Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Okt. 2016 - 3 StR 321/16
BUNDESGERICHTSHOF
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer und des Generalbundesanwalts - zu 1. b) und 2. auf dessen Antrag - am 20. Oktober 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog StPO einstimmig
beschlossen:
a) mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben, aa) soweit es die Angeklagte U. betrifft, in den Fällen B.VIII. und B.IX. der Urteilsgründe sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe; bb) soweit es den Angeklagten F. betrifft, im Fall B.IX. der Urteilsgründe sowie in den Aussprüchen über die Gesamtstrafe und über den Vollzug der Strafe vor der Vollstreckung der Maßregel;
b) soweit es den Angeklagten M. betrifft, im Strafausspruch dahin geändert, dass die Gesamtfreiheitsstrafe auf drei Jahre und sechs Monate festgesetzt wird.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel der Angeklagten F. und U. , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.
3. Der Beschwerdeführer M. hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat die Angeklagten wie folgt verurteilt: - den Angeklagten F. wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln, Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, Handeltreibens mit Betäubungsmitteln, Verabredung zu einem Verbrechen in zwei Fällen sowie wegen Wohnungseinbruchdiebstahls unter Einbeziehung weiterer Strafen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten; außerdem hat es seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt und den Vorwegvollzug von einem Jahr und drei Monaten der Strafe angeordnet; - die Angeklagte U. wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln, Handeltreibens mit Betäubungsmitteln, Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, Verabredung zu einem Verbrechen sowie wegen Hehlerei zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren; - den Angeklagten M. wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, Verabredung zu einem Verbrechen in zwei Fällen sowie wegen An- stiftung zum Wohnungseinbruchdiebstahl zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und acht Monaten.
- 2
- Gegen dieses Urteil wenden sich die Angeklagten mit ihren auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen. Die Angeklagten U. und F. beanstanden daneben die Verletzung formellen Rechts.
- 3
- Die Verfahrensrügen sind aus den vom Generalbundesanwalt in den Antragsschriften ausgeführten Gründen unzulässig bzw. unbegründet. Mit den Sachrügen haben die Rechtsmittel hingegen den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
- 4
- 1. Im Fall B.VIII. der Urteilsgründe tragen die Feststellungen nicht die Verurteilung der Angeklagten U. wegen Verabredung zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge.
- 5
- a) Nach den vom Landgericht insoweit getroffenen Feststellungen verabredeten die drei Angeklagten, die gemeinsam Betäubungsmittelhandel betrieben und sich hierzu zu einer Bande zusammengeschlossen hatten, dem gesondert verfolgten A. Marihuana im Wert von 30.000 € aus den Niederlanden zu verschaffen. Der Angeklagte F. vergewisserte sich zunächst, ob A. tatsächlich über die Geldsumme verfügte. Dann organisierte er ein Treffen, an dem die drei Angeklagten und A. teilnahmen. Unmittelbar danach begab sich der Angeklagte M. zu seinem Fahrzeug und machte dort den A. mit einem K. bekannt, der als Kurier fungieren sollte. Dessen Beteiligung wurde von A. indes abgelehnt, da er schlechte Vorerfahrungen in der Zusammenarbeit mit K. hatte. Ob das Betäubungsmittelgeschäft schließlich zustande kam, konnte nicht geklärt werden. Den Ausführungen zur Beweiswürdigung lässt sich hinsichtlich des genannten Treffens konkretisierend entnehmen, dass der Angeklagte M. auf einem Parkplatz in ein von der Angeklagten U. gesteuertes Fahrzeug stieg, in dem auch der Angeklagte F. saß und an das A. herantrat, um sich mit den Personen im Fahrzeug zu unterhalten.
- 6
- b) Damit ist eine Verabredung der Angeklagten U. zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nicht belegt.
