Bundesgerichtshof Beschluss, 08. März 2016 - 3 StR 417/15

ECLI: ECLI:DE:BGH:2016:080316B3STR417.15.0
published on 08/03/2016 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 08. März 2016 - 3 StR 417/15
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 417/15
vom
8. März 2016
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
5.
wegen zu 1. - 3.: schwerer Freiheitsberaubung u.a.
zu 4. - 5.: Beihilfe zur schweren Freiheitsberaubung u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:080316B3STR417.15.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 8. März 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten Ad. L. und I. L. wird das Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 9. Januar 2015, soweit es sie betrifft, im Rechtsfolgenausspruch mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten Ad. L. und I. L. sowie die Revisionen der Angeklagten M. L. , Y. L. und A. L. werden verworfen.
Die Beschwerdeführer M. L. , Y. L. und A. L. haben die Kosten ihrer Rechtsmittel und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten wie folgt schuldig gesprochen: - die Angeklagten M. und Y. L. wegen "über eine Woche dauernder" Freiheitsberaubung in zwei Fällen, den Angeklagten M. L. in einem Fall in Tateinheit mit sexueller Nötigung und vorsätzlicher Körperverletzung, die Angeklagte Y. L. in einem Fall in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung; - den Angeklagten A. L. wegen "über eine Woche dauernder" Freiheitsberaubung und - die Angeklagten Ad. und I. L. wegen Beihilfe zu "der über eine Woche dauernden" Freiheitsberaubung, jeweils in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung.
2
Es hat wegen dieser Taten den Angeklagten M. L. zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten, die Angeklagte Y. L. zu einer solchen von zwei Jahren und sechs Monaten, den Angeklagten A. L. zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat, und die Angeklagten Ad. und I. L. zu Dauerarresten von vier (Ad. ) bzw. drei Wochen (I. ) verurteilt und jeweils wegen überlanger Verfahrensdauer eine Kompensationsentscheidung getroffen.
3
Gegen diese Verurteilungen wenden sich die Beschwerdeführer mit ihren Revisionen, die sämtlich jeweils auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützt sind; die Angeklagten A. L. und Ad. L. beanstanden zudem das Verfahren.
4
Die Rechtsmittel der Angeklagten Ad. und I. L. haben den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen erweisen sie sich, ebenso wie die Revisionen der Angeklagten M. , Y. und A. L. , als unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
5
1. Die Verfahrensvoraussetzungen sind auch mit Blick auf die jeweils tateinheitlich zu der schweren Freiheitsberaubung verwirklichte Körperverletzung gemäß § 223 Abs. 1 StGB gegeben. Allerdings hat die Nebenklägerin die Frist des § 77b Abs. 1 Satz 1 StGB versäumt, so dass ein wirksamer Strafantrag als Prozessvoraussetzung im Sinne des 230 Abs. 1 Satz 1 StGB nicht vorliegt. Das Antragserfordernis ist hier indes entfallen, weil die Staatsanwaltschaft schon bei der Anklageerhebung die Strafverfolgung wegen des besonderen öffentlichen Interesses daran für geboten gehalten hat (§ 230 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2 StGB). Zwar hat sie am Ende des Anklagesatzes ausdrücklich nur das "öffentliche Interesse an der Strafverfolgung" bejaht, nicht aber das "besondere öffentliche Interesse"; dabei handelt es sich jedoch offenbar um ein bloßes Schreibversehen. Das ergibt sich aus Folgendem:
6
