Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Feb. 2014 - 4 StR 437/13

bei uns veröffentlicht am11.02.2014

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR437/13
vom
11. Februar 2014
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 11. Februar 2014 gemäß § 349
Abs. 2 und Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Gera vom 19. April 2013
a) im Schuldspruch dahin abgeändert, dass aa) der Angeklagte in den Fällen 1.19 und 2.1 der Urteilsgründe der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis , mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte , mit vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs, mit fahrlässiger Körperverletzung in zwei Fällen und mit unerlaubtem Entfernen vom Unfallort und bb) im Fall 2.2 der Urteilsgründe des Kennzeichenmissbrauchs in Tateinheit mit vorsätzlichem Gebrauch eines Fahrzeugs ohne Haftpflichtversicherungsvertrag , mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis, mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln und mit unerlaubtem Führen einer Schusswaffe sowie einer verbotenen Waffe schuldig ist,
b) in den Aussprüchen über die in den Fällen 1.19 und 2.1 verhängten Einzelstrafen, die Gesamtstrafe und die Anordnung des Vorwegvollzugs der Maßregel der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt vor der Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verworfen. 3. Im Umfang der Aufhebungen wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen - unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, in einem Fall zudem in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis, - Anstiftung zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, - unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln, - unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in neun Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln , - unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln, - Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs, mit fahrlässiger Körperverletzung in zwei Fällen, mit unerlaubtem Entfernen vom Unfallort und mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis, - Urkundenfälschung in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit einem vorsätzlichen Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz und vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis, in einem Fall in weiterer Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln und mit unerlaubtem Führen einer Schusswaffe sowie einer verbotenen Waffe, im anderen Fall in weiterer Tateinheit mit vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs , vorsätzlichem gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr und mit unerlaubtem Entfernen vom Unfallort, - gefährlicher Körperverletzung und - versuchter gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit versuchter Nötigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Ferner hat es die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt, den Vorwegvollzug von zwei Jahren der Gesamtfreiheitsstrafe vor dieser Maßregel, eine fünfjährige Sperrfrist für die Erteilung einer Fahrerlaubnis, die Einziehung eines Pkws und Verfall von Wertersatz in Höhe von 30.000 € angeordnet. Gegen das Urteil richtet sich die auf Verfahrensrügen und die Beanstandung der Anwendung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Diese hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
2
1. Zu den vom Angeklagten erhobenen Verfahrensrügen bemerkt der Senat ergänzend zu den Ausführungen des Generalbundesanwalts in der Antragsschrift vom 4. Dezember 2013:
3
a) Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Zeugin die Verlobte des Angeklagten war und/oder ist und sie sich deshalb auf ein Zeugnisverweigerungsrecht berufen kann, steht dem Vorsitzenden und nach deren Anrufung gemäß § 238 Abs. 2 StPO der Strafkammer ein Beurteilungsspielraum zu (vgl. BGH, Beschluss vom 9. März 2010 - 4 StR 606/09, BGHSt 55, 65, 69 Rn. 14 mwN). Dies gilt auch dann, wenn die Revision - wie hier - einen Verstoß gegen § 252 StPO geltend macht und sich darauf beruft, die Angaben der Zeugin gegenüber einer Polizeibeamtin hätten nicht durch Vernehmung dieser Verhörperson in die Hauptverhandlung eingeführt und im Urteil verwertet werden dürfen (vgl. BGH aaO Rn. 15). Jedenfalls innerhalb dieses Beurteilungsspielraums hält sich die auf zutreffender rechtlicher Grundlage vorgenommene Bewertung der vom Landgericht im Strengbeweisverfahren festgestellten Indizien, wonach ein Verlöbnis zwischen der Zeugin S. und dem Angeklagten nicht vorgelegen habe und auch im Zeitpunkt der Hauptverhandlung nicht vorliege (vgl. zum Prüfungsmaßstab in der Revision im insofern ähnlich gelagerten Fall des § 52 Abs. 2 Satz 1 StPO auch BGH, Beschluss vom 17. April 2012 - 1 StR 146/12, NStZ 2012, 578 m. Anm. Eisenberg, sowie Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., § 337 Rn. 17).
4
b) Die Rüge, mit der der Angeklagte die Ablehnung eines Beweisantrags beanstandet, hat jedenfalls in der Sache keinen Erfolg.
5
Ihr liegt der in der tatrichterlichen Hauptverhandlung gestellte Antrag des Verteidigers des Angeklagten zugrunde, ein "Glaubwürdigkeitsgutachten" bezüglich des Zeugen D. zu erholen, das ein "geeigneter Psychiater" erstatten soll, "da bei Herrn D. gravierende psychopathologische Beeinträchtigungen , die zu einer Unterbringung gem. § 64 StGB geführt haben, vorliegen, weshalb nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung die Beauftragung eines Psychologen nicht ausreichend ist". Den Antrag hat die Strafkammer nach An- hörung einer Psychiaterin "zur Drogenkrankheit des Zeugen … und seiner Per- sönlichkeit" (so der Ablehnungsbeschluss des Landgerichts) wegen eigener Sachkunde abgelehnt. Dies beanstandet die Revision und macht geltend, das Gericht hätte ein aussagepsychologisches Gutachten erholen müssen, da Entlastungsbestrebungen und das Eigeninteresse des Zeugen "nur mit den Mitteln der Aussagepsychologie aufgedeckt werden" könnten und das erholte Gutachten sich nur mit der Unterbringung des Zeugen, nicht aber mit der Glaubhaftigkeit seiner Aussage befasst habe.
6
Die Rüge hat unabhängig davon, dass der Revisionsführer in der Sache nicht einen Rechtsfehler bei der Ablehnung des Beweisantrags geltend macht, sondern eine Aufklärungsrüge erhebt, keinen Erfolg. Denn nach der Erholung des Gutachtens einer Psychiaterin vermisst er nunmehr ein im Beweisantrag noch für entbehrlich erachtetes aussagepsychologisches Sachverständigengutachten zur Glaubhaftigkeit von Angaben eines an einigen der abgeurteilten Ta- ten beteiligten Zeugen aufgrund dessen "Entlastungsbestrebungen" und Eigeninteresses. Ein solches Sachverständigengutachten - auch wenn es begehrt worden wäre - hat die Strafkammer jedoch rechtsfehlerfrei nicht erholt, weil regelmäßig davon ausgegangen werden kann, dass Berufsrichter über diejenige Sachkunde bei der Anwendung aussagepsychologischer Glaubwürdigkeitskriterien verfügen, die für die Beurteilung von Aussagen auch bei schwieriger Beweislage erforderlich ist, und dass sie diese Sachkunde den beteiligten Laienrichtern vermitteln können (st. Rspr.; vgl. die Nachweise bei Meyer-Goßner aaO § 244 Rn. 74). Tragfähige Anhaltspunkte dafür, dass dies vorliegend anders sein könnte, wurden von der Revision nicht vorgebracht; sie sind im Hinblick auf Ausführungen der Strafkammer in dem Beschluss, mit dem der gestellte Beweisantrag abgelehnt wurde, sowie die den Anforderungen der Rechtsprechung entsprechenden Ausführungen der Strafkammer im Urteil zur Glaubhaftigkeit der Angaben des Zeugen und deren Bestätigung durch weitere Beweisanzeichen auch nicht ersichtlich.
7
