Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Sept. 2011 - 3 StR 262/11

bei uns veröffentlicht am13.09.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 262/11
vom
13. September 2011
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Bandendiebstahls u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers 13. September 2011 gemäß § 349
Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts München I vom 4. April 2011 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Bandendiebstahls in drei Fällen, Diebstahls, versuchten Diebstahls und gewerbsmäßiger Bandenhehlerei, "jeweils in Tateinheit mit Bildung krimineller Vereinigungen" (zutreffend: mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung), zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Die hiergegen gerichtete , auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat Erfolg.
2
Nach den Feststellungen des Landgerichts entstand in der ehemaligen Sowjetunion eine kriminelle Subkultur, die nach ihrer eigenen Ideologie, den sogenannten "Diebesregeln", lebt. Dieses System dehnte sich nach Westen aus und etablierte sich teilweise auch in Deutschland. Die Verbandsstruktur ist regional organisiert und überregional koordiniert. An oberster Stufe steht jeweils ein "Dieb im Gesetz", der diese Stellung mittels "Krönung" durch alle "Diebe im Gesetz" in Moskau erhält. Diesem wird ein bestimmtes Gebiet zugewiesen, in dem sich kein anderer "Dieb im Gesetz" ansiedeln darf. Organisatorische Aufgaben übernehmen als seine unmittelbaren Vertrauenspersonen "Nahestehende" , unter denen "Statthalter" oder "Kassenhalter" stehen, welche die untergeordneten Mitglieder zu leiten und Beiträge zur Gemeinschaftskasse einzusammeln und abzuführen haben. Die Willensbildung unterliegt verbindlichen, in der Organisation anerkannten Regeln. Die Verhaltensregeln gebieten den Mitgliedern eine Abschottung nach außen sowie Solidarität nach innen und untersagen jegliche Kooperation mit staatlichen Behörden. Verstöße werden abgestuft sanktioniert. Im Konfliktfall werden höhere Autoritätsstufen angerufen; deren "Schiedssprüche" erkennen die Mitglieder als bindend an und machen sie zur Maxime ihres Handelns. Verbindlich festgelegte Zielsetzung der Organisation ist, bestimmte Straftaten zu begehen und einen Teil der hieraus gewonnenen Erlöse in die Gemeinschaftskasse ("Abschtschjak") zu zahlen. Diese dient der Bereicherung der höherrangigen Mitglieder sowie allgemein der Unterstützung der Mitglieder in besonderen Situationen, etwa im Falle einer Inhaftierung.
3
Spätestens im Juni 2005 begründeten die "Diebe im Gesetz" K. und L. S. eine nach den dargelegten Regeln agierende, europaweit tätige Gruppierung aus georgischstämmigen Mitgliedern, die Diebstähle organisierte und die Beute an Hehler weiterverkaufte. Auf der untersten Ebene standen die tatausführenden Diebe, die ihren Unterhalt aus organisierten, von mehreren Mitgliedern durchgeführten gemeinsamen Ladendiebstählen bestritten. Diebesbeute waren hochwertige Gegenstände des täglichen Gebrauchs wie etwa Zigaretten, Drogerieartikel, Designerkleidung und elektronische Geräte. Die Mitglieder hatten in der Regel monatlich 50 € in den "Abschtschjak" zu zahlen. Die Vereinigung, die "Diebesregeln" und der "Abschtschjak" waren oberste Maximen des Handelns des Einzelnen. In verschiedenen deutschen Städten waren regionale Kassenhalter eingesetzt. Die über die an die Gemeinschaftskasse abgeführten Gelder geführten Listen wurden zu K. S. nach Spanien gebracht. Die Teile der Vereinigung in Deutschland waren grundsätzlich autonom, bei Konflikten oder bei groben Regelverstößen griff allerdings die Führungsebene um die Brüder S. ein.
4
Der Angeklagte übernahm spätestens am 21. Dezember 2009 die Gemeinschaftskasse der Organisation in Nürnberg. Er veranlasste verschiedene Ladendiebe zur pünktlichen Zahlung des monatlichen Beitrags, beging selbst verschiedene Diebstähle und war am Absatz von fremder Diebesbeute beteiligt. Am 30. Januar "2009" (richtig wohl: 2010) übergab er einen Koffer mit Ware, die andere Mitglieder der Vereinigung gestohlen hatten, an eine Frau zum Transport nach Georgien, um dadurch "andere Mitglieder der Organisation um die Gebrüder S. und auch sich zu bereichern". Zwischen dem 21. Dezember 2009 und etwa dem 2. März 2010 entwendete er aus verschiedenen Geschäften in insgesamt fünf Fällen Gegenstände (Parfumflakons, Stiefel , Markenhemden) oder versuchte dies zumindest, um daraus seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, teilweise indem er Gegenstände des persönlichen Bedarfs entwendete und sich so Aufwendungen ersparte. Dabei wirkte in drei Fällen ein weiteres Mitglied der Organisation der Brüder S. mit.

I.

5
Das Urteil hält sachlichrechtlicher Prüfung nicht stand, soweit das Landgericht den Angeklagten wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung (§ 129 Abs. 1 StGB) und wegen gewerbsmäßiger Bandenhehlerei (§ 260a Abs. 1 StGB) verurteilt hat. Die Feststellungen belegen zwar, dass sich der Angeklagte als Mitglied an einer kriminellen Vereinigung beteiligte , nicht aber - worauf bereits der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend hingewiesen hat -, dass es sich bei der Vereinigung um eine solche im Inland nach § 129 Abs. 1 StGB handelte. Auch fehlen tragfähige Feststellungen für ein gewerbsmäßiges Handeln des Angeklagten im Sinne des § 260a Abs. 1 StGB. Im Einzelnen:
6
1. Das Landgericht hat im Ergebnis zutreffend die Voraussetzungen für eine Vereinigung im Sinne der §§ 129 ff. StGB als erfüllt angesehen; denn nach den Feststellungen ist ein auf eine gewisse Dauer angelegter, freiwilliger organisatorischer Zusammenschluss von mindestens drei Personen gegeben, die bei Unterordnung des Willens des Einzelnen unter den Willen der Gesamtheit gemeinsame Zwecke verfolgen und unter sich derart in Beziehung stehen, dass sie sich untereinander als einheitlicher Verband fühlen (st. Rspr.; vgl. zuletzt etwa BGH, Urteile vom 28. Oktober 2010 - 3 StR 179/10, BGHSt 56, 28, 29 f. mwN; vom 3. Dezember 2009 - 3 StR 277/09, BGHSt 54, 216, 221). Näherer Erörterung bedürfen allein die folgenden Gesichtspunkte:
7
a) Die erforderliche Unterordnung der Mitglieder unter den Gesamtwillen der Vereinigung liegt nach den Feststellungen vor:
8
aa) Insoweit ist für eine Vereinigung wesentlich die subjektive Einbindung der Beteiligten in die kriminellen Ziele der Organisation und in deren entsprechende Willensbildung unter Zurückstellung individueller Einzelmeinungen; denn nur ein derartiger Gruppenwille schafft die spezifischen Gefahren einer für die Vereinigung typischen, vom Willen des Einzelnen losgelösten Eigendynamik zur Begehung von Straftaten. Innerhalb der Vereinigung müssen deshalb bestimmte, von ihren Mitgliedern anerkannte Entscheidungsstrukturen bestehen ; dieser organisierten Willensbildung müssen sich die Mitglieder als für alle verbindlich unterwerfen. Die Art und Weise der Willensbildung ist allerdings gleichgültig; die für alle Mitglieder verbindlichen Regeln können etwa dem Demokratieprinzip entsprechen oder auf dem Prinzip von Befehl und Gehorsam aufgebaut sein (st. Rspr.; vgl. im Einzelnen BGH, Urteil vom 3. Dezember 2009 - 3 StR 277/09, BGHSt 54, 216, 221 ff. mwN).
9
bb) Diese Voraussetzungen sind in den Urteilsgründen dargetan. Die Mitglieder der Gruppierung verband nicht allein der Wille, gemeinsam Straftaten zu begehen; sie unterwarfen sich auch nicht lediglich je für sich der autoritären Führung der Brüder S. . Vielmehr bestanden verbindliche Regeln , nach denen die Mitglieder der Organisation ihr Handeln ausrichteten, und solche, die der Konfliktbewältigung innerhalb der Organisation dienten. Diese Regeln wurden von den Mitgliedern übereinstimmend anerkannt; diese stellten insoweit ihre Einzelmeinungen zurück und ordneten sich dem entsprechenden Gruppenwillen unter.
10
cc) Es ist deshalb nicht entscheidungserheblich, ob im vorliegenden Fall eine tatsächliche Konstellation gegeben ist, bei der nach der neueren Rechtsprechung des Senats (BGH, Urteil vom 3. Dezember 2009 - 3 StR 277/09, BGHSt 54, 216, 228 ff.) geringere Anforderungen an die tatrichterlichen Feststellungen bezüglich des voluntativen Elements der Vereinigung zu stellen sind. Der Senat sieht allerdings Anlass, hierzu Folgendes anzumerken:
11
Die Anforderungen an die tatrichterlichen Feststellungen zum Willenselement sind dann geringer, wenn die Mitglieder der Organisation eine über den bloßen Zweckzusammenhang der Begehung von Straftaten hinausreichende Zielsetzung verfolgen und die für Vereinigungen typische Eigendynamik vor allem dadurch in Gang gesetzt wird, dass die Beteiligten sich in der Verfolgung eines übergeordneten gemeinsamen Ziels verbunden fühlen, wie dies typischerweise bei politisch, ideologisch, religiös oder weltanschaulich motivierter Kriminalität der Fall ist (BGH aaO). Diese Voraussetzungen werden durch die Feststellungen nicht belegt. Die Organisation war hier im Kern allein auf die Begehung von Eigentums- und Vermögensdelikten sowie die dadurch ermöglichte Finanzierung einer Gemeinschaftskasse gerichtet, die wiederum der Bereicherung der Führungsebene und der materiellen Unterstützung der Mitglieder in bestimmten Situationen diente; die Vereinigung war somit durch wirtschaftliche , nicht aber durch politisch-ideologische Zielsetzungen der Beteiligten geprägt. Der Umstand, dass sich die Vereinigungsmitglieder nach außen abgrenzten und die Zusammenarbeit mit staatlichen Stellen ablehnten, ist für kriminelle Organisationen jeglicher Art nicht ungewöhnlich. Ihm kommt deshalb im hier relevanten Zusammenhang keine erhebliche Bedeutung zu. Dieser Gesichtspunkt reicht insbesondere nicht aus, um darin bereits eine eigene, über den auf Straftaten ausgerichteten Zweckzusammenhang der Vereinigung hinausgehende Ideologie in dem dargelegten Sinne zu sehen.
12
b) Die Organisation war darauf ausgerichtet, Straftaten, vor allem Eigentums - und Vermögensdelikte, zu begehen, mit denen - obwohl die einzelnen festgestellten Taten isoliert betrachtet überwiegend eher dem unteren Bereich der Kriminalität zuzurechnen sind - eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit verbunden war (BGH, Urteil vom 22. Februar 1995 - 3 StR 583/94, BGHSt 41, 47, 51; Beschluss vom 4. August 1995 - StB 31/95, NJW 1995, 3395, 3396). Für diese Beurteilung ist nicht lediglich auf die einzelne Straftat oder die jeweilige Strafandrohung abzustellen; vielmehr ist eine Gesamtwürdigung der begangenen und/oder geplanten Straftaten unter Einbeziehung aller Umstände vorzunehmen, die für das Maß der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit von Bedeutung sein können. Hierzu gehören insbesondere auch die Auswirkungen der Straftaten (BGH, Urteil vom 22. Februar 1995 - 3 StR 583/94, BGHSt 41, 47, 51). Ins Gewicht fällt deshalb neben der Höhe der Erlöse insbesondere die organisierte, planmäßige und überregionale Vorgehensweise der Vereinigungsmitglieder. Diese Umstände belegen ohne Weiteres eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit.
13
c) Da nach den Feststellungen die Brüder S. als "Diebe im Gesetz" in der Organisation an oberster Stufe standen und der Wille der Organisation demzufolge unabhängig von den übrigen "Dieben im Gesetz" gebildet wurde, stellte die ihnen untergeordnete Gruppierung eine eigenständige Vereinigung dar. Es bedarf daher keiner näheren Betrachtung, wie die Versammlung der verschiedenen "Diebe im Gesetz" zu bewerten ist und ob diese etwa als eine übergeordnete Dach-Vereinigung anzusehen sein könnte (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 30. März 2001 - StB 4/01 u.a., BGHSt 46, 349, 354; LK/Krauß, StGB, 12. Aufl., § 129 Rn. 23).
14
2. Aus den Urteilsfeststellungen ergibt sich jedoch nicht, dass es sich bei der von den Brüdern S. geführten Organisation um eine Vereinigung im Inland nach § 129 Abs. 1 StGB handelte.
15
a) Die Kriterien, an denen die Einordnung einer Organisation als in- oder ausländische Vereinigung - im letzten Fall zudem als Vereinigung innerhalb oder außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union - auszurichten ist, sind gesetzlich nicht bestimmt und in der Gesetzesbegründung bei Einführung des § 129b StGB nicht näher erörtert worden (vgl. etwa BT-Drucks. 14/7025 S. 1, 6). In der Rechtsprechung (BGH, Beschluss vom 14. April 2010 - StB 5/10, BGHR StGB § 129 Gruppenwille 6) und dem Schrifttum (vgl. etwa Stein, GA 2005, 433, 443; Zöller, Terrorismusstrafrecht, 2009, S. 523; Nehring, Kriminelle und terroristische Vereinigungen im Ausland, 2007, S. 177 ff.; LK/Krauß, aaO § 129b Rn. 26 ff.) sind sie verschiedentlich angedeutet bzw. erörtert worden , indessen noch nicht abschließend geklärt. Hierzu gilt:
16
Vereinigungen, die den §§ 129 ff. StGB unterfallen, können in einer kaum überschaubaren Vielzahl von tatsächlichen Organisationsformen auftreten. So werden etwa Gruppierungen mit wirtschaftlichen Zielsetzungen ebenso erfasst wie solche, die politische, ideologische oder religiöse Zwecke verfolgen. Bezüglich der Größe der Vereinigung ist lediglich die Mindestzahl von drei Mitgliedern bestimmt, es kommen deshalb sowohl Vereinigungen mit relativ wenigen als auch solche mit außerordentlich zahlreichen Mitgliedern in Betracht. Weder die Organisationsform noch die Art der Willensbildung ist im Einzelnen festgelegt. Nicht zuletzt sind die Gruppierungen etwa im Bereich der Organisierten Kriminalität, aber auch des Terrorismus zunehmend länderübergreifend organisiert; ihre Aktionsfelder betreffen häufig die Gebiete mehrerer Staaten. Vor diesem Hintergrund erscheint eine abstrakte Umschreibung der maßgeblichen Gesichtspunkte, die für die Einordnung derartiger Vereinigungen als inoder ausländisch - und im letztgenannten Fall als solche innerhalb oder außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union - den Anspruch der Verbindlichkeit für alle denkbaren Einzelfälle erheben könnte, weder möglich noch sachgerecht. Mit Blick auf die Unterschiedlichkeit und Komplexität der in Betracht zu ziehenden Fallgestaltungen liegt es näher, die geographische Zuordnung einer Vereinigung von einer an den konkreten Einzelfallumständen orientierten Gesamtbetrachtung abhängig zu machen. Dabei sind regelmäßig namentlich die folgenden Kriterien von Bedeutung:
17
aa) Als wesentliches Zuordnungskriterium ist der Schwerpunkt der Organisationsstruktur anzusehen (vgl. BGH, Beschluss vom 14. April 2010 - StB 5/10, BGHR StGB § 129 Gruppenwille 6; s. auch Art. 4 Unterabsatz 1 der Ge- meinsamen Maßnahme vom 21. Dezember 1998 betreffend die Strafbarkeit der Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung in den Mitgliedstaaten der Europä- ischen Union, ABl. L 351 vom 29. Dezember 1998, S. 1: "Ort…, an dem die Vereinigung ihre Operationsbasis hat"; vgl. hierzu Stein, GA 2005, 433, 443). Dieser Schwerpunkt der organisatorischen Strukturen ist seinerseits anhand verschiedener Merkmale zu ermitteln (vgl. Zöller, Terrorismusstrafrecht, 2009, S. 523). Er kann sich insbesondere aus dem Ort ergeben, an dem gleichsam "die Verwaltung geführt wird" (s. Nehring, Kriminelle und terroristische Vereinigungen im Ausland, 2007, S. 178). Anhaltspunkt dafür kann die Konzentration personeller und/oder sachlicher Ressourcen sein, beispielsweise für Organisationszwecke genutzte Gebäude, Ausbildungsstätten oder Material, wie Tatwerkzeuge , Unterlagen oder auch Datenverarbeitungsanlagen.
18
bb) Ferner ist in den Blick zu nehmen, wo nach den Strukturen der Vereinigung deren Gruppenwille gebildet wird, d.h. wo der durch die entscheidungsbefugten Organe der Vereinigung gebildete Verbandswille zustande kommt und erstmals durch konkrete Umsetzungsakte nach außen in Erscheinung tritt (Zöller aaO S. 523; Nehring aaO S. 178). Auch kann zu berücksichtigen sein, an welchem Ort sich die Vereinigung gegründet hat. Demgegenüber sind die Staatsangehörigkeit der Mitglieder und deren bloßer Wohnsitz regelmäßig nicht von entscheidendem Belang (BGH, Beschluss vom 5. Januar 1982 - StB 53/81, BGHSt 30, 328, 331 f.).
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cc) Daneben kann das eigentliche Aktionsfeld Bedeutung erlangen, mithin der Ort, an dem die Straftaten, auf deren Begehung die Zwecke oder Tätigkeit der Vereinigung gerichtet sind, begangen werden sollen bzw. begangen werden (vgl. BGH, Beschluss vom 14. April 2010 - StB 5/10, BGHR StGB § 129 Gruppenwille 6; vgl. auch Art. 4 Unterabsatz 1 der Gemeinsamen Maßnahme vom 21. Dezember 1998 betreffend die Strafbarkeit der Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, ABl. L 351 vom 29. Dezember 1998, S. 1: "Ort…, an dem die Vereinigung ihre strafba- ren Tätigkeiten ausübt"; vgl. hierzu Stein, GA 2005, 433, 443). Dabei sind gegebenenfalls sowohl der Handlungs- als auch der Erfolgsort in die Bewertung einzustellen. Allerdings genügt es für die Einordnung einer Gruppierung als inländische oder EU-Vereinigung nicht, dass sie auf dem jeweiligen Gebiet lediglich Straftaten begeht oder begehen will. Erforderlich ist vielmehr zumindest, dass in Deutschland bzw. dem Bereich der Mitgliedstaaten der Europäischen Union auch Organisationsstrukturen bestehen und die Vereinigungsmitglieder nicht nur zur Vorbereitung und Begehung der Straftaten, auf die die Vereinigung gerichtet ist, in die betreffende Region einreisen und sich dort aufhalten.
20
b) Nach diesen Maßstäben wies die Organisation der Gebrüder S. auf der Grundlage der bisherigen Urteilsfeststellungen keine ausreichende räumlich-organisatorische Inlandsverankerung auf. Weder befand sich der Schwerpunkt der Organisationsstrukturen im Inland, noch war das Aktionsfeld der Vereinigung auf Deutschland beschränkt. Die "Diebe im Gesetz", die Gebrüder S. , die im Konfliktfall die maßgebliche Autorität und mithin für die Bildung des Gruppenwillens von entscheidender Bedeutung waren, hielten sich nicht in Deutschland auf. Die Weiterleitung der Listen, die über die für die Organisation gesammelten Gelder geführt wurden, an K. S. nach Spanien ist ein Indiz dafür, dass dort wesentliche Aufgaben betreffend die Organisation bzw. "Verwaltung" der Vereinigung vorgenommen wurden. Da die Vereinigung - etwa durch Statt- und Kassenhalter - regional organisiert war, liegt es nahe, dass neben der "Verwaltung" in Spanien auch in weiteren Staaten außerhalb Deutschlands Organisationsstrukturen bestanden. Die Vereinigungsmitglieder wurden in mehreren europäischen Staaten tätig. Schließlich wurde die Gruppierung nicht in Deutschland, sondern in Moskau gegründet. Nach alldem genügt der Umstand, dass die Strukturen und Aktivitäten der Vereinigung teilweise in die Bundesrepublik Deutschland hineinreichten , nicht, um die Vereinigung als inländische anzusehen.
21
c) Die in Deutschland agierende Gruppierung ist auch nicht als eigenständige inländische Vereinigung im Sinne einer Teilorganisation zu werten. Eine solche eigenständige Vereinigung setzt nach der neueren Rechtsprechung des Senats, an der festzuhalten ist, voraus, dass die Gruppierung für sich genommen alle für eine Vereinigung notwendigen personellen, organisatorischen , zeitlichen und voluntativen Voraussetzungen erfüllt. Dazu muss sie ein ausreichendes Maß an organisatorischer Selbstständigkeit aufweisen und insbesondere einen eigenen, von der ausländischen (Haupt-)Organisation unabhängigen Willensbildungsprozess vollziehen (BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 - 3 StR 179/10, BGHSt 56, 28, 32 ff.). Daran fehlt es hier. Die Listen über die in die Gemeinschaftskasse eingezahlten Gelder wurden nach Spanien zu K. S. weitergeleitet. Im Konfliktfall oder bei groben Verstößen gegen die Regeln der Vereinigung schalteten sich die Gebrüder S. in ihrer Eigenschaft als "Anführer" der Vereinigung ein. Angesichts der gerade bei Fragen von besonderer Bedeutung von diesen "Dieben im Gesetz" abhängigen Willensbildung vollzog sich der Willensbildungsprozess somit nicht vollständig im Inland. Die Gruppierung war deshalb inDeutschland nur in begrenztem, für die Annahme einer eigenständigen Vereinigung nicht ausreichendem Umfang autonom.
22
3. Die getroffenen Feststellungen belegen auch nicht die Verurteilung wegen gewerbsmäßiger Bandenhehlerei nach § 260a Abs. 1 StGB im Fall B. II. 2. der Urteilsgründe.
23
a) Die erhöhte Strafbarkeit wegen gewerbsmäßigen Handelns setzt voraus , dass der Täter sich aus wiederholter Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende , nicht ganz unerhebliche Einnahmequelle verschaffen will (vgl. Fischer , StGB, 59. Aufl., Vor § 52 Rn. 62). Die Gewerbsmäßigkeit, die ein besonderes persönliches Merkmal im Sinne des § 28 Abs. 2 StGB darstellt (BGH, Beschluss vom 11. Januar 2005 - 1 StR 547/04, wistra 2005, 177), erfordert stets Eigennützigkeit; es genügt nicht, wenn eine fortdauernde Einnahmequelle allein für Dritte geschaffen werden soll (BGH, Beschluss vom 19. Dezember 2007 - 5 StR 543/07, NStZ 2008, 282 f. zu § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB). Ein bloß mittelbarer Vorteil des Täters reicht zur Begründung der Gewerbsmäßigkeit nur aus, wenn er ohne Weiteres darauf zugreifen kann (vgl. BGH, Beschlüsse vom 26. Mai 2009 - 4 StR 10/09, wistra 2009, 351;vom 5. Juni 2008 - 1 StR 126/08, NStZ-RR 2008, 282; vom 16. April 2008 - 5 StR 615/07, wistra 2008, 342, 343) oder sich selbst geldwerte Vorteile aus den Taten über Dritte verspricht (BGH, Beschluss vom 19. Dezember 2007 - 5 StR 543/07, NStZ 2008, 282 f.; Urteil vom 1. Juli 1998 - 1 StR 246/98, BGHR StGB § 261 Strafzumessung 2).
24
b) Den Urteilsfeststellungen ist nicht hinreichend zu entnehmen, dass die Mitwirkung des Angeklagten bei dem Transport des Koffers mit Diebesgut nach Georgien auf die Erlangung eines derartigen eigenen Vorteils gerichtet war. Dass er selbst direkt auf die Einnahmen der Vereinigung zugreifen konnte oder tatsächlich aufgrund seines deliktischen Handelns einen bestimmten geldwerten Vorteil aus der Gemeinschaftskasse erwartete, ergibt sich nicht. Allein die Möglichkeit, in Zukunft möglicherweise unter gewissen, noch unbestimmten Umständen selbst vom Inhalt der Gemeinschaftskasse zu profitieren, reicht für die Annahme gewerbsmäßigen Handelns nicht aus. Soweit die pauschale Feststellung des Landgerichts, der Angeklagte habe durch die Weitergabe des Koffers auch sich selbst bereichern wollen, dahin zu verstehen sein sollte, dessen Intention sei darauf gerichtet gewesen, den Gewinn aus der Straftat als solchen zumindest teilweise unmittelbar für sich selbst zu erzielen, wird dies weder näher belegt noch durch die Beweiswürdigung getragen. Es ist nicht ersichtlich , woraus die Strafkammer entnommen hat, der - die Taten bestreitende - Angeklagte habe eine Absicht verfolgt, die über die Einzahlung des Taterlöses in die Gemeinschaftskasse und die unbestimmte Möglichkeit, von dieser zukünftig zu profitieren, hinausging.

II.


25
Die aufgezeigten Rechtsfehler führen zur Aufhebung des gesamten Urteils.
26
1. Zwar hat das Landgericht für sich betrachtet rechtsfehlerfrei drei Fälle des schweren Bandendiebstahls nach § 244a Abs. 1 StGB, einen Diebstahl nach § 242 Abs. 1 StGB und einen versuchten Diebstahl nach § 242 Abs. 1 und 2, §§ 22, 23 StGB festgestellt; diese Delikte stehen jedoch jeweils in Tateinheit mit der mitgliedschaftlichen Beteiligung des Angeklagten an einer kriminellen Vereinigung, so dass sich die Urteilsaufhebung auf sie zu erstrecken hat (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Juni 2001 - 3 StR 135/01, juris Rn. 18; Urteile vom 20. Februar 1997 - 4 StR 642/96, NStZ 1997, 276; vom 7. Juli 2011 - 5 StR 561/10, juris Rn. 30; KK-Kuckein, StPO, 6. Aufl., § 353 Rn. 12; MeyerGoßner , StPO, 54. Aufl., § 353 Rn. 7a; zur Tateinheit mit dem Vereinigungsdelikt s. etwa BGH, Urteil vom 11. Juni 1980 - 3 StR 9/80, BGHSt 29, 288, 290).
27
2. Die Änderung des Schuldspruchs durch den Senat in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO dahin, dass der Angeklagte in diesen Fällen wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung im Ausland bzw. wahlweise wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung im Inland oder im Ausland, dies jeweils in Tateinheit mit den genannten Delikten nach § 129 Abs. 1, § 129b Abs. 1, § 244a Abs. 1, §§ 242, 22, 23 StGB strafbar ist, scheidet aus; denn es fehlt an der möglicherweise gemäß § 129b Abs. 1 Satz 3 StGB zur Verfolgung des Vereinigungsdelikts erforderlichen Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz.
28
a) Gegenstand der revisionsrechtlichen Überprüfung sind insoweit allein die schriftlichen Urteilsgründe. Die örtliche Einordnung der Vereinigung als inländische , solche in dem Gebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder solche außerhalb dieses Bereichs ist sowohl für den Schuldspruch als auch für die Frage von Bedeutung, ob eine Verfolgungsermächtigung als Verfahrensvoraussetzung erforderlich ist. Die Bildung einer richterlichen Überzeugung zu dieser doppelrelevanten Tatsache im Wege des Freibeweises durch den Senat - etwa auf der Grundlage des sonstigen Akteninhalts - scheidet deshalb aus (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 337 Rn. 6).
29
b) In den Fällen, in denen ausreichend sichere Feststellungen zur örtlichen Einordnung der Vereinigung vor dem Hintergrund der aufgezeigten Vielgestaltigkeit der Erscheinungsformen nicht getroffen werden können, kommt auch eine wahlweise Verurteilung wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer inländischen oder ausländischen kriminellen oder terroristischen Vereinigung in Betracht. Vor allem mit Blick darauf, dass nach § 129b Abs. 1 Satz 1 StGB die §§ 129, 129a StGB auch bei einer Vereinigung im Ausland grundsätzlich uneingeschränkt gelten, mithin insbesondere der gesetzlich vorgesehene Strafrahmen nicht davon abhängt, ob die Tat sich auf eine in- oder ausländische Vereinigung bezieht, sieht der Senat keinen Anlass, die rechtsethische und psychologische Vergleichbarkeit der §§ 129, 129a StGB einerseits und des § 129b StGB andererseits in Zweifel zu ziehen. Eine Verurteilung auf alternativer Tatsachengrundlage setzt nach den in der Rechtsprechung anerkannten allgemeinen Grundsätzen aber voraus, dass innerhalb des durch § 264 StPO gezogenen Rahmens die angeklagte Tat nach Ausschöpfung aller Beweismöglichkeiten nicht so eindeutig aufzuklären ist, dass ein bestimmter Tatbestand festgestellt werden kann, aber sicher festzustellen ist, dass der Angeklagte einen von mehreren Tatbeständen verwirklicht hat, und andere, straflose Handlungen ausgeschlossen sind (Fischer, StGB, 59. Aufl., § 1 Rn. 19 mwN). Hieraus folgt insbesondere, dass das Tatgericht die Voraussetzungen einer kriminellen oder terroristischen Vereinigung sowie eine strafbare Tathandlung des Angeklagten sicher feststellen muss; nicht aufklärbar darf allein die geographische Einordnung der Vereinigung sein.
30
c) Die bisherigen Urteilsfeststellungen, welche die räumliche Zuordnung der Vereinigung nicht näher in den Blick nehmen, lassen es jedochzumindest als möglich erscheinen, dass die Vereinigung ihren Schwerpunkt außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union hatte. Die Vereinigung wurde in mehreren europäischen Staaten tätig, ohne dass das Landgericht diese Feststellung näher konkretisiert und etwa auf das Gebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Union beschränkt hat. Damit bleibt offen, in welchen anderen europäischen Staaten die Vereinigung Straftaten organisierte, ob diese möglicherweise teilweise außerhalb der Europäischen Union lagen und welchen Umfang die Organisation außerhalb Deutschlands und der Europäischen Union hatte. Da etwa das Diebesgut im Fall B. II. 2. der Urteilsgründe nach Georgien verbracht wurde, ist überdies nicht auszuschließen, dass möglicherweise auch dort nicht unerhebliche Organisationsstrukturen bestanden. Hierfür spricht auch die vom Landgericht als glaubhaft bewertete Aussage des Zeugen G. , wonach Waren und in München eingesammelte "Abschtschjak-Gelder" nach Georgien zu einem "Le. " verbracht worden seien.
31
Es ist daher nicht ausgeschlossen, dass die Verfolgbarkeit des Vereinigungsdelikts nach § 129b Abs. 1 Satz 3 StGB hier von einer entsprechenden Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz abhängt. Diese liegt bisher nicht vor; damit fehlt es für diesen Fall an einer Verfahrensvoraussetzung, so dass eine Wahlfeststellung ausscheidet.

III.


32
Der Senat weist für die neue Hauptverhandlung über die Ausführungen des Generalbundesanwalts hinaus auf Folgendes hin:
33
1. Die bisherigen Feststellungen zu der Vereinigung als solcher und ihrer Gründung in Moskau erscheinen teilweise nicht ohne Weiteres nachvollziehbar. Danach agiert die Vereinigung der Gebrüder S. einerseits europaweit ; andererseits erhält ein "Dieb im Gesetz" nach seiner "Krönung" ein eigenes Gebiet zugewiesen, in dem ihm gestattet ist, durch kriminelle Handlungen jedweder Art Geld zu verdienen, und in dem sich kein anderer "Dieb im Gesetz" ansiedeln darf. Danach wäre naheliegend die Gruppierung um die Brüder S. die einzige Vereinigung der "Diebe im Gesetz" in Europa. Dem könnten allerdings die sonstigen Urteilsgründe widersprechen, denen zu entnehmen ist, dass es mehrere "Diebe im Gesetz" gibt, ohne dass festgestellt ist, dass sich deren Organisationen über Europa hinaus ausgebreitet haben. Somit bleibt offen, wo sich die diesen zugewiesenen Gebiete befinden sollen.
34
2. Nach ständiger Rechtsprechung setzt die Annahme von Tateinheit zwischen der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer kriminellenVereinigung und einer anderen Straftat voraus, dass die Begehung dieser Tat zugleich zur Verfolgung der Zwecke der Vereinigung oder zu ihrer organisatorischen Aufrechterhaltung oder Stärkung dient (s. etwa BGH, Urteil vom 11. Juni 1980 - 3 StR 9/80, BGHSt 29, 288, 290). Die bisherigen Feststellungen belegen diesen sachlichen Zusammenhang in den Fällen B. II. 3. d. und e. der Urteilsgründe , in denen der Angeklagte die Diebstahlsobjekte für sich behalten wollte, nicht.
35
3. Die bisherigen Ausführungen des Landgerichts zur Strafzumessung lassen nicht erkennen, von welchem konkreten Strafrahmen die Kammer im Fall des versuchten Diebstahls ausgegangen ist. Im Übrigen erschließen sich die Höhen der unterschiedlichen Einzelstrafen in den drei Taten des schweren Bandendiebstahls nicht ohne Weiteres. So ist unklar, wieso die Strafe in einem Fall, in dem der Angeklagte die entwendeten Parfümflaschen schließlich zurücklegte und dem Geschäft insoweit kein Schaden verblieb, trotz ähnlichen Beutewerts drei Monate höher bemessen wurde als in einem Fall, in dem der Geschädigte die entwendeten Stiefel nicht zurück erhielt.
Becker Pfister Schäfer
Mayer Menges

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Strafgesetzbuch - StGB | § 129a Bildung terroristischer Vereinigungen


(1) Wer eine Vereinigung (§ 129 Absatz 2) gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind, 1. Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völ

Strafprozeßordnung - StPO | § 264 Gegenstand des Urteils


(1) Gegenstand der Urteilsfindung ist die in der Anklage bezeichnete Tat, wie sie sich nach dem Ergebnis der Verhandlung darstellt. (2) Das Gericht ist an die Beurteilung der Tat, die dem Beschluß über die Eröffnung des Hauptverfahrens zugrunde l

Strafgesetzbuch - StGB | § 22 Begriffsbestimmung


Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.

Strafgesetzbuch - StGB | § 129b Kriminelle und terroristische Vereinigungen im Ausland; Einziehung


(1) Die §§ 129 und 129a gelten auch für Vereinigungen im Ausland. Bezieht sich die Tat auf eine Vereinigung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, so gilt dies nur, wenn sie durch eine im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes ausg

Strafgesetzbuch - StGB | § 242 Diebstahl


(1) Wer eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar.

Strafgesetzbuch - StGB | § 261 Geldwäsche


(1) Wer einen Gegenstand, der aus einer rechtswidrigen Tat herrührt, 1. verbirgt,2. in der Absicht, dessen Auffinden, dessen Einziehung oder die Ermittlung von dessen Herkunft zu vereiteln, umtauscht, überträgt oder verbringt,3. sich oder einem Dritt

Strafgesetzbuch - StGB | § 129 Bildung krimineller Vereinigungen


(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet oder sich an einer Vereinigung als Mitglied beteiligt, deren Zweck oder Tätigkeit auf die Begehung von Straftaten gerichtet ist, die im Höchstm

Strafgesetzbuch - StGB | § 28 Besondere persönliche Merkmale


(1) Fehlen besondere persönliche Merkmale (§ 14 Abs. 1), welche die Strafbarkeit des Täters begründen, beim Teilnehmer (Anstifter oder Gehilfe), so ist dessen Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern. (2) Bestimmt das Gesetz, daß besondere persönliche Mer

Strafgesetzbuch - StGB | § 244a Schwerer Bandendiebstahl


(1) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer den Diebstahl unter den in § 243 Abs. 1 Satz 2 genannten Voraussetzungen oder in den Fällen des § 244 Abs. 1 Nr. 1 oder 3 als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzte

Strafgesetzbuch - StGB | § 260a Gewerbsmäßige Bandenhehlerei


(1) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer die Hehlerei als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub, Diebstahl oder Hehlerei verbunden hat, gewerbsmäßig begeht. (2) In minder schweren F

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(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet oder sich an einer Vereinigung als Mitglied beteiligt, deren Zweck oder Tätigkeit auf die Begehung von Straftaten gerichtet ist, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren bedroht sind. Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine solche Vereinigung unterstützt oder für sie um Mitglieder oder Unterstützer wirbt.

(2) Eine Vereinigung ist ein auf längere Dauer angelegter, von einer Festlegung von Rollen der Mitglieder, der Kontinuität der Mitgliedschaft und der Ausprägung der Struktur unabhängiger organisierter Zusammenschluss von mehr als zwei Personen zur Verfolgung eines übergeordneten gemeinsamen Interesses.

(3) Absatz 1 ist nicht anzuwenden,

1.
wenn die Vereinigung eine politische Partei ist, die das Bundesverfassungsgericht nicht für verfassungswidrig erklärt hat,
2.
wenn die Begehung von Straftaten nur ein Zweck oder eine Tätigkeit von untergeordneter Bedeutung ist oder
3.
soweit die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung Straftaten nach den §§ 84 bis 87 betreffen.

(4) Der Versuch, eine in Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 bezeichnete Vereinigung zu gründen, ist strafbar.

(5) In besonders schweren Fällen des Absatzes 1 Satz 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern der Vereinigung gehört. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren zu erkennen, wenn der Zweck oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet ist, in § 100b Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, b, d bis f und h bis o, Nummer 2 bis 8 und 10 der Strafprozessordnung genannte Straftaten mit Ausnahme der in § 100b Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe h der Strafprozessordnung genannten Straftaten nach den §§ 239a und 239b des Strafgesetzbuches zu begehen.

(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, von einer Bestrafung nach den Absätzen 1 und 4 absehen.

(7) Das Gericht kann die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von einer Bestrafung nach diesen Vorschriften absehen, wenn der Täter

1.
sich freiwillig und ernsthaft bemüht, das Fortbestehen der Vereinigung oder die Begehung einer ihren Zielen entsprechenden Straftat zu verhindern, oder
2.
freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, daß Straftaten, deren Planung er kennt, noch verhindert werden können;
erreicht der Täter sein Ziel, das Fortbestehen der Vereinigung zu verhindern, oder wird es ohne sein Bemühen erreicht, so wird er nicht bestraft.

(1) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer die Hehlerei als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub, Diebstahl oder Hehlerei verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(3) (weggefallen)

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet oder sich an einer Vereinigung als Mitglied beteiligt, deren Zweck oder Tätigkeit auf die Begehung von Straftaten gerichtet ist, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren bedroht sind. Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine solche Vereinigung unterstützt oder für sie um Mitglieder oder Unterstützer wirbt.

(2) Eine Vereinigung ist ein auf längere Dauer angelegter, von einer Festlegung von Rollen der Mitglieder, der Kontinuität der Mitgliedschaft und der Ausprägung der Struktur unabhängiger organisierter Zusammenschluss von mehr als zwei Personen zur Verfolgung eines übergeordneten gemeinsamen Interesses.

(3) Absatz 1 ist nicht anzuwenden,

1.
wenn die Vereinigung eine politische Partei ist, die das Bundesverfassungsgericht nicht für verfassungswidrig erklärt hat,
2.
wenn die Begehung von Straftaten nur ein Zweck oder eine Tätigkeit von untergeordneter Bedeutung ist oder
3.
soweit die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung Straftaten nach den §§ 84 bis 87 betreffen.

(4) Der Versuch, eine in Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 bezeichnete Vereinigung zu gründen, ist strafbar.

(5) In besonders schweren Fällen des Absatzes 1 Satz 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern der Vereinigung gehört. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren zu erkennen, wenn der Zweck oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet ist, in § 100b Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, b, d bis f und h bis o, Nummer 2 bis 8 und 10 der Strafprozessordnung genannte Straftaten mit Ausnahme der in § 100b Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe h der Strafprozessordnung genannten Straftaten nach den §§ 239a und 239b des Strafgesetzbuches zu begehen.

(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, von einer Bestrafung nach den Absätzen 1 und 4 absehen.

(7) Das Gericht kann die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von einer Bestrafung nach diesen Vorschriften absehen, wenn der Täter

1.
sich freiwillig und ernsthaft bemüht, das Fortbestehen der Vereinigung oder die Begehung einer ihren Zielen entsprechenden Straftat zu verhindern, oder
2.
freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, daß Straftaten, deren Planung er kennt, noch verhindert werden können;
erreicht der Täter sein Ziel, das Fortbestehen der Vereinigung zu verhindern, oder wird es ohne sein Bemühen erreicht, so wird er nicht bestraft.

