Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Jan. 2018 - 4 StR 305/17

ECLI:ECLI:DE:BGH:2018:170118B4STR305.17.0
17.01.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 305/17
vom
17. Januar 2018
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen gewerbs- und bandenmäßigen Computerbetruges u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:170118B4STR305.17.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer und des Generalbundesanwalts – zu 1. a), 1. b), 3. und 4. auf dessen Antrag – am 17. Januar 2018 gemäß § 154a Abs. 2, § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog StPO beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Essen vom 1. Dezember 2016 wird
a) das Verfahren hinsichtlich beider Angeklagten in den Fällen II. 2. der Urteilsgründe insoweit beschränkt, als der Vorwurf des bandenmäßigen unerlaubten Veranstaltens eines Glücksspiels von der Verfolgung ausgenommen wird; im Umfang der Beschränkung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Angeklagten der Staatskasse zur Last;
b) das vorgenannte Urteil in den Fällen zu II. 2. der Urteilsgründe im Schuldspruch dahin geändert, dass aa) der Angeklagte C. des versuchten Betruges in Tateinheit mit Verrat von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen in 716 tateinheitlichen Fällen und bb) der Angeklagte K. des versuchten Betruges in 716 Fällen jeweils in Tateinheit mit Verrat von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen schuldig sind;
c) das vorgenannte Urteil mit den dazugehörigen Feststellungen aufgehoben, aa) soweit der Angeklagte C. wegen der Taten zu II. 3. und II. 4. der Urteilsgründe und bb) der Angeklagte K. wegen der Taten zu II. 3. der Urteilsgründe verurteilt worden sind, cc) in den Gesamtstrafenaussprüchen. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten der Rechtsmittel, an eine andere als Wirtschaftsstrafkammer zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehenden Revisionen werden verworfen. 4. Die Urteilsformel wird dahin ergänzt, dass die durch den Angeklagten C. in Norwegen erlittene Auslieferungshaft im Verhältnis 1:1 auf die Strafe angerechnet wird.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten C. wegen versuchten Betruges in Tateinheit mit Verrat von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen und mit bandenmäßigem unerlaubten Veranstalten eines Glücksspiels in 716 tateinheitlich zusammentreffenden Fällen, wegen gewerbs- und bandenmäßigen Compu- terbetruges in Tateinheit mit Verrat von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen und mit Untreue in 50 tateinheitlich zusammentreffenden Fällen sowie wegen gewerbs- und bandenmäßigen Computerbetruges in Tateinheit mit Verrat von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen und mit Untreue in 1814 tateinheitlich zusammentreffenden Fällen, wobei es in drei Fällen beim Versuch blieb, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und drei Monaten verurteilt.
2
Den Angeklagten K. hat es – unter Freispruch im Übrigen – wegen versuchten Betruges in Tateinheit mit Verrat von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen und mit bandenmäßigem unerlaubten Veranstalten eines Glücksspiels in 716 Fällen sowie wegen Computerbetruges in Tateinheit mit Verrat von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen und mit Beihilfe zur Untreue in 50 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt.
3
Hiergegen wenden sich die Angeklagten mit ihren jeweils auf die Rüge der Verletzung formellen und sachlichen Rechts gestützten Revisionen. Die Rechtsmittel führen zu einer Beschränkung des Verfahrens (§ 154a Abs. 2 StPO) und haben mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen sind die Rechtsmittel unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

I.


4
Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:
5
Der Angeklagte C. war im Tatzeitraum Geschäftsführer der Ca. GmbH, welche deutschlandweit Spielhallen betreibt. Der Angeklagte K. erbrachte mit verschiedenen von ihm gegründeten Unternehmen sämtliche technischen Dienstleistungen für die Ca. GmbH.
6
Im Verlauf des Jahres 2013 kamen die Angeklagten mit den bereits verurteilten Zeugen A. T. und P. überein, in den Spielhallen der Ca. GmbH aufgestellte Geldgewinnspielgeräte der Herstellerin L. GmbH durch Absenkung der Gewinnwahrscheinlichkeit von 94 % auf 90 % zu manipulieren („Sparerfunktion“). Die von P. hierfür entwickelte Software wurde – soweit verurteilungsrelevant – von dem Angeklagten K. über den Game-Selector-Dongle (USB-Dongle), einem Gerätebauteil zur herstellereigenen Vorauswahl von Spielsystemen, in die Spielautomaten eingebracht. Durch diese Softwareveränderung entsprachen die Geräte nicht mehr der durch die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) erteilten Bauartzulassung. Insgesamt waren ab August 2014 deutschlandweit 716 Spielgeräte auf diese Weise manipuliert.
7
Die Herabsetzung der Gewinnwahrscheinlichkeit bewirkte eine von den Angeklagten beabsichtigte Umsatzsteigerung bei der Ca. GmbH in Höhe von circa 2,5 Mio €. An den manipulierten Geräten erhielten die Spielhallenkunden , was die Angeklagten wussten und zumindest billigend in Kauf nahmen , für ihren Spieleinsatz einen geringeren Gewinn bzw. eine geringere Gewinnwahrscheinlichkeit als sie es nach der Eigenart des jeweiligen – mit einer Prüfplakette der PTB gekennzeichneten – Gerätes erwarten durften. Die Strafkammer hat jedoch keinen bei einzelnen Spielern entstandenen Schaden oder einen Gesamtschaden zu beziffern vermocht.
8
Im Verlauf des Jahres 2014 trafen der Angeklagte C. und der Zeuge A. T. die Vereinbarung, die Spielautomaten auf zwei weiteren Wegen zu manipulieren, um sich nunmehr selbst finanziell zu bereichern. Hierzu entwickelte der Zeuge P. eine als „Aufbuchfunktion“ und eine als „Hintertür“ bezeichnete Software, welche zunächst auf die geräteinterne Compact-Flash- Karte (CF-Karte) aufgespielt, später ebenfalls über USB-Dongle in die Spielautomaten eingebracht wurde.
9
Die „Aufbuchfunktion“ ermöglichte es, außerhalb des eigentlichen Spielbetriebs Gewinnpunkte auf die Spielautomaten „aufzubuchen“, um so an entsprechende Geldbeträge („Gewinne“) zu gelangen. Dieses – vonden Beteiligten sogenannte – „Melken“ der Automaten führte der Angeklagte K. in nächtlichen Aktionen durch und übergab das Geld anschließend dem Zeugen A. T. . Dieser teilte es – entsprechend dem Tatplan – hälftig mit dem Angeklagten C. . Der Angeklagte K. partizipierte selbst nicht finanziell an der „Aufbuchfunktion“, sondern ging davon aus, dassdurch die entnommenen Gelder eine offene Kautionsforderung des A. T. gegenüber derCa. GmbH bedient werden sollte. Ihm erschloss sich jedoch, dass die Geldentnahmen unrechtmäßig erfolgten, und er billigte einen entsprechenden Schaden der Gesellschaft. Insgesamt wurden mit der „Aufbuchfunktion“ 475.965 € erlangt, wobei dies in mindestens 50 Einzelfällen geschah.
10
Mittels der „Hintertür“ war es möglich, durch die Eingabe einer bestimm- ten Tastenkombination die Automaten dergestalt zu beeinflussen, dass der Spielverlauf vorhersehbar wurde und somit risikolos Gewinne erzielt werden konnten. Um die „Hintertür“ auszunutzen, beauftragte A. T. ihm bekannte Personen, sogenannte „Läufer“, welche die Automaten bis zu einem ihnen vor- gegebenen Geldbetrag leerspielten, den sie anschließend an A. T. weiterreichten. Nach einiger Zeit übernahm der Bruder des A. T. , der ebenfalls bereits verurteilte S. T. , die Führung der „Läufer“. Durch die „Hintertür“ wurde in 1.814 Fällen, wobei es in drei Fällen nicht zu einem Gewinn kam, ein Gesamtbetrag von 1.433.950 € „erspielt“. Auch hier fand eine hälftige Teilung mit dem Angeklagten C. statt. Der Angeklagte K. hatte keine Kenntnis von der „Hintertür“ und deren Nutzung.

II.


11
Den Verfahrensbeanstandungen bleibt der Erfolg versagt.
12
Insoweit bemerkt der Senat zu der Verfahrensrüge des Angeklagten K. unter Ziffer V. (RB 187 ff.) – mit dieser wird beanstandet, das Landgericht habe elf Beweisanträge und einen Hilfsbeweisantrag, durch welche die Glaubwürdigkeit des Zeugen A. T. erschüttert werden sollte, nur isoliert und ohne die Vornahme einer gebotenen Gesamtwürdigung abgelehnt – in Ergänzung zu den Ausführungen des Generalbundesanwalts:
13
Bezüglich der elf unbedingt gestellten und in der Hauptverhandlung beschiedenen Beweisanträge begegnet bereits die Zulässigkeit der Verfahrensrüge Bedenken. Diese elf Beweisanträge wurden an drei verschiedenen Hauptverhandlungstagen gestellt (23. August, 21. September und 25. Oktober 2016). Wie sich aus den vorgetragenen Verfahrenstatsachen ergibt, wurden an diesen Hauptverhandlungstagen jeweils noch weitere Beweisanträge gestellt, wobei sich die Revision insoweit nur zu den „für die Rüge relevanten Beweisanträgen“ verhält (RB 189, 516 und 540). Mitgeteilt wird weder der Inhalt der weiteren Beweisanträge noch stellt die Revision klar, dass diese nicht die Glaubwürdigkeit des Zeugen A. T. betrafen. Dementsprechend bleibt offen, ob die vermisste Gesamtwürdigung nicht von der Strafkammer im Rahmen der Ablehnung eines der weiteren Beweisanträge vorgenommen worden ist (vgl. auch BGH, Beschluss vom 21. Juli 2011 – 3 StR 44/11, StV 2011, 646).
14
Die Rüge ist aber jedenfalls unbegründet, da der Senat auszuschließen vermag, dass die Verurteilung des Angeklagten K. im ersten Tatkomplex – nur insoweit hat das Urteil Bestand – auf einer gegebenenfalls rechtsfeh- lerhaften Ablehnung der Beweisanträge beruht. Die Strafkammer hat durch zahlreiche Beweismittel, insbesondere die Ausführungen des technischen Sachverständigen und die als glaubhaft bewerteten Bekundungen des Zeugen P. , die objektiven und subjektiven Feststellungen zur „Sparerfunktion“ be- legt (UA 199-215) und den Zeugen A. T. lediglich zur Bestätigung einer einzelnen Gesprächsäußerung des Zeugen P. ergänzend herangezogen (UA 208).

III.


15
Die sachlich-rechtliche Prüfung des angefochtenen Urteils führt im Komplex II. 2. der Urteilsgründe – nach Beschränkung der Strafverfolgung gemäß § 154a Abs. 2 StPO – zu einer Änderung der Schuldsprüche. Im Übrigen haben die Verurteilungen der Angeklagten keinen Bestand.
16
1. a) Der Senat nimmt – entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts – im Tatkomplex zu II. 2. der Urteilsgründe („Sparerfunktion“) den Tatvorwurf des bandenmäßigen unerlaubten Veranstaltens eines Glücksspiels gemäß § 154a Abs. 2 StPO von der Strafverfolgung aus.
17
Zwar teilt der Senat nicht die vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 10. August 2017 geäußerten Bedenken, wonach das Landgericht hätte prüfen müssen, ob die manipulierte Software den Voraussetzungen des § 13 SpielV genügte. Der Tatbestand des § 284 StGB ist bereits erfüllt, wenn für das konkret aufgestellte Gerät keine Bauartzulassung der Physikalisch -Technischen Bundesanstalt (PTB) besteht oder das in Rede stehende Ge- rät abweichend von dieser Zulassung betrieben wird (Erbs/Kohlhaas/Ambs, Gewerbeordnung, Stand: Oktober 2017, § 33c Rn. 10; LK-StGB/Krehl, 12. Aufl., § 284 Rn. 22 und Vorbemerkung vor § 284 Rn. 16; NK-StGB/Gaede, 5. Aufl., § 284 Rn. 21; Hahn in Friauf, Gewerbeordnung, Stand: Februar 2008, § 33c Rn. 38). Es ist daher ohne Bedeutung, ob ein nicht in seiner Bauart zugelassenes Gerät materiell den Anforderungen der Spieleverordnung entspricht oder ob eine Erlaubnis hätte erteilt werden können (vgl. Erbs/Kohlhaas/Ambs, aaO, § 33c Rn. 10; Ennuschat in Tettinger/Wank/Ennuschat, Gewerbeordnung, 8. Aufl., § 33c Rn. 67; LK-StGB/Krehl, aaO, Vorbemerkung vor § 284 Rn. 16; aA Marcks in Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung, Stand: März 2017, § 33c Rn. 44).
18
Dem angefochtenen Urteil ist aber bereits nicht zu entnehmen, dass es sich bei dem in Rede stehenden Spielbetrieb um Glückspiel im Sinne von § 284 Abs. 1 StGB handelte. Die Strafkammer hat zu der Funktionsweise der manipulierten Automaten – insbesondere zu Spielinhalten, zur Höhe der zu leistenden Einsätze sowie zu Gewinn- und Verlustmöglichkeiten – keine Feststellungen getroffen (vgl. BGH, Urteil vom 8. August 2017 – 1 StR 519/16, wistra 2017, 441, 442 f. mwN).
19
b) Die Verfolgungsbeschränkung hat die entsprechende Änderung der Schuldsprüche bezüglich der Taten zu II. 2. der Urteilsgründe zur Folge. Im verbleibenden Umfang weisen die Schuldsprüche in diesem Tatkomplex keine die Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler auf.
20
Der Senat schließt im Hinblick auf die Strafzumessungserwägungen der Strafkammer aus, dass ohne die tateinheitlichen Verurteilungen wegen bandenmäßigen unerlaubten Veranstaltens eines Glücksspiels gemäß § 284 Abs. 1, Abs. 3 StGB auf niedrigere Einzelstrafen erkannt worden wäre. Das Landgericht, das bei der Strafzumessung maßgeblich auf den Vorwurf des versuchten Betrugs abgestellt und insoweit die Strafmilderung nach § 23 Abs. 2 StGB versagt hat, ist bei der Bemessung der Einzelstrafen imAusgangspunkt vom Strafrahmen des § 263 Abs. 3 StGB ausgegangen und hat die tateinheitliche Verwirklichung von § 284 StGB nicht strafschärfend berücksichtigt.
21
2. Die Verurteilungen der Angeklagten aufgrund der Taten zu II. 3. („Auf- buchfunktion“) und – insofern nur des Angeklagten C. – zu II. 4. der Urteilsgründe („Hintertür“) halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
22
a) Soweit die Angeklagten in beiden Tatkomplexen wegen Untreue bzw. Beihilfe hierzu verurteilt worden sind, begegnet dies durchgreifenden rechtlichen Bedenken, weil die Urteilsgründe die Möglichkeit eines tatbestandsausschließenden Einverständnisses der Ca. GmbH als Vermögensinhaberin nicht tragfähig ausschließen.
23
Die – wirksame – Einwilligung des Inhabers des zu betreuenden Vermögens schließt die Tatbestandsmäßigkeit der Untreue aus (BGH, Urteile vom 27. August 2010 – 2 StR 111/09, BGHSt 55, 266, 278 f.; vom 21. Dezember 2005 – 3 StR 470/04, BGHSt 50, 331, 342; MüKo-StGB/Dierlamm, 2. Aufl., § 266 Rn. 143). Bei juristischen Personen tritt an die Stelle des Vermögensinhabers dessen oberstes Willensorgan für die Regelung der inneren Angelegenheiten (vgl. BGH, Urteil vom 27. August 2010 – 2 StR 111/09, aaO; Beschluss vom 15. Mai 2012 – 3 StR 118/11, NStZ 2012, 630, 632 f.). Oberstes Willensorgan der GmbH ist die Gesamtheit ihrer Gesellschafter (BGH, Urteile vom 27. August 2010 – 2 StR 111/09, aaO; vom 12. Januar 1956 – 3 StR 626/54, BGHSt 9, 203, 216; Beschluss vom 15. Mai 2012 – 3 StR 118/11, aaO).
24
Zu den Beteiligungsverhältnissen an der Ca. GmbH sind die Ausführungen im angefochtenen Urteil widersprüchlich. Während die Strafkammer im Rahmen der persönlichen Verhältnisse des Angeklagten C. festgestellt hat, dass die Ca. GmbH zu 100 % von der niederländischen Gesellschaft H. B.V. gehalten wurde, deren „Geschäftsfüh- rung“ der Angeklagte C. ebenfallsübernommen hatte (UA 5), wird an an- deren Stellen im Urteil auf die nicht eingeweihten „übrigen Gesellschafter“ der Ca. GmbH verwiesen (UA 8 und UA 374). Diesen Widerspruch löst das angefochtene Urteil nicht auf.
25
Ausgehend von der festgestellten Alleingesellschafterstellung der H. B.V. hätte das Landgericht aber prüfen müssen, ob der Angeklagte C. für die H. B.V. – auf Grundlage des anwendbaren nationalen Rechts und unter Berücksichtigung möglicher gesellschaftsrechtlicher Vereinbarungen – wirksam sein Einverständnis mit den vermögensmindernden Maßnahmen zulasten der Ca. GmbH erklärt hat (zu einer vergleichbaren Konstellation BGH, Urteil vom 26. September 2012 – 2 StR 553/11, wistra 2013, 63, 64). Sollte dies der Fall sein, käme zwar eine Untreue zulasten der H. B.V. in Betracht (vgl. BGH, Urteil vom 26. September 2012 – 2 StR 553/11, aaO); hier bedürfte jedoch das Vorliegen und die Höhe eines Vermögensschadens – etwa durch eine Wertminderung der Unternehmensanteile an der Ca. GmbH – näherer Begründung.
26
Soweit der Senat in seinen in den Parallelverfahren ergangenen Beschlüssen vom 30. August 2016 (4 StR 203/16, 4 StR 153/16 und 4 StR 194/16) zu einer anderen rechtlichen Würdigung gelangt ist, beruht dies auf den dort getroffenen abweichenden Feststellungen zu den Beteiligungsverhältnissen an der Ca. GmbH.
27
b) Ausgehend von den vorgenannten Erwägungen können auch die Verurteilungen der Angeklagten nach § 263a StGB in den Tatkomplexen „Aufbuch- funktion“ und „Hintertür“ keinen Bestand haben, da ein (wirksames) Einver- ständnis des Vermögensinhabers auch einer Strafbarkeit wegen Computerbetruges entgegensteht (vgl. BGH, Beschluss vom 10. November 1994 – 1 StR 157/94, BGHSt 41, 331, 334 f.; Senat, Beschluss vom 30. August 2016 – 4 StR 194/16 Rn. 30).
28
c) Es kommt daher nicht mehr entscheidend darauf an, dass die Feststel- lungen zur „Aufbuchfunktion“ eine Verurteilung nach § 263a StGB auch deshalb nicht tragen, weil das Vorliegen einer manipulationsbedingten unmittelbaren Vermögensminderung nicht ausreichend belegt ist.
29
Im Rahmen von § 263a StGB muss die kausal auf das Verhalten des Täters zurückzuführende Beeinflussung des Datenverarbeitungsvorgangs ihrerseits einen verfügungsähnlichen Vorgang auslösen, der unmittelbar – ohne weitere Handlung des Täters – eine Vermögensminderung begründet, die sich als Vermögensschaden darstellt (BGH, Beschlüsse vom 12. November 2015 − 2 StR 197/15, NStZ 2016, 338, 339; vom 28. Mai 2013 – 3 StR 80/13, NStZ 2013, 586, 587; Fischer, 65. Aufl., § 263a Rn. 20; MüKo-StGB/Wohlers/Mühlbauer , 2. Aufl., § 263a Rn. 66). An der erforderlichen Unmittelbarkeit kann es insbesondere fehlen, wenn die Manipulation des Datenverarbeitungsvorgangs lediglich der Verschleierung des tatsächlich vermögensmindernden Verhaltens dient (BGH, Beschluss vom 28. Mai 2013, aaO).
30
Die Feststellungen des Landgerichts verhalten sich zu den hierfür maßgeblichen tatsächlichen Abläufen widersprüchlich:
31
Während die praktische Handhabung der „Aufbuchfunktion“ einerseits – inÜbereinstimmung mit den Feststellungen in den Parallelverfahren – so be- schrieben wird, dass die manipulierten Automaten die „aufgebuchten“ Punkte als Geldgewinne „ausbezahlten“ (UA 78), stellt das Urteil an anderer Stelle hiervon abweichend fest, dass sich der Angeklagte K. mittels der „Auf- buchfunktion“ zunächst den Geldscheinbestand eines Gerätes anzeigen ließ, er darauf im geräteinternen Programm bestätigte, dass bestimmte Geldscheine entnommen worden seien, um diese anschließend – selbst – aus der sogenannten Restscheinkasse des aufgeschlossenen Spielgerätes zu „entnehmen“ (UA 81). Die letztgenannte Sachverhaltsvariante belegt aber keine unmittelbare Vermögensminderung durch eine Einwirkung auf den Programmlauf, sondern eröffnet die Möglichkeit, dass die „Aufbuchfunktion“ lediglich dazu diente, die faktische Entnahme von Geldern aus der sogenannten Restscheinkasse in der geräteinternen Buchhaltung zu verschleiern.
32
d) Die Sache bedarf daher bezüglich der Taten zu Ziffer II. 3. und 4. der Urteilsgründe neuer Verhandlung und Entscheidung. Wegen des Vorliegens von Tateinheit können auch die – an sich rechtsfehlerfreien – Verurteilungen wegen des Verrats von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen in diesen Tatkomplexen keinen Bestand haben (vgl. BGH, Urteile vom 28. September 2017 – 4 StR 282/17, juris Rn. 14; vom 20. Februar 1997 – 4 StR 642/96, BGHR StPO § 353 Aufhebung 1).
33
Klarstellend wird darauf hingewiesen, dass die Feststellungen zu den Beteiligungsverhältnissen bezüglich der möglicherweise geschädigten Unternehmen , insbesondere der Ca. GmbH, insgesamt aufgehoben sind,auch soweit sich diese in den Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen der Angeklagten befinden.
34
3. Entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts war bezüglich des Angeklagten C. die von dem Landgericht versäumte Entscheidung gemäß § 51 Abs. 4 Satz 2 StGB über den Anrechnungsmaßstab für die in Norwegen erlittene Auslieferungshaft in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO nachzuholen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 12. Dezember 2017 – 2 StR 464/17; vom 11. August 2004 – 2 StR 34/04, NJW 2004, 3789). An- haltspunkte für einen anderen Anrechnungsmaßstab als das Verhältnis 1:1 sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich (vgl. für Norwegen auch BGH, Beschluss vom 3. Juni 2015 – 5 StR 145/15).
35
4. Die Abfassung der Urteilsgründe – Wiedergabe der Einlassungen der Angeklagten auf 48 Seiten, geschlossene Wiedergabe der Angaben des Zeugen A. T. auf 63 Seiten – gibt Anlass zu folgenden Hinweisen:
36
Die Beweiswürdigung soll keine umfassende Dokumentation der Beweisaufnahme enthalten, sondern lediglich belegen, warum bestimmte bedeutsame Umstände so festgestellt worden sind (vgl. BGH, Beschlüsse vom 4. Oktober 2017 – 3 StR 145/17, NStZ-RR 2018, 23 [Ls]; vom 30. Juni 2015 – 3 StR 179/15, juris Rn. 4; Meyer-Goßner/Appl, Die Urteile in Strafsachen, 29. Aufl., Rn. 350). Dementsprechend ist regelmäßig verfehlt, Zeugenaussagen in allen – teilweise unbedeutenden – Einzelheiten wiederzugeben (BGH, Beschlüsse vom 25. Juli 2017 – 3 StR 111/17, StraFo 2017, 458 f.; vom 31. März 2015 – 3 StR 630/14, juris Rn. 10; vom 16. September 2013 – 1 StR 264/13, juris Rn. 24; vom 8. Mai 2009 – 2 StR 147/09). Sind – wie hier – in der Beweiswürdigung verschiedene Tatkomplexe abzuhandeln, empfiehlt es sich zudem, zeugenschaftliche Angaben thematisch zuzuordnen und nicht im Rahmen eines einzigen, geschlossenen Referats – weitgehend ohne konkreten Bezug – wiederzugeben.
37
Auch die Einlassung des Angeklagten muss nicht in allen, teils unbedeutenden Einzelheiten wiedergeben werden, zumal wenn die gemachten Angaben in weiten Teilen den Feststellungen entsprechen. Werden Angaben des Angeklagten zu einzelnen abgehörten Telefonaten der Reihe nach referiert, erschwert es zudem die Verständlichkeit, wenn der Inhalt der jeweiligen Telefongespräche – als Bezugspunkt der entsprechenden Einlassung – erst deutlich später im Urteil mitgeteilt wird.
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Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Juni 2015 - 3 StR 179/15

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Referenzen

(1) Fallen einzelne abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Tat begangen worden sind,

1.
für die zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung oder
2.
neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat,
nicht beträchtlich ins Gewicht, so kann die Verfolgung auf die übrigen Teile der Tat oder die übrigen Gesetzesverletzungen beschränkt werden. § 154 Abs. 1 Nr. 2 gilt entsprechend. Die Beschränkung ist aktenkundig zu machen.

(2) Nach Einreichung der Anklageschrift kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft die Beschränkung vornehmen.

(3) Das Gericht kann in jeder Lage des Verfahrens ausgeschiedene Teile einer Tat oder Gesetzesverletzungen in das Verfahren wieder einbeziehen. Einem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Einbeziehung ist zu entsprechen. Werden ausgeschiedene Teile einer Tat wieder einbezogen, so ist § 265 Abs. 4 entsprechend anzuwenden.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 44/11
vom
21. Juli 2011
in der Strafsache
gegen
wegen erpresserischen Menschenraubs u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 21. Juli 2011 einstimmig

beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hannover vom 22. April 2010 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die dem Nebenkläger insoweit entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat: Die von der Revision gerügte Verfahrensweise, dass die Kammer 16 Beweisanträge isoliert abgehandelt und wegen tatsächlicher Bedeutungslosigkeit abgelehnt habe, ohne die einzelnen Beweisbehauptungen jeweils in einer Gesamtschau zu würdigen, könnte entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts grundsätzlich einen Rechtsfehler darstellen. Die unterschiedlichen Anträge hatten das gemeinsame Ziel, die Glaubhaftigkeit der Angaben des Mittäters K. und dessen Glaubwürdigkeit in Zweifel zu ziehen. In einem solchen Fall, in dem eine Mehrzahl unter Beweis gestellter Tatsachen gegen die Glaubwürdigkeit sprechen könnte, bedarf es in dem ablehnenden Beschluss einer über die einzelne Beweistatsache hinausgehenden Gesamtwürdigung, warum die zu beweisende Tatsache das Gericht auch im Falle des Nachweises unbeeinflusst gelassen hätte (BGH, Beschluss vom 21. Juni 2006 - 2 StR 57/06, wistra 2006, 385, 386); denn die Ablehnung von Beweisanträgen wegen Bedeutungslosigkeit der Beweisbehauptung darf nicht dazu führen, zugunsten des Angeklagten sprechende Umstände der gebotenen Gesamtabwägung im Rahmen der Beweiswürdigung zu entziehen (vgl. BGH, Urteil vom 3. Mai 1989 - 2 StR 735/88, StV 1990, 292, 293; Beschluss vom 27. März 1990 - 1 StR 13/90, StV 1990, 340; Urteil vom 14. Juli 1992 - 5 StR 231/92, NStZ 1992, 551; LR/Becker, StPO, 26. Aufl., § 244 Rn. 225; KK/Fischer, StPO, 6. Aufl., § 244 Rn. 145). Indes ist die erhobene Verfahrensrüge unzulässig, soweit die Revision hinsichtlich der ersten zwölf Anträge von den insgesamt 16 genannten eine fehlende Gesamtwürdigung beanstandet. Denn die Revision genügt insofern nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 244 Rn. 85 mwN), da sie den Beschluss, mit dem der zwölfte Antrag ("Beweisantrag 029") abgelehnt wurde, nicht mitteilt, sondern lediglich einen späteren Beschluss. Aus diesem Beschluss ergibt sich lediglich, dass der "Beweisantrag 029" durch einen vorangegangenen Beschluss beschieden worden ist, nicht aber der Inhalt dieses Beschlusses. Dem Senat ist daher die Würdigung der Ablehnungsgründe und somit die Prüfung, ob der Beweisantrag zu Unrecht abgelehnt wurde, nicht möglich. Insbesondere lässt sich nicht klären, ob die von der Revision vermisste umfassende Gesamtwürdigung der zuvor bereits unter Beweis gestellten Tatsachen möglicherweise in dem nicht mitgeteilten Beschluss vorgenommen wurde. Eine solche Gesamtbetrachtung aller vorangegangenen Anträge liegt vor allem deshalb nicht fern, weil die Kammer bereits in einem früheren Beschluss ausdrücklich ausgeführt hatte, dass die dort erörterten Beweisbehauptungen "auch im Zusammenhang mit den weiteren in den bereits abgelehnten Beweisanträgen aufgestellten Beweisbehauptungen , deren Richtigkeit im Rahmen dieses Beschlusses ebenfalls unterstellt wird, die auf die Unglaubwürdigkeit K. s abzielen," die bisherige Überzeugung der Kammer nicht zu erschüttern vermöge. Hinsichtlich der vier verbleibenden (nach dem nicht mitgeteilten Beschluss gestellten) Anträge ist die Rüge unbegründet. Diese vier letzten Anträge sind gemeinsam im Urteil beschieden und aus tatsächlichen Gründen als bedeutungslos abgelehnt worden - ohne dass die Bescheidung erst im Urteil von der Revision angegriffen wird. Die Kammer hat im Urteil eine umfangreiche Gesamtwürdigung zur Glaubwürdigkeit K. s sowie der Glaubhaftigkeit seiner Angaben vorgenommen und ist aufgrund dessen rechtsfehlerfrei zum Ergebnis gekommen, "auch Unwahrheiten oder Ungenauigkeiten in Teilen der Aussage" stünden deren Überzeugungskraft im Übrigen nicht entgegen. Vor diesem Hintergrund ergibt sich nicht, dass die Kammer es unterlassen hat, die Vielzahl etwaig unrichtiger Angaben K. s und deren mögliche Auswirkung auf seine Glaubwürdigkeit im Wege einer Gesamtwürdigung in ihre Überlegungen einzubeziehen. Becker Pfister von Lienen Mayer Menges

(1) Fallen einzelne abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Tat begangen worden sind,

1.
für die zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung oder
2.
neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat,
nicht beträchtlich ins Gewicht, so kann die Verfolgung auf die übrigen Teile der Tat oder die übrigen Gesetzesverletzungen beschränkt werden. § 154 Abs. 1 Nr. 2 gilt entsprechend. Die Beschränkung ist aktenkundig zu machen.

(2) Nach Einreichung der Anklageschrift kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft die Beschränkung vornehmen.

(3) Das Gericht kann in jeder Lage des Verfahrens ausgeschiedene Teile einer Tat oder Gesetzesverletzungen in das Verfahren wieder einbeziehen. Einem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Einbeziehung ist zu entsprechen. Werden ausgeschiedene Teile einer Tat wieder einbezogen, so ist § 265 Abs. 4 entsprechend anzuwenden.

Die Physikalisch-Technische Bundesanstalt darf die Bauart eines Geldspielgerätes nur zulassen, wenn folgende Anforderungen erfüllt sind:

1.
Der Spieleinsatz darf nur in Euro oder Cent erfolgen; ein Spiel beginnt mit dem Einsatz des Geldes, setzt sich mit der Bekanntgabe des Spielergebnisses fort und endet mit der Auszahlung des Gewinns beziehungsweise der Einstreichung des Einsatzes.
2.
Die Mindestspieldauer beträgt fünf Sekunden; dabei darf der Einsatz 0,20 Euro nicht übersteigen und der Gewinn höchstens 2 Euro betragen.
3.
Bei einer Verlängerung des Abstandes zwischen zwei Einsatzleistungen über fünf Sekunden hinaus bis zu einer Obergrenze von 75 Sekunden darf der Einsatz um höchstens 0,03 Euro je volle Sekunde erhöht werden; bei einer Verlängerung des Abstandes zwischen zwei Gewinnauszahlungen über fünf Sekunden hinaus bis zu einer Obergrenze von 75 Sekunden darf der Gewinn um höchstens 0,30 Euro je volle Sekunde erhöht werden. Darüber hinausgehende Erhöhungen von Einsatz und Gewinn sind ausgeschlossen.
4.
Die Summe der Verluste (Einsätze abzüglich Gewinne) darf im Verlauf einer Stunde 60 Euro nicht übersteigen.
5.
Die Summe der Gewinne abzüglich der Einsätze darf im Verlauf einer Stunde 400 Euro nicht übersteigen. Jackpots und andere Sonderzahlungen jeder Art sind ausgeschlossen.
6.
Nach einer Stunde Spielbetrieb legt das Spielgerät eine Spielpause von mindestens fünf Minuten ein, in der keine Einsätze angenommen und Gewinne gewährt werden. In der Pause dürfen keine Spielvorgänge, einsatz- und gewinnfreie Probe- oder Demonstrationsspiele oder sonstige Animationen angeboten werden.
6a.
Nach drei Stunden Spielbetrieb legt das Spielgerät eine Spielpause ein, in der es für mindestens fünf Minuten in den Ruhezustand versetzt wird; zu Beginn des Ruhezustandes sind die Geldspeicher zu entleeren und alle Anzeigeelemente auf die vordefinierten Anfangswerte zu setzen.
7.
Die Speicherung von Geldbeträgen in Einsatz- und Gewinnspeichern ist bei Geldannahme vom Spieler in der Summe auf 10 Euro begrenzt. Höhere Beträge werden unmittelbar nach der Aufbuchung automatisch ausgezahlt. Eine Bedienvorrichtung für den Spieler, mit der er vorab einstellen kann, dass aufgebuchte Beträge unbeeinflusst zum Einsatz gelangen, ist unzulässig. Jeder Einsatz darf nur durch unmittelbar zuvor erfolgte gesonderte physische Betätigung des Spielers ausgelöst werden. Es gibt eine nicht sperrbare Bedienvorrichtung zur Auszahlung, mit der der Spieler uneingeschränkt über die aufgebuchten Beträge, die in der Summe größer oder gleich dem Höchsteinsatz gemäß Nummer 1 sind, verfügen kann.
8.
Der Spielbetrieb darf nur mit auf Euro lautenden Münzen und Banknoten und nur unmittelbar am Spielgerät erfolgen.
8a.
Bei Mehrplatzspielgeräten müssen die einzelnen Spielstellen unabhängig voneinander benutzbar sein und jede Spielstelle hat die Anforderungen der §§ 12 und 13 zu erfüllen, soweit diese landesrechtlich überhaupt zulässig sind; aus der Bauartzulassung eines Mehrplatzspielgerätes folgt kein Anspruch auf die Aufstellung des Mehrplatzspielgerätes.
8b.
Mehrplatzspielgeräte dürfen über höchstens vier Spielstellen verfügen, einzelne Spielstellen dürfen nicht abstellbar sein.
9.
Das Spielgerät beinhaltet eine Kontrolleinrichtung, die sämtliche Einsätze, Gewinne und den Kasseninhalt zeitgerecht, unmittelbar und auslesbar erfasst. Die Kontrolleinrichtung gewährleistet die in den Nummern 1 bis 5 Satz 1 und Nummer 6a aufgeführten Begrenzungen.
9a.
Das Spielgerät zeichnet nach dem Stand der Technik die von der Kontrolleinrichtung gemäß Nummer 8 erfassten Daten dauerhaft so auf, dass
a)
sie jederzeit elektronisch verfügbar, lesbar und auswertbar sind,
b)
sie auf das erzeugende Spielgerät zurückgeführt werden können,
c)
die einzelnen Daten mit dem Zeitpunkt ihrer Entstehung verknüpft sind,
d)
ihre Vollständigkeit erkennbar ist und
e)
feststellbar ist, ob nachträglich Veränderungen vorgenommen worden sind.
10.
Der Spielbetrieb darf nur bei ständiger Verwendung eines gültigen gerätegebundenen, personenungebundenen Identifikationsmittels möglich sein, wobei
a)
die Gültigkeit des verwendeten Identifikationsmittels durch das Spielgerät vor Aufnahme des Spielbetriebs geprüft werden muss und
b)
während des Spielbetriebs keine Daten auf dem verwendeten Identifikationsmittel gespeichert werden dürfen.
11.
Das Spielgerät und seine Komponenten müssen der Funktion entsprechend nach Maßgabe des Standes der Technik zuverlässig und gegen Veränderungen gesichert gebaut sein.
12.
Das Spielgerät muss so gebaut sein, dass die Übereinstimmung der Nachbaugeräte mit der zugelassenen Bauart überprüft werden kann.

(1) Wer ohne behördliche Erlaubnis öffentlich ein Glücksspiel veranstaltet oder hält oder die Einrichtungen hierzu bereitstellt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Als öffentlich veranstaltet gelten auch Glücksspiele in Vereinen oder geschlossenen Gesellschaften, in denen Glücksspiele gewohnheitsmäßig veranstaltet werden.

(3) Wer in den Fällen des Absatzes 1

1.
gewerbsmäßig oder
2.
als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat,
wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(4) Wer für ein öffentliches Glücksspiel (Absätze 1 und 2) wirbt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 519/16
vom
8. August 2017
in der Strafsache
gegen
wegen gewerbsmäßiger unerlaubter Veranstaltung eines Glücksspiels u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:080817U1STR519.16.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 8. August 2017, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Graf als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Jäger, Bellay und die Richterinnen am Bundesgerichtshof Cirener, Dr. Hohoff,
Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof als Vertreterin der Bundesanwaltschaft, Rechtsanwalt als Verteidiger, Regierungsrätin als Vertreterin des Finanzamts Chemnitz-Süd, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Chemnitz vom 8. April 2016 mit den Feststellungen aufgehoben
a) soweit der Angeklagte wegen gewerbsmäßiger unerlaubter Veranstaltung eines Glücksspiels in 73 Fällen verurteilt worden ist;
b) im gesamten verbleibenden Strafausspruch.
2. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das oben genannte Urteil im Gesamtstrafausspruch und im Ausspruch über die Kompensation für die unangemessene Verfahrensdauer aufgehoben.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Rechtsmittel – an eine andere als Wirtschaftsstrafkammer zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
4. Die weitergehenden Rechtsmittel werden verworfen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gewerbsmäßiger unerlaubter Veranstaltung eines Glücksspiels in 73 Fällen in Tatmehrheit mit Steuerhin- terziehung in sieben Fällen, „jeweils im besonders schweren Fall“ zu einer Ge- samtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und einer Gesamtgeldstrafe von 340 Tagessätzen zu je 15 Euro verurteilt. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe hat es zur Bewährung ausgesetzt und von dieser Strafe vier Monate und von der Gesamtgeldstrafe 40 Tagessätze für vollstreckt erklärt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die nicht ausgeführte Sachrüge gestützten Revision. Die Staatsanwaltschaft erhebt eine Verfahrensrüge und beanstandet die Verletzung sachlichen Rechts.

I.


2
Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
3
1. Der Angeklagte war Geschäftsführer der „N. GmbH“, die in mehreren Städten Spielotheken betrieb und in Gaststätten Automaten aufstellte. Zwischen dem 1. Januar 2006 und dem 2. Dezember 2008 waren in den Spielotheken 73 Unterhaltungsspielgeräte in Betrieb, die Gewinnmöglichkeiten vorsahen und mit am Tresen zu erwerbenden sogenannten Token, einer Art Spielmünze, vom Kunden bedient wurden. Diese Gewinne wurden entweder bis zur Barauszahlung als aufaddierte Punkte auf internen Konten gespeichert „und/oder“ durch Auszahlung von Token oder von 5-DM- Münzen realisiert. Zumindest den Stammspielern wurden diese Token oder 5-DM-Münzen vom Personal der Spielotheken in Euro umgetauscht. Diese ihm bekannte Verfahrensweise duldete der Angeklagte. Ihm war gleichfalls bekannt, dass die Automaten wegen Verstoßes gegen § 13 der Spielverordnung seit dem 1. Januar 2006 nicht mehr genehmigungsfähig waren und er deswegen von der Stadt L. zur Entfernung dieser Geräte aus den Spielotheken aufgefordert worden war. Durch den Betrieb dieser Geräte im Tatzeitraum sicherte sich der Angeklagte eine nicht unerhebliche Einnahmequelle zur Finanzierung seines Lebensunterhaltes, was er billigend in Kauf nahm.
4
2. Für die Veranlagungszeiträume 2001 bis 2007 gab der Angeklagte bewusst falsche Steuererklärungen ab. Darin waren seine Umsätze aus dem Spielautomatenbetrieb nur unvollständig erfasst und erklärt. Hierzu hatte er zuvor die Auslesung der Automaten manipuliert, nicht alle Automaten ausgelesen und nicht alle Ausleseergebnisse in die Aufstellung der Erlöse übernommen, die er den Steuererklärungen zugrunde legte. Für das Jahr 2001 war hiervon die Einkommensteuerklärung erfasst, für das Jahr 2002 waren die Einkommenund Körperschaftsteuererklärung sowie für die Jahre 2003 bis 2007 die Einkommen -, Umsatz- und Körperschaftsteuererklärungen erfasst. Infolge dieser falschen Angaben wurde vom Finanzamt die jeweilige Steuer zu niedrig festgesetzt , was vom Angeklagten beabsichtigt war. Zwar kannte er die genauen Beträge seiner Gewinne nicht, er rechnete aber mit einem verkürzten jährlichen Steuerbetrag von mehr als 50.000 €. Für die Veranlagungszeiträumen 2001 bis 2007 errechnete das Landgericht eine Verkürzung von Steuern in der Höhe von insgesamt 922.181 €.
5
Grundlage dieser Berechnung war eine Schätzung der tatsächlich erzielten Einkünfte des Angeklagten aus Geldspiel- und Unterhaltungsautomaten. Diese Schätzung ist auf einen monatlichen Durchschnittsumsatz für das Unternehmen des Angeklagten und einen Schätzzuschlag gestützt. Dieser beläuft sich auf 800 € monatlich für Geldspielgeräte und 400 € monatlich für Unterhal- tungsautomaten. Für das Jahr 2001 ist eine Zuschätzung für 80 Automaten, für 2002 für 90 Automaten, für 2003 und 2004 für je 100 Automaten, für 2005 und 2006 für je 120 Automaten und für 2007 für 145 Automaten erfolgt.
6
3. Der Angeklagte hat eingeräumt, um die Unzulässigkeit der betriebenen Spielautomaten gewusst und dennoch deren Betrieb geduldet zu haben.
7
Er hat weiter eingeräumt, für die Veranlagungszeiträume 2001 bis 2007 geringere Einnahmen als tatsächlich erzielt in den Steuererklärungen angegeben zu haben. Ausleselücken bei den Geldspielgeräten habe es aber nicht gegeben , es seien auch alle aufgestellten Geräte ausgelesen worden und das Ausleseergebnis sei komplett in die „MAS-Dateien“ übernommen worden. Die- se Dateien seien daher korrekt, die Steuererklärungen jedoch falsch. Nur für einen Monat sei mittels Auslesesoftware die Auslesung manipuliert gewesen. Er habe „hier und da mal mehr Geräte laufen gehabt als angegeben“, diese Lücken beträfen nur die Unterhaltungsgeräte.
8
Demgegenüber hat sich das Landgericht von weitergehenden Manipulationen der Erlöse aus dem Automatengeschäft auch hinsichtlich der Gewinnspielgeräte überzeugt. Dies stützt es auf Ungereimtheiten der Auslesedokumentation und den Umstand, dass der Angeklagte einen Monat vor der Durchsuchung im März 2008 sieben Geldspielautomaten mehr aufgestellt gehabt habe , als er abgerechnet habe sowie dass im Jahr 2003 ein Gerät schon 14 Tage vor der erstmaligen Auslesung in Betrieb gewesen sei.

II.


Die Revision des Angeklagten
9
1. Der Schuldspruch wegen gewerbsmäßiger unerlaubter Veranstaltung eines Glücksspiels in 73 Fällen kann keinen Bestand haben.
10
Zwar ist angesichts der ausreichend belegten Feststellung, dass die Gewinnspielautomaten nicht zulassungsfähig waren, der Anwendungsbereich des § 284 StGB eröffnet (vgl. Graf/Jäger/Wittig/Bär, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht , 2. Aufl., § 284 StGB Rn. 31; Erbs/Kohlhaas/Ambs, GewO, Stand: Juli 2015, § 33c Rn. 10; LK-StGB/Krehl, 12. Aufl., § 284 Rn. 22; jeweils auch zur Abgrenzung zum Anwendungsbereich der §§ 33c ff., § 144 Abs. 1, § 148 Nr. 1 GewO). Es ist aber nicht hinreichend belegt, dass es sich bei den Automaten um Glücksspielgeräte im Sinne des § 284 Abs. 1 StGB handelt.
11
a) Das Wesen eines solchen Glücksspiels besteht nach allgemeiner Auffassung darin, dass die Entscheidung über Gewinn und Verlust nach den Vertragsbedingungen nicht wesentlich von den Fähigkeiten, den Kenntnissen und der Aufmerksamkeit der Spieler abhängt, sondern allein oder hauptsächlich vom Zufall (BGH, Urteil vom 28. November 2002 – 4 StR 260/02, JR 2003, 342; Beschluss vom 11. Januar 1989 – 2 StR 461/88, BGHSt 36, 74, 80; Urteil vom 18. April 1952 – 1 StR 739/51, BGHSt 2, 274, 276). Ob dies auf die vom Angeklagten betriebenen Spielautomaten zutrifft, wird durch die Feststellungen nicht belegt. Denn die Funktionsweise der Automaten wird nicht beschrieben, weswegen offen bleibt, ob es sich nicht um Automaten handelt, bei denen die Entscheidung über Gewinn und Verlust wesentlich von den Fähigkeiten sowie vom Grad der Aufmerksamkeit der Spieler abhängt. Allein die hierzu mitgeteilten Namen der Automaten wie z.B. „Videostar“ oder „Hellraiser“ geben hierzu keine Auskunft.
12
b) Um Glücksspiel im Sinne des § 284 StGB annehmen zu können, bedarf es zudem eines nicht unerheblichen Einsatzes eines Vermögenswertes (BGH, Beschluss vom 29. September 1986 – 4 StR 148/86, BGHSt 34, 171, 176 f. mwN; BayObLG, Urteil vom 12. Dezember 2002 – 5 St RR 296/2002, JR 2003, 386, 387; BeckOK StGB/Feilcke/Hollering, 34. Edition, § 284 Rn. 11; Satzger/Schluckebier/Widmaier/Rosenau, StGB, 3. Aufl., § 284 Rn. 6; Wohlers, JR 2003, 388). Einsatz ist jede Vermögensleistung, die in der Hoffnung auf Gewinn und mit dem Risiko des Verlustes an den Gegenspieler oder Veranstalter erbracht wird, wobei es sich wegen der notwendigen Abgrenzung zum bloßen Unterhaltungsspiel um einen Einsatz handeln muss, der nicht ganz unbeträchtlich ist (BGH aaO; Fischer, StGB, 64. Aufl., § 284 Rn. 5; Wohlers aaO; NK-StGB/Gaede, 5. Aufl., § 284 Rn. 13). Auch das Vorliegen dieses Erfordernisses wird durch die Feststellungen nicht belegt. Mit welchen Einsätzen gespielt wird und wie lange es ohne Erzielung eines Gewinns dauert, diesen Einsatz zu verspielen, teilt das Urteil nicht mit. Es kann aber nicht beurteilt werden, ob es sich um einen nicht ganz unbeträchtlichen Einsatz handelt. Damit bleibt offen, ob es sich überhaupt um ein dem § 284 StGB unterfallendes Glücksspiel und nicht nur um ein Unterhaltungsspiel handelt.
13
Ob ein Einsatz als nicht ganz unbeträchtlich einzuordnen ist, bestimmt sich jedenfalls bei jedermann offen stehenden Glücksspielen nach den gesellschaftlichen Anschauungen (RG, Urteil vom 28. Mai 1889 – Rep. 1039/89, RGSt 19, 253 f.; OLG Köln, Urteil vom 19. Februar 1957 – Ss 417/56, NJW 1957, 721; LK-StGB/Krehl, 12. Aufl., § 284 Rn. 12; NK-StGB/Gaede, 5. Aufl., § 284 Rn. 13; vgl. auch BGH, Urteil vom 28. September 2011 – I ZR 93/10, GRUR 2012, 201, 206). Dabei kann das Kriterium des erforderlichen Aufwands für eine anderweitige unterhaltende Veranstaltung zur Orientierung herangezogen werden (MünchKomm StGB/Hohmann, 2. Aufl., § 284 Rn. 11;NK-StGB/ Gaede aaO; Satzger/Schluckebier/Widmaier/Rosenau, StGB, 3. Aufl., § 284 Rn. 6; Schönke/ Schröder/Heine/Hecker, StGB, 29. Aufl., § 284 Rn. 8). Danach dürfte derzeit ein möglicher Verlust von mehr als 10 € in der Stunde auf ein Glücksspiel hindeuten. Ob bei dem vorliegenden Fall der Glücksspielcharakter anzunehmen sein wird, hängt aber auch davon ab, ob einerseits der Gewinnzweck im Vordergrund stand und andererseits der Angeklagte und seine Angestellten jeweils von vornherein einen Anspruch auf Barumtausch der erspielten Token einräumten oder ob dies auf eine nachträgliche Anfrage des betreffenden Spielers aus Kulanzgründen erfolgte (vgl. hierzu RG, Urteil vom 2. Juni 1930 – III 289/30, RGSt 64, 219, 220; BayObLG, Urteil vom 12. Dezember 2002 – 5 St RR 296/2002, JR 2003, 386, 387 m. Anm. Wohlers, JR 2003, 388).
14
c) Der Senat hebt das Urteil insoweit mit den Feststellungen auf, um dem zuständigen Tatgericht in sich geschlossene neue Feststellungen zu ermöglichen.
15
d) Sollte sich das nunmehr zuständige Tatgericht vom Vorliegen eines Glücksspiels im Sinne des § 284 StGB überzeugen, so wird es bei der Prüfung des Qualifikationsmerkmals der Gewerbsmäßigkeit nach § 284 Abs. 3 Nr. 1 StGB darauf abzustellen haben, ob der Täter sich durch die wiederholte Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffen will. Dies beurteilt sich nach seinen ursprünglichen Planungen sowie seinem tatsächlichen, strafrechtlich relevanten Verhalten über den gesamten ihm jeweils anzulastenden Tatzeitraum (st. Rspr.; siehe nur BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 – 3 StR 344/03, BGHSt 49, 177, 181).

16
Für die konkurrenzrechtliche Beurteilung wird es in den Blick zu nehmen haben, dass dem gleichzeitigen Betreiben von 73 dieser Spielautomaten mit einem gleichartigen Spielsystem auch ein einheitlicher Entschluss – gegebenenfalls bezogen auf die verschiedenen Spielstätten – zugrunde liegen kann, so dass insoweit Tateinheit bestünde (vgl. MünchKomm StGB/Hohmann, 2. Aufl., § 284 Rn. 34).
17
2. Der Schuldspruch wegen Steuerhinterziehung in sieben Fällen wird von den Feststellungen getragen. Jedoch ist der Schuldumfang rechtsfehlerhaft bestimmt, was zur Aufhebung des Strafausspruchs und den zugrundeliegenden Feststellungen wegen dieser Taten führt. Beim Straftatbestand der Steuerhinterziehung lässt es den Schuldspruch grundsätzlich unberührt, wenn lediglich der Verkürzungsumfang, etwa durch eine fehlerhafte Schätzung, unrichtig bestimmt ist, die Verwirklichung des Tatbestandes aber sicher von den Feststellungen getragen wird (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Dezember 2016 – 1StR 505/16, StraFo 2017, 254; Urteil vom 22. Mai 2012 – 1 StR 103/12, Rn. 28, NZWiSt 2012, 299). Dies ist hier der Fall. Das Landgericht hat u.a. auf der Grundlage des Geständnisses des Angeklagten, in den Steuerklärungen für die Veranlagungszeiträume 2001 bis 2007 jeweils nicht alle Umsätze aus dem Spielautomatenbetrieb angegeben zu haben, rechtsfehlerfrei festgestellt, dass eine Steuerverkürzung eingetreten ist.
18
Die Bestimmung des Umfangs dieser Steuerverkürzung ist rechtsfehlerhaft. Die vom Landgericht gewählte Schätzung und die mitgeteilten Berechnungsgrundlagen setzen das Revisionsgericht nicht in den Stand, nachvollziehen zu können, wie sich die Schätzungsergebnisse und der jeweils festgestellte Verkürzungserfolg ergeben.
19
a) Zwar durfte das Landgericht die Besteuerungsgrundlagen schätzen. Im Steuerstrafverfahren ist die Schätzung von Besteuerungsgrundlagen zulässig , wenn feststeht, dass der Steuerpflichtige einen Besteuerungstatbestand erfüllt hat, die tatsächlichen Besteuerungsgrundlagen aber ungewiss sind (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 20. Dezember 2016 – 1 StR 505/16, StraFo 2017, 254; vom 6. April 2016 – 1 StR 523/15, NStZ 2016, 728 und vom 29. Januar 2014 – 1 StR 561/13, wistra 2014, 276). Das ist hier der Fall. Eine konkrete Berechnung war ausgeschlossen, weil der Angeklagte schon die Aufstellung der Umsätze („MAS-Dateien“, „Querblätter“) manipuliert und die ohnehin nicht alle Umsätze erfassenden Auslesestreifen der Automaten nicht vollständig aufgehoben hat.
20
b) Die Darstellung der gewählten Schätzungsmethode ist jedoch rechtsfehlerhaft. Das Landgericht legt zwar noch nachvollziehbar dar, weshalb es von einem monatlichen Umsatz von 800 € für Geldspielgeräte und von 400 € für Unterhaltungsspielgeräte ausgegangen ist. Es fehlen jedoch jegliche Erklärungen für die weiteren Faktoren der Berechnung, insbesondere für die Anzahl der Automaten. So erschließt sich nicht, warum 2001 eine Zuschätzung für 80 Automaten , 2002 eine solche für 90 Automaten, 2003 und 2004 für jeweils 100 Automaten, 2005 und 2006 für jeweils 120 Automaten und 2007 von 145 Automaten erfolgte. Auch ist nicht dargelegt, wie viele von diesen Automaten als Geldspielgeräte mit einem jeweils höheren monatlichen Umsatz angesetzt worden sind. Es ist auch nicht ersichtlich, wieso das Landgericht bei gleichbleibenden geschätzten monatlichen Umsätzen pro Gerät für das Jahr 2005 ausgehend von 120 Automaten 240.000 € als Zuschätzung errechnet und 2006 für dieselbe Anzahl von Automaten 250.000 €. Für das Jahr 2002 errechnet es ausgehend von 90 Automaten eine Zuschätzung von 240.000 €; auf diese Summe kommt es auch für die Jahre 2003 und 2004, geht aber dort von 100 Automaten aus. Genauere Darlegungen zur Anzahl der hinzugeschätzten Automaten wären auch deswegen erforderlich, um nachvollziehen zu können, ob sich dies auf eine ausreichende Tatsachengrundlage stützt.
21
Des Weiteren erschließt sich nicht, inwieweit die errechneten Zuschätzungen bei den verschiedenen Steuerarten Berücksichtigung gefunden haben. Eine einheitliche Verfahrensweise lässt sich der Aufstellung der errechneten Verkürzungsbeträge nicht entnehmen. Diese Aufstellung ermöglicht auch nicht durchgängig, wie erforderlich (vgl. nur BGH, Beschluss vom 24. Mai 2017 – 1StR 176/17), dass für jede Steuerart und jeden Steuerabschnitt gesondert die Berechnung der verkürzten Steuern im Einzelnen nachvollzogen werden kann.
22
c) Das neu zuständige Tatgericht wird bei der Prüfung, ob ein Regelbeispiel eines besonders schweren Falls nach § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO vorliegt , Folgendes zu beachten haben: Soweit die Taten vor dem 1. Januar 2008 begangen wurden, findet § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung Anwendung. Das Regelbeispiel ist in diesem Fall nur dann erfüllt, wenn der Täter zudem aus grobem Eigennutz gehandelt hat, was das Landgericht auch nicht verkannt hat. Grober Eigennutz ist anzunehmen, wenn der Täter sein Verhalten von dem Streben nach Vorteil in besonders anstößigem Maße hat leiten lassen. Dabei muss das Gewinnstreben des Täters das bei jedem Steuerstraftäter vorhandene Gewinnstreben deutlich übersteigen (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Juni 2016 – 1 StR 99/16, NStZ 2017, 100 mwN). Erforderlich ist eine vom Tatgericht vorzunehmende Gesamtbetrachtung sämtlicher Tatumstände, namentlich der vom Täter gezogenen Vorteile, der Art, Häufigkeit und Intensität der Tatbegehung und des Verwendungszwecks der erlangten Vorteile. Diese Umstände müssen im Zusammen- hang gesehen und daraufhin überprüft werden, ob sie den Schluss auf groben Eigennutz des Täters rechtfertigen (BGH aaO; Klein/Jäger, AO, 13. Aufl., § 370 Rn. 283). Der Verweis darauf, dass dem Angeklagten die hinterzogenen Beträge zu Gute gekommen sind, genügt dem nicht.

III.


Die Revision der Staatsanwaltschaft
23
1. Verfahrensrüge
24
Die Revision rügt eine Verletzung des § 257c Abs. 3 Satz 4 StPO. Die Rüge erweist sich bereits als unzulässig, § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO. Denn es sind nicht alle Verfahrenstatsachen so vollständig, genau und aus sich heraus verständlich dargelegt, dass der Senat allein auf dieser Grundlage ohne Rückgriff auf die Akten prüfen kann, ob der behauptete Verfahrensfehler vorliegt, wenn die behaupteten Tatsachen bewiesen werden.
25
Der Vortrag der Revision erschöpft sich darin, auszugsweise Protokollinhalt wiederzugeben. Dieser enthält schon nicht die bestimmte Behauptung eines verfahrensfehlerhaften tatsächlichen Geschehens (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Dezember 2013 – 3 StR 210/13, NJW 2014, 1254). Eine Beanstandung der fehlerhaften Protokollierung lässt sich der Rüge nicht entnehmen (vgl. hierzu BGH, Beschlüsse vom 29. April 2015 – 1 StR 235/14, NStZ-RR 2015, 278 und vom 15. April 2014 – 3 StR 89/14, NStZ 2014, 418). Der Vortrag ist aber auch deswegen nicht vollständig, weil die Inhalte der in Bezug genommenen Vermerke der Vorsitzenden und der Erklärungen der Staatsanwaltschaft nur auszugsweise mitgeteilt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 3. August 2016 – 5 StR 294/16). Die Kenntnis von deren vollständigem Inhalt wäre aber zur Entscheidung erforderlich. Denn anders als in der von der Revision in Bezug genommenen Senatsentscheidung vom 11. Mai 2016 – 1 StR 71/16, in der ein Verstoß gegen Belehrungspflichten gerügt wurde, könnte die Kenntnis des vollständigen Inhalts den relevanten Verfahrensablauf in einem anderen Licht darstellen. Der Vortrag der Revision vermittelt dem Revisionsgericht kein umfassendes Bild über das dem gerügten Verfahrensfehler zugrunde liegende prozessuale Geschehen, auch weil bestimmte Vorgänge, insbesondere zustimmende bzw. initiative Stellungnahmen des Vertreters der Staatsanwaltschaft zu der letztlich erfolgten Verfahrensweise (u.a. S. 6 f. des Protokolls vom 8. April 2016) nicht erwähnt werden.
26
Soweit die Revision auf die Urteilsgründe Bezug nimmt, wonach „Der Angeklagte und seine Verteidiger … den Vorschlag angenommen“ haben,er- setzt dies die Mängel des Vortrags nicht. Zwar kann bei einer zusätzlich zur Verfahrensrüge erhobenen Sachrüge ergänzend auf die Urteilsgründe zurückgegriffen werden (BGH, Beschluss vom 20. Januar 2016 – 4 StR 376/15, StV 2016, 771), allein ergibt sich aber aus dieser Passage nicht, dass eine Zustimmung der Staatsanwaltschaft nicht erfolgt ist.
27
2. Sachrüge
28
Die auf die Verletzung des § 46 StGB gestützte Sachrüge hat Erfolg und führt zur Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs und des Ausspruchs über die Kompensation für die überlange Verfahrensdauer. Jedoch weist die Zumessung der Einzelstrafen keinen Rechtsfehler auf.
29
a) Soweit beanstandet wird, dass das Landgericht rechtsfehlerhaft der Strafzumessung eine Verständigung zugrunde gelegt hat, ergibt sich dies aus den Urteilsgründen, die dem Senat im Rahmen der Sachrüge allein zur Verfü- gung stehen, nicht. Aus der Darstellung, „Der Angeklagte und seine Verteidiger haben den Vorschlag angenommen“ ergibt sich nicht zwingend, dass die übri- gen Voraussetzungen einer wirksamen Verständigung nicht vorgelegen haben. Eine zulässige Verfahrensrüge ist nicht erhoben.
30
Der Senat besorgt nicht, das Landgericht habe bei der Berücksichtigung der „geständigen Einlassung“ des Angeklagten deren begrenzten Umfang aus dem Blick verloren. Es setzt sich an mehreren Stellen des Urteils damit auseinander , dass der Angeklagte sämtliche Anklagepunkte dem Grunde nach eingeräumt, aber in größerem Umfang der Manipulation der Umsatzergebnisse überführt worden ist. Soweit die Revisionsführerin die Verhängung einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und einer Gesamtgeldstrafe von 340 Tagessätzen bei einer den festgestellten Schuldumfang nicht voll erfassenden Einlassung als widersprüchlich zu dem im Urteil dargestellten Verständigungs- inhalt („maximale Strafobergrenze von2 Jahren, verbunden mit einer isolierten Geldstrafe von um die 300 Tagessätzen“ für den Fall eines „vollständigen Geständnisses zu allen noch gegenständlichen Anklagepunkten“) beanstandet, zeigt dies keinen revisionsrechtlich relevanten Rechtsfehler auf.
31
Die Gewichtung der strafmildernden Berücksichtigung des Zeitablaufs zwischen den Steuerhinterziehungstaten und dem Urteil erweist sich nicht als durchgreifend rechtsfehlerhaft. Zwar ist der Revision darin zuzustimmen, dass die Tathandlungen der Abgabe unvollständiger Steuererklärungen nicht – wie das Landgericht bei der Strafzumessung ausführt – zwischen den Jahren 2001 und 2007 erfolgten, sondern die erste Tat am 7. November 2002 und die letzte am 19. März 2009 begangen wurde. Das Landgericht hatte jedoch ersichtlich als Anknüpfungspunkt die Manipulationen an der Buchführung im Blick, die zwischen 2001 und 2007 stattfanden und die es dem Angeklagten wegen der dabei zu Tage getretenen kriminellen Energie strafschärfend angelastet hat. Letztlich kann der Senat ausschließen, dass das Tatgericht ohne diese – angesichts des verbleibenden Zeitabstands – eher marginale Fehleinschätzung hinsichtlich der Zeitpunkte der Tatbegehung auf eine andere Strafhöhe erkannt hätte.
32
b) Jedoch besorgt der Senat, dass sich das Landgericht bei der Gesamtstrafenbildung von rechtsfehlerhaften Gesichtspunkten hat leiten lassen.
33
Ob beim Zusammentreffen einer Freiheitsstrafe mit Einzelgeldstrafen eine Gesamtfreiheitsstrafe gebildet wird oder eine Geldstrafe oder Gesamtgeldstrafe selbständig neben der Freiheitsstrafe ausgesprochen wird, liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Dezember 2007 – 5 StR 504/07, NStZ 2009, 27; Urteil vom 17. Januar 1989 – 1 StR 730/88, BGHR StGB § 53 Abs. 2 Einbeziehung 1). Dabei hat es unter Berücksichtigung der allgemeinen Strafzumessungserwägungen zu prüfen, ob eher eine längere Gesamtfreiheitsstrafe oder eine kürzere Freiheitsstrafe neben einer Geldstrafe den Strafzwecken entspricht (vgl. BGH, Beschlüsse vom 17. Dezember 2014 – 4 StR 486/14, NStZ 2015, 334 und vom 11. Juni 2002 – 1 StR 142/02, NStZ-RR 2002, 264). Aus Wortlaut und Systematik des § 53 Abs. 2 StGB ergibt sich, dass die selbständige Verhängung einer Geldstrafe neben einer Freiheitsstrafe die Ausnahme bildet (BGH, Beschluss vom 11. Juni 2002 – 1 StR 142/02, NStZ-RR 2002, 264); sie bedarf daher – anders als der Regel- fall der Gesamtstrafenbildung (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Oktober 2010 – 1 StR 484/10, wistra 2011, 19) – regelmäßig besonderer Begründung (vgl. Fischer, StGB, 64. Aufl., § 53 Rn. 5 mwN).
34
Diesen Begründungsanforderungen wird das Landgericht nicht gerecht. Es stellt formelhaft allein darauf ab, den Angeklagten auch am Vermögen strafen zu wollen. Vor dem Hintergrund der dargestellten wirtschaftlichen Verhältnisse – der Angeklagte ist auf 450 €-Basis bei seiner Ehefrau angestellt – erschließt sich diese Erwägung für sich genommen nicht. Sie lässt vielmehr besorgen , dass das Landgericht sich nicht an den strafzumessungsrelevanten Umständen nach § 46 StGB ausgerichtet hat, sondern sich allein von dem Bestreben hat leiten lassen, die Gesamtfreiheitsstrafe in jedem Fall noch zur Bewährung aussetzen zu können; das aber wäre rechtlich zu beanstanden (BGH, Urteile vom 17. März 2009 - 1 StR 627/08, NJW 2009, 1979, 1984; vom 19. Dezember 2000 – 5 StR 490/00, BGHR StGB, § 53 Abs. 2 Nichteinbeziehung 3 und vom 17. September 1980 – 2 StR 355/80, BGHSt 29, 319, 321).
35
Der Aufhebung von Feststellungen bedurfte es insoweit nicht, da diese vom Rechtsfehler nicht betroffen sind. Das neu zuständige Tatgericht kann ergänzende Feststellungen treffen, solange diese den bisherigen nicht widersprechen.
36
3. Der Senat hat den Ausspruch über die Kompensation für die unangemessene Verfahrensdauer mit aufgehoben, damit das neu zuständige Tatgericht die Kompensation auf die Gesamtsanktion abstimmen kann. Graf Jäger Bellay Cirener Hohoff

(1) Wer ohne behördliche Erlaubnis öffentlich ein Glücksspiel veranstaltet oder hält oder die Einrichtungen hierzu bereitstellt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Als öffentlich veranstaltet gelten auch Glücksspiele in Vereinen oder geschlossenen Gesellschaften, in denen Glücksspiele gewohnheitsmäßig veranstaltet werden.

(3) Wer in den Fällen des Absatzes 1

1.
gewerbsmäßig oder
2.
als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat,
wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(4) Wer für ein öffentliches Glücksspiel (Absätze 1 und 2) wirbt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt.

(2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1).

(3) Hat der Täter aus grobem Unverstand verkannt, daß der Versuch nach der Art des Gegenstandes, an dem, oder des Mittels, mit dem die Tat begangen werden sollte, überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte, so kann das Gericht von Strafe absehen oder die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2).

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

(1) Wer ohne behördliche Erlaubnis öffentlich ein Glücksspiel veranstaltet oder hält oder die Einrichtungen hierzu bereitstellt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Als öffentlich veranstaltet gelten auch Glücksspiele in Vereinen oder geschlossenen Gesellschaften, in denen Glücksspiele gewohnheitsmäßig veranstaltet werden.

(3) Wer in den Fällen des Absatzes 1

1.
gewerbsmäßig oder
2.
als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat,
wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(4) Wer für ein öffentliches Glücksspiel (Absätze 1 und 2) wirbt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 118/11
vom
15. Mai 2012
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
Die Strafbarkeit des Geschäftsführers einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung
wegen Bankrotts setzt nicht voraus, dass die Tathandlung im Interesse der
Gesellschaft liegt (Aufgabe der "Interessentheorie").
BGH, Beschluss vom 15. Mai 2012 - 3 StR 118/11 - LG Oldenburg
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Beihilfe zur Untreue u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 15. Mai 2012 gemäß
§ 349 Abs. 2 StPO einstimmig beschlossen:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 27. September 2010 werden verworfen. Die Beschwerdeführer haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen Beihilfe zur Untreue in Tateinheit mit Beihilfe zum Bankrott zu Geldstrafen verurteilt, nachdem der Senat (mit Beschluss vom 10. Februar 2009 - 3 StR 372/08, NJW 2009, 2225) eine in derselben Sache zuvor ergangene Verurteilung wegen Beihilfe zum Bankrott aufgrund unzureichender Feststellungen aufgehoben hatte. Die gegen die (erneute ) Verurteilung gerichteten Revisionen der Angeklagten, die sie auf Verfahrensrügen und sachlich-rechtliche Beanstandungen stützen, haben keinen Erfolg.

I.

2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts waren die Angeklagten zu nahezu gleichen Teilen an der nach dem Tode des Vaters übernommenen G. S. Gruppe beteiligt. Der Angeklagte S. war Geschäftsführer der G. S. GmbH mit Sitz in E. . Diese Gesellschaft war Komplementärin der am selben Ort ansässigen G. S. GmbH & Co. KG (im Folgenden: S. KG), deren alleinige Kommanditisten der Angeklagte S. zu 51 Prozent und die Angeklagte L. , geborene S. , zu 49 Prozent waren. Die S. KG fungierte als Besitzgesellschaft und hielt die Anteile an der in N. ansässigen G. S. GmbH (im Folgenden: S. GmbH) sowie an der ebenfalls in N. ansässigen Se. Zucht- und Mastenten GmbH (im Folgenden: Se. GmbH), die wiederum die Anteile an weiteren Produktionsgesellschaften hielt. Der Angeklagte S. war auch in der S. GmbH und der Se. GmbH jeweils Geschäftsführer, der Angeklagten L. war Prokura erteilt.
3
Die Angeklagten betrieben bis zum Jahr 2002 mit wirtschaftlichem Erfolg u.a. unter der Marke "B. Enten" die Entenzucht und den weltweiten Vertrieb von Entenprodukten. Ein Umsatzeinbruch führte im Frühjahr 2003 zu einem erhöhten Kreditbedarf. Es kam zu verschiedenen Verhandlungen mit den beiden Hausbanken. Als nach einem Gespräch am 13. Februar 2004 den Kreditwünschen nicht entsprochen wurde, erkannten die Angeklagten, dass der Bestand ihres Unternehmens ernsthaft in Gefahr war. Sie bemühten sich daraufhin - wie bereits zuvor - um eine Umschuldung und die Gewinnung eines weiteren Gesellschafters, blieben damit aber erfolglos.
4
In dieser Situation bestellten die Angeklagten zum 1. März 2004 den ehemaligen Mitangeklagten K. zum Geschäftsführer der G. S. GmbH sowie der S. GmbH und der Se. GmbH. Der Angeklagte S. schied als Geschäftsführer aus, die Prokura der Angeklagten L. wurde widerrufen. Da der neue Geschäftsführer über keine Erfahrung in der Branche verfügte, blieben die Angeklagten weiter für die Gesellschaften tätig, wofür sie vom neuen Geschäftsführer pauschal jeweils 250.000 € erhalten sollten. Wegen der angespannten Liquiditätslage der Gesellschaften vereinbarten die Angeklagten mit dem früheren Mitangeklagten eine rein erfolgsabhängige Geschäftsführervergütung. Es kam indes nur zu einem nach dieser Vereinbarung provisionspflichtigen Geschäftsabschluss mit einem Volumen von 1,67 Mio. €, weitere in Aussicht genommene Verträge kamen nicht zustande.
5
In einem Gespräch mit Bankvertretern am 8. März 2004 kündigte K. an, zur Verbesserung der Liquidität Reserven aufzulösen. Die Bankvertreter untersagten ihm daraufhin weitere Verfügungen über den Banken zustehendes Sicherungsgut ohne deren Zustimmung, weil sie befürchteten, K. wolle Waren oder Güter verschleudern. Tatsächlich hatte er schon am 27. Februar 2004 zusammen mit dem Angeklagten S. 1.475 Tonnen Enten- fleisch zum Gesamtpreis von 1,67 Mio. € - und damit erheblich unter den Gestehungskosten - verkauft und dabei die Bezahlung mit LZB-Schecks vereinbart , die sodann nicht bei den Hausbanken, sondern bei anderen Banken eingelöst wurden. Die Hausbanken wurden davon nicht informiert, der Gegenwert der Schecks wurde nicht an diese abgeführt. Dies verstieß sowohl hinsichtlich der Preisgestaltung als auch hinsichtlich der Entgegennahme des Kaufpreises gegen die mit den Banken bestehende Globalzessionsabrede. Ab 1. März 2004 ließ sich K. eingehende Schecks vorlegen und brachte diese unter Umgehung der Buchhaltung neu eröffneten Konten gut. Insgesamt reichte er in den folgenden Wochen Schecks im Wert von rund 3 Mio. € bei anderen Banken ein. In Absprache mit den Angeklagten, die auch sonst über alle wesentlichen Vorgänge informiert waren, verlagerte K. ab Ende März 2004 das operative Geschäft auf die "LM. GmbH". Diese Gesellschaft war die einzige innerhalb der S. -Firmengruppe, die keine unmittelbaren vertraglichen Beziehungen zu den Hausbanken hatte.
6
Mit Schreiben vom 9. März 2004 verlangten die Hausbanken binnen drei Tagen u.a. die Vorlage eines Liquiditätsstatus und eine Übersicht über bereits veräußertes Sicherungsgut und drohten für den Fall des fruchtlosen Verstreichens der Frist mit der außerordentlichen Kündigung des Kreditengagements. K. vertröstete sie auf den 23. März 2004. Die Banken kündigten daraufhin am 15. März 2004 und am 23. März 2004 die gesamte Geschäftsverbindung und setzten für die bestehenden Verbindlichkeiten aller Gesellschaften, insgesamt fast 23 Mio. €, eine Zahlungsfrist bis zum 2. April 2004. Weder die S. GmbH noch die S. -Gruppe in ihrer Gesamtheit waren in der Lage, diese Forderung bei Fälligkeit oder in den folgenden drei Wochen zu begleichen.
7
Anfang April 2004 stellte der Geschäftsführer K. in Absprache und nach Vereinbarung mit den Angeklagten der S. GmbH und der Se. GmbH drei Rechnungen über insgesamt fast 2 Mio. €, die nunmehr - entgegen der ursprünglichen Vereinbarung - auch eine erfolgsunabhängige Vergütung sowie Erfolgshonorare für tatsächlich nicht zustande gekommene Geschäfte zum Gegenstand hatten, und vereinnahmte diesen Betrag (abzüglich bereits erhaltener 250.000 €) letztlich aus dem Vermögen der S. GmbH. Nach der ursprünglichen Vereinbarung hätte ihm ein Anspruch in Höhe von allenfalls knapp 200.000 € zugestanden. Die Angeklagten waren einverstanden, weil sie sich aus den Beträgen, die K. erhielt, ihrerseits je 250.000 € erwarteten und mit Hilfe dieser Summe mit der zwischenzeitlich von ihnen erworbenen Gesellschaft "LM. GmbH" und der Marke "B. Enten" einen Neustart des Familienunternehmens schaffen wollten. Sie kannten die fehlende Berechtigung der Forderungen und wussten zum Zeitpunkt ihrer Zustimmung um die wirtschaftliche Lage der Unternehmensgruppe, insbesondere, dass eine infolge der Kündigungen erforderliche fristgerechte Zahlung der bei den Banken bestehenden Verbindlichkeiten nicht geleistet werden konnte und sich die S. -Gruppe daher im Zustand der drohenden Zahlungsunfähigkeit befand. K. zahlte aus dem entnommenen Betrag an die beiden Angeklagten insgesamt 500.000 €. Über das Vermögen der S. GmbH und der Se. GmbH wurde auf Antrag der Banken das Insolvenzverfahren eröffnet.
8
2. Das Landgericht hat das Verhalten des früheren Mitangeklagten K. - die Entnahme von rund 1,7 Mio. €, auf die ein Rechtsanspruch nicht bestand - als Untreue zum Nachteil der S. GmbH gewertet. Es hat ausgeführt, dass das Einverständnis der Angeklagten wegen der Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz der Gesellschaft durch die Entnahme unwirksam sei. Zugleich hat es das Verhalten als Bankrotthandlung nach § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB angesehen. Zwar habe der Geschäftsführer K. nicht im Interesse der S. GmbH, sondern eigennützig gehandelt, hierauf komme es indes nicht an. Das Verhalten der Angeklagten hat das Landgericht als Beihilfe zu den Taten des früheren Mitangeklagten K. beurteilt.

II.

