Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Mai 2016 - 3 StR 114/16

bei uns veröffentlicht am03.05.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 114/16
vom
3. Mai 2016
in der Strafsache
gegen
wegen Diebstahls mit Waffen u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:030516B3STR114.16.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 3. Mai 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1, § 206a Abs. 1 StPO einstimmig
beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 24. November 2015 wird das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte im Fall B.III.3 der Urteilsgründe wegen Diebstahls verurteilt worden ist; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen. 3. Der Beschwerdeführer hat die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten des Diebstahls mit Waffen, des Diebstahls in neun Fällen sowie der Beleidung in drei Fällen schuldig gesprochen und unter Einbeziehung der Strafen aus zwei Vorverurteilungen eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verhängt. Hiergegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner Revision, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat lediglich den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

2
1. Die auf die Sachrüge veranlasste umfassende materiellrechtliche Überprüfung des Urteils hat zum Schuld- und Strafausspruch mit Ausnahme der Verurteilung im Fall B.III.3 der Urteilsgründe keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. In diesem Fall ist das Verfahren indes einzustellen , da die erforderlichen Strafverfolgungsvoraussetzungen nicht vorliegen (§ 206a Abs. 1 StPO).
3
Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen hatte das von dem Angeklagten entwendete Handy einen Wert von weniger als 25 € und war damit geringwertig (§ 248a StGB). Ein Strafantrag des Verletzten findet sich in den Akten nicht. Die Staatsanwaltschaft hat auch nicht das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung bejaht. Diese Erklärung ist insbesondere nicht (konkludent) damit zum Ausdruck gebracht, dass sie die Anklage auf das Entwenden des Mobiltelefons erstreckt hat (vgl. hierzu BGH, Beschlüsse vom 30. Juli 2013 - 4 StR 247/13, NStZ-RR 2013, 349; vom 8. März 2016 - 3 StR 417/15, juris Rn. 6). Gegen eine solche Auslegung spricht, dass der Wert des Handys in der Strafanzeige vom 6. März 2014 mit 30 € - und damit nicht als geringwertig - beziffert worden und eine Korrektur dieser Angabe bis zur Erstellung der Anklageschrift nicht aktenkundig ist. Es liegt daher nahe, dass die Staatsanwaltschaft insoweit § 248a StGB für nicht einschlägig gehalten hat. Hinzu kommt, dass sie in der Anklageschrift vom 8. April 2014 das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung ausdrücklich hinsichtlich einer später nach § 154 Abs. 2 StPO behandelten Sachbeschädigung bejaht und zusätzlich auf den in diesem Fall von dem Geschädigten gestellten Strafantrag hingewiesen hat (Fall 5 der Anklageschrift). Demgegenüber hat sie im Rahmen eines weiteren sich ebenfalls auf eine geringwertige Sache beziehenden Tat- vorwurfs (Fall B.III.4 der Urteilsgründe) lediglich auf den in diesem Zusammenhang gestellten Strafantrag verwiesen.
4
2. Der Wegfall der für Fall B.III.3 der Urteilsgründe festgesetzten Einzelstrafe von einem Monat gefährdet den Bestand der Gesamtfreiheitsstrafe nicht. Angesichts der verbleibenden weiteren elf Einzelstrafen (acht Monate, fünf Monate , dreimal vier Monate, drei Monate, zwei Monate, zweimal ein Monat, vierzig Tagessätze, dreißig Tagessätze) sowie der einzubeziehenden Einzelstrafen aus den Vorverurteilungen durch das Amtsgericht Braunschweig (vier Monate, dreißig Tagessätze) und das Amtsgericht Oldenburg (hundert Tagessätze) schließt der Senat aus, dass die Strafkammer ohne die weggefallene Einzelstrafe von einem Monat auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe als die verhängte von einem Jahr und sechs Monaten erkannt hätte.
Becker Schäfer Mayer Spaniol Tiemann

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 354 Eigene Entscheidung in der Sache; Zurückverweisung


(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört

Strafprozeßordnung - StPO | § 154 Teileinstellung bei mehreren Taten


(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen, 1. wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Bes

Strafprozeßordnung - StPO | § 206a Einstellung des Verfahrens bei Verfahrenshindernis


(1) Stellt sich nach Eröffnung des Hauptverfahrens ein Verfahrenshindernis heraus, so kann das Gericht außerhalb der Hauptverhandlung das Verfahren durch Beschluß einstellen. (2) Der Beschluß ist mit sofortiger Beschwerde anfechtbar.

Strafgesetzbuch - StGB | § 248a Diebstahl und Unterschlagung geringwertiger Sachen


Der Diebstahl und die Unterschlagung geringwertiger Sachen werden in den Fällen der §§ 242 und 246 nur auf Antrag verfolgt, es sei denn, daß die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschrei

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Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Juli 2013 - 4 StR 247/13

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 247/13 vom 30. Juli 2013 in der Strafsache gegen wegen Diebstahls u.a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 30. Juli 2013 gemäß §§ 206a,

Bundesgerichtshof Beschluss, 08. März 2016 - 3 StR 417/15

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 417/15 vom 8. März 2016 in der Strafsache gegen 1. 2. 3. 4. 5. wegen zu 1. - 3.: schwerer Freiheitsberaubung u.a. zu 4. - 5.: Beihilfe zur schweren Freiheitsberaubung u.a. ECLI:DE:BGH:2016:080316B3STR417.15.