(1) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer die Hehlerei als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub, Diebstahl oder Hehlerei verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(3) (weggefallen)

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 179/10
vom
28. Oktober 2010
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
1. Eine in Deutschland tätige Teilorganisation einer ausländischen Vereinigung ist
nur dann als eigenständige inländische Vereinigung im Sinne der §§ 129, 129a
StGB anzusehen, wenn die Gruppierung für sich genommen alle für eine Vereinigung
notwendigen personellen, organisatorischen, zeitlichen und voluntativen
Voraussetzungen erfüllt.
2. Hieraus folgt, dass die inländische Teilgruppierung ein ausreichendes Maß an organisatorischer
Selbstständigkeit aufweisen und einen eigenen, von der ausländischen
(Haupt-)Organisation unabhängigen Willensbildungsprozess vollziehen
muss, dem sich ihre Mitglieder unterwerfen. Hierfür reicht es nicht aus, dass die
Mitglieder der inländischen Teilgruppe lediglich Einigkeit darüber erzielen, sich
dem Willen der Gesamtorganisation unterzuordnen; erforderlich ist vielmehr, dass
sich der für eine Vereinigung konstitutive, auf deren Zwecke bezogene Willensbildungsprozess
in seiner Gesamtheit in der inländischen Gruppierung vollzieht.
BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 - 3 StR 179/10 - OLG Frankfurt am Main
in der Strafsache
gegen
wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 28. Oktober
2010, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
von Lienen,
Hubert,
Dr. Schäfer
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 1. Dezember 2009 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an einen anderen Senat des Oberlandesgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Oberlandesgericht hat den Angeklagten wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Der Angeklagte beanstandet mit seiner hiergegen gerichteten Revision die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge Erfolg; auf die Verfahrensrügen kommt es deshalb nicht an.
2
1. Der Verurteilung liegt zu Grunde, dass der Angeklagte von Juli 2004 bis Juni 2007 in Deutschland nacheinander insgesamt drei Gebiete der Arbeiterpartei Kurdistans (Partiya Karkeren Kurdistan - PKK) leitete.
3
Im Einzelnen hat das Oberlandesgericht hierzu folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
4
a) Ziel der im Jahre 1978 gegründeten PKK war es zunächst, in den kurdischen Siedlungsgebieten in der Türkei, in Syrien, im Irak und im Iran einen sozialistischen kurdischen Nationalstaat unter ihrer alleinigen Führung zu errichten. Sie verstand sich als straff organisierte, zentralistisch geführte, den Zielen des Marxismus/Leninismus verpflichtete Kaderorganisation und erachtete die Anwendung "revolutionärer Gewalt" als legitim. Im Jahre 1984 begann sie einen bewaffneten Kampf gegen den türkischen Staat. Die Auseinandersetzungen wurden von beiden Seiten mit großer Härte geführt und forderten insbesondere unter der Zivilbevölkerung zahlreiche Opfer.
5
Nachdem die Kämpfe die PKK ihrem Ziel nicht entscheidend näher gebracht hatten, erklärte ihr Führer Abdullah Öcalan 1996/1997, es sei auch ein "bundesstaatliches Modell nach Schweizer Vorbild" vorstellbar. Öcalan wurde im Februar 1999 festgenommen. Aus diesem Anlass wurden die Parteiziele weiter modifiziert; es sollte nunmehr nur noch die Wahrung der kurdischen Identität durch Erhaltung der sozialen und kulturellen Eigenständigkeit der kurdischen Bevölkerung innerhalb der staatlichen Ordnung der Türkei in friedlichem Ausgleich mit dem türkischen Staat und auf demokratischem Wege erreicht werden. Im Juni 1999 wurde Öcalan in der Türkei wegen Hochverrats zum Tode verurteilt. Im August 1999 erklärte die PKK den Guerillakampf einseitig für beendet und ordnete den Rückzug ihrer Verbände aus der Türkei an. Die bewaffneten Einheiten zogen sich daraufhin vor allem in den Nordirak zurück und gliederten sich als "Volksverteidigungskräfte" (Hezen Parastina Gel - HPG) neu. Diese "Friedenslinie" diente vorrangig dazu, das Leben Öcalans zu retten.
6
Im April 2002 wurde der "Freiheits- und Demokratiekongress Kurdistans" (Kongreya Azadi u Demokrasiya Kurdistane - KADEK) gegründet, der sich unter Aufrechterhaltung von Strukturen und Zielen der PKK als deren Nachfolger verstand. Die gegen Öcalan verhängte Todesstrafe wurde im Oktober 2002 in eine lebenslange Freiheitsstrafe umgewandelt. Der KADEK beschloss im Oktober 2003 seine Auflösung; gebildet wurde nunmehr der "Volkskongress Kurdistans" (Kongra Gele Kurdistan - KONGRA-GEL), dessen politischen Willen die HPG unterstellt wurden. Diese kündigten den "Waffenstillstand" mit der Türkei zum 1. Juni 2004 auf. In der Folgezeit eskalierten die gewalttätigen Auseinandersetzungen und forderten auf beiden Seiten vermehrt Todesopfer.
7
Im April 2005 bildete sich nach den Vorgaben Öcalans eine "neue PKK", die sich als ideologische und philosophische Bewegung verstand und die ebenfalls von Öcalan entwickelte Idee eines "Demokratischen Konföderalismus Kurdistans" mit Hilfe des KONGRA-GEL umsetzen wollte. Hierzu wurde im Mai 2005 die "Gemeinschaft der Kommunen in Kurdistan" (Koma Komalen Kurdistan - KKK) gegründet; die KKK-Vereinbarung vom 17. Mai 2005 enthält grundlegende Regelungen in Form einer Verfassung. U. a. werden in Art. 19 die "Gebiete Europa und GUS" als Landesteile behandelt. Im Jahre 2007 verstärkten sich die militärischen Auseinandersetzungen zwischen den HPG und der türkischen Armee erneut. Der KKK benannte sich in "Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans" (Koma Civaken Kurdistan - KCK) um; die KKK-Verein-barung wurde durch das KCK-Abkommen vom 25. Mai 2007 fortgeschrieben.
8
Die PKK verlegte schon wenige Jahre nach ihrer Gründung zahlreiche Aktivitäten ins Ausland, um dem massiven Verfolgungsdruck in der Türkei auszuweichen. Sie warb in Deutschland und anderen Regionen Westeuropas um Mitglieder und Sympathisanten, die zur finanziellen Unterstützung der Partei und ihrer Kader verpflichtet wurden, und betrieb intensiv die Rekrutierung von Nachwuchs sowohl für Kader als auch für die in der Türkei operierende Guerilla. Zur Organisierung ihrer in Europa lebenden Anhänger und zur Propagierung ihrer Ziele gründete die PKK im Jahre 1985 die "Nationale Befreiungsfront Kurdistans" (Eniya Rizgariya Netewa Kurdistan - ERNK). Der Europaführung der PKK gelang es, eine straffe Organisationsstruktur zu errichten und viele der in Europa lebenden Kurden für die Ziele der Partei zu gewinnen. Ihren uneingeschränkten Führungs- und Alleinvertretungsanspruch setzte die PKK vor allem zwischen 1984 und 1988 auch durch die Begehung von Tötungsdelikten an sog. Verrätern bzw. Abweichlern um.
9
Der hierdurch hervorgerufene Verfolgungsdruck sowie der Wunsch nach einer Stärkung der Effizienz der Parteiarbeit veranlasste die PKK zu Beginn der 1990er Jahre, die Organisation in Europa noch fester und straffer zu gliedern. Träger war ein aus professionellen Kadern bestehender Funktionärskörper mit der "Europäischen Frontzentrale" (Avrupa Cephe Merkezi - ACM) an der Spitze. Im Jahre 2000 wurde die ERNK aufgelöst und durch die "Kurdische Demokratische Volksunion" (Yekitiya Demokratika Gele Kurd - YDK) ersetzt; an deren Stelle trat 2004 die "Koordination der kurdisch-demokratischen Gesellschaft" (Koordinasyon Civata Demokratik a Kurdistan - CDK).
10
Dementsprechend folgten auf den ACM zunächst der YDK-Rat und sodann der CDK-Rat bzw. die CDK-Koordinierung. Diesem Gremium stand die sog. Zentrale oder auch Exekutive vor, die aus dem Europaverantwortlichen sowie einigen weiteren engen Vertrauten Öcalans bestand und für die Leitung der laufenden Geschäfte zuständig war. Ihr oblag es, die Ziele, Vorgaben und Personalentscheidungen der Parteiführung gegenüber den nachgeordneten Einheiten durch individuelle und generelle Anweisungen durchzusetzen. Unterhalb dieser Führungsebene war Europa überwiegend in Regionen (Eyalet), Gebiete (Bölge), Räume (Alan) und Stadtteile (Semt) eingeteilt. Für jede Organisationseinheit wurde von der Führung ein Verantwortlicher eingesetzt, für Regionen und Gebiete waren dies in der Regel durch die Partei alimentierte professionelle Kader. Diese wechselten regelmäßig ihre Funktionen und verhielten sich in hohem Maße konspirativ.
11
In Deutschland gab es seit 2002 mit einer kurzen Unterbrechung im Jahre 2007 drei Sektoren (Süd, Mitte und Nord), denen etwa 25 Gebiete nachgeordnet waren; zeitweise übte ein Sektorleiter auch die Funktion eines sog. Deutschlandkoordinators aus. Die Tätigkeit der PKK in Deutschland war von Beginn an auf die Unterstützung der militärischen und politischen Auseinandersetzung mit dem türkischen Staat ausgerichtet. Hierfür stellten die Organisationseinheiten der PKK in Europa die Finanzmittel, rekrutierten Nachwuchs für den Guerillakampf und betrieben Propaganda, um die öffentliche Meinung zu Gunsten der PKK zu beeinflussen. Es wurden verschiedene Aufgabenbereiche (Finanzen, Außenbeziehungen, Öffentlichkeitsarbeit u.a.) gebildet, die ihre Aufgaben nach den Vorgaben der Europazentrale zu erfüllen hatten.
12
Besondere Bedeutung kam dabei dem Bereich Finanzen zu. Die erforderlichen Geldmittel erzielte die Organisation vor allem durch eine jährlich durchgeführte "Spendenkampagne". Die zu leistenden Zahlungen wurden auf der Grundlage verbindlicher Zielvorgaben der Europaführung für die einzelnen Strukturebenen nach der finanziellen Leistungsfähigkeit des Einzelnen festgelegt ; in der Regel wurde ein Monatsgehalt verlangt. Die führenden Funktionäre und Kader führten die Aktionen durch, überwachten sie und hatten dafür zu sorgen, dass die Vorgaben der Europaführung erfüllt wurden. Raumverantwortliche und "Frontarbeiter" suchten die ortsansässigen Kurden in Deutschland auf und forderten die Gelder ein. Aufgrund der hohen Planvorgaben standen vor allem die Gebietsleiter sowie die sonstigen Kader und Aktivisten an der Front unter erheblichem Erfolgsdruck. Die eingesammelten Gelder sowie weitere Beiträge und Einnahmen aus Publikationen waren an das unmittelbar an die Europaführung angebundene "Wirtschafts- und Finanzbüro" (Ekonomi Razi Buroya Iliskin - EMB) zu übermitteln.
13
Im November 1993 gingen Mitglieder und Sympathisanten der PKK weisungsgemäß dazu über, in Deutschland Brandanschläge auf türkische Geschäfte , Banken, Vereinslokale und ähnliche Versammlungsstätten zu verüben. Diese Aktivitäten führten dazu, dass der PKK und der ERNK die Betätigung in Deutschland durch Verfügung des Bundesministers des Innern vom 22. November 2002 vereinsrechtlich verboten wurde; das Verbot wurde später auf die Nachfolgeorganisationen erstreckt. In der Folge kam es zu von der Europaführung zentral gesteuerten Protestwellen mit gewalttätigen Ausschreitungen, Autobahnblockaden , Brandanschlägen und Verwüstungsaktionen. Öcalan bezeichnete noch in der ersten Hälfte des Jahres 1996 Deutschland als den "Feind Nr. 2" nach der türkischen Republik.
14
Nachdem die Führung der PKK erkannt hatte, dass diese Aktivitäten in Deutschland den Zielen der Partei abträglich waren, stellte Öcalan das gewaltsame Vorgehen in Deutschland als einen auf einem Missverständnis seiner Anordnungen beruhenden Fehler dar und wies seine Organisation im August 1996 an, alle Gewaltaktionen in Westeuropa einzustellen. Diese Anweisung wurde in der Folgezeit - mit Ausnahme von Besetzungsaktionen im Februar 1999 im Zusammenhang mit der Festnahme Öcalans - befolgt.
15
Die Organisationsstruktur der Partei und deren Ziele bestanden allerdings fort. Die von Öcalan in der Öffentlichkeit verkündete "Garantie", die Mitglieder der PKK würden sich künftig in Deutschland gesetzestreu verhalten, wurde nicht eingelöst:
16
Es wurde ein Arbeitsbereich "heimatgerichtete Aktivitäten" gebildet, dem vor allem die Unterstützung der Guerillakämpfer und der Parteigliederungen in den Heimatgebieten, die Rekrutierung von Nachwuchs, die Beschaffung von Ausrüstungsgegenständen sowie die Organisierung eines Kurierdienstes und von Reisen oblag. Die Grundentscheidungen über diese Aktivitäten traf die Europaführung , die entsprechende Anweisungen an das "Heimatbüro" sowie an die Leiter der Sektoren, Regionen und der Basisorganisationen erließ. Die Europaführung ihrerseits war Adressat von Anordnungen der Parteiführung in der Heimat, die etwa Reisen von Kadern und sonstigen Parteimitgliedern nach Europa zum Gegenstand hatten. Die systematische Durchführung grenzüberschreitender Reisebewegungen wurde mit Hilfe von Straftaten der Urkundenfälschung insbesondere in Form der Verfälschung von Ausweisen und Pässen und solchen des Einschleusens von Ausländern begangen.
17
Daneben nahm die PKK für sich eine Strafgewalt in Anspruch und setzte diese über die Strukturen der Organisation um. Es entwickelte sich bereits in den 1980er Jahren eine Disziplinierungs- und Bestrafungspraxis. Opfer waren zum einen sog. Verräter oder Abweichler, d. h. Angehörige der Organisation oder außenstehende Personen, die durch ein als parteischädigend bewertetes Verhalten aufgefallen waren. Zum anderen maßte sich die PKK eine Strafgewalt im Zusammenhang mit dem Eintreiben von "Spenden" und sonstigen Geldern an und ging mit Drohungen und Gewalt gegen Zahlungsunwillige und Säumige vor. Bei den begangenen Straftaten handelte es sich vor allem um Körperverletzungen, Freiheitsberaubungen, Nötigungen und Bedrohungen. Ab den Jahren 1993/1994 wurde das Strafsystem ausgeweitet; bis 1999 kam es in Deutschland zu zahlreichen Bestrafungsaktionen bis hin zu (versuchten) Tötungsdelikten. Auch nach der Festnahme Öcalans wurde die angemaßte Strafgewalt bis in das Jahr 2007 weiterhin ausgeübt. Formale Grundlage war ein von der PKK auf verschiedenen Parteikongressen beschlossenes und modifiziertes Strafsystem, das mehrere Kategorien von Straftaten vorsah und diese in verschiedene Schweregrade unterteilte.
18
Der Angeklagte war unter dem Decknamen "D. " von Juli 2004 bis Juni 2007 ununterbrochen als hauptamtlicher Kader mit der Funktion eines Gebietsverantwortlichen für die PKK tätig. In der Zeit von Juli 2004 bis Ende Mai 2005 leitete er das Gebiet N. . Anschließend war er in der Zeit von Juni 2005 bis Juni 2006 für das Gebiet M. zuständig. Von Juli 2006 bis Juni 2007 fungierte er als Leiter des Gebiets Da. . Er nahm die für einen Gebietsverantwortlichen typischen Leitungsaufgaben wahr und regelte die organisatorischen , finanziellen, personellen sowie propagandistischen Angelegenheiten seines jeweiligen Zuständigkeitsbereichs. Z. B. war er in erheblichem Umfang damit befasst, Veranstaltungen der PKK und Zusammenkünfte ihrer Mitglieder und Sympathisanten zu organisieren und zu koordinieren; außerdem stellte er sicher, dass die in seinem Gebiet ansässigen Kurden sich auch an überregionalen Veranstaltungen beteiligten. Er koordinierte die Arbeit der ihm nachgeordneten Kader und Aktivisten; außerdem berichtete er den ihm übergeordneten Kadern - etwa dem damaligen Finanzverantwortlichen der PKK für Europa "S. " - und befolgte deren Anweisungen. Zu seinen wesentlichen Aufgaben gehörte das Eintreiben und Weiterleiten von "Spendengeldern" und sonstigen finanziellen Mitteln. Er war in die Bestrafungs- und Disziplinierungsmaßnahmen der Organisation eingebunden und gab Anweisungen zum Vorgehen gegen säumige oder unwillige "Spendenzahler".
19
b) Das Oberlandesgericht hat dieses Verhalten des Angeklagten rechtlich als mitgliedschaftliche Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung nach § 129 Abs. 1 StGB gewürdigt. Im Tatzeitraum habe ein in Deutschland auf Dauer angelegter organisatorischer Zusammenschluss von Funktionären der PKK bestanden, die bei Unterordnung des Willens des Einzelnen unter den Willen der Gesamtheit gemeinsam kriminelle Zwecke verfolgten und kriminelle Tätigkeiten entfalteten. Zwecke und Tätigkeiten dieser Vereinigung seien darauf gerichtet gewesen, das Erscheinungsbild nach außen prägende und nicht nur un- tergeordnete Straftaten zu begehen, namentlich im Bereich "heimatgerichtete Aktivitäten" Urkundendelikte und Vergehen nach dem Asylverfahrens- und Aufenthaltsgesetz sowie im Bereich Bestrafungs- und Disziplinierungswesen Körperverletzungen , Freiheitsberaubungen, Nötigungen und Bedrohungen. Personelle Träger der kriminellen Vereinigung seien die Mitglieder der Europazentrale , die Sektor- und Gebietsleiter sowie weitere mit Sonderzuständigkeiten ausgestattete Kader gewesen; der Angeklagte habe als Gebietsverantwortlicher zu diesem Kreis gezählt.
20
2. Diese Wertung hält sachlichrechtlicher Nachprüfung nicht stand; denn die Feststellungen belegen nicht, dass die in Deutschland tätigen Führungskader der PKK im Tatzeitraum eine - im Verhältnis zur Gesamtorganisation eigenständige - kriminelle Vereinigung nach § 129 StGB bildeten.
21
a) Die rechtliche Einordnung des inländischen Funktionärskörpers der PKK durch das Oberlandesgericht entspricht allerdings der bisherigen ständigen Rechtsprechung. Danach galt:
22
aa) Als Vereinigung im Sinne der §§ 129 ff. StGB ist der auf eine gewisse Dauer angelegte, freiwillige organisatorische Zusammenschluss von mindestens drei Personen zu verstehen, die bei Unterordnung des Willens des Einzelnen unter den Willen der Gesamtheit gemeinsame Zwecke verfolgen und unter sich derart in Beziehung stehen, dass sie sich untereinander als einheitlicher Verband fühlen (st. Rspr.; s. aus neuerer Zeit BGH, Beschluss vom 17. März 1999 - 3 ARs 2/99, BGHSt 45, 26, 35; Urteil vom 10. März 2005 - 3 StR 233/04, NJW 2005, 1668; Beschluss vom 10. Januar 2006 - 3 StR 263/05, NJW 2006, 1603; Beschluss vom 20. Dezember 2007 - StB 12, 13 und 47/07, BGHR StGB § 129 Vereinigung 3; Urteil vom 14. August 2009 - 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69, 107 ff.). Das notwendige voluntative Element ist regelmäßig hinreichend belegt, wenn festgestellt ist, dass die Mitglieder der Organisation nicht nur kurzfristig ein gemeinsames Ziel verfolgen, das über die Begehung der konkreten Straftaten hinausgeht, auf welche die Zwecke oder Tätigkeit der Gruppe gerichtet sind, und hierbei - etwa im Rahmen der Vorbereitung oder der Verwirklichung dieser Straftaten - koordiniert zusammenwirken (BGH, Urteil vom 3. Dezember 2009 - 3 StR 277/09, BGHSt 54, 216).
23
Der Senat hat in der jüngeren Vergangenheit in mehreren Entscheidungen deutlich gemacht, dass auch mit Blick auf Rechtsakte der Europäischen Union an dieser Umschreibung einer kriminellen Vereinigung festzuhalten ist und es gegebenenfalls dem Gesetzgeber obliegt, als erforderlich angesehene Modifikationen vorzunehmen (BGH, Beschluss vom 20. Dezember 2007 - StB 12, 13 und 47/07, BGHR StGB § 129 Vereinigung 3; Urteil vom 14. August 2009 - 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69, 110 f.; Urteil vom 3. Dezember 2009 - 3 StR 277/09, BGHSt 54, 216, 221 f.). Dies gilt fort.
24
bb) Vor Inkrafttreten des durch das 34. Strafrechtsänderungsgesetz vom 22. August 2002 (BGBl. I S. 3390) in das Strafgesetzbuch eingefügten § 129b StGB am 30. August 2002 war ein organisationsbezogenes Verhalten mit Blick auf den räumlichen Geltungsbereich des Verbots nach Art. 9 Abs. 2 GG, an das die §§ 129, 129a StGB anknüpfen, nur dann nach diesen Vorschriften strafbar, wenn es sich auf eine Vereinigung bezog, die innerhalb der Bundesrepublik Deutschland bestand (st. Rspr.; s. etwa BGH, Urteil vom 12. Oktober 1965 - 3 StR 15/65, NJW 1966, 310, 311; Beschlüsse vom 5. Januar 1982 - StB 53/81, BGHSt 30, 328; vom 17. März 1999 - 3 ARs 2/99, BGHSt 45, 26, 35; vom 10. Januar 2002 - AK 22/01). Hierfür reichte es indes aus, dass eine ausländische Gruppierung eine Teilorganisation in Deutschland unterhielt, die ihrerseits die Voraussetzungen einer Vereinigung erfüllte. Nicht erforderlich war es jedoch, dass sich auch die gruppeninterne Willensbildung autonom innerhalb der inländischen Teilorganisation vollzog; vielmehr genügte es, wenn deren Mitglieder in die Willensbildung der ausländischen Organisation integriert waren und sich den auf dieser Ebene getroffenen Entschlüssen gegebenenfalls unter Zurückstellung ihrer individuellen Meinungen unterwarfen, sie mithin von der ausländischen (Haupt-)Vereinigung "gelenkt" wurden (BGH, Urteil vom 12. Oktober 1965 - 3 StR 15/65, NJW 1966, 310, 311; Beschluss vom 12. Oktober 2001 - AK 14/01).
25
cc) In Anwendung dieser Maßstäbe wurden die in Deutschland agierenden Führungskader der PKK als eigenständige Vereinigung angesehen (s. etwa BGH, Beschlüsse vom 11. August 1999 - AK 10, 11/99, BGHR StGB § 129 Straftaten 1; vom 20. Dezember 2001 - AK 21/01, BGHR StGB § 129 Straftaten 2; vom 10. Januar 2002 - AK 22/01; vom 18. Januar 2002 - AK 1/02). Für die Zeit von November 1993 bis August 1996 galt die Gruppierung als terroristische Vereinigung nach § 129a StGB aF, da ihre Zwecke und Tätigkeit insbesondere auch auf die Begehung von Straftaten nach § 129a Abs. 1 Nr. 3 StGB aF, etwa Brandstiftungsdelikte, gerichtet waren (s. etwa BGH, Beschluss vom 2. Oktober 2007 - AK 15/07). Für die Zeit danach wurde der führende inländische Funktionärskörper der PKK als kriminelle Vereinigung nach § 129 StGB eingestuft, wobei die Zwecke und Tätigkeit sich bis etwa Ende 1999 auf drei Bereiche von Straftaten richteten, namentlich demonstrative Gewalttaten und Delikte im Zusammenhang mit den Aktivitäten des "Heimatbüros" sowie mit der angemaßten Strafgewalt. Ab Anfang 2000 bezogen sich die Zwecke und Tätigkeit der in Deutschland agierenden Führungsebene jedenfalls noch auf Straftaten in den Bereichen "Heimatbüro" und Strafsystem (BGH, Urteil vom 21. Oktober 2004 - 3 StR 94/04, BGHSt 49, 268).
26
dd) Die Strafverfolgungspraxis hat diese Maßstäbe auch nach Inkrafttreten des § 129b StGB angewendet und den im Inland tätigen führenden Funktio- närskörper der PKK bzw. deren Nachfolge- und Unterorganisationen weiterhin als inländische Vereinigung bewertet. Der Senat hat diese Würdigung bisher in mehreren Entscheidungen (s. etwa BGH, Urteil vom 21. Oktober 2004 - 3 StR 94/04, BGHSt 49, 268, 274; Beschlüsse vom 11. November 2004 - AK 13/04, insoweit in BGHR StGB § 129 Strafzumessung 1 nicht abgedruckt; vom 2. Oktober 2007 - AK 15/07; vom 12. Februar 2009 - AK 1/09; vom 9. April 2009 - AK 7/09) - darunter auch einem Haftfortdauerbeschluss in dem vorliegenden Verfahren (BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2008 - AK 16/08) - auf der jeweiligen Grundlage der tatgerichtlichen Feststellungen bzw. der Ermittlungsergebnisse gebilligt.
27
b) Hieran hält der Senat nicht länger fest. Er sieht sich vielmehr vor allem mit Blick auf die durch die Einfügung des § 129b StGB in das Strafgesetzbuch veränderte Rechtslage zu folgender neuen rechtlichen Bewertung veranlasst (s. schon BGH, Beschluss vom 14. April 2010 - StB 5/10, NJW 2010, 3042):
28
Eine in Deutschland tätige Teilorganisation einer ausländischen Vereinigung ist nur dann als eigenständige inländische Vereinigung im Sinne der §§ 129, 129a StGB anzusehen, wenn die Gruppierung für sich genommen alle für eine Vereinigung notwendigen personellen, organisatorischen, zeitlichen und voluntativen Voraussetzungen erfüllt. Hieraus folgt insbesondere auch, dass die inländische Teilgruppierung ein ausreichendes Maß an organisatorischer Selbstständigkeit aufweisen und einen eigenen, von der ausländischen (Haupt )Organisation unabhängigen Willensbildungsprozess vollziehen muss, dem sich ihre Mitglieder unterwerfen. Hierfür reicht es nicht aus, dass die Mitglieder der inländischen Teilgruppe lediglich Einigkeit darüber erzielen, sich dem Willen der Gesamtorganisation unterzuordnen; erforderlich ist vielmehr, dass sich der für eine Vereinigung konstitutive, auf deren Zwecke bezogene Willensbildungsprozess in seiner Gesamtheit in der inländischen Gruppierung vollzieht. Aus die- sem Grund wird das für die Annahme einer Vereinigung notwendige voluntative Element in Bezug auf die Teilorganisation auch nicht allein dadurch hinreichend belegt, dass die Mitglieder dieser Gruppe mittel- oder langfristig ein gemeinsames , politisch/ideologisches Ziel verfolgen, wenn dieses Ziel von der Gesamtorganisation vorgegeben wird.
29
Dies beruht auf folgenden Erwägungen:
30
aa) § 129b Abs. 1 Satz 1 StGB bestimmt, dass die §§ 129, 129a StGB auch für Vereinigungen im Ausland gelten. Die Vorschrift erfasst - soweit hier von Bedeutung - jede Beteiligung an einer ausländischen kriminellen oder terroristischen Vereinigung durch eine im Inland ausgeübte Tätigkeit, ohne dass es darauf ankommt, ob in Deutschland Organisationsstrukturen der ausländischen Vereinigung vorhanden sind. Das Handeln des Täters im Inland wird typischerweise durch seine Einbindung in die ausländische Organisation und seine Unterwerfung unter die auf deren Ebene getroffenen Entscheidungen bestimmt. Dabei macht es für die Strafbarkeit wegen der Tätigkeit für eine ausländische Vereinigung keinen Unterschied, ob es bei dem isolierten Handeln eines Einzelnen verbleibt oder ob die Vorgaben der Gesamtorganisation ein Zusammenwirken bedingen; denn allein aus einer solchen gemeinschaftlichen Beteiligungshandlung im Inland lässt sich das Bestehen einer gesonderten inländischen Vereinigung im Sinne der §§ 129, 129a StGB, die neben die ausländische Organisation tritt, nicht ableiten.
31
bb) Bilden die in Deutschland handelnden Mitglieder einer ausländischen Vereinigung keinen eigenständigen Gesamtwillen, so weist die Tat auch keinen Unrechtsgehalt auf, der über den bereits von § 129b StGB erfassten hinausgeht. Strafgrund der §§ 129 ff. StGB ist die erhöhte kriminelle Intensität, die in der Gründung und Fortführung einer festgefügten Organisation ihren Ausdruck findet, die kraft der ihr innewohnenden Eigendynamik eine erhöhte abstrakte Gefährlichkeit für wichtige Güter der Gemeinschaft mit sich bringt (BGH, Urteil vom 22. Februar 1995 - 3 StR 583/94, BGHSt 41, 47, 51). Diese größere Personenzusammenschlüsse kennzeichnende Eigendynamik hat ihre besondere Gefährlichkeit darin, dass sie geeignet ist, dem einzelnen Beteiligten die Begehung von Straftaten zu erleichtern und bei ihm das Gefühl persönlicher Verantwortung zurückzudrängen (BGH, Urteil vom 11. Oktober 1978 - 3 StR 105/78, BGHSt 28, 147, 148 f.). Für das Entstehen dieser typischerweise von den einzelnen Mitgliedern der Vereinigung nicht mehr voll steuerbaren Eigendynamik sind vor allem die eine bestimmte Festigkeit aufweisende innere Organisationsstruktur sowie die auf Dauer angelegte organisierte Willensbildung von Belang. Besteht eine ausländische, diese Merkmale aufweisende kriminelle oder terroristische Vereinigung, so wird deshalb der vereinigungsspezifische Unrechtsgehalt der Tat bereits durch deren Ahndung unter diesem Gesichtspunkt erfasst. Für eine zusätzliche - gegebenenfalls tateinheitlich neben den Schuldspruch nach § 129b StGB tretende - Verurteilung nach § 129 oder § 129a StGB ist daher kein Raum. Sie ist mit Blick auf die Betätigung für eine inländische Gruppierung nur dann gerechtfertigt, wenn diese eigenständig alle Voraussetzungen einer Vereinigung erfüllt und aus diesem Grunde die abstrakte Gefahr für die Allgemeinheit erhöht.
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cc) § 129b Abs. 1 Satz 2 StGB erfordert für die Verfolgung der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer kriminellen oder terroristischen Vereinigung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union eine Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz und damit die Erfüllung einer besonderen Prozessvoraussetzung. Dies gilt auch dann, wenn die Tat durch eine im Inland ausgeübte Tätigkeit begangen wird. Zweck des Ermächtigungsvorbehalts ist es insbesondere, der Exekutive die Möglichkeit einzuräumen, auf die Durchführung eines Strafverfahrens zu verzichten, wenn dieses unverhältnismäßige außenpo- litische Nachteile mit sich bringen würde (BT-Drucks. 14/8893 S. 17; Altvater NStZ 2003, 179, 181). Es entspricht somit der Grundentscheidung des Gesetzgebers, die Verfolgung einer Tat im Sinne des § 129b Abs. 1 Satz 2 1. Alt. StGB von der Prüfung abhängig zu machen, ob außenpolitische Belange der Bundesrepublik Deutschland berührt sein können. Dieses Erfordernis würde umgangen, wollte man bei einer inländischen Teilorganisation einer ausländischen Gruppierung auf die für eine eigenständige Vereinigung konstitutiven Voraussetzungen auch nur teilweise verzichten.
33
c) Gemessen an diesem Maßstab wird das Bestehen einer eigenständigen inländischen, aus den in Deutschland agierenden Führungskadern der PKK zusammengesetzten kriminellen Vereinigung im Sinne des § 129 StGB durch die vom Oberlandesgericht getroffenen Feststellungen nicht belegt; denn diese Gruppierung vollzog nicht einen eigenen, auf die Zwecke der Vereinigung gerichteten Willensbildungsprozess. Damit ist das Willenselement einer Vereinigung nicht gegeben. Der festgestellte Sachverhalt trägt auch nicht die Bewertung , bei der Europaführung der PKK handele es sich um eine eigenständige Vereinigung. Er lässt es vielmehr nahe liegend erscheinen, dass die PKK insgesamt die Voraussetzungen einer kriminellen oder terroristischen Vereinigung im Ausland erfüllt, bei welcher der maßgebende Vereinigungswille außerhalb der Bundesrepublik Deutschland gebildet wird und der Schwerpunkt der Strukturen sowie das eigentliche Aktionsfeld in den von Kurden bevölkerten Gebieten in der Türkei, in Syrien, im Irak und im Iran liegen (zu den maßgeblichen Abgrenzungskriterien für die Entscheidung der Frage, ob eine Vereinigung, die sowohl in der Bundesrepublik Deutschland als auch in anderen Staaten Tätigkeiten entfaltet, als in- oder ausländische Vereinigung zu bewerten ist, vgl. Zöller, Terrorismusstrafrecht, S. 523). Im Einzelnen:
34
aa) Die PKK war insgesamt zentralistisch und hierarchisch organisiert. In diesen Aufbau war die Organisation in Deutschland nahtlos eingegliedert. Die in Deutschland agierenden Kader verfolgten aufgrund der gemeinsamen politisch /ideologischen Überzeugung und dem auf dieser Basis unterhaltenen, nach Art, Inhalt und Intensität engem Beziehungsgeflecht zu den im Ausland tätigen Kadern jeweils diejenigen über den bloßen Zweckzusammenhang hinausreichenden politisch/ideologischen Zielsetzungen, die von der Gesamtorganisation vorgegeben wurden. Von deren jeweiligen Vorstellungen abweichende Ziele der inländischen Gruppierung sind nicht festgestellt. Die Endziele der PKK wurden vielmehr von deren Führern entwickelt bzw. auf deren Versammlungen beschlossen. Sie waren für die in Deutschland tätigen Kader verbindlich. Deren hauptsächliche Aufgabe bestand vor allem darin, die von den übergeordneten Führungsebenen erteilten Direktiven umzusetzen und auf diese Weise die PKK insgesamt zu unterstützen. Die wesentlichen Grundsätze der Art und Weise der Umsetzung wurden dabei ebenfalls von der Spitze der PKK vorgegeben. Die enge Verbindung zwischen der im Ausland tätigen Gruppierung und den hiesigen Kadern tritt auch im Hinblick auf die umfangreichen Berichtspflichten zu Tage, mit denen u.a. der wesentliche Einfluss der übergeordneten Funktionäre und Gremien abgesichert wurde. Eine ausreichend eigenständige, auf die Zwecke der PKK bezogene Willensbildung der Kader in Deutschland fand demgegenüber weder bezüglich der - sich im Laufe der Zeit nach den Vorgaben der Gesamtorganisation ändernden - Zielsetzung noch der Wahl der verwendeten Mittel bzw. der durchgeführten Aktionsformen statt. Dies wird deutlich etwa im Bereich der Finanzen, bei dem sich die in Deutschland handelnden Führungsfunktionäre streng nach den ihnen erteilten Direktiven zu richten hatten. Aber z. B. auch in dem Bereich der "heimatgerichteten Aktivitäten" war die inländische Organisation nicht eigenständig tätig. Sie befolgte vielmehr auch hier die Anweisungen der Leitung der Gesamtorganisation, die teilweise sogar Schleusungen im Einzelfall betrafen.
35
Danach verblieb für die inländische Teilorganisation ein Bereich eigenverantwortlicher Entscheidungen nur im Rahmen der Ausführung der vorgegebenen Direktiven; allein dieser limitierte Entscheidungsspielraum konnte durch eine eigenständige Willensbildung der inländischen Unterorganisation ausgefüllt werden. Dies genügt für die Bejahung des Willenselements der Vereinigung nicht.
36
bb) Entsprechendes gilt, soweit man - den Ausführungen des Generalbundesanwalts folgend - über das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland hinaus den führenden Funktionärskörper der PKK in Westeuropa in den Blick nimmt. Auch diese Gruppierung erfüllt nach den bisherigen Feststellungen die Voraussetzungen einer eigenständigen (Teil-)Vereinigung nicht. Die auf Europaebene tätigen Funktionäre - bei denen es sich jedenfalls zeitweise überwiegend um enge Weggefährten Öcalans handelte - waren zwar den nationalen Teilen der Organisation in Westeuropa übergeordnet und insoweit weisungsbefugt. Sie erhielten ihre Direktiven indes von der Spitze der Gesamtorganisation und waren in deren zentralistisches und hierarchisches System integriert. Für eine ausreichend eigenständige, auf die Zwecke der Vereinigung bezogene Willensbildung der europäischen Führungsgruppe ergeben die bisherigen Feststellungen ebenfalls nichts.
37
cc) Die - auf der Grundlage der vom Oberlandesgericht getroffenen Feststellungen erfolgte - Neubewertung der PKK trägt schließlich zu einer insgesamt harmonischeren, in sich stimmigeren Rechtsanwendung in dem Bereich der Vereinigungskriminalität bei; denn im Gegensatz zu der bisher zur PKK vertretenen Auffassung würdigt die Strafverfolgungspraxis Organisationen, die in ihrer Struktur der PKK ähnlich sind, nach Inkrafttreten des § 129b StGB rechtlich insgesamt als terroristische Vereinigung im Ausland. So ist etwa - wie dem Senat aus zahlreichen Verfahren bekannt ist - die DHKP-C (Devrimci Halk Kurtulus Partisi - Cephesi = Revolutionäre Volksbefreiungspartei/-front), eine marxistisch-leninistisch orientierte, wie die PKK hierarchisch und zentralistisch aufgebaute Gruppierung, die das Ziel verfolgt, durch "bewaffneten Kampf" einen Umsturz der politischen Verhältnisse in der Türkei herbeizuführen und dort eine kommunistische Gesellschaftsordnung zu errichten, auch außerhalb der Türkei, insbesondere in Westeuropa, aktiv. Aufgabe der vor allem auch in Deutschland bestehenden Organisationseinheiten ist es - ähnlich der PKK -, finanzielle Mittel zu beschaffen, Nachwuchs zu rekrutieren sowie einen Rückzugsraum für Mitglieder der Organisation zu bilden. Das Bundesministerium der Justiz hat am 29. Juli 2003 die nach § 129b Abs. 1 Satz 3 und 4 StGB erforderliche Ermächtigung zur strafrechtlichen Verfolgung erteilt. Eine auf den Vorwurf gegründete Strafverfolgung, die in Deutschland aktiven Führungsfunktionäre bildeten eine selbstständige inländische Vereinigung nach den §§ 129, 129a StGB, findet, soweit für den Senat ersichtlich, jedenfalls in den Fällen nicht statt, in denen die Tatzeit nach Inkrafttreten des § 129b StGB liegt. Zwar sollen die Unterschiede zwischen der PKK und der DHKP-C nicht verkannt werden. So sind etwa die jeweiligen Strukturen nicht völlig deckungsgleich und die Funktionäre und Aktivisten der DHKP-C nach der Gewaltverzichtserklärung vom Februar 1999 in Deutschland zunächst nicht mehr nach den §§ 129, 129a StGB, sondern nur wegen eines Verstoßes gegen das Vereinsgesetz strafrechtlich verfolgt worden. Auch genießt die PKK in der Öffentlichkeit eine größere Aufmerksamkeit und die Anzahl ihrer Mitglieder und Sympathisanten ist deutlich größer als bei der DHKP-C. Jedoch rechtfertigen allein diese Umstände eine ungleiche Bewertung der Organisationen als ausländische Vereinigung jedenfalls nach Inkrafttreten des § 129b StGB nicht. Insbesondere wäre eine unter- schiedliche rechtliche Einordnung, die sich im Wesentlichen lediglich auf die verschiedene Größe und Bedeutung der Gruppierung gründen würde, mit den gesetzlichen Vorgaben nicht zu vereinbaren; diese gelten für alle Organisationen in gleicher Weise.
38
3. Eine eigene Sachentscheidung des Senats scheidet aus.
39
Dabei bedarf es keiner näheren Betrachtung, ob die Feststellungen vor dem Hintergrund der vom Angeklagten erhobenen Verfahrensrügen rechtsfehlerfrei getroffen worden sind (vgl. zur Frage der Gerichtskundigkeit KK-Fischer, 6. Aufl., § 244 Rn. 137 ff.; LR-Becker, StPO, 26. Aufl., § 244 Rn. 208 ff., jeweils mwN). Die Umstellung des Schuldspruchs auf eine Beteiligung des Angeklagten als Mitglied an einer kriminellen oder terroristischen Vereinigung im Ausland nach § 129, § 129a jeweils i.V.m. § 129b StGB kommt nicht in Betracht, weil die Feststellungen, die das Oberlandesgericht mit Blick auf eine inländische kriminelle Vereinigung nach § 129 Abs. 1 StGB getroffen hat, keine hinreichende Grundlage für die Bewertung der Organisation als kriminelle oder terroristische Vereinigung im Ausland bilden. Dies gilt sowohl für die PKK insgesamt als auch für deren Organisation in Europa. Soweit sich die Tat möglicherweise auf eine Vereinigung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union bezieht, fehlt es darüber hinaus an der für eine Verfolgung nach § 129b Abs. 1 Satz 3 StGB erforderlichen Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz; eine solche ist bisher bezüglich der PKK und ihrer Nachfolgeorganisationen nicht erteilt worden. Im Übrigen ist eine Verurteilung nach § 129 Abs. 1 StGB durch ein neues Tatgericht nicht mit letzter Sicherheit ausgeschlossen; denn das Oberlandesgericht hat sich erkennbar an den Maßstäben der bisherigen Rechtsprechung ausgerichtet und bei der Ermittlung des Sachverhalts die nunmehr maßgeblichen Gesichtspunkte nicht im Blick gehabt. Denkbar erscheint es ebenso , dass nach neu zu treffenden Feststellungen die mitgliedschaftliche Be- teiligung an einer kriminellen inländischen Vereinigung in Tateinheit zu einer Beteiligung an einer kriminellen oder terroristischen Vereinigung im Ausland steht; denn eine Gruppierung kann sich etwa auch in der Art organisieren und strukturieren, dass neben einzelnen regionalen Vereinigungen eine übergeordnete Dach-Vereinigung besteht, und beide Gruppierungen die Kriterien einer Vereinigung erfüllen. Einzelne Mitglieder können sich dann sowohl an der regionalen als auch an der Dach-Vereinigung und damit gegebenenfalls an zwei Vereinigungen beteiligen (BGH, Beschluss vom 30. März 2001 - StB 4, 5/01, BGHSt 46, 349, 354). Schließlich steht einer Umstellung des Schuldspruchs auch § 265 StPO entgegen; denn der Angeklagte hatte vor dem Hintergrund des Anklagevorwurfs, welcher der bisherigen Rechtsprechung entsprach, ohne einen diesbezüglichen Hinweis keine ausreichende Möglichkeit, sich gegen den Vorwurf der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer kriminellen oder terroristischen Vereinigung im Ausland angemessen zu verteidigen. Die Sache bedarf deshalb insgesamt neuer Verhandlung und Entscheidung.
40
4. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf folgende Gesichtspunkte hin:
41
a) Die Verfolgungsermächtigung nach § 129b Abs. 1 Satz 3, 4 StGB ist als Prozessvoraussetzung einzuordnen (Altvater NStZ 2003, 179, 182); sie kann deshalb auch noch während des laufenden Strafverfahrens wirksam erteilt werden.
42
b) Der möglichen Beteiligung des Angeklagten an einer ausländischen Vereinigung als Mitglied stünde gegebenenfalls nicht grundsätzlich entgegen, dass er sich im Inland und damit außerhalb des unmittelbaren Betätigungsgebiets der Kernorganisation aufhielt. In einem solchen Fall bedürfen die tatbestandlichen Voraussetzungen der Mitgliedschaft zwar besonderer Prüfung (BGH, Urteil vom 14. August 2009 - 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69, 112 f.); dies bedeutet indes nicht, dass sie von vornherein ausgeschlossen sind. Maßstab sind auch in diesen Fallkonstellationen die allgemeinen Kriterien für eine mitgliedschaftliche Beteiligung an einer Vereinigung (BGH aaO).
43
5. Obwohl es sich nach den bisherigen Feststellungen bei dem Angeklagten um einen Gebietsverantwortlichen und damit um einen Führungskader der Organisation handelte, sieht der Senat vorsorglich Anlass zu folgender Bemerkung :
44
Anhaltspunkte dafür, dass bezüglich der Mitgliedschaft in der Vereinigung zwischen einem Kreis herausgehobener Funktionäre bzw. Kadern einerseits und den sonstigen Angehörigen zu differenzieren ist, sind den bisherigen Feststellungen in Ansehung der Struktur der PKK bzw. ihrer Nachfolgeorganisationen nicht zu entnehmen. Der Senat hat die entsprechende Unterscheidung zwar bisher gebilligt und entschieden, dass dann, wenn nur ein Kern der Gruppierung strafrechtlich relevante Ziele verfolgt, lediglich dieser eine kriminelle Vereinigung bildet; die außenstehenden weiteren Mitglieder der Gruppierung können dann aber Unterstützer der Vereinigung sein (BGH, Beschluss vom 17. März 1999 - 3 ARs 2/99, BGHSt 45, 26, 36 = NJW 1999, 1876, 1878). Es ist jedoch kein ausreichender sachlicher Grund dafür erkennbar, denjenigen, der sich in Kenntnis von Zielen, Programmatik und Methoden der Organisation dieser anschließt und in ihr betätigt, allein deshalb nicht als Mitglied der Vereinigung einzustufen, weil er nicht dem Kreis der führenden Funktionäre angehört (BGH, Beschluss vom 28. September 2010 - 3 StR 214/10). Dies entspräche auch nicht den Vorstellungen und dem Willen des Gesetzgebers, der etwa anlässlich der Einfügung des § 153c Abs. 1 Nr. 3 StPO als Beispiel für untergeordnete , den Tatbestand gleichwohl erfüllende Beteiligungshandlungen die Entrichtung von Mitgliedsbeiträgen oder die Vornahme einfacher Hilfsdienste, mit- hin Tätigkeiten mit weit geringerem Gewicht als die Ausübung einer Führungsfunktion , genannt hat (BT-Drucks. 14/8893, S. 10; LK-Krauß, 12. Aufl., § 129b Rn. 38). Die Einstufung der PKK und ihrer Nachfolgeorganisationen KADEK und KONGRA-GEL als terroristische Vereinigung durch die Europäische Union (vgl. aus der neueren Zeit Gemeinsamer Standpunkt 2009/ 468/GASP des Rates vom 15. Juni 2009 zur Aktualisierung des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931/GASP über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus und zur Aufhebung des Gemeinsamen Standpunkts 2009/67/GASP, Anhang Ziffer 2. 25., ABl. L 151/49; Beschluss 2010/386/GASP des Rates vom 12. Juli 2010 zur Aktualisierung der Liste der Personen, Vereinigungen und Körperschaften, auf die die Artikel 2, 3 und 4 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931/GASP über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus Anwendung finden, Anhang Ziffer 2. 16., ABl. L 178/28) enthält ebenfalls keine Einschränkung auf einen bestimmten Personenkreis innerhalb der Organisation. Der Senat verkennt mit Blick auf die große Zahl der in Deutschland für die PKK und ihre Nachfolgesowie Teilorganisationen aktiven Personen zwar nicht, dass nach dieser Maßgabe der Kreis potentieller Beschuldigter unter Umständen deutlich größer werden und der Unrechtsgehalt der Tat sowie das Maß des Verschuldens stark unterschiedlich zu bewerten sein kann. Diesen Umständen wird - gegebenenfalls etwa durch Anwendung der § 129 Abs. 5, § 129a Abs. 6 StGB, §§ 153b, 153c StPO - im Einzelfall angemessen Rechnung zu tragen sein.
Becker Pfister von Lienen Hubert Schäfer