2. Die Sachrüge hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Im Übrigen ist sie aus den vom Generalbundesanwalt in der Antragsschrift vom 4. Dezember 2013 dargelegten Gründen unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
8
a) Entgegen der vom Landgericht vorgenommenen Bewertung besteht zwischen den in den Fällen 1.19 und 2.1 verwirklichten Straftatbeständen nicht Tatmehrheit, sondern Tateinheit.
9
aa) Nach den insofern getroffenen Feststellungen führte der Angeklagte am 6. März 2012 in Tschechien erworbene, zum gewinnbringenden Verkauf bestimmte Betäubungsmittel (118,48 g Crystal und 1448 g Marihuana) nach Deutschland ein. Noch während dieser Fahrt musste er in Gera an einer roten Ampel anhalten (Fall 1.19). Daraufhin stellten die ihn observierenden Polizeibeamten "zwecks Zugriffs" Polizeifahrzeuge diagonal vor und hinter den vom Angeklagten geführten Pkw und sprangen mit gezogenen Waffen aus ihren Fahrzeugen. "Zur Meidung der Feststellung seines Drogenbesitzes und der daraufhin erwarteten Festnahme" (UA S. 14) entschloss sich der Angeklagte zur Flucht, legte den Rückwärtsgang ein und entfernte sich "mit Vollgas", wobei er einen Polizeibeamten verletzte und ein Polizeifahrzeug beschädigte; auf der sich anschließenden "Fluchtfahrt" beging er weitere Straftaten (Fall 2.1).
10
Die Strafkammer sieht in dem Anhalteversuch der Polizei eine Zäsur und leitet daraus Tatmehrheit zwischen den im Fall 1.19 und 2.1 verwirklichten Straftatbeständen her (UA S. 124).
11
bb) Dies begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
12
Zwar vermögen ein einheitliches Motiv, eine Gleichzeitigkeit von Geschehensabläufen oder eine Mittel-Zweck-Verknüpfung eine Tateinheit nicht zu begründen. Mehrere strafbare Gesetzesverstöße stehen aber zueinander in Tateinheit, wenn die jeweiligen Ausführungshandlungen in einem für sämtliche Tatbestandsverwirklichungen notwendigen Teil zumindest teilweise identisch sind. Begeht ein Täter, der Rauschgift zu Handelszwecken in einem Pkw befördert (Einfuhrfahrt, Transportfahrt vom Lieferanten zum Depot, Fahrt zu Abnehmern etc.) durch das Führen des Transportfahrzeuges weitere Gesetzesverstöße , stehen diese daher regelmäßig zu dem in der Beförderung liegenden Betäubungsmittelhandel im Verhältnis der Tateinheit. Denn ihr Tatbestand wird durch dieselbe Ausführungshandlung verwirklicht (zum Ganzen: BGH, Beschluss vom 2. Juli 2013 - 4 StR 187/13, NStZ-RR 2013, 320).
13
So liegt es hier. Anders als in Fällen, bei denen durch die Fluchtfahrt lediglich die Festnahme verhindert werden soll (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Februar 2001 - 4 StR 556/00, NZV 2001, 265), diente sie hier nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen auch dem Transport der unmittelbar zuvor eingeführten Betäubungsmittel, da durch sie die "Meidung der Feststellung seines Drogenbesitzes" erreicht und der ohne Unterbrechung andauernde, lediglich infolge Gesetzeskonkurrenz gegenüber der Einfuhr und dem Handeltreiben zurücktretende Besitz der Betäubungsmittel aufrechterhalten werden sollte (vgl. zur Tateinheit zwischen einem Diebstahl mit Waffen und den während der sich anschließenden Fluchtfahrt begangenen Straftaten auch BGH, Beschluss vom 12. Juli 2005 - 4 StR 170/05, NZV 2005, 650, 651).
14
b) Im Fall 2.2 ist der Angeklagte nicht der Urkundenfälschung, sondern des Kennzeichenmissbrauchs gemäß § 22 StVG schuldig.
15
Denn rote Kennzeichen bilden - anders als die mit dem Stempel der Zulassungsstelle versehenen amtlichen Kennzeichen - zusammen mit dem Fahrzeug , an dem sie angebracht sind, keine Urkunde im Sinne von § 267 StGB (BGH, Urteil vom 14. Mai 1987 - 4 StR 49/87, BGHSt 34, 375).
16
3. Der Senat hat den Schuldspruch entsprechend geändert. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil sich der Angeklagte gegenüber dem geänderten Schuldvorwurf nicht anders als geschehen hätte verteidigen können (vgl. Meyer-Goßner aaO § 265 Rn. 48 mwN).
17
4. Die Änderung des Schuldspruchs bezüglich der Fälle 1.19 und 2.1 hat die Aufhebung der in diesen Fällen verhängten Einzelstrafen und der Gesamtstrafe sowie der - von der Höhe der in der neuen Verhandlung zu verhängen- den Gesamtfreiheitsstrafe abhängigen - Anordnung des Vorwegvollzugs der Maßregel des § 64 StGB zur Folge. Dagegen schließt der Senat aus, dass die weiteren Einzelstrafen sowie die Anordnung der Maßregeln nach §§ 64, 69a StGB, der Einziehung und des Verfalls von Wertersatz von den Rechtsfehlern betroffen sind. Diese weisen auch im Übrigen keine durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf. Insofern bemerkt der Senat ergänzend:
18
a) Hinsichtlich der im Fall 2.2 verhängten Einzelstrafe schließt der Senat aus, dass diese davon beeinflusst ist, dass die Strafkammer den Tatbestand der Urkundenfälschung statt des Kennzeichenmissbrauchs angenommen hat. Denn Ausgangspunkt für deren Bemessung war nicht nur der Strafrahmen des § 267 Abs. 1 StGB, sondern der des § 29 Abs. 1 BtMG (UA S. 142). Dass der Angeklagte bei dieser Tat eine unechte Urkunde gebraucht hat, hat die Strafkammer auch mit dem Hinweis auf das hohe Entdeckungsrisiko bei der "Nutzung des Fremdkennzeichens" (UA S. 142) nicht strafschärfend berücksichtigt.
19
b) § 73c StGB ist im angegriffenen Urteil zwar nicht ausdrücklich erwähnt , die Vorschrift ist aber mit den Ausführungen der Strafkammer zur Bemessung des Verfallsbetrages und zum Absehen von weiteren Verfallsanordnungen trotz zahlreicher - auch werthaltiger - sichergestellter Gegenstände (UA S. 152 f.) der Sache nach - was hier angesichts der Besonderheiten des Falles genügt (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Oktober 2013 - 1 StR 548/13 [juris Rn. 5]) - hinreichend berücksichtigt worden. Im Hinblick auf diese Urteilsausführungen sowie die geringen Eigenbedarfsmengen bei nur einem Teil der Einfuhrund Handelsfälle schließt der Senat ferner aus, dass ein durchgreifender Rechtsfehler darin liegt, dass die Strafkammer diesen Eigenbedarfsanteil bei der Berechnung des ohnehin nicht alle Handelsfälle umfassenden Verfallsbetrages nicht "herausgerechnet" hat.
20
c) Der Vollstreckungsstand der mit den Taten 1.1 und - möglicherweise - 1.2 an sich gesamtstrafenfähigen Entscheidung vom 22. August 2011 ist - entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts - im Urteil mitgeteilt (UA S. 148). Danach hat das Landgericht rechtsfehlerfrei von einer Einbeziehung abgesehen und nur einen Härteausgleich vorgenommen.
21
d) Die Höhe der im Fall 3.2 verhängten Einzelstrafe ist im Urteil zwar nicht ausdrücklich aufgeführt, sie ergibt sich aber aus den Ausführungen der Strafkammer zu der von ihr hinsichtlich der Taten 3.1 und 3.2 fiktiv gebildeten Gesamtstrafe (UA S. 147). Gleichwohl sollte die neu zur Entscheidung berufene Strafkammer diese Einzelstrafe klarstellend ausdrücklich mitteilen.
22
e) Hinsichtlich der neu zu bildenden Gesamtstrafe weist der Senat darauf hin, dass die von der Strafkammer vorgenommene Bildung fiktiver Gesamtstrafen für einzelne Tatkomplexe und die Erhöhung der höchsten dieser fiktiven Gesamtstrafen zu der schließlich tatsächlich verhängten Gesamtstrafe durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet. Denn nach § 54 Abs. 1 Satz 2 StGB ist eine Gesamtstrafe durch Erhöhung der höchsten verwirkten Einzelstrafe zu bilden.
23
f) Bei deren Bemessung wird der neu zur Entscheidung berufene Tatrichter auch zu bedenken haben, dass - was vorliegend genügen würde - eine Einziehung hierbei ein bestimmender Zumessungsgesichtspunkt sein kann (vgl.
BGH, Beschluss vom 6. Juni 2001 - 2 StR 205/01, BGHR StGB § 46 Abs. 1 Schuldausgleich 39 mwN).
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Franke Mutzbauer