In der Anklageschrift sind die den Angeklagten zur Last gelegten Handlungen zum Nachteil der Nebenklägerin jeweils als einfache Körperverletzung gemäß § 223 Abs. 1 StGB gewertet. Darin, dass die Staatsanwaltschaft die Anklage auf einen dem Antragserfordernis unterliegenden Vorwurf erstreckt, liegt - wenn keine Besonderheiten hinzutreten - regelmäßig die konkludente Bejahung des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Juli 2013 - 4 StR 247/13, NStZ-RR 2013, 349 mwN). Zwar könnte hier gegen eine solche Auslegung sprechen, dass die Staatsanwaltschaft ausdrücklich das "öffentliche Interesse" an der Strafverfolgung bejaht hat. Mit Blick auf die gegebene Verfahrenslage ist die Erklärung des "öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung" dennoch dahin zu verstehen, dass damit das "besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung" im Sinne von § 230 Abs. 1 Satz 1 StGB gemeint, nicht aber die Bejahung des öffentlichen Interesses an der öffentlichen Klage im Sinne von § 376 StPO beabsichtigt war. Nach dieser Vorschrift wird bei Privatklagedelikten im Sinne von § 374 StPO, zu denen nach § 374 Abs. 1 Nr. 4 StPO auch die einfache Körperverletzung gemäß § 223 StGB zählt, die öffentliche Klage von der Staatsanwaltschaft nur erhoben, wenn dies im öffentlichen Interesse liegt. Treffen allerdings - wie hier die jeweilige Körperverletzung mit der (qualifizierten) Freiheitsberaubung - ein Privatklage- und ein Offizialdelikt dergestalt zusammen, dass es sich um eine prozessuale Tat im Sinne von § 264 Abs. 1 StPO handelt, so muss das Verfahren einheitlich geführt werden; das Offizialverfahren, in dem das Privatklagedelikt ohne Rücksicht auf das öffentliche Interesse mitzuverfolgen ist, hat Vorrang (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 376 Rn. 9 f.). Angesichts dessen hätte eine Bejahung des "öffentlichen Interesses" im Sinne von § 376 StPO keinen Sinn ergeben, weil die Staatsanwaltschaft ohnehin die öffentliche Klage zu führen hatte; hingegen war die Bejahung des "besonderen öffentlichen Interesses" nach § 230 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2 StGB prozessual geboten , weil dadurch die Voraussetzung für die Strafverfolgung - unabhängig von dem (ohnehin verfristeten) Strafantrag - auch wegen der Körperverletzungsdelikte geschaffen wurde. Für dieses Ergebnis spricht zudem der Wortlaut der Erklärung der Staatsanwaltschaft, mit der sie das öffentliche Interesse "an der Strafverfolgung" - wie in § 230 Abs. 1 Satz 1 StGB gefordert - bejahte, nicht aber das für § 376 StPO erforderliche an der "öffentlichen Klage".
7
2. Die Verfahrensrügen der Angeklagten A. und Ad. L. haben aus den in den Antragsschriften des Generalbundesanwalts genannten Gründen keinen Erfolg. Ergänzend zu der Antragsschrift betreffend den Angeklagten Ad. L. bemerkt der Senat:
8
Die Rüge, mit der der Beschwerdeführer die Verletzung von § 258 Abs. 2 Halbsatz 2 StPO beanstandet, weil ihm das letzte Wort nicht gewährt worden sei, ist unbegründet, weil kein Verfahrensverstoß vorliegt. Das berichtigte Protokoll der Hauptverhandlung beweist, dass der Angeklagte Ad. L. - wie alle anderen Angeklagten auch - das letzte Wort hatte.
9
Entgegen der Auffassung des Revisionsführers in seiner Gegenerklärung ist das berichtigte Protokoll auch allein maßgeblich; der Vorsitzende der Strafkammer hat das Protokollberichtigungsverfahren ordnungsgemäß nach Maßgabe der im Beschluss des Großen Senats für Strafsachen des Bundesgerichtshofs vom 23. April 2007 (GSSt 1/06, BGHSt 51, 298, 315 ff.) entwickelten Anforderungen durchgeführt. Insbesondere hat er dem Beschwerdeführer die Absicht der Berichtigung zusammen mit den dienstlichen Erklärungen der Urkundspersonen mitgeteilt und ihm innerhalb angemessener Frist rechtliches Gehör gewährt. Der Vorsitzende hat dieses inhaltlich den genannten Anforderungen entsprechende Schreiben im Übrigen - entgegen dem unzutreffenden Vorbringen des Revisionsverteidigers - nicht nur diesem und dem Angeklagten Ad. L. übermittelt, sondern - mit Gelegenheit zur Stellungnahme - auch allen anderen Verfahrensbeteiligten zugestellt, insbesondere dem Instanzverteidiger des Beschwerdeführers, der sich dazu indes nicht geäußert hat. Es kann mithin keine Rede davon sein, "dass die einzige Person in der Sphäre des Angeklagten, die überhaupt substantiiert hätte widersprechen können - nämlich der Instanzverteidiger - (sehenden Auges!) übergangen worden" sei; das Gegenteil davon ist richtig.
10
