Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 355/15
vom
14. Oktober 2015
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Mordes u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. Oktober 2015 beschlossen
:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des
Landgerichts Berlin vom 13. Februar 2015 nach § 349
Abs. 4 StPO in den Einzelstrafaussprüchen zu den Fällen
II.3 bis II.6 der Urteilsgründe sowie im Gesamtstrafausspruch
aufgehoben; jedoch bleiben die zugehörigen
Feststellungen aufrechterhalten.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des
Rechtsmittels, an eine andere als Schwurgericht zuständige
Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO
als unbegründet verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Mordes in vier Fällen, jeweils in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, wegen sexueller Nötigung und wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe verurteilt. Mit seiner gegen dieses Urteil eingelegten Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
2
1. Der Strafausspruch hält in den Fällen II.3 bis II.6, in denen der Angeklagte wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung verurteilt worden ist, rechtlicher Überprüfung nicht stand.
3
a) Insoweit hat das Landgericht bei der Strafzumessung jeweils strafschärfend gewertet, dass der Angeklagte mit direktem Tötungsvorsatz gehandelt hat. Diese Erwägung verstößt gegen das Doppelverwertungsverbot des § 46 Abs. 3 StGB. Der Tatbestand des Totschlags setzt vorsätzliche Tatbegehung voraus, deren normativer Regelfall die Tötung mit direktem Vorsatz ist. Der Umstand, dass der Angeklagte mit direktem Vorsatz gehandelt hat, darf daher als solcher nicht straferschwerend berücksichtigt werden (st. Rspr., vgl. BGH, Beschlüsse vom 1. Dezember 1989 – 2 StR 555/89, BGHR StGB § 46 Abs. 3 Tötungsvorsatz 3 mwN; vom 17. September 1990 – 3 StR 313/90, BGHR StGB § 46 Abs. 3 Tötungsvorsatz 4; vom 19. März 2009 – 4 StR 53/09, NStZ 2009, 564, und vom 11. März 2015 – 1 StR 3/15).
4
Außerdem hat das Landgericht in den vier Fällen des versuchten Mordes rechtsfehlerhaft (§ 46 Abs. 3 StGB) jeweils die Tatausführung straferschwerend gewertet, wonach der Angeklagte bei der Tat II.3 dem Geschädigten T. „nach dem ersten Messerstich sogar noch nachsetzte und ihm einen zweiten Messer- stich in den Rücken beibrachte, um seine Tat zu vollenden“ (UA S. 44), bei der Tat II.4 „sofort einen gezielten Messerstich gegen den Hals des Geschädigten und somit gegen eine besonders empfindliche Körperregion“ und „mit Wucht“ führte (UA S. 45), bei der Tat II.5 „seinen ersten Stich sofort in Richtung des Kopfes des Geschädigten M. und somit gegen eine besonders empfindli- che Körperregion“ führte (UA S. 47) und er bei der Tat II.6 „den Geschädigten durch den Halsschnitt in potentielle Lebensgefahr versetzte“ (UA S. 48). Es kann auch dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe nicht entnommen werden, dass der Angeklagte das Maß an Gewalt überschritten hat, das zur Verwirklichung seines jeweiligen Entschlusses, die von ihm angegriffene Person zu töten, erforderlich war. Die Anwendung der zur Tötung erforderlichen Gewalt darf indes grundsätzlich nicht straferschwerend gewertet werden (st. Rspr., vgl. BGH, Beschlüsse vom 12. Januar 1988 – 5 StR 657/87, BGHR StGB § 46 Abs. 3 Tötungsvorsatz 2; vom 28. September 1995 – 4 StR 561/95, BGHR StGB § 46 Abs. 3 Tötungsvorsatz 6; vom 24. März 1998 – 4 StR 34/98, StV 1998, 657 und vom 8. Oktober 2008 – 4 StR 226/08, StV 2009, 464).
5
b) Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet weiter die jeweils straferschwerende Wertung des Landgerichts, dass die Messerangriffe des Angeklagten jeweils „völlig grundlos“ erfolgt seien. Die Schwurgerichtskammer hat sich – wie sie selbst ausdrücklich festhält (UA S. 6) – von einem Motiv für diese vom Angeklagten pauschal bestrittenen Taten keine sichere Überzeugung bilden können. Bei dieser Sachlage verbietet es sich, eine Grund- bzw. Anlasslosigkeit der Taten zu berücksichtigen (vgl. auch BGH, Beschluss vom 23. März 2011 – 2 StR 56/11). Soweit die Schwurgerichtskammer die Grundlosigkeit der Taten beispielhaft im Fall II.4 mit der weiteren Erwägung charakterisiert , dass auch eine Provokation durch den Geschädigten als Motiv für die Tat nicht erfolgt sei, hat sie verkannt, dass ein solcher Umstand in der Regel zugunsten eines Täters wirkt. Das Fehlen eines solchen möglichen Strafmilderungsgrundes darf nicht zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt werden.
6
2. Ungeachtet der Angemessenheit der verhängten Strafen kann der Senat nicht gänzlich ausschließen, dass sich die aufgezeigten Rechtsfehler im Fall II.4 bei der Wahl des Strafrahmens des § 211 Abs. 1 StGB ohne die fakul- tative Versuchsmilderung gemäß § 23 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB und in den drei übrigen Fällen bei der konkreten Strafzumessung ausgewirkt haben. Die Aufhebung der betreffenden Einzelstrafen entzieht der Gesamtstrafe die Grundlage.
7
Die getroffenen Feststellungen werden durch die Wertungsfehler nicht berührt und können deshalb bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO). Im Rahmen der neuen Strafzumessung sind ergänzende Feststellungen möglich, sofern sie den bisherigen nicht widersprechen.
Sander Schneider Berger
Bellay Feilcke