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

(1) Stellt sich nach Eröffnung des Hauptverfahrens ein Verfahrenshindernis heraus, so kann das Gericht außerhalb der Hauptverhandlung das Verfahren durch Beschluß einstellen.

(2) Der Beschluß ist mit sofortiger Beschwerde anfechtbar.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Stellt sich nach Eröffnung des Hauptverfahrens ein Verfahrenshindernis heraus, so kann das Gericht außerhalb der Hauptverhandlung das Verfahren durch Beschluß einstellen.

(2) Der Beschluß ist mit sofortiger Beschwerde anfechtbar.

Der Diebstahl und die Unterschlagung geringwertiger Sachen werden in den Fällen der §§ 242 und 246 nur auf Antrag verfolgt, es sei denn, daß die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 247/13
vom
30. Juli 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Diebstahls u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 30. Juli 2013 gemäß §§ 206a, 349
Abs. 2 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Halle vom 12. Februar 2013 wird
a) das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte im Fall II.7 der Urteilsgründe wegen Diebstahls verurteilt wurde; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last;
b) der Schuldspruch dahin abgeändert, dass der Angeklagte des Diebstahls in fünf Fällen und des vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in fünf Fällen schuldig ist. 2. Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verworfen. Der Beschwerdeführer hat die verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in fünf Fällen und wegen Diebstahls in sechs Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Hiergegen richtet sich seine auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Das Verfahren ist hinsichtlich einer Tat einzustellen, da es an einer Verfahrensvoraussetzung fehlt. Im Übrigen ist das Rechtsmittel des Angeklagten unbegründet.
2
1. Die Beschränkung des Rechtsmittels auf den Rechtsfolgenausspruch ist wirksam. Dies gilt auch für die Tat II.11 der Urteilsgründe, denn die Bewertung als (Trick-)Diebstahl, wie sie das Landgericht vorgenommen hat, beruht auf vollständigen und widerspruchsfreien Feststellungen (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., § 318 Rn. 16). Läge entsprechend der Ansicht des Generalbundesanwalts auf derselben Tatsachengrundlage dagegen ein Betrug vor, würde es sich um einen bloßen Subsumtionsfehler handeln. Ein solcher steht indes der Wirksamkeit der Revisionsbeschränkung nicht entgegen (vgl. BGH, Urteil vom 1. März 2005 - 5 StR 499/04 [juris Rn. 6]; Meyer-Goßner, aaO, § 318 Rn. 17a mwN). Der Senat ist daher an der beantragten Schuldspruchberichtigung gehindert (vgl. Meyer-Goßner, aaO, § 318 Rn. 31; KK-Paul, 6. Aufl., § 318 Rn. 9).
3
2. Das Verfahren ist jedoch teilweise einzustellen, weil hinsichtlich des Diebstahls im Fall II.7 der Urteilsgründe weder ein Strafantrag gestellt ist, noch die Staatsanwaltschaft (oder der Generalbundesanwalt) das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung bejaht hat.
4
In diesem Fall, einem Ladendiebstahl mit einer "Beute" im Wert von 22 Euro, liegt ein Strafantrag nicht vor (vgl. auch das Schreiben der Staatsanwaltschaft vom 16. Juli 2013). Entgegen der Ansicht der Strafkammer hat die Staatsanwaltschaft aber auch das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung "durch Anklageerhebung" nicht konkludent bejaht. Dies ist zwar grundsätzlich möglich und in der Regel zu bejahen, sofern sich aus den Umständen nicht anderes ergibt (vgl. Fischer, StGB, 60. Aufl., § 230 Rn. 4). Letzteres ist hier der Fall. Die Staatsanwaltschaft hat die Tat in der Anklageschrift - wie auch alle anderen Diebstahlsvorwürfe - ausschließlich als gewerbsmäßigen Diebstahl ("§§ 242, 243 Abs. 1 Satz 2" StGB) gewürdigt. Das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung hat sie ausdrücklich (nur) hinsichtlich einer später nach § 154 StPO ausgeschiedenen Sachbeschädigung bejaht. Es liegt mithin nicht fern, dass die Staatsanwaltschaft nicht nur § 243 Abs. 2 StGB, sondern auch § 248a StGB übersehen hat (vgl. zu einem Fall der Anklage wegen gefährlicher, einer Verurteilung aber nur wegen "einfacher" Körperverletzung auch BGH, Beschluss vom 12. Dezember 2000 - 4 StR 464/00 [juris Rn. 3]). Da beim Diebstahl geringwertiger Sachen ein (wirksamer und noch bestehender) Strafantrag oder die Bejahung des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung durch die Staatsanwaltschaft Voraussetzung für eine entsprechende Verurteilung ist, also (positiv) vorliegen muss, scheidet ein Schuldspruch wegen Diebstahls schon dann aus, wenn hieran - wie vorliegend - Zweifel bestehen.