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 277/09
vom
3. Dezember 2009
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
_______________________________
1. Der Rahmenbeschluss des Rates der Europäischen Union vom 24. Oktober 2008
zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität führt nicht zu einer Änderung der
bisherigen Auslegung des Tatbestandsmerkmals der Vereinigung im Sinne des
2. Verfolgen die Mitglieder einer Gruppierung durch koordiniertes Handeln nicht nur
kurzfristig ein gemeinsames Ziel, das über die Begehung der konkreten Straftaten
hinausgeht, auf welche die Zwecke oder Tätigkeit der Gruppe gerichtet sind, so
belegt dies regelmäßig den für eine Vereinigung im Sinne der §§ 129 ff. StGB notwendigen
übergeordneten Gemeinschaftswillen.
BGH, Urteil vom 3. Dezember 2009 - 3 StR 277/09 - LG Dresden
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
5.
wegen gefährlicher Körperverletzung u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
8. Oktober 2009 in der Sitzung am 3. Dezember 2009, an denen teilgenommen
haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
Richter am Bundesgerichtshof
von Lienen,
Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Schäfer,
Mayer
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten T. ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten Peter W.
- nur in der Verhandlung vom 8. Oktober 2009 -,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten Tom W.
- nur in der Verhandlung vom 8. Oktober 2009 -,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten G.
- nur in der Verhandlung vom 8. Oktober 2009 -,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Dresden vom 6. August 2008 mit den Feststellungen aufgehoben mit Ausnahme des Teilfreispruchs der Angeklagten T. und Tom W. vom Vorwurf der Volksverhetzung ; jedoch werden die Feststellungen zu dem jeweiligen objektiven Tatgeschehen in den Fällen II. 1. bis 3. der Urteilsgründe bezüglich aller Angeklagten aufrechterhalten. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Die weitergehende Revision der Staatsanwaltschaft wird verworfen.
2. Der Antrag des Angeklagten T. auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Ergänzung einer Verfahrensrüge wird zurückgewiesen.
3. Die Revisionen der Angeklagten T. sowie Tom und Peter W. gegen das vorgenannte Urteil werden verworfen. Diese Angeklagten haben die Kosten ihres jeweiligen Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten Tom W. der gefährlichen Körperverletzung in drei Fällen sowie die Angeklagten T. und Peter W. jeweils der gefährlichen Körperverletzung in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Sachbeschädigung, schuldig gesprochen. Es hat folgende Jugendstrafen verhängt: gegen den Angeklagten Tom W. eine solche von drei Jahren und sechs Monaten, gegen den Angeklagten Peter W. eine solche von drei Jahren sowie gegen den Angeklagten T. eine solche von zwei Jahren, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Im Übrigen hat es die Angeklagten Tom W. und T. vom Vorwurf der Volksverhetzung sowie die Angeklagten G. und R. insgesamt freigesprochen. Mit ihrer zu Ungunsten der Angeklagten eingelegten und vom Generalbundesanwalt vertretenen Revision, die sich auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts stützt, wendet sich die Staatsanwaltschaft insbesondere dagegen, dass die Angeklagten nicht wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung verurteilt worden sind; das Rechtsmittel hat insoweit Erfolg. Der Angeklagte T. begehrt Wiedereinsetzung zur Ergänzung einer Verfahrensrüge und beanstandet ebenso wie die Angeklagten Tom und Peter W. die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Diese Rechtsmittel sind unbegründet.
2
A. Nach den Feststellungen des Landgerichts traf sich ab dem Jahre 2005 eine Gruppe politisch rechtsorientierter Jugendlicher aus M. , die sich den Namen "Division Sächsischer Sturm" gegeben hatte und zu der auch die Angeklagten gehörten. Im Herbst 2005 wurde eine Halle in einem Bauhof zum festen täglichen Treffpunkt. Man spielte Musik mit rechtsradikalen Texten und stattete die Räumlichkeiten u. a. mit Reichskriegsflaggen aus. Zwischen dieser Gruppe und anderen Personen in der Umgebung kam es häufig zu gewalttätigen Auseinandersetzungen, wobei sich die Angriffe der Gruppenmitglieder bevorzugt gegen Punker, "Linke" und "Kiffer" richteten.
3
Anfang 2006 kam innerhalb der Gruppe die Idee auf, eine Kameradschaft zu gründen. Im Januar 2006 trafen sich etwa 20 ausgewählte Personen, darunter auch die Angeklagten Tom W. , T. und R. . Es wurde besprochen , dass die Kameradschaft einen Namen und ein Abzeichen bekommen sollte; man dachte auch über eine einheitliche Kleidung nach, um nach außen Geschlossenheit zu demonstrieren. Im Bauhof sollte Ordnung geschaffen und die Teilnahme an rechtsorientierten Veranstaltungen organisiert werden. Hauptziel der Kameradschaft war jedoch, M. durch die Schaffung einer sog. nationalbefreiten Zone "zeckenfrei" und "braun" zu machen. Dies bedeutete , dass gegen alle Personen, die keine rechtsorientierte politische Gesinnung hatten, mit Gewalt vorgegangen werden sollte. Der Angeklagte Tom W. beabsichtigte , ein "Sammelbecken von Nationalisten" zu schaffen, in dem er Hooligans und Skinheads zusammenführen wollte. Es sollten weiterhin sog. Skinheadkontrollrunden durchgeführt werden, bei denen die Teilnehmer nach missliebigen Personen Ausschau hielten. Wurden solche angetroffen, organisierte und formierte man eine größere Einheit und ging gewalttätig gegen sie vor. An diesen Aktionen sollten nach Möglichkeit alle im Bauhof anwesenden Männer teilnehmen.
4
Nach dieser Vorbesprechung entwickelte der Angeklagte G. nach Recherchen in der Geschichte des Nationalsozialismus den Namen "Kameradschaft Sturm 34". Am ersten Wochenende im März 2006 wurde eine der üblichen Zusammenkünfte im Bauhof spontan zur Gründungsveranstaltung genutzt. Neben anderen Personen hielt der Angeklagte G. eine Rede und erklärte den 30 bis 50 anwesenden Personen den vorherigen Absprachen ent- sprechend, wie eine Kameradschaft zu funktionieren habe, wie es zu dem Namen "Kameradschaft Sturm 34" komme und welche gemeinsamen Ziele verfolgt werden sollten. Die Anwesenden taten ihre Zustimmung kund und waren sich einig, dass damit die "Kameradschaft Sturm 34" gegründet war. Der Vorschlag , eine Mitgliederliste aufzulegen, wurde u. a. deshalb nicht umgesetzt, weil der Angeklagte R. einwandte, dass eine solche Liste im Falle polizeilicher Ermittlungen nachteilig wäre.
5
Der Angeklagte Tom W. nahm in der Folgezeit in der Gruppierung eine Anführerstellung ein. Er bildete mit den Angeklagten Peter W. , T. und G. sowie weiteren Personen den "harten Kern" der Kameradschaft. Die Beteiligten waren sich einig, dass ihre Ziele nur mittels Gewaltanwendung durchgesetzt werden konnten. Lediglich dem Angeklagten G. schwebte eine gewaltfreie Kameradschaft vor; er schied später aus der Gruppierung aus. Bei einer Veranstaltung am 27. Juni 2006 wurde ein Vorstand gewählt; dieser bestand aus dem Angeklagten Tom W. und drei weiteren Personen, unter denen sich mit H. auch ein weibliches Mitglied befand. Eine schriftliche Satzung wurde in der Folgezeit nicht niedergelegt, einheitliche Kleidung nicht angeschafft. Offizielle Regeln, nach denen die Entscheidungen getroffen werden sollten, wurden nicht aufgestellt. Man legte auch nicht ausdrücklich fest, wer als Mitglied der Kameradschaft anzusehen war. Die Teilnahme an den Aktionen gegen "Zecken" und andere war den im Bauhof Anwesenden freigestellt. Der Angeklagte Tom W. gab in der Regel den Ton an; seine Anweisungen wurden indes nicht allgemein akzeptiert. Der Austritt aus der Kameradschaft war ohne Weiteres möglich; auch das Ausscheiden des Angeklagten G. wurde ohne Diskussion hingenommen.
6
Dem Angeklagten R. waren die ständigen Gewalttaten zuwider; er fürchtete, es könnten Personen zu Tode kommen. Um dies zu verhindern, nahm er Kontakt zu den Polizeibehörden auf und verfasste als Informant Berichte über den Verband. Durch Verfügung vom 22. April 2007 verbot das Sächsische Staatsministerium des Innern die "Kameradschaft Sturm 34" und löste diese auf, weil ihre Zwecke und Tätigkeiten den Strafgesetzen zuwiderliefen und sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung richteten.
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Nach Gründung der "Kameradschaft Sturm 34" kam es zu folgenden Straftaten:
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Am 12. Mai 2006, dem Himmelfahrtstag, stellten der Angeklagte Tom W. und der gesondert Verfolgte He. bei einer "Skinheadkontrollrunde" fest, dass sich an der Torfgrube M. eine Gruppe sog. Ökos aufhalte. Fast alle am Bauhof Anwesenden, darunter die Angeklagten Tom und Peter W. , machten sich daraufhin mit Handschuhen, die mit Quarzsand gefüllt waren, sowie Springerstiefeln auf den Weg zu der Torfgrube. Eingedenk entsprechender früherer Aktionen gingen sie in unausgesprochenem Einvernehmen davon aus, dass die dort befindliche Gruppe - bei der es sich um acht Schüler und Studenten handelte - zunächst gemeinsam provoziert und sodann gewaltsam vertrieben werden sollte. In Ausführung dieses Vorhabens schlugen und traten sie auf zwei Opfer ein; einem der beiden Jugendlichen wurde zudem eine Bierflasche in das Gesicht geschlagen. Nach der Rückkehr in den Bauhof wurde die Aktion gemeinsam ausgewertet (Fall II. 1. der Urteilsgründe).
9
In der Nacht vom 20. auf den 21. Mai 2006 nahmen zahlreiche Mitglieder der Kameradschaft, darunter alle Angeklagten, an einer Feier teil, bei der ein präpariertes Holzkreuz angezündet wurde. Danach begaben sie sich zu einer Tankstelle, um dort eine Schlägerei mit einer Gruppe junger Leute anzuzetteln. Der Angeklagte G. wollte sich an den Gewalttätigkeiten nicht beteiligen und blieb außerhalb des Tankstellengeländes zurück. Die Teilnahme des Ange- klagten R. an den Tätlichkeiten hat das Landgericht ebenfalls nicht festzustellen vermocht. Mehrere sonstige Mitglieder der Kameradschaft schlugen den Geschädigten K. zusammen und traten mit Springerstiefeln auf das am Boden liegende Opfer mit "wie beim Fußball ausgeführten Tritten" ein. Die Angeklagten T. und Peter W. beschädigten zudem einen PKW (Fall II. 2. der Urteilsgründe).
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In der Nacht vom 3. zum 4. Juni 2006 fand in B. ein Dorffest statt. Unter den Gästen befanden sich auch drei Punker. Nach einem Streit wurde der Angeklagte Tom W. informiert, von dem bekannt war, dass man ihn jederzeit anrufen konnte, wenn es Probleme gab und man Verstärkung brauchte. Er befand sich auf dem Bauhof, wo sich schnell herumsprach, dass politisch Gleichgesinnte die "Kameraden vom Sturm 34" angefordert hatten. Mit mindestens sechs voll besetzten Fahrzeugen begaben sich die anwesenden Mitglieder der Kameradschaft, unter ihnen die Angeklagten Tom W. und T. , sodann nach B. , wo sie in militärischer Formation zum Festzelt zogen. Dort begannen sie eine Schlägerei, bei der elf Personen teilweise erheblich verletzt wurden. Nach dem Befehl "Geordneter Rückzug" entfernten sich die Täter, kehrten zum Bauhof nach M. zurück und werteten dort die Aktion aus (Fall II. 3. der Urteilsgründe).
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B. Revision der Staatsanwaltschaft
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I. Zum Umfang der Anfechtung des landgerichtlichen Urteils durch die Revision der Staatsanwaltschaft gilt:
13
Den Angeklagten ist u. a. vorgeworfen worden, eine Vereinigung gegründet zu haben, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet waren, Straftaten zu begehen, und sich an dieser Vereinigung als Mitglied beteiligt zu haben (§ 129 Abs. 1 StGB), wobei der Angeklagte Tom W. Rädelsführer (§ 129 Abs. 4 StGB) gewesen sein soll. Mit ihrer Revision beantragt die Staatsanwaltschaft , das angefochtene Urteil insgesamt aufzuheben. Ausweislich der Begründung richtet sich das Rechtsmittel dagegen, dass die Angeklagten nicht wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung verurteilt worden sind. Außerdem rügt die Beschwerdeführerin die Fassung des Urteilstenors , weil in diesem nicht zum Ausdruck gebracht werde, in wie vielen tateinheitlichen Fällen die jeweilige gefährliche Körperverletzung begangen worden sei. Sie meint, aus diesem Grunde sei auch die Strafzumessung rechtsfehlerhaft.
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1. Die Staatsanwaltschaft wendet sich somit in der Sache trotz des umfassenden Aufhebungsantrags nicht gegen den Freispruch der Angeklagten Tom W. und T. vom Vorwurf der Volksverhetzung. Die hierin liegende Beschränkung der Revision ist wirksam; denn ein Rechtsmittel kann auf solche Beschwerdepunkte beschränkt werden, die losgelöst von dem nicht angegriffenen Teil der Entscheidung nach deren innerem Zusammenhang rechtlich und tatsächlich selbstständig geprüft und beurteilt werden können, ohne dass eine Prüfung des Urteils im Übrigen erforderlich ist (st. Rspr.; s. BGHSt 47, 32, 35 m. w. N.). Dies ist bei dem gegen die Angeklagten Tom W. und T. erhobenen Vorwurf der Volksverhetzung der Fall, weil es sich hierbei nicht um eine Straftat handelt, die in Verfolgung der Ziele der Vereinigung begangen wurde, und die deshalb zu dem in Rede stehenden De likt der Bildung einer kriminellen Vereinigung nach § 129 StGB im Verhältnis der Tatmehrheit steht.
15
2. Die Staatsanwaltschaft erhebt zwar ebenfalls keine ausdrücklichen Einwände gegen den Freispruch des Angeklagten R. von dem Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung in Tateinheit mit Landfriedensbruch im Fall II. 2.
der Urteilsgründe. Insoweit kommt eine wirksame Beschränkung der Revision jedoch nicht in Betracht; denn zwischen der mitgliedschaftlichen Beteiligung des Angeklagten R. an einer kriminellen Vereinigung nach § 129 StGB und den im Fall II. 2. der Urteilsgründe angeklagten Delikten wäre Tateinheit im Sinne des § 52 StGB anzunehmen (vgl. BGHSt 29, 288, 290; BGH NStZ 1982, 517, 518). Bei tateinheitlich begangenen Straftaten ist eine beschränkte Nachprüfung des Schuldspruchs grundsätzlich nicht möglich (BGHSt 21, 256, 258; 24, 185, 189). Die Besonderheiten des § 129 StGB als Organisationsdelikt, das über lange Zeiträume ganz verschiedene Verhaltensweisen zu einer materiellrechtlichen Einheit zusammenfasst, führen jedenfalls in der hier vorliegenden Fallkonstellation nicht zu einer anderen Bewertung.
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Es kann dahinstehen, ob der Umstand, dass die mitgliedschaftliche Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung nach § 129 StGB und schwerer wiegende Straftaten trotz der Annahme materiellrechtlicher Tateinheit unter besonderen verfahrensrechtlichen Voraussetzungen einer getrennten Aburteilung zugänglich sind (BGHSt 29, 288, 292 ff.; BGH StV 1999, 352, 353), es rechtfertigen kann, eine Beschränkung der Revision auf in Tateinheit mit dem Organisationsdelikt stehende schwerere Straftaten als wirksam anzusehen (Paul in KK 6. Aufl. § 318 Rdn. 6 a; zur Zulässigkeit der Revisionsbeschränkung auf einen Freispruch vom Vorwurf der Vergewaltigung, wenn diese mit dem Dauerdelikt der Zuhälterei tateinheitlich zusammentrifft, s. BGHSt 39, 390). Dagegen könnte sprechen, dass sich der Schuldumfang des Organisationsdelikts ohne Berücksichtigung der damit im Zusammenhang begangenen Taten nicht beurteilen lässt und umgekehrt (Gössel in Löwe/Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 318 Rdn.

66).