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Tenor Der Senat stimmt der Rechtsansicht des anfragenden 2. Strafsenats zu. Er gibt eigene Rechtsprechung auf, soweit sie der Anfrage entgegenstehen sollte (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Oktober 2015

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.

(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:

die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende,die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille,das Maß der Pflichtwidrigkeit,die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat,das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowiesein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.

(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 53/09
vom
19. März 2009
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 19. März 2009 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hagen vom 18. Juli 2008 im Strafausspruch aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge zum Strafausspruch Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
Der Generalbundesanwalt hat ausgeführt: "Die Kammer hat wegen nicht ausschließbarer verminderter Steuerungsfähigkeit i.S.d. § 21 StGB den Strafrahmen nach § 49 Abs. 1 StGB gemindert. Straferschwerend hat sie sodann allein folgende Erwägung herangezogen : 'Zu Lasten des Angeklagten war der in der Tat zum Ausdruck kommende unbedingte Vernichtungswille zu berücksichtigen, der für den waffenerfahrenen Angeklagten bei einem Kopfschuss mit einem Schrotgewehr aus nächster Nähe deutlich zum Ausdruck kommt, und auch innerhalb der tatbestandserfassten Fälle des direkten Tötungsvorsatzes im Hinblick auf Anlass und Ziel der Tat sowie das vorausgegangene Verhalten des Tatopfers besonders schwerwiegend erscheint' (UA S. 39). Diese Erwägung begegnet unter dem Gesichtspunkt des Doppelverwertungsverbots (§ 46 Abs. 3 StGB) durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die Kammer hat damit maßgeblich auf den die Tat prägenden 'unbedingten Vernichtungswillen' abgestellt. Dass der Täter eines Tötungsdeliktes, von derartiger Absicht angetrieben, dem Opfer bewusst keine Überlebenschance lässt, verwertet aber lediglich erneut zu Lasten des Angeklagten das Tatbestandsmerkmal des Tötungsvorsatzes (vgl. Senat BGHR StGB § 46 Abs. 3 Tötungsvorsatz 1; Beschluss vom 3. Februar 2004 - 4 StR 403/03 -). Zwar hat die Kammer versucht, ihre Überlegungen im Folgenden weiter zu konkretisieren; dass darin tatsächlich eine Anknüpfung der Strafzumessung an zulässige Straferschwerungsgründe liegt, lässt sich indes der wenig geglückten Formulierung jedenfalls nicht zweifelsfrei entnehmen, zumal die Kammer offenbar Abstufungen innerhalb der Fälle direkten Vorsatzes vorgenommen sowie den nach dem Tatgeschehen auf der Hand liegenden direkten Tötungsvorsatz schon im Rahmen der Beweiswürdigung näher erörtert und als 'bewusst, gewollt und gezielt' (UA S. 34 unten) gekennzeichnet hat. Zudem unterliegen auch die in Betracht zu ziehenden Interpretationsmöglichkeiten Bedenken. Selbst wenn man die Wendung, der 'unbedingte Vernichtungswille' sei 'für den waffenerfahrenen Angeklagten bei einem Kopfschuss mit einem Schrotgewehr aus nächster Nähe deutlich zum Ausdruck gekommen', letztlich als eine Beschreibung der Art der Tatausführung (§ 46 Abs. 2 StGB) werten wollte (vgl. hierzu BGHR StGB § 46 Abs. 3 Tötungsvorsatz 5), bliebe