- 7
- aa) Die Strafbarkeit wegen Verabredung zu einem Verbrechen nach § 30 Abs. 2 StGB setzt die vom ernstlichen Willen getragene Einigung mehrerer Personen voraus, ein in Aussicht genommenes Verbrechen entweder selbst gemeinschaftlich ausführen oder einen anderen zu seiner Ausführung anstiften zu wollen. Das Versprechen einer Beihilfe zu der geplanten Tat genügt deshalb nicht (vgl. BGH, Urteile vom 27. Januar 1982 - 3 StR 437/81, NStZ 1982, 244; vom 4. Februar 2009 - 2 StR 165/08, BGHSt 53, 174, 176 mwN). Dies gilt auch dann, wenn es sich bei der in Aussicht genommenen Tat um ein Bandendelikt handelt. Denn der Zusammenschluss als Bande hat nicht zur Folge, dass jede von einem Bandenmitglied begangene Tat einem anderen Bandenmitglied ohne Weiteres als gemeinschaftlich begangene Tat im Sinne des § 25 Abs. 2 StGB zugerechnet werden kann. Die Frage, ob die Beteiligung an einem Bandenhandel mit Betäubungsmitteln als Mittäterschaft oder Beihilfe zu werten ist, beurteilt sich vielmehr nach den allgemeinen Grundsätzen (BGH, Beschluss vom 19. Januar 2012 - 2 StR 590/11, NStZ 2012, 517). Danach ist Mittäter im Sinne von § 25 Abs. 2 StGB, wer einen eigenen Tatbeitrag leistet und diesen so in die Tat einfügt, dass er als Teil der Handlung eines anderen Beteiligten und umgekehrt dessen Handeln als Ergänzung des eigenen Tatanteils erscheint. Zwar kann für die Einordnung als Mittäterschaft ein die Tatbestandsverwirklichung fördernder Beitrag ausreichen, der sich auf eine Vorbereitungs- oder Unterstützungshandlung beschränkt. Stets muss sich die objektiv aus einem wesentli- chen Tatbeitrag bestehende Mitwirkung aber nach der Willensrichtung des sich Beteiligenden als Teil der Tätigkeit aller darstellen (BGH, Beschluss vom 14. Juli 2016 - 3 StR 129/16, StraFo 2016, 392; st. Rspr.).
- 8
- bb) Hieran gemessen ergeben die Feststellungen nicht, dass sich die Angeklagte U. an dem verabredeten Betäubungsmittelgeschäft als Mittäterin beteiligen wollte. Das von der Angeklagten im Vorfeld der geplanten Tat gezeigte Verhalten genügt insoweit nicht. Der Beitrag der Angeklagten zur Vorbereitung des beabsichtigten Betäubungsmittelgeschäfts erschöpfte sich darin, den Angeklagten F. zu dem Treffen mit dem Angeklagten M. und dem gesondert verfolgten A. zu fahren und bei dem Gespräch auf dem Parkplatz zugegen zu sein. Das geringe Gewicht dieses Tatbeitrags könnte - wäre die Tat im Folgenden ausgeführt worden - auch unter Berücksichtigung ihres Interesses am Gelingen der Tat, das aus dem gemeinsamen "Wirtschaften" mit dem Angeklagten F. folgte, eine mittäterschaftliche Beteiligung an dem Betäubungsmittelhandel nicht begründen. Ob weitere Tatbeiträge zu dem geplanten Betäubungsmittelhandel mit der Angeklagten verabredet waren, bleibt offen.
- 9
- cc) Da nicht auszuschließen ist, dass in einer neuen Hauptverhandlung über die bisherigen Feststellungen hinausgehende Umstände belegt werden können, die die Annahme rechtfertigen, die Angeklagte habe sich als Mittäterin an dem Bandenhandel beteiligen wollen, bedarf die Sache insoweit insgesamt neuer tatgerichtlicher Verhandlung und Entscheidung.
- 10
- 2. Im Fall B.IX.der Urteilsgründe belegen die Feststellungen nicht, dass sich die Angeklagten F. und U. wegen Bandenhandels mit Betäubungsmitteln strafbar gemacht haben.
- 11
- a) Nach den diesbezüglich getroffenen Feststellungen verkauften die Angeklagten F. und U. insgesamt 90 g Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 5,4 g THC an zwei Abnehmer auf Kommission. Wenige Tage später trieb die Angeklagte U. mit Wissen des Angeklagten F. das Geld ein.
- 12
- b) Dies trägt lediglich eine Verurteilung der Angeklagten wegen mittäterschaftlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln, nicht dagegen wegen bandenmäßigen Betäubungsmittelhandels. Zwar hatte die von den beiden Angeklagten mit dem Angeklagten M. gegründete Bande nach den Feststellungen im Tatzeitraum noch Bestand. Daraus folgt aber nicht, dass jedes von einem Bandenmitglied getätigte Betäubungsmittelgeschäft einen Bandenhandel darstellt. Denn die Annahme einer Bandentat setzt neben einer ausdrücklich oder konkludent getroffenen Bandenabrede zwischen mindestens drei Personen voraus, dass der Täter die Tat gerade als Mitglied der Bande unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht. Die Einzeltat muss Ausflussder Bandenabrede sein und darf nicht losgelöst davon ausschließlich im eigenen Interesse der jeweils unmittelbar Beteiligten ausgeführt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 1. März 2011 - 4 StR 30/11, StraFo 2011, 521 mwN).