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(1) Die Leitung der Verhandlung, die Vernehmung des Angeklagten und die Aufnahme des Beweises erfolgt durch den Vorsitzenden.

(2) Wird eine auf die Sachleitung bezügliche Anordnung des Vorsitzenden von einer bei der Verhandlung beteiligten Person als unzulässig beanstandet, so entscheidet das Gericht.

14
Der Erforderlichkeit einer Beanstandung nach § 238 Abs. 2 StPO steht dabei nicht entgegen, dass § 52 Abs. 3 Satz 1 StPO die Belehrung zwingend vorschreibt, wenn der Zeuge zur Verweigerung der Aussage berechtigt ist. Hat sich der Vorsitzende über eine Verfahrensvorschrift hinweggesetzt, die keinen Entscheidungsspielraum zulässt oder hat er eine von Amts wegen gebotene unverzichtbare Maßnahme unterlassen, so scheidet eine Präklusion der Revisionsrüge bei Verzicht auf den in § 238 Abs. 2 StPO vorgesehenen Zwischenrechtsbehelf zwar grundsätzlich aus (BGH, Urteil vom 7. März 1996 - 4 StR 737/95, BGHSt 42, 73, 77 f. m.w.N.). Ein solcher Fall ist aber nicht gegeben, wenn - wie hier - dem Vorsitzenden bei der Bewertung der tatsächlichen Grundlagen einer zwingend vorgeschriebenen und unverzichtbaren Verfahrensvorschrift ein Beurteilungsspielraum eingeräumt ist (vgl. zu § 55 StPO: BGH, Urteil vom 16. November 2006 - 3 StR 139/06, BGHSt 51, 144, 148).

Die Aussage eines vor der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen, der erst in der Hauptverhandlung von seinem Recht, das Zeugnis zu verweigern, Gebrauch macht, darf nicht verlesen werden.

(1) Zur Verweigerung des Zeugnisses sind berechtigt

1.
der Verlobte des Beschuldigten;
2.
der Ehegatte des Beschuldigten, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht;
2a.
der Lebenspartner des Beschuldigten, auch wenn die Lebenspartnerschaft nicht mehr besteht;
3.
wer mit dem Beschuldigten in gerader Linie verwandt oder verschwägert, in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt oder bis zum zweiten Grad verschwägert ist oder war.

(2) Haben Minderjährige wegen mangelnder Verstandesreife oder haben Minderjährige oder Betreute wegen einer psychischen Krankheit oder einer geistigen oder seelischen Behinderung von der Bedeutung des Zeugnisverweigerungsrechts keine genügende Vorstellung, so dürfen sie nur vernommen werden, wenn sie zur Aussage bereit sind und auch ihr gesetzlicher Vertreter der Vernehmung zustimmt. Ist der gesetzliche Vertreter selbst Beschuldigter, so kann er über die Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts nicht entscheiden; das gleiche gilt für den nicht beschuldigten Elternteil, wenn die gesetzliche Vertretung beiden Eltern zusteht.

(3) Die zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigten Personen, in den Fällen des Absatzes 2 auch deren zur Entscheidung über die Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts befugte Vertreter, sind vor jeder Vernehmung über ihr Recht zu belehren. Sie können den Verzicht auf dieses Recht auch während der Vernehmung widerrufen.

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wegen Mordes
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. April 2012 beschlossen:
Die Revision der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 3. November 2011 wird als unbegründet verworfen. Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Rechtsmittels und die den Nebenklägern im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen. Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Ergänzend zu den zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift vom 20. März 2012, die durch die Gegenerklärung der Revision vom 30. März 2012 nicht entkräftet werden, bemerkt der Senat: Die Verurteilung der Angeklagten wegen Mordes an ihrem Ehemann zu lebenslanger Freiheitsstrafe wird von den auf rechtsfehlerfreier Beweiswürdigung basierenden Feststellungen getragen. Die Beurteilung der Strafkammer, den minderjährigen Kindern der Angeklagten fehle eine genügende Vorstellung von der Bedeutung des Zeugnisverweigerungsrechts i.S.v. § 52 Abs. 2 Satz 1 StPO (eingefügt durch das Erste Gesetz zur Reform des Strafverfahrensrechts vom 9. Dezember 1974, BGBl. I, 3393), weist keinen Rechtsfehler auf. Sie ist als tatrichterliche Ermessensentscheidung revisionsrechtlicher Überprüfung nur eingeschränkt zugänglich (vgl. Senge in Karlsruher Kommentar, StGB, 6. Aufl., § 52 Rn. 48 mwN). Die Ausführungen der Strafkammer zu den freibeweislichen Erhebungen durch den Berichterstatter einerseits und zu Angaben der Kinder vor der Hauptverhandlung gegenüber Polizei, Ermittlungsrichter und Kinderdorfmutter andererseits machen hinreichend deutlich, dass die Strafkammer von einem zutreffenden Beurteilungsmaßstab ausgeht. Sie prüft, ob die minderjährigen Kinder der Angeklagten - unbeschadet ihres Alters und der möglichen Erkenntnis, dass ihrer Mutter aufgrund des Vorwurfs, Unrechtes getan zu haben , eine Strafe droht - über die erforderliche geistige Reife verfügen, eine mögliche Konfliktlage zwischen der Pflicht zu wahrheitsgemäßer Aussage und den familiären Rücksichten (Hilfestellung für die Mutter) verstandesmäßig genügend erfassen zu können. Schon die Zweifel der Strafkammer hierüber mussten sie veranlassen, von fehlender Verstandesreife auszugehen (BGH, Urteil vom 8. März 1979 - 4 StR 634/78; Huber in BeckOK-StPO, § 52 Rn. 20 mwN).
Ohnedies musste sich die Strafkammer nach der durchgeführten Beweisaufnahme und eingedenk der Besonderheiten des vorliegenden Einzelfalls nicht gedrängt sehen (§ 244 Abs. 2 StPO), die Kinder der Angeklagten auch noch persönlich zu hören. Die in die Hauptverhandlung eingeführten Angaben der Kinder außerhalb der Hauptverhandlung hat die Strafkammer mit rechtsfehlerfreier Begründung als unglaubhaft bewertet.
Nack Rothfuß Elf Graf Sander

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 187/13
vom
2. Juli 2013
in der Strafsache
gegen
wegen bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 2. Juli 2013 gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Halle (Saale) vom 21. Dezember 2012 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a) soweit er im Fall II. 3 und II. 4 der Urteilsgründe verurteilt worden ist;
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe, im Maßregelausspruch , im Ausspruch über die Anordnung des Verfalls und im Ausspruch über die Einziehung. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in drei Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit vorsätzlichem Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz, davon in einem Fall in weiterer Tateinheit mit fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung sowie wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unter Mitführen einer Schusswaffe in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz einer Schusswaffe sowie Munition und in weiterer Tateinheit mit einem Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Ferner wurde bestimmt, dass ein Jahr und sechs Monate der Freiheitsstrafe vor der Maßregel zu vollziehen sind, ein sichergestellter Geldbetrag in Höhe von 3.330 Euro verfallen ist und verschiedene Betäubungsmittel und Tabletten sowie eine VorderschaftRepetierflinte nebst Munition eingezogen werden. Die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Im Übrigen ist sie offensichtlich unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