im Kern doch nur der Vorwurf, der Angeklagte habe mit der Abgabe des Schusses aus naher Distanz die zur Erreichung seines Tatziels - die Tötung des Tatopfers - nötige Gewalt angewandt; auch dies wäre mit § 46 Abs. 3 StGB nicht vereinbar (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 3 Tötungsvorsatz 2, 6). Eine solche Interpretation geriete auch mit dem Grundsatz in Konflikt, dass im Verhältnis zu dem gesetzlichen Regelfall einer Tötung mit bedingtem Vorsatz eine geringere Tatschwere zukommt, nicht aber eine Tötung mit direktem Tötungsvorsatz einen gesteigerten Unrechtsgehalt aufweist. Auch im Übrigen lassen die Ausführungen selbst bei weiter Auslegung nicht erkennen, dass die Kammer in rechtlich zulässiger Weise auf erschwerende Gesichtspunkte der Tatausführung verweisen wollte, wie etwa die durch das Bereitstellen und Verdecken der Tatwaffen vom Angeklagten bewusst geschaffene Gefährlichkeit der Situation. Zwar lässt sich der weiteren Erwägung, der Vernichtungswille erscheine 'im Hinblick auf Anlass und Ziel der Tat sowie das vorangegangene Verhalten des Tatopfers besonders schwerwiegend' ein Bezug zur Tatmotivation entnehmen. Die Herleitung strafschärfender Umstände wird insofern durch die Feststellungen aber nicht getragen. Zum Anlass der Tat hat die Kammer festgestellt, dass der von jeher eifersüchtige (UA S. 5) Angeklagte, der erhebliche Investitionen in die von seiner Lebensgefährtin betriebene Gaststätte geleistet hatte (UA S. 3, 20), die Tat beging aus 'Angst, seine Lebensgefährtin zu verlieren und aus spontaner Wut gegen den Getöteten, dem sie sich endgültig zugewandt hatte' (UA S. 14, 33). Inwiefern hieraus - jenseits der von der Kammer verneinten niedrigen Beweggründe - ein erhöhter Unrechtsgehalt folgen soll, hätte zumindest näherer Begründung bedurft. Auch aus dem Vorverhalten des Tatopfers, dessen Äußerung 'ich nehm sie dir weg' die Tat unmittelbar ausgelöst hatte (UA S. 35), ist eine Steigerung des Schuld- und Unrechtsgehalts jedenfalls ohne nähere Darlegung nicht ohne Weiteres abzuleiten. Einer Auslegung, die Kammer habe in noch zulässiger Weise strafschärfend nicht den Tötungsvorsatz, sondern eine aus der Art der Ausführung und der Tatmotivation folgende erhöhte kriminelle Energie herangezogen , steht schließlich auch die angenommene eingeschränkte Steuerungsfähigkeit des Angeklagten entgegen. Denn nach den Feststellungen bestand bei ihm aufgrund seiner Alkoholisierung eine toxische Reizoffenheit , in Folge derer er nicht mehr in vollem Umfang in der Lage war, die von Außen und Innen kommenden Reize zu filtrieren, abzuwägen und bedürfnisgerecht zu reagieren (vgl. UA S. 16). Im Hinblick darauf, dass sich die Kammer bei der Zumessung der Strafe ersichtlich an der Obergrenze des rechtsfehlerfrei nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB (und nicht nach § 213, 2. Alt. StGB) gemilderten Strafrahmens orientiert hatte, lässt sich ein Beruhen des Strafausspruches auf dem dargelegten Rechtsverstoß nicht ausschließen. Eine Anwendung von § 354 Abs. 1a StPO erscheint deshalb ebenfalls nicht angebracht. Die Sache bedarf daher hinsichtlich des Strafausspruches neuer Verhandlung und Entscheidung. Die Feststellungen können aufrecht erhalten bleiben, weil es sich lediglich um einen Wertungsfehler handelt; ergänzende Feststellungen sind möglich."
3
Dem verschließt sich der Senat nicht. Tepperwien Maatz Athing Franke Mutzbauer