3. Die auf die erhobenen Sachrügen veranlasste umfassende Überprüfung des Urteils hat zu den jeweiligen Schuldsprüchen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben. In Ergänzung der Antragsschriften des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat:
11
Soweit die Angeklagte Y. L. geltend macht, sie habe während der Freiheitsberaubung zum Nachteil der Nebenklägerin in der Wohnung des Angeklagten M. L. jedenfalls in den Zeiträumen keine Tatherrschaft besessen, in denen sie die Wohnung nicht aufsuchte, entfernt sie sich von den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Landgerichts , aus denen sich ergibt, dass die Angeklagten Y. und M. L. aufgrund eines gemeinsamen Tatentschlusses arbeitsteilig vorgingen und der Angeklagten Y. L. , die über einen eigenen Schlüssel zu der Wohnung verfügte, eine gewichtige Rolle zukam, weil sie die Nebenklägerin mit Lebensmitteln versorgte und sie während der notwendigen Arztbesuche "eskortierte".
12
Die (auch) von dieser Angeklagten vertretene Rechtsauffassung, die Annahme einer schweren Freiheitsberaubung scheitere hier daran, dass der Angeklagte M. L. den Schlüssel von innen an der Wohnungstür habe stecken lassen, wenn er sich dort aufgehalten habe, übergeht die von der Strafkammer zutreffend referierte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, nach der eine Einsperrung im Sinne von § 239 Abs. 1 StGB nicht unüberwindlich sein muss. Es genügt, dass die Benutzung der zum regelmäßigen Ausgang bestimmten Vorrichtungen für den Zurückgehaltenen ausgeschlossen erscheint. Dazu kann es ausreichen, dass eine unüberwindliche psychische Schranke vor einer Flucht besteht, etwa aus Angst vor weiteren Sanktionen oder Gewalthandlungen des Einsperrenden (BGH, Beschluss vom 8. März 2001 - 1 StR 590/00, NStZ 2001, 420 mwN). So verhielt es sich hier.
13
Soweit die Angeklagten Y. und Ad. L. die Beweiswürdigung angreifen, gilt Folgendes:
14
Für den von der Angeklagten Y. L. geltend gemachten "Denkfehler" ist nichts ersichtlich: Das Landgericht hat nicht angenommen, die Absichten und Motive für die beiden Freiheitsberaubungen müssten "zwingend" identisch sein, sondern lediglich aus den äußeren Umständen und dem als erwiesen erachteten Verhalten der Angeklagten den möglichen - wenn nicht gar naheliegenden - Schluss gezogen, es sei den Angeklagten nicht darauf angekommen , sich im Rahmen einer allgemeinen Familienfürsorge um die Nebenklägerin zu kümmern. Dagegen ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern.
15
Auch das Rechtsmittel des Angeklagten Ad. L. zeigt revisible Rechtsfehler in der Beweiswürdigung des angefochtenen Urteils nicht auf, insbesondere liegt die behauptete Lückenhaftigkeit nicht vor. Entgegen dem Revisionsvorbringen lassen sich den Urteilsgründen keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass der psychiatrische Sachverständige von einer anderen psychischen Störung als einer Psychose ausgegangen sei, die zu Halluzinationen geführt haben könnte. Dementsprechend gelangt die Revision unter Heranziehung urteilsfremden Vorbringens zu einer abweichenden - eigenen - Beurteilung des Beweisergebnisses; damit kann sie im Revisionsverfahren keinen Erfolg haben.
16
4. Der Rechtsfolgenausspruch betreffend die Angeklagten M. L. , Y. L. und A. L. weist ebenfalls keinen Rechtsfehler zu ihrem Nachteil auf. Insbesondere ist es entgegen der von der Revision des Angeklagten M. L. vertretenen Auffassung nicht zu beanstanden, dass für diese drei Angeklagten - unabhängig von der konkreten Strafhöhe - die gleiche Kompensationsentscheidung dahin getroffen wurde, dass von der jeweils verhängten Freiheitsstrafe zwei Monate als vollstreckt gelten. Denn bei dem Ausspruch über eine Kompensation für eine überlange Verfahrensdauer handelt es sich gerade nicht um eine in Relation zur Strafhöhe stehende Entscheidung; nach dem aufgrund der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anzuwendenden "Vollstreckungsmodell" ist der Ausgleich für das erlittene Verfahrensunrecht von Fragen des Unrechts, der Schuld und der Strafhöhe zu trennen (BGH, Beschluss vom 17. Januar 2008 - GSSt 1/07, BGHSt 52, 124, 138).