2
Die Verurteilung in den Fällen II. 3 und II. 4 der Urteilsgründe hat keinen Bestand.
3
1. Nach den Feststellungen überquerte der Angeklagte mit einem Pkw Suzuki Swift in Halle (Saale) aus der Straße kommend die in diesem Bereich vierspurige Straße, ohne die Geschwindigkeit zu verringern und die Vorfahrt zu beachten. Aufgrund dessen mussten die Lenker von zwei sich auf der bevorrechtigten Straße von links annähernden Pkw Gefahrenbremsungen durchführen, um mit dem von dem Angeklagten geführten Pkw nicht zu kollidieren. Einer der beiden Pkw war ein ziviles Dienstfahrzeug der Polizei, das mit zwei Beamten besetzt war. Der Angeklagte war aufgrund zuvor konsumierten Kokains nicht mehr fahrtüchtig. Dies hätte er erkennen können und müssen. Ihm war bekannt, dass er nicht über die erforder- liche Fahrerlaubnis verfügte und das von ihm geführte Fahrzeug nicht haftpflichtversichert war (Fall II. 3 der Urteilsgründe).
4
Der Angeklagte verwahrte in dem von ihm gelenkten Pkw 308,1 Gramm „cannabishaltige Substanzen“ mit einem THC-Anteil von 13,5 Gramm und 25 Gramm „Amphetamin“ mit einer Wirkstoffmenge von 0,2 Gramm Amphetaminbase , um diese gewinnbringend weiterzuverkaufen. Dabei führte er in einer Sporttasche auf der Rückbank des Pkw eine funktionstüchtige und schussbereite so genannte Pumpgun der Marke Deerfield, Modell 672 X, Kaliber 20/76 mit gekürztem Lauf und Hinterschaft und 44 Schrotpatronen im Kaliber 20/70 bei sich, ohne über die für die Ausübung der tatsächlichen Verfügungsgewalt über diese Gegenstände erforderliche Berechtigung zu verfügen. Eine Patrone be- fand sich im Lauf (Patronenlager) der „Pumpgun“ und vier weitere Patronenin deren Magazin. In der Sporttasche verwahrte der Angeklagte außerdem zwei Kunststoffdosen mit jeweils 100 Tabletten, die die Bezeichnung „Androlic“ trugen und einen Wirkstoffanteil von 9.921 mg Oxymetholon aufwiesen. Diese Tabletten wollte der Angeklagte selbst konsumieren, um eine sportliche Leistungssteigerung zu erzielen (Fall II. 4 der Urteilsgründe). Ferner führte der Angeklagte in seiner Hosentasche (UA 10 und 12) insgesamt 3.330 Euro bei sich, die aus dem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln stammten (UA 23 f.).
5
Das Landgericht hat die Taten im Fall II. 3 der Urteilsgründe als vorsätzliches Fahren ohne Fahrerlaubnis (§§ 2, 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG) in Tateinheit mit einem vorsätzlichen Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz (§§ 1, 6 Abs. 1 PflVG) und fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c Abs. 1 Nr. 1a, Abs. 3 Nr. 2 StGB) und im Fall II. 4 der Urteilsgründe als „unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unter Mitführen einer Schusswaffe“ (§§ 1, 3, 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG) in Tateinheit mit unerlaub- tem Besitz einer Schusswaffe (§ 51 Abs. 1 WaffG i.V.m. Anlage 2 Abschnitt 1 Nr. 1.2.1.2), unerlaubtem Besitz von Munition (§ 52 Abs. 3 Nr. 2b WaffG i.V.m. Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1) und einem Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz (§ 95 Abs. 1 Nr. 2b AMG i.V.m. Nr. I.1.a) der Anlage zur DmMV) gewertet. Beide Taten stünden zueinander im Verhältnis der Tatmehrheit , weil allein die Gleichzeitigkeit zweier Handlungen noch keine Tateinheit begründen könne (UA 19).
6
2. Die Verurteilung im Fall II. 3 der Urteilsgründe war aufzuheben, weil die Feststellungen die für einen Schuldspruch nach § 315c Abs. 1 Nr. 1a, Abs. 3 Nr. 2 StGB erforderliche Herbeiführung einer konkreten Gefahr für Leib oder Leben eines anderen Menschen oder einer fremden Sache von bedeutendem Wert nicht belegen.
7
Für die Annahme, dass Leib oder Leben der Insassen des Polizeifahrzeugs oder des anderen die Straße befahrenden Pkw konkret gefährdet waren, fehlt es an einer ausreichenden Tatsachengrundlage, weil sich das Urteil weder zu den gefahrenen Geschwindigkeiten, noch zu der Intensität der Gefahrenbremsungen verhält (vgl. BGH, Beschluss vom 29. April 2008 – 4 StR 617/07, NStZ-RR 2008, 289). Um eine konkrete Gefährdung einer fremden Sache von bedeutendem Wert bejahen zu können, hätte es bestimmter Angaben zum Wert der gefährdeten Fahrzeuge und zur Höhe des drohenden Schadens (berechnet anhand der am Marktwert zu messenden Wertminderung ) bedurft (BGH, Beschluss vom 28. September 2010 – 4 StR 245/10, NStZ 2011, 215, 216; Beschluss vom 29. April 2008 – 4 StR 617/07, NStZ-RR 2008, 289).
8
3. Die Verurteilung im Fall II. 4 der Urteilsgründe hat keinen Bestand, weil sich aus den getroffenen Feststellungen nicht ergibt, dass es sich bei der sichergestellten „Pumpgun“ um eine verbotene Waffe gemäß § 51 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 3 WaffG Anlage 2 Abschnitt 1 Nr. 1.2.1.2 gehandelt hat.
9
Nach Anlage 2 Abschnitt 1 Nr. 1.2.1.2 (Waffenliste) zu § 2 Abs. 3 WaffG unterfällt der Umgang mit einer Vorderschaftrepetierflinte nur dann § 51 Abs. 1 WaffG, wenn anstelle des Hinterschafts ein Kurzwaffengriff vorhanden ist oder die Waffengesamtlänge in der kürzest möglichen Verwendungsform weniger als 95 cm oder die Lauflänge weniger als 45 cm beträgt. Damit wollte der Gesetzgeber nur solche Vorderschaftrepetierflinten verbieten, die so verändert (eingekürzt ) sind, dass sie verdeckt geführt und im Nahbereich eingesetzt werden können, wodurch sie sich für kriminelle Verwendungen besonders eignen (vgl. Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 28. Januar 2008, BT-Drucks. 16/7717, S. 25; Heinrich in Steindorf/Heinrich/Papsthart, Waffenrecht, 9. Aufl., § 2 WaffG Rn. 6b; Hinze/Runkel, Waffenrecht, 55. Aktualisierung Okt. 2008, § 2 WaffG Rn. 56a). Die Urteilsgründe bezeichnen die von dem Angeklagten mitgeführte Vorderschaftrepetierflinte lediglich nach Marke, Modell und Kaliber. Außerdem wird mitgeteilt, dass Lauf und Hinterschaft gekürzt sind (UA 8). Aus der Beweiswürdigung ergibt sich lediglich, dass es sich hierbei um nachträgliche Veränderungen handelt (UA 14). Ob diese Veränderungen dazu geführt haben, dass eines der in Anlage 2 Abschnitt 1 Nr. 1.2.1.2 der Waffenliste angeführten äußeren Merkmale erfüllt ist, kann den Urteilsgründen dagegen nicht entnommen werden. Die Bezeichnung als „Pumpgun“ vermag diese Angaben nicht zu ersetzen, da es sich hierbei nur um einen umgangssprachlichen Namen für Vorderschaftrepetierflinten handelt, der nichts über die hier maßgeblichen weiteren Eigenschaften aussagt (vgl. Hinze/Runkel, Waffenrecht, 55. Aktualisierung Okt. 2008, § 2 WaffG Rn. 56; Heller/Soschinka, Waffenrecht, 2. Aufl., Rn. 274; Busche, Waffenrecht, 7. Aufl., S. 88).
10
Sollte der neue Tatrichter Feststellungen treffen können, die belegen, dass der Angeklagte in dem von ihm geführten Pkw eine Vorderschaftrepetierflinte verwahrt hat, die eine der in Anlage 2 Abschnitt 1 Nr. 1.2.1.2 (Waffenliste) zu § 2 Abs. 3 WaffG benannten Voraussetzungen erfüllt, wird er auch zu prüfen haben, ob anstelle einer Verurteilung wegen Besitzes einer verbotenen Waffe eine solche wegen Führens einer verbotenen Waffe nach § 51 Abs. 1 WaffG in Betracht kommt.
11
4. Schließlich halten auch die Erwägungen, mit denen das Landgericht die Annahme einer Tatmehrheit (§ 53 StGB) zwischen den zueinander in Tateinheit stehenden Verstößen gegen § 315c Abs. 1 StGB, § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG und § 6 PflVG (Fall II. 3 der Urteilsgründe) einerseits und § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG, § 51 Abs. 1 WaffG, § 52 Abs. 3 Nr. 2b WaffG und § 95 Abs. 1 Nr. 2b AMG (Fall II. 4 der Urteilsgründe) andererseits begründet hat, rechtlicher Überprüfung nicht stand.
12
Zwar vermögen – was das Landgericht nicht verkannt hat – ein einheitliches Motiv, eine Gleichzeitigkeit von Geschehensabläufen oder eine MittelZweck -Verknüpfung eine Tateinheit nicht zu begründen (BGH, Urteil vom 21. Oktober 1999 – 4 StR 78/99, NStZ 2000, 85; Beschluss vom 25. November 1997 – 5 StR 526/96, BGHSt 43, 317, 319 mwN). Mehrere strafbare Gesetzesverstöße stehen aber zueinander in Tateinheit (§ 52 StGB), wenn die jeweiligen Ausführungshandlungen in einem für sämtliche Tatbestandsverwirklichungen notwendigen Teil zumindest teilweise identisch sind. Begeht ein Täter, der Rauschgift zu Handelszwecken in einem Pkw befördert (Einfuhrfahrt, Transport- fahrt vom Lieferanten zum Depot, Fahrt zu Abnehmern etc.) durch das Führen des Transportfahrzeuges weitere Gesetzesverstöße, so stehen diese nach den genannten Grundsätzen zu dem in der Beförderung liegenden Betäubungsmittelhandel im Verhältnis der Tateinheit (§ 52 StGB). Denn ihr Tatbestand wird durch dieselbe Ausführungshandlung verwirklicht (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Juni 2011 – 4 StR 209/11, NZV 2012, 250 zu § 24a Abs. 2 StVG und § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG; Beschluss vom 11. Dezember 2008 – 3 StR 533/08, BGHR StVG § 24a Abs. 2 Konkurrenzen 1 zu § 24a Abs. 2 StVG und § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG; offengelassen in BGH, Beschluss vom 5. März 2009 – 3 StR 566/08, NStZ 2009, 705 Rn. 8; Fischer, StGB, 60. Aufl., § 316 Rn. 57; MünchKommStGB/Kotz, 2. Aufl., § 29 BtMG Rn. 1210).
13
Nach den Feststellungen waren die im Fahrzeug des Angeklagten verwahrten Betäubungsmittel für den gewinnbringenden Weiterverkauf vorgesehen. Das bei ihm sichergestellte Bargeld stammte aus dem Handeltreiben mit diesem Rauschgift und wurde deshalb nach § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB und nicht nach § 73d Abs. 1 Satz 1 StGB für verfallen erklärt. Das Landgericht ist davon ausgegangen, dass der Angeklagte vor seiner Kontrolle bereits Rauschgift verkauft hatte und es sich bei den sichergestellten Betäubungsmitteln nur um den Rest einer größeren zum Teil bereits verkauften Menge handelte. Unter diesen Umständen hätte erörtert werden müssen, ob die dem Angeklagten unter II. 3 der Urteilsgründe angelasteten Gesetzesverletzungen bei einer Fahrt begangen wurden, die dem Transport des im Pkw befindlichen Rauschgifts zu Handelszwecken (etwa zu weiteren Abnehmern oder ins Depot) diente und deshalb Tateinheit mit dem Betäubungsmittelhandel und den weiteren unter II. 4 ausgeurteilten Delikten anzunehmen ist.