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 S t R 3 / 1 5
vom
11. März 2015
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Mordes u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. März 2015 beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Landshut vom 1. Oktober 2014 gemäß § 349 Abs. 4 StPO im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Die weitergehende Revision wird gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts Landshut zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von elf Jahren verurteilt und seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vorbehalten. Die mit der näher ausgeführten Sachrüge begründete Revision des Angeklagten führt zur Aufhebung des Rechtsfolgenausspruchs; im Übrigen ist sie im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO unbegründet.
2
1. Im Rahmen der Strafzumessung hat das Landgericht ausdrücklich strafschärfend gewertet, dass es dem Angeklagten unbedingt darauf angekommen sei, seine Ehefrau zu töten, und er nicht nur mit bedingtem Vorsatz gehandelt habe. Dies verstößt gegen § 46 Abs. 3 StGB (vgl. BGH, Beschlüsse vom 3. Februar 2004 – 4 StR 403/03 und vom 19. März 2009 – 4 StR 53/09, NStZ 2009, 564). Der Senat kann nicht ausschließen, dass der Strafausspruch auf diesem Rechtsfehler beruht, der einen von drei bei der konkreten Strafzumessung ausdrücklich genannten Strafschärfungsgründe betrifft.
3
2. Bei dem Vorbehalt der Sicherungsverwahrung ist das Landgericht davon ausgegangen, dass es diesen aussprechen muss, weil die Voraussetzungen des § 66a Abs. 2 StGB vorliegen. Dies ist rechtsfehlerhaft. Bei § 66a Abs. 2 StGB handelt es sich schon nach dem Wortlaut der Norm („kann“) um eine Ermessensvorschrift (vgl. Stree/Kinzig, in Schönke/Schröder, 29. Aufl., § 66a Rn. 20). Da das Landgericht den Ermessenscharakter der Vorschrift verkannt hat, hat es kein Ermessen ausgeübt. Dem Senat ist es verwehrt, insoweit eine eigene Ermessensentscheidung zu treffen (vgl. auch BGH, Beschluss vom 21. August 2003 – 3 StR 251/03, NStZ-RR 2004, 12). Dies führt zur Aufhebung der Vorbehaltsanordnung.
4
In diesem Zusammenhang nicht unbedenklich sind Formulierungen des Landgerichts, wonach bei dem die Tatumstände zum Teil bestreitenden Ange- klagten eine „echte Reue“ nicht ersichtlich sei,auch weil er sich in der Hauptverhandlung bei der Geschädigten mit der Begründung nicht entschuldigt habe, sie habe in der Hauptverhandlung gelogen. Rechtsfehlerhaft wäre es, mit einem zulässigen Verteidigungsverhalten des Angeklagten dessen Hang zur Begehung erheblicher Straftaten oder dessen hangbedingte Gefährlichkeit zu begründen (vgl. Senat, Beschluss vom 21. August 2014 – 1 StR 320/14, NStZ-RR 2015, 9 mwN).
5
3. Um dem neuen Tatgericht insgesamt eine widerspruchsfreie neue Entscheidung über die Rechtsfolgen zu ermöglichen, hat der Senat die zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
RiBGH Prof. Dr. Jäger befindet sich in Urlaub und ist deshalb an der Unterschriftsleistung verhindert. Raum Graf Raum
RiBGH Prof. Dr. Radtke befindet sich in Urlaub und ist deshalb an der Unterschriftsleistung verhindert. Raum Mosbacher

(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.

(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:

die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende,die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille,das Maß der Pflichtwidrigkeit,die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat,das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowiesein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.