17
5. Der Rechtsfolgenausspruch betreffend die Angeklagten I. L. und Ad. L. kann hingegen keinen Bestand haben.
18
Das Landgericht hat gegen die zur Tatzeit 18 (Ad. L. ) und 19 bzw. 20 (I. L. ) Jahre alten Angeklagten, die im Zeitpunkt ihrer Verurteilung bereits 24 und 26 Jahre alt waren, Dauerarreste gemäß § 16 Abs. 4 JGG verhängt und dazu ausgeführt, es lägen zwar die Voraussetzungen der Jugendstrafe gemäß § 17 Abs. 2 JGG bei den Angeklagten nicht (mehr) vor, mildere Mittel als die Verhängung eines Dauerarrests seien indes nicht geeignet , ausreichend auf die beiden heranwachsenden Angeklagten erzieherisch einzuwirken, denen das Unrecht ihrer Tat vor Augen zu führen und die Einsicht zu vermitteln sei, dass sie für ihr Verhalten einzustehen hätten. Diese erzieherischen Ziele seien trotz des fortgeschrittenen Lebensalters der Angeklagten mit dem Dauerarrest erreichbar, mit dem sie zu einem selbständigen und eigenverantwortlichen Handeln anzuhalten seien; auch die Länge des Arrests hat die Strafkammer im Wesentlichen mit dem "erheblichen Erziehungsbedarf" der Angeklagten begründet.
19
Damit hat die Jugendkammer nicht bedacht, dass dem Erziehungsgedanken bei der Bestimmung von Art und Dauer der Sanktion für die Tat der zum Zeitpunkt der Verkündung des erstinstanzlichen Urteils im strafrechtlichen Sinne erwachsenen Angeklagten schon nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein allenfalls geringes Gewicht zukommt (BGH, Beschluss vom 20. August 2015 - 3 StR 214/15, juris Rn. 5 mwN). Dies ist rechtsfehlerhaft und bedingt die Aufhebung des Rechtsfolgenausspruchs. Ob darüber hinaus Anlass bestehen könnte, die bisherige Rechtsprechung dahin weiter zu entwickeln, dass bei der Verhängung von Sanktionen gegen Straftäter, die zum Zeitpunkt ihrer Verurteilung bereits das 21. Lebensjahr vollendet haben und somit im strafrechtlichen Sinne als erwachsen gelten, der Erziehungsgedanke nicht mehr nur von geringem Gewicht sein kann, sondern insgesamt kein taugliches Strafzumessungskriterium mehr ist (vgl. BGH aaO), bedarf deshalb hier (erneut) keiner Entscheidung.
20
Das Landgericht hat zudem nicht in den Blick genommen, dass es durch die Verhängung des Dauerarrests gegen die im Tatzeitpunkt Heranwachsenden auf eine Freiheitsentziehung erkannt hat, hinsichtlich derer eine Aussetzung der Vollstreckung zur Bewährung nicht vorgesehen ist. Auch dies erweist sich als rechtsfehlerhaft, weil eine solche Rechtsfolge gegenüber einem Erwachsenen allenfalls nach Maßgabe des § 47 Abs. 1 StGB und bei Fehlen einer günstigen Sozialprognose im Sinne von § 56 Abs. 1 StGB möglich wäre, das Vorliegen dieser Voraussetzungen bei den im Urteilszeitpunkt erwachse- nen Angeklagten indes von der Jugendkammer nicht geprüft worden ist. Die Angeklagten sind deshalb im Ergebnis durch die Anwendung des Jugendstrafrechts und die Heranziehung des für sie allenfalls in geringem Maße bedeutsamen Erziehungsgedankens beschwert.
21
Um dem neuen Tatgericht eine insgesamt stimmige Rechtfolgenentscheidung zu ermöglichen, hat der Senat auch die Kompensationsentscheidung aufgehoben, die im Übrigen Bedenken begegnete (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 8. Dezember 2011 - III-3 RVs 102/11, juris Rn. 6 ff.). Bei der Verhängung einer angemessen Sanktion wird das neue Tatgericht zudem in besonderem Maße das Verbot der "refomatio in peius" gemäß § 358 Abs. 2 StPO zu beachten haben (vgl. dazu Eisenberg, JGG, 18. Aufl., § 55 Rn. 73 ff.).
Becker Schäfer Gericke Ri'inBGH Dr. Spaniol befindet Tiemann sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker
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(1) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von nicht mehr als einem Jahr setzt das Gericht die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Verurteilte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig au
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Annotations