II.


14
Die aufgezeigten Mängel zwingen zur Aufhebung der für sich genommen rechtlich nicht zu beanstandenden tateinheitlichen Verurteilungen wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis und Fahrens ohne Versicherungsschutz im Fall II. 3 der Urteilsgründe und wegen bewaffneten Betäubungsmittelhandels (zur Tenorierung vgl. BGH, Beschluss vom 21. September 2006 – 3 StR323/06), unerlaubten Besitzes von Munition und Besitzes von Arzneimitteln in nicht geringer Menge zu Dopingzwecken (zur Tenorierung vgl. Körner/ Patzak/Volkmer, BtMG, 7. Aufl., § 95 AMG Rn. 70) im Fall II. 4 der Urteilsgründe (vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 1997 – 4 StR 642/96, NStZ 1997, 276).
15
Die Aufhebung des Schuldspruchs für die Taten zu II. 3 und II. 4 zieht neben der Aufhebung der Gesamtstrafe auch die Aufhebung der Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt, der Verfallsanordnung und der Einziehungsanordnung nach sich, weil diese Entscheidungen an die Verurteilung wegen der Tat unter II. 4 der Urteilsgründe anknüpfen.
Sost-Scheible Roggenbuck Franke
Mutzbauer Quentin

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 556/00
vom
20. Februar 2001
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in
nicht geringer Menge u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 20. Februar 2001 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 8. September 1999 dahin geändert , daß der Angeklagte wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs in Tateinheit mit unerlaubtem Entfernen vom Unfallort in zwei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sieben Monaten verurteilt wird. 2. Die weiter gehende Revision wird verworfen. 3. Der Angeklagte hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs in drei Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit unerlaubtem Entfernen vom Unfallort, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt; außerdem hat es eine Maßregel nach §§ 69, 69 a StGB angeordnet.
Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat teilweise Erfolg; im übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Die Strafkammer hat zutreffend bezüglich der Gefährdung und Schädigung aufgrund der Verkehrsverstöße des Angeklagten während der Fluchtfahrt jeweils Vorsatz angenommen (vgl. BGHR StGB § 315 c Abs. 1 Nr. 1 a Vorsatz
3) und sein Verhalten als vorsätzliche Gefährdung des Straßenverkehrs in Tateinheit mit unerlaubtem Entfernen vom Unfallort gewürdigt. Die Annahme der Strafkammer, die beiden Vergehen der Unfallflucht stünden untereinander im Verhältnis der Tatmehrheit und stellten zudem eine Zäsur dar, sodaß drei tatmehrheitlich begangene Delikte nach § 315 c StGB gegeben seien, hält jedoch rechtlicher Prüfung nicht stand.
Nach den Feststellungen wollte sich der Angeklagte der Verhaftung wegen des zuvor begangenen Betäubungsmitteldelikts durch Flucht mit einem Kraftfahrzeug entziehen. Um die ihn unter Einsatz von Sonderrechten (blaues Rundumlicht und Martinshorn) verfolgenden Kräfte eines Sondereinsatzkommandos der Polizei abzuschütteln, fuhr er mit weit überhöhter Geschwindigkeit (bis zu 130 km/h) und unter Mißachtung weiterer Verkehrsregelungen durch verschiedene Straßen der dicht besiedelten Berliner Innenstadt. Dabei verursachte er bedingt vorsätzlich drei Unfälle mit jeweils erheblichem Fremdschaden. Zweimal setzte er in Kenntnis des Unfalls seine Fluchtfahrt fort, bei dem dritten Unfallereignis wurde er schwer verletzt und schließlich festgenommen.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs begeht der Täter, der im Verlauf einer einzigen, ununterbrochenen Fluchtfahrt mehrere
Personen konkret gefährdet, nur eine Tat (BGHSt 22, 67, 76; BGHR StGB § 315 b Abs. 1 Konkurrenzen 2; BGH NStZ-RR 1997, 331, 332); dazu stehen die beiden Vergehen nach § 142 StGB in Tateinheit (BGHR StGB § 142 Konkurrenzen 1; vgl. auch Tröndle/Fischer StGB 50. Aufl. vor § 52 Rdn. 2 b und § 142 Rdn. 56 jeweils m.w.N.).
Besondere Umstände, die ausnahmsweise eine Aufspaltung rechtfertigen könnten, liegen hier nicht vor.
Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend. § 265 StPO steht nicht entgegen, weil sich der Angeklagte insoweit nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
Die Schuldspruchänderung führt zur Aufhebung der Einzelstrafen in den Fällen II 2 und II 3 der Urteilsgründe. Die Einzelstrafe für den Fall II 4 der Urteilsgründe von sechs Monaten Freiheitsstrafe bleibt als Einzelstrafe für die gesamte Fluchtfahrt bestehen. Der Senat schließt aus, daß die Strafkammer bei zutreffender rechtlicher Würdigung des Konkurrenzverhältnisses eine niedrigere Einzelstrafe verhängt hätte. Wegen des Wegfalls zweier Einzelstrafen ist auch die Gesamtstrafe neu zuzumessen. Gleichwohl bedarf es ausnahmsweise keiner Zurückverweisung der Sache an das Landgericht. Der Senat ändert den Gesamtstrafenausspruch in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO und unter Berücksichtigung der nach Urteilserlaß eingetretenen, vom Angeklagten nicht zu vertretenden Verfahrensverzögerung dahin, daß der Angeklagte zu der hier gesetzlich niedrigsten Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sieben Monaten verurteilt wird (§§ 39, 54 Abs. 1 Satz 2 StGB).
Der geringfügige Erfolg des Rechtsmittels gibt keinen Anlaß, den Angeklagten von den Kosten des Verfahrens gemäß § 473 Abs. 4 StPO teilweise zu entlasten.
Meyer-Goßner Maatz Kuckein
Athing

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 170/05
vom
12. Juli 2005
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu Nr. 1. Diebstahls mit Waffen u. a.
zu Nr. 2. Anstiftung zum Diebstahl mit Waffen u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführer am 12. Juli 2005 gemäß § 349 Abs. 4
StPO beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 16. Dezember 2004 mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten M. wegen Diebstahls mit Waffen in Tateinheit mit vorsätzlichem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr, vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs, Nötigung, gefährlicher Körperverletzung und mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis sowie wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort in Tateinheit mit vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr und mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt. Ferner hat es seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt sowie eine Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis für immer angeordnet. Den Angeklagten F. hat es wegen Anstiftung zum Diebstahl mit Waffen und zur vorsätzlichen Trunkenheit im Verkehr zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt.
Die jeweils auf die Sachrüge gestützten Revisionen der Angeklagten haben Erfolg.