17
Dies bedarf indes keiner näheren Betrachtung. Denn eine wirksame Rechtsmittelbeschränkung käme danach allenfalls in Bezug auf ein mit dem Organisationsdelikt in Tateinheit stehendes schwereres Delikt in Betracht, dessen Strafklage mit der Aburteilung des Organisationsdelikts nicht verbraucht wäre. Im vorliegenden Fall steht aber nicht die Wirksamkeit der Beschränkung der Revision auf ein gewichtigeres, mit dem Organisationsdelikt in Tateinheit stehendes weiteres Delikt in Rede; denn die Staatsanwaltschaft greift mit ihrem Rechtsmittel nicht einen Freispruch vom Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung in Tateinheit mit Landfriedensbruch, sondern die unterbliebene Verurteilung wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung an. Die Beschränkung der Revision auf dieses Organisationsdelikt scheidet aus. Denn anders als im umgekehrten Fall wäre insoweit die Strafklage durch die Aburteilung des tateinheitlich verwirklichten schwereren Delikts verbraucht; damit entfällt der wesentliche Gesichtspunkt, der für die Wirksamkeit der Rechtsmittelbeschränkung auf das in Tateinheit mit dem Organisationsdelikt gewichtigere Delikt sprechen könnte.
18
3. Aus denselben Gründen umfasst das Rechtsmittel schließlich auch den Schuldspruch der Angeklagten T. sowie Tom und Peter W. wegen gefährlicher Körperverletzung in den drei Fällen II. 1. bis 3. der Urteilsgründe (vgl. BGHR StGB § 129 Konkurrenzen 1). Auch diese Straftaten stünden in Tateinheit mit dem Organisationsdelikt nach § 129 StGB. Damit steht ebenfalls die unterbliebene Verurteilung dieser Angeklagten in Bezug auf den Anklagevorwurf jeweils tateinheitlich mit den gefährlichen Körperverletzungen begangenen Landfriedensbruchs zur revisionsgerichtlichen Überprüfung.
19
II. Das Rechtsmittel hat Erfolg, soweit das Landgericht die Angeklagten nicht wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung verurteilt hat. Die Wertung des Landgerichts, nach den - rechtsfehlerfrei getroffenen - Feststellungen seien die Voraussetzungen einer kriminellen Vereinigung nach § 129 StGB nicht gegeben, hält sachlichrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Vielmehr ist die "Kameradschaft Sturm 34" nach den Feststellungen als kriminelle Vereinigung in diesem Sinne anzusehen. Im Einzelnen:
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1. Die Strafkammer stützt ihre Beurteilung maßgeblich auf folgende Erwägungen :
21
Die Angeklagten hätten sich zwar mit anderen zu der "Kameradschaft Sturm 34" zusammengeschlossen, um einen Zusammenhalt herzustellen und ihre politische Gesinnung mittels der Begehung von Straftaten durchzusetzen. Die Kameradschaft sei jedoch allenfalls als Bande, nicht aber als kriminelle Vereinigung zu bezeichnen. Es habe an verbandsinternen Entscheidungsstrukturen zur Herausbildung eines Gruppenwillens gefehlt, dem sich die Mitglieder verbindlich zu unterwerfen gehabt hätten. Auch die Wahl eines Vorstandes ändere hieran nichts, zumal mit H. auch ein weibliches Vorstandsmitglied gewählt worden sei. Dies deute darauf hin, dass dieser Akt nicht in Verbindung mit den aus der Gruppe heraus begangenen Straftaten stehe; denn grundsätzlich sollten Mädchen in gewaltsame Aktionen nicht einbezogen werden. Eine Satzung sei zwar geplant gewesen, bis zu der Verbotsverfügung jedoch nicht konkret in Angriff genommen worden. Auch der Umstand, dass innerhalb der Kameradschaft eine gewisse Hierarchie erkennbar gewesen sei, kennzeichne die Gruppierung allenfalls als Bande. Trotz der genannten Strukturen habe sich das Kameradschaftsleben eher zwanglos gestaltet; es habe keine Mitgliedschaftsliste, Mitgliedsbeiträge, feste Veranstaltungstermine, Teilnahmepflichten , Verpflichtung zur einheitlichen Kleidung oder Tätowierung und insbesondere keine Verpflichtung gegeben, sich an den durchgeführten konkreten Straftaten zu beteiligen. Auch der "harte Kern" der Gruppe sei nicht als kriminelle Vereinigung aufgetreten.
22
2. Mit dieser Bewertung hat das Landgericht die Frage, ob die "Kameradschaft Sturm 34" die Voraussetzungen einer kriminellen Vereinigung erfüllt, zumindest teilweise unter Heranziehung von Kriterien beurteilt, die für das Bestehen einer Vereinigung keine bzw. allenfalls eine untergeordnete Bedeutung haben. Außerdem hat es festgestellte, für das Bestehen einer Vereinigung sprechende Umstände nicht in seine Würdigung einbezogen. Damit hat sich die Strafkammer insgesamt den Blick dafür verstellt, welche Tatsachen für das Bestehen einer kriminellen Vereinigung relevant sind, und damit den festgestellten Sachverhalt rechtsfehlerhaft gewertet.
23
a) Das Vorliegen einer Vereinigung hängt nach bisher in der Rechtsprechung gebräuchlicher Definition von verschiedenen personellen, organisatorischen , voluntativen sowie zeitlichen Kriterien ab. Als Vereinigung im Sinne der §§ 129 ff. StGB ist danach der auf eine gewisse Dauer angelegte, freiwillige organisatorische Zusammenschluss von mindestens drei Personen zu verstehen , die bei Unterordnung des Willens des Einzelnen unter den Willen der Gesamtheit gemeinsame Zwecke verfolgen und unter sich derart in Beziehung stehen, dass sie sich untereinander als einheitlicher Verband fühlen (st. Rspr.; zuletzt BGH NJW 2009, 3448, 3459, zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt; s. auch BGHSt 28, 147; 31, 202, 204 f.; 31, 239 f.; 45, 26, 35; BGH NJW 2005, 1668; 2006, 1603; BGHR StGB § 129 Vereinigung 3).
24
Der Senat hält - mit gewissen Modifikationen beim Willenselement - an dieser Bestimmung des Begriffs der Vereinigung für den Tatbestand der Bildung krimineller Vereinigungen nach § 129 StGB fest.
25
aa) Der Begriff der kriminellen bzw. terroristischen Vereinigung wird in mehreren europarechtlichen Regelungen näher definiert (vgl. etwa Art. 1 der bis zum 10. November 2008 gültigen Gemeinsamen Maßnahme des Rates der Eu- ropäischen Union vom 21. Dezember 1998, ABl. EG 1998 Nr. L 351 S. 1; Art. 1 des Rahmenbeschlusses des Rates vom 24. Oktober 2008 zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität, ABl. EG 2008 Nr. L 300 S. 42; Art. 2 Abs. 1 Satz 1 des Rahmenbeschlusses des Rates vom 13. Juni 2002 zur Terrorismusbekämpfung , ABl. EG 2002 Nr. L 164 S. 3, geändert durch den Rahmenbeschluss des Rates vom 28. November 2008, ABl. EG 2008 Nr. L 330 S. 21; jeweils i. V. m. EUV-Lissabon, Art. 9 des Protokolls Nr. 36 über die Übergangsbestimmungen ). Vor dem Hintergrund der dortigen Umschreibungen wird in der Literatur insbesondere für die terroristische Vereinigung (§§ 129 a, 129 b StGB) teilweise die Auffassung vertreten, der bisher verwendete Vereinigungsbegriff sei "europarechtsfreundlich" zu interpretieren; deshalb sei er dahin zu modifizieren, dass die Anforderungen an die organisatorischen und voluntativen Voraussetzungen herabgesetzt werden (Krauß in LK 12. Aufl. § 129 a Rdn. 26; Kress JA 2005, 220; v. Heintschel-Heinegg in FS für Schroeder S. 799; krit. Rudolphi/Stein in SK-StGB § 129 Rdn. 6 b). Diese Auffassung ist von den Instanzgerichten teilweise übernommen worden (OLG Düsseldorf, Urt. vom 5. Dezember 2007 - IIIVI 10/05).
26
bb) Der Senat hat eine derartige Neubestimmung des Vereinigungsbegriffs für den Bereich der terroristischen Vereinigung ebenfalls zunächst grundsätzlich in den Blick genommen, ohne sich indes im Einzelnen hierzu zu verhalten (BGH NJW 2006, 1603). Insbesondere für die kriminelle Vereinigung im Sinne des § 129 StGB hat er jedoch vor dem Hintergrund des abgestuften Systems der Strafbarkeit von Tatvollendung, Versuch und Vorbereitungshandlung, der erforderlichen Abgrenzbarkeit der Vereinigung von einer Bande oder nur mittäterschaftlichen Zusammenschlüssen, der prozessualen Folgewirkungen sowie des Strafzwecks der §§ 129 ff. StGB in späteren Entscheidungen erhebliche Bedenken geäußert (BGHR StGB § 129 Vereinigung 3; s. auch für die terroristische Vereinigung BGH NJW 2009, 3448, 3460; zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt). Der vorliegende Fall gibt Anlass klarzustellen, dass es für den hier relevanten Begriff der kriminellen Vereinigung im Sinne des § 129 StGB für alle in Betracht kommenden Gruppierungen einheitlich bei der bisher in der Rechtsprechung gebräuchlichen Definition der Vereinigung zu verbleiben hat. Hierzu gilt:
27
Nach Art. 1 Ziffer 1 des Rahmenbeschlusses des Rates vom 24. Oktober 2008 zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität (ABl. EG 2008 Nr. L 300 S. 42) bezeichnet der Ausdruck kriminelle Vereinigung einen auf Dauer angelegten organisierten Zusammenschluss von mehr als zwei Personen, die, um sich unmittelbar oder mittelbar einen finanziellen oder sonstigen materiellen Vorteil zu verschaffen, in Verabredung handeln, um Straftaten zu begehen, die mit einer Freiheitsstrafe oder einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung im Höchstmaß von mindestens vier Jahren oder einer schwereren Strafe bedroht sind. Art. 1 Ziffer 2 des Rahmenbeschlusses umschreibt einen organisierten Zusammenschluss in diesem Sinne als einen Zusammenschluss, der nicht zufällig zur unmittelbaren Begehung eines Verbrechens gebildet wird und der auch nicht notwendigerweise förmlich festgelegte Rollen für seine Mitglieder , eine kontinuierliche Mitgliedschaft oder eine ausgeprägte Struktur hat.
28
Diese Begriffsbestimmungen können nicht unmittelbar für die §§ 129 ff. StGB übernommen werden. Zwar sind bei der Auslegung des deutschen Rechts auch die in Rahmenbeschlüssen des Rates der Europäischen Union enthaltenen Vorgaben grundsätzlich zu berücksichtigen; denn die nationalen Gerichte haben ihre Auslegung des innerstaatlichen Rechts auch an deren Wortlaut und Zweck auszurichten (Grundsatz der gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung, s. EuGH NJW 2005, 2839 - Pupino). Diese Verpflichtung der nationalen Gerichte besteht jedoch nicht uneingeschränkt; sie wird vielmehr durch die allgemeinen Rechtsgrundsätze und insbesondere durch den Grund- satz der Rechtssicherheit und das Rückwirkungsverbot begrenzt (EuGH aaO S. 2841). Einer Auslegung des Tatbestandsmerkmals der Vereinigung im Sinne der §§ 129 ff. StGB, die sich an den zitierten Begriffsbestimmungen des Rahmenbeschlusses orientiert, stehen derartige allgemeine Rechtsgrundsätze des deutschen Strafrechts entgegen:
29
Die Übertragung der Definition einer kriminellen Vereinigung in Art. 1 des Rahmenbeschlusses vom 24. Oktober 2008 in das nationale Recht würde zu einem unauflösbaren Widerspruch zu wesentlichen Grundgedanken des Systems der Strafbarkeit mehrerer zusammenwirkender Personen führen, auf dem das deutsche materielle Strafrecht beruht. Die Umschreibung einer kriminellen Vereinigung nach Art. 1 des Rahmenbeschlusses vom 24. Oktober 2008 unterscheidet sich in ihrem inhaltlichen Gehalt allenfalls nur noch in unwesentlichen Randbereichen von derjenigen einer Bande, wie sie in der neueren Rechtsprechung (BGHSt 46, 321) vorgenommen wird. Eine Bande ist danach gekennzeichnet durch den Zusammenschluss von mindestens drei Personen, die sich mit dem Willen verbunden haben, künftig für eine gewisse Dauer mehrere selbstständige, im Einzelnen noch ungewisse Straftaten zu begehen; ein gefestigter Bandenwille und ein Tätigwerden in einem übergeordneten Bandeninteresse sind demgegenüber nicht mehr erforderlich (BGHSt 46, 321, 325 ff.). Nach deutschem Recht ist indes allein die Mitgliedschaft in einer Bande nicht strafbar; vielmehr führt das Handeln als Bandenmitglied (lediglich) dazu, dass der Täter nicht nur einen strafrechtlichen Grundtatbestand erfüllt, sondern ein Qualifikationsmerkmal (s. etwa § 146 Abs. 2, § 244 Abs. 1 Nr. 2, § 244 a Abs. 1, § 250 Abs. 1 Nr. 2, § 263 Abs. 5, § 267 Abs. 4 StGB, § 30 Abs. 1 Nr. 1, § 30 a Abs. 1 BtMG) bzw. ein Regelbeispiel für einen besonders schweren Fall (s. etwa § 263 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1, § 267 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, § 303 b Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 StGB) verwirklicht. Die Mitgliedschaft in einer Bande ist deshalb kein strafbegründendes, sondern ein strafschärfendes Merkmal. Demgegenüber stellt § 129 Abs. 1 StGB mit Blick auf vereinigungsspezifische Gefährdungen gewichtiger Rechtsgüter bereits u. a. die mitgliedschaftliche Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung als solche unter Strafe. Dieser grundlegende Unterschied ginge bei einer Übernahme des europarechtlichen Begriffs der kriminellen Vereinigung verloren, denn in diesem Fall wäre bereits die Mitgliedschaft in einer Gruppierung strafbar, die lediglich die Voraussetzungen einer Bande erfüllt.
30
Hieraus und aus den weiteren, bereits in den Entscheidungen des Senats vom 20. Dezember 2007 (BGHR StGB § 129 Vereinigung 3) sowie 14. August 2009 (BGH NJW 2009, 3448, 3460) näher dargelegten Gründen folgt, dass eine "europarechtsfreundliche" Modifikation des bisherigen Begriffs der kriminellen Vereinigung durch die Rechtsprechung nicht möglich ist. Sie wäre vielmehr allein Sache des Gesetzgebers (für die kriminelle Vereinigung im Ergebnis ebenso Krauß aaO § 129 Rdn. 49), der bei einer Neuregelung allerdings auch dafür Sorge zu tragen hätte, dass das deutsche materielle Strafrechtsgefüge insgesamt in sich stimmig bleibt.
31
b) Nach den Feststellungen ist nicht zweifelhaft, dass sich in der "Kameradschaft Sturm 34" mindestens drei Personen für eine gewisse Dauer zusammenschlossen und somit die Anforderungen an eine Vereinigung in personeller und zeitlicher Hinsicht erfüllt sind.
32
c) Zu den maßgebenden Gesichtspunkten bezüglich der Organisation der "Kameradschaft Sturm 34" gilt:
33
aa) Eine Vereinigung ist in struktureller Hinsicht dadurch gekennzeichnet, dass ein Mindestmaß an fester Organisation mit einer gegenseitigen Verpflichtung der Mitglieder besteht (BGHSt 31, 202, 206; 31, 239, 242). Diese innere Organisation muss so stark sein, dass sich die Durchsetzung der Ziele der Ver- einigung nach bestimmten Gruppenregeln vollzieht und der individuelle Gestaltungseinfluss des Einzelnen dahinter zurücktritt. Die Straftaten und Aktionen, die von den Mitgliedern der Vereinigung geplant und begangen werden, müssen vor diesem Hintergrund stattfinden. Erforderlich ist dabei ein mitgliedschaftliches Zusammenwirken zu einem gemeinsamen Zweck mit verteilten Rollen und einer abgestimmten, koordinierten Aufgabenverteilung (BGH NJW 1992, 1518).
34
bb) Diese Voraussetzungen sind nach den Feststellungen gegeben; diesen ist zu entnehmen, dass innerhalb der "Kameradschaft Sturm 34" eine ausreichende organisatorische Struktur vorhanden war, um die gemeinsam verfolgten Ziele - Schaffung einer "national-befreiten Zone" in der Gegend um M. usw. - zu verwirklichen (zu den für einen ausreichenden organisatorischen Zusammenschluss sprechenden Indizien zusammenfassend Krauß aaO § 129 Rdn. 25 m. w. N.).
35
Die Mittel, deren sich die Mitglieder der Kameradschaft hierfür bedienen wollten, waren von Beginn an festgelegt. Insbesondere die Durchführung der sog. Skinheadkontrollrunden und gegebenenfalls die sich unmittelbar an diese anschließenden Aktionen gegen missliebige Personen erforderten ein beachtliches Maß an Koordination zwischen den Beteiligten. Auch die mit einem nicht unerheblichen logistischen Aufwand verbundene Art und Weise, in der die konkreten Straftaten begangen wurden, belegt eine intensive vorherige Abstimmung zwischen den Mitgliedern der Organisation (vgl. BGH NStZ-RR 2002, 300, 301). In dem Bauhof war ein ständiger Gruppentreff und damit ein räumlicher Fixpunkt eingerichtet (Krauß aaO § 129 Rdn. 25), von dem die gewalttätigen Aktionen ausgingen und zu dem die Teilnehmer an den konkreten Straftaten nach deren Begehung jeweils zurückkehrten. Die dort sodann - jedenfalls in den Fällen II. 1. und 3. der Urteilsgründe - vorgenommene gemeinsame Aus- wertung der gewalttätigen Aktionen lässt ein bemerkenswertes Maß an Planung und personeller Geschlossenheit erkennen; sie ist deshalb ebenfalls ein gewichtiges Indiz für den organisatorischen Zusammenhalt der Gruppenmitglieder. Hinzu kommt, dass die Bestimmung der Ziele der Gruppe und der zu deren Erreichung eingesetzten Mittel auf einer gemeinsamen politisch-ideologischen Grundhaltung der Beteiligten beruhte (vgl. zu diesem Kriterium auch den Sachverhalt , welcher der Entscheidung BGHSt 41, 47 zugrunde liegt). Die Mitglieder der "Kameradschaft Sturm 34" einte eine politisch im extrem rechten Bereich zu verortende Überzeugung, welche Grundlage der Straftaten war, auf deren Begehung die Gruppierung gerichtet war. All diese Umstände belegen einen hohen Organisationsgrad der Gruppierung, der den Anforderungen genügt, die in organisationsspezifischer Hinsicht an eine Vereinigung zu stellen sind.
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d) Auch das erforderliche Willenselement der Vereinigung liegt nach den Feststellungen vor:
37
aa) Nach bisher ständiger Rechtsprechung ist wesentlich für eine Vereinigung die subjektive Einbindung der Beteiligten in die kriminellen Ziele der Organisation und in deren entsprechende Willensbildung unter Zurückstellung individueller Einzelmeinungen. Innerhalb der Vereinigung müssen deshalb grundsätzlich bestimmte, von ihren Mitgliedern anerkannte Entscheidungsstrukturen bestehen; dieser organisierten Willensbildung müssen sich die Mitglieder als für alle verbindlich unterwerfen. Der bloße Wille mehrerer Personen, gemeinsam Straftaten zu begehen, verbindet diese noch nicht zu einer kriminellen Vereinigung , weil der Wille des Einzelnen maßgeblich bleibt und die Unterordnung unter einen Gruppenwillen unterbleibt. Die Art und Weise der Willensbildung ist allerdings gleichgültig; maßgeblich ist allein, dass sie von den Mitgliedern der Vereinigung übereinstimmend anerkannt wird. Die für alle Mitglieder verbindlichen Regeln können etwa dem Demokratieprinzip entsprechen oder auf dem Prinzip von Befehl und Gehorsam aufgebaut sein. Die Annahme einer Vereinigung scheidet indes aus, wenn die Mitglieder einer Gruppierung sich nur jeweils der autoritären Führung einer Person unterwerfen, ohne dass dies vom Gruppenwillen abgeleitet wird (BGHSt 31, 239, 240; 45, 26, 35; BGH NJW 1992, 1518; 2009, 3448, 3460, zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt).
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Der Bundesgerichtshof hat in Anwendung dieser Grundsätze in mehreren , vor allem im Bereich des Wirtschaftsstrafrechts ergangenen Entscheidungen hohe Anforderungen an die tatrichterlichen Feststellungen hinsichtlich des Zustandekommens des Gruppenwillens in einer Vereinigung gestellt und auf dieser Grundlage den jeweiligen Urteilsgründen ausreichende Tatsachen, die das voluntative Element einer Vereinigung belegen, nicht zu entnehmen vermocht (vgl. etwa BGHSt 31, 202; BGHR StGB § 129 Gruppenwille 3; BGH NJW 1992, 1518; NStZ 2004, 574; 2007, 31). Der Senat hat allerdings in Entscheidungen zum Staatsschutzstrafrecht im engeren Sinne im Hinblick auf die zugrunde liegenden besonderen, für den Staatsschutzbereich typischen Fallgestaltungen auch weniger detaillierte tatrichterliche Feststellungen zur Art und Weise der Willensbildung innerhalb einer Organisation als ausreichend bewertet. So hat er etwa in dem Urteil vom 10. März 2005 (NJW 2005, 1668), welches die Strafbarkeit der Mitglieder einer Musikgruppe zum Gegenstand hatte, die auf die Veröffentlichung von Liedern mit Texten strafbaren Inhalts ausgerichtet war, ausgeführt, das Tatgericht habe zwar nicht festgestellt, dass sich die Angeklagten verbindliche Regeln gegeben hätten, nach denen sämtliche Entscheidungen innerhalb der Gruppe zu treffen gewesen seien. Dies sei indessen auch nicht erforderlich gewesen; denn aus dem erfolgreichen Zusammenwirken über mehrere Jahre ergebe sich ohne Weiteres, dass sich jedes einzelne Gruppenmitglied dem vom gemeinsamen Willen getragenen Ziel untergeordnet haben müsse (BGH aaO S. 1670). In seinem Beschluss vom 28. November 2007 (NJW 2008, 86), bei dem es um politisch motivierte Brandstiftungen ging, hat er darauf hingewiesen, dass zwar die inneren Strukturen der Gruppe nicht aufgedeckt seien. Der Inhalt der veröffentlichten Schriften zeige jedoch hinreichend deutlich, dass die Mitglieder der Gruppe ihre Aktivitäten an den ideologischen Vorgaben und der daraus entwickelten Strategie der Organisation ausrichteten und sich somit dem aus der internen Meinungsbildung entspringenden Gruppenwillen unterordneten (BGH aaO S. 87). In dem Urteil vom 14. August 2009 (NJW 2009, 3448, zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt) hat der Senat auf der Grundlage der tatrichterlichen Feststellungen die Al Qaida als Vereinigung im Sinne der §§ 129 a, 129 b StGB gewürdigt. Bei der Bewertung des Willenselements hat er u. a. darauf abgestellt, deren Mitglieder hätten im dortigen Tatzeitraum die gemeinsame politisch-ideologische Grundhaltung des gewaltbereiten extremistischen Islamismus geteilt. Die Gruppierung habe mit dem "Jihad gegen Juden und Kreuzzügler" bis zur Zerstörung der USA und ihrer Verbündeten über eine über den bloßen Zweckzusammenhang der Vereinigung hinausreichende , von allen Mitgliedern getragene Zielsetzung verfügt.
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bb) An der in diesen Entscheidungen zum Ausdruck kommenden Tendenz , bei der Beurteilung des notwendigen voluntativen Elements der Vereinigung den Schwerpunkt der Betrachtung weniger auf die Regeln zu legen, nach denen sich die Willensbildung vollzieht, vielmehr vor allem die Zielsetzung der Vereinigung und den Gemeinschaftswillen selbst in den Blick zu nehmen, hält der Senat fest; er präzisiert diesen Ansatz wie folgt:
40
Verfolgen die Mitglieder der Organisation nicht nur kurzfristig ein gemeinsames Ziel, das über die Begehung der konkreten Straftaten hinausgeht, auf welche die Zwecke oder Tätigkeit der Gruppe gerichtet sind, und handeln sie hierbei - etwa im Rahmen der Vorbereitung oder der Verwirklichung dieser Straftaten - koordiniert zusammen, so belegt dies regelmäßig für sich bereits hinreichend, dass innerhalb des Verbands der für eine Vereinigung im Sinne der §§ 129 ff. StGB notwendige übergeordnete Gemeinschaftswille besteht und von den Mitgliedern anerkannt wird; denn die nachhaltige, aufeinander abgestimmte gemeinsame Verfolgung einer derartigen übergeordneten Zielsetzung ist in der Regel nur dann möglich, wenn die Mitglieder der Gruppierung sich unter Zurückstellung ihrer individuellen Einzelmeinungen einem auf die Erreichung des gemeinsamen Ziels gerichteten Gruppenwillen unterordnen. In diesen Fällen ist das Bestehen ausdrücklicher, verbindlicher Regeln, nach denen die Entscheidungen innerhalb der Gruppierung zu treffen sind, für das voluntative Element der Vereinigung nicht konstitutiv; deshalb erübrigen sich nähere Feststellungen dazu, auf welche formale Art und Weise der gemeinschaftliche Wille gebildet wird. Dies gilt nur dann nicht, wenn der Sachverhalt ausnahmsweise Besonderheiten aufweist, die aus der Verfolgung des gemeinsamen übergeordneten Ziels keinen ausreichenden Schluss auf die Existenz eines den individuellen Interessen der Einzelnen vorgehenden Gemeinschaftswillens zulassen.
41
Dieses Verständnis ergibt sich insbesondere aus einer an Sinn und Zweck des § 129 StGB orientierten Auslegung des Vereinigungsbegriffs; denn vor dem Hintergrund des Normzwecks der Vereinigungsdelikte kommt es - jedenfalls in den Fällen, in denen die Mitglieder der Organisation eine über den bloßen Zweckzusammenhang der Vereinigung hinausreichende Zielsetzung verfolgen - wesentlich auf die Existenz dieses Gemeinschaftswillens, nicht aber darauf an, nach welchen verbindlichen Regeln sich die Willensbildung im Einzelfall vollzieht. § 129 StGB soll die erhöhte kriminelle Intensität erfassen, die in der Gründung oder Fortführung einer ausreichend festgefügten Organisation ihren Ausdruck findet und die kraft der ihr innewohnenden Eigendynamik eine erhöhte Gefährlichkeit für wichtige Rechtsgüter der Gemeinschaft mit sich bringt (BGHSt 31, 202, 207; 41, 47, 51). Diese für größere Personenzusammenschlüsse typische Eigendynamik hat ihre besondere Gefährlichkeit darin, dass sie geeignet ist, dem einzelnen Beteiligten die Begehung von Straftaten zu erleichtern und bei ihm das Gefühl persönlicher Verantwortung zurückzudrängen (BGHSt 28, 147, 148 f.; BGH NJW 1992, 1518). Für die so verstandene spezifisch vereinigungsbezogene Gefährlichkeit ist die konkrete Ausgestaltung der Art und Weise der Bildung des gemeinschaftlichen Willens jedenfalls in den Fallgestaltungen ohne erheblichen Belang, in denen die in Rede stehende Eigendynamik vor allem dadurch in Gang gesetzt werden kann, dass die Beteiligten sich in der Verfolgung eines gemeinsamen Zieles verbunden fühlen. Dies rechtfertigt es, in den Fällen, in denen die Beteiligten sich zusammengeschlossen haben und tätig werden, um ein über die Begehung konkreter Straftaten hinausgehendes Ziel zu erreichen, regelmäßig vom Bestehen eines für die Qualifikation des Zusammenschlusses als Vereinigung im Sinne des § 129 StGB ausreichenden Gruppenwillen auszugehen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Beteiligten bereits eine längere Zeit zusammengewirkt und sich dabei Verhaltensmuster herausgebildet haben, die einen jeweils neuen ausdrücklichen Prozess zur Bildung eines Gemeinschaftswillens - etwa im Zusammenhang mit der Vorbereitung oder Begehung vereinigungsspezifischer Straftaten - entbehrlich machen.
42
Ein derartiges übergeordnetes Ziel verfolgen die Mitglieder einer Gruppierung typischerweise etwa in den Fällen politisch, ideologisch, religiös oder weltanschaulich motivierter Kriminalität. Solche Fallgestaltungen erscheinen jedoch darüber hinaus auch im Bereich der Wirtschaftskriminalität denkbar. Dort wird es indes regelmäßig an der Verfolgung eines übergeordneten gemeinschaftlichen Ziels fehlen; denn bei Wirtschaftsstraftaten steht typischerweise das persönliche Gewinnstreben des einzelnen Täters im Vordergrund. In diesen Fällen sind die hergebrachten Grundsätze zur Feststellung des Gruppenwillens weiterhin maßgebend; deshalb sind hier nach wie vor Feststellungen dazu erforderlich , nach welchen Regeln sich der gemeinschaftliche Wille der Gruppie- rung bildet, denen die einzelnen Mitglieder folgen, weil sie sie als verbindlich ansehen. Aus den dargelegten Gründen kommt es auch vor dem Hintergrund der Regelungen in dem Rahmenbeschluss des Rates vom 24. Oktober 2008, der ersichtlich vor allem wirtschaftskriminelle Gruppierungen in den Blick nimmt, nicht in Betracht, die inhaltlichen Anforderungen an eine kriminelle Vereinigung speziell für diesen Bereich zu mindern. Es verstieße im Übrigen gegen fundamentale Auslegungsgrundsätze, wollte man das Tatbestandsmerkmal der kriminellen Vereinigung abhängig von den tatsächlichen Feststellungen zu den Zielsetzungen des Personenzusammenschlusses unterschiedlich interpretieren; der Begriff der kriminellen Vereinigung kann deshalb nur insgesamt einheitlich verstanden werden.
43
cc) Auch wenn man in den Fällen der koordinierten Verfolgung eines übergeordneten Ziels durch die Gruppenmitglieder bei der Bewertung des Willenselements der Vereinigung maßgeblich auf die Existenz eines Gruppenwillens als solchen und nicht auf die Art seines Zustandekommens abstellt, unterscheidet sich die Vereinigung hinreichend sicher von anderen Formen des strafbaren Zusammenwirkens mehrerer.
44
Dies gilt zunächst im Verhältnis zu der Begehung von Straftaten durch die Mitglieder einer Bande. Der Senat verkennt nicht, dass bei einer Herleitung des maßgebenden Gemeinschaftswillens aus der gemeinsamen Verfolgung eines übergeordneten Ziels wesentlich auf ein tatsächliches Element abgestellt wird, das Ähnlichkeiten zu dem übergeordneten Interesse aufweist, welches die frühere Rechtsprechung als für eine Bande konstitutives Merkmal angesehen hatte (BGHSt 42, 255, 259; BGH NStZ 1997, 90, 91; BGHR BtMG § 30 a Bande 8). Mit diesem Erfordernis war die Bandentat allerdings ohnehin bereits in die Nähe des Organisationsdelikts nach § 129 StGB gerückt worden (BGHSt 46, 321, 327). Entscheidend ist jedoch, dass - wie bereits aufgezeigt - nach neue- rem Verständnis der Rechtsprechung ein derartiges übergeordnetes Interesse für eine Bande nicht mehr notwendig ist. Die Mitglieder einer Bande können - und werden regelmäßig - ihre eigenen Interessen an einer risikolosen und effektiven Tatausführung sowie Beute- und Gewinnerzielung verfolgen (BGHSt 46, 321, 329 f.). Gerade hierin besteht - auch nach dem dargelegten Verständnis des Senats - neben den bedeutend geringeren Anforderungen an die Organisation der Gruppierung ein weiterer wesentlicher Unterschied zu einer Vereinigung.
45
Die Abgrenzung zu mittäterschaftlichem Zusammenwirken ist ebenfalls weiterhin trennscharf möglich; denn diese ist von einem gemeinsamen Willen mehrerer Personen zur Tat und einer gemeinsamen Tatherrschaft gekennzeichnet. Darüber hinaus muss keines der für eine Vereinigung konstitutiven Elemente vorliegen (Miebach/Schäfer in MünchKomm-StGB § 129 a Rdn. 35).
46
dd) Gemessen an den dargelegten Maßstäben wird hier der erforderliche Gruppenwille durch die Feststellungen hinreichend belegt. Die Mitglieder der "Kameradschaft Sturm 34" verfolgten ein von einem gemeinschaftlichen Bestreben getragenes Ziel, das über die Begehung der einzelnen strafbaren Gewalttätigkeiten hinausging; sie einte das in gemeinsamer rechtsgerichteter politisch -ideologischer Überzeugung wurzelnde, von übereinstimmenden Vorstellungen getragene Vorhaben, M. und Umgebung durch die Vertreibung politisch Andersdenkender "zeckenfrei" und "braun" zu machen. Die Umsetzung dieses Ziels durch die Begehung gewalttätiger Straftaten war ebenfalls vom Gruppenwillen umfasst, ohne dass es insoweit einer jeweils ausdrücklichen Form des Willensbildungsprozesses bedurfte. Die Mitglieder der "Kameradschaft Sturm 34" wirkten planvoll und zielgerichtet zusammen; ihr bereits längere Zeit vor der Gründung der Kameradschaft und nach diesem Zeitpunkt praktiziertes Vorgehen gegen missliebige Personen folgte einem einge- schliffenen Verhaltensmuster. Dies belegt ein nicht unbeträchtliches Maß an gemeinschaftlicher Willensbildung, der sich die einzelnen Mitglieder der Gruppierung unter Zurückstellung der jeweiligen Vorstellungen des Einzelnen unterordneten ; denn anderenfalls wäre die gemeinsame Durchführung der gewalttätigen Aktionen in der festgestellten Form nicht möglich gewesen. Unter diesen Umständen waren detaillierte Feststellungen zur Art und Weise der Bildung des Gemeinschaftswillens hier nicht erforderlich.
47
Für das Bestehen eines verbindlichen übergeordneten Gruppenwillens spricht auch, dass der Angeklagte G. sein Ziel einer gewaltfreien Kameradschaft nicht durchsetzen konnte und später aus dem Verband ausschied. Die Strafkammer hat schließlich selbst im Rahmen der Strafzumessung sowohl dem Angeklagten T. als auch dem Angeklagten Peter W. ausdrücklich zu Gute gehalten, sie hätten sich der durch die "Kameradschaft Sturm 34" entstehenden Gruppendynamik nicht entziehen können.
48
Dass bei den Mitgliedern der Kameradschaft das Bewusstsein bestand, einem organisatorisch ausreichend fest gefügten, auf die Begehung von Straftaten gerichteten Verband anzugehören, ergibt sich schließlich auch aus den Feststellungen zu Fall II. 3. der Urteilsgründe. Nach diesen hatten außerhalb der Gruppierung stehende, politisch gleichgesinnte Personen die "Kameraden vom Sturm 34" angefordert; dies löste bei den auf dem Bauhof anwesenden Personen keine Zweifel darüber aus, wer hiermit gemeint war.
49
e) Soweit die Strafkammer demgegenüber zur Begründung ihrer Auffassung , die Voraussetzungen einer kriminellen Vereinigung seien nicht gegeben, darauf abgestellt hat, dass eine Satzung noch nicht erstellt war, eine Mitgliederliste nicht geführt wurde, keine Mitgliedsbeiträge erhoben wurden und keine festen Veranstaltungstermine, Teilnahmepflichten sowie Verpflichtungen zur einheitlichen Kleidung oder Tätowierung bestanden, hat sie die Bedeutung dieser Kriterien verkannt. Diese Umstände sind zwar, wenn sie festzustellen sind, Indizien, die für das Vorliegen einer Vereinigung sprechen. Sie sind jedoch für eine kriminelle Vereinigung nicht konstitutiv; allein aus ihrem Fehlen kann deshalb nicht geschlossen werden, dass die Voraussetzungen einer Vereinigung nicht gegeben sind.
50
Entsprechendes gilt, soweit das Landgericht seine Beurteilung auf die Erwägung gegründet hat, dass die einzelnen Mitglieder der Kameradschaft nicht zur Beteiligung an den konkreten Gewalttätigkeiten verpflichtet waren. Auch dieser Umstand findet als Voraussetzung für das Bestehen einer Vereinigung im Gesetz keine Stütze. Die §§ 129 ff. StGB setzen als Vorfelddelikte nach ihrer Struktur nicht voraus, dass überhaupt von den Mitgliedern der Vereinigung konkrete Straftaten begangen werden, solche müssen noch nicht einmal konkret geplant oder vorbereitet sein (vgl. BGH NJW 2005, 80, 81). Erst recht ist es nicht notwendig, dass bei den einzelnen Taten alle oder jeweils dieselben Mitglieder der Vereinigung aktiv werden; vielmehr ist auch eine Begehung in wechselnder Besetzung möglich (BGHSt 31, 202, 206). Mit Blick auf den Strafzweck der Vereinigungsdelikte (BGHSt 31, 202, 207; 41, 47, 51) ist es erforderlich , aber auch ausreichend, dass die Zwecke oder Tätigkeit der Vereinigung auf die Begehung solcher Delikte gerichtet ist.
51
Ebenso wenig hängt die Bewertung der Kameradschaft als kriminelle Vereinigung davon ab, ob eine ausdrückliche Festlegung dahin existierte, wer als Mitglied der Kameradschaft gelten sollte. Nach den Feststellungen sind jedenfalls diejenigen als Mitglied der Kameradschaft - das heißt als Person, die sich unter Eingliederung in die Organisation deren Willen unterordnet und eine Tätigkeit zur Förderung der kriminellen Ziele der Vereinigung entfaltet - anzusehen , die regelmäßig die Treffen im Bauhof besuchten. Es liegt nahe, dass dies auch für diejenigen anzunehmen ist, die an der Gründungsveranstaltung teilnahmen oder sich an der Wahl des Vorstands beteiligten. Somit lassen sich die Mitglieder der Kameradschaft auch ohne ausdrückliche Regelung hinreichend sicher von solchen Personen abgrenzen, die nicht auf Dauer oder zumindest längere Zeit am "Kameradschaftsleben" teilnahmen. Im Übrigen ist im Randbereich die Abgrenzung von Mitgliedern, Unterstützern und Sympathisanten einer Vereinigung häufig im Einzelfall problematisch; dies stellt jedoch nicht per se deren Existenz in Frage.
52
Zur Abgrenzung einer Vereinigung von sonstigem strafbaren Verhalten mehrerer Personen untauglich ist schließlich die Erwägung des Landgerichts, in dem gewählten Vorstand habe sich ein weibliches Mitglied befunden, Mädchen hätten jedoch an den Gewalttätigkeiten nicht teilnehmen sollen. Vor dem Hintergrund der aufgeführten Abgrenzungskriterien erschließt sich dem Senat der Sinn dieser Argumentation nicht.
53
3. Einen weiteren Rechtsfehler zu Gunsten oder zu Lasten (§ 301 StPO) der Angeklagten deckt die Revision nicht auf.
54
III. Für das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft bedeutet dies:
55
1. Obwohl die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Landgerichts die Voraussetzungen einer kriminellen Vereinigung belegen, kann der Senat nicht selbst in der Sache dahin entscheiden, dass die Angeklagten sich nach § 129 StGB strafbar gemacht haben.
56
Für die Angeklagten G. und R. folgt dies bereits daraus, dass diese vom Landgericht insgesamt freigesprochen worden sind. In solchen Fällen ist für eine entsprechende Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO regelmäßig kein Raum, wenn sich die Revision der Staatsanwaltschaft erfolgreich gegen den Freispruch eines Angeklagten wendet. Denn die auf einen Freispruch zugeschnittenen und daher bereits ihrer Natur nach ergänzungsbedürftigen Feststellungen bieten dem Revisionsgericht vor allem deshalb keine verlässliche Grundlage für eine den Angeklagten belastende Sachentscheidung, weil sie von Verfahrensfehlern betroffen sein können, die der Angeklagte nur aus dem Grund nicht rügen konnte, weil er durch sie nicht beschwert war. Ein Ausnahmefall , in dem die Aufhebung des Freispruchs durch das Revisionsgericht mit einem Schuldspruch verbunden werden kann, liegt hier nicht vor (vgl. Kuckein in KK 6. Aufl. § 354 Rdn. 13 m. w. N.).
57
Entsprechendes gilt auch für die Angeklagten T. sowie Tom und Peter W. . Da das Vergehen nach § 129 StGB mit den vom Landgericht abgeurteilten gefährlichen Körperverletzungen in Tateinheit stünde, hat die Strafkammer die genannten Angeklagten zwar zu Recht insoweit nicht formal - teilweise - freigesprochen. In der Sache konnten sich indes auch diese Angeklagten gegen die Feststellungen in dem sie nicht beschwerenden Teil des Urteils nicht angemessen zur Wehr setzen.
58
Hinzu kommt, dass allen Angeklagten durch die Staatsanwaltschaft nicht nur die mitgliedschaftliche Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung, sondern auch deren Gründung zur Last gelegt worden ist. Das Gründen einer kriminellen Vereinigung nach § 129 Abs. 1 StGB steht zu der weiteren Tatbestandsalternative der mitgliedschaftlichen Beteiligung an der Vereinigung jedenfalls dann im Verhältnis der Tateinheit, wenn sich die Beteiligung als Mitglied wie hier unmittelbar an das Gründen der Vereinigung anschließt. Seine frühere Auffassung , die mitgliedschaftliche Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung umfasse auch die Beteiligung des Mitglieds an der Gründung der Vereinigung mit der Folge, dass in diesen Fällen der Schuldspruch nur wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an der Vereinigung zu ergehen habe (BGH NStZ 2004, 385), gibt der Senat auf. Das Gründen einer kriminellen Vereinigung weist einen im Verhältnis zur Beteiligung als Mitglied selbstständigen Unrechtsgehalt auf. Dieser ist nicht nur bei der Bewertung des Schuldumfangs im Rahmen der Strafzumessung zu berücksichtigen. Das Erfordernis der Rechtsklarheit gebietet es vielmehr, bereits im Schuldspruch zu verdeutlichen, dass der Angeklagte über die mitgliedschaftliche Beteiligung hinaus eine weitere, eigenständige Tathandlung des § 129 Abs. 1 StGB verwirklicht hat. Zu den Einzelheiten des Gründungsvorgangs und dabei insbesondere den Tatbeiträgen der Angeklagten verhalten sich die Urteilsgründe indes nicht in dem für eine Sachentscheidung des Revisionsgerichts erforderlichen Umfang. Dies ist zwar vor dem Hintergrund der rechtlichen Auffassung des Landgerichts nachvollziehbar, die "Kameradschaft Sturm 34" sei nicht als kriminelle Vereinigung anzusehen und der Tatbestand des § 129 Abs. 1 StGB sei bereits aus diesem Grunde nicht verwirklicht. Dem Senat ist es auf dieser ungenügenden tatsächlichen Grundlage jedoch verwehrt, in der Sache durchzuerkennen.
59
2. Die somit auf die Revision der Staatsanwaltschaft gebotene Aufhebung des Urteils betrifft alle Angeklagten. Sie umfasst die angefochtene Entscheidung insoweit, als sie nicht wegen des Vergehens nach § 129 StGB verurteilt bzw. ausdrücklich freigesprochen worden sind. Miterfasst von der Aufhebung sind damit auch die abgeurteilten Taten (II. 1. bis 3. der Urteilsgründe); denn diese stünden im Falle einer Verurteilung wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung mit dem Organisationsdelikt nach § 129 Abs. 1 StGB in Tateinheit (BGHR StGB § 129 Konkurrenzen 1). Hieraus folgt auch, dass der Freispruch des Angeklagten R. vom Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung in Tateinheit mit Landfriedensbruch im Fall II. 2. der Urteilsgründe (Überfall an der Esso-Tankstelle in S. ) keinen Bestand haben kann.
60
Bereits aufgrund der wirksamen Beschränkung des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft von der Aufhebung nicht umfasst ist demgegenüber der Freispruch der Angeklagten T. und Tom W. vom gegenüber § 129 StGB selbstständigen Tatvorwurf der Volksverhetzung.
61
3. Die Feststellungen zu den einzelnen Taten II. 1. bis 3. der Urteilsgründe sind von dem Rechtsfehler nicht betroffen; sie können deshalb bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO). Dies betrifft auch die Feststellungen, die dem Freispruch des Angeklagten R. im Fall II. 2. der Urteilsgründe zugrunde liegen. Die Würdigung der Einlassung des Angeklagten, der seine Beteiligung an dieser Tat bestritten hat, sowie der erhobenen Beweise lässt revisionsrechtlich relevante Rechtsfehler (vgl. BGH NJW 2005, 2322, 2326) nicht erkennen.
62
C. Wiedereinsetzungsantrag des Angeklagten T.
63
Der Angeklagte T. hat seine Revision form- und fristgerecht eingelegt und mit der Sachrüge und einer verfahrensrechtlichen Beanstandung begründet. Er beantragt die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit dem Ziel, eine im Rahmen der erhobenen Verfahrensrüge nicht fristgerecht vorgelegte Seite eines Gerichtsbeschlusses nachreichen zu können.
64
Der Antrag hat keinen Erfolg. Die Wiedereinsetzung zur Ergänzung einer bereits erhobenen Verfahrensrüge ist grundsätzlich ausgeschlossen (MeyerGoßner , StPO 52. Aufl. § 44 Rdn. 7 b m. w. N.). Die Revisionsbegründungsfrist (§ 345 Abs. 1 StPO) ist bereits deshalb nicht versäumt, weil das Rechtsmittel fristgerecht mit der Sachrüge begründet worden ist. Aber auch die in Rede stehende Verfahrensrüge ist nicht verspätet, sondern allein in einer der gesetzlichen Formvorschrift des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO nicht genügenden Weise erhoben worden, weil der Beschluss des Landgerichts vom 4. Juli 2008 nicht vollständig mitgeteilt worden ist. Es widerspricht im Übrigen der Systematik des Revisionsverfahrens, in derartigen Fällen die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur formgerechten Begründung der Revisionsrüge zuzulassen, nachdem der Beschwerdeführer durch die Antragsschrift des Generalbundesanwalts (vgl. § 349 Abs. 2 und 3 StPO) von der Formwidrigkeit seiner Verfahrensrüge erfahren hat (BGH, Beschl. vom 9. April 2008 - 3 StR 28/08 - Rdn. 3; Beschl. vom 27. März 2008 - 3 StR 6/08 - Rdn. 5). Eine besondere Verfahrenslage, bei der ausnahmsweise zur Wahrung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) eine Wiedereinsetzung unerlässlich ist (vgl. BGHR StPO § 44 Verfahrensrüge 8; Meyer-Goßner aaO § 44 Rdn. 7 ff.), liegt nicht vor.
65
Im Übrigen bliebe die Rüge gemäß den Ausführungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts in der Sache ohne Erfolg.
66
D. Revisionen der Angeklagten T. sowie Tom und Peter W.
67
Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigungen hat aus den Gründen der jeweiligen Antragsschrift des Generalbundesanwalts keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben; deren Rechtsmittel sind deshalb unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
68
E. Der Senat weist für das weitere Verfahren auf Folgendes hin:
69
I. Die Feststellungen, die das neue Tatgericht insbesondere zum Tatvorwurf nach § 129 StGB zu treffen haben wird, dürfen die zu den Taten II. 1. bis 3. der Urteilsgründe aufrecht erhaltenen Feststellungen ergänzen, diesen aber nicht widersprechen.
70
II. Das neue Tatgericht wird ggf. bei der Bestimmung der angemessen Sanktion für den Angeklagten Tom W. zu bedenken haben, ob nach den § 105 Abs. 1, § 31 JGG eine einheitliche Jugendstrafe in Betracht kommt. Dabei wird es erforderlich sein, ergänzend den Vollstreckungsstand hinsichtlich der mitgeteilten Vorverurteilungen dieses Angeklagten festzustellen; dieser lässt sich den bisherigen Feststellungen nicht entnehmen.
71
III. Die Würdigung des Landgerichts, die Angeklagten T. sowie Tom und Peter W. hätten sich auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen zu den Taten II. 1. bis 3. der Urteilsgründe jeweils wegen gefährlicher Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB strafbar gemacht, ist als solche rechtsfehlerfrei. Dies gilt ebenfalls für die Wertung der Strafkammer, ein Schuldspruch wegen tateinheitlich verwirklichten Landfriedensbruchs (§§ 125, 125 a StGB) scheide aus. Schließlich lässt ihre Würdigung, auf der Grundlage der Feststellungen zur Tat II. 2. der Urteilsgründe sei der Angeklagte R. insoweit nicht wegen einer strafbaren Beteiligung an der gewalttätigen Auseinandersetzung zu verurteilen, Rechtsfehler nicht erkennen.
72
IV. Gelangt das neue Tatgericht zu der Auffassung, die Angeklagten T. sowie Tom und Peter W. seien der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung, u. U. in Tateinheit mit deren Gründung, schuldig und hätten sich daneben in den Fällen II. 1. bis 3. der Urteilsgründe jeweils wegen gefährlicher Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB strafbar gemacht, wären die Konkurrenzen wie folgt zu beurteilen:
73
Die mitgliedschaftliche Beteiligung der Angeklagten T. sowie Tom und Peter W. an der kriminellen Vereinigung und die von den Angeklagten begangenen gefährlichen Körperverletzungen stünden zueinander jeweils im Verhältnis der Tateinheit (§ 52 StGB); denn es handelte sich bei den Körperverletzungsdelikten um Straftaten, welche die Angeklagten als Mitglieder der kriminellen Vereinigung in Verfolgung von deren Zielen begingen (BGHSt 29, 288, 290). Da die gefährlichen Körperverletzungen nach § 224 StGB schwerer wiegen als das Vergehen nach § 129 Abs. 1 StGB, würden die einzelnen Gewalt- delikte nicht nach den Grundsätzen der Klammerwirkung durch die Organisationsstraftat zu einer materiellrechtlich insgesamt einheitlichen Tat verbunden (Rissing-van Saan in LK 12. Aufl. § 52 Rdn. 28 ff.); sie stünden vielmehr zueinander im Verhältnis der Tatmehrheit (§ 53 StGB).
74
Der neue Tatrichter wird gegebenenfalls, um das Konkurrenzverhältnis bei gleichartiger Tateinheit im Sinne des § 52 StGB kenntlich zu machen, in der Entscheidungsformel anzugeben haben, wie oft der Tatbestand der gefährlichen Körperverletzung jeweils verwirklicht wurde (vgl. Meyer-Goßner aaO § 260 Rdn. 26).
75
V. Mit Blick darauf, dass die Angeklagten G. und R. mit dem gewaltsamen Vorgehen der Kameradschaftsmitglieder nicht einverstanden waren und der Angeklagte R. sich den Polizeibehörden als Informant zur Verfügung stellte, erscheint jedenfalls nach den bisherigen Feststellungen die Wertung nicht völlig unbedenklich, beide hätten sich als Mitglied an der Vereinigung beteiligt. Denn dies erfordert, dass der Täter sich unter Eingliederung in die Organisation deren Willen unterordnet und eine Tätigkeit zur Förderung der Ziele der Organisation entfaltet (BGHSt 18, 296, 299 f.; BGH NStZ 1993, 37, 38).
Sollte das neue Tatgericht diese Voraussetzungen feststellen und eine Strafbarkeit der Angeklagten nach § 129 Abs. 1 StGB bejahen, wird es bei der Bestimmung der Rechtsfolgen jedenfalls die in § 129 Abs. 5 und 6 StGB enthaltenen Regelungen bzw. die hinter diesen Vorschriften stehen Rechtsgedanken nicht aus dem Blick verlieren dürfen. Becker von Lienen Sost-Scheible Schäfer Mayer

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet oder sich an einer Vereinigung als Mitglied beteiligt, deren Zweck oder Tätigkeit auf die Begehung von Straftaten gerichtet ist, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren bedroht sind. Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine solche Vereinigung unterstützt oder für sie um Mitglieder oder Unterstützer wirbt.

(2) Eine Vereinigung ist ein auf längere Dauer angelegter, von einer Festlegung von Rollen der Mitglieder, der Kontinuität der Mitgliedschaft und der Ausprägung der Struktur unabhängiger organisierter Zusammenschluss von mehr als zwei Personen zur Verfolgung eines übergeordneten gemeinsamen Interesses.

(3) Absatz 1 ist nicht anzuwenden,

1.
wenn die Vereinigung eine politische Partei ist, die das Bundesverfassungsgericht nicht für verfassungswidrig erklärt hat,
2.
wenn die Begehung von Straftaten nur ein Zweck oder eine Tätigkeit von untergeordneter Bedeutung ist oder
3.
soweit die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung Straftaten nach den §§ 84 bis 87 betreffen.

(4) Der Versuch, eine in Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 bezeichnete Vereinigung zu gründen, ist strafbar.

(5) In besonders schweren Fällen des Absatzes 1 Satz 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern der Vereinigung gehört. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren zu erkennen, wenn der Zweck oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet ist, in § 100b Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, b, d bis f und h bis o, Nummer 2 bis 8 und 10 der Strafprozessordnung genannte Straftaten mit Ausnahme der in § 100b Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe h der Strafprozessordnung genannten Straftaten nach den §§ 239a und 239b des Strafgesetzbuches zu begehen.

(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, von einer Bestrafung nach den Absätzen 1 und 4 absehen.

(7) Das Gericht kann die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von einer Bestrafung nach diesen Vorschriften absehen, wenn der Täter

1.
sich freiwillig und ernsthaft bemüht, das Fortbestehen der Vereinigung oder die Begehung einer ihren Zielen entsprechenden Straftat zu verhindern, oder
2.
freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, daß Straftaten, deren Planung er kennt, noch verhindert werden können;
erreicht der Täter sein Ziel, das Fortbestehen der Vereinigung zu verhindern, oder wird es ohne sein Bemühen erreicht, so wird er nicht bestraft.

(1) Die §§ 129 und 129a gelten auch für Vereinigungen im Ausland. Bezieht sich die Tat auf eine Vereinigung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, so gilt dies nur, wenn sie durch eine im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes ausgeübte Tätigkeit begangen wird oder wenn der Täter oder das Opfer Deutscher ist oder sich im Inland befindet. In den Fällen des Satzes 2 wird die Tat nur mit Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz verfolgt. Die Ermächtigung kann für den Einzelfall oder allgemein auch für die Verfolgung künftiger Taten erteilt werden, die sich auf eine bestimmte Vereinigung beziehen. Bei der Entscheidung über die Ermächtigung zieht das Ministerium in Betracht, ob die Bestrebungen der Vereinigung gegen die Grundwerte einer die Würde des Menschen achtenden staatlichen Ordnung oder gegen das friedliche Zusammenleben der Völker gerichtet sind und bei Abwägung aller Umstände als verwerflich erscheinen.

(2) In den Fällen der §§ 129 und 129a, jeweils auch in Verbindung mit Absatz 1, ist § 74a anzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
________________
StB 5/10
vom
14. April 2010
BGHR: ja
BGHSt: nein
Veröffentlichung: ja
__________________________
StGB § 129 Abs. 1, § 129 a Abs. 1, § 129 b Abs. 1 Satz 1 und 2
Haben sich Mitglieder einer ausländischen kriminellen oder terroristischen Vereinigung
im Inland zu einer organisatorischen Struktur zusammengeschlossen,
deren Zwecke oder Tätigkeit der Zielsetzung der ausländischen Vereinigung
entsprechen, so können sie sich nur dann tateinheitlich auch wegen Mitgliedschaft
in einer inländischen kriminellen Vereinigung strafbar machen, wenn ihre
inländische Organisation einen eigenständigen, von der ausländischen Vereinigung
unabhängigen Gesamtwillen bildet.
BGH, Beschl. vom 14. April 2010 - StB 5/10 - Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs
in dem Ermittlungsverfahren
gegen
wegen Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung
hier: Haftbeschwerde des Beschuldigten
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts am 14. April 2010 gemäß § 304 Abs. 5
StPO beschlossen:
1. Auf die Beschwerde des Beschuldigten wird der Haftbefehl des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 16. Dezember 2009 aufgehoben und durch den nachfolgenden Haftbefehl ersetzt: Der Beschuldigte ist in Untersuchungshaft zu nehmen. Er ist dringend verdächtig, sich jedenfalls in der Zeit zwischen Juli 2008 und Januar 2009 den srilankischen "Liberation Tigers of Tamil Eelam" (LTTE) angeschlossen und deren auf die Begehung von Mord oder Totschlag gerichtete Tätigkeit durch seine Mitarbeit im Büro des von ihnen eingerichteten "Tamil Coordination Committee" (TCC) in O. gefördert zu haben, indem er in deren Angelegenheiten Telefonanrufe entgegengenommen , ihm mitgeteilte Informationen an die zuständigen Personen weitergeleitet und begehrte Auskünfte erteilt hat; strafbar als mitgliedschaftliche Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union durch eine in der Bundesrepublik Deutschland ausgeübte Tätigkeit (§ 129 b Abs. 1 Satz 2, § 129 a Abs. 1 Nr. 1 StGB).
2. Dieser Haftbefehl wird aufgehoben werden, wenn das Bundesministerium der Justiz nicht binnen einer Woche nach Zugang dieses Beschlusses gegenüber dem Bundesgerichtshof - 3. Strafsenat - die Ermächtigung zur Strafverfolgung erteilt (§ 130 StPO, § 129 b Abs. 1 Satz 3, § 77 e StGB).
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
4. Der Antrag des Beschuldigten, die Vollziehung des Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 16. Dezember 2009 auszusetzen, ist damit gegenstandslos.

Gründe:

I.


1
Auf Antrag des Generalbundesanwalts hat der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs am 16. Dezember 2009 angeordnet, den Beschuldigten in Untersuchungshaft zu nehmen. Er hat den Beschuldigten für dringend verdächtig gehalten, sich jedenfalls ab Sommer 2008 als "Führungskader" des "Tamil Coordination Committee" (TCC) in O. mit mindestens sechs weiteren Personen zu dem Zweck zusammengeschlossen zu haben, von Deutschland aus den "Liberation Tigers of Tamil Eelam" (LTTE) in Sri Lanka Vermögensund Sachwerte zur Verfügung zu stellen und die entsprechenden Gelder von tamilischen Immigranten in Deutschland mit teilweise erpresserischen Mitteln einfordern zu lassen (Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung gemäß § 129 Abs. 1 StGB).
2
Nach der Festnahme des Beschuldigten am 3. März 2010 hat der Ermittlungsrichter mit Beschluss vom selben Tage den Haftbefehl aufrechterhalten und in Vollzug gesetzt. Seitdem befindet sich der Beschuldigte in Untersuchungshaft. Mit seiner gegen die Entscheidungen des Ermittlungsrichters gerichteten Beschwerde begehrt er die Aufhebung des Haftbefehls. Der Ermittlungsrichter hat der Beschwerde nicht abgeholfen; der Generalbundesanwalt tritt ihr entgegen.

II.