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Eine Tat, die nur auf Antrag verfolgbar ist, wird nicht verfolgt, wenn der Antragsberechtigte es unterläßt, den Antrag bis zum Ablauf einer Frist von drei Monaten zu stellen. Fällt das Ende der Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktags.

(2) Die Frist beginnt mit Ablauf des Tages, an dem der Berechtigte von der Tat und der Person des Täters Kenntnis erlangt. Für den Antrag des gesetzlichen Vertreters und des Sorgeberechtigten kommt es auf dessen Kenntnis an.

(3) Sind mehrere antragsberechtigt oder mehrere an der Tat beteiligt, so läuft die Frist für und gegen jeden gesondert.

(4) Ist durch Tod des Verletzten das Antragsrecht auf Angehörige übergegangen, so endet die Frist frühestens drei Monate und spätestens sechs Monate nach dem Tod des Verletzten.

(5) Der Lauf der Frist ruht, wenn ein Antrag auf Durchführung eines Sühneversuchs gemäß § 380 der Strafprozeßordnung bei der Vergleichsbehörde eingeht, bis zur Ausstellung der Bescheinigung nach § 380 Abs. 1 Satz 3 der Strafprozeßordnung.

(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Die vorsätzliche Körperverletzung nach § 223 und die fahrlässige Körperverletzung nach § 229 werden nur auf Antrag verfolgt, es sei denn, daß die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält. Stirbt die verletzte Person, so geht bei vorsätzlicher Körperverletzung das Antragsrecht nach § 77 Abs. 2 auf die Angehörigen über.

(2) Ist die Tat gegen einen Amtsträger, einen für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten oder einen Soldaten der Bundeswehr während der Ausübung seines Dienstes oder in Beziehung auf seinen Dienst begangen, so wird sie auch auf Antrag des Dienstvorgesetzten verfolgt. Dasselbe gilt für Träger von Ämtern der Kirchen und anderen Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts.

Die öffentliche Klage wird wegen der in § 374 bezeichneten Straftaten von der Staatsanwaltschaft nur dann erhoben, wenn dies im öffentlichen Interesse liegt.