- 13
- Damit genügt es für die Einordnung als Bandenhandel nicht, dass vorliegend zwei Bandenmitglieder Betäubungsmittel verkauften. Weitere Anhaltspunkte für einen spezifischen Bandenbezug der Tat ergeben die Feststellungen indes nicht. Ihnen ist vielmehr zu entnehmen, dass die Angeklagten F. und U. bereits im Vorfeld der Bandenabrede gemeinschaftlich Betäubungsmittelhandel trieben. Auch die gegenüber dem Angeklagten F. untergeordnete Stellung des Angeklagten M. sowie der Umstand, dass die Angeklagten U. und F. zusammen wirtschafteten, während der Angeklagte M. seine Einkünfte aus den Verkäufen nicht mit den anderen Banden- mitgliedern teilte, steht der Annahme entgegen, die Angeklagten hätten nach Gründung der Bande ausschließlich als Bandenmitglieder und nicht auch im eigenen Interesse der jeweils unmittelbar Beteiligten Betäubungsmittelhandel betrieben.
- 14
- c) Das Urteil ist deshalb auch insoweit aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
- 15
- 3. Der Wegfall der für die Fälle B.VIII. der Urteilsgründe gegen die Angeklagte U. und B.IX. der Urteilsgründe gegen die Angeklagten F. und U. verhängten Einzelstrafen zieht jeweils die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs nach sich. Die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten F. in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) hat dagegen Bestand, da sie von dem aufgezeigten Rechtsfehler nicht betroffen ist. Allerdings kann aufgrund der Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs auch die Bestimmung der Dauer des gegen den Angeklagten F. angeordneten Vorwegvollzugs der Strafe vor der Maßregel nicht bestehen bleiben (§ 67 Abs. 2 Sätze 2 und 3 StGB).
- 16
- 4. Der Ausspruch über die gegen den Angeklagten M. verhängte Gesamtfreiheitsstrafe hat keinen Bestand, weil das Urteil insoweit einen unauflöslichen Widerspruch aufweist. Nach dem Urteilstenor ist der Angeklagte zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und acht Monaten verurteilt worden. Den Urteilsgründen zufolge hat das Landgericht hingegen auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten erkannt. Worauf dieser Widerspruch beruht, ist dem Urteil nicht zu entnehmen. Um ein offenkundiges Schreibversehen, das eine Berichtigung zuließe, handelt es sich nicht, da die Strafzumessungsgründe keinen Anhalt dafür bieten, welche der beiden Gesamtstrafen die Strafkammer für angemessen erachtet hat. Das Urteil bedarf indes nicht der Aufhebung im Strafausspruch, da auszuschließen ist, dass das Tatgericht auf eine noch niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe als drei Jahre und sechs Monate erkannt hätte (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Februar 2009 - 5 StR 46/09, BGHR StPO § 260 Abs. 1 Urteilstenor 5; Urteil vom 11. Juni 2013 - 5 StR 174/13, NStZ 2014, 225). Der Senat setzt deshalb in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO die Gesamtstrafe auf diese Höhe fest und ändert den Urteilstenor entsprechend ab.
- 17
- Der geringe Erfolg des Rechtsmittels des Angeklagten M. lässt es nicht unbillig erscheinen, ihn mit den gesamten Kosten des Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 1 und 4 StPO). Becker Schäfer Spaniol Tiemann Hoch
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Wer einen anderen zu bestimmen versucht, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften, wird nach den Vorschriften über den Versuch des Verbrechens bestraft. Jedoch ist die Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern. § 23 Abs. 3 gilt entsprechend.
(2) Ebenso wird bestraft, wer sich bereit erklärt, wer das Erbieten eines anderen annimmt oder wer mit einem anderen verabredet, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften.
Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.
(1) Wird die Unterbringung in einer Anstalt nach den §§ 63 und 64 neben einer Freiheitsstrafe angeordnet, so wird die Maßregel vor der Strafe vollzogen.
