anhand des Protokolls zu löschen, wäre die noch ausstehende Frist für die Berufungsbegründung noch rechtzeitig am Abend des 19. August 2002 bemerkt worden. Auf den Inhalt der erst nach Erlass der angefochtenen Entscheidung vorgelegten und von den früheren eidesstattlichen Versicherungen abweichenden „Zweiten ergänzenden eidesstattlichen Versicherung“ der Rechtsanwaltsfachangestellten L. vom 3. Februar 2003 kann es für die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde schon deswegen nicht ankommen, weil im Verfahren der Rechtskontrolle grundsätzlich keine neuen Tatsachen festgestellt werden können (BGHZ 156, 165, 167 f. = Beschluß vom.18. September 2003 - IX ZB 40/03 - FamRZ 2004, 180, 181). Hahne Sprick Wagenitz Ahlt Dose
11
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt der Rechtsanwalt seiner Pflicht zur wirksamen Ausgangskontrolle fristwahrender Schriftsätze nur dann, wenn er seine Angestellten anweist, nach einer Übermittlung per Telefax anhand des Sendeprotokolls zu überprüfen, ob die Übermitt- lung vollständig und an den richtigen Empfänger erfolgt ist. Erst danach darf die Frist im Fristenkalender gestrichen werden (Senatsbeschlüsse vom 18. Juli 2007 - XII ZB 32/07 - FamRZ 2007, 1722, 1723; vom 20. Juli 2005 - XII ZB 68/05 - FamRZ 2005, 1534 f. und vom 10. Mai 2006 - XII ZB 267/04 - FamRZ 2006, 1104, 1105 f.).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZA 3/09
vom
20. September 2010
in dem Prozesskostenhilfeverfahren
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. September 2010 durch
den Vorsitzenden Richter Galke, die Richter Zoll und Wellner, die Richterin Diederichsen
und den Richter Stöhr

beschlossen:
Die Anhörungsrüge vom 30. Juli 2010 gegen den Senatsbeschluss vom 29. Juni 2010 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Gründe:

1
Die gemäß § 321a ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Gehörsrüge ist nicht begründet.
2
Nach Art. 103 Abs. 1 GG sind die Gerichte verpflichtet, das Vorbringen der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Nicht erforderlich ist es, alle Einzelpunkte des Parteivortrags ausdrücklich zu bescheiden (BVerfGE 96, 205, 216 f.; BGH, Beschluss vom 24. Februar 2005 - III ZR 263/04, NJW 2005, 1432 f.). Der Senat hat vor seinem Beschluss vom 29. Juni 2010 das Vorbringen der Klägerin, mit der sie Prozesskostenhilfe und die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand begehrt hat, in vollem Umfang geprüft, diesem Vorbringen jedoch weder eine hinreichende Aussicht auf Erfolg eines etwaigen Rechtsbeschwerdeverfahrens (§ 114 ZPO) noch Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Frist zur Begründung einer Berufung entnehmen können. Das Vorbringen in der Anhörungsrüge führt zu keinem anderen Ergebnis.
3
Soweit die Klägerin geltend macht, ihr hätte Gelegenheit gegeben werden müssen, nach entsprechendem Hinweis ihren Vortrag zu ergänzen, ob und wenn ja, welche Anweisungen an die Mitarbeiter der Kanzlei ihres Prozessbevollmächtigten hinsichtlich der Versendung von Schriftstücken per Telefax bestanden , war ein weiterer Hinweis schon deswegen nicht erforderlich, weil sich die Notwendigkeit eines Vortrags hinsichtlich eines etwaigen Organisationsverschuldens ihres Prozessbevollmächtigten bereits aus dem Beschluss des Oberlandesgerichts vom 3. September 2008 ergeben hat, auf den das Oberlandesgericht in dem angefochtenen Beschluss vom 20. Januar 2009 Bezug genommen hat. In dem Beschluss vom 3. September 2008 hat das Oberlandesgericht ausgeführt, es sei von einem Organisationsverschulden des Prozessbevollmächtigten der Klägerin auszugehen, und insoweit den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 22. Februar 2007 - VII ZA 7/06, FamRZ 2007, 809 zitiert. Hätte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die zitierte Entscheidung zur Kenntnis genommen, hätte er hinsichtlich der von ihm getroffenen organisatorischen Maßnahmen ergänzend vortragen müssen.
4
Im Übrigen hat das Oberlandesgericht durch eine Bezugnahme auf seine Beschlüsse vom 3. September 2008, vom 22. Oktober 2008 und vom 2. Dezember 2008 seine Entscheidung auch darauf gestützt, dass der Vortrag, der Prozessbevollmächtigte der Klägerin habe noch vor Unterzeichnung des Schriftsatzes vom 8. Dezember 2006 alle Anlagen auf Vollständigkeit überprüft und die Akte sei dann mit diesen Unterlagen an eine Rechtsanwaltsfachangestellte zur Absendung zurückgegangen, nicht für eine Glaubhaftmachung ausreiche. Dies hat der Senat in seinem Beschluss vom 29. Juni 2010 nicht beanstandet. Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass auch ausweislich des Schreibens des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 15. Juli 2008 an das Oberlandesgericht die Eltern der Klägerin die Unterlagen für die Erklärung über ihre wirtschaftlichen Verhältnisse erst nach diesem Schreiben zusammenge- stellt und den Prozesskostenhilfe-Vordruck ausgefüllt und unterschrieben haben. Galke Zoll Wellner Diederichsen Stöhr
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 31.08.2006 - 323 O 284/02 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 20.01.2009 - 1 U 117/06 -

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)