(1) Im Wege der Privatklage können vom Verletzten verfolgt werden, ohne daß es einer vorgängigen Anrufung der Staatsanwaltschaft bedarf,

1.
ein Hausfriedensbruch (§ 123 des Strafgesetzbuches),
2.
eine Beleidigung (§§ 185 bis 189 des Strafgesetzbuches), wenn sie nicht gegen eine der in § 194 Abs. 4 des Strafgesetzbuches genannten politischen Körperschaften gerichtet ist,
2a.
eine Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs und von Persönlichkeitsrechten durch Bildaufnahmen (§ 201a Absatz 1 und 2 des Strafgesetzbuches),
3.
eine Verletzung des Briefgeheimnisses (§ 202 des Strafgesetzbuches),
4.
eine Körperverletzung (§§ 223 und 229 des Strafgesetzbuches),
5.
eine Nötigung (§ 240 Absatz 1 bis 3 des Strafgesetzbuches) oder eine Bedrohung (§ 241 Absatz 1 bis 3 des Strafgesetzbuches),
5a.
eine Bestechlichkeit oder Bestechung im geschäftlichen Verkehr (§ 299 des Strafgesetzbuches),
6.
eine Sachbeschädigung (§ 303 des Strafgesetzbuches),
6a.
eine Straftat nach § 323a des Strafgesetzbuches, wenn die im Rausch begangene Tat ein in den Nummern 1 bis 6 genanntes Vergehen ist,
7.
eine Straftat nach § 16 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und § 23 des Gesetzes zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen,
8.
eine Straftat nach § 142 Abs. 1 des Patentgesetzes, § 25 Abs. 1 des Gebrauchsmustergesetzes, § 10 Abs. 1 des Halbleiterschutzgesetzes, § 39 Abs. 1 des Sortenschutzgesetzes, § 143 Abs. 1, § 143a Abs. 1 und § 144 Abs. 1 und 2 des Markengesetzes, § 51 Abs. 1 und § 65 Abs. 1 des Designgesetzes, den §§ 106 bis 108 sowie § 108b Abs. 1 und 2 des Urheberrechtsgesetzes und § 33 des Gesetzes betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie.

(2) Die Privatklage kann auch erheben, wer neben dem Verletzten oder an seiner Stelle berechtigt ist, Strafantrag zu stellen. Die in § 77 Abs. 2 des Strafgesetzbuches genannten Personen können die Privatklage auch dann erheben, wenn der vor ihnen Berechtigte den Strafantrag gestellt hat.

(3) Hat der Verletzte einen gesetzlichen Vertreter, so wird die Befugnis zur Erhebung der Privatklage durch diesen und, wenn Körperschaften, Gesellschaften und andere Personenvereine, die als solche in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten klagen können, die Verletzten sind, durch dieselben Personen wahrgenommen, durch die sie in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten vertreten werden.

(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Gegenstand der Urteilsfindung ist die in der Anklage bezeichnete Tat, wie sie sich nach dem Ergebnis der Verhandlung darstellt.

(2) Das Gericht ist an die Beurteilung der Tat, die dem Beschluß über die Eröffnung des Hauptverfahrens zugrunde liegt, nicht gebunden.

Die öffentliche Klage wird wegen der in § 374 bezeichneten Straftaten von der Staatsanwaltschaft nur dann erhoben, wenn dies im öffentlichen Interesse liegt.

(1) Die vorsätzliche Körperverletzung nach § 223 und die fahrlässige Körperverletzung nach § 229 werden nur auf Antrag verfolgt, es sei denn, daß die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält. Stirbt die verletzte Person, so geht bei vorsätzlicher Körperverletzung das Antragsrecht nach § 77 Abs. 2 auf die Angehörigen über.

(2) Ist die Tat gegen einen Amtsträger, einen für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten oder einen Soldaten der Bundeswehr während der Ausübung seines Dienstes oder in Beziehung auf seinen Dienst begangen, so wird sie auch auf Antrag des Dienstvorgesetzten verfolgt. Dasselbe gilt für Träger von Ämtern der Kirchen und anderen Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts.

Die öffentliche Klage wird wegen der in § 374 bezeichneten Straftaten von der Staatsanwaltschaft nur dann erhoben, wenn dies im öffentlichen Interesse liegt.

(1) Wer einen Menschen einsperrt oder auf andere Weise der Freiheit beraubt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
das Opfer länger als eine Woche der Freiheit beraubt oder
2.
durch die Tat oder eine während der Tat begangene Handlung eine schwere Gesundheitsschädigung des Opfers verursacht.