3
Auf die zulässige Beschwerde des Beschuldigten ist der Haftbefehl des Ermittlungsrichters aufzuheben und durch den aus der Beschlussformel ersichtlichen Haftbefehl zu ersetzen.
4
1. Die gegenwärtigen Erkenntnisse ergeben nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit, dass sich der Beschuldigte als Mitglied einer inländischen kriminellen Vereinigung nach § 129 Abs. 1 StGB angeschlossen hat. Der Beschuldigte ist indes dringend verdächtig, sich durch seine Mitarbeit im "Tamil Coordination Committee" (TCC) in O. an einer terroristischen Vereinigung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union - den srilankischen "Liberation Tigers of Tamil Eelam" (LTTE) - durch eine in der Bundesrepublik Deutschland ausgeübte Tätigkeit als Mitglied beteiligt zu haben (§ 129 b Abs. 1 Satz 2, § 129 a Abs. 1 Nr. 1 StGB).
5
a) Nach den vorliegenden Erkenntnissen ergibt sich im Sinne eines dringenden Tatverdachts folgender Sachverhalt:
6
aa) Allgemeinkundig entstanden die LTTE im Jahre 1976 durch den Zusammenschluss verschiedener tamilischer Bewegungen in Sri Lanka, deren gemeinsames Ziel die Loslösung des mehrheitlich von Tamilen besiedelten Nord- und Ostteils der Insel vom singhalesisch geprägten Reststaat war. Hierarchisch auf die Person ihres Führers Vellupillai Prabhakaran und dessen Ideologie ausgerichtet, verfolgten sie ihr Ziel eines selbständigen "Tamil Eelam" in erster Linie durch bewaffneten Kampf, der sich nicht nur gegen die srilankischen Regierungstruppen, sondern auch gegen rivalisierende Gruppierungen richtete. Bis 1986 gelang es ihnen, neben der Halbinsel Jaffna weite Teile der Nord- und der Ostprovinzen des Landes unter ihre Kontrolle zu bringen, wo sie nach und nach eigene staatsähnliche Strukturen schufen. Ab 2002 wurden dort ein zentrales "politisches Büro" mit Sitz in Kilinochchi sowie "Ministerien" für Justiz, Polizei, Finanzen und Verteidigung errichtet. Der zudem erhobene Alleinvertretungsanspruch für alle Tamilen weltweit führte in der Zuständigkeit eines "Außenministeriums" zur Entwicklung von Organisationsstrukturen auch über Sri Lanka hinaus. Der Finanzierung der LTTE dienten die in den besetzten Gebieten erhobenen "Steuern" und die "Spendengeldsammlungen" unter den Auslandstamilen.
7
Militärisch verfügten die LTTE über Infanterieeinheiten ("Tigers") sowie über eine Anzahl zu Kampfzwecken umgerüsteter Schnellboote ("Sea Tigers") und Flugzeuge ("Air Tigers"). Daneben unterhielten sie eine Spezialeinheit ("Black Tigers"), deren Aufgabe neben militärischen Kommandoaktionen auch Anschläge auf zivile Ziele waren. Ihren auf insgesamt mehr als 200 geschätzten Selbstmordattentaten fielen unter anderem am 21. Mai 1991 bei Madras der indische Premierminister Rajiv Ghandi und am 1. Mai 1993 in Colombo der srilankische Staatspräsident Ranasinghe Premadasa zum Opfer.
8
Im Guerillakampf mit ihrem abtrünnigen Kommandeur Muralitharan ("Karuna" ) verloren die LTTE ab 2004 zunächst die Ostprovinzen. Verstärkte Offensiven der Armee ab 2007 drängten sie weiter zurück, bis es im Frühjahr 2009 zu ihrer militärischen Zerschlagung kam. Ihr Führer Vellupillai Prabhakaran wurde am 18. Mai 2009 von srilankischen Regierungstruppen getötet.
9
bb) Die Strukturen des TCC erhellen sich in erster Linie aus den Angaben ihm unterstellter Gebietsverantwortlicher in mehreren Gesprächen mit dem Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg zwischen März 2006 und Januar 2007. Danach galt das TCC als die "LTTE in Deutschland" und dessen Leiter Sr. alias V. als der "Chef der LTTE für Deutschland". Zuständig war das TCC insbesondere für die politische Öffentlichkeitsarbeit und für die Geldsammlungen unter den in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Tamilen. Seine Vorgaben und Befehle erhielt es unmittelbar aus der Zentrale der LTTE in Kilinochchi. Bei seiner Arbeit stützte sich das TCC auf ein bundesweites, hierarchisch aufgebautes Netz aus Gebiets-, Stadt- und Raumverantwortlichen. Diese waren - wie die mindestens sechs weiteren im Büro des TCC in O. tätigen Personen - an die Weisungen des V. gebunden und ihm gegenüber rechenschaftspflichtig. Gleichermaßen hat der im O. er Büro für Pressearbeit und Behördenkontakte zuständige W. das TCC in einer Zeugenaussage beim Polizeipräsidium D. am 8. Mai 2007 als "politische Abteilung der LTTE für Deutschland" bezeichnet.
10
Bestätigt werden diese Angaben durch Erkenntnisse des Bundesamts für Verfassungsschutz aus der Überwachung des Post- und Telefonverkehrs des TCC im Rahmen von G 10 - Maßnahmen. Ein Telefongespräch belegt, dass die Funktionäre der LTTE in Sri Lanka Immigranten in Deutschland bei Fragen an das TCC verweisen (Sachakte Bd. II Reiter Erkenntnisse BfV Bl. 97). Tamilen in Deutschland, die sich schriftlich an das TCC wandten, bezeichneten dieses regelmäßig als "LTTE Deutschland" und dessen Leiter V. als "Verwalter" oder "Verantwortlichen" der "LTTE Deutschland" (Bl. 177, 183, 191, 198, 205, 209, 217, 235, 262). Andere Telefongespräche bestätigen die umfassenden Direktionsbefugnisse V. s innerhalb des TCC (Bl. 124, 126, 214 ff., 217).
11
cc) Der Beschuldigte hat sich, wie seine eigenen Äußerungen gegenüber Dritten belegen, gegenüber den LTTE zur Mitarbeit bereiterklärt, um die Freilassung seiner in Sri Lanka zwangsrekrutierten Schwester zu erreichen. Er wurde von den LTTE deshalb - ohne nennenswerte Bezahlung - dem Büro der TCC in O. zugewiesen, um dort zu "lernen"; danach sollte er nach Sri Lanka zurückkehren und sich dort anstelle der Schwester einer kämpfenden Einheit anschließen (Sachakte Bd. II Reiter Erkenntnisse BfV Bl. 113 - 116). Unter der Aliaspersonalie M. diente er als telefonischer Ansprechpartner nach außen, nahm Informationen für das Büro entgegen und erteilte Auskünfte allgemeiner Art, etwa zu Besprechungsterminen oder zum Undiyal-Banking, dem vom TCC organisierten privaten Geldtransfer hier wohnhafter Tamilen in die Heimat (Bl. 97, 132, 140, 147, 148).
12
Die Identität des M. mit dem Beschuldigten ergibt sich aus zwei Telefongesprächen , die vom Festnetzanschluss der TCC aus geführt wurden. Am 30. Juli 2008 rief ein R. seinen Vater an; der Angerufene führt den Namen S. (Bl. 108). Am 20. August 2008 sprach M. mit einer Verwandten , die ihn R. nannte; sie gab das Gespräch an eine andere Person weiter, die ihn als R. begrüßte (Bl. 115).
13
b) Danach ist das dem Beschuldigten vorgeworfene Tatgeschehen rechtlich wie folgt zu bewerten:
14
aa) Die LTTE waren - jedenfalls bis zu ihrer mutmaßlichen Zerschlagung durch die srilankischen Regierungstruppen im Frühjahr 2009 - eine Vereinigung, deren Zwecke und deren Tätigkeit (auch) darauf gerichtet waren, Mord oder Totschlag zu begehen (§ 129 a Abs. 1 Nr. 1 StGB). Sie bestand im Ausland außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (§ 129 b Abs. 1 Satz 1 und 2 StGB), denn der Schwerpunkt ihrer organisatorischen Strukturen und ihr eigentliches Aktionsfeld befanden sich in Sri Lanka. Allein der Umstand, dass die Strukturen und Aktivitäten einer Vereinigung teilweise in die Bundesrepublik Deutschland hereinreichen - hier: Einrichtung eines "Büros" als Kontaktstelle für Unterstützer und zur Vermittlung der Ziele in der Öffentlichkeit; Aufbau eines Netzes zur Erschließung von Finanzierungsquellen - macht sie noch nicht zu einer Vereinigung (auch) im Inland.
15
bb) Das TCC war keine selbständige Teilorganisation der LTTE in Deutschland; entgegen der Auffassung des Ermittlungsrichters und des Generalbundesanwalts bildeten dessen Mitglieder deshalb keine - neben die LTTE tretende - Vereinigung gemäß § 129 StGB.
16
(1) Eine Vereinigung im Sinne der Vorschriften der §§ 129 ff. StGB ist ein auf eine gewisse Dauer angelegter freiwilliger organisatorischer Zusammenschluss von mindestens drei Personen, die bei Unterordnung des Willens des Einzelnen unter den Willen der Gesamtheit gemeinsame Zwecke verfolgen und unter sich derart in Beziehung stehen, dass sie sich untereinander als einheitlicher Verband fühlen (st. Rspr.; zuletzt BGHSt 54, 69 = NJW 2009, 3448 Rdn. 116 m. w. N.). Diese Voraussetzungen sind hinsichtlich des TCC nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit belegt. Denn die bisherigen Erkenntnisse er- geben nicht, dass sich innerhalb der TCC eine eigenständige, von der ausländischen Vereinigung abgrenzbare Willensbildung vollzog.
17
Die Beziehungen der im TCC tätigen Personen untereinander erschöpften sich vielmehr in der gemeinsamen Mitgliedschaft in der LTTE. Das TCC war nicht nur eingegliedert in deren Hierarchie, sondern nach den Angaben des Beschuldigten oblag es allein der Entscheidung der LTTE, ob Personen in einer Einrichtung wie dem TCC oder in einer kämpfenden Einheit eingesetzt wurden. Auch nach außen hin trat das TCC auf als Repräsentanz der LTTE in Deutschland. Sein Leiter V. war zwar weisungsberechtigt gegenüber den anderen Mitarbeitern im TCC sowie den nachgeordneten Gebiets-, Stadt- und Raumverantwortlichen , unterstand aber selbst unmittelbar dem politischen Büro in Kilinochchi und war abhängig von dessen Weisungen. Gerade im Hinblick auf die Spendensammlungen verfügte das TCC nicht über Freiräume, aus denen sich die Gesamtorganisation zurückgezogen hätte. Die LTTE hatte die Beitreibung von Spenden in Deutschland nicht etwa aus ihrem Organisationsbereich ausgegliedert. Vielmehr gab es in Sri Lanka Zuständige für die "Auslandsfinanzen" (Sachakte Bd. II Reiter Erkenntnisse BfV Bl. 22). Die eigene Nähe der LTTE zu den "Spendensammlungen" wird aber vor allem dadurch belegt, dass sie angebliche Zahlungspflichten in Deutschland lebender Tamilen ausschließlich mittels Verschleppung oder Zwangsrekrutierung von Familienangehörigen in Sri Lanka durchzusetzen trachtete (Bl. 11, 25, 93). Nach dem derzeitigen Erkenntnisstand kam dem TCC damit lediglich die Funktion zu, die Entscheidungsprozesse der ausländischen Kernorganisation bei gleichzeitiger Unterordnung unter deren Willensbildung im Inland umzusetzen und zu vollstrecken. Angesichts dieser Umstände sind dringende Anhaltspunkte für einen eigenständigen, von der ausländischen Vereinigung unabhängigen Willensbildungsprozess der TCC nicht ersichtlich.

18
(2) Eine eigene Willensbildung ist jedoch für eine Strafbarkeit nach § 129 StGB auch dann nicht entbehrlich, wenn sich im Inland organisatorische Strukturen zur Unterstützung der Ziele einer ausländischen Vereinigung gebildet haben. Zwar ist der Bundesgerichtshof in früheren Entscheidungen von einer Anwendbarkeit der §§ 129, 129 a StGB ausgegangen, wenn die ausländische Vereinigung zumindest in Form einer Teilorganisation auch auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland existierte und diese ihrerseits die Voraussetzungen der §§ 129, 129 a StGB erfüllte, wobei in diesen Fallkonstellationen nicht verlangt wurde, dass sich die organisierte Willensbildung innerhalb der inländischen Teilorganisation vollzog. Es genügte vielmehr, dass deren Mitglieder in die Willensbildung der ausländischen oder internationalen Organisation integriert waren und sich den auf dieser Ebene getroffenen Entschlüssen gegebenenfalls unter Zurückstellung ihrer individuellen Meinungen unterwarfen (vgl. BGH NJW 1966, 310, 312; BGH, Beschl. vom 12. Oktober 2001 - AK 14/01; Krauß in LK 12. Aufl. § 129 Rdn. 36; Schmidt NStZ-RR 2002, 161).
19
An dieser Auffassung kann aber mit Blick auf die Einführung des § 129 b StGB durch das 34. StrÄndG vom 22. August 2002 nicht mehr festgehalten werden. Die hierdurch veränderte Rechtslage lässt vielmehr die Verfolgung eines Mitglieds oder Unterstützers einer ausländischen Vereinigung (auch) unter dem Gesichtspunkt der Mitgliedschaft in oder Unterstützung einer inländischen Teilorganisation nach §§ 129, 129 a StGB nur noch dann zu, wenn die inländische Teilorganisation unabhängig von der ausländischen Gesamtorganisation auch einen eigenen Willensbildungsprozess vollzieht, dem sich ihre Mitglieder unterwerfen. Dies ergibt sich aus Folgendem:
20
§ 129 b StGB erfasst - soweit hier von Belang - nunmehr jede Beteiligung an einer ausländischen terroristischen Vereinigung durch eine im Inland ausgeübte Tätigkeit. Auf das Vorhandensein von Organisationsstrukturen der Vereinigung im Inland kommt es dabei nicht an. Es ist gerade die für § 129 b Abs. 1 Satz 2 1. Alt. StGB typische Fallgestaltung, dass das Handeln des Täters im Inland bestimmt wird durch seine Einbindung in die ausländische Organisation und seine Unterwerfung unter die auf deren Ebene getroffenen Entscheidungen. Dabei macht es keinen Unterschied, ob es bei isoliertem Handeln eines Einzelnen verbleibt oder ob die Vorgaben der Gesamtorganisation ein Zusammenwirken des Täters mit anderen Beteiligten im Inland bedingen, denn allein aus einer gemeinschaftlichen Beteiligungshandlung im Inland lässt sich das Bestehen einer gesonderten Vereinigung im Sinne der §§ 129, 129 a StGB nicht ableiten.
21
Bilden die im Inland handelnden Mitglieder einer ausländischen Vereinigung keinen eigenständigen Gesamtwillen, so weist die Tat auch keinen Unrechtsgehalt auf, der über den bereits von § 129 b Abs. 1 Satz 2 1. Alt. StGB erfassten hinausginge. Strafgrund der §§ 129 ff. StGB ist die erhöhte kriminelle Intensität, die in der Gründung oder Fortführung einer festgefügten Organisation ihren Ausdruck findet, die kraft der ihr innewohnenden Eigendynamik eine erhöhte Gefährlichkeit für wichtige Rechtsgüter der Gemeinschaft mit sich bringt (BGHSt 31, 202, 207). Diese für größere Personenzusammenschlüsse typische Eigendynamik hat ihre spezifische Gefährlichkeit darin, dass sie geeignet ist, dem einzelnen Beteiligten die Begehung von Straftaten zu erleichtern und bei ihm das Gefühl persönlicher Verantwortung zurückzudrängen (BGH NJW 1992, 1518). Ohne eine organisierte und auf Dauer angelegte Bildung eines Gesamtwillens , dem sich die einzelnen Mitglieder unter Zurückstellung ihrer individuellen Meinungen unterwerfen, kann sich eine solche Eigendynamik indes nicht entfalten (vgl. Miebach/Schäfer in MünchKomm-StGB § 129 Rdn. 4). Mangelt es der inländischen Gruppierung also an einer eigenständigen organisierten Willensbildung, so kann sie die bereits von der Gesamtorganisation ausgehende (abstrakte) Gefährdung der Allgemeinheit nicht noch weiter intensivieren.
22
Des weiteren knüpft § 129 b Abs. 1 Satz 2 und 3 StGB die Verfolgung der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union auch dann an eine Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz und damit an eine besondere Prozessvoraussetzung (Krauß aaO Rdn. 31), wenn die Tat durch eine im Inland ausgeübte Tätigkeit begangen wird. Das Ermächtigungserfordernis dient der Wahrung der außenpolitischen Belange der Bundesrepublik Deutschland; so können gegen eine "undifferenzierte" Strafverfolgung dann durchgreifende Bedenken bestehen, wenn ein Prozess der Verständigung zwischen den Beteiligten an einem bewaffneten Konflikt im Ausland eingeleitet wurde (BTDrucks. 14/8893 S. 8). Es entspricht damit einer gesetzgeberischen Grundentscheidung , die Verfolgung einer Tat im Sinne des § 129 b Abs. 1 Satz 2 1. Alt. StGB von der Prüfung abhängig zu machen, ob solche Belange im Einzelfall berührt sein können. Diese würde umgangen, nähme man unter Verzicht auf das Merkmal der eigenständigen Willensbildung gleichzeitig eine inländische Vereinigung an.
23
cc) Der Beschuldigte ist dringend verdächtig, sich den LTTE als Mitglied angeschlossen zu haben.
24
(1) Der Beteiligung an einer ausländischen Vereinigung als Mitglied steht - anders als der Generalbundesanwalt nunmehr in der Erwiderung auf die Beschwerde meint - nicht entgegen, dass sich der Täter ausschließlich im Inland und damit außerhalb des unmittelbaren Betätigungsgebiets der Kernorganisation aufgehalten hat; in einem solchen Falle bedürfen nur die tatbestandlichen Voraussetzungen der Mitgliedschaft besonderer Prüfung (BGHSt 54, 69 = NJW 2009, 3448 Rdn. 128). Die mitgliedschaftliche Beteiligung setzt allgemein voraus , dass der Täter sich, getragen von beiderseitigem übereinstimmendem Willen und angelegt auf eine gewisse Dauer, in die Organisation eingliedert, sich ihrem Willen unterordnet und eine aktive Tätigkeit zur Förderung ihrer Ziele entfaltet (BGH aaO Rdn. 123). Nach den oben dargelegten Erkenntnissen sind diese Voraussetzungen gegeben, denn der Beschuldigte hat sich willentlich in die nach Deutschland hineinreichende Hierarchie der LTTE eingegliedert und dort die ihm von der Organisation zugedachten Funktionen übernommen.
25
(2) Zwar hat sich der Beschuldigte zur Mitarbeit bei den LTTE nur deshalb bereiterklärt, weil er die Entlassung seiner in Sri Lanka zwangsrekrutierten Schwester erreichen wollte. Es spricht aber nichts für eine solche Zwangslage des Beschuldigten, dass er sich ohne willentliche Übereinstimmung mit der Organisation lediglich dem autoritären Verlangen ihrer Verantwortlichen unterworfen hätte. Der Mitgliedschaft steht auch nicht entgegen, dass die Tätigkeit des Beschuldigten von untergeordneter Art blieb, denn er hat dennoch den Zusammenhalt der Organisation gestärkt und zur Verwirklichung ihrer Ziele beigetragen. Gleichwohl ist festzuhalten, dass beide Umstände die Tat in milderem Licht erscheinen lassen und die Straferwartung deutlich einschränken.
26
2. Es besteht der Haftgrund des § 112 Abs. 3 StPO. Nach den Umständen ist zu besorgen, dass ohne die Festnahme des Beschuldigten die Verfolgung der Tat gefährdet wäre. Trotz der eingeschränkten Straferwartung bleibt eine nicht unerhebliche Wahrscheinlichkeit, dass sich der Beschuldigte, auf freien Fuß gesetzt, dem weiteren Strafverfahren durch Ausreise entziehen wird.
Er ist srilankischer Staatsangehöriger, hat in Sri Lanka familiäre Bindungen und ist nur für einen von vornherein begrenzten Zeitraum in der Bundesrepublik Deutschland eingereist. Weniger einschneidende Maßnahmen können den Zweck der Untersuchungshaft nicht erreichen (§ 116 Abs. 1 StPO). Der Beschuldigte ist nach den vorliegenden Erkenntnissen eingebunden in die nach Deutschland hereinreichenden Strukturen der LTTE und verfügt so über ein Netzwerk von Unterstützern, das ihm auch entgegen möglichen Auflagen und Weisungen ein Untertauchen wesentlich erleichtert.
27
3. Die Fortdauer der Untersuchungshaft ist noch verhältnismäßig. Erteilt das Bundesministerium der Justiz die erforderliche Ermächtigung zur Strafverfolgung (nachfolgend 4.), wird das Verfahren indes, auch wegen der eingeschränkten Straferwartung, alsbald zum Abschluss zu bringen sein. Weitere Ermittlungsansätze, die zur Vertiefung des Tatvorwurfs gegen den Beschuldigten führen könnten, sind gegenwärtig nicht ersichtlich. Der Senat geht deshalb davon aus, dass die Anklage noch vor der Haftprüfung nach § 121 Abs. 1 StPO erhoben werden kann.
28
4. Der Anordnung der Untersuchungshaft steht nicht entgegen, dass das Bundesministerium der Justiz am 28. Oktober 2009 erklärt hat, die nach § 129 b Abs. 1 Satz 3 StGB erforderliche Ermächtigung zur Strafverfolgung nicht zu erteilen. Ein endgültiges Verfahrenshindernis ist damit nicht eingetreten, denn nach dem Wortlaut der Erklärung hat das Bundesministerium der Justiz auf eine Ermächtigung nicht verzichtet. Es ist lediglich davon ausgegangen, eine Strafverfolgung werde auch ohne Ermächtigung möglich sein.
29
Indes ist dem Bundesministerium der Justiz nunmehr gemäß § 130 StPO eine Erklärungsfrist zu setzen, denn der Haftbefehl lässt sich nach den bisherigen Ermittlungen ausschließlich auf den dringenden Verdacht der Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung stützen. Insbesondere haben sich über das Organisationsdelikt hinaus keine Hinweise auf konkrete dem Beschuldigten zuzurechnende Ausführungstaten ergeben.
Sost-Scheible Pfister Mayer

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet oder sich an einer Vereinigung als Mitglied beteiligt, deren Zweck oder Tätigkeit auf die Begehung von Straftaten gerichtet ist, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren bedroht sind. Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine solche Vereinigung unterstützt oder für sie um Mitglieder oder Unterstützer wirbt.

(2) Eine Vereinigung ist ein auf längere Dauer angelegter, von einer Festlegung von Rollen der Mitglieder, der Kontinuität der Mitgliedschaft und der Ausprägung der Struktur unabhängiger organisierter Zusammenschluss von mehr als zwei Personen zur Verfolgung eines übergeordneten gemeinsamen Interesses.

(3) Absatz 1 ist nicht anzuwenden,

1.
wenn die Vereinigung eine politische Partei ist, die das Bundesverfassungsgericht nicht für verfassungswidrig erklärt hat,
2.
wenn die Begehung von Straftaten nur ein Zweck oder eine Tätigkeit von untergeordneter Bedeutung ist oder
3.
soweit die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung Straftaten nach den §§ 84 bis 87 betreffen.

(4) Der Versuch, eine in Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 bezeichnete Vereinigung zu gründen, ist strafbar.

(5) In besonders schweren Fällen des Absatzes 1 Satz 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern der Vereinigung gehört. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren zu erkennen, wenn der Zweck oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet ist, in § 100b Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, b, d bis f und h bis o, Nummer 2 bis 8 und 10 der Strafprozessordnung genannte Straftaten mit Ausnahme der in § 100b Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe h der Strafprozessordnung genannten Straftaten nach den §§ 239a und 239b des Strafgesetzbuches zu begehen.

(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, von einer Bestrafung nach den Absätzen 1 und 4 absehen.

(7) Das Gericht kann die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von einer Bestrafung nach diesen Vorschriften absehen, wenn der Täter

1.
sich freiwillig und ernsthaft bemüht, das Fortbestehen der Vereinigung oder die Begehung einer ihren Zielen entsprechenden Straftat zu verhindern, oder
2.
freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, daß Straftaten, deren Planung er kennt, noch verhindert werden können;
erreicht der Täter sein Ziel, das Fortbestehen der Vereinigung zu verhindern, oder wird es ohne sein Bemühen erreicht, so wird er nicht bestraft.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
________________
StB 5/10
vom
14. April 2010
BGHR: ja
BGHSt: nein
Veröffentlichung: ja
__________________________
StGB § 129 Abs. 1, § 129 a Abs. 1, § 129 b Abs. 1 Satz 1 und 2
Haben sich Mitglieder einer ausländischen kriminellen oder terroristischen Vereinigung
im Inland zu einer organisatorischen Struktur zusammengeschlossen,
deren Zwecke oder Tätigkeit der Zielsetzung der ausländischen Vereinigung
entsprechen, so können sie sich nur dann tateinheitlich auch wegen Mitgliedschaft
in einer inländischen kriminellen Vereinigung strafbar machen, wenn ihre
inländische Organisation einen eigenständigen, von der ausländischen Vereinigung
unabhängigen Gesamtwillen bildet.
BGH, Beschl. vom 14. April 2010 - StB 5/10 - Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs
in dem Ermittlungsverfahren
gegen
wegen Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung
hier: Haftbeschwerde des Beschuldigten
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts am 14. April 2010 gemäß § 304 Abs. 5
StPO beschlossen:
1. Auf die Beschwerde des Beschuldigten wird der Haftbefehl des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 16. Dezember 2009 aufgehoben und durch den nachfolgenden Haftbefehl ersetzt: Der Beschuldigte ist in Untersuchungshaft zu nehmen. Er ist dringend verdächtig, sich jedenfalls in der Zeit zwischen Juli 2008 und Januar 2009 den srilankischen "Liberation Tigers of Tamil Eelam" (LTTE) angeschlossen und deren auf die Begehung von Mord oder Totschlag gerichtete Tätigkeit durch seine Mitarbeit im Büro des von ihnen eingerichteten "Tamil Coordination Committee" (TCC) in O. gefördert zu haben, indem er in deren Angelegenheiten Telefonanrufe entgegengenommen , ihm mitgeteilte Informationen an die zuständigen Personen weitergeleitet und begehrte Auskünfte erteilt hat; strafbar als mitgliedschaftliche Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union durch eine in der Bundesrepublik Deutschland ausgeübte Tätigkeit (§ 129 b Abs. 1 Satz 2, § 129 a Abs. 1 Nr. 1 StGB).
2. Dieser Haftbefehl wird aufgehoben werden, wenn das Bundesministerium der Justiz nicht binnen einer Woche nach Zugang dieses Beschlusses gegenüber dem Bundesgerichtshof - 3. Strafsenat - die Ermächtigung zur Strafverfolgung erteilt (§ 130 StPO, § 129 b Abs. 1 Satz 3, § 77 e StGB).
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
4. Der Antrag des Beschuldigten, die Vollziehung des Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 16. Dezember 2009 auszusetzen, ist damit gegenstandslos.

Gründe:

I.


1
Auf Antrag des Generalbundesanwalts hat der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs am 16. Dezember 2009 angeordnet, den Beschuldigten in Untersuchungshaft zu nehmen. Er hat den Beschuldigten für dringend verdächtig gehalten, sich jedenfalls ab Sommer 2008 als "Führungskader" des "Tamil Coordination Committee" (TCC) in O. mit mindestens sechs weiteren Personen zu dem Zweck zusammengeschlossen zu haben, von Deutschland aus den "Liberation Tigers of Tamil Eelam" (LTTE) in Sri Lanka Vermögensund Sachwerte zur Verfügung zu stellen und die entsprechenden Gelder von tamilischen Immigranten in Deutschland mit teilweise erpresserischen Mitteln einfordern zu lassen (Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung gemäß § 129 Abs. 1 StGB).
2
Nach der Festnahme des Beschuldigten am 3. März 2010 hat der Ermittlungsrichter mit Beschluss vom selben Tage den Haftbefehl aufrechterhalten und in Vollzug gesetzt. Seitdem befindet sich der Beschuldigte in Untersuchungshaft. Mit seiner gegen die Entscheidungen des Ermittlungsrichters gerichteten Beschwerde begehrt er die Aufhebung des Haftbefehls. Der Ermittlungsrichter hat der Beschwerde nicht abgeholfen; der Generalbundesanwalt tritt ihr entgegen.

II.


3
Auf die zulässige Beschwerde des Beschuldigten ist der Haftbefehl des Ermittlungsrichters aufzuheben und durch den aus der Beschlussformel ersichtlichen Haftbefehl zu ersetzen.
4
1. Die gegenwärtigen Erkenntnisse ergeben nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit, dass sich der Beschuldigte als Mitglied einer inländischen kriminellen Vereinigung nach § 129 Abs. 1 StGB angeschlossen hat. Der Beschuldigte ist indes dringend verdächtig, sich durch seine Mitarbeit im "Tamil Coordination Committee" (TCC) in O. an einer terroristischen Vereinigung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union - den srilankischen "Liberation Tigers of Tamil Eelam" (LTTE) - durch eine in der Bundesrepublik Deutschland ausgeübte Tätigkeit als Mitglied beteiligt zu haben (§ 129 b Abs. 1 Satz 2, § 129 a Abs. 1 Nr. 1 StGB).
5
a) Nach den vorliegenden Erkenntnissen ergibt sich im Sinne eines dringenden Tatverdachts folgender Sachverhalt:
6
aa) Allgemeinkundig entstanden die LTTE im Jahre 1976 durch den Zusammenschluss verschiedener tamilischer Bewegungen in Sri Lanka, deren gemeinsames Ziel die Loslösung des mehrheitlich von Tamilen besiedelten Nord- und Ostteils der Insel vom singhalesisch geprägten Reststaat war. Hierarchisch auf die Person ihres Führers Vellupillai Prabhakaran und dessen Ideologie ausgerichtet, verfolgten sie ihr Ziel eines selbständigen "Tamil Eelam" in erster Linie durch bewaffneten Kampf, der sich nicht nur gegen die srilankischen Regierungstruppen, sondern auch gegen rivalisierende Gruppierungen richtete. Bis 1986 gelang es ihnen, neben der Halbinsel Jaffna weite Teile der Nord- und der Ostprovinzen des Landes unter ihre Kontrolle zu bringen, wo sie nach und nach eigene staatsähnliche Strukturen schufen. Ab 2002 wurden dort ein zentrales "politisches Büro" mit Sitz in Kilinochchi sowie "Ministerien" für Justiz, Polizei, Finanzen und Verteidigung errichtet. Der zudem erhobene Alleinvertretungsanspruch für alle Tamilen weltweit führte in der Zuständigkeit eines "Außenministeriums" zur Entwicklung von Organisationsstrukturen auch über Sri Lanka hinaus. Der Finanzierung der LTTE dienten die in den besetzten Gebieten erhobenen "Steuern" und die "Spendengeldsammlungen" unter den Auslandstamilen.
7
Militärisch verfügten die LTTE über Infanterieeinheiten ("Tigers") sowie über eine Anzahl zu Kampfzwecken umgerüsteter Schnellboote ("Sea Tigers") und Flugzeuge ("Air Tigers"). Daneben unterhielten sie eine Spezialeinheit ("Black Tigers"), deren Aufgabe neben militärischen Kommandoaktionen auch Anschläge auf zivile Ziele waren. Ihren auf insgesamt mehr als 200 geschätzten Selbstmordattentaten fielen unter anderem am 21. Mai 1991 bei Madras der indische Premierminister Rajiv Ghandi und am 1. Mai 1993 in Colombo der srilankische Staatspräsident Ranasinghe Premadasa zum Opfer.
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Im Guerillakampf mit ihrem abtrünnigen Kommandeur Muralitharan ("Karuna" ) verloren die LTTE ab 2004 zunächst die Ostprovinzen. Verstärkte Offensiven der Armee ab 2007 drängten sie weiter zurück, bis es im Frühjahr 2009 zu ihrer militärischen Zerschlagung kam. Ihr Führer Vellupillai Prabhakaran wurde am 18. Mai 2009 von srilankischen Regierungstruppen getötet.
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bb) Die Strukturen des TCC erhellen sich in erster Linie aus den Angaben ihm unterstellter Gebietsverantwortlicher in mehreren Gesprächen mit dem Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg zwischen März 2006 und Januar 2007. Danach galt das TCC als die "LTTE in Deutschland" und dessen Leiter Sr. alias V. als der "Chef der LTTE für Deutschland". Zuständig war das TCC insbesondere für die politische Öffentlichkeitsarbeit und für die Geldsammlungen unter den in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Tamilen. Seine Vorgaben und Befehle erhielt es unmittelbar aus der Zentrale der LTTE in Kilinochchi. Bei seiner Arbeit stützte sich das TCC auf ein bundesweites, hierarchisch aufgebautes Netz aus Gebiets-, Stadt- und Raumverantwortlichen. Diese waren - wie die mindestens sechs weiteren im Büro des TCC in O. tätigen Personen - an die Weisungen des V. gebunden und ihm gegenüber rechenschaftspflichtig. Gleichermaßen hat der im O. er Büro für Pressearbeit und Behördenkontakte zuständige W. das TCC in einer Zeugenaussage beim Polizeipräsidium D. am 8. Mai 2007 als "politische Abteilung der LTTE für Deutschland" bezeichnet.
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Bestätigt werden diese Angaben durch Erkenntnisse des Bundesamts für Verfassungsschutz aus der Überwachung des Post- und Telefonverkehrs des TCC im Rahmen von G 10 - Maßnahmen. Ein Telefongespräch belegt, dass die Funktionäre der LTTE in Sri Lanka Immigranten in Deutschland bei Fragen an das TCC verweisen (Sachakte Bd. II Reiter Erkenntnisse BfV Bl. 97). Tamilen in Deutschland, die sich schriftlich an das TCC wandten, bezeichneten dieses regelmäßig als "LTTE Deutschland" und dessen Leiter V. als "Verwalter" oder "Verantwortlichen" der "LTTE Deutschland" (Bl. 177, 183, 191, 198, 205, 209, 217, 235, 262). Andere Telefongespräche bestätigen die umfassenden Direktionsbefugnisse V. s innerhalb des TCC (Bl. 124, 126, 214 ff., 217).
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cc) Der Beschuldigte hat sich, wie seine eigenen Äußerungen gegenüber Dritten belegen, gegenüber den LTTE zur Mitarbeit bereiterklärt, um die Freilassung seiner in Sri Lanka zwangsrekrutierten Schwester zu erreichen. Er wurde von den LTTE deshalb - ohne nennenswerte Bezahlung - dem Büro der TCC in O. zugewiesen, um dort zu "lernen"; danach sollte er nach Sri Lanka zurückkehren und sich dort anstelle der Schwester einer kämpfenden Einheit anschließen (Sachakte Bd. II Reiter Erkenntnisse BfV Bl. 113 - 116). Unter der Aliaspersonalie M. diente er als telefonischer Ansprechpartner nach außen, nahm Informationen für das Büro entgegen und erteilte Auskünfte allgemeiner Art, etwa zu Besprechungsterminen oder zum Undiyal-Banking, dem vom TCC organisierten privaten Geldtransfer hier wohnhafter Tamilen in die Heimat (Bl. 97, 132, 140, 147, 148).
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Die Identität des M. mit dem Beschuldigten ergibt sich aus zwei Telefongesprächen , die vom Festnetzanschluss der TCC aus geführt wurden. Am 30. Juli 2008 rief ein R. seinen Vater an; der Angerufene führt den Namen S. (Bl. 108). Am 20. August 2008 sprach M. mit einer Verwandten , die ihn R. nannte; sie gab das Gespräch an eine andere Person weiter, die ihn als R. begrüßte (Bl. 115).
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b) Danach ist das dem Beschuldigten vorgeworfene Tatgeschehen rechtlich wie folgt zu bewerten:
14
aa) Die LTTE waren - jedenfalls bis zu ihrer mutmaßlichen Zerschlagung durch die srilankischen Regierungstruppen im Frühjahr 2009 - eine Vereinigung, deren Zwecke und deren Tätigkeit (auch) darauf gerichtet waren, Mord oder Totschlag zu begehen (§ 129 a Abs. 1 Nr. 1 StGB). Sie bestand im Ausland außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (§ 129 b Abs. 1 Satz 1 und 2 StGB), denn der Schwerpunkt ihrer organisatorischen Strukturen und ihr eigentliches Aktionsfeld befanden sich in Sri Lanka. Allein der Umstand, dass die Strukturen und Aktivitäten einer Vereinigung teilweise in die Bundesrepublik Deutschland hereinreichen - hier: Einrichtung eines "Büros" als Kontaktstelle für Unterstützer und zur Vermittlung der Ziele in der Öffentlichkeit; Aufbau eines Netzes zur Erschließung von Finanzierungsquellen - macht sie noch nicht zu einer Vereinigung (auch) im Inland.
15
bb) Das TCC war keine selbständige Teilorganisation der LTTE in Deutschland; entgegen der Auffassung des Ermittlungsrichters und des Generalbundesanwalts bildeten dessen Mitglieder deshalb keine - neben die LTTE tretende - Vereinigung gemäß § 129 StGB.
16
(1) Eine Vereinigung im Sinne der Vorschriften der §§ 129 ff. StGB ist ein auf eine gewisse Dauer angelegter freiwilliger organisatorischer Zusammenschluss von mindestens drei Personen, die bei Unterordnung des Willens des Einzelnen unter den Willen der Gesamtheit gemeinsame Zwecke verfolgen und unter sich derart in Beziehung stehen, dass sie sich untereinander als einheitlicher Verband fühlen (st. Rspr.; zuletzt BGHSt 54, 69 = NJW 2009, 3448 Rdn. 116 m. w. N.). Diese Voraussetzungen sind hinsichtlich des TCC nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit belegt. Denn die bisherigen Erkenntnisse er- geben nicht, dass sich innerhalb der TCC eine eigenständige, von der ausländischen Vereinigung abgrenzbare Willensbildung vollzog.
17
Die Beziehungen der im TCC tätigen Personen untereinander erschöpften sich vielmehr in der gemeinsamen Mitgliedschaft in der LTTE. Das TCC war nicht nur eingegliedert in deren Hierarchie, sondern nach den Angaben des Beschuldigten oblag es allein der Entscheidung der LTTE, ob Personen in einer Einrichtung wie dem TCC oder in einer kämpfenden Einheit eingesetzt wurden. Auch nach außen hin trat das TCC auf als Repräsentanz der LTTE in Deutschland. Sein Leiter V. war zwar weisungsberechtigt gegenüber den anderen Mitarbeitern im TCC sowie den nachgeordneten Gebiets-, Stadt- und Raumverantwortlichen , unterstand aber selbst unmittelbar dem politischen Büro in Kilinochchi und war abhängig von dessen Weisungen. Gerade im Hinblick auf die Spendensammlungen verfügte das TCC nicht über Freiräume, aus denen sich die Gesamtorganisation zurückgezogen hätte. Die LTTE hatte die Beitreibung von Spenden in Deutschland nicht etwa aus ihrem Organisationsbereich ausgegliedert. Vielmehr gab es in Sri Lanka Zuständige für die "Auslandsfinanzen" (Sachakte Bd. II Reiter Erkenntnisse BfV Bl. 22). Die eigene Nähe der LTTE zu den "Spendensammlungen" wird aber vor allem dadurch belegt, dass sie angebliche Zahlungspflichten in Deutschland lebender Tamilen ausschließlich mittels Verschleppung oder Zwangsrekrutierung von Familienangehörigen in Sri Lanka durchzusetzen trachtete (Bl. 11, 25, 93). Nach dem derzeitigen Erkenntnisstand kam dem TCC damit lediglich die Funktion zu, die Entscheidungsprozesse der ausländischen Kernorganisation bei gleichzeitiger Unterordnung unter deren Willensbildung im Inland umzusetzen und zu vollstrecken. Angesichts dieser Umstände sind dringende Anhaltspunkte für einen eigenständigen, von der ausländischen Vereinigung unabhängigen Willensbildungsprozess der TCC nicht ersichtlich.

18
(2) Eine eigene Willensbildung ist jedoch für eine Strafbarkeit nach § 129 StGB auch dann nicht entbehrlich, wenn sich im Inland organisatorische Strukturen zur Unterstützung der Ziele einer ausländischen Vereinigung gebildet haben. Zwar ist der Bundesgerichtshof in früheren Entscheidungen von einer Anwendbarkeit der §§ 129, 129 a StGB ausgegangen, wenn die ausländische Vereinigung zumindest in Form einer Teilorganisation auch auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland existierte und diese ihrerseits die Voraussetzungen der §§ 129, 129 a StGB erfüllte, wobei in diesen Fallkonstellationen nicht verlangt wurde, dass sich die organisierte Willensbildung innerhalb der inländischen Teilorganisation vollzog. Es genügte vielmehr, dass deren Mitglieder in die Willensbildung der ausländischen oder internationalen Organisation integriert waren und sich den auf dieser Ebene getroffenen Entschlüssen gegebenenfalls unter Zurückstellung ihrer individuellen Meinungen unterwarfen (vgl. BGH NJW 1966, 310, 312; BGH, Beschl. vom 12. Oktober 2001 - AK 14/01; Krauß in LK 12. Aufl. § 129 Rdn. 36; Schmidt NStZ-RR 2002, 161).
19
An dieser Auffassung kann aber mit Blick auf die Einführung des § 129 b StGB durch das 34. StrÄndG vom 22. August 2002 nicht mehr festgehalten werden. Die hierdurch veränderte Rechtslage lässt vielmehr die Verfolgung eines Mitglieds oder Unterstützers einer ausländischen Vereinigung (auch) unter dem Gesichtspunkt der Mitgliedschaft in oder Unterstützung einer inländischen Teilorganisation nach §§ 129, 129 a StGB nur noch dann zu, wenn die inländische Teilorganisation unabhängig von der ausländischen Gesamtorganisation auch einen eigenen Willensbildungsprozess vollzieht, dem sich ihre Mitglieder unterwerfen. Dies ergibt sich aus Folgendem:
20
§ 129 b StGB erfasst - soweit hier von Belang - nunmehr jede Beteiligung an einer ausländischen terroristischen Vereinigung durch eine im Inland ausgeübte Tätigkeit. Auf das Vorhandensein von Organisationsstrukturen der Vereinigung im Inland kommt es dabei nicht an. Es ist gerade die für § 129 b Abs. 1 Satz 2 1. Alt. StGB typische Fallgestaltung, dass das Handeln des Täters im Inland bestimmt wird durch seine Einbindung in die ausländische Organisation und seine Unterwerfung unter die auf deren Ebene getroffenen Entscheidungen. Dabei macht es keinen Unterschied, ob es bei isoliertem Handeln eines Einzelnen verbleibt oder ob die Vorgaben der Gesamtorganisation ein Zusammenwirken des Täters mit anderen Beteiligten im Inland bedingen, denn allein aus einer gemeinschaftlichen Beteiligungshandlung im Inland lässt sich das Bestehen einer gesonderten Vereinigung im Sinne der §§ 129, 129 a StGB nicht ableiten.
21
Bilden die im Inland handelnden Mitglieder einer ausländischen Vereinigung keinen eigenständigen Gesamtwillen, so weist die Tat auch keinen Unrechtsgehalt auf, der über den bereits von § 129 b Abs. 1 Satz 2 1. Alt. StGB erfassten hinausginge. Strafgrund der §§ 129 ff. StGB ist die erhöhte kriminelle Intensität, die in der Gründung oder Fortführung einer festgefügten Organisation ihren Ausdruck findet, die kraft der ihr innewohnenden Eigendynamik eine erhöhte Gefährlichkeit für wichtige Rechtsgüter der Gemeinschaft mit sich bringt (BGHSt 31, 202, 207). Diese für größere Personenzusammenschlüsse typische Eigendynamik hat ihre spezifische Gefährlichkeit darin, dass sie geeignet ist, dem einzelnen Beteiligten die Begehung von Straftaten zu erleichtern und bei ihm das Gefühl persönlicher Verantwortung zurückzudrängen (BGH NJW 1992, 1518). Ohne eine organisierte und auf Dauer angelegte Bildung eines Gesamtwillens , dem sich die einzelnen Mitglieder unter Zurückstellung ihrer individuellen Meinungen unterwerfen, kann sich eine solche Eigendynamik indes nicht entfalten (vgl. Miebach/Schäfer in MünchKomm-StGB § 129 Rdn. 4). Mangelt es der inländischen Gruppierung also an einer eigenständigen organisierten Willensbildung, so kann sie die bereits von der Gesamtorganisation ausgehende (abstrakte) Gefährdung der Allgemeinheit nicht noch weiter intensivieren.
22
Des weiteren knüpft § 129 b Abs. 1 Satz 2 und 3 StGB die Verfolgung der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union auch dann an eine Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz und damit an eine besondere Prozessvoraussetzung (Krauß aaO Rdn. 31), wenn die Tat durch eine im Inland ausgeübte Tätigkeit begangen wird. Das Ermächtigungserfordernis dient der Wahrung der außenpolitischen Belange der Bundesrepublik Deutschland; so können gegen eine "undifferenzierte" Strafverfolgung dann durchgreifende Bedenken bestehen, wenn ein Prozess der Verständigung zwischen den Beteiligten an einem bewaffneten Konflikt im Ausland eingeleitet wurde (BTDrucks. 14/8893 S. 8). Es entspricht damit einer gesetzgeberischen Grundentscheidung , die Verfolgung einer Tat im Sinne des § 129 b Abs. 1 Satz 2 1. Alt. StGB von der Prüfung abhängig zu machen, ob solche Belange im Einzelfall berührt sein können. Diese würde umgangen, nähme man unter Verzicht auf das Merkmal der eigenständigen Willensbildung gleichzeitig eine inländische Vereinigung an.
23
cc) Der Beschuldigte ist dringend verdächtig, sich den LTTE als Mitglied angeschlossen zu haben.
24
(1) Der Beteiligung an einer ausländischen Vereinigung als Mitglied steht - anders als der Generalbundesanwalt nunmehr in der Erwiderung auf die Beschwerde meint - nicht entgegen, dass sich der Täter ausschließlich im Inland und damit außerhalb des unmittelbaren Betätigungsgebiets der Kernorganisation aufgehalten hat; in einem solchen Falle bedürfen nur die tatbestandlichen Voraussetzungen der Mitgliedschaft besonderer Prüfung (BGHSt 54, 69 = NJW 2009, 3448 Rdn. 128). Die mitgliedschaftliche Beteiligung setzt allgemein voraus , dass der Täter sich, getragen von beiderseitigem übereinstimmendem Willen und angelegt auf eine gewisse Dauer, in die Organisation eingliedert, sich ihrem Willen unterordnet und eine aktive Tätigkeit zur Förderung ihrer Ziele entfaltet (BGH aaO Rdn. 123). Nach den oben dargelegten Erkenntnissen sind diese Voraussetzungen gegeben, denn der Beschuldigte hat sich willentlich in die nach Deutschland hineinreichende Hierarchie der LTTE eingegliedert und dort die ihm von der Organisation zugedachten Funktionen übernommen.
25
(2) Zwar hat sich der Beschuldigte zur Mitarbeit bei den LTTE nur deshalb bereiterklärt, weil er die Entlassung seiner in Sri Lanka zwangsrekrutierten Schwester erreichen wollte. Es spricht aber nichts für eine solche Zwangslage des Beschuldigten, dass er sich ohne willentliche Übereinstimmung mit der Organisation lediglich dem autoritären Verlangen ihrer Verantwortlichen unterworfen hätte. Der Mitgliedschaft steht auch nicht entgegen, dass die Tätigkeit des Beschuldigten von untergeordneter Art blieb, denn er hat dennoch den Zusammenhalt der Organisation gestärkt und zur Verwirklichung ihrer Ziele beigetragen. Gleichwohl ist festzuhalten, dass beide Umstände die Tat in milderem Licht erscheinen lassen und die Straferwartung deutlich einschränken.
26
2. Es besteht der Haftgrund des § 112 Abs. 3 StPO. Nach den Umständen ist zu besorgen, dass ohne die Festnahme des Beschuldigten die Verfolgung der Tat gefährdet wäre. Trotz der eingeschränkten Straferwartung bleibt eine nicht unerhebliche Wahrscheinlichkeit, dass sich der Beschuldigte, auf freien Fuß gesetzt, dem weiteren Strafverfahren durch Ausreise entziehen wird.
Er ist srilankischer Staatsangehöriger, hat in Sri Lanka familiäre Bindungen und ist nur für einen von vornherein begrenzten Zeitraum in der Bundesrepublik Deutschland eingereist. Weniger einschneidende Maßnahmen können den Zweck der Untersuchungshaft nicht erreichen (§ 116 Abs. 1 StPO). Der Beschuldigte ist nach den vorliegenden Erkenntnissen eingebunden in die nach Deutschland hereinreichenden Strukturen der LTTE und verfügt so über ein Netzwerk von Unterstützern, das ihm auch entgegen möglichen Auflagen und Weisungen ein Untertauchen wesentlich erleichtert.
27
3. Die Fortdauer der Untersuchungshaft ist noch verhältnismäßig. Erteilt das Bundesministerium der Justiz die erforderliche Ermächtigung zur Strafverfolgung (nachfolgend 4.), wird das Verfahren indes, auch wegen der eingeschränkten Straferwartung, alsbald zum Abschluss zu bringen sein. Weitere Ermittlungsansätze, die zur Vertiefung des Tatvorwurfs gegen den Beschuldigten führen könnten, sind gegenwärtig nicht ersichtlich. Der Senat geht deshalb davon aus, dass die Anklage noch vor der Haftprüfung nach § 121 Abs. 1 StPO erhoben werden kann.
28
4. Der Anordnung der Untersuchungshaft steht nicht entgegen, dass das Bundesministerium der Justiz am 28. Oktober 2009 erklärt hat, die nach § 129 b Abs. 1 Satz 3 StGB erforderliche Ermächtigung zur Strafverfolgung nicht zu erteilen. Ein endgültiges Verfahrenshindernis ist damit nicht eingetreten, denn nach dem Wortlaut der Erklärung hat das Bundesministerium der Justiz auf eine Ermächtigung nicht verzichtet. Es ist lediglich davon ausgegangen, eine Strafverfolgung werde auch ohne Ermächtigung möglich sein.
29
Indes ist dem Bundesministerium der Justiz nunmehr gemäß § 130 StPO eine Erklärungsfrist zu setzen, denn der Haftbefehl lässt sich nach den bisherigen Ermittlungen ausschließlich auf den dringenden Verdacht der Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung stützen. Insbesondere haben sich über das Organisationsdelikt hinaus keine Hinweise auf konkrete dem Beschuldigten zuzurechnende Ausführungstaten ergeben.
Sost-Scheible Pfister Mayer

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet oder sich an einer Vereinigung als Mitglied beteiligt, deren Zweck oder Tätigkeit auf die Begehung von Straftaten gerichtet ist, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren bedroht sind. Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine solche Vereinigung unterstützt oder für sie um Mitglieder oder Unterstützer wirbt.