(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 226/08
vom
8. Oktober 2008
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung der Beschwerdeführerin am 8. Oktober 2008 gemäß
§§ 349 Abs. 2, 354 Abs. 1 a Satz 1 StPO beschlossen:
1. Die Revision der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bochum vom 20. Dezember 2007 wird verworfen. 2. Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Rechtsmittels und die den Nebenklägern im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt. Mit ihrer Revision rügt sie die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
2
1. Die Rüge der rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK) ist unbegründet. Das Verfahren wurde, wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift im Einzelnen zutreffend dargelegt hat, insgesamt mit der gebotenen Beschleunigung betrieben.
3
2. Die Überprüfung des Schuldspruchs hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben. Die Einwände der Revision gegen die Beweiswürdigung erschöpfen sich in unzulässigen Angriffen gegen die tatrichterliche Überzeugungsbildung.
4
3. Auch der Strafausspruch hat Bestand.
5
Das Landgericht hat einen minder schweren Fall des Totschlags im Sinne des § 213 Abs. 1 StGB verneint und die Strafe dem gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 Nr. 2 und 3 StGB gemilderten Strafrahmen des § 212 StGB entnommen. Bei der Bemessung der Strafe hat es "vollumfänglich" die im Rahmen der Prüfung des Vorliegens eines sonstigen minder schweren Falles im Sinne des § 213 StGB genannten Umstände berücksichtigt. Die gegen die Strafrahmenwahl und die Bemessung der Strafe von der Revision erhobenen Einwände greifen im Wesentlichen aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen nicht durch. Die Revision beanstandet allerdings zu Recht, dass das Landgericht zu Lasten der Angeklagten berücksichtigt hat, dass die Tatausführung "von nicht unerheblicher Brutalität gekennzeichnet" gewesen sei, weil die Angeklagte dem "bei vollem Bewusstsein befindlichen Opfer mit erheblichem Krafteinsatz unter Verwendung eines objektiv extrem gefährlichen Tatwerkzeugs die tödlichen Verletzungen zugefügt" habe. Diese Strafzumessungserwägung verstößt gegen das Doppelverwertungsverbot des § 46 Abs. 3 StGB, denn sie beschreibt der Sache nach nichts Anderes als den zur Tatbestandsverwirklichung erforderlichen Tötungsvorsatz und die Anwendung der nach der Vorstellung der Angeklagten zur Tötung erforderlichen Gewalt. Ebenso wie der Tötungsvorsatz als solcher darf aber auch die Anwendung der zur Tötung erforderlichen Gewalt grundsätzlich nicht strafschärfend gewertet werden (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 3 Tötungsvorsatz 2; BGH StV 1998, 657). Dieser Rechtsfehler nötigt jedoch unter den hier gegebenen Umständen nicht zur Aufhebung des Strafausspruchs, weil die verhängte Rechtsfolge jedenfalls angemessen ist (§ 354 Abs. 1 a Satz 1 StPO).
6
Die bei verfassungskonformer Auslegung erforderlichen Voraussetzungen für eine Entscheidung des Revisionsgerichts nach der vorgenannten Vorschrift (vgl. dazu BVerfG NStZ 2007, 598) liegen vor. Die Beschwerdeführerin hatte Gelegenheit zur Stellungnahme zur Frage einer etwaigen Aufrechterhaltung der Strafe gemäß § 354 Abs. 1 a StPO. Dem Senat steht ein zutreffend ermittelter, vollständiger und aktueller Strafzumessungssachverhalt zur Verfügung. Auch unter Berücksichtigung der Stellungnahmen der Verteidiger ergeben sich keine Anhaltspunkte für erst nach der erstinstanzlichen Hauptverhandlung eingetretene und dementsprechend bisher nicht berücksichtigte Entwicklungen oder Ereignisse, die ein neuer Tatrichter nahe liegend feststellen und zu Gunsten der Angeklagten berücksichtigen würde.
7
Unter Abwägung aller für die Strafzumessung bedeutsamen Urteilsfeststellungen und unter Berücksichtigung des gesamten hierauf bezogenen Vorbringens der Verfahrensbeteiligten hält der Senat die dem gemilderten Strafrahmen des § 212 StGB entnommene Freiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten für angemessen.
Tepperwien Maatz Kuckein
Athing Solin-Stojanović