(4) Verursacht der Täter durch die Tat oder eine während der Tat begangene Handlung den Tod des Opfers, so ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.

(5) In minder schweren Fällen des Absatzes 3 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 4 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(1) Der Jugendarrest ist Freizeitarrest, Kurzarrest oder Dauerarrest.

(2) Der Freizeitarrest wird für die wöchentliche Freizeit des Jugendlichen verhängt und auf eine oder zwei Freizeiten bemessen.

(3) Der Kurzarrest wird statt des Freizeitarrestes verhängt, wenn der zusammenhängende Vollzug aus Gründen der Erziehung zweckmäßig erscheint und weder die Ausbildung noch die Arbeit des Jugendlichen beeinträchtigt werden. Dabei stehen zwei Tage Kurzarrest einer Freizeit gleich.

(4) Der Dauerarrest beträgt mindestens eine Woche und höchstens vier Wochen. Er wird nach vollen Tagen oder Wochen bemessen.

(1) Die Jugendstrafe ist Freiheitsentzug in einer für ihren Vollzug vorgesehenen Einrichtung.

(2) Der Richter verhängt Jugendstrafe, wenn wegen der schädlichen Neigungen des Jugendlichen, die in der Tat hervorgetreten sind, Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel zur Erziehung nicht ausreichen oder wenn wegen der Schwere der Schuld Strafe erforderlich ist.

(1) Eine Freiheitsstrafe unter sechs Monaten verhängt das Gericht nur, wenn besondere Umstände, die in der Tat oder der Persönlichkeit des Täters liegen, die Verhängung einer Freiheitsstrafe zur Einwirkung auf den Täter oder zur Verteidigung der Rechtsordnung unerläßlich machen.

(2) Droht das Gesetz keine Geldstrafe an und kommt eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten oder darüber nicht in Betracht, so verhängt das Gericht eine Geldstrafe, wenn nicht die Verhängung einer Freiheitsstrafe nach Absatz 1 unerläßlich ist. Droht das Gesetz ein erhöhtes Mindestmaß der Freiheitsstrafe an, so bestimmt sich das Mindestmaß der Geldstrafe in den Fällen des Satzes 1 nach dem Mindestmaß der angedrohten Freiheitsstrafe; dabei entsprechen dreißig Tagessätze einem Monat Freiheitsstrafe.

(1) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von nicht mehr als einem Jahr setzt das Gericht die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Verurteilte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird. Dabei sind namentlich die Persönlichkeit des Verurteilten, sein Vorleben, die Umstände seiner Tat, sein Verhalten nach der Tat, seine Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für ihn zu erwarten sind.

(2) Das Gericht kann unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 auch die Vollstreckung einer höheren Freiheitsstrafe, die zwei Jahre nicht übersteigt, zur Bewährung aussetzen, wenn nach der Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Verurteilten besondere Umstände vorliegen. Bei der Entscheidung ist namentlich auch das Bemühen des Verurteilten, den durch die Tat verursachten Schaden wiedergutzumachen, zu berücksichtigen.

(3) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten wird die Vollstreckung nicht ausgesetzt, wenn die Verteidigung der Rechtsordnung sie gebietet.

(4) Die Strafaussetzung kann nicht auf einen Teil der Strafe beschränkt werden. Sie wird durch eine Anrechnung von Untersuchungshaft oder einer anderen Freiheitsentziehung nicht ausgeschlossen.

(1) Das Gericht, an das die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung verwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(2) Das angefochtene Urteil darf in Art und Höhe der Rechtsfolgen der Tat nicht zum Nachteil des Angeklagten geändert werden, wenn lediglich der Angeklagte, zu seinen Gunsten die Staatsanwaltschaft oder sein gesetzlicher Vertreter Revision eingelegt hat. Wird die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus aufgehoben, hindert diese Vorschrift nicht, an Stelle der Unterbringung eine Strafe zu verhängen. Satz 1 steht auch nicht der Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt entgegen.