(2) Eine Vereinigung ist ein auf längere Dauer angelegter, von einer Festlegung von Rollen der Mitglieder, der Kontinuität der Mitgliedschaft und der Ausprägung der Struktur unabhängiger organisierter Zusammenschluss von mehr als zwei Personen zur Verfolgung eines übergeordneten gemeinsamen Interesses.

(3) Absatz 1 ist nicht anzuwenden,

1.
wenn die Vereinigung eine politische Partei ist, die das Bundesverfassungsgericht nicht für verfassungswidrig erklärt hat,
2.
wenn die Begehung von Straftaten nur ein Zweck oder eine Tätigkeit von untergeordneter Bedeutung ist oder
3.
soweit die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung Straftaten nach den §§ 84 bis 87 betreffen.

(4) Der Versuch, eine in Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 bezeichnete Vereinigung zu gründen, ist strafbar.

(5) In besonders schweren Fällen des Absatzes 1 Satz 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern der Vereinigung gehört. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren zu erkennen, wenn der Zweck oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet ist, in § 100b Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, b, d bis f und h bis o, Nummer 2 bis 8 und 10 der Strafprozessordnung genannte Straftaten mit Ausnahme der in § 100b Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe h der Strafprozessordnung genannten Straftaten nach den §§ 239a und 239b des Strafgesetzbuches zu begehen.

(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, von einer Bestrafung nach den Absätzen 1 und 4 absehen.

(7) Das Gericht kann die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von einer Bestrafung nach diesen Vorschriften absehen, wenn der Täter

1.
sich freiwillig und ernsthaft bemüht, das Fortbestehen der Vereinigung oder die Begehung einer ihren Zielen entsprechenden Straftat zu verhindern, oder
2.
freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, daß Straftaten, deren Planung er kennt, noch verhindert werden können;
erreicht der Täter sein Ziel, das Fortbestehen der Vereinigung zu verhindern, oder wird es ohne sein Bemühen erreicht, so wird er nicht bestraft.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
________________
StB 5/10
vom
14. April 2010
BGHR: ja
BGHSt: nein
Veröffentlichung: ja
__________________________
StGB § 129 Abs. 1, § 129 a Abs. 1, § 129 b Abs. 1 Satz 1 und 2
Haben sich Mitglieder einer ausländischen kriminellen oder terroristischen Vereinigung
im Inland zu einer organisatorischen Struktur zusammengeschlossen,
deren Zwecke oder Tätigkeit der Zielsetzung der ausländischen Vereinigung
entsprechen, so können sie sich nur dann tateinheitlich auch wegen Mitgliedschaft
in einer inländischen kriminellen Vereinigung strafbar machen, wenn ihre
inländische Organisation einen eigenständigen, von der ausländischen Vereinigung
unabhängigen Gesamtwillen bildet.
BGH, Beschl. vom 14. April 2010 - StB 5/10 - Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs
in dem Ermittlungsverfahren
gegen
wegen Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung
hier: Haftbeschwerde des Beschuldigten
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts am 14. April 2010 gemäß § 304 Abs. 5
StPO beschlossen:
1. Auf die Beschwerde des Beschuldigten wird der Haftbefehl des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 16. Dezember 2009 aufgehoben und durch den nachfolgenden Haftbefehl ersetzt: Der Beschuldigte ist in Untersuchungshaft zu nehmen. Er ist dringend verdächtig, sich jedenfalls in der Zeit zwischen Juli 2008 und Januar 2009 den srilankischen "Liberation Tigers of Tamil Eelam" (LTTE) angeschlossen und deren auf die Begehung von Mord oder Totschlag gerichtete Tätigkeit durch seine Mitarbeit im Büro des von ihnen eingerichteten "Tamil Coordination Committee" (TCC) in O. gefördert zu haben, indem er in deren Angelegenheiten Telefonanrufe entgegengenommen , ihm mitgeteilte Informationen an die zuständigen Personen weitergeleitet und begehrte Auskünfte erteilt hat; strafbar als mitgliedschaftliche Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union durch eine in der Bundesrepublik Deutschland ausgeübte Tätigkeit (§ 129 b Abs. 1 Satz 2, § 129 a Abs. 1 Nr. 1 StGB).
2. Dieser Haftbefehl wird aufgehoben werden, wenn das Bundesministerium der Justiz nicht binnen einer Woche nach Zugang dieses Beschlusses gegenüber dem Bundesgerichtshof - 3. Strafsenat - die Ermächtigung zur Strafverfolgung erteilt (§ 130 StPO, § 129 b Abs. 1 Satz 3, § 77 e StGB).
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
4. Der Antrag des Beschuldigten, die Vollziehung des Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 16. Dezember 2009 auszusetzen, ist damit gegenstandslos.

Gründe:

I.


1
Auf Antrag des Generalbundesanwalts hat der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs am 16. Dezember 2009 angeordnet, den Beschuldigten in Untersuchungshaft zu nehmen. Er hat den Beschuldigten für dringend verdächtig gehalten, sich jedenfalls ab Sommer 2008 als "Führungskader" des "Tamil Coordination Committee" (TCC) in O. mit mindestens sechs weiteren Personen zu dem Zweck zusammengeschlossen zu haben, von Deutschland aus den "Liberation Tigers of Tamil Eelam" (LTTE) in Sri Lanka Vermögensund Sachwerte zur Verfügung zu stellen und die entsprechenden Gelder von tamilischen Immigranten in Deutschland mit teilweise erpresserischen Mitteln einfordern zu lassen (Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung gemäß § 129 Abs. 1 StGB).
2
Nach der Festnahme des Beschuldigten am 3. März 2010 hat der Ermittlungsrichter mit Beschluss vom selben Tage den Haftbefehl aufrechterhalten und in Vollzug gesetzt. Seitdem befindet sich der Beschuldigte in Untersuchungshaft. Mit seiner gegen die Entscheidungen des Ermittlungsrichters gerichteten Beschwerde begehrt er die Aufhebung des Haftbefehls. Der Ermittlungsrichter hat der Beschwerde nicht abgeholfen; der Generalbundesanwalt tritt ihr entgegen.

II.


3
Auf die zulässige Beschwerde des Beschuldigten ist der Haftbefehl des Ermittlungsrichters aufzuheben und durch den aus der Beschlussformel ersichtlichen Haftbefehl zu ersetzen.
4
1. Die gegenwärtigen Erkenntnisse ergeben nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit, dass sich der Beschuldigte als Mitglied einer inländischen kriminellen Vereinigung nach § 129 Abs. 1 StGB angeschlossen hat. Der Beschuldigte ist indes dringend verdächtig, sich durch seine Mitarbeit im "Tamil Coordination Committee" (TCC) in O. an einer terroristischen Vereinigung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union - den srilankischen "Liberation Tigers of Tamil Eelam" (LTTE) - durch eine in der Bundesrepublik Deutschland ausgeübte Tätigkeit als Mitglied beteiligt zu haben (§ 129 b Abs. 1 Satz 2, § 129 a Abs. 1 Nr. 1 StGB).
5
a) Nach den vorliegenden Erkenntnissen ergibt sich im Sinne eines dringenden Tatverdachts folgender Sachverhalt:
6
aa) Allgemeinkundig entstanden die LTTE im Jahre 1976 durch den Zusammenschluss verschiedener tamilischer Bewegungen in Sri Lanka, deren gemeinsames Ziel die Loslösung des mehrheitlich von Tamilen besiedelten Nord- und Ostteils der Insel vom singhalesisch geprägten Reststaat war. Hierarchisch auf die Person ihres Führers Vellupillai Prabhakaran und dessen Ideologie ausgerichtet, verfolgten sie ihr Ziel eines selbständigen "Tamil Eelam" in erster Linie durch bewaffneten Kampf, der sich nicht nur gegen die srilankischen Regierungstruppen, sondern auch gegen rivalisierende Gruppierungen richtete. Bis 1986 gelang es ihnen, neben der Halbinsel Jaffna weite Teile der Nord- und der Ostprovinzen des Landes unter ihre Kontrolle zu bringen, wo sie nach und nach eigene staatsähnliche Strukturen schufen. Ab 2002 wurden dort ein zentrales "politisches Büro" mit Sitz in Kilinochchi sowie "Ministerien" für Justiz, Polizei, Finanzen und Verteidigung errichtet. Der zudem erhobene Alleinvertretungsanspruch für alle Tamilen weltweit führte in der Zuständigkeit eines "Außenministeriums" zur Entwicklung von Organisationsstrukturen auch über Sri Lanka hinaus. Der Finanzierung der LTTE dienten die in den besetzten Gebieten erhobenen "Steuern" und die "Spendengeldsammlungen" unter den Auslandstamilen.
7
Militärisch verfügten die LTTE über Infanterieeinheiten ("Tigers") sowie über eine Anzahl zu Kampfzwecken umgerüsteter Schnellboote ("Sea Tigers") und Flugzeuge ("Air Tigers"). Daneben unterhielten sie eine Spezialeinheit ("Black Tigers"), deren Aufgabe neben militärischen Kommandoaktionen auch Anschläge auf zivile Ziele waren. Ihren auf insgesamt mehr als 200 geschätzten Selbstmordattentaten fielen unter anderem am 21. Mai 1991 bei Madras der indische Premierminister Rajiv Ghandi und am 1. Mai 1993 in Colombo der srilankische Staatspräsident Ranasinghe Premadasa zum Opfer.
8
Im Guerillakampf mit ihrem abtrünnigen Kommandeur Muralitharan ("Karuna" ) verloren die LTTE ab 2004 zunächst die Ostprovinzen. Verstärkte Offensiven der Armee ab 2007 drängten sie weiter zurück, bis es im Frühjahr 2009 zu ihrer militärischen Zerschlagung kam. Ihr Führer Vellupillai Prabhakaran wurde am 18. Mai 2009 von srilankischen Regierungstruppen getötet.
9
bb) Die Strukturen des TCC erhellen sich in erster Linie aus den Angaben ihm unterstellter Gebietsverantwortlicher in mehreren Gesprächen mit dem Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg zwischen März 2006 und Januar 2007. Danach galt das TCC als die "LTTE in Deutschland" und dessen Leiter Sr. alias V. als der "Chef der LTTE für Deutschland". Zuständig war das TCC insbesondere für die politische Öffentlichkeitsarbeit und für die Geldsammlungen unter den in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Tamilen. Seine Vorgaben und Befehle erhielt es unmittelbar aus der Zentrale der LTTE in Kilinochchi. Bei seiner Arbeit stützte sich das TCC auf ein bundesweites, hierarchisch aufgebautes Netz aus Gebiets-, Stadt- und Raumverantwortlichen. Diese waren - wie die mindestens sechs weiteren im Büro des TCC in O. tätigen Personen - an die Weisungen des V. gebunden und ihm gegenüber rechenschaftspflichtig. Gleichermaßen hat der im O. er Büro für Pressearbeit und Behördenkontakte zuständige W. das TCC in einer Zeugenaussage beim Polizeipräsidium D. am 8. Mai 2007 als "politische Abteilung der LTTE für Deutschland" bezeichnet.
10
Bestätigt werden diese Angaben durch Erkenntnisse des Bundesamts für Verfassungsschutz aus der Überwachung des Post- und Telefonverkehrs des TCC im Rahmen von G 10 - Maßnahmen. Ein Telefongespräch belegt, dass die Funktionäre der LTTE in Sri Lanka Immigranten in Deutschland bei Fragen an das TCC verweisen (Sachakte Bd. II Reiter Erkenntnisse BfV Bl. 97). Tamilen in Deutschland, die sich schriftlich an das TCC wandten, bezeichneten dieses regelmäßig als "LTTE Deutschland" und dessen Leiter V. als "Verwalter" oder "Verantwortlichen" der "LTTE Deutschland" (Bl. 177, 183, 191, 198, 205, 209, 217, 235, 262). Andere Telefongespräche bestätigen die umfassenden Direktionsbefugnisse V. s innerhalb des TCC (Bl. 124, 126, 214 ff., 217).
11
cc) Der Beschuldigte hat sich, wie seine eigenen Äußerungen gegenüber Dritten belegen, gegenüber den LTTE zur Mitarbeit bereiterklärt, um die Freilassung seiner in Sri Lanka zwangsrekrutierten Schwester zu erreichen. Er wurde von den LTTE deshalb - ohne nennenswerte Bezahlung - dem Büro der TCC in O. zugewiesen, um dort zu "lernen"; danach sollte er nach Sri Lanka zurückkehren und sich dort anstelle der Schwester einer kämpfenden Einheit anschließen (Sachakte Bd. II Reiter Erkenntnisse BfV Bl. 113 - 116). Unter der Aliaspersonalie M. diente er als telefonischer Ansprechpartner nach außen, nahm Informationen für das Büro entgegen und erteilte Auskünfte allgemeiner Art, etwa zu Besprechungsterminen oder zum Undiyal-Banking, dem vom TCC organisierten privaten Geldtransfer hier wohnhafter Tamilen in die Heimat (Bl. 97, 132, 140, 147, 148).
12
Die Identität des M. mit dem Beschuldigten ergibt sich aus zwei Telefongesprächen , die vom Festnetzanschluss der TCC aus geführt wurden. Am 30. Juli 2008 rief ein R. seinen Vater an; der Angerufene führt den Namen S. (Bl. 108). Am 20. August 2008 sprach M. mit einer Verwandten , die ihn R. nannte; sie gab das Gespräch an eine andere Person weiter, die ihn als R. begrüßte (Bl. 115).
13
b) Danach ist das dem Beschuldigten vorgeworfene Tatgeschehen rechtlich wie folgt zu bewerten:
14
aa) Die LTTE waren - jedenfalls bis zu ihrer mutmaßlichen Zerschlagung durch die srilankischen Regierungstruppen im Frühjahr 2009 - eine Vereinigung, deren Zwecke und deren Tätigkeit (auch) darauf gerichtet waren, Mord oder Totschlag zu begehen (§ 129 a Abs. 1 Nr. 1 StGB). Sie bestand im Ausland außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (§ 129 b Abs. 1 Satz 1 und 2 StGB), denn der Schwerpunkt ihrer organisatorischen Strukturen und ihr eigentliches Aktionsfeld befanden sich in Sri Lanka. Allein der Umstand, dass die Strukturen und Aktivitäten einer Vereinigung teilweise in die Bundesrepublik Deutschland hereinreichen - hier: Einrichtung eines "Büros" als Kontaktstelle für Unterstützer und zur Vermittlung der Ziele in der Öffentlichkeit; Aufbau eines Netzes zur Erschließung von Finanzierungsquellen - macht sie noch nicht zu einer Vereinigung (auch) im Inland.
15
bb) Das TCC war keine selbständige Teilorganisation der LTTE in Deutschland; entgegen der Auffassung des Ermittlungsrichters und des Generalbundesanwalts bildeten dessen Mitglieder deshalb keine - neben die LTTE tretende - Vereinigung gemäß § 129 StGB.
16
(1) Eine Vereinigung im Sinne der Vorschriften der §§ 129 ff. StGB ist ein auf eine gewisse Dauer angelegter freiwilliger organisatorischer Zusammenschluss von mindestens drei Personen, die bei Unterordnung des Willens des Einzelnen unter den Willen der Gesamtheit gemeinsame Zwecke verfolgen und unter sich derart in Beziehung stehen, dass sie sich untereinander als einheitlicher Verband fühlen (st. Rspr.; zuletzt BGHSt 54, 69 = NJW 2009, 3448 Rdn. 116 m. w. N.). Diese Voraussetzungen sind hinsichtlich des TCC nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit belegt. Denn die bisherigen Erkenntnisse er- geben nicht, dass sich innerhalb der TCC eine eigenständige, von der ausländischen Vereinigung abgrenzbare Willensbildung vollzog.
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Die Beziehungen der im TCC tätigen Personen untereinander erschöpften sich vielmehr in der gemeinsamen Mitgliedschaft in der LTTE. Das TCC war nicht nur eingegliedert in deren Hierarchie, sondern nach den Angaben des Beschuldigten oblag es allein der Entscheidung der LTTE, ob Personen in einer Einrichtung wie dem TCC oder in einer kämpfenden Einheit eingesetzt wurden. Auch nach außen hin trat das TCC auf als Repräsentanz der LTTE in Deutschland. Sein Leiter V. war zwar weisungsberechtigt gegenüber den anderen Mitarbeitern im TCC sowie den nachgeordneten Gebiets-, Stadt- und Raumverantwortlichen , unterstand aber selbst unmittelbar dem politischen Büro in Kilinochchi und war abhängig von dessen Weisungen. Gerade im Hinblick auf die Spendensammlungen verfügte das TCC nicht über Freiräume, aus denen sich die Gesamtorganisation zurückgezogen hätte. Die LTTE hatte die Beitreibung von Spenden in Deutschland nicht etwa aus ihrem Organisationsbereich ausgegliedert. Vielmehr gab es in Sri Lanka Zuständige für die "Auslandsfinanzen" (Sachakte Bd. II Reiter Erkenntnisse BfV Bl. 22). Die eigene Nähe der LTTE zu den "Spendensammlungen" wird aber vor allem dadurch belegt, dass sie angebliche Zahlungspflichten in Deutschland lebender Tamilen ausschließlich mittels Verschleppung oder Zwangsrekrutierung von Familienangehörigen in Sri Lanka durchzusetzen trachtete (Bl. 11, 25, 93). Nach dem derzeitigen Erkenntnisstand kam dem TCC damit lediglich die Funktion zu, die Entscheidungsprozesse der ausländischen Kernorganisation bei gleichzeitiger Unterordnung unter deren Willensbildung im Inland umzusetzen und zu vollstrecken. Angesichts dieser Umstände sind dringende Anhaltspunkte für einen eigenständigen, von der ausländischen Vereinigung unabhängigen Willensbildungsprozess der TCC nicht ersichtlich.

18
(2) Eine eigene Willensbildung ist jedoch für eine Strafbarkeit nach § 129 StGB auch dann nicht entbehrlich, wenn sich im Inland organisatorische Strukturen zur Unterstützung der Ziele einer ausländischen Vereinigung gebildet haben. Zwar ist der Bundesgerichtshof in früheren Entscheidungen von einer Anwendbarkeit der §§ 129, 129 a StGB ausgegangen, wenn die ausländische Vereinigung zumindest in Form einer Teilorganisation auch auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland existierte und diese ihrerseits die Voraussetzungen der §§ 129, 129 a StGB erfüllte, wobei in diesen Fallkonstellationen nicht verlangt wurde, dass sich die organisierte Willensbildung innerhalb der inländischen Teilorganisation vollzog. Es genügte vielmehr, dass deren Mitglieder in die Willensbildung der ausländischen oder internationalen Organisation integriert waren und sich den auf dieser Ebene getroffenen Entschlüssen gegebenenfalls unter Zurückstellung ihrer individuellen Meinungen unterwarfen (vgl. BGH NJW 1966, 310, 312; BGH, Beschl. vom 12. Oktober 2001 - AK 14/01; Krauß in LK 12. Aufl. § 129 Rdn. 36; Schmidt NStZ-RR 2002, 161).
19
An dieser Auffassung kann aber mit Blick auf die Einführung des § 129 b StGB durch das 34. StrÄndG vom 22. August 2002 nicht mehr festgehalten werden. Die hierdurch veränderte Rechtslage lässt vielmehr die Verfolgung eines Mitglieds oder Unterstützers einer ausländischen Vereinigung (auch) unter dem Gesichtspunkt der Mitgliedschaft in oder Unterstützung einer inländischen Teilorganisation nach §§ 129, 129 a StGB nur noch dann zu, wenn die inländische Teilorganisation unabhängig von der ausländischen Gesamtorganisation auch einen eigenen Willensbildungsprozess vollzieht, dem sich ihre Mitglieder unterwerfen. Dies ergibt sich aus Folgendem:
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§ 129 b StGB erfasst - soweit hier von Belang - nunmehr jede Beteiligung an einer ausländischen terroristischen Vereinigung durch eine im Inland ausgeübte Tätigkeit. Auf das Vorhandensein von Organisationsstrukturen der Vereinigung im Inland kommt es dabei nicht an. Es ist gerade die für § 129 b Abs. 1 Satz 2 1. Alt. StGB typische Fallgestaltung, dass das Handeln des Täters im Inland bestimmt wird durch seine Einbindung in die ausländische Organisation und seine Unterwerfung unter die auf deren Ebene getroffenen Entscheidungen. Dabei macht es keinen Unterschied, ob es bei isoliertem Handeln eines Einzelnen verbleibt oder ob die Vorgaben der Gesamtorganisation ein Zusammenwirken des Täters mit anderen Beteiligten im Inland bedingen, denn allein aus einer gemeinschaftlichen Beteiligungshandlung im Inland lässt sich das Bestehen einer gesonderten Vereinigung im Sinne der §§ 129, 129 a StGB nicht ableiten.
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Bilden die im Inland handelnden Mitglieder einer ausländischen Vereinigung keinen eigenständigen Gesamtwillen, so weist die Tat auch keinen Unrechtsgehalt auf, der über den bereits von § 129 b Abs. 1 Satz 2 1. Alt. StGB erfassten hinausginge. Strafgrund der §§ 129 ff. StGB ist die erhöhte kriminelle Intensität, die in der Gründung oder Fortführung einer festgefügten Organisation ihren Ausdruck findet, die kraft der ihr innewohnenden Eigendynamik eine erhöhte Gefährlichkeit für wichtige Rechtsgüter der Gemeinschaft mit sich bringt (BGHSt 31, 202, 207). Diese für größere Personenzusammenschlüsse typische Eigendynamik hat ihre spezifische Gefährlichkeit darin, dass sie geeignet ist, dem einzelnen Beteiligten die Begehung von Straftaten zu erleichtern und bei ihm das Gefühl persönlicher Verantwortung zurückzudrängen (BGH NJW 1992, 1518). Ohne eine organisierte und auf Dauer angelegte Bildung eines Gesamtwillens , dem sich die einzelnen Mitglieder unter Zurückstellung ihrer individuellen Meinungen unterwerfen, kann sich eine solche Eigendynamik indes nicht entfalten (vgl. Miebach/Schäfer in MünchKomm-StGB § 129 Rdn. 4). Mangelt es der inländischen Gruppierung also an einer eigenständigen organisierten Willensbildung, so kann sie die bereits von der Gesamtorganisation ausgehende (abstrakte) Gefährdung der Allgemeinheit nicht noch weiter intensivieren.
22
Des weiteren knüpft § 129 b Abs. 1 Satz 2 und 3 StGB die Verfolgung der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union auch dann an eine Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz und damit an eine besondere Prozessvoraussetzung (Krauß aaO Rdn. 31), wenn die Tat durch eine im Inland ausgeübte Tätigkeit begangen wird. Das Ermächtigungserfordernis dient der Wahrung der außenpolitischen Belange der Bundesrepublik Deutschland; so können gegen eine "undifferenzierte" Strafverfolgung dann durchgreifende Bedenken bestehen, wenn ein Prozess der Verständigung zwischen den Beteiligten an einem bewaffneten Konflikt im Ausland eingeleitet wurde (BTDrucks. 14/8893 S. 8). Es entspricht damit einer gesetzgeberischen Grundentscheidung , die Verfolgung einer Tat im Sinne des § 129 b Abs. 1 Satz 2 1. Alt. StGB von der Prüfung abhängig zu machen, ob solche Belange im Einzelfall berührt sein können. Diese würde umgangen, nähme man unter Verzicht auf das Merkmal der eigenständigen Willensbildung gleichzeitig eine inländische Vereinigung an.
23
cc) Der Beschuldigte ist dringend verdächtig, sich den LTTE als Mitglied angeschlossen zu haben.
24
(1) Der Beteiligung an einer ausländischen Vereinigung als Mitglied steht - anders als der Generalbundesanwalt nunmehr in der Erwiderung auf die Beschwerde meint - nicht entgegen, dass sich der Täter ausschließlich im Inland und damit außerhalb des unmittelbaren Betätigungsgebiets der Kernorganisation aufgehalten hat; in einem solchen Falle bedürfen nur die tatbestandlichen Voraussetzungen der Mitgliedschaft besonderer Prüfung (BGHSt 54, 69 = NJW 2009, 3448 Rdn. 128). Die mitgliedschaftliche Beteiligung setzt allgemein voraus , dass der Täter sich, getragen von beiderseitigem übereinstimmendem Willen und angelegt auf eine gewisse Dauer, in die Organisation eingliedert, sich ihrem Willen unterordnet und eine aktive Tätigkeit zur Förderung ihrer Ziele entfaltet (BGH aaO Rdn. 123). Nach den oben dargelegten Erkenntnissen sind diese Voraussetzungen gegeben, denn der Beschuldigte hat sich willentlich in die nach Deutschland hineinreichende Hierarchie der LTTE eingegliedert und dort die ihm von der Organisation zugedachten Funktionen übernommen.
25
(2) Zwar hat sich der Beschuldigte zur Mitarbeit bei den LTTE nur deshalb bereiterklärt, weil er die Entlassung seiner in Sri Lanka zwangsrekrutierten Schwester erreichen wollte. Es spricht aber nichts für eine solche Zwangslage des Beschuldigten, dass er sich ohne willentliche Übereinstimmung mit der Organisation lediglich dem autoritären Verlangen ihrer Verantwortlichen unterworfen hätte. Der Mitgliedschaft steht auch nicht entgegen, dass die Tätigkeit des Beschuldigten von untergeordneter Art blieb, denn er hat dennoch den Zusammenhalt der Organisation gestärkt und zur Verwirklichung ihrer Ziele beigetragen. Gleichwohl ist festzuhalten, dass beide Umstände die Tat in milderem Licht erscheinen lassen und die Straferwartung deutlich einschränken.
26
2. Es besteht der Haftgrund des § 112 Abs. 3 StPO. Nach den Umständen ist zu besorgen, dass ohne die Festnahme des Beschuldigten die Verfolgung der Tat gefährdet wäre. Trotz der eingeschränkten Straferwartung bleibt eine nicht unerhebliche Wahrscheinlichkeit, dass sich der Beschuldigte, auf freien Fuß gesetzt, dem weiteren Strafverfahren durch Ausreise entziehen wird.
Er ist srilankischer Staatsangehöriger, hat in Sri Lanka familiäre Bindungen und ist nur für einen von vornherein begrenzten Zeitraum in der Bundesrepublik Deutschland eingereist. Weniger einschneidende Maßnahmen können den Zweck der Untersuchungshaft nicht erreichen (§ 116 Abs. 1 StPO). Der Beschuldigte ist nach den vorliegenden Erkenntnissen eingebunden in die nach Deutschland hereinreichenden Strukturen der LTTE und verfügt so über ein Netzwerk von Unterstützern, das ihm auch entgegen möglichen Auflagen und Weisungen ein Untertauchen wesentlich erleichtert.
27
3. Die Fortdauer der Untersuchungshaft ist noch verhältnismäßig. Erteilt das Bundesministerium der Justiz die erforderliche Ermächtigung zur Strafverfolgung (nachfolgend 4.), wird das Verfahren indes, auch wegen der eingeschränkten Straferwartung, alsbald zum Abschluss zu bringen sein. Weitere Ermittlungsansätze, die zur Vertiefung des Tatvorwurfs gegen den Beschuldigten führen könnten, sind gegenwärtig nicht ersichtlich. Der Senat geht deshalb davon aus, dass die Anklage noch vor der Haftprüfung nach § 121 Abs. 1 StPO erhoben werden kann.
28
4. Der Anordnung der Untersuchungshaft steht nicht entgegen, dass das Bundesministerium der Justiz am 28. Oktober 2009 erklärt hat, die nach § 129 b Abs. 1 Satz 3 StGB erforderliche Ermächtigung zur Strafverfolgung nicht zu erteilen. Ein endgültiges Verfahrenshindernis ist damit nicht eingetreten, denn nach dem Wortlaut der Erklärung hat das Bundesministerium der Justiz auf eine Ermächtigung nicht verzichtet. Es ist lediglich davon ausgegangen, eine Strafverfolgung werde auch ohne Ermächtigung möglich sein.
29
Indes ist dem Bundesministerium der Justiz nunmehr gemäß § 130 StPO eine Erklärungsfrist zu setzen, denn der Haftbefehl lässt sich nach den bisherigen Ermittlungen ausschließlich auf den dringenden Verdacht der Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung stützen. Insbesondere haben sich über das Organisationsdelikt hinaus keine Hinweise auf konkrete dem Beschuldigten zuzurechnende Ausführungstaten ergeben.
Sost-Scheible Pfister Mayer

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet oder sich an einer Vereinigung als Mitglied beteiligt, deren Zweck oder Tätigkeit auf die Begehung von Straftaten gerichtet ist, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren bedroht sind. Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine solche Vereinigung unterstützt oder für sie um Mitglieder oder Unterstützer wirbt.

(2) Eine Vereinigung ist ein auf längere Dauer angelegter, von einer Festlegung von Rollen der Mitglieder, der Kontinuität der Mitgliedschaft und der Ausprägung der Struktur unabhängiger organisierter Zusammenschluss von mehr als zwei Personen zur Verfolgung eines übergeordneten gemeinsamen Interesses.

(3) Absatz 1 ist nicht anzuwenden,

1.
wenn die Vereinigung eine politische Partei ist, die das Bundesverfassungsgericht nicht für verfassungswidrig erklärt hat,
2.
wenn die Begehung von Straftaten nur ein Zweck oder eine Tätigkeit von untergeordneter Bedeutung ist oder
3.
soweit die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung Straftaten nach den §§ 84 bis 87 betreffen.

(4) Der Versuch, eine in Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 bezeichnete Vereinigung zu gründen, ist strafbar.

(5) In besonders schweren Fällen des Absatzes 1 Satz 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern der Vereinigung gehört. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren zu erkennen, wenn der Zweck oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet ist, in § 100b Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, b, d bis f und h bis o, Nummer 2 bis 8 und 10 der Strafprozessordnung genannte Straftaten mit Ausnahme der in § 100b Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe h der Strafprozessordnung genannten Straftaten nach den §§ 239a und 239b des Strafgesetzbuches zu begehen.

(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, von einer Bestrafung nach den Absätzen 1 und 4 absehen.

(7) Das Gericht kann die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von einer Bestrafung nach diesen Vorschriften absehen, wenn der Täter