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 56/11
vom
23. März 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 23. März 2011 gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bonn vom 29. September 2010 im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts - als Schwurgericht - zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Seine auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision führt auf die Sachrüge hin zur Aufhebung des Strafausspruchs, im Übrigen ist sie offensichtlich unbegründet.
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts tötete der Angeklagte, der im Laufe des Tages erheblich Alkohol konsumiert hatte, in der Nacht einen Mitbewohner in der von ihm bewohnten Obdachlosenunterkunft mit mehreren Messerstichen. Vorausgegangen war ein Streit, dessen Anlass und Verlauf un- klar geblieben sind. "Nahe liegend" sei es - so die Schwurgerichtskammer - , dass sich das Tatopfer darüber beschwert habe, dass der Angeklagte nicht den versprochenen Alkohol besorgt oder der später Getötete auf das mitgebrachte Hähnchen keinen Wert gelegt habe; vielleicht sei auch beides zusammengekommen. Jedenfalls sei es zu Handgreiflichkeiten und einer Auseinandersetzung gekommen, in deren Verlauf Gegenstände heruntergeworfen und Möbel beschädigt wurden. Der Streit habe schließlich zu den tödlichen Messerstichen geführt, möglicherweise, weil der später Getötete das Geschehen in bestimmter Weise kommentiert und dadurch den Angeklagten weiter in Rage versetzt habe, vielleicht aber auch, weil er sich - was dem Angeklagten nicht gepasst habe - zur Wehr gesetzt habe.
3
Im Rahmen der Strafzumessung hat das Landgericht sowohl bei der Ablehnung eines minderschweren Falles nach § 213 StGB als auch bei der konkreten Strafzumessung im Rahmen eines nach §§ 21, 49 StGB gemilderten Strafrahmens nach § 212 StGB berücksichtigt, dass der Angeklagte die Tat "aus nichtigem Anlass" begangen habe. Dies ist rechtsfehlerhaft.
4
Die Schwurgerichtskammer hat - wie sie selbst ausdrücklich festhält - den tatsächlichen Anlass der Tat ebenso wenig sicher feststellen können wie die Umstände, die zur Eskalierung der Auseinandersetzung und schließlich zu den tödlichen Messerstichen geführt haben. Die Erwägungen des Landgerichts hierzu, die schon nach ihrem Wortlaut lediglich mögliche Tatentwicklungen beschreiben , spiegeln zwar jeweils nichtige Anlässe wider, lassen aber nicht erkennen , dass der Tatrichter andere Ursachen und Motive der Tat, die nicht nichtig wären, damit ausschließen wollte. Entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts handelt es sich insoweit nicht lediglich um die beispielhafte Aufzählung nichtiger Anlässe und die darin zum Ausdruck gekommene Überzeugung der Kammer, dass es jedenfalls keine gravierenden Auslöser für die Tat gegeben habe. Das Landgericht hat sich vielmehr überhaupt keine Überzeugung vom Anlass der Tat bilden können. Bei dieser Sachlage verbietet es sich, zu Lasten des Angeklagten zu berücksichtigen, er habe die Tat aus "nichtigem Anlass" begangen.
5
Dies führt zur Aufhebung des Strafausspruchs, weil der Senat jedenfalls mit Blick auf die konkrete Strafzumessung nicht ausschließen kann, dass das Landgericht ohne diese Erwägung zu einer für den Angeklagten milderen Strafe gekommen wäre.
6
2. Einer Entscheidung über die Rüge der Verletzung von § 265 Abs. 1 StPO bedarf es nicht, weil der Strafausspruch schon aufgrund der Sachrüge der Aufhebung unterliegt und auszuschließen ist, dass sich ein möglicher Verstoß gegen die Hinweispflicht auf den Schuldspruch ausgewirkt hat. Fischer Schmitt Berger Krehl Eschelbach

(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.

(2) Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.

(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt.

(2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1).

(3) Hat der Täter aus grobem Unverstand verkannt, daß der Versuch nach der Art des Gegenstandes, an dem, oder des Mittels, mit dem die Tat begangen werden sollte, überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte, so kann das Gericht von Strafe absehen oder die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2).

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren das Urteil aufgehoben wird.