5
Der deshalb gebotenen Einstellung des Verfahrens gemäß § 206a StPO steht die Beschränkung des Rechtsmittels auf den Rechtsfolgenausspruch nicht entgegen, da der Senat das Vorliegen der Verfahrensvoraussetzungen von Amts wegen zu prüfen hat (st. Rspr., vgl. etwa BGH, Beschluss vom 8. August 1996 - 4 StR 344/96; weitere Nachweise bei KK-Kuckein, aaO, § 352 Rn. 3).
6
Der Senat schließt aus, dass die Verurteilung in diesem Fall die Bemessung der Einzelstrafen im Übrigen oder die Anordnung der Maßregel beeinflusst hat und dass der Tatrichter angesichts der verbleibenden Einzelstrafen (ein Jahr vier Monate, ein Jahr drei Monate, zwei Mal ein Jahr, fünf Mal acht Monate und ein Mal sechs Monate) ohne die für die Tat II.7 der Urteilsgründe verhängte Einzelstrafe (sechs Monate) eine geringere Gesamtfreiheitsstrafe verhängt hätte.
7
3. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Halle vom 12. Februar 2013 im Übrigen ist aus den vom Generalbundesanwalt in der Antragsschrift vom 7. Juni 2013 dargelegten Gründen erfolglos. An der entsprechenden Verwerfung gemäß § 349 Abs. 2 StPO ist der Senat durch den den Fall II.11 der Urteilsgründe betreffenden Antrag des Generalbundesanwalts (allein) auf Schuldspruchberichtigung nicht gehindert (st. Rspr., vgl. BGH, Beschluss vom 3. April 2013 - 3 StR 61/13). Zur Zulässigkeit einer wiederholten Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt verweist der Senat ergänzend auf § 67f StGB.
Sost-Scheible Roggenbuck Mutzbauer
Bender Quentin
6
In der Anklageschrift sind die den Angeklagten zur Last gelegten Handlungen zum Nachteil der Nebenklägerin jeweils als einfache Körperverletzung gemäß § 223 Abs. 1 StGB gewertet. Darin, dass die Staatsanwaltschaft die Anklage auf einen dem Antragserfordernis unterliegenden Vorwurf erstreckt, liegt - wenn keine Besonderheiten hinzutreten - regelmäßig die konkludente Bejahung des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Juli 2013 - 4 StR 247/13, NStZ-RR 2013, 349 mwN). Zwar könnte hier gegen eine solche Auslegung sprechen, dass die Staatsanwaltschaft ausdrücklich das "öffentliche Interesse" an der Strafverfolgung bejaht hat. Mit Blick auf die gegebene Verfahrenslage ist die Erklärung des "öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung" dennoch dahin zu verstehen, dass damit das "besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung" im Sinne von § 230 Abs. 1 Satz 1 StGB gemeint, nicht aber die Bejahung des öffentlichen Interesses an der öffentlichen Klage im Sinne von § 376 StPO beabsichtigt war. Nach dieser Vorschrift wird bei Privatklagedelikten im Sinne von § 374 StPO, zu denen nach § 374 Abs. 1 Nr. 4 StPO auch die einfache Körperverletzung gemäß § 223 StGB zählt, die öffentliche Klage von der Staatsanwaltschaft nur erhoben, wenn dies im öffentlichen Interesse liegt. Treffen allerdings - wie hier die jeweilige Körperverletzung mit der (qualifizierten) Freiheitsberaubung - ein Privatklage- und ein Offizialdelikt dergestalt zusammen, dass es sich um eine prozessuale Tat im Sinne von § 264 Abs. 1 StPO handelt, so muss das Verfahren einheitlich geführt werden; das Offizialverfahren, in dem das Privatklagedelikt ohne Rücksicht auf das öffentliche Interesse mitzuverfolgen ist, hat Vorrang (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 376 Rn. 9 f.). Angesichts dessen hätte eine Bejahung des "öffentlichen Interesses" im Sinne von § 376 StPO keinen Sinn ergeben, weil die Staatsanwaltschaft ohnehin die öffentliche Klage zu führen hatte; hingegen war die Bejahung des "besonderen öffentlichen Interesses" nach § 230 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2 StGB prozessual geboten , weil dadurch die Voraussetzung für die Strafverfolgung - unabhängig von dem (ohnehin verfristeten) Strafantrag - auch wegen der Körperverletzungsdelikte geschaffen wurde. Für dieses Ergebnis spricht zudem der Wortlaut der Erklärung der Staatsanwaltschaft, mit der sie das öffentliche Interesse "an der Strafverfolgung" - wie in § 230 Abs. 1 Satz 1 StGB gefordert - bejahte, nicht aber das für § 376 StPO erforderliche an der "öffentlichen Klage".

Der Diebstahl und die Unterschlagung geringwertiger Sachen werden in den Fällen der §§ 242 und 246 nur auf Antrag verfolgt, es sei denn, daß die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.