Bundesgerichtshof Beschluss, 11. März 2015 - 1 StR 3/15
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von elf Jahren verurteilt und seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vorbehalten. Die mit der näher ausgeführten Sachrüge begründete Revision des Angeklagten führt zur Aufhebung des Rechtsfolgenausspruchs; im Übrigen ist sie im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO unbegründet.
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- 1. Im Rahmen der Strafzumessung hat das Landgericht ausdrücklich strafschärfend gewertet, dass es dem Angeklagten unbedingt darauf angekommen sei, seine Ehefrau zu töten, und er nicht nur mit bedingtem Vorsatz gehandelt habe. Dies verstößt gegen § 46 Abs. 3 StGB (vgl. BGH, Beschlüsse vom 3. Februar 2004 – 4 StR 403/03 und vom 19. März 2009 – 4 StR 53/09, NStZ 2009, 564). Der Senat kann nicht ausschließen, dass der Strafausspruch auf diesem Rechtsfehler beruht, der einen von drei bei der konkreten Strafzumessung ausdrücklich genannten Strafschärfungsgründe betrifft.
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- 2. Bei dem Vorbehalt der Sicherungsverwahrung ist das Landgericht davon ausgegangen, dass es diesen aussprechen muss, weil die Voraussetzungen des § 66a Abs. 2 StGB vorliegen. Dies ist rechtsfehlerhaft. Bei § 66a Abs. 2 StGB handelt es sich schon nach dem Wortlaut der Norm („kann“) um eine Ermessensvorschrift (vgl. Stree/Kinzig, in Schönke/Schröder, 29. Aufl., § 66a Rn. 20). Da das Landgericht den Ermessenscharakter der Vorschrift verkannt hat, hat es kein Ermessen ausgeübt. Dem Senat ist es verwehrt, insoweit eine eigene Ermessensentscheidung zu treffen (vgl. auch BGH, Beschluss vom 21. August 2003 – 3 StR 251/03, NStZ-RR 2004, 12). Dies führt zur Aufhebung der Vorbehaltsanordnung.
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- In diesem Zusammenhang nicht unbedenklich sind Formulierungen des Landgerichts, wonach bei dem die Tatumstände zum Teil bestreitenden Ange- klagten eine „echte Reue“ nicht ersichtlich sei,auch weil er sich in der Hauptverhandlung bei der Geschädigten mit der Begründung nicht entschuldigt habe, sie habe in der Hauptverhandlung gelogen. Rechtsfehlerhaft wäre es, mit einem zulässigen Verteidigungsverhalten des Angeklagten dessen Hang zur Begehung erheblicher Straftaten oder dessen hangbedingte Gefährlichkeit zu begründen (vgl. Senat, Beschluss vom 21. August 2014 – 1 StR 320/14, NStZ-RR 2015, 9 mwN).
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- 3. Um dem neuen Tatgericht insgesamt eine widerspruchsfreie neue Entscheidung über die Rechtsfolgen zu ermöglichen, hat der Senat die zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
RiBGH Prof. Dr. Radtke befindet sich in Urlaub und ist deshalb an der Unterschriftsleistung verhindert. Raum Mosbacher
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.
(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:
die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende, die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille, das Maß der Pflichtwidrigkeit, die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat, das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie sein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.
(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.
(1) Das Gericht kann im Urteil die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten, wenn
- 1.
jemand wegen einer der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Straftaten verurteilt wird, - 2.
die übrigen Voraussetzungen des § 66 Absatz 3 erfüllt sind, soweit dieser nicht auf § 66 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 verweist, und - 3.
nicht mit hinreichender Sicherheit feststellbar, aber wahrscheinlich ist, dass die Voraussetzungen des § 66 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 vorliegen.
(2) Einen Vorbehalt im Sinne von Absatz 1 kann das Gericht auch aussprechen, wenn
- 1.
jemand zu einer Freiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren wegen eines oder mehrerer Verbrechen gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit, die sexuelle Selbstbestimmung, nach dem Achtundzwanzigsten Abschnitt oder nach den §§ 250, 251, auch in Verbindung mit § 252 oder § 255, verurteilt wird, - 2.
die Voraussetzungen des § 66 nicht erfüllt sind und - 3.
mit hinreichender Sicherheit feststellbar oder zumindest wahrscheinlich ist, dass die Voraussetzungen des § 66 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 vorliegen.
(3) Über die nach Absatz 1 oder 2 vorbehaltene Anordnung der Sicherungsverwahrung kann das Gericht im ersten Rechtszug nur bis zur vollständigen Vollstreckung der Freiheitsstrafe entscheiden; dies gilt auch, wenn die Vollstreckung des Strafrestes zur Bewährung ausgesetzt war und der Strafrest vollstreckt wird. Das Gericht ordnet die Sicherungsverwahrung an, wenn die Gesamtwürdigung des Verurteilten, seiner Tat oder seiner Taten und ergänzend seiner Entwicklung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung ergibt, dass von ihm erhebliche Straftaten zu erwarten sind, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden.