Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Feb. 2019 - 4 StR 514/18

bei uns veröffentlicht am26.02.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 514/18
vom
26. Februar 2019
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Mordes u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:260219B4STR514.18.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 26. Februar 2019 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Münster vom 29. Juni 2018 mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Mordes in sechs tateinheitlich zusammentreffenden Fällen in Tateinheit mit besonders schwerer Brandstiftung und mit versuchter Brandstiftung mit Todesfolge sowie wegen Betruges zu einer Einheitsjugendstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat Erfolg.

I.


2
Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:
3
Der Angeklagte lebte seit November 2016 in einer Mietwohnung im ersten Obergeschoss eines Mehrfamilienhauses in T. . Dort wohnten neun wei- tere Personen, verteilt auf sieben weitere Wohneinheiten im Erd-, Ober- und Dachgeschoss.
4
Im Jahr 2017 geriet der Angeklagte zunehmend in finanzielle Schwierigkeiten. Am frühen Morgen des Tattages, dem 1. Oktober 2017, fasste er den Entschluss, in seiner Wohnung Feuer zu legen, um anschließend die von ihm im Juni 2017 abgeschlossene Hausratsversicherung unter Geltendmachung deutlich überhöhter Schäden in Anspruch zu nehmen. Es war dem Angeklagten bewusst, dass das gesamte Haus in Brand geraten und andere Bewohner zu Tode kommen könnten, was er billigend in Kauf nahm.
5
Der Angeklagte entzündete nach 0.41 Uhr Papier und legte es auf seiner im Wohnzimmer befindlichen Couchgarnitur ab. Anschließend begab er sich in das Schlafzimmer, wo er verschiedene Kleidungsstücke auf seinem Bett aufhäufte und ebenfalls anzündete. In der Wohnung des Angeklagten entwickelte sich schnell ein Vollbrand, der unter anderem die hölzernen Türzargen sowie die Rollladenkästen erfasste.
6
Der Angeklagte erkannte, dass er das Feuer nicht mehr kontrollieren konnte, und fürchtete die Konsequenzen seiner Tat. Um den Tatverdacht von sich auf eine dritte Person zu lenken, warf er seine Geldbörse in den Hausflur, ließ seine Wohnungstür offen stehen und fügte sich mit einem Küchenmesser eine oberflächliche Verletzung im Bauchbereich zu. Um 0.57 Uhr wählte er die Notrufnummer und gab an, dass bei ihm eingebrochen worden sei, der Täter habe ihn angegriffen und verletzt, seine Wohnung stehe in Flammen. Hierdurch wollte der Angeklagte den von ihm beabsichtigten Versicherungsbetrug vorbereiten ; ihm ging es jedoch nicht darum, die übrigen Hausbewohner zu retten.
7
Zur Untermauerung des von ihm erfundenen Überfalls legte sich der Angeklagte vor seiner Wohnung in den Flur. Bei dem Versuch, die Taschenlampenfunktion seines Mobiltelefons anzustellen, wählte er versehentlich erneut den Notruf; nunmehr forderte er ausdrücklich ein Löschfahrzeug der Feuerwehr an. Anschließend schaffte er es aufgrund der starken Rauchentwicklung nicht mehr, eigenständig aufzustehen, und er rief laut um Hilfe.
8
Zur Tatzeit befanden sich sechs weitere Personen im Gebäude. Diese wurden teils durch das Signal der Brandmelder sowie die Rufe des Angeklagten aufmerksam und verließen das Haus, teils wurden sie von den alsbald erschienenen Feuerwehr- und Polizeikräften gerettet. Verletzt wurde niemand.
9
Am 4. Oktober 2017 meldete der Angeklagte gegenüber seiner Versicherung den angeblich von einem unbekannten Täter gelegten Brand und machte Versicherungsleistungen geltend. Es kam hierauf zur Auszahlung von insgesamt circa 2.400 Euro. Als durch das Gutachten eines Brandsachverständigen Zweifel an dem vom Angeklagten geschilderten Hergang aufkamen, wurden weitere Versicherungsleistungen abgelehnt.

II.


10
1. Der Schuldspruch hat keinen Bestand, soweit der Angeklagte wegen versuchten Mordes in sechs tateinheitlich zusammentreffenden Fällen und wegen versuchter Brandstiftung mit Todesfolge verurteilt worden ist.
11
a) Das Landgericht hat insoweit einen Rücktritt vom Versuch mit rechtlich nicht tragfähigen Erwägungen abgelehnt.
12
Es hat hierzu ausgeführt, dass ein Rücktritt nach § 24 Abs. 1 Satz 1 StGB ausscheide, da die Notrufe des Angeklagten nicht auf die Rettung der anderen Hausbewohner gerichtet gewesen seien. Der Angeklagte habe nämlich bei den Notrufen verschwiegen, dass es sich bei dem Brandobjekt um ein Mehrfamilienhaus handele, und habe nur Hilfe für sich selbst angefordert; er habe auch davon abgesehen, die übrigen Hausbewohner vor dem Feuer zu warnen, obwohl ihm dies möglich gewesen sei. Motiv für die Notrufe sei vielmehr die Vorbereitung des geplanten Versicherungsbetrugs gewesen.
13
aa) Soweit das Landgericht darauf abgestellt hat, dass der Angeklagte wirksamere Rettungsbemühungen hätte entfalten können, geht dies über die Anforderungen an einen Rücktritt nach § 24 Abs. 1 Satz 1 2. Alternative StGB hinaus.
14
Erweist sich das auf Erfolgsabwendung gerichtete Handeln des Versuchstäters als erfolgreich und für die Verhinderung der Tatvollendung ursächlich im Sinne des § 24 Abs. 1 Satz 1 2. Alternative StGB, so kommt es nicht darauf an, ob dem Täter schnellere oder sichere Möglichkeiten der Erfolgsab- wendung zur Verfügung gestanden hätten; das Erfordernis eines „ernsthaften Bemühens“ gemäß § 24 Abs. 1 Satz 2 StGB gilt für diesen Fall nicht (vgl. BGH, Urteile vom 20. Mai 2010 – 3 StR 78/10, NStZ-RR 2010, 276, 277; vom 16. März 2006 – 4 StR 594/05, NStZ 2006, 503, 505; Beschluss vom 20. Dezember 2002 – 2 StR 251/02, BGHSt 48, 147, 150). Da die Strafkammer davon ausgegangen ist, dass die von dem Angeklagten abgesetzten Notrufe kausal waren für die Rettung aller anwesenden Hausbewohner, ist dies für einen Rücktritt nach § 24 Abs. 1 Satz 1 2. Alternative StGB ausreichend. Auf ein etwaiges Nichtergreifen besserer Rettungshandlungen kommt es nicht an.
15
bb) Einem strafbefreienden Rücktritt steht – entgegen der Auffassung des Landgerichts – auch nicht entgegen, dass das Vorgehen des Angeklagten nach den getroffenen Feststellungen der Vorbereitung des Versicherungsbetruges diente.
16
Abgesehen davon, dass die Annahme des Landgerichts, die Motivation des Angeklagten bei Absetzen der Notrufe sei ausschließlich auf die Vorbereitung des Versicherungsbetrugs gerichtet gewesen, nicht tragfähig belegt ist, da sie im Widerspruch zu der Feststellung steht, der Angeklagte habe „die Konse- quenzen seiner Tat“ gefürchtet, stünde selbst eine solche Motivation einem strafbefreienden Rücktritt nicht entgegen. Verschleierungsbemühungen schließen einen Rücktritt nicht aus, wenn die Verhinderung der Tatvollendung Teil dieser Bemühungen ist; anders ist dies nur, wenn die Tatvollendung im Rahmen der Verschleierungshandlung lediglich aus Versehen verhindert wird (vgl. BGH, Urteil vom 5. Dezember 1985 – 4 StR 593/85, NJW 1986,1001; Fischer, StGB, 66. Aufl., § 24 Rn. 31; LK-StGB/Lilie-Albrecht, 12. Aufl., § 24 Rn. 282 f.). Nach den getroffenen Feststellungen alarmierte der Angeklagte die Rettungskräfte zwar, um den von ihm erfundenen Hergang – Überfall und Brandlegung durch einen Dritttäter – glaubhaft erscheinen zu lassen. Hiermit hat er aber notwendigerweise zugleich Rettungsmaßnahmen in Gang gesetzt.
17
b) Es kommt somit nicht mehr entscheidend darauf an, dass auch die Beweiswürdigung, auf welche die Strafkammer die Annahme eines bedingten Tötungsvorsatzes gestützt hat, rechtlichen Bedenken begegnet.
18
aa) Das Landgericht hat in der Beweiswürdigung zur subjektiven Tatseite zunächst auf die „auch insoweit geständige Einlassung des Angeklagten“ ver- wiesen, ohne diese jedoch inhaltlich mitzuteilen.
19
Zwar ist es nach § 267 StPO nicht angezeigt, sondern regelmäßig sogar verfehlt, dass die Einlassung des Angeklagten in allen Einzelheiten in den Urteilsgründen wiedergegeben wird (vgl. zuletzt BGH, Beschluss vom 17. Januar 2018 – 4 StR 305/17, juris Rn. 35 ff.). Um die Beweiswürdigung des Tatrichters auf sachlich-rechtliche Fehler überprüfen zu können, ist es allerdings geboten, dass jedenfalls zum eigentlichen Tatvorwurf eine geschlossene und zusammenhängende Wiedergabe der wesentlichen Grundzüge der Einlassung erfolgt (vgl. BGH, Urteil vom 16. September 2015 – 2 StR 483/14, NStZ 2016, 25, 26; Beschlüsse vom 30. Dezember 2014 – 2 StR 403/14, BGHR StPO § 267 Abs. 1 Satz 2 Einlassung 2; vom 7. Mai 1998 – 4 StR 88/98, NStZ-RR 1999, 45). Eine solche Wiedergabe der wesentlichen Einlassungsinhalte lassen die Urteilsgründe vorliegend vermissen, obwohl dies gerade angesichts der Feststellung eines bloß bedingten Tötungsvorsatzes geboten gewesen wäre.
20
bb) Hinzu kommt, dass es gänzlich an Ausführungen zum voluntativen Vorsatzelement, dessen Vorliegen ohne Begründung nur behauptet wird, fehlt. Vorsatzkritische Gesichtspunkte, wie der Verbleib des Angeklagten in dem brennenden Haus, bleiben unerörtert.
21
2. Wegen des Vorliegens von Tateinheit kann auch die für sich rechtsfehlerfreie Verurteilung des Angeklagten wegen besonders schwerer Brandstiftung keinen Bestand haben (vgl. BGH, Urteile vom 28. September 2017 – 4 StR 282/17, juris Rn. 14; vom 20. Februar 1997 – 4 StR 642/96, BGHR StPO § 353 Aufhebung 1).
22
Aufgrund des – schon wegen § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 5 StGB bestehenden – inneren Zusammenhangs zwischen dem Brandgeschehen und dem nachfolgenden Betrug zum Nachteil der Versicherung hebt der Senat das Urteil auch insoweit auf, um dem neuen Tatgericht eine widerspruchsfreie Bewertung des Gesamtgeschehens zu ermöglichen.
Sost-Scheible Roggenbuck Quentin
Feilcke Bartel

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(1) Wegen Versuchs wird nicht bestraft, wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt oder deren Vollendung verhindert. Wird die Tat ohne Zutun des Zurücktretenden nicht vollendet, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft be

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wegen Versuchs wird nicht bestraft, wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt oder deren Vollendung verhindert. Wird die Tat ohne Zutun des Zurücktretenden nicht vollendet, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft bemüht, die Vollendung zu verhindern.

(2) Sind an der Tat mehrere beteiligt, so wird wegen Versuchs nicht bestraft, wer freiwillig die Vollendung verhindert. Jedoch genügt zu seiner Straflosigkeit sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, die Vollendung der Tat zu verhindern, wenn sie ohne sein Zutun nicht vollendet oder unabhängig von seinem früheren Tatbeitrag begangen wird.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 78/10
vom
20. Mai 2010
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Totschlags u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 20. Mai 2010,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
von Lienen,
Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible,
Richter am Bundesgerichtshof
Hubert
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Rechtsanwältin
als Vertreterin der Nebenklägerin,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 13. November 2009 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten sowie der Nebenklägerin dadurch entstandenen notwendigen Auslagen , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Die Staatsanwaltschaft rügt mit ihrer Revision, die vom Generalbundesanwalt vertreten wird, die Verletzung sachlichen Rechts. Nach ihrer Auffassung hat das Landgericht zu Unrecht einen strafbefreienden Rücktritt vom Totschlagsversuch sowie eine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit des Angeklagten angenommen.
2
Das Rechtsmittel hat Erfolg.
3
1. Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
4
Der nicht vorbestrafte Angeklagte lebte seit Februar 2009 wieder im Haushalt seiner 74jährigen Mutter, dem späteren Tatopfer. Diese litt an einer schweren Lungenerkrankung und war darauf angewiesen, sich täglich für mehrere Stunden über einen Nasenschlauch ergänzend Sauerstoff zuzuführen. Zwischen dem Angeklagten und seiner Mutter kam es alsbald vermehrt zu Streitigkeiten. In der Wahrnehmung des Angeklagten, die möglicherweise durch seinen regelmäßigen Cannabis-Konsum beeinträchtigt war, beruhten die Auseinandersetzungen darauf, dass seine Mutter ihn ständig grundlos kritisierte und ihn als Versager darstellte. Infolge dieses vom Angeklagten als kränkende Zurückweisung empfundenen Verhaltens, entwickelte sich bei ihm zunehmend ein Gefühl der Unzulänglichkeit und Verärgerung, aus dem heraus er drei Tage vor der Tat anlässlich einer erneuten Meinungsverschiedenheit mit seiner Mutter gegenüber seinem Schwager äußerte "die blöde Kuh wär´ sowieso besser tot".
5
Am Tattag war er nach einer aus seiner Sicht missbilligenden Äußerung seiner Mutter über seine Freundin niedergeschlagen und zog sich in sein Zimmer zurück. Nach dem Konsum von Haschisch und Alkohol sprang er gegen 21 Uhr einem plötzlichen Entschluss folgend aus dem Fenster seines im ersten Stock gelegenen Zimmers, um sich das Leben zu nehmen. Er zog sich durch den Sturz jedoch lediglich leichte Verletzungen zu und wurde auf seine Hilferufe von seiner Mutter wieder in das Haus eingelassen, wo er sich auf deren Bett legte. Währendessen forderte seine Mutter telefonisch einen Notarzt für den Angeklagten an. Nach Beendigung des Telefonats stürzte sich der Angeklagte plötzlich in Wut auf seine Mutter, die er für seine Lage verantwortlich machte, riss ihr den Bademantel herunter, warf sie auf das Bett und hielt ihr mit den Worten "jetzt bist Du dran", "Verreck´ doch endlich, Du Miststück" Mund und Nase zu in der Absicht, sie zu töten. Die Geschädigte, die Todesangst hatte, stellte sich tot. Als sich die von dem Tatopfer zuvor alarmierten Rettungskräfte mit Signalton dem Tatort näherten, ließ der Angeklagte von seiner Mutter ab, lief zur Wohnung der Nachbarn und rief um Hilfe, weil seine Mutter sterbe. Sodann ließ er die mittlerweile eingetroffenen Rettungskräfte in die Wohnung seiner Mutter ein. Das Tatopfer erlitt durch den Verschluss der Atemwege lebensbedrohliche Verletzungen und konnte nur mit Mühe gerettet werden.
6
2. Die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte sei strafbefreiend vom (tateinheitlich begangenen) Totschlagsversuch zurückgetreten, hält auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
7
Das Landgericht ist zwar im Ansatz zutreffend davon ausgegangen, dass der Totschlagsversuch beendet war; denn der Angeklagte glaubte, dass seine Mutter an den ihr zugefügten Verletzungen versterben konnte. Die Voraussetzungen eines strafbefreienden Rücktritts vom beendeten Versuch sind hingegen nicht ausreichend belegt. Die Urteilsfeststellungen sind insoweit lückenhaft und erlauben nicht den Schluss, dass der Angeklagte entweder die Vollendung der Tat freiwillig verhindert (§ 24 Abs. 1 Satz 2 2. Halbs. StGB) oder sich freiwillig und ernsthaft bemüht hat, die Vollendung zu verhindern (§ 24 Abs. 1 Satz 2 StGB).
8
a) Ein strafbefreiender Rücktritt vom Versuch gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 2. Halbs. StGB kommt zwar auch in Betracht, wenn der Täter unter mehreren Möglichkeiten der Erfolgsverhinderung nicht die sicherste oder "optimale" gewählt hat (BGHSt 48, 147). Erforderlich ist aber stets, dass der Täter eine neue Kausalkette in Gang gesetzt hat, die für die Nichtvollendung der Tat ursächlich, oder jedenfalls mitursächlich wird (BGHSt 33, 295, 301; BGH NStZ 2008, 508).
9
Mit den Voraussetzungen dieser Rücktrittsregelung hat sich das Landgericht nicht ausdrücklich befasst. Es hat lediglich festgestellt, dass der Angeklagte die aus anderen Gründen herbeigerufenen Rettungskräfte in die Wohnung der Geschädigten einließ. Ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass dieses Ver- halten im Sinne des § 24 Abs. 1 Satz 1 2. Halbs. StGB für die Erfolgsverhinderung kausal oder zumindest mitursächlich wurde, enthält das Urteil indes nicht. Es verhält sich insbesondere nicht dazu, ob der Angeklagte den Notarzt und die Sanitäter, die nicht zur Rettung seiner Mutter herbeigerufen, sondern von dieser wegen seines Selbstmordversuchs alarmiert worden waren, über die veränderte Sachlage in Kenntnis setzte und ihnen den Weg zu seiner verletzten Mutter wies und auf diese Weise deren Rettung erleichterte oder beschleunigte - was in Anbetracht der konkreten Umstände für die Annahme eines strafbefreienden Rücktritts nach § 24 Abs. 1 Satz 1 2. Halbs. StGB ausgereicht hätte -, oder ob der Notarzt die Wohnung der Verletzten auch ohne Zutun des Angeklagten ohne wesentliche Verzögerung betreten, das Tatopfer finden und dieses damit auch ohne Mitwirkung des Angeklagten retten konnte (BGH NJW 1990, 3219; BGH NStZ aaO).
10
b) Dass sich der Angeklagte - wovon das Landgericht ausgegangen ist - im Sinne des § 24 Abs. 1 Satz 2 StGB jedenfalls freiwillig und ernsthaft bemüht hat, die Vollendung zu verhindern, ist durch die Feststellungen ebenfalls nicht hinreichend belegt.
11
§ 24 Abs. 1 Satz 2 StGB setzt voraus, dass der Täter alles tut, was in seinen Kräften steht und nach seiner Überzeugung zur Erfolgsabwendung erforderlich ist, und dass er die aus seiner Sicht ausreichenden Verhinderungsmöglichkeiten ausschöpft, wobei er sich auch der Hilfe Dritter bedienen kann (BGHSt 33, 295, 301 f.; BGH NStZ 2008, 329). Allerdings sind, wenn - wie hier - ein Menschenleben auf dem Spiel steht, insoweit hohe Anforderungen zu stellen. Der Täter muss sich um die bestmögliche Maßnahme bemühen. Hilft er nicht selbst, so muss er sich zumindest vergewissern, ob die Hilfspersonen das Notwendige und Erforderliche veranlassen (BGHSt aaO).
12
Auch insoweit lässt das Urteil ausreichende Feststellungen vermissen. Das Herbeirufen eines Krankenwagens oder Arztes war hier die am ehesten zur Rettung des Tatopfers geeignete Maßnahme. Entsprechende Bemühungen entfaltete der Angeklagte jedoch nicht selbst; denn seine Mutter hatte die Rettungskräfte bereits vor der Tat verständigt. Ob sich das bloße Einlassen des aus anderen Gründen herbeigerufenen Notarztes in die Wohnung des Tatopfers in der konkreten Situation objektiv und aus Sicht des Angeklagten als die bestmögliche Maßnahme zur Rettung des Tatopfers darstellte, ist in Anbetracht der fehlenden Feststellungen zu den Umständen des Zusammentreffens des Angeklagten mit den Rettungskräften, deren Kenntnisstand und dem diesbezüglichen Vorstellungsbild des Angeklagten nicht ausreichend dargelegt. Gleiches gilt, soweit sich der Angeklagte durch Hilferufe und mit dem Hinweis, seine Mutter sterbe, an die Wohnungsnachbarn wandte; denn die Urteilsgründe ergeben bereits nicht, welche Vorstellungen der Angeklagte mit diesem Vorgehen verband (BGH NStZ 2000, 41 f.).
13
3. Da das Urteil schon wegen der rechtsfehlerhaften Bejahung eines strafbefreienden Rücktritts vom tateinheitlich begangenen Totschlagsversuchs der Aufhebung unterliegt, kommt es nicht mehr entscheidend darauf an, ob die knappen Darlegungen des Landgerichts zum Vorliegen einer erheblich verminderten Steuerungsfähigkeit des Angeklagten infolge einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung im Sinne der §§ 20, 21 StGB eine noch ausreichende revisionsrechtliche Nachprüfung ermöglichen. Der Senat sieht jedoch Anlass, darauf hinzuweisen, dass der Tatrichter, wenn er sich darauf beschränkt, sich der Beurteilung eines Sachverständigen zur Frage der Schuldfähigkeit anzuschließen, dessen wesentliche Anknüpfungs- und Befundtatsachen im Urteil so wiederzugeben hat, wie dies zum Verständnis des Gutachtens erforderlich ist (BGH NStZ-RR 2003, 232). Der neue Tatrichter wird darüber hinaus Gelegenheit haben , die von der Revision vermissten Umstände bei der Prüfung der Schuldfä- higkeit im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung zu berücksichtigen. Er wird ferner in den Blick zu nehmen haben, ob möglicherweise ein Zusammenwirken mehrerer Ursachen zu einer Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit des Angeklagten geführt hat (BGHR StGB § 21 Ursachen, mehrere 3 und 4).
14
4. Das Urteil weist - was gemäß § 301 StPO auch auf die Revision der Staatsanwaltschaft zu prüfen ist - hingegen keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf. Becker Pfister von Lienen Sost-Scheible Hubert

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 594/05
vom
16. März 2006
in der Strafsache
gegen
wegen Mordes u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 16. März
2006, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Tepperwien,
Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Kuckein,
Athing,
Richterin am Bundesgerichtshof
Solin-Stojanović,
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Ernemann
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Regensburg vom 9. August 2005 werden verworfen.
2. Es wird davon abgesehen, dem Angeklagten die Kosten und Auslagen seines Rechtsmittels aufzuerlegen. Die Kosten der Revision der Staatsanwaltschaft und die dem Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen tateinheitlich begangenen dreifachen Mordes in Tateinheit mit dreifacher gefährlicher Körperverletzung, vorsätzlichem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr und mit vorsätzlicher Straßenverkehrsgefährdung zu einer Jugendstrafe von vier Jahren verurteilt. Es hat ihm ferner die Fahrerlaubnis entzogen, seinen Führerschein eingezogen und eine Sperrfrist für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis von zwei Jahren bestimmt.
2
Mit seiner hiergegen gerichteten Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Die Staatsanwaltschaft erstrebt mit ihrer auf die Sachbeschwerde gestützten, zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten Revision seine Verurteilung auch wegen tateinheitlich begangenen dreifach versuchten Mordes und die Verhängung einer höheren Jugendstrafe. Die Rechtsmittel haben keinen Erfolg.

I.


3
Nach den Feststellungen war der Angeklagte am 19. Juni 2004 gegen 1.15 Uhr von der Abschlussfeier seines Fußballvereins nach Hause zurückgekehrt. Er war darüber verärgert, dass ihm, als er auf der Feier am Tisch eingeschlafen war, ein Büschel Haare abgeschnitten worden war. Um seine Wut abzureagieren , fuhr der Angeklagte mit dem von ihm und anderen Familienmitgliedern genutzten Opel Zafira zum Deggendorfer Kreuz und weiter in Richtung Regensburg. Gegen 3.30 Uhr verließ er bei Schwarzach die Autobahn. Nach kurzem Halt fuhr er, ohne die Scheinwerfer einzuschalten, über die Autobahnausfahrt Schwarzach in Gegenrichtung auf die Autobahn. Dort setzte er auf der Standspur die Fahrt fort und beschleunigte das Fahrzeug, obwohl er auf eine Entfernung von mindestens 500 m erkannte, dass ihm ein Fahrzeug entgegenkam. Entweder befuhr der Angeklagte zu diesem Zeitpunkt mit seinem Fahrzeug bereits die rechte Fahrspur der A 3 oder er war, als er das entgegenkommende Fahrzeug wahrgenommen hatte, mit seinem Fahrzeug von der Standspur auf die rechte Fahrspur gewechselt. Dabei handelte er in der Absicht, einen Unfall zu verursachen, um Selbstmord zu begehen und nahm billigend in Kauf, dass durch einen Zusammenstoß mit dem entgegenkommenden Pkw andere Verkehrsteilnehmer getötet oder schwer verletzt werden. Ihm war bewusst , dass die Insassen des entgegenkommenden Fahrzeugs nicht damit rechneten, dass ihnen ein unbeleuchtetes Fahrzeug entgegenkam, so dass der Führer des Fahrzeugs keine Möglichkeit haben würde, einen Unfall zu vermeiden. Als eine Kollision der Fahrzeuge auf der rechten in Richtung Regensburg führenden Fahrspur für den Angeklagten und den Führer des entgegenkommenden Fahrzeugs objektiv durch eine Bremsung nicht mehr zu vermeiden war, gab der Angeklagte - jedenfalls nicht ausschließbar - seine Suizidabsicht auf und schaltete das Licht an seinem Fahrzeug ein, um den Führer des entge- genkommenden Fahrzeugs auf sich aufmerksam zu machen. Dieser versuchte nach links auszuweichen, was ihm jedoch nicht mehr gelang. Die Fahrzeuge stießen überlappend mit dem jeweils rechten Frontbereich zusammen. In dem Fahrzeug, mit dem der vom Angeklagten geführte Opel Zafira kollidierte, befanden sich sechs Personen. Der Beifahrer, die hinter diesem auf dem Rücksitz sitzende Ehefrau des Fahrzeuglenkers und seine neben ihrer Mutter sitzende vierjährige Tochter erlitten tödliche Verletzungen. Der Führer des Fahrzeugs und seine beiden hinter ihm auf dem Rücksitz sitzenden Töchter wurden schwer verletzt.

II.


4
Die Revision des Angeklagten:
5
1. Die Verfahrensrügen, mit denen der Angeklagte die Verletzung der Aufklärungspflicht rügt, sind unbegründet. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift vom 28. Dezember 2005 Bezug genommen.
6
2. Die Überprüfung des Urteils auf die Sachrüge hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten aufgedeckt.
7
a) Insbesondere hält auch die vom Beschwerdeführer in mehrfacher Hinsicht beanstandete Beweiswürdigung zur inneren Tatseite rechtlicher Nachprüfung stand. Das Ergebnis der Beweisaufnahme festzustellen, ist allein Sache des Tatrichters. Die revisionsrechtliche Beurteilung ist auf die Prüfung beschränkt , ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlich- rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse, die Denkgesetze oder anerkannte Erfahrungssätze verstößt (vgl. Kuckein in KKStPO 5. Aufl. § 337 Rn. 29 m.N.). Gemessen an diesen Grundsätzen lässt die Beweiswürdigung keinen Rechtsfehler erkennen.
8
Das Landgericht hat seine Überzeugung, dass der Angeklagte die Autobahn bewusst in der falschen Fahrtrichtung befahren hat und auf das entgegenkommende Fahrzeug zugefahren ist, um Selbstmord zu begehen, entgegen der Auffassung der Revision auf eine zureichende Tatsachengrundlage gestützt. Dabei hat es sich, beraten durch vier Sachverständige, umfassend auch mit den vom Angeklagten behaupteten Umständen (Alkoholisierung, Übermüdung und Unterzuckerung), die zu einer kurzfristigen Erinnerungslosigkeit geführt haben sollen, auseinandergesetzt und eine so genannte Geisterfahrt mit rechtsfehlerfreien Erwägungen verneint. Der vom Landgericht insbesondere aus der Fahrweise des Angeklagten bis zur Kollision mit dem entgegenkommenden Fahrzeug und der Vorgeschichte gezogene – hier zudem nahe liegende - Schluss, dass der Angeklagte den Unfall absichtlich herbeigeführt hat, ist möglich und daher revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
9
b) Die Annahme des Landgerichts, dass die Schuldfähigkeit des Angeklagten bei Begehung der Tat weder aufgehoben noch erheblich vermindert war, ist ebenfalls hinreichend belegt. Entgegen der Auffassung der Revision weisen die Urteilsausführungen auch insoweit keinen Erörterungsmangel auf. Das Landgericht hat sich – allerdings im Rahmen seiner Ausführungen zur inneren Tatseite – mit der Frage einer erheblichen Verminderung der Schuldfähigkeit aus einem der in § 20 StGB bezeichneten Gründe, soweit sie nach den hier gegebenen Umständen in Betracht zu ziehen waren, ausführlich auseinan- dergesetzt und im einzelnen dargelegt, dass eine Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis, eine affektive Störung, eine Persönlichkeitsstörung ebenso wie eine durch den „Ärgeraffekt“ und die alkoholische Beeinträchtigung ausgelöste tiefgreifende Bewusstseinsstörung ausgeschlossen werden können.
10
c) Die rechtliche Würdigung des festgestellten Sachverhalts weist, auch soweit sie den Schuldspruch wegen tateinheitlich begangenen dreifachen Mordes betrifft, keinen Rechtsfehler auf.
11
aa) Zutreffend hat das Landgericht das Mordmerkmal der Tötung mit gemeingefährlichen Mitteln bejaht. Dieses Mordmerkmal kann auch dann erfüllt sein, wenn – wie hier – ein Tötungsmittel eingesetzt wird, das seiner Natur nach nicht gemeingefährlich ist, sofern das Mittel in der konkreten Tatsituation eine Mehrzahl von Menschen an Leib und Leben gefährden kann, weil der Täter die Ausdehnung der Gefahr nicht in seiner Gewalt hat (vgl. BGH NStZ 2006, 167, 168 m.N.). Diese Anforderungen sind nach den Feststellungen erfüllt.
12
Mit seiner Fahrweise hatte der Angeklagte die sechs Insassen des PKW, mit dem das von ihm geführte Fahrzeug zusammenstieß, aber auch die Insassen weiterer entgegenkommender Kraftfahrzeuge gefährdet. Der Fahrer des PKW, der zum Überholen angesetzt hatte, konnte nur durch eine Vollbremsung einen Zusammenstoß mit den vor ihm kollidierenden Fahrzeugen vermeiden und erlitt dabei leichte Verletzungen. Welche und wie viele Personen durch das vom Angeklagten mit einer Geschwindigkeit von mindestens 117 km/h in den Gegenverkehr gelenkte Fahrzeug gefährdet, verletzt und getötet werden konnten , war für den Angeklagten nicht beherrschbar. Dieser hatte durch die für die entgegenkommenden Verkehrsteilnehmer unberechenbare Fahrt „in besonderer Rücksichtslosigkeit“ eine Gefahr für eine unbestimmte Vielzahl von Perso- nen geschaffen. Er hatte es nicht in der Hand, wie viele Menschen als Repräsentanten der Allgemeinheit in den von ihm geschaffenen Gefahrenbereich geraten und durch sein Verhalten gefährdet werden konnten (vgl. BGH aaO).
13
bb) Auch das Mordmerkmal der Heimtücke ist rechtsfehlerfrei belegt.
14
Dass der Angeklagte unmittelbar vor der Kollision die Scheinwerfer einschaltete , steht der Annahme der Arg- und Wehrlosigkeit der Insassen des ihm entgegenkommenden PKW nicht entgegen, denn hinsichtlich der Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers ist auf den Beginn des ersten mit Tötungsvorsatz geführten Angriffs abzustellen (vgl. BGHSt 19, 321, 322; BGHR StGB § 211 Abs. 2 Heimtücke 3). Der Angeklagte hatte zur Ausführung seines mit bedingtem Tötungsvorsatz geführten Angriffs aber bereits mit dem gezielten Zufahren mit seinem unbeleuchteten PKW auf das entgegenkommende Fahrzeug angesetzt. Die zu diesem Zeitpunkt gegebene Arg- und Wehrlosigkeit der Fahrzeuginsassen bestand auch nach dem Erkennen der Gefahrensituation fort, denn die danach bis zur Kollision verbliebene Zeitspanne ließ, auch für den Führer des PKW, keine Möglichkeit, dem Angriff auszuweichen (vgl. BGH NStZ 2006, 167, 168 m.N.). Nach den Feststellungen war dem Anklagten bewusst, das die Insassen des entgegenkommenden PKW nicht mit Gegenverkehr rechneten und der Führer des Fahrzeugs keine Möglichkeit haben würde, den Unfall zu vermeiden.
15
Entgegen der Auffassung der Revision hält auch die Annahme des Landgerichts, dass der Angeklagte zur Durchführung der Tat die sich aus der Arglosigkeit der Tatopfer und deren sich daraus ergebende Wehrlosigkeit ausgenutzt hat, rechtlicher Nachprüfung stand.
16
Das für die Annahme der Heimtücke erforderliche Ausnutzungsbewusstsein setzt voraus, dass der Täter die äußeren Umstände der Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers wahrgenommen und sie bewusst zur Tatbegehung instrumentalisiert hat (st. Rspr., vgl. die Zusammenfassung bei Schneider in MünchKomm StGB § 211 Rdn. 140 m.N.). Dabei kann die Spontaneität des Tatentschlusses im Zusammenhang mit der Vorgeschichte und dem psychischen Zustand des Täters ein Beweisanzeichen dafür sein, dass ihm das Ausnutzungsbewusstsein fehlt (vgl. BGH NJW 1983, 2456; BGHR StGB § 211 Abs. 2 Heimtücke 26). Andererseits hindert nicht jede affektive Erregung oder heftige Gemütsbewegung einen Täter daran, die Bedeutung der Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers für die Tat zu erkennen (vgl. BGH NStZ 2006, 167, 168 m.N.). Wird das Ausnutzungsbewusstsein bejaht, bedarf es allerdings besonders dann, wenn der Täter durch die Tat zugleich seinem eigenen Leben ein Ende setzen will, einer Darlegung der Erwägungen, die das Gericht zu der Annahme des Ausnutzungsbewusstseins geführt haben, weil in einem derartigen Fall in der Regel die Möglichkeit nicht fern liegen wird, dass der Täter sich der Bedeutung der von ihm erkannten Arg- und Wehrlosigkeit für die Ausführung der Tat nicht bewusst gewesen ist (vgl. BGH GA 1979, 337, 338). Hier bedurfte es einer ausdrücklichen Erörterung dieser Möglichkeit jedoch nicht.
17
Wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat, musste der Angeklagte , um den Unfall, wie beabsichtigt, herbeizuführen, die Insassen, insbesondere den Führer des entgegenkommenden Fahrzeugs überraschen, und fuhr deshalb ohne Licht. Die Ausnutzung der Arg- und Wehrlosigkeit der Insassen des entgegenkommenden Fahrzeugs war hier unverzichtbarer Teil des Tatplans.

III.


18
Revision der Staatsanwaltschaft:
19
Die Überprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat auch keinen Rechtsfehler zum Vorteil des Angeklagten aufgedeckt.
20
1. Die Annahme des Landgerichts, dass der Angeklagte von dem dreifach versuchten Mord zum Nachteil der Fahrzeuginsassen, die überlebt haben, mit strafbefreiender Wirkung zurückgetreten ist, indem er kurz vor der Kollision das Licht an seinem Fahrzeug einschaltete, hält rechtlicher Nachprüfung stand.
21
Soweit es die Mordversuche betrifft, sind die Voraussetzungen eines strafbefreienden Rücktritts gemäß § 24 Abs. 1 Halbsatz 2 StGB erfüllt, denn der Angeklagte hat nach den rechtsfehlerfrei in Anwendung des Grundsatzes in dubio pro reo (vgl. dazu BGH VRS 61, 262, 263) getroffenen Feststellungen freiwillig die Vollendung der Tat verhindert. Mit dem Einschalten der Scheinwerfer ermöglichte der Angeklagte dem Führer des entgegenkommenden Fahrzeugs , einen Frontalzusammenstoß zu vermeiden, so dass die Fahrzeuge nur überlappend im Beifahrerbereich kollidierten. Die Annahme des Landgerichts, dass dieses Verhalten des Angeklagten zumindest mitursächlich dafür war, dass die Personen, die jeweils auf der Fahrerseite gesessen hatten, keine tödlichen Verletzungen erlitten, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Dass der Täter – wie hier – eine neue Kausalreihe in Gang setzt, die für die Nichtvollendung der Tat mindestens mitursächlich ist, reicht aus (vgl. BGH aaO; BGHSt 33, 295, 301, jew. m.w.N.). Ein gemäß § 24 Abs. 1 Halbsatz 2 StGB strafbefreiender Rücktritt setzt entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht voraus, dass der Täter, der die Vollendung der Tat erfolgreich verhin- dert und dies – wovon das Landgericht zutreffend zu Gunsten des Angeklagten ausgegangen ist – auch anstrebt, unter mehreren Möglichkeiten der Erfolgsverhinderung die sicherste oder „optimale“ gewählt hat (vgl. BGHSt 48, 147 m.N.). Der Annahme der Freiwilligkeit des Rücktritts steht nicht entgegen, dass der Angeklagte zunächst mit bedingtem Tötungsvorsatz handelte. Maßgeblich ist, dass er beim Einschalten der Scheinwerfer – nicht ausschließbar (UA 33/34) – davon ausging, dass der Unfall dadurch noch vermieden werden konnte (vgl. BGH VRS 61, 262, 263), mithin den für möglich gehaltenen Todeserfolg nicht mehr billigte.
22
2. Auch die Bemessung der gemäß § 17 Abs. 2 JGG wegen der Schwere der Schuld verhängten Jugendstrafe weist keinen den Angeklagten begünstigenden Rechtsfehler auf. Insbesondere ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Landgericht dabei nicht in erster Linie auf das Gewicht des Tatunrechts abgestellt hat, denn auch bei einer wegen der Schwere der Schuld zu verhängenden Jugendstrafe ist deren Höhe vorrangig nach erzieherischen Gesichtspunkten zu bemessen (vgl. nur BGHR JGG § 18 Abs. 2 Erziehung 10 m.N.).
Tepperwien Kuckein Athing
Solin-Stojanović Ernemann

(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.

(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.

(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.

(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.

(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.

(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.

35
4. Die Abfassung der Urteilsgründe – Wiedergabe der Einlassungen der Angeklagten auf 48 Seiten, geschlossene Wiedergabe der Angaben des Zeugen A. T. auf 63 Seiten – gibt Anlass zu folgenden Hinweisen:

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 S t R 4 8 3 / 1 4
vom
16. September 2015
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 16. September
2015, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Fischer,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Appl,
Prof. Dr. Krehl,
Dr. Eschelbach,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Ott,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof in der Verhandlung,
Bundesanwältin beim Bundesgerichtshof bei der Verkündung
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Gießen vom 30. Juli 2014 mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt. Seine auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision hat Erfolg.

I.

2
Nach den Feststellungen des Landgerichts bewohnte der später getötete V. , der Alkoholprobleme hatte, ab August 2013 ein Zimmer in der Wohnung des Angeklagten. Das Zusammenleben gestaltete sich anfangs harmonisch , später kam es zu Differenzen. So leistete V. keine Zahlung für die Nutzung der Wohnung, er beteiligte sich nicht an der Reinigung.
Während er im Zimmer des Angeklagten Fernsehen schaute, trank er Schnaps und rauchte, ohne zu lüften, was dem Angeklagten missfiel.
3
Weihnachten 2013 war der Besuch der Mutter des Angeklagten angekündigt. Aus diesem Grund forderte der Angeklagte V. auf, ihm beim Aufräumen der Wohnung zu helfen. Nach Rückkehr von der Arbeit am 23. Dezember 2013 gegen 12.15 Uhr stellte der Angeklagte fest, dass sein Mitbewohner noch keine Anstalten unternommen hatte aufzuräumen. Aus Ärger trank er zwei oder drei Bier. Daraufhin beschloss er zwischen 15.00 und 16.00 Uhr, zu einem ca. 800 m entfernten Imbiss zu fahren, um dort etwas zu essen. Auf der Fahrt dorthin ging sein Roller kaputt; aus Frust hierüber trank er weiter Bier oder Apfelwein. Gegen 18.00 Uhr verließ der Angeklagte, der zwar nicht volltrunken war, aber "einen über den Durst" getrunken hatte, den Imbiss und schob seinen Roller zunächst, bis er ihn stehen ließ, weil er sich nicht mehr in der Lage sah, ihn weiter zu schieben. Er lief nach Hause und stellte dort fest, dass V. , der betrunken war und sich eingenässt hatte, in seinem Zimmer fernsah und rauchte. Zu Aufräumarbeiten war es nicht gekommen. Auf eine Strafpredigt des Angeklagten hin verteidigte sich V. damit, es gehe ihm nicht gut. Anschließend tranken der Angeklagte und V. ein weiteres Bier, bevor der Angeklagte eine von V. versteckt gehaltene Flasche Kräuterschnaps entdeckte. Aus Verärgerung trank der Angeklagte hiervon einige Schlucke und schüttete den Rest fort.
4
Auf Aufforderung des Angeklagten verließ V. das Zimmer des Angeklagten, der sich mit Kleidung und seinen Arbeitsschuhen mit Stahlkappen in sein Bett legte und sogleich einschlief. Gegen 19.00 Uhr betrat V. mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,7 Promille das Zimmer des Angeklagten, kam zu Fall und stürzte in das Bett des Angeklagten. Er traf dabei mit seinem Kopf direkt auf das Gesicht des Angeklagten, bei dem sich infolge dessen ein Schneidezahn lockerte. Der Angeklagte, der einen Blutalkoholwert von 2,57 Promille aufwies, schreckte hoch, trat nach V. und "donnerte" ihn vom Bett hinunter. Anschließend übergab er sich. V. rappelte sich auf und stürzte noch einmal auf das Bett des Angeklagten, der sich nunmehr enthemmt durch den Alkoholeinfluss entschloss, seinem Frust und Ärger über V. freien Lauf zu lassen. Enthemmt durch den Alkohol schlug er ihn mehrfach mit der Faust ins Gesicht und gegen den Kopf. Anschließend trat er V. mit voller Wucht von einem Stuhl hinunter, auf den sich dieser gesetzt hatte. Dem am Boden liegenden Geschädigten trat er sodann mehrfach, mindestens sechs Mal, mit seinen Arbeitsschuhen gegen Kopf, Hals und Oberkörper. Auch nahm der Angeklagte den Kopf des V. und schlug ihn mehrfach wuchtig auf den Boden. Dabei war ihm trotz seiner Alkoholisierung bewusst, dass V. durch die zahlreichen wuchtigen Schläge und Tritte zu Tode kommen konnte. Dies nahm er bei Ausführung der Tat billigend in Kauf.
5
V. erlitt zahlreiche Hämatome und Einblutungen, außerdem acht Rippenbrüche auf der rechten und zwei auf der linken Seite. Zudem kam es zu einer Zertrümmerung des Mittelgesichts sowie zu einem Bruch des Zungenbeins. Infolge weiter eingetretener Einblutungen in die Schädelhöhle sowie der Erschwerung der Atmung verstarb V. in der Nacht, spätestens einige Stunden nach der Tat.
6
Zum Zeitpunkt der Tat war der Angeklagte in seiner Steuerungsfähigkeit erheblich eingeschränkt.
7
Der Angeklagte, der seinen Frust und Ärger nunmehr abreagiert hatte, legte sich nach der Tat wieder schlafen und fand am nächsten Morgen den Leichnam seines Mitbewohners vor seinem Bett. Er schaffte ihn in dessen Zimmer und reinigte die Wohnung. Zunächst war er bemüht, die Tat zu verdecken , bevor er sich am 5. Januar 2014 entschloss, sich der Polizei zu stellen.

II.

8
Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg. Die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte habe mit bedingtem Tötungsvorsatz gehandelt , hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
9
1. Das Landgericht hat festgestellt, dem Angeklagten sei trotz seiner Alkoholisierung bewusst gewesen, dass V. durch die zahlreichen wuchtigen Schläge und Tritte gegen Kopf, Hals und Oberkörper zu Tode kommen konnte. Dies habe er bei Ausführung der Tat zumindest billigend in Kauf genommen.
10
2. Eine Beweiswürdigung hierzu fehlt in den Urteilsgründen. Dies erweist sich aus zwei Gründen als fehlerhaft.
11
a) Das Landgericht hat nicht mitgeteilt, wie sich der Angeklagte hinsichtlich der subjektiven Tatseite eingelassen hat. Aus den Ausführungen der Strafkammer ergibt sich zwar, dass die Feststellungen zur Sache auf dem Ergebnis der Beweisaufnahme, insbesondere auf dem glaubhaften Geständnis des Angeklagten , beruhen. Die im Folgenden wiedergegebenen Angaben des Angeklagten beziehen sich aber lediglich auf den äußeren Geschehensablauf und enthalten keinerlei Hinweise, ob und in welcher Weise der Angeklagte sich hinsichtlich des Tatvorsatzes eingelassen hat.
12
Aus § 267 StPO, der den Inhalt der Urteilsgründe festlegt, ergibt sich zwar nicht, dass das Gericht verpflichtet ist, eine Beweiswürdigung im Urteil vorzunehmen, in der die Einlassung des Angeklagten mitgeteilt und diese Einlassung unter Bewertung der sonstigen Beweismittel gewürdigt wird. Doch ist unter sachlich-rechtlichem Blickwinkel regelmäßig eine Wiedergabe der Einlassung des Angeklagten erforderlich, damit das Revisionsgericht nachprüfen kann, ob sich der Tatrichter unter Berücksichtigung der erhobenen Beweise eine tragfähige Grundlage für seine Überzeugungsbildung verschafft und das materielle Recht richtig angewendet hat (vgl. BGH NStZ 2015, 299; NStZ-RR 2013, 134, 135 m.w.N.; NStZ-RR 1999, 45; siehe auch: OLG Hamm StraFO 2003, 133; OLG Köln StraFO 2003, 313). Es bedarf somit einer geschlossenen und zusammenhängenden Wiedergabe wenigstens der wesentlichen Grundzüge der Einlassung des Angeklagten, regelmäßig auch mit Blick auf die subjektive Tatseite, um die Beweiswürdigung des Tatrichters auf sachlichrechtliche Fehler hin überprüfen zu können. In den Urteilsgründen fehlt dies ebenso wie eine Auseinandersetzung mit der Einlassung des Angeklagten. Schon deshalb ist das Urteil aufzuheben.
13
b) Die Strafkammer hat auch nicht dargelegt, wie sie zu den Feststellungen zur subjektiven Tatseite gelangt ist. Darauf konnte im vorliegenden Fall auch nicht deshalb verzichtet werden, weil die Annahme bedingten Tötungsvorsatzes auf der Hand gelegen hätte. Vielmehr machten die Umstände des Falles eine eingehende Darlegung der Beweiswürdigung zur subjektiven Tatseite erforderlich.
14
Bedingten Tötungsvorsatz hat, wer den Eintritt des Todes als mögliche Folge seines Handelns erkennt (Wissenselement) und billigend in Kauf nimmt (Willenselement). Beide Elemente müssen durch tatsächliche Feststellungen belegt werden. Ihre Bejahung oder Verneinung kann nur auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller objektiven und subjektiven Umstände erfolgen (vgl. BGH NStZ 2011, 699). Dabei ist die auf der Grundlage der dem Täter be- kannten Umstände zu bestimmende objektive Gefährlichkeit der Tathandlung ein wesentlicher Indikator (vgl. BGH NStZ 2012, 443, 444). Bei der Würdigung des Willenselements sind neben der konkreten Angriffsweise regelmäßig auch die Persönlichkeit des Täters, sein psychischer Zustand zum Tatzeitpunkt und seine Motivation mit in die Betrachtung einzubeziehen (BGHR StGB § 212 Abs. 1 Vorsatz, bedingter 51; BGH NStZ-RR 2007, 267, 268; NStZ-RR 2009,

372).

15
Es kann bei äußerst gefährlichen Gewalthandlungen zwar nahe liegen, dass der Täter damit rechnet, dass sein Opfer zu Tode kommen könnte, und er dies billigend in Kauf nimmt, wenn er gleichwohl sein gefährliches Handeln beginnt oder fortsetzt. Aber immer ist auch die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass der Täter die Gefahr der Tötung nicht erkannt oder jedenfalls darauf vertraut hat, ein solcher Erfolg werde nicht eintreten. Liegen - wie hier - Umstände vor, die auf diese Möglichkeit hinweisen, muss sich der Tatrichter damit auseinander setzen (vgl. BGHR StGB § 212 Abs. 1 Vorsatz bedingter 41 m.w.N.).
16
Trotz der gefährlichen Schläge und Tritte des Angeklagten, die zu den massiven Verletzungen des Tatopfers und schließlich zu seinem Tod geführt haben, kann schon zweifelhaft sein, ob dem Angeklagten tatsächlich bewusst war, dass V. zu Tode kommen könne. Er war hochgradig alkoholisiert und wurde von V. , als dieser auf das Gesicht des Angeklagten stürzte, schmerzhaft aus dem Schlaf gerissen und erschreckt; gleich danach musste er sich übergeben. Ob dem durch die Vorgeschehnisse ohnehin affektiv aufgeladenen Angeklagten angesichts des überraschenden Sturzes des Tatopfers in sein Bett und der vorhandenen, zu erheblich eingeschränkter Steuerungsfähigkeit führenden Alkoholisierung im Zeitpunkt des Übergriffs wirklich die möglichen Folgen seines spontanen Tuns bewusst waren und er auch einen tödlichen Ausgang in seine Überlegungen einbezogen hatte, hätte jeden- falls über die bloße Feststellung hinaus auch deshalb eingehenderer Würdigung bedurft, weil der Angeklagte sich nach seinen Gewalthandlungen ohne Weiteres wieder schlafen legte und das Tatopfer vor seinem Bett liegen ließ. Insoweit wäre zumindest zu erörtern gewesen, ob dies nicht ein gravierender Beleg für einen womöglich wenig orientierten Zustand des Angeklagten sein könnte, der (lediglich) seinen Ärger abreagiert und die Auswirkungen seiner Handlungen nicht realistisch abgeschätzt haben könnte. Dies gilt um so mehr, als der Tod des Opfers nicht unmittelbar nach den Übergriffen des Angeklagten, sondern erst im weiteren Verlauf der Nacht eingetreten ist.
17
Es versteht sich auch angesichts der erheblichen Verletzungen, die V. erlitten hat, nicht von sich selbst, dass sich der Angeklagte, selbst wenn davon auszugehen wäre, dass er die mögliche Tödlichkeit der dem Opfer beigefügten Verletzungen erkannt haben sollte, mit dessen Tod abgefunden hat. Schon der Umstand, dass der Angeklagte in einer affektaufgeladenen und von der Alkoholisierung der beiden Beteiligten geprägten Situation seinen Frust und Ärger abreagiert hat, ist ein Umstand, der gegen die Schlussfolgerung sprechen könnte, der Angeklagte habe im Zeitpunkt der Schläge und Tritte den Tod des Opfers billigend in Kauf genommen, und deshalb vom Landgericht hätte erörtert werden müssen. Gleiches gilt für die vom Landgericht getroffene Feststellung, dass der Angeklagte am nächsten Morgen, als er den Tod von V. feststellte, über die Tat erschrocken und von Angst und Schuldgefühlen geplagt war. Auch dies hätte - trotz begrenzter Aussagekraft dieser zeitlich nach der Tat liegenden Umstände - jedenfalls erörtert werden müssen, weil es unter Umständen Rückschlüsse auf die innere Verfassung des Angeklagten zu dem ihm vorgeworfenen Taterfolg im Tatzeitpunkt zulässt. Nicht zuletzt hätte sich das Landgericht auch im Rahmen des voluntativen Vorsatzelements mit der Alkoholisierung des Angeklagten und der dadurch bedingten erheblich eingeschränkten Steuerungsfähigkeit auseinander setzen müssen. Fischer Appl Krehl Eschelbach Ott

(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.

(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.

(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.

(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.

(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.

(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.

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2. Die Sache bedarf daher insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung. Da zwischen einer möglichen Verurteilung wegen versuchten Mordes und der – an sich rechtsfehlerfreien – Verurteilung wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung Tatidentität bestünde, ist auch diese aufzuheben (vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 1997 – 4 StR 642/96, BGHR StPO § 353 Aufhebung 1). Die damit verbundene Aufhebung der hierfür verhängten Einzelstrafe zieht die Aufhebung der Gesamtstrafe nach sich. Eine Aufrechterhaltung von Feststellungen kam mit Rücksicht auf die aufgezeigten Unklarheiten nicht in Betracht. Der Maßregelausspruch wird von der Aufhebung nicht berührt.

(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren das Urteil aufgehoben wird.

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)