I.


Nach den Feststellungen hatten der Angeklagte M. , der "seit vielen Jahren unter einer schweren Alkoholabhängigkeit" leidet, und der Angeklagte F. in der vorangegangenen Nacht und am Vormittag des Tattages in erheblichem Umfang Alkohol getrunken. Dabei hatte der Angeklagte M. zum Öffnen der Bierflaschen den Flaschenöffner an dem von ihm stets in einer Tasche seiner Kleidung mitgeführten Taschenmesser (Klingenlänge etwa 4,5 cm) verwendet. Als die Angeklagten an einem vorübergehend am Fahrbahnrand abgestellten Klein-Lkw vorbeigingen, bemerkte der Angeklagte F. , dass in dem nicht verschlossenen Fahrzeug der Zündschlüssel steckte. Er hatte spontan die Idee, mit dem Fahrzeug auf schnelle und bequeme Weise von W. nach D. zurückgelangen zu können, traute sich jedoch nicht, das Fahrzeug selbst zu entwenden. Er wies den Angeklagten M. , um diesen zur Entwendung des Fahrzeugs zu veranlassen, auf den steckenden Zündschlüssel hin. Um dem Angeklagten F. zu beweisen, dass er im Gegensatz zu diesem "über die nötige Courage verfügte", ging der Angeklagte M. , der keine Fahrerlaubnis hat, zu dem Lkw zurück, stieg ein und fuhr geradeaus davon. Dabei war ihm bewusst, dass er aufgrund seiner erheblichen Alkoholisierung - seine Blutalkoholkonzentration betrug drei Stunden und zehn Minuten nach der Tat noch 2,82 ‰ - nicht in der Lage war, das Fahrzeug sicher zu führen. Nach einer Fahrtstrecke von etwa 60 bis 70 Metern hielt der Angeklagte M. das Fahrzeug am Beginn einer lang gezogenen Linkskurve an, um den Angeklagten F. zusteigen zu lassen. Dem Zeugen G. , der die Ent-
wendung seines Fahrzeugs bemerkt hatte, gelang es, den Lkw einzuholen. Er stellte sich vor den Lkw und legte beide Hände auf die Motorhaube des Fahrzeugs , um eine Weiterfahrt zu unterbinden. Der Angeklagte M. gab zunächst kurz und kräftig Gas, um dem Zeugen Angst einzuflössen und ihn zu veranlassen, den Weg freizugeben. Als der Zeuge darauf nicht reagierte, fuhr der Angeklagte M. mit heulendem Motor ruckartig und zügig an. Er wollte den Zeugen G. "zwar nicht gezielt anfahren", rechnete aber damit, dass dieser von der Vorderfront des Lkw erfasst werden könnte, und nahm dies "jedenfalls billigend in Kauf". Der Zeuge G. , der versuchte auszuweichen, wurde vom Lkw erfasst, zur Seite weggeschleudert und erlitt in Folge des Sturzes Prellungen und Schürfwunden. Der Angeklagte M. setzte seine Fahrt fort, weil er sich "fluchtartig vom Ort des Geschehens entfernen wollte“. Nach einer Fahrtstrecke von 150 bis 200 Metern stellte er den Lkw mit laufendem Motor auf einer Garagenzufahrt eines Grundstücks ab, weil die Angeklagten nach Entdeckung des Diebstahls und wegen des Unfalls mit der umgehenden Einleitung einer Fahndung rechneten und die Fortsetzung der Flucht mit dem Lkw deshalb für zu riskant hielten.

II.


Das Urteil hat insgesamt keinen Bestand.
1. Die Verurteilung des Angeklagten M. begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken, soweit es die Schuldsprüche wegen Diebstahls mit Waffen und vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr und die Beurteilung der Konkurrenzen betrifft.

a) Dass der Angeklagte M. bei dem Diebstahl des Lkw den Qualifikationstatbestand des § 244 Abs. 1 Nr. 1 a StGB verwirklicht hat, ist durch bisherige Feststellungen nicht belegt.
Allerdings steht die Annahme des Landgerichts, dass ein Taschenmesser ein sonstiges gefährliches Werkzeug im Sinne dieser Vorschrift ist, im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Danach sind Messer, sofern sie nicht schon dem Waffenbegriff unterfallen, generell als "gefährliche Werkzeuge" einzustufen (vgl. BGH NStZ-RR 2002, 265 m.w.N.). Ob dies grundsätzlich ungeachtet der Größe und der eigentlichen Bestimmung als Gebrauchsgegenstand eines solchen Messers auch für Taschenmesser in der Art von Schweizer Offiziersmessern gilt (vgl. BGHSt 43, 266, 268 zu § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG; vgl. auch BayObLGSt 2000, 38, 39; OLG Schleswig NStZ 2004, 212, 214) oder ob es im Hinblick darauf, dass sich das Mitsichführen eines solchen Taschenmessers als Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens als sozialadäquates Verhalten darstellt, einer einschränkenden Auslegung des Begriffs des gefährlichen Werkzeuges im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 1 a StGB bedarf (vgl. OLG Braunschweig NJW 2002, 1735; OLG Frankfurt StV 2002, 145; für (kleinere) Taschenmesser ausdrücklich offen gelassen in BGH StV 2002, 191, NStZ-RR 2003, 12; zu den hierzu vertretenen Lösungsansätzen vgl. Tröndle/Fischer StGB 52. Aufl. § 244 Rdn. 8 ff.), braucht der Senat hier nicht zu entscheiden. Jedenfalls ist nicht rechtsfehlerfrei festgestellt, dass der Angeklagte M. das Messer im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 1 a StGB bei sich geführt hat.
Zwar hat das Landgericht festgestellt, dass sich die Angeklagten bei der Tatausführung dessen bewusst waren, dass der Angeklagte M. sein Ta-
schenmesser in einer Tasche seiner Kleidung bei sich hatte. Hierzu hätte es aber näherer Ausführungen bedurft, denn das Tatbestandsmerkmal des "Beisichführens" ist nur dann erfüllt, wenn der Täter das gefährliche Werkzeug bei der Tatausführung "bewusst gebrauchsbereit" bei sich hatte (vgl. BGH NStZRR 2003, 12, 13 m.w.N.). Ein entsprechendes Bewusstsein liegt aber beim Beisichführen eines Taschenmessers mit einer Klingenlänge von nur 4, 5 cm namentlich dann, wenn ein solches Messer – wie hier festgestellt – vor der spontan begangenen Tat „ständig“ (nur) zum Öffnen von Bierflaschen benutzt wurde, nicht auf der Hand (vgl. BGH aaO m.w.N.). Hinsichtlich der subjektiven Tatseite hätte es zudem einer Auseinandersetzung damit bedurft, dass die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten M. alkoholbedingt erheblich vermindert war.

b) Auch die Annahme einer vorsätzlichen Straßenverkehrsgefährdung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Feststellungen ergeben nämlich nicht, dass die alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit des Angeklagten M. ursächlich für die Gefährdung des Tatopfers im Sinne des § 315 c Abs. 1 Nr. 1 a StGB war. Vielmehr hat der Angeklagte den Lkw bewusst und gezielt eingesetzt , um den Zeugen G. zu veranlassen, ihm den Weg freizugeben und dabei mögliche Verletzungen des Zeugen billigend in Kauf genommen. Bei einer solchen Sachlage scheidet die Annahme einer Straßenverkehrsgefährdung neben dem hier vorliegenden vorsätzlichen Eingriff in den Straßenverkehr nach § 315 b StGB aus (vgl. BGHR StGB § 315 c Konkurrenzen 1). Soweit es die alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit des Angeklagten M. betrifft, ist deshalb nur eine vorsätzliche Trunkenheit im Verkehr gemäß § 316 Abs. 1 StGB gegeben.

c) Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet auch die Annahme zweier rechtlich selbstständiger Taten des Angeklagten M. . Das Landgericht hat zwar, was den Angeklagten nicht beschwert, eine Strafbarkeit wegen schweren räuberischen Diebstahls gemäß § 252 i.V.m. §§ 249, 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB verneint, weil zu Gunsten des Angeklagten M. davon auszugehen sei, dass er die Fahrt mit dem Lkw allein in dem Bestreben fortsetzte, sich durch rasche Flucht einer Identifizierung als Fahrzeugdieb und sofortigen oder späteren Ergreifung zu entziehen. Wird aber eine solche Absicht lediglich nach dem Zweifelsgrundsatz verneint, ist bei der Beurteilung der Konkurrenzen in erneuter Anwendung des Zweifelsgrundsatzes von einer solchen Absicht auszugehen und Tateinheit zwischen allen bis zur Beendigung des Diebstahls verletzten Strafgesetzen anzunehmen (vgl. BGHR StGB § 52 Abs. 1 in dubio pro reo 1), weil Handlungen, die nach der rechtlichen Vollendung eines Diebstahls, aber vor seiner tatsächlichen Beendigung vorgenommen werden und zugleich weitere Strafgesetze verletzen, Tateinheit begründen, wenn sie (auch) der von § 252 Abs. 1 StGB vorausgesetzten Absicht dienen (vgl. BGH StraFo 1999, 100, 101 m.w.N.).
2. Die Verurteilung des Angeklagten F. begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken nur, soweit ihn das Landgericht der Anstiftung zum Diebstahl mit Waffen schuldig gesprochen hat, weil aus den oben genannten Gründen nicht rechtsfehlerfrei festgestellt ist, dass dieser den Angeklagten M. dazu bestimmen wollte, das Taschenmesser bei dem Diebstahl im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 1 a StGB bei sich zu führen. Im übrigen ist die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte habe den Angeklagten M. zum Diebstahl und zur vorsätzlichen Trunkenheit im Verkehr angestiftet, entgegen der Auffassung der Revision rechtlich nicht zu beanstanden.

3. Die aufgezeigten Rechtsfehler führen zur Aufhebung des Urteils. Zur Vermeidung von Widersprüchen werden auch die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen aufgehoben.
4. Der neue Tatrichter wird bei der erneuten Prüfung einer Strafbarkeit des AngeklagtenM. wegen eines tateinheitlich begangenen (schweren) räuberischen Diebstahls zu beachten haben, dass die gemäß § 252 Abs. 1 StGB erforderliche Absicht, sich den Besitz des gestohlenen Gutes zu erhalten, nicht der einzige Beweggrund des Täters für die Gewaltanwendung oder den Einsatz des Nötigungsmittels sein muss, sondern dass tatbestandsmäßig im Sinne der genannten Vorschrift auch handelt, wer sich der Strafverfolgung entziehen, gleichzeitig aber auch das Diebesgut verteidigen will (vgl. BGH NStZ 2000, 530, 531 m.w.N.). Dies kann insbesondere dann nahe liegen, wenn aus der Sicht des Täters – wie hier - das entwendete Fahrzeug zunächst weiterhin benötigt wird, um sich einen Vorsprung zu verschaffen.
Im Hinblick darauf, dass der Angeklagte M. nach den bisherigen Feststellungen "seit vielen Jahren unter einer schweren Alkoholabhängigkeit" leidet , wird bei der Prüfung einer Versagung der Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB zu beachten sein, dass sie dann nicht in Betracht
kommt, wenn der Täter aufgrund eines unwiderstehlichen oder ihn weitgehend beherrschenden Hanges trinkt (vgl. BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 33, 35).
Maatz Kuckein Athing
Solin-Stojanovi? RiBGH Dr. Ernemann ist urlaubsbedingt verhindert zu unterschreiben. Maatz

(1) Wer in rechtswidriger Absicht

1.
ein Kraftfahrzeug oder einen Kraftfahrzeuganhänger, für die ein amtliches Kennzeichen nicht ausgegeben oder zugelassen worden ist, mit einem Zeichen versieht, das geeignet ist, den Anschein amtlicher Kennzeichnung hervorzurufen,
2.
ein Kraftfahrzeug oder einen Kraftfahrzeuganhänger mit einer anderen als der amtlich für das Fahrzeug ausgegebenen oder zugelassenen Kennzeichnung versieht,
3.
das an einem Kraftfahrzeug oder einem Kraftfahrzeuganhänger angebrachte amtliche Kennzeichen verändert, beseitigt, verdeckt oder sonst in seiner Erkennbarkeit beeinträchtigt,
wird, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist, mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Die gleiche Strafe trifft Personen, welche auf öffentlichen Wegen oder Plätzen von einem Kraftfahrzeug oder einem Kraftfahrzeuganhänger Gebrauch machen, von denen sie wissen, dass die Kennzeichnung in der in Absatz 1 Nr. 1 bis 3 bezeichneten Art gefälscht, verfälscht oder unterdrückt worden ist.

(1) Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr eine unechte Urkunde herstellt, eine echte Urkunde verfälscht oder eine unechte oder verfälschte Urkunde gebraucht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Betrug oder Urkundenfälschung verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt,
3.
durch eine große Zahl von unechten oder verfälschten Urkunden die Sicherheit des Rechtsverkehrs erheblich gefährdet oder
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht.

(4) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer die Urkundenfälschung als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

(1) Entzieht das Gericht die Fahrerlaubnis, so bestimmt es zugleich, daß für die Dauer von sechs Monaten bis zu fünf Jahren keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden darf (Sperre). Die Sperre kann für immer angeordnet werden, wenn zu erwarten ist, daß die gesetzliche Höchstfrist zur Abwehr der von dem Täter drohenden Gefahr nicht ausreicht. Hat der Täter keine Fahrerlaubnis, so wird nur die Sperre angeordnet.

(2) Das Gericht kann von der Sperre bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen ausnehmen, wenn besondere Umstände die Annahme rechtfertigen, daß der Zweck der Maßregel dadurch nicht gefährdet wird.

(3) Das Mindestmaß der Sperre beträgt ein Jahr, wenn gegen den Täter in den letzten drei Jahren vor der Tat bereits einmal eine Sperre angeordnet worden ist.

(4) War dem Täter die Fahrerlaubnis wegen der Tat vorläufig entzogen (§ 111a der Strafprozeßordnung), so verkürzt sich das Mindestmaß der Sperre um die Zeit, in der die vorläufige Entziehung wirksam war. Es darf jedoch drei Monate nicht unterschreiten.

(5) Die Sperre beginnt mit der Rechtskraft des Urteils. In die Frist wird die Zeit einer wegen der Tat angeordneten vorläufigen Entziehung eingerechnet, soweit sie nach Verkündung des Urteils verstrichen ist, in dem die der Maßregel zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(6) Im Sinne der Absätze 4 und 5 steht der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis die Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 94 der Strafprozeßordnung) gleich.

(7) Ergibt sich Grund zu der Annahme, daß der Täter zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht mehr ungeeignet ist, so kann das Gericht die Sperre vorzeitig aufheben. Die Aufhebung ist frühestens zulässig, wenn die Sperre drei Monate, in den Fällen des Absatzes 3 ein Jahr gedauert hat; Absatz 5 Satz 2 und Absatz 6 gelten entsprechend.

(1) Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr eine unechte Urkunde herstellt, eine echte Urkunde verfälscht oder eine unechte oder verfälschte Urkunde gebraucht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Betrug oder Urkundenfälschung verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt,
3.
durch eine große Zahl von unechten oder verfälschten Urkunden die Sicherheit des Rechtsverkehrs erheblich gefährdet oder
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht.

(4) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer die Urkundenfälschung als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft,
2.
eine ausgenommene Zubereitung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt,
3.
Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein,
4.
(weggefallen)
5.
entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 Betäubungsmittel durchführt,
6.
entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittel
a)
verschreibt,
b)
verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt,
6a.
entgegen § 13 Absatz 1a Satz 1 und 2 ein dort genanntes Betäubungsmittel überlässt,
6b.
entgegen § 13 Absatz 1b Satz 1 Betäubungsmittel verabreicht,
7.
entgegen § 13 Absatz 2
a)
Betäubungsmittel in einer Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke,
b)
Diamorphin als pharmazeutischer Unternehmer
abgibt,
8.
entgegen § 14 Abs. 5 für Betäubungsmittel wirbt,
9.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder einen anderen oder für ein Tier die Verschreibung eines Betäubungsmittels zu erlangen,
10.
einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, eine solche Gelegenheit öffentlich oder eigennützig mitteilt oder einen anderen zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet,
11.
ohne Erlaubnis nach § 10a einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, oder wer eine außerhalb einer Einrichtung nach § 10a bestehende Gelegenheit zu einem solchen Verbrauch eigennützig oder öffentlich mitteilt,
12.
öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) dazu auffordert, Betäubungsmittel zu verbrauchen, die nicht zulässigerweise verschrieben worden sind,
13.
Geldmittel oder andere Vermögensgegenstände einem anderen für eine rechtswidrige Tat nach Nummern 1, 5, 6, 7, 10, 11 oder 12 bereitstellt,
14.
einer Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2a oder 5 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.
Die Abgabe von sterilen Einmalspritzen an Betäubungsmittelabhängige und die öffentliche Information darüber sind kein Verschaffen und kein öffentliches Mitteilen einer Gelegenheit zum Verbrauch nach Satz 1 Nr. 11.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 5 oder 6 Buchstabe b ist der Versuch strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 10, 11 oder 13 gewerbsmäßig handelt,
2.
durch eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5, 6 Buchstabe b, Nummer 6b, 10 oder 11 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.