9
Die gegen das Urteil von beiden Angeklagten übereinstimmend erhobenen Verfahrensrügen sind, wie vom Generalbundesanwalt dargelegt, im Ergebnis unbegründet. Die Sachrüge hat ebenfalls keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben. Der näheren Erörterung bedarf insoweit lediglich die (zutreffende) rechtliche Würdigung des Landgerichts.
10
1. Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass sich der frühere Mitangeklagte als Geschäftsführer der S. GmbH wegen Bankrotts unabhängig davon strafbar machte, dass er eigennützig und zum Schaden der Gesellschaft handelte, und die Angeklagten dazu Beihilfe leisteten.
11
a) Der Bundesgerichtshof ist bislang - die Rechtsprechung des Reichsgerichts (Urteil vom 29. März 1909 - III 877/08, RGSt 42, 278, 282; aA indes RG, Urteil vom 22. Dezember 1938 - 2 D 581/38, RGSt 73, 68, 70) fortführend - in ständiger Rechtsprechung davon ausgegangen, dass der Geschäftsführer einer GmbH sich wegen Bankrotts nach § 283 Abs. 1 Nr. 1, § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB nur strafbar machen könne, wenn er die Tathandlung für die GmbH und (zumindest auch) in deren Interesse vorgenommen hat (vgl. etwa BGH, Urteile vom 20. Mai 1981 - 3 StR 94/81, BGHSt 30, 127, 128; vom 5. Oktober 1954 - 2 StR 447/53, BGHSt 6, 314, 316 f.; vom 6. November 1986 - 1 StR 327/86, BGHSt 34, 221, 223; Beschluss vom 14. Dezember 1999 - 5 StR 520/99, NStZ 2000, 206, 207, jeweils mwN; s. auch LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., Vor §§ 283 ff. Rn. 79 ff.; Arloth, NStZ 1990, 570 ff.). Dieser als "Interessentheorie" bezeichneten Ansicht liegt die Auffassung zugrunde, dass das Gesellschaftsorgan nicht in dieser Eigenschaft handele, wenn ein Bezug zum - durch den Interessenkreis bestimmten - Geschäftsbetrieb fehle (RG, Urteil vom 29. März 1909 - III 877/08, RGSt 42, 278, 282). Daher hat die bisherige Rechtsprechung eine Strafbarkeit wegen Bankrotts abgelehnt, wenn der Vertreter ausschließlich im eigenen Interesse handelt.
12
b) An der Interessentheorie hält der Senat nicht weiter fest, da sich weder aus dem Gesetzeswortlaut noch nach dem Gesetzeszweck eine solche auf das Interesse des Vertretenen abstellende Einschränkung ergibt und sie berechtigte Kritik erfahren hat.
13
aa) Der Gesetzeswortlaut stellt für die Zurechnung nicht auf das Interesse des Vertretenen ab: Nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 StGB kommt die Strafbarkeit des Geschäftsführers einer GmbH bei Bankrotttaten in Betracht, wenn er "als vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person" gehandelt hat. Dies setzt neben der Organstellung als solcher voraus, dass der Vertretungsberechtigte in seiner Eigenschaft als Organ gehandelt hat (vgl. BT-Drucks. 5/1319 S. 63; BT-Drucks. 14/8998 S. 8: " 'in Ausübung' seiner Funktion"). Eine nähere Konkretisierung, wann ein Vertretungsberechtigter gerade in dieser Eigenschaft handelt, enthält der Gesetzeswortlaut nicht.
14
bb) Der vom Gesetzgeber mit der Regelung des § 14 StGB verfolgte Zweck besteht - ebenso wie bei dem zuvor geltenden § 50a StGB - darin, den Anwendungsbereich von Straftatbeständen allgemein auf Personen zu erweitern , die in einem bestimmten Vertretungs- oder Auftragsverhältnis für den Normadressaten handeln, und die kriminalpolitisch nicht erträgliche Lücke zu schließen, die sich daraus ergibt, dass der Normadressat mangels Handlung und der Handelnde deshalb nicht zur Verantwortung gezogen werden kann, weil er nicht Normadressat ist (BT-Drucks. 5/1319 S. 62). Dieser Regelungszweck spricht nicht für eine einschränkende Normauslegung.
15
cc) Mit der dargelegten Intention des § 14 StGB lässt sich insbesondere nicht vereinbaren, dass die Interessentheorie im Ergebnis bei einer Vielzahl von Taten einer Strafbarkeit nach § 283 StGB entgegensteht, weil der Vermögensträger als juristische Person und die handelnde natürliche Person auseinanderfallen.
16
So lässt die Interessentheorie für die Insolvenzdelikte nur einen geringen Anwendungsbereich, wenn Schuldner im Sinne des § 283 StGB eine Handelsgesellschaft ist (LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., Vor §§ 283 ff. Rn. 80; SKStGB /Hoyer, § 283 Rn. 103 [Stand: März 2002]; MünchKommStGB/Radtke, 1. Aufl., Vor §§ 283 ff. Rn. 55; Labsch, wistra 1985, 1, 6 ff.; jeweils mwN); denn die in § 283 StGB aufgezählten Bankrotthandlungen widersprechen ganz überwiegend dem wirtschaftlichen Interesse der Gesellschaft. Damit läuft bei Anwendung der Interessentheorie der vom Gesetzgeber intendierte Gläubigerschutz in der wirtschaftlichen Krise insbesondere von Kapitalgesellschaften bei Anwendung der Interessentheorie weitgehend leer (vgl. Winkler, jurisPR-StrafR 16/2009 Anm. 1). Besonders augenfällig wird dies in Fällen der Ein-MannGmbH , in denen der Gesellschafter/Geschäftsführer der Gesellschaft angesichts der drohenden Insolvenz zur Benachteiligung der Gläubiger Vermögen entzieht und auf seine privaten Konten umleitet, nach wirtschaftlicher Betrachtung also aus eigennützigen Motiven handelt. Nach der Interessentheorie ist er nicht des Bankrotts schuldig, obwohl er die Insolvenz gezielt herbeigeführt hat (vgl. BGH, Urteil vom 20. Mai 1981 - 3 StR 94/81, BGHSt 30, 127, 128 f.; kritisch dazu LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., Vor §§ 283 ff. Rn. 80, 85).
17
Während Einzelkaufleute in vergleichbaren Fällen regelmäßig wegen Bankrotts strafbar sind, entstehen so Strafbarkeitslücken für Vertreter oder Organe von Kapitalgesellschaften. Dies lässt sich nicht mit der Intention des Gesetzgebers vereinbaren, durch die Regelung des § 14 StGB Strafbarkeitslücken zu schließen. Zudem wird angesichts der besonderen Insolvenzanfälligkeit von in der Rechtsform der GmbH betriebenen Unternehmen der Schutzzweck der Insolvenzdelikte konterkariert (vgl. BGH, Beschluss vom 1. September 2009 - 1 StR 301/09, BGHR StGB § 283 Abs. 1 Geschäftsführer 4; SK-StGB/Hoyer, § 283 Rn. 103 [Stand: März 2002]; MünchKommStGB/Radtke, 1. Aufl., Vor §§ 283 ff. Rn. 55). Das gilt insbesondere, wenn man die Interessenformel kon- sequent auch auf die Bankrotthandlungen anwendet, die die Verletzung von Buchführungs- oder Bilanzierungspflichten sanktionieren (§ 283 Abs. 1 Nr. 5-7 StGB): Entfällt wegen des fehlenden Interesses der Gesellschaft die Bankrottstrafbarkeit , scheitert eine Verurteilung wegen Untreue regelmäßig am nicht festzustellenden oder nicht nachzuweisenden Vermögensschaden der Gesellschaft (vgl. Arloth, NStZ 1990, 570, 572; LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., Vor §§ 283 ff. Rn. 84).
18
Über die nicht gerechtfertigte Privilegierung von GmbH-Geschäftsführern gegenüber Einzelkaufleuten hinaus wird der Zweck der § 283 Abs. 1 Nr. 5-8, § 283b StGB unterlaufen, der Verstöße gegen Buchführungs- und Bilanzierungsvorschriften wegen der besonderen Gefahr von Fehleinschätzungen mit schwerwiegenden wirtschaftlichen Folgen als eigenständiges Unrecht erfassen will (vgl. Arloth, NStZ 1990, 570, 572). Angesichts der dort genannten objektiven Anforderungen wäre kaum verständlich, dass daneben noch auf ein - zudem oft schwerlich zu ermittelndes - subjektives Interesse abzustellen sein soll (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Dezember 2011 - 5 StR 122/11, StV 2012, 216; S/S-Perron, StGB, 28. Aufl., § 14 Rn. 26 mwN). Es besteht auch kein Anlass, bei der Auslegung des § 14 StGB im Hinblick auf § 283 Abs. 1 Nr. 5-7, § 283b StGB andere Anforderungen zu stellen als etwa im Rahmen des § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB, da § 14 StGB eine der Rechtsvereinheitlichung dienende allgemeine Vorschrift darstellt (BT-Drucks. 5/1319 S. 62).
19
Überdies erscheint es problematisch, bei Fahrlässigkeits- und Unterlassungstaten die Zurechnung davon abhängig zu machen, in wessen Interesse der Vertreter handelte oder untätig blieb (vgl. S/S-Perron, StGB, 28. Aufl., § 14 Rn. 26). Ähnliches gilt bei nicht eigennützigem Verhalten, etwa bei der Zerstörung von Vermögensbestandteilen (§ 283 Abs. 1 Nr. 1 Var. 3 StGB), da ein solches bei einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise (vgl. BGH, Urteil vom 20. Mai 1981 - 3 StR 94/81, BGHSt 30, 127, 128 mwN) weder im Interesse des Vertreters noch des Vertretenen liegt (vgl. Brand, NStZ 2010, 9, 11).
20
dd) In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Interessentheorie bei Vertretern von Personengesellschaften für die praktisch relevanten Fälle, dass die Gesellschafter der Bankrotthandlung zustimmen (vgl. dazu Labsch, wistra 1985, 1, 7), zudem nicht durchgehalten worden; ein Handeln, das aus wirtschaftlicher Sicht im vollständigen Widerstreit zu den Interessen der vertretenen Gesellschaft steht, soll etwa bei der Kommanditgesellschaft gleichwohl von dem durch das Einverständnis erweiterten Auftrag des Schuldners - also der Gesellschaft - gedeckt sein, wenn der Komplementär zustimmt (BGH, Urteil vom 6. November 1986 - 1 StR 327/86, BGHSt 34, 221, 223 f. = BGH StV 1988, 14, 15 m. Anm. Weber). Die Einschränkung der Interessentheorie sei insbesondere aus Gründen des Gläubigerschutzes geboten (BGH, Urteil vom 6. November 1986 - 1 StR 327/86, BGHSt 34, 221, 224). Diese Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof in der Folge auch auf Fälle der GmbH & Co. KG erstreckt, in denen der Geschäftsführer einer Komplementär-GmbH die Bankrotthandlungen mit Zustimmung der Gesellschafter dieser Kapitalgesellschaft und damit der Komplementärin vorgenommen hatte (BGH, Urteil vom 12. Mai 1989 - 3 StR 55/89, wistra 1989, 264, 267; aA BGH, Urteil vom 29. November 1983 - 5 StR 616/83, wistra 1984, 71; BGH, Urteil vom 17. März 1987 - 5 StR 272/86, JR 1988, 254, 255 f. m. abl. Anm. Gössel; offen gelassen von BGH, Urteil vom 3. Mai 1991 - 2 StR 613/90, NJW 1992, 250, 252). Der Gläubigerschutz hat aber bei den in der Rechtsform der GmbH betriebenen Gesellschaften kein geringeres Gewicht als bei Personengesellschaften oder insbesondere der Mischform der GmbH & Co. KG, so dass mit dieser Argumentation nicht nachvollziehbar erscheint, warum die Zustimmung der Gesellschafter einer Komplementär-GmbH den Auftrag des Geschäftsführers erweitern kann, das Einverständnis der Gesellschafter bei einer reinen Kapitalgesell- schaft für die Frage, ob der Geschäftsführer als Organ oder im Auftrag der Gesellschaft handelt, hingegen bedeutungslos sein soll.
21
Auch in Bezug auf die Buchführungs- und Bilanzdelikte hat der Bundesgerichtshof nicht einheitlich an der Interessentheorie festgehalten, sondern diese - teils ausdrücklich, teils stillschweigend - in Frage gestellt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 15. Dezember 2011 - 5 StR 122/11, StV 2012, 216; vom 24. Mai 2009 - 5 StR 353/08, NStZ 2009, 635, 636; vom 18. Januar 1995 - 2 StR 693/94, wistra 1995, 146 f.; anders etwa BGH, Beschluss vom 14. Dezember 1999 - 5 StR 520/99, NStZ 2000, 206, 207).
22
c) Kommt es für ein Handeln als Vertretungsberechtigter im Sinne des § 14 Abs. 1 StGB nicht (mehr) darauf an, ob dieses im Interesse des Geschäftsherrn liegt, ist auf andere taugliche Abgrenzungskriterien Bedacht zu nehmen (dazu bereits BGH, Beschlüsse vom 10. Februar 2009 - 3 StR 372/08, NJW 2009, 2225, 2228; vom 15. September 2011 - 3 StR 118/11, NStZ 2012, 89, 91). Entscheidend bleibt, dass der Handelnde gerade in seiner Eigenschaft als vertretungsberechtigtes Organ, also im Geschäftskreis des Vertretenen (BGH aaO), und nicht bloß "bei Gelegenheit" tätig wird (vgl. BTDrucks. 14/8998 S. 8; 5/1319 S. 63). Dabei kann zwischen rechtsgeschäftlichem und sonstigem Handeln zu differenzieren sein (vgl. MünchKommStGB /Radtke, 2. Aufl., § 14 Rn. 65 ff.; S/S-Perron, StGB, 28. Aufl., § 14 Rn. 26; ausdrücklich anders noch BGH, Urteil vom 20. Mai 1981 - 3 StR 94/81, BGHSt 30, 127, 129).
23
Handelt ein Organwalter rechtsgeschäftlich, ist ein organschaftliches Tätigwerden jedenfalls dann naheliegend gegeben, wenn er im Namen der juristischen Person auftritt oder für diese aufgrund der bestehenden Vertretungsmacht bindende Rechtsfolgen zumindest im Außenverhältnis herbeiführt (vgl.
BGH, Beschlüsse vom 10. Februar 2009 - 3 StR 372/08, NJW 2009, 2225, 2228; vom 15. September 2011 - 3 StR 118/11, NStZ 2012, 89, 91 m. Anm. Radtke/Hoffmann). Das Handeln des Vertretungsberechtigten als Organ wird etwa dadurch deutlich, dass er lediglich aufgrund seiner besonderen Organstellung überhaupt in der Lage ist, die vertretene juristische Person rechtlich zu binden. Diese Wirkung könnte er nicht herbeiführen, wenn er nicht als vertretungsberechtigtes Organ, sondern - gleichsam wie ein Außenstehender - als natürliche (Privat-) Person agierte (vgl. Arloth, NStZ 1990, 570, 574).
24
Eine Zurechnung der Schuldnereigenschaft ist auch in den Fällen möglich , in denen der Vertretungsberechtigte aufgrund seiner Stellung außerstrafrechtliche , aber gleichwohl strafbewehrte Pflichten des Vertretenen zu erfüllen hat (s. LK/Tiedemann, 12. Aufl., Vor §§ 283 ff. Rn. 84; NK-StGB-Kindhäuser, 3. Aufl., Vor §§ 283 bis 283d Rn. 54).
25
Dagegen erscheint die Abgrenzung bei einem bloß faktischen Handeln problematischer. Ein solches kann jedenfalls dann Grundlage für eine Zurechnung sein, wenn eine Zustimmung des Vertretenen vorliegt (vgl. BGH, Beschluss vom 15. September 2011 - 3 StR 118/11, NStZ 2012, 89, 91; weitergehend BGH, Beschluss vom 10. Januar 2012 - 4 ARs 17/11, wistra 2012, 191; s. auch MünchKommStGB/Radtke, 2. Aufl., § 14 Rn. 67 f.; Valerius, NZWiSt 2012, 65, 66).
26
Es bedarf hier keiner abschließenden Klärung, unter welchen Voraussetzungen im Einzelnen bei rein tatsächlichen Verhaltensweisen eine Zurechnung nach § 14 StGB in Betracht kommt; denn ein solches liegt nicht vor. Der Geschäftsführer K. ist rechtsgeschäftlich tätig geworden. Er verschaffte sich die Beträge im Wesentlichen durch Überweisungen, die er als Geschäftsführer der GmbH mit Wirkung für diese vornahm.
27
d) Der Senat ist durch die bislang ergangenen Entscheidungen nicht daran gehindert, eine Strafbarkeit der Angeklagten wegen Beihilfe zum Bankrott anzunehmen, obschon der Geschäftsführer der S. GmbH Gesellschaftsvermögen nicht im Interesse der GmbH, sondern in eigenem Interesse beiseite schaffte. Auf Anfrage (§ 132 Abs. 3 Satz 1 GVG) haben sämtliche anderen Strafsenate erklärt, an ihrer insoweit entgegenstehenden früheren Rechtsauffassung nicht festzuhalten (vgl. BGH, Beschlüsse vom 29. November 2011 - 1 ARs 19/11, wistra 2012, 113; vom 22. Dezember 2011 - 2 ARs 403/11; vom 10. Januar 2012 - 4 ARs 17/11, wistra 2012, 191; vom 7. Februar 2012 - 5 ARs 64/11). Auch der Senat selbst gibt seine entgegenstehende Rechtsansicht auf.
28
2. Das Landgericht hat die Strafbarkeit wegen Beihilfe zur Untreue (§§ 266, 27 StGB) ebenfalls rechtsfehlerfrei angenommen.
29
Der Geschäftsführer K. verursachte durch die vorgenommenen Verfügungen einen Vermögensnachteil der S. GmbH. Dies geschah pflichtwidrig , auch wenn die Angeklagten - durch die G. S. GmbH und die S. KG vermittelt - letztlich als natürliche Personen hinter der S. GmbH standen und damit einverstanden waren; denn ein solches Einverständnis ist jedenfalls dann unbeachtlich, wenn die betreffenden Verfügungen - wie hier - die wirtschaftliche Existenz der Gesellschaft gefährden. Hierzu gilt im Einzelnen:
30
Ein - wirksames - Einverständnis des Inhabers des zu betreuenden Vermögens schließt bereits die Tatbestandsmäßigkeit aus, weil die Pflichtwidrigkeit des Handelns Merkmal des Untreuetatbestandes ist (BGH, Urteil vom 24. Juni 2010 - 3 StR 90/10, BGHR StGB § 266 Abs. 1 Missbrauch 7 mwN). Vermögensträgerin ist die GmbH selbst, Vermögensträger sind nicht die einzelnen Gesellschafter. Allerdings tritt an die Stelle des Vermögensinhabers bei juristi- schen Personen deren oberstes Willensorgan für die Regelung der inneren Angelegenheiten (BGH aaO), bei einer GmbH also die Gesamtheit ihrer Gesellschafter (BGH, Urteil vom 27. August 2010 - 2 StR 111/09, BGHSt 55, 266, 278). Indes kann auch diese nicht unbeschränkt in Vermögensverfügungen einwilligen. Vielmehr ist ein Einverständnis nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, an welcher der Senat festhält, bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung ausgeschlossen, wenn unter Verstoß gegen Gesellschaftsrecht die wirtschaftliche Existenz der Gesellschaft gefährdet wird, namentlich durch Beeinträchtigung des Stammkapitals entgegen § 30 GmbHG, durch Herbeiführung oder Vertiefung einer Überschuldung oder durch Gefährdung der Liquidität (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 30. August 2011 - 3 StR 228/11, NStZ-RR 2012, 80; Beschluss vom 31. Juli 2009 - 2 StR 95/09, BGHSt 54, 52, 57 f.; Beschluss vom 30. September 2004 - 4 StR 381/04, NStZRR 2005, 86; Urteil vom 13. Mai 2004 - 5 StR 73/03, BGHSt 49, 147, 157 ff. [zur AG]; Urteil vom 20. Juni 1999 - 1 StR 668/98, NJW 2000, 154, 155; s. auch Lackner/Kühl, StGB, 27. Aufl., § 266 Rn. 20a; MünchKommStGB/Dierlamm, 2006, § 266 Rn. 133 ff.; LK/Rönnau, StGB, 12. Aufl., Vor § 32 Rn. 178; LK/Schünemann, StGB, 11. Aufl., § 266 Rn. 125; ablehnend SK-StGB/Hoyer, § 266 Rn. 70 [Stand: Juli 2010]; S/S-Perron, StGB, 28. Aufl., § 266 Rn. 21b; Fischer, StGB, 59. Aufl., § 266 Rn. 99; SSW-StGB/Saliger, 2009, § 266 Rn. 86). Eine solche Sachlage, die einem wirksamen Einverständnis entgegensteht, ist durch die vom Landgericht getroffenen Feststellungen belegt.
31
Es stellt entgegen einer vielfach im Schrifttum geäußerten Auffassung (s. z.B. Labsch, wistra 1985, 1, 7 f.; Arloth, NStZ 1990, 570, 573; Kasiske JR 2011, 235, 240; SK-StGB/Hoyer, § 266 Rn. 73 [Stand: Juli 2010]) keinen Wertungswiderspruch dar, die mit Zustimmung der Gesellschafter vorgenommene Entnahme von Vermögenswerten durch den Geschäftsführer sowohl als Bankrott als auch als Untreue zu beurteilen. Ein Eingriff in das Gesellschaftsvermögen kann gleichzeitig verschiedene Rechtsgüter beeinträchtigen, die durch die unterschiedlichen Strafvorschriften geschützt sind: Während der Untreuetatbestand das Vermögen des Treugebers wahren soll, dienen die Bankrottbestimmungen dem Schutz der Insolvenzmasse im Interesse der Gläubiger (vgl. BGH, Urteile vom 20. Juli 1999 - 1 StR 668/98, NJW 2000, 154, 155; vom 4. April 1979 - 3 StR 488/78, BGHSt 28, 371, 372 f.). Angesichts der eigenen Rechtspersönlichkeit der GmbH (§ 13 GmbHG) kann in den Fällen, in denen ein Einverständnis der Gesellschafter mit der Vermögensverfügung aus den dargelegten Gründen ausgeschlossen ist, ein Eingriff in das betreute Vermögen mithin die Strafbarkeit sowohl wegen Untreue als auch wegen Bankrotts begründen (s. BGH, Beschlüsse vom 10. Februar 2009 - 3 StR 372/08, NJW 2009, 2225, 2228; vom 15. September 2011 - 3 StR 118/11, NStZ 2012, 89, 91 m. zust. Anm. Radtke/Hoffmann; LK/Schünemann, StGB, 11. Aufl., § 266 Rn. 125, 171; aA etwa SK-StGB/Hoyer, § 266 Rn. 73 [Stand: Juli 2010]; S/S-Perron, StGB, 28. Aufl., § 266 Rn. 21b mwN).
32
Es bleibt dabei, dass die Untreue den Schutz des betreuten Vermögens, nämlich des Vermögens der GmbH, zum Gegenstand hat. Die Unwirksamkeit des Einverständnisses dient gerade diesem Vermögensschutz, unabhängig davon, dass dies mittelbar auch den Gläubigern zugutekommt (vgl. Radtke, GmbHR 2012, 28, 30; Ransiek, wistra 2005, 121, 122). Das gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Kapitalschutz nach § 30 GmbHG nicht ausschließlich den Gläubigern eine Befriedigungsreserve, sondern überdies der GmbH nach Möglichkeit ein ihren Bestand schützendes Mindestbetriebsvermögen sichern soll (s. BGH, Urteile vom 24. November 2003 - II ZR 171/01, BGHZ 157, 72, 75; vom 17. März 2008 - II ZR 24/07, BGHZ 176, 62, 65; Hommelhoff in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 17. Aufl., § 30 Rn. 1). Es bestehen somit gesetzlich gewährleistete Eigeninteressen der GmbH (BGH, Urteil vom 10. Juli 1996 - 3 StR 50/96, BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 37; s. auch BGH, Urteil vom 13. Mai 2004 - 5 StR 73/03, BGHSt 49, 147, 157 ff.), die von den Interessen der Gesellschafter unabhängig sind und daher deren Dispositionsmöglichkeit begrenzen. Becker Pfister RiBGH Dr. Schäfer befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker Mayer Menges

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 553/11
vom
26. September 2012
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Untreue u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
26. September 2012, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker
und die Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Fischer,
Dr. Appl,
Prof. Dr. Krehl
und die Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Ott,
Staatsanwältin
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
der Angeklagte S. persönlich,
die Angeklagte B. -B. persönlich,
Rechtsanwälte und
sowie
als Verteidiger des Angeklagten S. ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger der Angeklagten B. -B. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 21. Juli 2011 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht Frankfurt am Main hat den Angeklagten S. wegen Untreue, die Angeklagte B. -B. wegen Beihilfe hierzu, jeweils zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt, von denen jeweils vier Monate als vollstreckt gelten.
2
Die Revisionen der Angeklagten haben mit der Sachrüge Erfolg. Auf die erhobenen Verfahrensrügen kommt es daher nicht an.

I.

3
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts waren die Angeklagten seit den 1970er Jahren bei der auf dem Gebiet der Unternehmensberatung tätigen H. GmbH in F. beschäftigt. Die H. GmbH ist die Tochtergesellschaft der H. I. H. B.V. (N. ), die alleinige Gesellschafterin der H. GmbH ist. Der Angeklagte S. war seit 1982 Geschäftsführer der GmbH, seit 2001 zudem Chief Executive Officer der weltweiten H. -G. und leitete das gesamte operative Geschäft. Die Angeklagte B. -B. , die Fremdsprachenkenntnisse, jedoch keinen Berufsabschluss hatte, begann als Sekretärin und stieg im Laufe der Zeit auf. In den letzten Jahren vor ihrem Ausscheiden hatte sie die Positionen der Finanzdirektorin, Personalleiterin und Prokuristin inne und war Mitglied der Geschäftsleitung der GmbH. Hierbei unterstützte sie den Angeklagten S. und arbeitete eng mit diesem zusammen.
4
Ab Herbst 2002 kam es zu Auseinandersetzungen des Angeklagten S. mit den zuständigen Gremien über die Höhe der ihm zustehenden Bonuszahlungen. Als im Februar 2003 deshalb weitere Auseinandersetzungen mit der Geschäftsleitung des weltweiten Konzerns hinzukamen, mussten die Angeklagten damit rechnen, im Jahr 2003 nicht mehr in dem Unternehmen verbleiben zu können. Sie beschlossen, für diesen Fall finanziell Vorsorge zu Lasten der H. GmbH zu treffen.
5
a) Zu diesem Zweck schloss der Angeklagte S. am 16. Januar 2003 für die H. GmbH mit der Angeklagten B. -B. einen Ergänzungsvertrag zu ihrem Anstellungsvertrag. Hierdurch wurde zum einen ihr Fixgehalt von monatlich 16.106 € auf 30.000 € erhöht, wodurch sich ihr Jahresgehalt von 193.272 € auf 360.000 € erhöhte. Das erhöhte Fixgehalt beinhaltete dabei auch die der Angeklagten bisher gewährte Bonuszahlung für "Berater", die in den letzten 10 Jahren durchschnittlich 93.000 € betrug. Um die Gehaltserhöhung im Unternehmen nicht bekannt werden zu lassen, ließ die Angeklagte B. -B. ihr Gehalt auf zwei Kostenstellen aufteilen. In Höhe des ur- sprünglichen Fixgehalts von 16.106 € wurde die Kostenstelle "Innendienst" belastet , in Höhe der restlichen 13.894 € die Kostenstelle "Berater", obwohl sie zu keinem Zeitpunkt Beratertätigkeiten ausübte. Zum anderen enthielt der Ergänzungsvertrag eine Abfindungsregelung, wonach der Anstellungsvertrag der Angeklagten B. -B. bis zum 31. Dezember 2007 fest geschlossen sein sollte und im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch ordentliche Kündigung vor diesem Zeitpunkt eine Abfindung von zwei Jahresgehältern, also 780.000 €, zu zahlen war.
6
Ebenfalls am 16. Januar 2003 gewährte der Angeklagte S. der Angeklagten B. -B. mit gesondertem Vertrag eine Versorgungszusage, in der sich die zu ihren Gunsten eingegangenen Aufwendungen auf mehr als 30 % ihres erhöhten Jahresgehalts beliefen. Diese Ruhegeldzusage übertraf die entsprechenden Vereinbarungen der beiden übrigen Mitglieder der Geschäftsleitung , des Angeklagten S. und des Zeugen M. , denen jeweils eine Versorgungszusage von 12 % ihres Jahresgehalts gewährt worden war.
7
b) Einen Tag zuvor hatte der Angeklagte S. in Abstimmung mit der Angeklagten B. -B. ein Beförderungsschreiben abgefasst, in dem er ihre Beförderung zum 1. Januar 2003 bestätigte. Danach sollte sie gemeinsam mit dem General Manager, dem Zeugen M. , sowie dem Angeklagten S. in anteiliger Verantwortung für das Geschäft der H. GmbH in Deutschland, Österreich und der Schweiz verantwortlich sein und alle Verwaltungsbereiche der GmbH in direkter Personalverantwortung leiten. Ein tat- sächlicher Aufgabenzuwachs war hiermit jedoch nicht verbunden. Trotz ihrer formalen Positionen im Unternehmen setzte sie weiterhin lediglich Anweisungen des Angeklagten S. um und nahm keine eigenständigen, verantwortungsvollen Tätigkeiten im Bereich der Finanzleitung und des Personalwesens wahr.
8
c) Mit Datum vom 15. Juli 2003 schlossen die Angeklagten einen Aufhebungsvertrag , wodurch die Angeklagte B. -B. so gestellt wurde, als sei sie zum 31. Dezember 2003 ordentlich gekündigt worden. Der Angeklagten wurde - als Folge eines von der Angeklagten angestrengten und gewonnenen gerichtlichen Verfahrens - zunächst die vertraglich vereinbarte Abfindungs- summe von 780.000 € ausgezahlt. In einem vor dem Landesarbeitsgerichtgeschlossenen Vergleich verpflichtete sie sich zur Rückzahlung von 300.000 €.
9
2. Das Landgericht hat in dem Handeln des Angeklagten S. eine Untreue gesehen. Dieser sei zum Abschluss des Ergänzungs- und des Aufhebungsvertrages wie auch der Ruhegeldzusage nicht berechtigt gewesen, da der Ergänzungsvertrag unter Berücksichtigung der zum Quartalsende möglichen Kündigung eine feste Laufzeit von mehr als fünf Jahren vorsehe und der Angeklagte die nach § 15 Abs. 1 Buchst. d) des Gesellschaftsvertrages für solche (wie auch ihre Änderung betreffenden Verträge) erforderliche Zustimmung der Gesellschafterversammlung, d.h. der niederländischen Holding, nicht eingeholt habe. Für die Ruhegehaltszusage fehle es an der nach § 15 Abs. 1 Buchst. f) erforderlichen Zustimmung der Gesellschafterversammlung. Zudem hat das Landgericht festgestellt, dass für die Anpassung und Überprüfung des Grundgehalts der Angeklagten B. -B. der Vergütungsausschuss der Holding zuständig gewesen wäre, der nicht beteiligt worden sei. Schließlich ist das Landgericht zu der Überzeugung gelangt, dass für die Vertragsschlüsse zu Gunsten der Angeklagten B. -B. kein sachlicher Grund bestanden habe.
10
Den durch die Gehaltserhöhung entstandenen Schaden hat das Landgericht mit 73.728 € beziffert. Den durch die Ruhegeldzusage eingetretenen Nachteil hat das Landgericht in Höhe von 111.240 € festgestellt, da die H. GmbH in dieser Höhe Versicherungsbeiträge für die Angeklagte B. -B. aufgewandt habe. Hinsichtlich des durch die Abfindungszahlung entstandenen Schadens geht die Strafkammer von einem Schaden in Höhe von 480.000 € aus.

II.

11
1. Der Schuldspruch hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
12
a) Die getroffenen Feststellungen tragen die Verurteilung wegen Untreue nicht. Das Landgericht beschreibt die Stellung und die Funktion des Angeklagten S. innerhalb der H. -G. nur unvollständig, versäumt es vor allem, im Einzelnen darzulegen, welche Befugnisse dem Angeklagten einerseits aus seiner Stellung als Geschäftsführer der H. GmbH und andererseits als Chief Executive Officer der niederländischen Holding zustehen und welche Pflichten mit den jeweiligen Funktionen, deren Zuweisung unterschiedliche vertragliche Vereinbarungen zugrunde liegen, verbunden sind. So kann der Senat weder zuverlässig beurteilen, ob und ggf. gegen welche Pflichten er durch die Vereinbarung der Gehaltserhöhung, der Versorgungszusage und den Abschluss des Aufhebungsvertrages verstoßen hat, noch lässt sich prüfen, ob der Angeklagte womöglich für die H. H. B.V. wirksam - sofern erforderlich - das Einverständnis mit den getroffenen Vereinbarungen erklärt hat.
13
aa) In Betracht kommt ein Missbrauch der dem Angeklagten als Geschäftsführer eingeräumten Befugnisse, indem er - worauf das Landgericht abgestellt hat - die erforderlichen Zustimmungen der GmbH-Gesellschafterversammlung nicht eingeholt hat. Hinsichtlich der Gehaltserhöhung und des Aufhebungsvertrages könnte sich ein Zustimmungserfordernis aus § 15 Abs. 1 Buchst. d) des Gesellschaftsvertrags ergeben, für die Bewilligung des Ruhegehaltes liegt die Notwendigkeit einer Genehmigung nach § 15 Abs. 1 Buchst. f) des Gesellschaftsvertrages nahe. Allerdings erscheint es nicht ausgeschlossen , dass der Angeklagte S. im Rahmen seines mit der Holding geschlossenen CEO-Vertrages - jedenfalls im Außenverhältnis gegenüber der Tochtergesellschaft - befugt war, eine solche Erklärung für die Holding (als Alleingesellschafterin der H. GmbH) abzugeben, wenngleich der Wirksamkeit einer solchen Erklärung - sich möglicherweise aus dem Vertrag oder sonstigen Regelungen ergebende - Grenzen der Vertretungsbefugnis im Innenverhältnis entgegenstehen könnten. Jedenfalls hätte sich das Landgericht mit dieser Frage auseinandersetzen müssen, vor allem auch deshalb, weil sich der Angeklagte S. gerade auf entsprechende Kompetenzen berufen hatte.
14
bb) Soweit die Strafkammer ausführt, darüber hinaus sei ausweislich des CEO-Vertrages des Angeklagten S. für die Anpassung und Überprüfung des Grundgehaltes der leitenden Angestellten ein "Vergütungsausschuss" zuständig, der an der Entscheidung über die Gehaltserhöhung nicht beteiligt gewesen sei, erschließt sich aus den Urteilsgründen nicht, inwieweit gerade dieser Vertrag für den Angeklagten als Chief Executive Officer einer weltweit agierenden Holding Vereinbarungen zu Vergütungsregelungen der Angeklagten B. -B. als Angestellter der deutschen Tochtergesellschaft enthalten soll. Die Pflichten des Geschäftsführers einer GmbH ergeben sich aus seinem Anstellungsvertrag sowie dem GmbHG. Inwieweit die weitere Tätigkeit des Angeklagten als CEO der Holding eine Beschränkung seiner davon grundsätzlich unabhängigen Vertretungsmacht als Geschäftsführer der Tochter-GmbH mit sich bringen soll, legt das Landgericht, das zudem die einschlägige Bestimmung , aus der sich dies ergeben soll, nicht mitteilt, nicht nachvollziehbar dar. So ist es dem Senat nicht möglich, die Auslegung des CEO-Vertrages durch die Strafkammer und seine Auswirkungen auf die Befugnisse des Angeklagten als GmbH-Geschäftsführer zu prüfen.
15
cc) Soweit das Landgericht im Übrigen angenommen hat, für die Gewährung der Gehaltserhöhung, der Ruhegeldzusage und den Abschluss des Aufhebungsvertrages habe kein sachlicher Grund bestanden, geht es ersichtlich davon aus, der Angeklagte habe hierdurch gegen die Pflichten eines ordentlichen Kaufmannes (§ 43 GmbHG) verstoßen und dadurch eine Pflicht im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB verletzt. Auch insoweit hätte sich die Strafkammer aber mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob der Angeklagte als Chief Executive Officer für die H. H. B.V. das Einverständnis (mit der Vermögensschädigung ) erklärt hat. Da der Untreuetatbestand den Zweck hat, das dem Treupflichtigen anvertraute fremde Vermögen zu schützen (vgl. BGHSt 43, 293, 297), sind Verfügungen, die in Übereinstimmung mit dem Vermögensinhaber erfolgen, grundsätzlich nicht pflichtwidrig im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB (BGHSt 50, 331, 342; 54, 52, 57), sofern das Einverständnis nicht aus bestimmten Gründen unwirksam ist (vgl. BGHSt 54, 52, 57 f.; NJW 2012, 2366, 2369). An die Stelle des Vermögensinhabers tritt bei einer GmbH die Gesamtheit ihrer Gesellschafter, die zustimmen müssen (BGH NJW 2012, 2366, 2369). Im vorliegenden Fall stellt die niederländische Holding B.V. als alleinige Gesellschafterin der GmbH die Gesamtheit der Gesellschafter dar. Angesichts dessen hätte das Landgericht erörtern müssen, ob der Angeklagte als Chief Executive Officer für die H. H. B.V. wirksam eine entsprechende Erklärung abgeben konnte. Hätte der Angeklagte dieses Einverständnis als Chief Executive Officer wirksam für die niederländische Holding abgeben können, würde es an einer Untreue zum Nachteil der H. GmbH fehlen; in Betracht käme dagegen - was das Landgericht nicht geprüft hat - eine solche zum Nachteil der H. H. B.V.
16
b) Die Urteilsausführungen lassen eine Verurteilung der Angeklagten wegen Untreue auch nicht zu, soweit das Landgericht feststellt, die Angeklagten hätten angesichts der Auseinandersetzungen des Angeklagten S. wegen seiner Bonuszahlungen damit rechnen müssen, im Jahr 2003 nicht mehr in ihrer bisherigen Stellung im Unternehmen verbleiben zu können und deshalb beschlossen, für diesen Fall vorzusorgen und Vereinbarungen zum Nachteil der H. GmbH zu treffen (UA S. 7). Insoweit könnte zwar grundsätzlich eine treupflichtwidrige Schädigung des GmbH-Vermögens in Betracht kommen, ohne dass es auf die Frage von Vertretungsbefugnissen und Zustimmungserfordernissen im Einzelnen ankäme. Es fehlt jedoch insoweit an tragfähigen Feststellungen zur inneren Tatseite der Angeklagten. Soweit die Strafkammer im Rahmen der Beweiswürdigung ausführt, den Angeklagten sei bereits im Januar 2003 bewusst gewesen, dass sie nicht mehr dauerhaft ihre Positionen im Unternehmen würden halten können, und deshalb einen einheitlichen Vorsatz zur Schädigung des Unternehmens durch Abschluss dreier Verträge annimmt, erschließt sich nicht, worauf das Landgericht diese Annahme stützt.
17
2. Für die neue Verhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
18
a) Der Angeklagte S. hat sich gegen den Tatvorwurf vor allem damit verteidigt, er habe entsprechende Kompetenzen zum Abschluss der getroffenen Vereinbarungen innegehabt und sich dabei an dem maßgeblichen "H. -Gehaltssystem" orientiert. Die neue Strafkammer wird sich im Einzelnen mit dieser Einlassung des Angeklagten, insbesondere zu seinen Funktionen und Kompetenzen sowohl als Geschäftsführer der GmbH als auch als CEO der Holding auseinandersetzen sowie der Frage nachgehen müssen, ob sich mit Blick auf die der Angeklagten B. -B. neu übertragenen Aufgaben die ihr von dem Angeklagten S. zugesagten finanziellen Leistungen im Rahmen des "H. -Gehaltssystems" oder außerhalb bewegen.
19
b) Das Landgericht hat von einer täterschaftlichen Verurteilung der Angeklagten B. -B. wegen Untreue abgesehen. Sollte das Landgericht der Auffassung gewesen sein, dass die Tat der Angeklagten B. -B. bereits nach den allgemeinen Regeln ohne Rücksicht auf das Fehlen der Vermögensbetreuungspflicht (vgl. BGH NJW 2006, 522, 530) als Teilnahme zu werten ist, wäre eine doppelte Strafrahmenmilderung nach §§ 27 Abs. 2, 28 Abs. 1 StGB zu prüfen gewesen (vgl. BGHSt 26, 53, 55; BGH NStZ-RR 2006,

109).

20
c) Sofern auch der neue Tatrichter in dem Abschluss des Aufhebungsvertrages eine Pflichtverletzung im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB sieht, hat er den Eintritt eines Schadens näher zu prüfen. Denn der Abschluss des Aufhebungsvertrages im Juli 2003 führte noch nicht zu einem realen Schaden, allenfalls mit Blick auf ein mögliches Prozessrisiko zu einem Gefährdungsschaden, den das Landgericht - entgegen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG NJW 2010, 3209, 3220) - nicht konkret beziffert hat.
21
d) Soweit das Landgericht bei beiden Angeklagten die Strafaussetzung zur Bewährung mit der Erwägung versagt hat, es fehle an "besonderen Umständen" im Sinne von § 56 Abs. 2 Satz 1 StGB - etwa in Gestalt eines Geständnisses oder dem Bemühen um Schadenswiedergutmachung -, die im Rahmen der Gesamtwürdigung zu Gunsten der Angeklagten ins Gewicht fielen, begegnet dies rechtlichen Bedenken. Die Verneinung "besondererUmstände" darf nicht darauf gestützt werden, dass ein Angeklagter die Tat bestritten oder sich nicht dazu geäußert hat (vgl. BGH StraFO 2010, 207).
Becker RiBGH Prof. Dr. Fischer ist Appl erkrankt und daher gehindert zu unterschreiben. Becker Krehl Ott

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er das Ergebnis eines Datenverarbeitungsvorgangs durch unrichtige Gestaltung des Programms, durch Verwendung unrichtiger oder unvollständiger Daten, durch unbefugte Verwendung von Daten oder sonst durch unbefugte Einwirkung auf den Ablauf beeinflußt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 263 Abs. 2 bis 6 gilt entsprechend.

(3) Wer eine Straftat nach Absatz 1 vorbereitet, indem er

1.
Computerprogramme, deren Zweck die Begehung einer solchen Tat ist, herstellt, sich oder einem anderen verschafft, feilhält, verwahrt oder einem anderen überlässt oder
2.
Passwörter oder sonstige Sicherungscodes, die zur Begehung einer solchen Tat geeignet sind, herstellt, sich oder einem anderen verschafft, feilhält, verwahrt oder einem anderen überlässt,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(4) In den Fällen des Absatzes 3 gilt § 149 Abs. 2 und 3 entsprechend.

30
(2) Ohne Bedeutung ist ferner, dass die Geldgewinnspielgeräte und deren Software von der Fa. L. GmbH entwickelt worden waren. Denn unabhängig davon, ob es hierauf ankommt, bestünde zwischen dieser und der geschädigten Fa. Ca. GmbH ein ausreichendes „Näheverhältnis“ (vgl. zu diesem Erfordernis auch Tiedemann aaO § 263a Rn. 71; SSW-StGB/Hilgendorf aaO § 263a Rn. 32; Lenckner/Winkelmann, CR 1986, 654, 659 f.)

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er das Ergebnis eines Datenverarbeitungsvorgangs durch unrichtige Gestaltung des Programms, durch Verwendung unrichtiger oder unvollständiger Daten, durch unbefugte Verwendung von Daten oder sonst durch unbefugte Einwirkung auf den Ablauf beeinflußt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 263 Abs. 2 bis 6 gilt entsprechend.