1.
sich freiwillig und ernsthaft bemüht, das Fortbestehen der Vereinigung oder die Begehung einer ihren Zielen entsprechenden Straftat zu verhindern, oder
2.
freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, daß Straftaten, deren Planung er kennt, noch verhindert werden können;
erreicht der Täter sein Ziel, das Fortbestehen der Vereinigung zu verhindern, oder wird es ohne sein Bemühen erreicht, so wird er nicht bestraft.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 179/10
vom
28. Oktober 2010
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
1. Eine in Deutschland tätige Teilorganisation einer ausländischen Vereinigung ist
nur dann als eigenständige inländische Vereinigung im Sinne der §§ 129, 129a
StGB anzusehen, wenn die Gruppierung für sich genommen alle für eine Vereinigung
notwendigen personellen, organisatorischen, zeitlichen und voluntativen
Voraussetzungen erfüllt.
2. Hieraus folgt, dass die inländische Teilgruppierung ein ausreichendes Maß an organisatorischer
Selbstständigkeit aufweisen und einen eigenen, von der ausländischen
(Haupt-)Organisation unabhängigen Willensbildungsprozess vollziehen
muss, dem sich ihre Mitglieder unterwerfen. Hierfür reicht es nicht aus, dass die
Mitglieder der inländischen Teilgruppe lediglich Einigkeit darüber erzielen, sich
dem Willen der Gesamtorganisation unterzuordnen; erforderlich ist vielmehr, dass
sich der für eine Vereinigung konstitutive, auf deren Zwecke bezogene Willensbildungsprozess
in seiner Gesamtheit in der inländischen Gruppierung vollzieht.
BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 - 3 StR 179/10 - OLG Frankfurt am Main
in der Strafsache
gegen
wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 28. Oktober
2010, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
von Lienen,
Hubert,
Dr. Schäfer
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 1. Dezember 2009 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an einen anderen Senat des Oberlandesgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Oberlandesgericht hat den Angeklagten wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Der Angeklagte beanstandet mit seiner hiergegen gerichteten Revision die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge Erfolg; auf die Verfahrensrügen kommt es deshalb nicht an.
2
1. Der Verurteilung liegt zu Grunde, dass der Angeklagte von Juli 2004 bis Juni 2007 in Deutschland nacheinander insgesamt drei Gebiete der Arbeiterpartei Kurdistans (Partiya Karkeren Kurdistan - PKK) leitete.
3
Im Einzelnen hat das Oberlandesgericht hierzu folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
4
a) Ziel der im Jahre 1978 gegründeten PKK war es zunächst, in den kurdischen Siedlungsgebieten in der Türkei, in Syrien, im Irak und im Iran einen sozialistischen kurdischen Nationalstaat unter ihrer alleinigen Führung zu errichten. Sie verstand sich als straff organisierte, zentralistisch geführte, den Zielen des Marxismus/Leninismus verpflichtete Kaderorganisation und erachtete die Anwendung "revolutionärer Gewalt" als legitim. Im Jahre 1984 begann sie einen bewaffneten Kampf gegen den türkischen Staat. Die Auseinandersetzungen wurden von beiden Seiten mit großer Härte geführt und forderten insbesondere unter der Zivilbevölkerung zahlreiche Opfer.
5
Nachdem die Kämpfe die PKK ihrem Ziel nicht entscheidend näher gebracht hatten, erklärte ihr Führer Abdullah Öcalan 1996/1997, es sei auch ein "bundesstaatliches Modell nach Schweizer Vorbild" vorstellbar. Öcalan wurde im Februar 1999 festgenommen. Aus diesem Anlass wurden die Parteiziele weiter modifiziert; es sollte nunmehr nur noch die Wahrung der kurdischen Identität durch Erhaltung der sozialen und kulturellen Eigenständigkeit der kurdischen Bevölkerung innerhalb der staatlichen Ordnung der Türkei in friedlichem Ausgleich mit dem türkischen Staat und auf demokratischem Wege erreicht werden. Im Juni 1999 wurde Öcalan in der Türkei wegen Hochverrats zum Tode verurteilt. Im August 1999 erklärte die PKK den Guerillakampf einseitig für beendet und ordnete den Rückzug ihrer Verbände aus der Türkei an. Die bewaffneten Einheiten zogen sich daraufhin vor allem in den Nordirak zurück und gliederten sich als "Volksverteidigungskräfte" (Hezen Parastina Gel - HPG) neu. Diese "Friedenslinie" diente vorrangig dazu, das Leben Öcalans zu retten.
6
Im April 2002 wurde der "Freiheits- und Demokratiekongress Kurdistans" (Kongreya Azadi u Demokrasiya Kurdistane - KADEK) gegründet, der sich unter Aufrechterhaltung von Strukturen und Zielen der PKK als deren Nachfolger verstand. Die gegen Öcalan verhängte Todesstrafe wurde im Oktober 2002 in eine lebenslange Freiheitsstrafe umgewandelt. Der KADEK beschloss im Oktober 2003 seine Auflösung; gebildet wurde nunmehr der "Volkskongress Kurdistans" (Kongra Gele Kurdistan - KONGRA-GEL), dessen politischen Willen die HPG unterstellt wurden. Diese kündigten den "Waffenstillstand" mit der Türkei zum 1. Juni 2004 auf. In der Folgezeit eskalierten die gewalttätigen Auseinandersetzungen und forderten auf beiden Seiten vermehrt Todesopfer.
7
Im April 2005 bildete sich nach den Vorgaben Öcalans eine "neue PKK", die sich als ideologische und philosophische Bewegung verstand und die ebenfalls von Öcalan entwickelte Idee eines "Demokratischen Konföderalismus Kurdistans" mit Hilfe des KONGRA-GEL umsetzen wollte. Hierzu wurde im Mai 2005 die "Gemeinschaft der Kommunen in Kurdistan" (Koma Komalen Kurdistan - KKK) gegründet; die KKK-Vereinbarung vom 17. Mai 2005 enthält grundlegende Regelungen in Form einer Verfassung. U. a. werden in Art. 19 die "Gebiete Europa und GUS" als Landesteile behandelt. Im Jahre 2007 verstärkten sich die militärischen Auseinandersetzungen zwischen den HPG und der türkischen Armee erneut. Der KKK benannte sich in "Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans" (Koma Civaken Kurdistan - KCK) um; die KKK-Verein-barung wurde durch das KCK-Abkommen vom 25. Mai 2007 fortgeschrieben.
8
Die PKK verlegte schon wenige Jahre nach ihrer Gründung zahlreiche Aktivitäten ins Ausland, um dem massiven Verfolgungsdruck in der Türkei auszuweichen. Sie warb in Deutschland und anderen Regionen Westeuropas um Mitglieder und Sympathisanten, die zur finanziellen Unterstützung der Partei und ihrer Kader verpflichtet wurden, und betrieb intensiv die Rekrutierung von Nachwuchs sowohl für Kader als auch für die in der Türkei operierende Guerilla. Zur Organisierung ihrer in Europa lebenden Anhänger und zur Propagierung ihrer Ziele gründete die PKK im Jahre 1985 die "Nationale Befreiungsfront Kurdistans" (Eniya Rizgariya Netewa Kurdistan - ERNK). Der Europaführung der PKK gelang es, eine straffe Organisationsstruktur zu errichten und viele der in Europa lebenden Kurden für die Ziele der Partei zu gewinnen. Ihren uneingeschränkten Führungs- und Alleinvertretungsanspruch setzte die PKK vor allem zwischen 1984 und 1988 auch durch die Begehung von Tötungsdelikten an sog. Verrätern bzw. Abweichlern um.
9
Der hierdurch hervorgerufene Verfolgungsdruck sowie der Wunsch nach einer Stärkung der Effizienz der Parteiarbeit veranlasste die PKK zu Beginn der 1990er Jahre, die Organisation in Europa noch fester und straffer zu gliedern. Träger war ein aus professionellen Kadern bestehender Funktionärskörper mit der "Europäischen Frontzentrale" (Avrupa Cephe Merkezi - ACM) an der Spitze. Im Jahre 2000 wurde die ERNK aufgelöst und durch die "Kurdische Demokratische Volksunion" (Yekitiya Demokratika Gele Kurd - YDK) ersetzt; an deren Stelle trat 2004 die "Koordination der kurdisch-demokratischen Gesellschaft" (Koordinasyon Civata Demokratik a Kurdistan - CDK).
10
Dementsprechend folgten auf den ACM zunächst der YDK-Rat und sodann der CDK-Rat bzw. die CDK-Koordinierung. Diesem Gremium stand die sog. Zentrale oder auch Exekutive vor, die aus dem Europaverantwortlichen sowie einigen weiteren engen Vertrauten Öcalans bestand und für die Leitung der laufenden Geschäfte zuständig war. Ihr oblag es, die Ziele, Vorgaben und Personalentscheidungen der Parteiführung gegenüber den nachgeordneten Einheiten durch individuelle und generelle Anweisungen durchzusetzen. Unterhalb dieser Führungsebene war Europa überwiegend in Regionen (Eyalet), Gebiete (Bölge), Räume (Alan) und Stadtteile (Semt) eingeteilt. Für jede Organisationseinheit wurde von der Führung ein Verantwortlicher eingesetzt, für Regionen und Gebiete waren dies in der Regel durch die Partei alimentierte professionelle Kader. Diese wechselten regelmäßig ihre Funktionen und verhielten sich in hohem Maße konspirativ.
11
In Deutschland gab es seit 2002 mit einer kurzen Unterbrechung im Jahre 2007 drei Sektoren (Süd, Mitte und Nord), denen etwa 25 Gebiete nachgeordnet waren; zeitweise übte ein Sektorleiter auch die Funktion eines sog. Deutschlandkoordinators aus. Die Tätigkeit der PKK in Deutschland war von Beginn an auf die Unterstützung der militärischen und politischen Auseinandersetzung mit dem türkischen Staat ausgerichtet. Hierfür stellten die Organisationseinheiten der PKK in Europa die Finanzmittel, rekrutierten Nachwuchs für den Guerillakampf und betrieben Propaganda, um die öffentliche Meinung zu Gunsten der PKK zu beeinflussen. Es wurden verschiedene Aufgabenbereiche (Finanzen, Außenbeziehungen, Öffentlichkeitsarbeit u.a.) gebildet, die ihre Aufgaben nach den Vorgaben der Europazentrale zu erfüllen hatten.
12
Besondere Bedeutung kam dabei dem Bereich Finanzen zu. Die erforderlichen Geldmittel erzielte die Organisation vor allem durch eine jährlich durchgeführte "Spendenkampagne". Die zu leistenden Zahlungen wurden auf der Grundlage verbindlicher Zielvorgaben der Europaführung für die einzelnen Strukturebenen nach der finanziellen Leistungsfähigkeit des Einzelnen festgelegt ; in der Regel wurde ein Monatsgehalt verlangt. Die führenden Funktionäre und Kader führten die Aktionen durch, überwachten sie und hatten dafür zu sorgen, dass die Vorgaben der Europaführung erfüllt wurden. Raumverantwortliche und "Frontarbeiter" suchten die ortsansässigen Kurden in Deutschland auf und forderten die Gelder ein. Aufgrund der hohen Planvorgaben standen vor allem die Gebietsleiter sowie die sonstigen Kader und Aktivisten an der Front unter erheblichem Erfolgsdruck. Die eingesammelten Gelder sowie weitere Beiträge und Einnahmen aus Publikationen waren an das unmittelbar an die Europaführung angebundene "Wirtschafts- und Finanzbüro" (Ekonomi Razi Buroya Iliskin - EMB) zu übermitteln.
13
Im November 1993 gingen Mitglieder und Sympathisanten der PKK weisungsgemäß dazu über, in Deutschland Brandanschläge auf türkische Geschäfte , Banken, Vereinslokale und ähnliche Versammlungsstätten zu verüben. Diese Aktivitäten führten dazu, dass der PKK und der ERNK die Betätigung in Deutschland durch Verfügung des Bundesministers des Innern vom 22. November 2002 vereinsrechtlich verboten wurde; das Verbot wurde später auf die Nachfolgeorganisationen erstreckt. In der Folge kam es zu von der Europaführung zentral gesteuerten Protestwellen mit gewalttätigen Ausschreitungen, Autobahnblockaden , Brandanschlägen und Verwüstungsaktionen. Öcalan bezeichnete noch in der ersten Hälfte des Jahres 1996 Deutschland als den "Feind Nr. 2" nach der türkischen Republik.
14
Nachdem die Führung der PKK erkannt hatte, dass diese Aktivitäten in Deutschland den Zielen der Partei abträglich waren, stellte Öcalan das gewaltsame Vorgehen in Deutschland als einen auf einem Missverständnis seiner Anordnungen beruhenden Fehler dar und wies seine Organisation im August 1996 an, alle Gewaltaktionen in Westeuropa einzustellen. Diese Anweisung wurde in der Folgezeit - mit Ausnahme von Besetzungsaktionen im Februar 1999 im Zusammenhang mit der Festnahme Öcalans - befolgt.
15
Die Organisationsstruktur der Partei und deren Ziele bestanden allerdings fort. Die von Öcalan in der Öffentlichkeit verkündete "Garantie", die Mitglieder der PKK würden sich künftig in Deutschland gesetzestreu verhalten, wurde nicht eingelöst:
16
Es wurde ein Arbeitsbereich "heimatgerichtete Aktivitäten" gebildet, dem vor allem die Unterstützung der Guerillakämpfer und der Parteigliederungen in den Heimatgebieten, die Rekrutierung von Nachwuchs, die Beschaffung von Ausrüstungsgegenständen sowie die Organisierung eines Kurierdienstes und von Reisen oblag. Die Grundentscheidungen über diese Aktivitäten traf die Europaführung , die entsprechende Anweisungen an das "Heimatbüro" sowie an die Leiter der Sektoren, Regionen und der Basisorganisationen erließ. Die Europaführung ihrerseits war Adressat von Anordnungen der Parteiführung in der Heimat, die etwa Reisen von Kadern und sonstigen Parteimitgliedern nach Europa zum Gegenstand hatten. Die systematische Durchführung grenzüberschreitender Reisebewegungen wurde mit Hilfe von Straftaten der Urkundenfälschung insbesondere in Form der Verfälschung von Ausweisen und Pässen und solchen des Einschleusens von Ausländern begangen.
17
Daneben nahm die PKK für sich eine Strafgewalt in Anspruch und setzte diese über die Strukturen der Organisation um. Es entwickelte sich bereits in den 1980er Jahren eine Disziplinierungs- und Bestrafungspraxis. Opfer waren zum einen sog. Verräter oder Abweichler, d. h. Angehörige der Organisation oder außenstehende Personen, die durch ein als parteischädigend bewertetes Verhalten aufgefallen waren. Zum anderen maßte sich die PKK eine Strafgewalt im Zusammenhang mit dem Eintreiben von "Spenden" und sonstigen Geldern an und ging mit Drohungen und Gewalt gegen Zahlungsunwillige und Säumige vor. Bei den begangenen Straftaten handelte es sich vor allem um Körperverletzungen, Freiheitsberaubungen, Nötigungen und Bedrohungen. Ab den Jahren 1993/1994 wurde das Strafsystem ausgeweitet; bis 1999 kam es in Deutschland zu zahlreichen Bestrafungsaktionen bis hin zu (versuchten) Tötungsdelikten. Auch nach der Festnahme Öcalans wurde die angemaßte Strafgewalt bis in das Jahr 2007 weiterhin ausgeübt. Formale Grundlage war ein von der PKK auf verschiedenen Parteikongressen beschlossenes und modifiziertes Strafsystem, das mehrere Kategorien von Straftaten vorsah und diese in verschiedene Schweregrade unterteilte.
18
Der Angeklagte war unter dem Decknamen "D. " von Juli 2004 bis Juni 2007 ununterbrochen als hauptamtlicher Kader mit der Funktion eines Gebietsverantwortlichen für die PKK tätig. In der Zeit von Juli 2004 bis Ende Mai 2005 leitete er das Gebiet N. . Anschließend war er in der Zeit von Juni 2005 bis Juni 2006 für das Gebiet M. zuständig. Von Juli 2006 bis Juni 2007 fungierte er als Leiter des Gebiets Da. . Er nahm die für einen Gebietsverantwortlichen typischen Leitungsaufgaben wahr und regelte die organisatorischen , finanziellen, personellen sowie propagandistischen Angelegenheiten seines jeweiligen Zuständigkeitsbereichs. Z. B. war er in erheblichem Umfang damit befasst, Veranstaltungen der PKK und Zusammenkünfte ihrer Mitglieder und Sympathisanten zu organisieren und zu koordinieren; außerdem stellte er sicher, dass die in seinem Gebiet ansässigen Kurden sich auch an überregionalen Veranstaltungen beteiligten. Er koordinierte die Arbeit der ihm nachgeordneten Kader und Aktivisten; außerdem berichtete er den ihm übergeordneten Kadern - etwa dem damaligen Finanzverantwortlichen der PKK für Europa "S. " - und befolgte deren Anweisungen. Zu seinen wesentlichen Aufgaben gehörte das Eintreiben und Weiterleiten von "Spendengeldern" und sonstigen finanziellen Mitteln. Er war in die Bestrafungs- und Disziplinierungsmaßnahmen der Organisation eingebunden und gab Anweisungen zum Vorgehen gegen säumige oder unwillige "Spendenzahler".
19
b) Das Oberlandesgericht hat dieses Verhalten des Angeklagten rechtlich als mitgliedschaftliche Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung nach § 129 Abs. 1 StGB gewürdigt. Im Tatzeitraum habe ein in Deutschland auf Dauer angelegter organisatorischer Zusammenschluss von Funktionären der PKK bestanden, die bei Unterordnung des Willens des Einzelnen unter den Willen der Gesamtheit gemeinsam kriminelle Zwecke verfolgten und kriminelle Tätigkeiten entfalteten. Zwecke und Tätigkeiten dieser Vereinigung seien darauf gerichtet gewesen, das Erscheinungsbild nach außen prägende und nicht nur un- tergeordnete Straftaten zu begehen, namentlich im Bereich "heimatgerichtete Aktivitäten" Urkundendelikte und Vergehen nach dem Asylverfahrens- und Aufenthaltsgesetz sowie im Bereich Bestrafungs- und Disziplinierungswesen Körperverletzungen , Freiheitsberaubungen, Nötigungen und Bedrohungen. Personelle Träger der kriminellen Vereinigung seien die Mitglieder der Europazentrale , die Sektor- und Gebietsleiter sowie weitere mit Sonderzuständigkeiten ausgestattete Kader gewesen; der Angeklagte habe als Gebietsverantwortlicher zu diesem Kreis gezählt.
20
2. Diese Wertung hält sachlichrechtlicher Nachprüfung nicht stand; denn die Feststellungen belegen nicht, dass die in Deutschland tätigen Führungskader der PKK im Tatzeitraum eine - im Verhältnis zur Gesamtorganisation eigenständige - kriminelle Vereinigung nach § 129 StGB bildeten.
21
a) Die rechtliche Einordnung des inländischen Funktionärskörpers der PKK durch das Oberlandesgericht entspricht allerdings der bisherigen ständigen Rechtsprechung. Danach galt:
22
aa) Als Vereinigung im Sinne der §§ 129 ff. StGB ist der auf eine gewisse Dauer angelegte, freiwillige organisatorische Zusammenschluss von mindestens drei Personen zu verstehen, die bei Unterordnung des Willens des Einzelnen unter den Willen der Gesamtheit gemeinsame Zwecke verfolgen und unter sich derart in Beziehung stehen, dass sie sich untereinander als einheitlicher Verband fühlen (st. Rspr.; s. aus neuerer Zeit BGH, Beschluss vom 17. März 1999 - 3 ARs 2/99, BGHSt 45, 26, 35; Urteil vom 10. März 2005 - 3 StR 233/04, NJW 2005, 1668; Beschluss vom 10. Januar 2006 - 3 StR 263/05, NJW 2006, 1603; Beschluss vom 20. Dezember 2007 - StB 12, 13 und 47/07, BGHR StGB § 129 Vereinigung 3; Urteil vom 14. August 2009 - 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69, 107 ff.). Das notwendige voluntative Element ist regelmäßig hinreichend belegt, wenn festgestellt ist, dass die Mitglieder der Organisation nicht nur kurzfristig ein gemeinsames Ziel verfolgen, das über die Begehung der konkreten Straftaten hinausgeht, auf welche die Zwecke oder Tätigkeit der Gruppe gerichtet sind, und hierbei - etwa im Rahmen der Vorbereitung oder der Verwirklichung dieser Straftaten - koordiniert zusammenwirken (BGH, Urteil vom 3. Dezember 2009 - 3 StR 277/09, BGHSt 54, 216).
23
Der Senat hat in der jüngeren Vergangenheit in mehreren Entscheidungen deutlich gemacht, dass auch mit Blick auf Rechtsakte der Europäischen Union an dieser Umschreibung einer kriminellen Vereinigung festzuhalten ist und es gegebenenfalls dem Gesetzgeber obliegt, als erforderlich angesehene Modifikationen vorzunehmen (BGH, Beschluss vom 20. Dezember 2007 - StB 12, 13 und 47/07, BGHR StGB § 129 Vereinigung 3; Urteil vom 14. August 2009 - 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69, 110 f.; Urteil vom 3. Dezember 2009 - 3 StR 277/09, BGHSt 54, 216, 221 f.). Dies gilt fort.
24
bb) Vor Inkrafttreten des durch das 34. Strafrechtsänderungsgesetz vom 22. August 2002 (BGBl. I S. 3390) in das Strafgesetzbuch eingefügten § 129b StGB am 30. August 2002 war ein organisationsbezogenes Verhalten mit Blick auf den räumlichen Geltungsbereich des Verbots nach Art. 9 Abs. 2 GG, an das die §§ 129, 129a StGB anknüpfen, nur dann nach diesen Vorschriften strafbar, wenn es sich auf eine Vereinigung bezog, die innerhalb der Bundesrepublik Deutschland bestand (st. Rspr.; s. etwa BGH, Urteil vom 12. Oktober 1965 - 3 StR 15/65, NJW 1966, 310, 311; Beschlüsse vom 5. Januar 1982 - StB 53/81, BGHSt 30, 328; vom 17. März 1999 - 3 ARs 2/99, BGHSt 45, 26, 35; vom 10. Januar 2002 - AK 22/01). Hierfür reichte es indes aus, dass eine ausländische Gruppierung eine Teilorganisation in Deutschland unterhielt, die ihrerseits die Voraussetzungen einer Vereinigung erfüllte. Nicht erforderlich war es jedoch, dass sich auch die gruppeninterne Willensbildung autonom innerhalb der inländischen Teilorganisation vollzog; vielmehr genügte es, wenn deren Mitglieder in die Willensbildung der ausländischen Organisation integriert waren und sich den auf dieser Ebene getroffenen Entschlüssen gegebenenfalls unter Zurückstellung ihrer individuellen Meinungen unterwarfen, sie mithin von der ausländischen (Haupt-)Vereinigung "gelenkt" wurden (BGH, Urteil vom 12. Oktober 1965 - 3 StR 15/65, NJW 1966, 310, 311; Beschluss vom 12. Oktober 2001 - AK 14/01).
25
cc) In Anwendung dieser Maßstäbe wurden die in Deutschland agierenden Führungskader der PKK als eigenständige Vereinigung angesehen (s. etwa BGH, Beschlüsse vom 11. August 1999 - AK 10, 11/99, BGHR StGB § 129 Straftaten 1; vom 20. Dezember 2001 - AK 21/01, BGHR StGB § 129 Straftaten 2; vom 10. Januar 2002 - AK 22/01; vom 18. Januar 2002 - AK 1/02). Für die Zeit von November 1993 bis August 1996 galt die Gruppierung als terroristische Vereinigung nach § 129a StGB aF, da ihre Zwecke und Tätigkeit insbesondere auch auf die Begehung von Straftaten nach § 129a Abs. 1 Nr. 3 StGB aF, etwa Brandstiftungsdelikte, gerichtet waren (s. etwa BGH, Beschluss vom 2. Oktober 2007 - AK 15/07). Für die Zeit danach wurde der führende inländische Funktionärskörper der PKK als kriminelle Vereinigung nach § 129 StGB eingestuft, wobei die Zwecke und Tätigkeit sich bis etwa Ende 1999 auf drei Bereiche von Straftaten richteten, namentlich demonstrative Gewalttaten und Delikte im Zusammenhang mit den Aktivitäten des "Heimatbüros" sowie mit der angemaßten Strafgewalt. Ab Anfang 2000 bezogen sich die Zwecke und Tätigkeit der in Deutschland agierenden Führungsebene jedenfalls noch auf Straftaten in den Bereichen "Heimatbüro" und Strafsystem (BGH, Urteil vom 21. Oktober 2004 - 3 StR 94/04, BGHSt 49, 268).
26
dd) Die Strafverfolgungspraxis hat diese Maßstäbe auch nach Inkrafttreten des § 129b StGB angewendet und den im Inland tätigen führenden Funktio- närskörper der PKK bzw. deren Nachfolge- und Unterorganisationen weiterhin als inländische Vereinigung bewertet. Der Senat hat diese Würdigung bisher in mehreren Entscheidungen (s. etwa BGH, Urteil vom 21. Oktober 2004 - 3 StR 94/04, BGHSt 49, 268, 274; Beschlüsse vom 11. November 2004 - AK 13/04, insoweit in BGHR StGB § 129 Strafzumessung 1 nicht abgedruckt; vom 2. Oktober 2007 - AK 15/07; vom 12. Februar 2009 - AK 1/09; vom 9. April 2009 - AK 7/09) - darunter auch einem Haftfortdauerbeschluss in dem vorliegenden Verfahren (BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2008 - AK 16/08) - auf der jeweiligen Grundlage der tatgerichtlichen Feststellungen bzw. der Ermittlungsergebnisse gebilligt.
27
b) Hieran hält der Senat nicht länger fest. Er sieht sich vielmehr vor allem mit Blick auf die durch die Einfügung des § 129b StGB in das Strafgesetzbuch veränderte Rechtslage zu folgender neuen rechtlichen Bewertung veranlasst (s. schon BGH, Beschluss vom 14. April 2010 - StB 5/10, NJW 2010, 3042):
28
Eine in Deutschland tätige Teilorganisation einer ausländischen Vereinigung ist nur dann als eigenständige inländische Vereinigung im Sinne der §§ 129, 129a StGB anzusehen, wenn die Gruppierung für sich genommen alle für eine Vereinigung notwendigen personellen, organisatorischen, zeitlichen und voluntativen Voraussetzungen erfüllt. Hieraus folgt insbesondere auch, dass die inländische Teilgruppierung ein ausreichendes Maß an organisatorischer Selbstständigkeit aufweisen und einen eigenen, von der ausländischen (Haupt )Organisation unabhängigen Willensbildungsprozess vollziehen muss, dem sich ihre Mitglieder unterwerfen. Hierfür reicht es nicht aus, dass die Mitglieder der inländischen Teilgruppe lediglich Einigkeit darüber erzielen, sich dem Willen der Gesamtorganisation unterzuordnen; erforderlich ist vielmehr, dass sich der für eine Vereinigung konstitutive, auf deren Zwecke bezogene Willensbildungsprozess in seiner Gesamtheit in der inländischen Gruppierung vollzieht. Aus die- sem Grund wird das für die Annahme einer Vereinigung notwendige voluntative Element in Bezug auf die Teilorganisation auch nicht allein dadurch hinreichend belegt, dass die Mitglieder dieser Gruppe mittel- oder langfristig ein gemeinsames , politisch/ideologisches Ziel verfolgen, wenn dieses Ziel von der Gesamtorganisation vorgegeben wird.
29
Dies beruht auf folgenden Erwägungen:
30
aa) § 129b Abs. 1 Satz 1 StGB bestimmt, dass die §§ 129, 129a StGB auch für Vereinigungen im Ausland gelten. Die Vorschrift erfasst - soweit hier von Bedeutung - jede Beteiligung an einer ausländischen kriminellen oder terroristischen Vereinigung durch eine im Inland ausgeübte Tätigkeit, ohne dass es darauf ankommt, ob in Deutschland Organisationsstrukturen der ausländischen Vereinigung vorhanden sind. Das Handeln des Täters im Inland wird typischerweise durch seine Einbindung in die ausländische Organisation und seine Unterwerfung unter die auf deren Ebene getroffenen Entscheidungen bestimmt. Dabei macht es für die Strafbarkeit wegen der Tätigkeit für eine ausländische Vereinigung keinen Unterschied, ob es bei dem isolierten Handeln eines Einzelnen verbleibt oder ob die Vorgaben der Gesamtorganisation ein Zusammenwirken bedingen; denn allein aus einer solchen gemeinschaftlichen Beteiligungshandlung im Inland lässt sich das Bestehen einer gesonderten inländischen Vereinigung im Sinne der §§ 129, 129a StGB, die neben die ausländische Organisation tritt, nicht ableiten.
31
bb) Bilden die in Deutschland handelnden Mitglieder einer ausländischen Vereinigung keinen eigenständigen Gesamtwillen, so weist die Tat auch keinen Unrechtsgehalt auf, der über den bereits von § 129b StGB erfassten hinausgeht. Strafgrund der §§ 129 ff. StGB ist die erhöhte kriminelle Intensität, die in der Gründung und Fortführung einer festgefügten Organisation ihren Ausdruck findet, die kraft der ihr innewohnenden Eigendynamik eine erhöhte abstrakte Gefährlichkeit für wichtige Güter der Gemeinschaft mit sich bringt (BGH, Urteil vom 22. Februar 1995 - 3 StR 583/94, BGHSt 41, 47, 51). Diese größere Personenzusammenschlüsse kennzeichnende Eigendynamik hat ihre besondere Gefährlichkeit darin, dass sie geeignet ist, dem einzelnen Beteiligten die Begehung von Straftaten zu erleichtern und bei ihm das Gefühl persönlicher Verantwortung zurückzudrängen (BGH, Urteil vom 11. Oktober 1978 - 3 StR 105/78, BGHSt 28, 147, 148 f.). Für das Entstehen dieser typischerweise von den einzelnen Mitgliedern der Vereinigung nicht mehr voll steuerbaren Eigendynamik sind vor allem die eine bestimmte Festigkeit aufweisende innere Organisationsstruktur sowie die auf Dauer angelegte organisierte Willensbildung von Belang. Besteht eine ausländische, diese Merkmale aufweisende kriminelle oder terroristische Vereinigung, so wird deshalb der vereinigungsspezifische Unrechtsgehalt der Tat bereits durch deren Ahndung unter diesem Gesichtspunkt erfasst. Für eine zusätzliche - gegebenenfalls tateinheitlich neben den Schuldspruch nach § 129b StGB tretende - Verurteilung nach § 129 oder § 129a StGB ist daher kein Raum. Sie ist mit Blick auf die Betätigung für eine inländische Gruppierung nur dann gerechtfertigt, wenn diese eigenständig alle Voraussetzungen einer Vereinigung erfüllt und aus diesem Grunde die abstrakte Gefahr für die Allgemeinheit erhöht.
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cc) § 129b Abs. 1 Satz 2 StGB erfordert für die Verfolgung der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer kriminellen oder terroristischen Vereinigung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union eine Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz und damit die Erfüllung einer besonderen Prozessvoraussetzung. Dies gilt auch dann, wenn die Tat durch eine im Inland ausgeübte Tätigkeit begangen wird. Zweck des Ermächtigungsvorbehalts ist es insbesondere, der Exekutive die Möglichkeit einzuräumen, auf die Durchführung eines Strafverfahrens zu verzichten, wenn dieses unverhältnismäßige außenpo- litische Nachteile mit sich bringen würde (BT-Drucks. 14/8893 S. 17; Altvater NStZ 2003, 179, 181). Es entspricht somit der Grundentscheidung des Gesetzgebers, die Verfolgung einer Tat im Sinne des § 129b Abs. 1 Satz 2 1. Alt. StGB von der Prüfung abhängig zu machen, ob außenpolitische Belange der Bundesrepublik Deutschland berührt sein können. Dieses Erfordernis würde umgangen, wollte man bei einer inländischen Teilorganisation einer ausländischen Gruppierung auf die für eine eigenständige Vereinigung konstitutiven Voraussetzungen auch nur teilweise verzichten.
33
c) Gemessen an diesem Maßstab wird das Bestehen einer eigenständigen inländischen, aus den in Deutschland agierenden Führungskadern der PKK zusammengesetzten kriminellen Vereinigung im Sinne des § 129 StGB durch die vom Oberlandesgericht getroffenen Feststellungen nicht belegt; denn diese Gruppierung vollzog nicht einen eigenen, auf die Zwecke der Vereinigung gerichteten Willensbildungsprozess. Damit ist das Willenselement einer Vereinigung nicht gegeben. Der festgestellte Sachverhalt trägt auch nicht die Bewertung , bei der Europaführung der PKK handele es sich um eine eigenständige Vereinigung. Er lässt es vielmehr nahe liegend erscheinen, dass die PKK insgesamt die Voraussetzungen einer kriminellen oder terroristischen Vereinigung im Ausland erfüllt, bei welcher der maßgebende Vereinigungswille außerhalb der Bundesrepublik Deutschland gebildet wird und der Schwerpunkt der Strukturen sowie das eigentliche Aktionsfeld in den von Kurden bevölkerten Gebieten in der Türkei, in Syrien, im Irak und im Iran liegen (zu den maßgeblichen Abgrenzungskriterien für die Entscheidung der Frage, ob eine Vereinigung, die sowohl in der Bundesrepublik Deutschland als auch in anderen Staaten Tätigkeiten entfaltet, als in- oder ausländische Vereinigung zu bewerten ist, vgl. Zöller, Terrorismusstrafrecht, S. 523). Im Einzelnen:
34
aa) Die PKK war insgesamt zentralistisch und hierarchisch organisiert. In diesen Aufbau war die Organisation in Deutschland nahtlos eingegliedert. Die in Deutschland agierenden Kader verfolgten aufgrund der gemeinsamen politisch /ideologischen Überzeugung und dem auf dieser Basis unterhaltenen, nach Art, Inhalt und Intensität engem Beziehungsgeflecht zu den im Ausland tätigen Kadern jeweils diejenigen über den bloßen Zweckzusammenhang hinausreichenden politisch/ideologischen Zielsetzungen, die von der Gesamtorganisation vorgegeben wurden. Von deren jeweiligen Vorstellungen abweichende Ziele der inländischen Gruppierung sind nicht festgestellt. Die Endziele der PKK wurden vielmehr von deren Führern entwickelt bzw. auf deren Versammlungen beschlossen. Sie waren für die in Deutschland tätigen Kader verbindlich. Deren hauptsächliche Aufgabe bestand vor allem darin, die von den übergeordneten Führungsebenen erteilten Direktiven umzusetzen und auf diese Weise die PKK insgesamt zu unterstützen. Die wesentlichen Grundsätze der Art und Weise der Umsetzung wurden dabei ebenfalls von der Spitze der PKK vorgegeben. Die enge Verbindung zwischen der im Ausland tätigen Gruppierung und den hiesigen Kadern tritt auch im Hinblick auf die umfangreichen Berichtspflichten zu Tage, mit denen u.a. der wesentliche Einfluss der übergeordneten Funktionäre und Gremien abgesichert wurde. Eine ausreichend eigenständige, auf die Zwecke der PKK bezogene Willensbildung der Kader in Deutschland fand demgegenüber weder bezüglich der - sich im Laufe der Zeit nach den Vorgaben der Gesamtorganisation ändernden - Zielsetzung noch der Wahl der verwendeten Mittel bzw. der durchgeführten Aktionsformen statt. Dies wird deutlich etwa im Bereich der Finanzen, bei dem sich die in Deutschland handelnden Führungsfunktionäre streng nach den ihnen erteilten Direktiven zu richten hatten. Aber z. B. auch in dem Bereich der "heimatgerichteten Aktivitäten" war die inländische Organisation nicht eigenständig tätig. Sie befolgte vielmehr auch hier die Anweisungen der Leitung der Gesamtorganisation, die teilweise sogar Schleusungen im Einzelfall betrafen.
35
Danach verblieb für die inländische Teilorganisation ein Bereich eigenverantwortlicher Entscheidungen nur im Rahmen der Ausführung der vorgegebenen Direktiven; allein dieser limitierte Entscheidungsspielraum konnte durch eine eigenständige Willensbildung der inländischen Unterorganisation ausgefüllt werden. Dies genügt für die Bejahung des Willenselements der Vereinigung nicht.
36
bb) Entsprechendes gilt, soweit man - den Ausführungen des Generalbundesanwalts folgend - über das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland hinaus den führenden Funktionärskörper der PKK in Westeuropa in den Blick nimmt. Auch diese Gruppierung erfüllt nach den bisherigen Feststellungen die Voraussetzungen einer eigenständigen (Teil-)Vereinigung nicht. Die auf Europaebene tätigen Funktionäre - bei denen es sich jedenfalls zeitweise überwiegend um enge Weggefährten Öcalans handelte - waren zwar den nationalen Teilen der Organisation in Westeuropa übergeordnet und insoweit weisungsbefugt. Sie erhielten ihre Direktiven indes von der Spitze der Gesamtorganisation und waren in deren zentralistisches und hierarchisches System integriert. Für eine ausreichend eigenständige, auf die Zwecke der Vereinigung bezogene Willensbildung der europäischen Führungsgruppe ergeben die bisherigen Feststellungen ebenfalls nichts.
37
cc) Die - auf der Grundlage der vom Oberlandesgericht getroffenen Feststellungen erfolgte - Neubewertung der PKK trägt schließlich zu einer insgesamt harmonischeren, in sich stimmigeren Rechtsanwendung in dem Bereich der Vereinigungskriminalität bei; denn im Gegensatz zu der bisher zur PKK vertretenen Auffassung würdigt die Strafverfolgungspraxis Organisationen, die in ihrer Struktur der PKK ähnlich sind, nach Inkrafttreten des § 129b StGB rechtlich insgesamt als terroristische Vereinigung im Ausland. So ist etwa - wie dem Senat aus zahlreichen Verfahren bekannt ist - die DHKP-C (Devrimci Halk Kurtulus Partisi - Cephesi = Revolutionäre Volksbefreiungspartei/-front), eine marxistisch-leninistisch orientierte, wie die PKK hierarchisch und zentralistisch aufgebaute Gruppierung, die das Ziel verfolgt, durch "bewaffneten Kampf" einen Umsturz der politischen Verhältnisse in der Türkei herbeizuführen und dort eine kommunistische Gesellschaftsordnung zu errichten, auch außerhalb der Türkei, insbesondere in Westeuropa, aktiv. Aufgabe der vor allem auch in Deutschland bestehenden Organisationseinheiten ist es - ähnlich der PKK -, finanzielle Mittel zu beschaffen, Nachwuchs zu rekrutieren sowie einen Rückzugsraum für Mitglieder der Organisation zu bilden. Das Bundesministerium der Justiz hat am 29. Juli 2003 die nach § 129b Abs. 1 Satz 3 und 4 StGB erforderliche Ermächtigung zur strafrechtlichen Verfolgung erteilt. Eine auf den Vorwurf gegründete Strafverfolgung, die in Deutschland aktiven Führungsfunktionäre bildeten eine selbstständige inländische Vereinigung nach den §§ 129, 129a StGB, findet, soweit für den Senat ersichtlich, jedenfalls in den Fällen nicht statt, in denen die Tatzeit nach Inkrafttreten des § 129b StGB liegt. Zwar sollen die Unterschiede zwischen der PKK und der DHKP-C nicht verkannt werden. So sind etwa die jeweiligen Strukturen nicht völlig deckungsgleich und die Funktionäre und Aktivisten der DHKP-C nach der Gewaltverzichtserklärung vom Februar 1999 in Deutschland zunächst nicht mehr nach den §§ 129, 129a StGB, sondern nur wegen eines Verstoßes gegen das Vereinsgesetz strafrechtlich verfolgt worden. Auch genießt die PKK in der Öffentlichkeit eine größere Aufmerksamkeit und die Anzahl ihrer Mitglieder und Sympathisanten ist deutlich größer als bei der DHKP-C. Jedoch rechtfertigen allein diese Umstände eine ungleiche Bewertung der Organisationen als ausländische Vereinigung jedenfalls nach Inkrafttreten des § 129b StGB nicht. Insbesondere wäre eine unter- schiedliche rechtliche Einordnung, die sich im Wesentlichen lediglich auf die verschiedene Größe und Bedeutung der Gruppierung gründen würde, mit den gesetzlichen Vorgaben nicht zu vereinbaren; diese gelten für alle Organisationen in gleicher Weise.
38
3. Eine eigene Sachentscheidung des Senats scheidet aus.
39
Dabei bedarf es keiner näheren Betrachtung, ob die Feststellungen vor dem Hintergrund der vom Angeklagten erhobenen Verfahrensrügen rechtsfehlerfrei getroffen worden sind (vgl. zur Frage der Gerichtskundigkeit KK-Fischer, 6. Aufl., § 244 Rn. 137 ff.; LR-Becker, StPO, 26. Aufl., § 244 Rn. 208 ff., jeweils mwN). Die Umstellung des Schuldspruchs auf eine Beteiligung des Angeklagten als Mitglied an einer kriminellen oder terroristischen Vereinigung im Ausland nach § 129, § 129a jeweils i.V.m. § 129b StGB kommt nicht in Betracht, weil die Feststellungen, die das Oberlandesgericht mit Blick auf eine inländische kriminelle Vereinigung nach § 129 Abs. 1 StGB getroffen hat, keine hinreichende Grundlage für die Bewertung der Organisation als kriminelle oder terroristische Vereinigung im Ausland bilden. Dies gilt sowohl für die PKK insgesamt als auch für deren Organisation in Europa. Soweit sich die Tat möglicherweise auf eine Vereinigung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union bezieht, fehlt es darüber hinaus an der für eine Verfolgung nach § 129b Abs. 1 Satz 3 StGB erforderlichen Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz; eine solche ist bisher bezüglich der PKK und ihrer Nachfolgeorganisationen nicht erteilt worden. Im Übrigen ist eine Verurteilung nach § 129 Abs. 1 StGB durch ein neues Tatgericht nicht mit letzter Sicherheit ausgeschlossen; denn das Oberlandesgericht hat sich erkennbar an den Maßstäben der bisherigen Rechtsprechung ausgerichtet und bei der Ermittlung des Sachverhalts die nunmehr maßgeblichen Gesichtspunkte nicht im Blick gehabt. Denkbar erscheint es ebenso , dass nach neu zu treffenden Feststellungen die mitgliedschaftliche Be- teiligung an einer kriminellen inländischen Vereinigung in Tateinheit zu einer Beteiligung an einer kriminellen oder terroristischen Vereinigung im Ausland steht; denn eine Gruppierung kann sich etwa auch in der Art organisieren und strukturieren, dass neben einzelnen regionalen Vereinigungen eine übergeordnete Dach-Vereinigung besteht, und beide Gruppierungen die Kriterien einer Vereinigung erfüllen. Einzelne Mitglieder können sich dann sowohl an der regionalen als auch an der Dach-Vereinigung und damit gegebenenfalls an zwei Vereinigungen beteiligen (BGH, Beschluss vom 30. März 2001 - StB 4, 5/01, BGHSt 46, 349, 354). Schließlich steht einer Umstellung des Schuldspruchs auch § 265 StPO entgegen; denn der Angeklagte hatte vor dem Hintergrund des Anklagevorwurfs, welcher der bisherigen Rechtsprechung entsprach, ohne einen diesbezüglichen Hinweis keine ausreichende Möglichkeit, sich gegen den Vorwurf der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer kriminellen oder terroristischen Vereinigung im Ausland angemessen zu verteidigen. Die Sache bedarf deshalb insgesamt neuer Verhandlung und Entscheidung.
40
4. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf folgende Gesichtspunkte hin:
41
a) Die Verfolgungsermächtigung nach § 129b Abs. 1 Satz 3, 4 StGB ist als Prozessvoraussetzung einzuordnen (Altvater NStZ 2003, 179, 182); sie kann deshalb auch noch während des laufenden Strafverfahrens wirksam erteilt werden.
42
b) Der möglichen Beteiligung des Angeklagten an einer ausländischen Vereinigung als Mitglied stünde gegebenenfalls nicht grundsätzlich entgegen, dass er sich im Inland und damit außerhalb des unmittelbaren Betätigungsgebiets der Kernorganisation aufhielt. In einem solchen Fall bedürfen die tatbestandlichen Voraussetzungen der Mitgliedschaft zwar besonderer Prüfung (BGH, Urteil vom 14. August 2009 - 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69, 112 f.); dies bedeutet indes nicht, dass sie von vornherein ausgeschlossen sind. Maßstab sind auch in diesen Fallkonstellationen die allgemeinen Kriterien für eine mitgliedschaftliche Beteiligung an einer Vereinigung (BGH aaO).
43
5. Obwohl es sich nach den bisherigen Feststellungen bei dem Angeklagten um einen Gebietsverantwortlichen und damit um einen Führungskader der Organisation handelte, sieht der Senat vorsorglich Anlass zu folgender Bemerkung :
44
Anhaltspunkte dafür, dass bezüglich der Mitgliedschaft in der Vereinigung zwischen einem Kreis herausgehobener Funktionäre bzw. Kadern einerseits und den sonstigen Angehörigen zu differenzieren ist, sind den bisherigen Feststellungen in Ansehung der Struktur der PKK bzw. ihrer Nachfolgeorganisationen nicht zu entnehmen. Der Senat hat die entsprechende Unterscheidung zwar bisher gebilligt und entschieden, dass dann, wenn nur ein Kern der Gruppierung strafrechtlich relevante Ziele verfolgt, lediglich dieser eine kriminelle Vereinigung bildet; die außenstehenden weiteren Mitglieder der Gruppierung können dann aber Unterstützer der Vereinigung sein (BGH, Beschluss vom 17. März 1999 - 3 ARs 2/99, BGHSt 45, 26, 36 = NJW 1999, 1876, 1878). Es ist jedoch kein ausreichender sachlicher Grund dafür erkennbar, denjenigen, der sich in Kenntnis von Zielen, Programmatik und Methoden der Organisation dieser anschließt und in ihr betätigt, allein deshalb nicht als Mitglied der Vereinigung einzustufen, weil er nicht dem Kreis der führenden Funktionäre angehört (BGH, Beschluss vom 28. September 2010 - 3 StR 214/10). Dies entspräche auch nicht den Vorstellungen und dem Willen des Gesetzgebers, der etwa anlässlich der Einfügung des § 153c Abs. 1 Nr. 3 StPO als Beispiel für untergeordnete , den Tatbestand gleichwohl erfüllende Beteiligungshandlungen die Entrichtung von Mitgliedsbeiträgen oder die Vornahme einfacher Hilfsdienste, mit- hin Tätigkeiten mit weit geringerem Gewicht als die Ausübung einer Führungsfunktion , genannt hat (BT-Drucks. 14/8893, S. 10; LK-Krauß, 12. Aufl., § 129b Rn. 38). Die Einstufung der PKK und ihrer Nachfolgeorganisationen KADEK und KONGRA-GEL als terroristische Vereinigung durch die Europäische Union (vgl. aus der neueren Zeit Gemeinsamer Standpunkt 2009/ 468/GASP des Rates vom 15. Juni 2009 zur Aktualisierung des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931/GASP über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus und zur Aufhebung des Gemeinsamen Standpunkts 2009/67/GASP, Anhang Ziffer 2. 25., ABl. L 151/49; Beschluss 2010/386/GASP des Rates vom 12. Juli 2010 zur Aktualisierung der Liste der Personen, Vereinigungen und Körperschaften, auf die die Artikel 2, 3 und 4 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931/GASP über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus Anwendung finden, Anhang Ziffer 2. 16., ABl. L 178/28) enthält ebenfalls keine Einschränkung auf einen bestimmten Personenkreis innerhalb der Organisation. Der Senat verkennt mit Blick auf die große Zahl der in Deutschland für die PKK und ihre Nachfolgesowie Teilorganisationen aktiven Personen zwar nicht, dass nach dieser Maßgabe der Kreis potentieller Beschuldigter unter Umständen deutlich größer werden und der Unrechtsgehalt der Tat sowie das Maß des Verschuldens stark unterschiedlich zu bewerten sein kann. Diesen Umständen wird - gegebenenfalls etwa durch Anwendung der § 129 Abs. 5, § 129a Abs. 6 StGB, §§ 153b, 153c StPO - im Einzelfall angemessen Rechnung zu tragen sein.
Becker Pfister von Lienen Hubert Schäfer

(1) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer die Hehlerei als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub, Diebstahl oder Hehlerei verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(3) (weggefallen)

(1) Fehlen besondere persönliche Merkmale (§ 14 Abs. 1), welche die Strafbarkeit des Täters begründen, beim Teilnehmer (Anstifter oder Gehilfe), so ist dessen Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(2) Bestimmt das Gesetz, daß besondere persönliche Merkmale die Strafe schärfen, mildern oder ausschließen, so gilt das nur für den Beteiligten (Täter oder Teilnehmer), bei dem sie vorliegen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 547/04
vom
11. Januar 2005
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zur Fälschung von Zahlungskarten
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Januar 2005 beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
München I vom 7. Juli 2004 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