(2) Das Gericht bestimmt jedoch, daß die Strafe oder ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist, wenn der Zweck der Maßregel dadurch leichter erreicht wird. Bei Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt neben einer zeitigen Freiheitsstrafe von über drei Jahren soll das Gericht bestimmen, dass ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist. Dieser Teil der Strafe ist so zu bemessen, dass nach seiner Vollziehung und einer anschließenden Unterbringung eine Entscheidung nach Absatz 5 Satz 1 möglich ist. Das Gericht soll ferner bestimmen, dass die Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist, wenn die verurteilte Person vollziehbar zur Ausreise verpflichtet und zu erwarten ist, dass ihr Aufenthalt im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes während oder unmittelbar nach Verbüßung der Strafe beendet wird.
(3) Das Gericht kann eine Anordnung nach Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 nachträglich treffen, ändern oder aufheben, wenn Umstände in der Person des Verurteilten es angezeigt erscheinen lassen. Eine Anordnung nach Absatz 2 Satz 4 kann das Gericht auch nachträglich treffen. Hat es eine Anordnung nach Absatz 2 Satz 4 getroffen, so hebt es diese auf, wenn eine Beendigung des Aufenthalts der verurteilten Person im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes während oder unmittelbar nach Verbüßung der Strafe nicht mehr zu erwarten ist.
(4) Wird die Maßregel ganz oder zum Teil vor der Strafe vollzogen, so wird die Zeit des Vollzugs der Maßregel auf die Strafe angerechnet, bis zwei Drittel der Strafe erledigt sind.
(5) Wird die Maßregel vor der Strafe oder vor einem Rest der Strafe vollzogen, so kann das Gericht die Vollstreckung des Strafrestes unter den Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 zur Bewährung aussetzen, wenn die Hälfte der Strafe erledigt ist. Wird der Strafrest nicht ausgesetzt, so wird der Vollzug der Maßregel fortgesetzt; das Gericht kann jedoch den Vollzug der Strafe anordnen, wenn Umstände in der Person des Verurteilten es angezeigt erscheinen lassen.
(6) Das Gericht bestimmt, dass eine Anrechnung nach Absatz 4 auch auf eine verfahrensfremde Strafe erfolgt, wenn deren Vollzug für die verurteilte Person eine unbillige Härte wäre. Bei dieser Entscheidung sind insbesondere das Verhältnis der Dauer des bisherigen Freiheitsentzugs zur Dauer der verhängten Strafen, der erzielte Therapieerfolg und seine konkrete Gefährdung sowie das Verhalten der verurteilten Person im Vollstreckungsverfahren zu berücksichtigen. Die Anrechnung ist in der Regel ausgeschlossen, wenn die der verfahrensfremden Strafe zugrunde liegende Tat nach der Anordnung der Maßregel begangen worden ist. Absatz 5 Satz 2 gilt entsprechend.
(1) Die Hauptverhandlung schließt mit der auf die Beratung folgenden Verkündung des Urteils.
(2) Wird ein Berufsverbot angeordnet, so ist im Urteil der Beruf, der Berufszweig, das Gewerbe oder der Gewerbezweig, dessen Ausübung verboten wird, genau zu bezeichnen.
(3) Die Einstellung des Verfahrens ist im Urteil auszusprechen, wenn ein Verfahrenshindernis besteht.
(4) Die Urteilsformel gibt die rechtliche Bezeichnung der Tat an, deren der Angeklagte schuldig gesprochen wird. Hat ein Straftatbestand eine gesetzliche Überschrift, so soll diese zur rechtlichen Bezeichnung der Tat verwendet werden. Wird eine Geldstrafe verhängt, so sind Zahl und Höhe der Tagessätze in die Urteilsformel aufzunehmen. Wird die Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten, die Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung zur Bewährung ausgesetzt, der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt oder von Strafe abgesehen, so ist dies in der Urteilsformel zum Ausdruck zu bringen. Im übrigen unterliegt die Fassung der Urteilsformel dem Ermessen des Gerichts.
(5) Nach der Urteilsformel werden die angewendeten Vorschriften nach Paragraph, Absatz, Nummer, Buchstabe und mit der Bezeichnung des Gesetzes aufgeführt. Ist bei einer Verurteilung, durch die auf Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren erkannt wird, die Tat oder der ihrer Bedeutung nach überwiegende Teil der Taten auf Grund einer Betäubungsmittelabhängigkeit begangen worden, so ist außerdem § 17 Abs. 2 des Bundeszentralregistergesetzes anzuführen.
(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.
(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.
(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.
(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.
(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.
(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.
(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.
(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.
(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.
(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.
(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag
- 1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder - 2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.