(3) Wer eine Straftat nach Absatz 1 vorbereitet, indem er

1.
Computerprogramme, deren Zweck die Begehung einer solchen Tat ist, herstellt, sich oder einem anderen verschafft, feilhält, verwahrt oder einem anderen überlässt oder
2.
Passwörter oder sonstige Sicherungscodes, die zur Begehung einer solchen Tat geeignet sind, herstellt, sich oder einem anderen verschafft, feilhält, verwahrt oder einem anderen überlässt,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(4) In den Fällen des Absatzes 3 gilt § 149 Abs. 2 und 3 entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 197/15
vom
12. November 2015
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Beihilfe zum gewerbs- und bandenmäßigen Fälschen von
Zahlungskarten mit Garantiefunktion u.a.
ECLI:DE:BGH:2015:121115B2STR197.15.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführer am 12. November 2015 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Erfurt vom 19. November 2014 mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten P. wegen Beihilfe zum gewerbs - und bandenmäßigen Fälschen von Zahlungskarten mit Garantiefunktion in drei Fällen sowie wegen „Verabredungzur Beihilfe zum gewerbs- und bandenmäßigen Fälschen von Zahlungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit gewerbs- und bandenmäßigem Computerbetrug“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt; die von dem Angeklagten in Frankreich erlittene Auslieferungshaft hat es im Verhältnis 1:1 angerechnet. Den Angeklagten G. hat das Landgericht unter Freisprechung im Übrigen wegen Beihilfe zum gewerbs- und bandenmäßigen Fälschen von Zahlungskar- ten mit Garantiefunktion, „Verabredung zur Beihilfe zum gewerbs- und ban- denmäßigen Fälschen von Zahlungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit gewerbs- und bandenmäßigem Computerbetrug“ sowie wegen der Vorbereitung der Fälschung von Fahrzeugpapieren zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt.
2
Die Revisionen der Angeklagten, mit denen sie jeweils die Verletzung sachlichen Rechts rügen, haben Erfolg; auf die - unzulässige - Verfahrensrüge des Angeklagten P. kommt es nicht an.
3
1. Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen :
4
a) Im Frühjahr 2013 überredete der Sohn des Angeklagten G. G. , der gesondert Verfolgte M. G. , den Angeklagten P. , in Banken und Sparkassen in Deutschland Skimming-Technik zu installieren, um so die Kartendaten der jeweiligen Kunden auszulesen und zu speichern. Dem Angeklagten P. „war dabei bewusst, dass die ausgespähten Daten anschließend weitergeleitet werden sollten, um falsche Zahlungskarten herzustellen und mit Hilfe gefälschter Zahlungskarten unberechtigt Geld von den Konten der ausgespähten Kunden abzuheben“.Genauere Einzelheiten waren dem Angeklagten P. nicht bekannt; ihm war aber „bewusst, dass er gegebenenfalls nicht alleine handeln würde, sondern als Mitglied einer Gruppe, die zumindest drei Mitglieder hatte, nämlich ihn, den gesondert Verfolgten M. G. sowie mindestens einen unbekannten Dritten, der die Kartendubletten herstel- len und das Geld abheben sollte“. Für jede „vollendete Arbeit (also Installation und Deinstallation)“ sollte der Angeklagte P. 500 € erhalten.
5
In Deutschland angekommen bemerkte der Angeklagte P. , dass auch der Angeklagte G. G. „zu dieser Gruppe gehörte und sich um die Logistik kümmerte, indem er etwa eine Unterkunft beschaffte oder Fahr- dienste leistete“.
6
aa) Am 15., 20. und 23. März 2013 brachte der gesondert Verfolgte M. G. jeweils an einem Geldautomaten Skimming-Technik an, während der Angeklagte P. ihn abschirmte und das Umfeld beobachtete. „In der Fol- gezeit wurden viele Karten von Bankkunden ausgespäht, die Daten wurden übermittelt, falsche Karten hergestellt und anschließend unberechtigt Geld von den Konten abgehoben, wobei die Geldabhebungen ganz überwiegend in Indonesien stattfanden“ (Fälle II. 1 bis II. 3 der Urteilsgründe).
7
Der Angeklagte G. G. fuhr den Angeklagten P. und den gesondert Verfolgten M. G. „in Kenntnis der beabsichtigten Skimming -Angriffe“ in einem dieser drei Fälle mit einem Pkw zu einem Geldautomaten und holte sie auch wieder ab.
8
bb) Ende Mai 2013 reisten der Angeklagte P. und der gesondert Verfolgte M. G. erneut nach Deutschland, um Skimming-Technik einzusetzen. Der Angeklagte G. G. hatte zuvor für seinen Sohn und den Angeklagten P. eine Unterkunft in E. besorgt. Am 31. Mai 2013 gegen 13.00 Uhr brachte der gesondert Verfolgte M. G. an einem Geldautomaten in Er. die Skimming-Technik an, während der Angeklagte P. ihn abschirmte und das Umfeld beobachtete.
9
Gegen 19.00 Uhr fuhr der Angeklagte G. G. seinen Sohn und den Angeklagten P. zum Abbau der Skimming-Technik nach Er. , die indes zwischenzeitlich entdeckt und abgebaut worden war. Als der gesondert Verfolgte M. G. und der Angeklagte P. dieses feststellten, verließen sie fluchtartig die Bankfiliale und fuhren mit dem Angeklagten G. G. zurück nach E. (Fall II. 4 der Urteilsgründe).
10
cc) Am 30. Januar 2014 bewahrte der Angeklagte G. G. im Schlafzimmer seiner Wohnung einen – wie er wusste – gefälschten Prüfstempel mit dem Aufdruck „DEKRA, nächste HU …. No. 2071“ auf. Diesen gefälschten Stempel hatte er sich entweder zu einem nicht konkret bestimmbaren Zeitpunkt vor dem 30. Januar 2014 in Kenntnis der Fälschung verschafft oder aber selbst hergestellt. Der gefälschte Stempel war - wie der Angeklagte G. G. wusste - zur Fälschung von Fahrzeugpapieren, namentlich von Zulassungsbescheinigungen von Fahrzeugen im Straßenverkehr geeignet (Fall II. 5 der Urteilsgründe

).

11
b) Aus einer Reihe von Indizien hat die Strafkammer hinsichtlich der Fälle II. 1 bis II. 4 der Urteilsgründe gefolgert, dass der Angeklagte P. , der das äußere Tatgeschehen eingeräumt hat, als Bandenmitglied den die SkimmingTechnik anbringenden gesondert Verfolgten M. G. abgeschirmt und das Umfeld beobachtet hat, und dass schließlich ein unbekannter Dritter die Kartendubletten hergestellt und anschließend das Geld an den Geldautomaten in Indonesien abgehoben hat.
12
2. Die Schuldsprüche halten in mehrfacher Hinsicht rechtlicher Überprüfung nicht stand.
13
a) Die Beweiswürdigung in den Fällen II. 1 bis II. 3 der Urteilsgründe ist in wesentlichen Teilen lückenhaft.
14
aa) Eine einen Rechtsfehler im Sinne des § 337 Abs. 1 StPO darstellende Lücke liegt insbesondere vor, wenn die Beweiswürdigung wesentliche Feststellungen nicht erörtert oder nur eine von mehreren gleich naheliegenden Möglichkeiten prüft (vgl. BGH, Urteil vom 11. Januar 2005 - 1 StR 478/04, NStZ-RR 2005, 147; Urteil vom 14. Januar 2016 - 4 StR 84/15; Ott in KK-StPO, 7. Aufl., § 261 Rn. 49 mwN). Das Tatgericht muss sich dabei nicht mit allen theoretisch denkbaren, sondern nur mit naheliegenden Möglichkeiten auseinandersetzen, die nach der Sachlage mit der Beweistatsache nicht weniger gut zu vereinbaren sind als die von ihm angenommene Möglichkeit (vgl. BGH, Beschluss vom 29. August 1974 - 4 StR 171/74, BGHSt 25, 365, 367; Ott, in: KK-StPO, aaO).
15
bb) Das Landgericht hat sich in den Fällen II. 1 bis II. 3 der Urteilsgründe schon nicht mit der naheliegenden Möglichkeit befasst, dass die Angeklagten die ausgespähten Daten der Bankkunden lediglich gesammelt und sodann an andere Personen weiterverkauft haben, ohne (zugleich) an den unberechtigten Geldabhebungen mittels der gefälschten Zahlungskarten beteiligt zu sein. Die Erörterung dieser Möglichkeit hätte hier schon deshalb nahe gelegen, weil die Strafkammer keine Feststellungen treffen konnte, wann, wo und von wem die Kartendubletten hergestellt worden sind und darüber hinaus keine Feststellungen getroffen hat, wann die ausgespähten Daten weitergeleitetet und wann mit Hilfe der gefälschten Zahlungskarten unberechtigt Gelder von den ausgespähten Kunden in Indonesien abgehoben worden sind. Auch ist die Einlassung des Angeklagten P. , wonach ihm der gesondert Verfolgte M. G. er- klärt habe, dass man mit Skimming „viel Geld verdienen könne“ und er für jede „vollendete Arbeit (also Installation und Deinstallation)“ jeweils 500 € erhalten sollte, zwanglos mit der Möglichkeit vereinbar, die Angeklagten hätten sich allein auf den Weiterverkauf von Daten beschränkt.
16
Mit der vom Landgericht allein in Betracht gezogenen Erwägung, wonach es mit einem - durch Feststellungen zudem nicht belegten - „unbekannten Drit- ten“, der u.a. für die Herstellung der Kartendubletten verantwortlich gewesen sein muss, eine Bandenabrede gegeben habe, hat es sich den Blick darauf verstellt , dass die Angeklagten ihre Tätigkeiten allein auf das Sammeln und den (gewinnbringenden) Weiterverkauf von ausgespähten Kundendaten beschränkt haben könnten. Sollte der neue Tatrichter zu dem Ergebnis kommen, dass die Angeklagten nicht Mitglieder einer Bande im Sinne des § 152b Abs. 2 StGB sind, wäre eine Strafbarkeit gemäß §§ 27, 152b Abs. 1 StGB oder gemäß § 149 Abs. 1 Nr. 1, § 152b Abs. 5 StGB zu prüfen (vgl. auch BGH, Urteil vom 17. Februar 2011 - 3 StR 419/10, BGHSt 56, 170, 171 f.; Beschluss vom 11. August 2011 - 2 StR 91/11, NStZ-RR 2011, 367, 368; Beschluss vom 29. Januar 2014 - 1 StR 654/13, NJW 2014, 1463, 1464).
17
b) Im Fall II. 4 der Urteilsgründe hat die Verurteilung der Angeklagten wegen Verabredung zur Beihilfe zum Verbrechen keinen Bestand, denn die Zusage zu einer Verbrechensbeihilfe ist keine strafbare Verabredung i.S.d. § 30 StGB (vgl. BGH, Urteil vom 27. Januar 1982 - 3 StR 437/81, NStZ 1982, 244; Joecks, in: Münchener Kommentar, StGB, 2. Aufl., § 30 Rn. 67; Heine/Weißer, in: Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 30 Rn. 34; Feldmann, wistra 2015, 41,

48).

18
Auch die tateinheitliche Verurteilung wegen (vollendeten) gewerbs- und bandenmäßigen Computerbetruges hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Es fehlt bereits an der erforderlichen Vermögensminderung, die unmittelbar, das heißt ohne weitere Handlung des Täters, Opfers oder eines Dritten durch den Datenverarbeitungsvorgang selbst eintritt (vgl. auch BGH, Beschluss vom 22. Januar 2013 - 1 StR 416/12, NStZ 2013, 525, 526; Wohlers/Mühlbauer, in: Münchener Kommentar, StGB, 2. Aufl., § 263a Rn. 66 mwN). Abgesehen davon wird das Ergebnis eines Datenverarbeitungsvorgangs nicht beeinflusst, wenn - wie offensichtlich hier - kein abweichendes Ergebnis herbeigeführt wird (vgl. Wohlers/Mühlbauer, in: Münchener Kommentar, aaO, Rn. 18 mwN).
19
Sofern der neue Tatrichter zu dem Ergebnis kommt, dass die Angeklagten im Rahmen eines bandenmäßig eingespielten Systems die von ihnen ausgespähten Daten innerhalb der Bandenstruktur zur baldigen Verwendung beim Herstellen falscher Zahlungskarten weitergeben sollten (vgl. oben 2. a) bb)), käme eine Verurteilung wegen Verabredung der gewerbs- und bandenmäßigen Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion (§ 30 Abs. 2, § 152a Abs. 1 und § 152b Abs. 1 und 2 StGB) in Betracht (vgl. auch BGH, Beschluss vom 14. September 2010 - 5 StR 336/10; Beschluss vom 15. März 2011 - 3 StR 15/11, StV 2012, 530).
20
Aus den Urteilsgründen ergibt sich zudem nicht, ob Originalkartendaten im Speichermedium des von den Angeklagten installierten Kartenlesegeräts gespeichert worden sind. Es liegt nicht fern, dass auch insoweit weitere Feststellungen getroffen werden können. Der neue Tatrichter wird – sollte er zu dem Ergebnis kommen, dass die Angeklagten nicht Mitglieder einer Bande im Sinne des § 152b Abs. 2 StGB sind – für den Fall, dass auf dem verwendeten Skimmer tatsächlich Kartendaten eingelesen und gespeichert worden sind, eine Strafbarkeit der Angeklagten wegen Beihilfe zur Vorbereitung einer Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion gemäß § 152b Abs. 5, § 149 Abs. 1 Nr. 1 nF, § 27 StGB zu prüfen haben (vgl. auch Erb, in: Münchener Kommentar, StGB, 2. Aufl., § 149 Rn. 8 und § 152a Rn. 13; Puppe, in: Kindhäuser/ Neumann/Paeffgen, StGB, 4. Aufl., § 149 Rn. 9; Sternberg-Lieben, in: Schönke/ Schröder, StGB, 29. Aufl., § 149 Rn. 4; Weidemann, in: Beck'scher Online Kommentar, StGB, 29. Edition, § 149 Rn. 6; Maier, in: Matt/Renzikowski, StGB, § 149 Rn. 6, jeweils mwN; vgl. auch - noch offengelassen - BGH, Urteil vom 16. Dezember 2003 - 1 StR 297/03, wistra 2004, 265, 266 [zu § 149 Abs. 1 Nr. 1 aF StGB]; Urteil vom 17. Februar 2011 - 3 StR 419/10, BGHSt 56, 170, 171 f.; Beschluss vom 11. August 2011 - 2 StR 91/11, NStZ-RR 2011, 367, 368; Beschluss vom 29. Januar 2014 - 1 StR 654/13, NJW 2014, 1463, 1464; aA Feldmann, wistra 2015, 41, 46).
21
c) Die Beweiswürdigung im Fall II. 5 der Urteilsgründe ist - auch eingedenk des revisionsrechtlich eingeschränkten Prüfungsmaßstabes - rechtsfehlerhaft.
22
Nach § 275 Abs. 1 Nr. 1, § 276a StGB macht sich u.a. strafbar, wer eine Fälschung von Fahrzeugpapieren vorbereitet, indem er sich Platten, Formen, Drucksätze oder ähnliche Vorrichtungen, die ihrer Art nach zur Begehung der Tat geeignet sind, verschafft oder solche verwahrt. Nach dem Wortlaut dieser Strafnorm wird daher eine Handlung im Vorfeld der Fälschung von Fahrzeugpapieren unter Strafe gestellt. Zweck der Tathandlung muss demnach die Vorbereitung einer Fälschung sein. Hierauf muss sich der Vorsatz des Täters erstrecken , wobei bedingter Vorsatz genügt. Wenngleich eine konkrete Vorstellung hierbei nicht erforderlich ist (vgl. auch OLG München, NStZ-RR 2008, 280; Erb, in: Münchener Kommentar, StGB, 2. Aufl., § 275 Rn. 6 mwN), so erfordert ein Schuldspruch insoweit aber jedenfalls die Feststellung, dass der Täter überhaupt die Fälschung von Fahrzeugpapieren beabsichtigt.
23
Hierzu verhält sich das angefochtene Urteil nicht. Es fehlen jegliche Feststellungen dazu, wie sich der Angeklagte die durch seine Tat vorbereitete Fälschung von Fahrzeugpapieren vorstellte. Das Landgericht geht lediglich – überdieszirkulär – davon aus, dass nach Vorstellung des Angeklagten G. G. der in seinem Besitz befindliche gefälschte Prüfstempel zur Fälschung von Fahrzeugpapieren benutzt werden sollte, weil der Angeklagte im Besitz des Stempels gewesen ist. Unbeschadet dessen benennt die Strafkammer keinen einzigen positiven Umstand dafür, dass der Angeklagte G. G. den Stempel aufbewahrte, damit er zur Fälschung eingesetzt wird. Soweit die Strafkammer in der Unglaubhaftigkeit der Schilderung des Angeklagten über den Erwerb des Stempels und dessen Aufbewahrungszweck einen Anhalt für ihre Annahme gesehen hat, hat sie verkannt, dass der widerlegten Einlassung des Angeklagten keine Beweisbedeutung zukommt, die gegen eine anderweitige Verwendung des Stempels durch den Angeklagten spricht. Die Ausführung des Landgerichts, es sei „völlig lebensfremd“, dass der gefälschte Stempel nur aus ideellen Gründen im Schlafzimmer des Angeklagten aufbewahrt worden sei, lässt schließlich besorgen, die Strafkammer habe schon das Vorrätighalten eines solchen Stempels unabhängig davon, ob der Täter überhaupt eine Fälschung beabsichtigt, für strafbar erachtet. Mag im Regelfall eine Tathandlung wie die vom Angeklagten verwirklichte auf das Vorliegen des entsprechenden subjektiven Tatbestands, nämlich der Fälschungsabsicht, hindeuten, so ergeben sich indes vorliegend deshalb Zweifel, weil der Angeklagte den Stempel – unwiderlegt – einige Jahre lang in Besitz hatte, ohne dass es zu entsprechen- den Fälschungen gekommen wäre.
24
Die landgerichtlichen Feststellungen sind daher lückenhaft und können den Schuldspruch wegen Vorbereitung der Fälschung von Fahrzeugpapieren nicht begründen.
25
3. Die dargelegten Rechtsfehler nötigen zur Aufhebung der Schuldsprüche. Die Sache bedarf insgesamt neuer Verhandlung und Entscheidung. RiBGH Prof. Dr. Krehl Eschelbach Ott ist aus tatsächlichen Gründen an der Unterschrift gehindert Eschelbach Zeng Bartel

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 80/13
vom
28. Mai 2013
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Computerbetruges
hier: Revision des Angeklagten E.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts am 28. Mai 2013 gemäß § 349 Abs. 4,
§ 357 StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Duisburg vom 4. Juni 2012, auch soweit es den Mitangeklagten A. betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten sowie den nichtrevidierenden Mitangeklagten A. jeweils wegen Computerbetruges in 14 Fällen verurteilt. Gegen den Angeklagten hat es eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verhängt. Hiergegen wendet sich die Revision des Beschwerdeführers , mit der er ein Verfahrenshindernis geltend macht, mehrere Verfahrensbeanstandungen erhebt und die Verletzung materiellen Rechts rügt.

I.