Der Angeklagte wurde wegen Beihilfe zur Fälschung von Z ahlungskarten zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Seine auf die Sachrüge gestützte Revision bleibt im Erg ebnis erfolglos (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Schuldspruch enthält keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten. Von einer Aufhebung des Strafausspruchs hat der Senat entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts gemäß § 354 Abs. 1a Satz 1 StPO abgesehen. 1. Folgendes ist festgestellt: Der frühere Mitangeklagte R. , der keine Re vision eingelegt hat, hatte sich etliche gefälschte Kreditkarten beschafft und damit zahlreiche Einkäufe
getätigt. Bei einer seiner Einkaufstouren hat ihn der Angeklagte in Kenntnis aller Umstände zu den Tatorten gefahren und ihn in die Geschäfte begleitet. Insgesamt war der Angeklagte bei sieben Einkäufen dabei, die Höhe des einzelnen Einkaufs lag zwischen 23 Euro und 2.598 Euro, der dabei insgesamt angerichtete Schaden belief sich auf 3.347,11 Euro. Der Angeklagte erhielt von R. eine Belohnung. 2. Die Strafkammer geht davon aus, daß bei R. nur eine Tat vorliegt und dementsprechend beim Angeklagten nur eine Beihilfe. Dies entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (zur Annahme von nur einer Tat bei R. vgl. BGH NStZ-RR 2001, 240, 241 m. w. N.; zur Annahme nur einer Beihilfe beim Angeklagten vgl. BGH NStZ 1999, 513, 514 m. w. N.) und beschwert den Angeklagten nicht. 3. Hinsichtlich des Strafausspruchs hat der Generalbundesan walt in seinem Antrag vom 3. Dezember 2004 unter anderem ausgeführt: "Die Strafkammer (ist) unzutreffend von dem nach § 27 Abs. 2 Satz 2, § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 152a Abs. 2 StGB a. F. (sechs Monate bis elf Jahre drei Monate Freiheitsstrafe) ausgegangen .... Die Kammer hat übersehen, dass der Qualifikationstatbestand des § 152a Abs. 2 StGB a. F. auf den Gehilfen nur anwendbar ist, wenn dieser selbst gewerbsmäßig gehandelt hat. Denn bei der Gewerbsmäßigkeit im Sinne dieser Vorschrift handelt es sich um ein strafschärfendes persönliches Merkmal im Sinne des § 28 Abs. 2 StGB... Feststellungen dazu, dass der Angeklagte die Voraussetzungen des gewerbsmäßigen Handelns erfüllt hat, sind dem ... Urteil ... nicht zu entnehmen. Die Strafe hätte deshalb ... dem nach § 27 Abs. 2 Satz 2, § 49 Abs. 1 StGB
gemilderten Strafrahmen des § 152a Abs. 1 StGB a. F. - drei Monate bis sieben Jahre sechs Monate Freiheitsstrafe entnommen werden müssen“. Dem stimmt der Senat zu (vgl. auch BGH StV 1996, 87 m. w. N.). 4. Gleichwohl hat der Strafausspruch Bestand:
a) Zwar gilt die Haupttat wegen der einheitlichen B eschaffung der gefälschten Zahlungskarten als nur eine Tat im Rechtssinne, mit der weiteren Folge, daß wegen der sog. Akzessorietät der Beihilfe trotz mehrerer Beihilfehandlungen im Rechtssinne nur eine Beihilfe vorliegt. Dies ändert jedoch nichts daran, daß die Haupttat ebenso wie die Beteiligung des Angeklagten nicht zuletzt auch davon gekennzeichnet ist, daß durch eine Mehrzahl von Einkäufen eine entsprechende Zahl unterschiedlicher Opfer geschädigt wurde. Dieser von der Strafkammer jedenfalls nicht ausdrücklich angesprochene Gesichtspunkt kann bei Bewertung und Gewichtung von Intensität und Folgen der Tat nicht außer Betracht bleiben.
b) Trotz des aufgezeigten Mangels bei der Bestimmung des Strafrahmens ist im übrigen für die Strafzumessung hinsichtlich des Gehilfen das (hier durch Gewerbsmäßigkeit) gesteigerte Gewicht der Haupttat nicht bedeutungslos , sondern kann strafschärfend berücksichtigt werden (vgl. Tröndle/ Fischer StGB 52. Aufl. § 28 Rdn. 13 m. w. N.).

c) Unter Berücksichtigung auch der sonstigen, von der Straf kammer rechtsfehlerfrei abgewogenen strafmildernden und strafschärfenden Gesichtspunkte (zum hierauf bezogenen Revisionsvorbringen verweist der Senat auf die Ausführungen des Generalbundesanwalts, die auch durch die Erwiderung der Revision nicht entkräftet werden), hält der Senat die zur Bewährung ausgesetzte Strafe von einem Jahr und sechs Monaten für angemessen. Nack Wahl Hebenstreit Elf Graf
5 StR 543/07

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 19. Dezember 2007
in der Strafsache
gegen
wegen Betrugs
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. Dezember 2007

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Chemnitz vom 11. Mai 2007 nach § 349 Abs. 4 StPO im gesamten Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betrugs in 18 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten verurteilt. Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist sie aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Der Senat bemerkt ergänzend zum Schuldspruch:
3
Der Angeklagte hat sich dadurch am fremdnützigen Betrug zugunsten der Firma T. GmbH beteiligt, dass er als Vorstand der T. AG in 18 Einzelfällen den betroffenen Arbeitnehmern dieser Gesellschaft die Aufhebung des bisherigen Arbeitsvertrages nahelegte und zugleich mit der T. GmbH einen Subunternehmervertrag abschloss, mit dem sich die T. GmbH zur Fortführung der Leitschienendemontage verpflichtete und zu dessen Erfüllung dieses Unternehmen das von der T. AG übernommene Personal einsetzte. Dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ist der mit dem gesondert verfolgten A. , dem faktischen Geschäftsführer der T. GmbH, verabredete Tatplan zu entnehmen, wonach es von vornherein feststand, dass die T. AG nach Verrechnung mit vorgeschobenen Gegenansprüchen die Werklohnforderungen der Subunternehmerin T. GmbH nicht würde bezahlen können und folglich die T. GmbH, die, wie beabsichtigt, im Dezember 2004 insolvent wurde, die Arbeitslöhne nicht würde bezahlen können. Angesichts des nicht unerheblichen Tatbeitrags des Angeklagten und seines Interesses am Taterfolg, das darin bestand, die Arbeitsverhältnisse mit den Angestellten der T. AG ohne Rechtsstreitigkeiten bei gleichzeitiger Fortführung des Werkvertrags mit der Hauptauftraggeberin zu beenden, ist der Schluss des Landgerichts auf mittäterschaftliches Handeln des Angeklagten und nicht lediglich auf Beihilfe revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden.
4
2. Indes wird die Annahme von Gewerbsmäßigkeit durch die Feststellungen nicht belegt. Es ist daher rechtsfehlerhaft, dass das Landgericht die Einzelstrafen nach dem für besonders schwere Fälle des Betrugs vorgesehenen Strafrahmen (§ 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB) bestimmt hat.
5
a) Gewerbsmäßig handelt, wer sich durch wiederholte Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffen will (st. Rspr.; BGHR StGB § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Gewerbsmäßig 1 m.w.N.). Gewerbsmäßigkeit setzt daher stets – im Unterschied zu den Voraussetzungen des Betrugstatbestandes – eigennütziges Handeln und damit tätereigene Einnahmen voraus. Betrügerisch erlangte Betriebseinnahmen für den Arbeitgeber reichen daher nur dann aus, wenn diese dem Täter mittelbar – etwa über das Gehalt oder Beteiligung an Betriebsgewinnen – zufließen sollen (BGH NStZ 1998, 622, 623; Stree/Stern- berg-Lieben in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. 2006 Vorbem. §§ 52 ff. Rdn. 95). Liegt die Eigennützigkeitsabsicht vor, ist bereits die erste Tat als gewerbsmäßig begangen einzustufen, auch wenn es entgegen den ursprünglichen Intentionen des Täters zu weiteren Taten nicht kommt (BGHR aaO). Wenn der Täter nur ein einziges, wenngleich für ihn auskömmliches Betrugsgeschäft plant, fehlt es an der Absicht wiederholter Tatbegehung. Das Merkmal der Gewerbsmäßigkeit wird daher nicht schon dann verwirklicht , wenn die vereinbarte Vergütung für ein einziges Geschäft in Teilbeträgen gezahlt werden soll (BGH, Urteil vom 4. April 1989 – 1 StR 87/89).
6
b) Die vom Landgericht zugrunde gelegten Vorteile entsprechen den genannten Voraussetzungen nicht. Das Landgericht hat bereits dazu keine Feststellungen getroffen, ob der Angeklagte aus den Betrugstaten Einnahmen oder vergleichbare geldwerte Vorteile für sich erzielen wollte:
7
Soweit das Landgericht den wirtschaftlichen Nutzen für den Mittäter A. darin gesehen hat, dass dieser von den Auftraggeberfirmen 8 Euro pro Arbeitnehmerstunde „schwarz“ erhalten sollte, hat es sich nicht von der Beteiligung des Angeklagten an diesen Taterlösen überzeugt (vgl. insbesondere UA S. 23).
8
Sofern das Landgericht einen wirtschaftlichen Vorteil für den Angeklagten deswegen angenommen hat, weil die T. AG den Auftrag von der W. H. V. GmbH über die Subunternehmerfirma weiterführen konnte, ohne als Arbeitgeberin Arbeitslohn zu schulden, sich ohne arbeitsgerichtliche Streitigkeiten von den betroffenen Arbeitnehmern lösen konnte und damit – unter Berücksichtigung der geplanten Verrechnung mit erfundenen Gegenforderungen – die Aussicht auf eine erhebliche Gewinnspanne aus dem Werkvertrag mit der Auftraggeberfirma hatte, genügt dies nicht zur Annahme von Gewerbsmäßigkeit. Denn dies sind Vorteile für die T. AG. Feststellungen dazu, ob die beabsichtigten Gewinne mittelbar dem Angeklagten zugute kommen sollten, insbesondere ob dieser neben einem Festgehalt als Vorstand an den Betriebsgewinnen der AG beteiligt werden sollte, enthält das Urteil nicht. Den Feststellungen ist auch in ihrer Gesamtheit nicht zu entnehmen, dass die T. GmbH überhaupt keine legale Tätigkeit entfaltete und ihre Einnahmen nur aus der rechtswidrigen Vergabe von Subunternehmeraufträgen auf Kosten von deren Arbeitnehmern erzielen sollte.
9
Darüber hinaus ist mangels Feststellungen zu dem Abrechnungsverhältnis zwischen der Auftraggeberin und der T. AG nicht auszuschließen , dass es dem Angeklagten im Tatzeitraum September 2004 bis Dezember 2004 nur um die Abwicklung eines zuvor bereits begonnenen Geschäfts ging. Dann würde es auch an der erforderlichen Wiederholungsabsicht fehlen, zumal das Landgericht in der Beweiswürdigung ausführt, dass es sich bei der Übertragung der Arbeitsverträge auf die Subunternehmerin nur um die Ausnutzung einer sich „kurzfristig bietende[n] Möglichkeit“ (UA S. 28) handelte.
10
c) Der Senat vermag nicht auszuschließen, dass in der neuen Hauptverhandlung Feststellungen dazu, ob an den Angeklagten Gelder geflossen sind, möglich sind. Er hebt daher die Feststellungen, die den Strafausspruch betreffen, insgesamt auf, um umfassende neue Feststellungen zu § 263 Abs. 3 StGB zu ermöglichen.
Gerhardt Raum Brause Schaal Jäger

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 126/08
vom
5. Juni 2008
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 5. Juni 2008 beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 14. September 2007 wird als unbegründet verworfen , da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen. Ergänzend zum Vorbringen des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift vom 15. April 2008 bemerkt der Senat: Die Annahme gewerbsmäßigen Handelns (§ 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB) in den Fällen 11 bis 51 der Feststellungen ist rechtlich nicht zu beanstanden. Nach diesen wollte der Angeklagte durch die Betrugstaten zwar der "V. Bauträgergesellschaft mbH" und der "G. Hausverwaltungs- und Vermietungsgesellschaft mbH" eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang verschaffen. Für Gewerbsmäßigkeit reicht es aber aus, wenn der Täter sich mittelbare Vorteile aus den Tathandlungen verspricht, insbesondere wenn die Vermögensvorteile an eine von ihm beherrschte Gesellschaft fließen (vgl. BGH NStZ 1998, 622). Insoweit ist erforderlich, dass der Täter ohne weiteres auf diese Vorteile zugreifen kann (vgl. BGH, Beschl. vom 16. April 2008 - 5 StR 615/07). Dies versteht sich für den Angeklagten, der nach den Feststellungen beide Gesellschaften als faktischer Geschäftsführer allein beherrschte, von selbst. Nack Boetticher Kolz Elf Sander
5 StR 615/07

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 16. April 2008
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Betrugs
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. April 2008

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten N. wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 26. April 2007 gemäß § 349 Abs. 4 StPO mit den Feststellungen aufgehoben, soweit es diesen Angeklagten betrifft.
2. Auf die Revision des Angeklagten M. wird das vorbzeichnete Urteil, soweit es diesen Angeklagten betrifft , im gesamten Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen nach § 349 Abs. 4 StPO aufgehoben. Die weitergehende Revision dieses Angeklagten wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten N. wegen Betrugs in sieben Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gegen den Angeklagten M. hat es wegen Betrugs in drei Fällen – unter Einbeziehung einer weiteren rechtskräftigen Strafe – eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verhängt. Das Rechtsmittel des Angeklagten N. , hinsichtlich dessen der Generalbundesanwalt Terminsantrag gestellt hat, ist in vollem Umfang begründet. Das Rechtsmittel des Angeklagten M. hat mit der Sachrüge zum Strafausspruch Erfolg; im Übrigen ist es aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


2
Nach den Feststellungen des Landgerichts erwarb der anderweitig verfolgte P. die Geschäftsanteile der T. GmbH. Für diese leaste er hochwertige Fahrzeuge an, die Dritten zum Gebrauch überlassen wurden, die nicht über die entsprechende Bonität verfügten, um im eigenen Namen Leasinggeschäfte durchzuführen. Der Angeklagte N. , der im Autohandel seines Vaters angestellt war, leitete in den Fällen, in denen die Fahrzeuge vom Betrieb seines Vaters bezogen wurden, Finanzierungsunterlagen an die den Kauf finanzierenden Leasinggesellschaften weiter. Die P. GmbH, deren Gesellschafter und Geschäftsführer der Angeklagte M. war, führte gleichfalls solche Leasinggeschäfte durch. In drei Fällen leaste der Angeklagte M. Fahrzeuge für die P. GmbH, die er über den anderweitig verfolgten K. an unbekannt gebliebene Dritte weitergab. Die Fahrzeuge, für die nur die ersten vier Monate die Leasingraten beglichen wurden, konnten später, nachdem erhebliche Rückstände entstanden waren, an die Leasinggesellschaft zurückgeführt werden.

II.


3
Die Revision des Angeklagten N. ist in vollem Umfang, diejenige des Angeklagte M. hinsichtlich des Strafausspruchs erfolgreich.
4
1. Das Landgericht hat nicht erörtert, ob der Angeklagte N. als Mittäter oder Gehilfe im Sinne des § 27 StGB gehandelt hat. Eine Auseinandersetzung hiermit wäre geboten gewesen. Eine Gehilfenstellung des Angeklagten ist zumindest nicht fern liegend, weil es sich nach den Feststellungen des Landgerichts für das Autohaus des Vaters des Angeklagten um ein „normales Geschäft“ mit einer gängigen Rendite gehandelt hatte. Gewinne aus einer späteren Weitergabe der Autos sind bei ihm nicht ersichtlich. Es ist auch nicht erkennbar, dass ein Autohändler gegenüber dem Leasinggeber besondere Pflichten zu erfüllen hätte. Hätte sich der Vorgang der Antragstellung bei dem Leasinggeber darin erschöpft, dass der Angeklagte – wie in seiner Einlassung behauptet – lediglich einen Handelsregisterauszug und die Kopie des Personalausweises des Geschäftsführers weiterleitete, hätte dies bei der Bewertung des Gewichts seines Tatbeitrags Bedeutung erlangen können. Die Auseinandersetzung mit einer möglicherweise nur vorliegenden Gehilfentätigkeit des Angeklagten N. wird in einer neuen Hauptverhandlung ebenso nachzuholen sein wie die hiermit inhaltlich zusammenhängende Prüfung des Regelbeispiels der Gewerbsmäßigkeit nach § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB (vgl. hierzu unter 2.).
5
Der Schuldspruch gegen den Angeklagten N. leidet auch weiter Not, weil die Voraussetzungen der subjektiven Tatseite des Betrugs nicht ausreichend dargelegt sind. Das Landgericht hat den dem Angeklagten N. zuzurechnenden Schuldumfang nicht nur in den ausbleibenden Leasingraten, sondern auch in dem Abhandenkommen der Kraftfahrzeuge selbst gesehen. Jedenfalls insoweit fehlt es an einer ausreichenden Begründung für den (bedingten) Vorsatz. Weder legt das Landgericht dar, welchen Kenntnisstand der Angeklagte N. hatte, also für wie wahrscheinlich er den Eintritt des Taterfolges zu Lasten der Leasinggesellschaften hielt, noch ob er ihn billigte. Beim bedingten Vorsatz ist der Feststellung des voluntativen Elements des Vorsatzes gerade im Rahmen von Wirtschaftsstraftaten besonders Gewicht einzuräumen (BGHSt 48, 331, 348). Insbesondere im Hinblick auf den Verlust der Fahrzeuge reicht es nicht, dass der Angeklagte lediglich wusste, dass die Fahrzeuge an Dritte übergeben wurden. Es hätte weiterer Feststellungen bedurft, welche Kenntnis der Angeklagte von den Drittempfängern der Fahrzeuge hatte und ob diese Kenntnis nach den Gesamtumständen des Einzelfalls auch eine billigende Inkaufnahme des Schadenseintritts hätte begründen können. Die bloße Kenntnis einer potenziellen Gefährdungslage reicht für die Annahme der subjektiven Tatseite des Ver- mögensschadens im Sinne des § 263 StGB nicht aus. Vielmehr setzt der Betrugstatbestand mindestens eine schadensgleiche Vermögensgefährdung voraus. Hierauf muss sich auch der Vorsatz mit seinen kognitiven und voluntativen Bestandteilen beziehen. Dies würde voraussetzen, dass der Betrogene auch aus Sicht des Täuschenden ernstlich mit wirtschaftlichen Nachteilen zu rechnen hat. Dieses Erfordernis ist jedoch dann nicht erfüllt, wenn der Eintritt wirtschaftlicher Nachteile nicht einmal überwiegend wahrscheinlich ist, sondern von zukünftigen Ereignissen abhängt (BGHSt 51, 165, 177). Der Umstand, dass es nahe liegt, dass der Angeklagte wenigstens hinsichtlich der ausgebliebenen Leasingraten zumindest bedingt vorsätzlich gehandelt hat, rechtfertigt hier die Teilaufrechterhaltung der Feststellungen nicht (vgl. § 353 Abs. 2 StPO).
6
2. Die Revision des Angeklagten M. hat nur hinsichtlich des Strafausspruchs Erfolg. Die Urteilsgründe belegen nicht das Vorliegen eines Regelbeispiels der Gewerbsmäßigkeit nach § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB, weil das Urteil keine Feststellungen enthält, welche Beträge dem Angeklagten M. persönlich zugeflossen sind bzw. von ihm erstrebt wurden. Zwar reicht auch ein nur mittelbarer Zufluss aus, insbesondere wenn die erlangten Gelder an eine von ihm beherrschte Gesellschaft fließen (BGHR StGB § 261 Strafzumessung 2). Erforderlich ist aber insoweit, dass der Täter ohne weiteres auf diese Gelder zugreifen kann (vgl. BGH wistra 2008, 108). Dies versteht sich hier auch nicht von selbst, weil die Fahrzeuge nach den Urteilsfeststellungen durch K. an Dritte vermietet werden sollten und dieser dann auch möglicherweise die Gelder von den Dritten vereinnahmt hat.
7
Keinen Bedenken begegnet dagegen – entgegen der Auffassung der Revision – die Verurteilung des Angeklagten im Adhäsionsverfahren. Insbesondere ist der Zinssatz mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz be- rechtigt, weil es sich um Verzugszinsen gehandelt hatte (§ 288 Abs. 1 BGB). In diesem Sinne ist auch das Anerkenntnis des Angeklagten zu verstehen.
Basdorf Raum Brause Schaal Jäger

(1) Wer einen Gegenstand, der aus einer rechtswidrigen Tat herrührt,

1.
verbirgt,
2.
in der Absicht, dessen Auffinden, dessen Einziehung oder die Ermittlung von dessen Herkunft zu vereiteln, umtauscht, überträgt oder verbringt,
3.
sich oder einem Dritten verschafft oder
4.
verwahrt oder für sich oder einen Dritten verwendet, wenn er dessen Herkunft zu dem Zeitpunkt gekannt hat, zu dem er ihn erlangt hat,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 und 4 gilt dies nicht in Bezug auf einen Gegenstand, den ein Dritter zuvor erlangt hat, ohne hierdurch eine rechtswidrige Tat zu begehen. Wer als Strafverteidiger ein Honorar für seine Tätigkeit annimmt, handelt in den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 und 4 nur dann vorsätzlich, wenn er zu dem Zeitpunkt der Annahme des Honorars sichere Kenntnis von dessen Herkunft hatte.

(2) Ebenso wird bestraft, wer Tatsachen, die für das Auffinden, die Einziehung oder die Ermittlung der Herkunft eines Gegenstands nach Absatz 1 von Bedeutung sein können, verheimlicht oder verschleiert.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Wer eine Tat nach Absatz 1 oder Absatz 2 als Verpflichteter nach § 2 des Geldwäschegesetzes begeht, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(5) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter gewerbsmäßig handelt oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Geldwäsche verbunden hat.

(6) Wer in den Fällen des Absatzes 1 oder 2 leichtfertig nicht erkennt, dass es sich um einen Gegenstand nach Absatz 1 handelt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Satz 1 gilt in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 nicht für einen Strafverteidiger, der ein Honorar für seine Tätigkeit annimmt.

(7) Wer wegen Beteiligung an der Vortat strafbar ist, wird nach den Absätzen 1 bis 6 nur dann bestraft, wenn er den Gegenstand in den Verkehr bringt und dabei dessen rechtswidrige Herkunft verschleiert.

(8) Nach den Absätzen 1 bis 6 wird nicht bestraft,

1.
wer die Tat freiwillig bei der zuständigen Behörde anzeigt oder freiwillig eine solche Anzeige veranlasst, wenn nicht die Tat zu diesem Zeitpunkt bereits ganz oder zum Teil entdeckt war und der Täter dies wusste oder bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen musste, und
2.
in den Fällen des Absatzes 1 oder des Absatzes 2 unter den in Nummer 1 genannten Voraussetzungen die Sicherstellung des Gegenstandes bewirkt.

(9) Einem Gegenstand im Sinne des Absatzes 1 stehen Gegenstände, die aus einer im Ausland begangenen Tat herrühren, gleich, wenn die Tat nach deutschem Strafrecht eine rechtswidrige Tat wäre und

1.
am Tatort mit Strafe bedroht ist oder
2.
nach einer der folgenden Vorschriften und Übereinkommen der Europäischen Union mit Strafe zu bedrohen ist:
a)
Artikel 2 oder Artikel 3 des Übereinkommens vom 26. Mai 1997 aufgrund von Artikel K.3 Absatz 2 Buchstabe c des Vertrags über die Europäische Union über die Bekämpfung der Bestechung, an der Beamte der Europäischen Gemeinschaften oder der Mitgliedstaaten der Europäischen Union beteiligt sind (BGBl. 2002 II S. 2727, 2729),
b)
Artikel 1 des Rahmenbeschlusses 2002/946/JI des Rates vom 28. November 2002 betreffend die Verstärkung des strafrechtlichen Rahmens für die Bekämpfung der Beihilfe zur unerlaubten Ein- und Durchreise und zum unerlaubten Aufenthalt (ABl. L 328 vom 5.12.2002, S. 1),
c)
Artikel 2 oder Artikel 3 des Rahmenbeschlusses 2003/568/JI des Rates vom 22. Juli 2003 zur Bekämpfung der Bestechung im privaten Sektor (ABl. L 192 vom 31.7.2003, S. 54),
d)
Artikel 2 oder Artikel 3 des Rahmenbeschlusses 2004/757/JI des Rates vom 25. Oktober 2004 zur Festlegung von Mindestvorschriften über die Tatbestandsmerkmale strafbarer Handlungen und die Strafen im Bereich des illegalen Drogenhandels (ABl. L 335 vom 11.11.2004, S. 8), der zuletzt durch die Delegierte Richtlinie (EU) 2019/369 (ABl. L 66 vom 7.3.2019, S. 3) geändert worden ist,
e)
Artikel 2 Buchstabe a des Rahmenbeschlusses 2008/841/JI des Rates vom 24. Oktober 2008 zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität (ABl. L 300 vom 11.11.2008, S. 42),
f)
Artikel 2 oder Artikel 3 der Richtlinie2011/36/EUdes Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2002/629/JI des Rates (ABl. L 101 vom 15.4.2011, S. 1),
g)
den Artikeln 3 bis 8 der Richtlinie 2011/93/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornografie sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2004/68/JI des Rates (ABl. L 335 vom 17.12.2011, S. 1; L 18 vom 21.1.2012, S. 7) oder
h)
den Artikeln 4 bis 9 Absatz 1 und 2 Buchstabe b oder den Artikeln 10 bis 14 der Richtlinie (EU) 2017/541 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2017 zur Terrorismusbekämpfung und zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2002/475/JI des Rates und zur Änderung des Beschlusses 2005/671/JI des Rates (ABl. L 88 vom 31.3.2017, S. 6).

(10) Gegenstände, auf die sich die Straftat bezieht, können eingezogen werden. § 74a ist anzuwenden. Die §§ 73 bis 73e bleiben unberührt und gehen einer Einziehung nach § 74 Absatz 2, auch in Verbindung mit den §§ 74a und 74c, vor.

(1) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer den Diebstahl unter den in § 243 Abs. 1 Satz 2 genannten Voraussetzungen oder in den Fällen des § 244 Abs. 1 Nr. 1 oder 3 als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(3) (weggefallen)

(1) Wer eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.

(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt.

(2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1).

(3) Hat der Täter aus grobem Unverstand verkannt, daß der Versuch nach der Art des Gegenstandes, an dem, oder des Mittels, mit dem die Tat begangen werden sollte, überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte, so kann das Gericht von Strafe absehen oder die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2).

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet oder sich an einer Vereinigung als Mitglied beteiligt, deren Zweck oder Tätigkeit auf die Begehung von Straftaten gerichtet ist, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren bedroht sind. Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine solche Vereinigung unterstützt oder für sie um Mitglieder oder Unterstützer wirbt.

(2) Eine Vereinigung ist ein auf längere Dauer angelegter, von einer Festlegung von Rollen der Mitglieder, der Kontinuität der Mitgliedschaft und der Ausprägung der Struktur unabhängiger organisierter Zusammenschluss von mehr als zwei Personen zur Verfolgung eines übergeordneten gemeinsamen Interesses.

(3) Absatz 1 ist nicht anzuwenden,

1.
wenn die Vereinigung eine politische Partei ist, die das Bundesverfassungsgericht nicht für verfassungswidrig erklärt hat,
2.
wenn die Begehung von Straftaten nur ein Zweck oder eine Tätigkeit von untergeordneter Bedeutung ist oder
3.
soweit die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung Straftaten nach den §§ 84 bis 87 betreffen.

(4) Der Versuch, eine in Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 bezeichnete Vereinigung zu gründen, ist strafbar.

(5) In besonders schweren Fällen des Absatzes 1 Satz 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern der Vereinigung gehört. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren zu erkennen, wenn der Zweck oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet ist, in § 100b Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, b, d bis f und h bis o, Nummer 2 bis 8 und 10 der Strafprozessordnung genannte Straftaten mit Ausnahme der in § 100b Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe h der Strafprozessordnung genannten Straftaten nach den §§ 239a und 239b des Strafgesetzbuches zu begehen.

(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, von einer Bestrafung nach den Absätzen 1 und 4 absehen.

(7) Das Gericht kann die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von einer Bestrafung nach diesen Vorschriften absehen, wenn der Täter

1.
sich freiwillig und ernsthaft bemüht, das Fortbestehen der Vereinigung oder die Begehung einer ihren Zielen entsprechenden Straftat zu verhindern, oder
2.
freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, daß Straftaten, deren Planung er kennt, noch verhindert werden können;
erreicht der Täter sein Ziel, das Fortbestehen der Vereinigung zu verhindern, oder wird es ohne sein Bemühen erreicht, so wird er nicht bestraft.

(1) Die §§ 129 und 129a gelten auch für Vereinigungen im Ausland. Bezieht sich die Tat auf eine Vereinigung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, so gilt dies nur, wenn sie durch eine im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes ausgeübte Tätigkeit begangen wird oder wenn der Täter oder das Opfer Deutscher ist oder sich im Inland befindet. In den Fällen des Satzes 2 wird die Tat nur mit Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz verfolgt. Die Ermächtigung kann für den Einzelfall oder allgemein auch für die Verfolgung künftiger Taten erteilt werden, die sich auf eine bestimmte Vereinigung beziehen. Bei der Entscheidung über die Ermächtigung zieht das Ministerium in Betracht, ob die Bestrebungen der Vereinigung gegen die Grundwerte einer die Würde des Menschen achtenden staatlichen Ordnung oder gegen das friedliche Zusammenleben der Völker gerichtet sind und bei Abwägung aller Umstände als verwerflich erscheinen.

(2) In den Fällen der §§ 129 und 129a, jeweils auch in Verbindung mit Absatz 1, ist § 74a anzuwenden.

(1) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer den Diebstahl unter den in § 243 Abs. 1 Satz 2 genannten Voraussetzungen oder in den Fällen des § 244 Abs. 1 Nr. 1 oder 3 als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(3) (weggefallen)

(1) Wer eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.

(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt.

(2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1).

(3) Hat der Täter aus grobem Unverstand verkannt, daß der Versuch nach der Art des Gegenstandes, an dem, oder des Mittels, mit dem die Tat begangen werden sollte, überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte, so kann das Gericht von Strafe absehen oder die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2).

(1) Die §§ 129 und 129a gelten auch für Vereinigungen im Ausland. Bezieht sich die Tat auf eine Vereinigung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, so gilt dies nur, wenn sie durch eine im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes ausgeübte Tätigkeit begangen wird oder wenn der Täter oder das Opfer Deutscher ist oder sich im Inland befindet. In den Fällen des Satzes 2 wird die Tat nur mit Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz verfolgt. Die Ermächtigung kann für den Einzelfall oder allgemein auch für die Verfolgung künftiger Taten erteilt werden, die sich auf eine bestimmte Vereinigung beziehen. Bei der Entscheidung über die Ermächtigung zieht das Ministerium in Betracht, ob die Bestrebungen der Vereinigung gegen die Grundwerte einer die Würde des Menschen achtenden staatlichen Ordnung oder gegen das friedliche Zusammenleben der Völker gerichtet sind und bei Abwägung aller Umstände als verwerflich erscheinen.

(2) In den Fällen der §§ 129 und 129a, jeweils auch in Verbindung mit Absatz 1, ist § 74a anzuwenden.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet oder sich an einer Vereinigung als Mitglied beteiligt, deren Zweck oder Tätigkeit auf die Begehung von Straftaten gerichtet ist, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren bedroht sind. Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine solche Vereinigung unterstützt oder für sie um Mitglieder oder Unterstützer wirbt.

(2) Eine Vereinigung ist ein auf längere Dauer angelegter, von einer Festlegung von Rollen der Mitglieder, der Kontinuität der Mitgliedschaft und der Ausprägung der Struktur unabhängiger organisierter Zusammenschluss von mehr als zwei Personen zur Verfolgung eines übergeordneten gemeinsamen Interesses.

(3) Absatz 1 ist nicht anzuwenden,

1.
wenn die Vereinigung eine politische Partei ist, die das Bundesverfassungsgericht nicht für verfassungswidrig erklärt hat,
2.
wenn die Begehung von Straftaten nur ein Zweck oder eine Tätigkeit von untergeordneter Bedeutung ist oder
3.
soweit die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung Straftaten nach den §§ 84 bis 87 betreffen.

(4) Der Versuch, eine in Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 bezeichnete Vereinigung zu gründen, ist strafbar.

(5) In besonders schweren Fällen des Absatzes 1 Satz 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern der Vereinigung gehört. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren zu erkennen, wenn der Zweck oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet ist, in § 100b Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, b, d bis f und h bis o, Nummer 2 bis 8 und 10 der Strafprozessordnung genannte Straftaten mit Ausnahme der in § 100b Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe h der Strafprozessordnung genannten Straftaten nach den §§ 239a und 239b des Strafgesetzbuches zu begehen.

(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, von einer Bestrafung nach den Absätzen 1 und 4 absehen.

(7) Das Gericht kann die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von einer Bestrafung nach diesen Vorschriften absehen, wenn der Täter

1.
sich freiwillig und ernsthaft bemüht, das Fortbestehen der Vereinigung oder die Begehung einer ihren Zielen entsprechenden Straftat zu verhindern, oder
2.
freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, daß Straftaten, deren Planung er kennt, noch verhindert werden können;
erreicht der Täter sein Ziel, das Fortbestehen der Vereinigung zu verhindern, oder wird es ohne sein Bemühen erreicht, so wird er nicht bestraft.

(1) Wer eine Vereinigung (§ 129 Absatz 2) gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder § 12 des Völkerstrafgesetzbuches) oder
2.
Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b
3.
(weggefallen)
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
einem anderen Menschen schwere körperliche oder seelische Schäden, insbesondere der in § 226 bezeichneten Art, zuzufügen,
2.
Straftaten nach den §§ 303b, 305, 305a oder gemeingefährliche Straftaten in den Fällen der §§ 306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 1 bis 5, der §§ 313, 314 oder 315 Abs. 1, 3 oder 4, des § 316b Abs. 1 oder 3 oder des § 316c Abs. 1 bis 3 oder des § 317 Abs. 1,
3.
Straftaten gegen die Umwelt in den Fällen des § 330a Abs. 1 bis 3,
4.
Straftaten nach § 19 Abs. 1 bis 3, § 20 Abs. 1 oder 2, § 20a Abs. 1 bis 3, § 19 Abs. 2 Nr. 2 oder Abs. 3 Nr. 2, § 20 Abs. 1 oder 2 oder § 20a Abs. 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21, oder nach § 22a Abs. 1 bis 3 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen oder
5.
Straftaten nach § 51 Abs. 1 bis 3 des Waffengesetzes
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wenn eine der in den Nummern 1 bis 5 bezeichneten Taten bestimmt ist, die Bevölkerung auf erhebliche Weise einzuschüchtern, eine Behörde oder eine internationale Organisation rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt zu nötigen oder die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beseitigen oder erheblich zu beeinträchtigen, und durch die Art ihrer Begehung oder ihre Auswirkungen einen Staat oder eine internationale Organisation erheblich schädigen kann.

(3) Sind die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet, eine der in Absatz 1 und 2 bezeichneten Straftaten anzudrohen, ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(4) Gehört der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern, so ist in den Fällen der Absätze 1 und 2 auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(5) Wer eine in Absatz 1, 2 oder Absatz 3 bezeichnete Vereinigung unterstützt, wird in den Fällen der Absätze 1 und 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Wer für eine in Absatz 1 oder Absatz 2 bezeichnete Vereinigung um Mitglieder oder Unterstützer wirbt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, in den Fällen der Absätze 1, 2, 3 und 5 die Strafe nach seinem Ermessen (§ 49 Abs. 2) mildern.

(7) § 129 Absatz 7 gilt entsprechend.

(8) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten kann das Gericht die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, und die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, aberkennen (§ 45 Abs. 2).

(9) In den Fällen der Absätze 1, 2, 4 und 5 kann das Gericht Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet oder sich an einer Vereinigung als Mitglied beteiligt, deren Zweck oder Tätigkeit auf die Begehung von Straftaten gerichtet ist, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren bedroht sind. Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine solche Vereinigung unterstützt oder für sie um Mitglieder oder Unterstützer wirbt.

(2) Eine Vereinigung ist ein auf längere Dauer angelegter, von einer Festlegung von Rollen der Mitglieder, der Kontinuität der Mitgliedschaft und der Ausprägung der Struktur unabhängiger organisierter Zusammenschluss von mehr als zwei Personen zur Verfolgung eines übergeordneten gemeinsamen Interesses.

(3) Absatz 1 ist nicht anzuwenden,

1.
wenn die Vereinigung eine politische Partei ist, die das Bundesverfassungsgericht nicht für verfassungswidrig erklärt hat,
2.
wenn die Begehung von Straftaten nur ein Zweck oder eine Tätigkeit von untergeordneter Bedeutung ist oder
3.
soweit die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung Straftaten nach den §§ 84 bis 87 betreffen.

(4) Der Versuch, eine in Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 bezeichnete Vereinigung zu gründen, ist strafbar.

(5) In besonders schweren Fällen des Absatzes 1 Satz 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern der Vereinigung gehört. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren zu erkennen, wenn der Zweck oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet ist, in § 100b Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, b, d bis f und h bis o, Nummer 2 bis 8 und 10 der Strafprozessordnung genannte Straftaten mit Ausnahme der in § 100b Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe h der Strafprozessordnung genannten Straftaten nach den §§ 239a und 239b des Strafgesetzbuches zu begehen.

(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, von einer Bestrafung nach den Absätzen 1 und 4 absehen.

(7) Das Gericht kann die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von einer Bestrafung nach diesen Vorschriften absehen, wenn der Täter

1.
sich freiwillig und ernsthaft bemüht, das Fortbestehen der Vereinigung oder die Begehung einer ihren Zielen entsprechenden Straftat zu verhindern, oder
2.
freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, daß Straftaten, deren Planung er kennt, noch verhindert werden können;
erreicht der Täter sein Ziel, das Fortbestehen der Vereinigung zu verhindern, oder wird es ohne sein Bemühen erreicht, so wird er nicht bestraft.

(1) Wer eine Vereinigung (§ 129 Absatz 2) gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder § 12 des Völkerstrafgesetzbuches) oder
2.
Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b
3.
(weggefallen)
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
einem anderen Menschen schwere körperliche oder seelische Schäden, insbesondere der in § 226 bezeichneten Art, zuzufügen,
2.
Straftaten nach den §§ 303b, 305, 305a oder gemeingefährliche Straftaten in den Fällen der §§ 306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 1 bis 5, der §§ 313, 314 oder 315 Abs. 1, 3 oder 4, des § 316b Abs. 1 oder 3 oder des § 316c Abs. 1 bis 3 oder des § 317 Abs. 1,
3.
Straftaten gegen die Umwelt in den Fällen des § 330a Abs. 1 bis 3,
4.
Straftaten nach § 19 Abs. 1 bis 3, § 20 Abs. 1 oder 2, § 20a Abs. 1 bis 3, § 19 Abs. 2 Nr. 2 oder Abs. 3 Nr. 2, § 20 Abs. 1 oder 2 oder § 20a Abs. 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21, oder nach § 22a Abs. 1 bis 3 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen oder
5.
Straftaten nach § 51 Abs. 1 bis 3 des Waffengesetzes
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wenn eine der in den Nummern 1 bis 5 bezeichneten Taten bestimmt ist, die Bevölkerung auf erhebliche Weise einzuschüchtern, eine Behörde oder eine internationale Organisation rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt zu nötigen oder die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beseitigen oder erheblich zu beeinträchtigen, und durch die Art ihrer Begehung oder ihre Auswirkungen einen Staat oder eine internationale Organisation erheblich schädigen kann.

(3) Sind die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet, eine der in Absatz 1 und 2 bezeichneten Straftaten anzudrohen, ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(4) Gehört der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern, so ist in den Fällen der Absätze 1 und 2 auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(5) Wer eine in Absatz 1, 2 oder Absatz 3 bezeichnete Vereinigung unterstützt, wird in den Fällen der Absätze 1 und 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Wer für eine in Absatz 1 oder Absatz 2 bezeichnete Vereinigung um Mitglieder oder Unterstützer wirbt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, in den Fällen der Absätze 1, 2, 3 und 5 die Strafe nach seinem Ermessen (§ 49 Abs. 2) mildern.

(7) § 129 Absatz 7 gilt entsprechend.

(8) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten kann das Gericht die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, und die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, aberkennen (§ 45 Abs. 2).

(9) In den Fällen der Absätze 1, 2, 4 und 5 kann das Gericht Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(1) Die §§ 129 und 129a gelten auch für Vereinigungen im Ausland. Bezieht sich die Tat auf eine Vereinigung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, so gilt dies nur, wenn sie durch eine im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes ausgeübte Tätigkeit begangen wird oder wenn der Täter oder das Opfer Deutscher ist oder sich im Inland befindet. In den Fällen des Satzes 2 wird die Tat nur mit Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz verfolgt. Die Ermächtigung kann für den Einzelfall oder allgemein auch für die Verfolgung künftiger Taten erteilt werden, die sich auf eine bestimmte Vereinigung beziehen. Bei der Entscheidung über die Ermächtigung zieht das Ministerium in Betracht, ob die Bestrebungen der Vereinigung gegen die Grundwerte einer die Würde des Menschen achtenden staatlichen Ordnung oder gegen das friedliche Zusammenleben der Völker gerichtet sind und bei Abwägung aller Umstände als verwerflich erscheinen.

(2) In den Fällen der §§ 129 und 129a, jeweils auch in Verbindung mit Absatz 1, ist § 74a anzuwenden.

(1) Gegenstand der Urteilsfindung ist die in der Anklage bezeichnete Tat, wie sie sich nach dem Ergebnis der Verhandlung darstellt.

(2) Das Gericht ist an die Beurteilung der Tat, die dem Beschluß über die Eröffnung des Hauptverfahrens zugrunde liegt, nicht gebunden.

(1) Die §§ 129 und 129a gelten auch für Vereinigungen im Ausland. Bezieht sich die Tat auf eine Vereinigung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, so gilt dies nur, wenn sie durch eine im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes ausgeübte Tätigkeit begangen wird oder wenn der Täter oder das Opfer Deutscher ist oder sich im Inland befindet. In den Fällen des Satzes 2 wird die Tat nur mit Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz verfolgt. Die Ermächtigung kann für den Einzelfall oder allgemein auch für die Verfolgung künftiger Taten erteilt werden, die sich auf eine bestimmte Vereinigung beziehen. Bei der Entscheidung über die Ermächtigung zieht das Ministerium in Betracht, ob die Bestrebungen der Vereinigung gegen die Grundwerte einer die Würde des Menschen achtenden staatlichen Ordnung oder gegen das friedliche Zusammenleben der Völker gerichtet sind und bei Abwägung aller Umstände als verwerflich erscheinen.

(2) In den Fällen der §§ 129 und 129a, jeweils auch in Verbindung mit Absatz 1, ist § 74a anzuwenden.