(6) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 sind, soweit sie das Handeltreiben, Abgeben oder Veräußern betreffen, auch anzuwenden, wenn sich die Handlung auf Stoffe oder Zubereitungen bezieht, die nicht Betäubungsmittel sind, aber als solche ausgegeben werden.

Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 548/13
vom
22. Oktober 2013
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Oktober 2013 beschlossen
:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Bayreuth vom 31. Mai 2013, soweit es ihn betrifft, im
Ausspruch über den Verfall mit den zugehörigen Feststellungen
aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels
, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Der Angeklagte wurde wegen fünffachen gewerbsmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln - er hatte dem gesondert verfolgten R. viermal zehn Gramm Kokain und einmal neun Gramm Kokain jeweils zu einem Grammpreis von 100 € verkauft - und einer weiteren Straftat unter Einbeziehung der Strafen aus einer früheren Verurteilung zu einer nachträglichen Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. Hinsichtlich eines Betrages von 4.900 € (Gesamterlös aus den Rauschgiftgeschäften) hat die Strafkammer den Verfall angeordnet.
2
Die Revision des Angeklagten ist auf die Sachrüge gestützt, die zur Annahme von Gewerbsmäßigkeit näher ausgeführt ist. Sie bleibt zum Schuldspruch und zum Strafausspruch aus den vom Generalbundesanwalt dargelegten Gründen erfolglos (§ 349 Abs. 2 StPO).
3
Die Entscheidung zum Verfall hat dagegen keinen Bestand (§ 349 Abs. 4 StPO).
4
1. Die Strafkammer hat in den Urteilsgründen zutreffend ausgeführt, dass die Voraussetzungen von Wertersatzverfall (§ 73a StGB) vorliegen, weil der Angeklagte „über keinerlei Vermögen mehr verfügt, das aus den Rauschgiftgeschäften stammt“. Der präzise Inhalt der Entscheidung - nicht Verfall (§ 73 StGB), sondern Verfall von Wertersatz (§ 73a StGB) - soll sich aber schon aus dem Urteilstenor ergeben, nicht erst aus den Urteilsgründen. Die aufgezeigte Ungenauigkeit wäre angesichts ihrer aus den Urteilsgründen ersichtlichen Offenkundigkeit einer Berichtigung durch den Senat zugänglich (vgl. hierzu Kuckein in KK, 6. Aufl., § 354 Rn. 20 mwN) und führte für sich genommen nicht zu einer Aufhebung der Verfallsentscheidung.
5
2. Aufzuheben ist die Verfallsanordnung vielmehr deshalb, weil die Strafkammer weder ausdrücklich noch der Sache nach die Voraussetzungen des § 73c Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 StGB geprüft hat. Danach kann ganz oder zum Teil (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 15. März 2001 - 3 StR 21/01) von einer Verfallsanordnung abgesehen werden (§ 73c Abs. 1 Satz 2 StGB), wenn sich der Wert des Erlangten nicht mehr im Vermögen des Angeklagten befindet. Angesichts der sonstigen Feststellungen, wonach sich der Angeklagte in so schlech- ten finanziellen Verhältnissen befindet, dass „ein Privatinsolvenzverfahren … nicht zu vermeiden sein“ dürfte, erscheint eine solche Entscheidung jedenfalls nicht von vorneherein ausgeschlossen. Kann aber - gemäß § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB auszuübendes - tatrichterliches Ermessen zu unterschiedlichen Entscheidungen führen, darf das Revisionsgericht die vom Tatrichter unterlassene Ausübung von Ermessen nicht durch eigenes Ermessen ersetzen (vgl. allgemein zu dieser Konstellation BGH, Urteil vom 4. Juni 2013 - 1 StR 32/13 mwN).
6
3. Der Senat weist darauf hin, dass auch Anlass bestehen kann, die Voraussetzungen von Zahlungserleichterungen (§ 73c Abs. 2 StGB) zu prüfen.
Raum Wahl Graf
Jäger Mosbacher

(1) Ist eine der Einzelstrafen eine lebenslange Freiheitsstrafe, so wird als Gesamtstrafe auf lebenslange Freiheitsstrafe erkannt. In allen übrigen Fällen wird die Gesamtstrafe durch Erhöhung der verwirkten höchsten Strafe, bei Strafen verschiedener Art durch Erhöhung der ihrer Art nach schwersten Strafe gebildet. Dabei werden die Person des Täters und die einzelnen Straftaten zusammenfassend gewürdigt.

(2) Die Gesamtstrafe darf die Summe der Einzelstrafen nicht erreichen. Sie darf bei zeitigen Freiheitsstrafen fünfzehn Jahre und bei Geldstrafe siebenhundertzwanzig Tagessätze nicht übersteigen.

(3) Ist eine Gesamtstrafe aus Freiheits- und Geldstrafe zu bilden, so entspricht bei der Bestimmung der Summe der Einzelstrafen ein Tagessatz einem Tag Freiheitsstrafe.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 205/01
vom
6. Juni 2001
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 6. Juni 2001 gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 23. Juni 2000 im Gesamtstrafenausspruch aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln und Handeltreiben mit Betäubungsmittel jeweils in nicht geringer Menge in 13 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt. Es hat die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet, ihm die Fahrerlaubnis entzogen, seinen Führerschein eingezogen und die Verwaltungsbehörde angewiesen, vor Ablauf von drei Jahren keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen. Desweiteren hat das Landgericht die Einziehung eines Pkw Marke Opel Vectra, von Betäubungsmitteln und einer Feinwaage angeordnet , einen Betrag von 6.000 DM hat es für verfallen erklärt.
Gegen diese Entscheidung wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung förmlichen und sachlichen Rechts gestützten Revision.
Das Rechtsmittel hat Erfolg, soweit es sich gegen den Gesamtstrafenausspruch richtet, im übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
Das Landgericht hat bei der Strafzumessung nicht, wie erforderlich (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 1 - Strafzumessung 1; Schuldausgleich 6, 12 und 16; Beschluß des Senats vom 18. Juli 2000 - 2 StR 217/00), erörtert, ob die Einziehung des dem Angeklagten gehörenden Pkws strafmildernd zu berücksichtigen ist. Einer ausdrücklichen Erörterung bedarf es zwar dann nicht, wenn angesichts des Wertes die Einziehung die Bemessung der Strafe nicht wesentlich zu beeinflussen vermag (BGH NStZ 1985, 362; BGH, Beschl. v. 12. August 1999 – 5 StR 357/99). Ob diese Voraussetzungen hier gegeben sind, kann der Senat aber nicht beurteilen, da das Landgericht den Wert des eingezogenen Pkws nicht mitgeteilt hat (vgl. BGH StV 1996, 206).
Der Rechtsfehler nötigt hier aber nur zur Aufhebung der Gesamtstrafe, da es in den Fällen, in denen der Täter wegen mehrerer Straftaten verurteilt wird (§ 53 StGB), in der Regel genügt, die Einziehung eines wertvollen Gegenstandes erst bei der Bemessung der Gesamtstrafe zu berücksichtigen (BGH, Beschl. v. 1. September 1998 - 4 StR 367/98). Ein Fall, in dem eine Ermäßigung allein der Gesamtstrafe nicht genügt, liegt ersichtlich nicht vor. Deshalb
war nur die Gesamtfreiheitsstrafe aufzuheben. Die ihr zugrundeliegenden Feststellungen konnten bestehen bleiben. Ergänzende Feststellungen sind aber noch möglich.
Vizepräsident Dr. Jähnke Detter Otten befindet sich in Urlaub und kann deshalb nicht unterschreiben. Detter Fischer Elf

(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.

(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:

die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende,die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille,das Maß der Pflichtwidrigkeit,die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat,das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowiesein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.

(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.