2
1. Das Verfahrenshindernis der sachlichen Unzuständigkeit (§ 338 Nr. 4 i.V.m. § 6 StPO) besteht aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts nicht. Die Verfahrensrügen sind - wie der Generalbundesanwalt ebenfalls zutreffend ausgeführt hat - nicht in der Form des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO erhoben und deshalb unzulässig.
3
2. Das Rechtsmittel hat indes mit der Sachrüge Erfolg. Der Schuldspruch wegen Computerbetruges in 14 Fällen hält sachlich-rechtlicher Überprüfung nicht stand.
4
a) Nach den Feststellungen des Landgerichts entwickelten der Mitangeklagte A. und der gesondert Verfolgte Av. im Frühjahr 2008 den Plan, mit Hilfe gefälschter Unterlagen auf die Namen fiktiver Personen Mobilfunkverträge abzuschließen, um so die bei Vertragsschluss zur Verfügung gestellten Mobilfunkgeräte zu erlangen. Für diese war ein allenfalls geringes Entgelt sofort zu zahlen; die wesentliche Gegenleistung bestand in der Erfüllung des Mobilfunkvertrages über eine feste Vertragslaufzeit, die A. und Av. , wie von Anfang an geplant, jedoch in keinem Fall erbrachten.
5
Die Verträge wurden in verschiedenen Filialen der DUG-Telekom - sogenannten DUG-Shops - geschlossen, deren verantwortliche "Shop-Manager" - der Angeklagte war einer von ihnen - in den Tatplan eingeweiht waren. Der Mitangeklagte A. erstellte mit Hilfe eines Computerprogramms Dateien, deren Ausdrucke aussahen wie Kopien der Urkunden, die nach den Vorgaben der DUG Telekom bei Vertragsschluss vorzulegen waren; dabei verwendete er erfundene Daten nicht existierender niederländischer Staatsangehöriger. Die Ausdrucke wurden von dem gesondert Verfolgten Av. oder einem anderen Mittäter in die jeweiligen DUG-Shops gebracht. Dort gaben der "Shop-Manager" oder ein anderer in den Tatplan eingeweihter Mitarbeiter die aus den Unterlagen ersichtlichen Daten in das elektronische Antragsformular ein. Dies verstieß gegen die internen Vorgaben der DUG-Telekom, die vorsahen, dass die Kunden selbst in den DUG-Shops vorstellig werden mussten und die angeforderten Urkunden im Original vorzulegen hatten. Das Antragsformular wurde auf elektronischem Wege an ein Rechenzentrum verschickt, in dem es automatisch ausschließlich auf Auffälligkeiten im Sinne unvollständiger oder offensichtlich widersprüchlicher Angaben überprüft wurde. Aus dem Rechenzentrum heraus wurde - ebenfalls automatisiert - eine Anfrage an die Schufa Holding AG gerichtet , ob zu der Person, deren Daten übermittelt wurden, negative Einträge vorlägen. War dies der Fall, wurde der Abschluss eines Mobilfunkvertrages automatisch abgelehnt. Andernfalls wurde an den DUG-Shop, der den Antrag eingereicht hatte, über das genutzte Computersystem die automatische Mitteilung gemacht, dass der Vertrag zustande komme; nach den Vorgaben der DUGTelekom durfte erst zu diesem Zeitpunkt der Vertrag vollzogen und dem Kunden das Mobilfunkgerät ausgehändigt werden. Da die von dem Mitangeklagten A. erstellten Datensätze sämtlich fiktive Personen betrafen, zu denen negative Einträge bei der Schufa Holding AG folglich nicht vorliegen konnten, wurde ein Vertragsschluss in keinem der verfahrensgegenständlichen Fällen abgelehnt.
6
Der Angeklagte war seit einem nicht genau bestimmbaren Zeitpunkt - jedenfalls aber deutlich vor August 2008 - in den Tatplan eingeweiht und wirkte seitdem bewusst und gewollt zusammen mit dem Mitangeklagten A. und dem gesondert Verfolgten Av. an dem Abschluss einer Vielzahl solcher Verträge in maßgeblicher Weise mit. In den 14 ausgeurteilten Fällen zwischen dem 4. August 2008 und dem 31. Januar 2009 gab er in dem DUG-Shop, dessen verantwortlicher "Shop-Manager" er war, entweder selbst die fiktiven Daten in das im EDV-System hinterlegte Antragsformular ein und später die Mobiltelefone an seine Mittäter heraus, oder er veranlasste seine Mitarbeiter, dies zu erledigen ; in jedem Fall stellte er zumindest seine Barcodekarte zur Verfügung, die für die Aktivierung des vor der Herausgabe der Geräte zu durchlaufenden Ausbuchungsvorganges erforderlich war.
7
b) Diese Feststellungen tragen die Verurteilung wegen Computerbetruges in 14 Fällen nicht.
8
Der Tatbestand des Computerbetruges gemäß § 263a StGB wurde zur Schließung von Strafbarkeitslücken in das Strafgesetzbuch eingeführt, weil es bei der Manipulation von Datenverarbeitungsvorgängen regelmäßig an der Täuschung und infolgedessen der Erregung eines Irrtums einer natürlichen Person fehlt, was zur Unanwendbarkeit des Betrugstatbestandes nach § 263 StGB führt (Fischer, StGB, 60. Aufl., § 263a Rn. 2 mwN). Bei der Umsetzung dieses Ziels orientierte sich der Gesetzgeber konzeptionell an dem Tatbestand des Betruges, wobei an die Stelle der Täuschung die Tathandlungen des § 263a Abs. 1 StGB treten und mit der Irrtumserregung und dem ungeschriebenen Tatbestandsmerkmal der Vermögensverfügung die Beeinflussung des Ergebnisses eines - vermögenserheblichen - Datenverarbeitungsvorgangs korrespondiert (BT-Drucks. 10/318 S. 19). Aufgrund dieser Struktur- und Wertgleichheit mit dem Betrugstatbestand (vgl. dazu BGH, Beschlüsse vom 21. November 2001 - 2 StR 260/01, BGHSt 47, 160, 162 und vom 20. Dezember 2012 - 4 StR 580/11, NJW 2013, 1017, 1018) entspricht es in Rechtsprechung und Schrifttum einhelliger Auffassung, dass der in tatbestandsmäßiger Weise beeinflusste, vermögensrelevante Datenverarbeitungsvorgang unmittelbar vermögensmindernd wirken muss (BGH, Beschluss vom 22. Januar 2013 - 1 StR 416/12, ZIP 2013, 715, 716; OLG Celle, Beschluss vom 6. Mai 1996 - 3 Ss 21/96, NJW 1997, 1518, 1519; Lenckner/Winkelbauer, CR 1986, 654, 659; MünchKommStGB/Wohlers, 1. Aufl., § 263a Rn. 61; LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., § 263a Rn. 65 mwN). Daran fehlt es hier:
9
Die Minderung des Vermögens der DUG-Telekom trat vorliegend nicht dadurch ein, dass die erfundenen Daten nicht existierender niederländischer Staatsangehöriger in die elektronischen Antragsformulare eingegeben wurden und über das so manipulierte Ergebnis der automatisierten Anfrage bei der Schufa die elektronische Mitteilung an die DUG-Shops bewirkt wurde, dass der Vertrag zustande komme. Vielmehr kam es zu der Vermögensminderung erst dadurch, dass der Angeklagte oder die von ihm instruierten Mitarbeiter im Anschluss an diese Mitteilung die Mobiltelefone herausgaben. Zwar kann in Fällen , in denen - wie hier - noch weitere Verfügungen vorgenommen werden, das Merkmal der Unmittelbarkeit der Vermögensminderung gleichwohl zu bejahen sein, wenn das Ergebnis des von dem Täter manipulierten Datenverarbeitungsvorgangs ohne eigene Entscheidungsbefugnis und ohne inhaltliche Kontrolle von einer Person lediglich umgesetzt wird (LK/Tiedemann aaO Rn. 67; MünchKommStGB /Wohlers aaO Rn. 62). Eine solche Konstellation ist hier indes schon deshalb nicht gegeben, weil der Angeklagte in jedem der zur Verurteilung gelangten Fälle wusste, dass die vermeintlichen Vertragspartner der DUGTelekom bzw. der von dieser vertretenen Mobilfunkanbieter tatsächlich nicht existierten und dass die Verträge nicht erfüllt werden sollten. Er war bereits vor Ingangsetzen des Datenverarbeitungsvorgangs entschlossen, die Mobiltelefone an seine Mittäter herauszugeben, ohne dass diese eine nennenswerte Gegenleistung erbrachten. Somit lag in jeder Herausgabe jeweils eine eigenverantwortliche Vermögensverfügung des Angeklagten oder seiner Mitarbeiter, mit der allerdings nicht das Ergebnis des vorangegangenen Datenverarbeitungsvorgangs umgesetzt wurde. Vielmehr stand schon vorher fest, dass die Verfügung , die - mit Blick auf die Mitarbeiter - jedenfalls eine Missachtung der internen Vorgaben der DUG-Telekom für das Vorgehen bei Vertragsschlüssen und hinsichtlich des Angeklagten eine bewusste Überschreitung dessen darstellte, was ihm von der DUG-Telekom als "Shop-Manager" gestattet war, durchgeführt werden sollte. Die Beeinflussung des Datenverarbeitungsvorgangs führte also nicht zu einer unmittelbaren Vermögensminderung, sie diente vielmehr in erster Linie der Verschleierung des tatsächlich vermögensmindernd wirkenden, unerlaubten Verhaltens.

II.


10
Die Aufhebung des Urteils wirkt gemäß § 357 StPO auch zugunsten des nichtrevidierenden Mitangeklagten A. , weil dieser wegen der nämlichen Taten ebenfalls wegen Computerbetruges verurteilt worden ist.

III.


11
Für die neue Verhandlung weist der Senat auf Folgendes hin: Da die Gesetzesverletzung, auf die die Staatsanwaltschaft die Strafverfolgung mit Anklageerhebung beschränkt hat, nicht gegeben ist, sind die ausgeschiedenen Teile wieder einzubeziehen (Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., § 154a Rn. 24 mwN).
12
Der Angeklagte kann sich in den zur Verurteilung gelangten Fällen wegen Untreue nach § 266 Abs. 1 StGB strafbar gemacht haben. Eine Schuldspruchänderung kam insoweit nicht in Betracht, weil - mit Blick auf den rechtlichen Ausgangspunkt des Landgerichts konsequent - bislang Feststellungen zu einer - allerdings nicht fern liegenden - Vermögensbetreuungspflicht des Angeklagten fehlen.
13
Da für den Mitangeklagten A. das Vorliegen einer Vermögensbetreuungspflicht gegenüber der DUG-Telekom nach den bisherigen Feststellungen nicht in Betracht kommen dürfte, kommt für ihn insoweit allenfalls eine Verurteilung wegen Teilnahme an etwaigen Untreuehandlungen des Angeklagten in Betracht (vgl. Fischer aaO § 25 Rn. 16).
14
Um das Tatunrecht vollständig zu erfassen, könnte bei beiden Angeklagten zudem eine Strafbarkeit wegen Urkundenfälschung - gegebenenfalls gewerbs - und/oder bandenmäßig begangen - zu prüfen sein.
Tolksdorf Schäfer Mayer Gericke Spaniol
14
2. Die Sache bedarf daher insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung. Da zwischen einer möglichen Verurteilung wegen versuchten Mordes und der – an sich rechtsfehlerfreien – Verurteilung wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung Tatidentität bestünde, ist auch diese aufzuheben (vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 1997 – 4 StR 642/96, BGHR StPO § 353 Aufhebung 1). Die damit verbundene Aufhebung der hierfür verhängten Einzelstrafe zieht die Aufhebung der Gesamtstrafe nach sich. Eine Aufrechterhaltung von Feststellungen kam mit Rücksicht auf die aufgezeigten Unklarheiten nicht in Betracht. Der Maßregelausspruch wird von der Aufhebung nicht berührt.

(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren das Urteil aufgehoben wird.

(1) Hat der Verurteilte aus Anlaß einer Tat, die Gegenstand des Verfahrens ist oder gewesen ist, Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung erlitten, so wird sie auf zeitige Freiheitsstrafe und auf Geldstrafe angerechnet. Das Gericht kann jedoch anordnen, daß die Anrechnung ganz oder zum Teil unterbleibt, wenn sie im Hinblick auf das Verhalten des Verurteilten nach der Tat nicht gerechtfertigt ist.

(2) Wird eine rechtskräftig verhängte Strafe in einem späteren Verfahren durch eine andere Strafe ersetzt, so wird auf diese die frühere Strafe angerechnet, soweit sie vollstreckt oder durch Anrechnung erledigt ist.

(3) Ist der Verurteilte wegen derselben Tat im Ausland bestraft worden, so wird auf die neue Strafe die ausländische angerechnet, soweit sie vollstreckt ist. Für eine andere im Ausland erlittene Freiheitsentziehung gilt Absatz 1 entsprechend.

(4) Bei der Anrechnung von Geldstrafe oder auf Geldstrafe entspricht ein Tag Freiheitsentziehung einem Tagessatz. Wird eine ausländische Strafe oder Freiheitsentziehung angerechnet, so bestimmt das Gericht den Maßstab nach seinem Ermessen.

(5) Für die Anrechnung der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a der Strafprozeßordnung) auf das Fahrverbot nach § 44 gilt Absatz 1 entsprechend. In diesem Sinne steht der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis die Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 94 der Strafprozeßordnung) gleich.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 464/17
vom
12. Dezember 2017
in der Strafsache
gegen
wegen erpresserischen Menschenraubs u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:121217B2STR464.17.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 12. Dezember 2017 gemäß § 349 Abs. 2, Abs. 4, § 354 Abs. 1 StPO entsprechend beschlossen:
Die Revision der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Aachen vom 7. Juni 2017 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass die in Spanien erlittene Auslieferungshaft im Verhältnis 1 : 1 angerechnet wird. Die Beschwerdeführerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


Hinsichtlich des Schuld- und Strafausspruchs hat die Nachprüfung des
1
Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
Entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts vom 8. November
2
2017 war jedoch die vom Landgericht versäumte Entscheidung gemäß § 51 Abs. 4 Satz 2 StGB über den Anrechnungsmaßstab für die in Spanien erlittene Auslieferungshaft nachzuholen. Die Entscheidung über den Anrechnungsmaßstab muss in der Urteilsformel zum Ausdruck kommen (vgl. Senat, Beschluss vom 12. Oktober 1977 – 2 StR 410/77, BGHSt 27, 287, 288).

3
Der Senat hat dies in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO nachgeholt (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Juni 2003 – 5 StR 124/03, BGHR StGB § 51 Abs. 4 Anrechnung 3). Anhaltspunkte für einen anderen Anrechnungsmaßstab für die in Spanien erlittene Auslieferungshaft sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Appl Eschelbach Bartel Grube Schmidt

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR145/15
vom
3. Juni 2015
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 3. Juni 2015 beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Chemnitz vom 27. November 2014 wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen; jedoch wird die Urteilsformel dahin ergänzt (§ 51 Abs. 4 Satz 2 StGB, § 354 Abs. 1 StPO analog), dass die in Norwegen erlittene Auslieferungshaft im Verhältnis 1:1 auf die erkannte Strafe angerechnet wird (vgl. Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 31. März 2015).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die den Nebenklägern durch seine Revision entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Sander Schneider Berger Bellay Feilcke

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 145/17
vom
4. Oktober 2017
in der Strafsache
gegen
1.
alias:
2.
3.
4.
wegen Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung
ECLI:DE:BGH:2017:041017B3STR145.17.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 4. Oktober 2017 einstimmig
beschlossen:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 6. Oktober 2016 werden als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend zu den Antragsschriften des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat: Nach § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO sind bei Verfahrensrügen die den Mangel enthaltenden Tatsachen vorzutragen. Dazu ist es erforderlich aber auch ausreichend, dass die Verfahrenstatsachen so mitgeteilt werden, dass das Revisionsgericht allein auf Grund der Revisionsbegründungsschrift prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, wenn das tatsächliche Vorbringen der Revision zutrifft (allgemeine Meinung, vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl., § 344 Rn. 21 mwN). Das Erfordernis, sämtliche auch nur im zeitlichen Zusammenhang mit dem Rügevorbringen stehenden Verfahrensvorgänge vorzutragen , ergibt sich daraus nicht. Es war deshalb hier mit Blick auf die Rüge der Verletzung des § 229 StPO nicht erforderlich, eine den Angeklagten F. betreffende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorzulegen, weil sich dessen Erkrankung angesichts der bereits vorher bestehenden und auch weiter andau- ernden Erkrankung des Vorsitzenden auf die Hemmung der Unterbrechungsfrist nicht auswirken konnte. Es kommt für die Prüfung des Verfahrensmangels auch nicht auf die Vorlage diverser Aufenthaltsbestätigungen und Bescheinigungen von Krankenhäusern an, weil - wie der Generalbundesanwalt selbst zutreffend in seiner Antragsschrift ausführt - die Erkrankungen des Vorsitzenden und des Angeklagten S. sowie ihre Dauer nicht in Zweifel stehen. Die Bedeutung des genauen Inhalts dieser Urkunden für die revisionsrechtliche Überprüfung des Rügevorbringens erschließt sich deshalb hier nicht. Die von den Angeklagten E. , F. und S. jeweils erhobenen Rügen sind aber aus den weiteren in den Antragsschriften des Generalbundesanwalts genannten Gründen unzulässig (Revisionsbegründungen für dieAngeklagten E. und S. ) bzw. jedenfalls deshalb unbegründet, weil die Unterbrechungsfrist durch die Erkrankung des Vorsitzenden und die sich daran unmittelbar anschließende des Angeklagten S. durchgehend vom 20. Juni 2016 bis einschließlich zum 19. Juli 2016 gehemmt war und durch die Fortsetzung der Hauptverhandlung am 9. August 2016 gewahrt wurde.
Die Abfassung der Urteilsgründe gibt - erneut - Anlass, darauf hinzuweisen , dass die Beweiswürdigung keine umfassende Dokumentation der Beweisaufnahme enthalten, sondern lediglich belegen soll, warum bestimmte bedeutsame Umstände so festgestellt worden sind. Es ist deshalb regelmäßig verfehlt, den Inhalt der überwachten Kommunikation (Chats, E-Mails, Protokolle von Telefon- und Innenraumgesprächen) wörtlich (hier UA S. 72 bis 74, 100 bis 103, 105 bis 109, 113, 115, 120 bis 121, 123 bis 146, 148 bis 150, 152 bis 174, 176 bis 177, 179 bis 180, 183 bis 185, 187, 189 bis 196, 199, 201, 203 bis 205 und 207 bis 210) oder auch nur in einer ausführlichen Inhaltsangabe wiederzugeben (st. Rspr.; vgl. zuletzt BGH, Beschluss vom 30. Juni 2015 - 3 StR 179/15, juris Rn. 4 mwN; s. auch Meyer-Goßner/Appl, Die Urteile in Straf- sachen, 29. Aufl., Rn. 350 mwN). Es ist auch nicht nötig, für jede einzelne Feststellung - und sei sie mit Blick auf den Tatvorwurf und dessen Ahndung noch so unwesentlich, wie etwa hier die Studienleistungen des Angeklagten E. oder das Datum der Aushändigung der Einbürgerungsurkunde an den Angeklagten F. - einen Beleg in den Urteilsgründen zu erbringen, denn auch dies stellt sich lediglich als Beweisdokumentation, nicht aber als Beweiswürdigung dar (Meyer-Goßner/Appl aaO, Rn. 350 mwN).
Schäfer Gericke Spaniol Tiemann Hoch
4
Die Beweiswürdigung soll keine umfassende Dokumentation der Beweisaufnahme enthalten, sondern lediglich belegen, warum bestimmte bedeutsame Umstände so festgestellt worden sind. Es ist deshalb regelmäßig untunlich , den Inhalt der überwachten Telekommunikation wörtlich (hier UA S. 11 bis 18, 20 bis 24, 26 bis 39 und 41 bis 45) oder auch nur in einer ausführlichen Inhaltsangabe wiederzugeben (st. Rspr.; vgl. zuletzt BGH, Beschluss vom 31. März 2015 - 3 StR 630/14, juris Rn. 10 mwN; s. auch Appl, Die Urteile in Strafsachen, 29. Aufl., Rn. 350 mwN).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 111/17
vom
25. Juli 2017
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges
ECLI:DE:BGH:2017:250717B3STR111.17.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 25. Juli 2017 einstimmig beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil desLandgerichts Düsseldorf vom 25. Oktober 2016 wird als unbegründet verworfen , da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2, § 354 Abs. 1a StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Zur Abfassung der Urteilsgründe bemerkt der Senat: Nach § 267 Abs. 1 Satz 1 StPO müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden; die Sachverhaltsschilderung soll ein geschlossenes Ganzes bilden und - unter Weglassung alles Unwesentlichen - kurz, klar und bestimmt sein (Meyer-Goßner/Appl, Die Urteile in Strafsachen, 29. Aufl., Rn. 271). Beruht die Überzeugung des Landgerichts auf einer Vielzahl von Indizien - wie hier zur Täterschaft des Angeklagten darauf, dass er im Besitz einer Vielzahl verfahrensrelevanter Dokumente war -, so ist es im Interesse der Verständlichkeit des Urteils dringend angezeigt, diese Indizien nicht in den Feststellungen , sondern ausschließlich im Rahmen der Beweiswürdigung abzuhandeln. Dies vermeidet eine umfangreiche, das eigentliche Tatgeschehen in den Hintergrund drängende Darstellung von zuerst mehr oder minder belanglos erscheinenden Umständen und stellt zudem sicher, dass nur solche Tatsachen Erwähnung im Urteil finden, die in der Beweiswürdigung eine Rolle spielen (BGH, Beschluss vom 14. Juli 2005 - 3 StR 238/05, BGHR StPO § 267 Abs. 1 Satz 1 Sachdarstellung 14).
Die Beweiswürdigung wiederum soll keine umfassende Dokumentation der Beweisaufnahme enthalten, sondern lediglich belegen, warum bestimmte bedeutsame Umstände so festgestellt worden sind. Es ist regelmäßig verfehlt, die Aussagen von Zeugen und Sachverständigen aus der Hauptverhandlung in ihren Einzelheiten mitzuteilen (BGH, Beschluss vom 30. Juni 2015 - 3 StR 179/15, juris Rn. 4 mwN). Es ist auch nicht nötig, für jede einzelne Feststellung einen Beleg in den Urteilsgründen zu erbringen, denn auch dies stellt sich lediglich als Beweisdokumentation, nicht aber als Beweiswürdigung dar (MeyerGoßner /Appl aaO, Rn. 350 mwN). Dies gilt insbesondere, wenn sich - wie hier - zahlreiche Indizien aus Urkunden ergeben, die in der Hauptverhandlung verlesen wurden oder im Selbstleseverfahren in die Hauptverhandlung eingeführt wurden. Da es insoweit auf den Inbegriff der Hauptverhandlung ankommt, ist es zudem verfehlt, Blattzahlen dieser Urkunden aus der Gerichtsakte in den Urteilsgründen anzugeben, zumal dem Revisionsgericht eine Überprüfung des Akteninhalts insoweit ohnehin verwehrt ist. Becker Schäfer Gericke Tiemann Hoch
10
Die Beweiswürdigung soll keine umfassende Dokumentation der Beweisaufnahme enthalten, sondern lediglich belegen, warum bestimmte bedeutsame Umstände so festgestellt worden sind. Es ist regelmäßig untunlich, den Inhalt der überwachten Telekommunikation wörtlich oder auch nur in einer ausführlichen Inhaltsangabe wiederzugeben (hier UA S. 6 bis 23, 26 bis 27 und 55 bis 57), die Aussagen von Zeugen und Sachverständigen aus der Hauptverhandlung der Reihe nach und in ihren Einzelheiten mitzuteilen oder verlesene Urkunden, auf deren Wortlaut es nicht ankommt, wörtlich wiederzugeben. Ein solches Vorgehen kann die Besorgnis begründen, der Tatrichter sei davon ausgegangen, eine breite Darstellung der erhobenen Beweise könne die gebotene eigenverantwortliche Würdigung ersetzen und unter Umständen den Bestand des Urteils gefährden (st. Rspr.; s. BGH, Beschluss vom 28. Mai 2013 - 3 StR 121/13, juris mwN).
24
Die Abfassung des Urteils gibt Anlass zu dem Hinweis, dass die Urteilsgründe nicht die Aufgabe haben, den Gang der Ermittlungen oder der Hauptverhandlung sowie mit der Tat nicht im Zusammenhang stehendes Randgeschehen in allen Einzelheiten wiederzugeben. Eine detaillierte Wiedergabe sämtlicher Aussageinhalte ist regelmäßig nicht veranlasst; darin liegt eine Beweisdokumentation , aber keine Beweiswürdigung (BGH, Beschluss vom 8. Mai 2009 - 2 StR 147/09; Urteil vom 17. August 2001 - 2 StR 167/01, NStZ 2002,