Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Nov. 2015 - AK 36/15
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- I. Der Beschuldigte wurde am 15. April 2015 aufgrund des Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 11. März 2015 festgenommen. Gegenstand des Haftbefehls ist der Vorwurf, er habe sich seit August 2002 als Rädelsführer an der ausländischen terroristischen Vereinigung "Türkiye Komünist Partisi/Marksist - Leninist" (Türkische Kommunistische Partei /Marxisten - Leninisten - TKP/ML) beteiligt (Verbrechen, strafbar nach § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4, § 129b Abs. 1 StGB).
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- II. Die Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus liegen vor.
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- 1. Nach dem bisherigen Ergebnis der Ermittlungen ist im Sinne eines dringenden Tatverdachts im Wesentlichen von folgendem Geschehen auszugehen :
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- a) Die TKP/ML wurde im Jahre 1972 unter der Führung von Ibrahim Kaypakkaya gegründet. Aufgrund interner Auseinandersetzungen kam es in der Folgezeit mehrfach zu Trennungen und Neugründungen. Im Jahre 1987 spaltete sich die Organisation in zwei Teile, von denen der eine fortan den Namen "Dogu Anadolu Bölge Komitesi" (Ostanatolisches Gebietskomitee - DABK) annahm und der andere der bisherigen Bezeichnung TKP/ML den Zusatz "Partizan" anfügte. Nach zwischenzeitlicher Wiedervereinigung trennten sich die beiden Fraktionen schließlich im April 1994 endgültig. Die DABK nannte sich zunächst TKP (ML) und ging schließlich im Jahre 2002 in der neu gegründeten "Maoist Komünist Partisi" (Maoistische Kommunistische Partei) auf. Die TKP/ML - Partizan führte demgegenüber den ursprünglichen Namen TKP/ML fort und verfolgt bis heute deren ursprüngliche Ideologie weiter. Sie vertritt die Lehren des Marxismus-Leninismus und die Ideen von Mao Tse-tung. Ihr satzungsmäßig festgelegtes Ziel ist es, durch bewaffneten Kampf und Agitation die derzeitige Staats- und Gesellschaftsordnung in der Türkei zu beseitigen und durch eine kommunistisch geformte Gesellschaft unter der Diktatur des Proletariats zu ersetzen.
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- Die TKP/ML ist nach den Prinzipien des demokratischen Sozialismus hierarchisch und zentralistisch strukturiert. Höchstes Führungsorgan ist der Parteikongress , der nach der Satzung alle drei Jahre zusammentreten soll und u.a. Taktik und Politik der Vereinigung festlegt, ihre Strategie und Organisationsstruktur bestimmt sowie befugt ist, das Programm und die Satzung der Organisation zu verändern. In Zeiten, in denen der Parteikongress nicht zusammenkommt , tritt an seine Stelle die Parteikonferenz, die mit Ausnahme der Kompetenz , das Parteiprogramm zu ändern, über dieselben Befugnisse verfügt. Die letzte der bisher insgesamt acht abgehaltenen Parteikonferenzen fand vom 11. Januar bis zum 4. Februar 2007 statt. In den Phasen zwischen den Parteikongressen bzw. -konferenzen ist das Zentralkomitee (Merkez Komitesi - MK) das höchste Parteiorgan. Es soll nach der Satzung einmal jährlich zusammenkommen , leitet die Vereinigung und ist innerhalb des durch die Entscheidungen der Parteikongresse bzw. -konferenzen vorgegebenen Rahmens für die Organisation der Partei sowie für deren sämtliche Aktivitäten verantwortlich. Zur Erfüllung dieser Aufgaben unterhält es Gremien, darunter etwa das Politbüro, das zwischen den Sitzungen des Zentralkomitees die Vereinigung in ideologischpolitischer Hinsicht führt. Unterhalb des Zentralkomitees ist die TKP/ML regional nach Gebieten gegliedert. Dort existieren Gebietskomitees, die von einem Sekretär geleitet werden, den das Zentralkomitee aus seinen eigenen Reihen bestimmt. Seit einigen Jahren bestehen in der Türkei zwei Gebietskomitees für die Bereiche Dersim/Schwarzmeerküste und Istanbul. Mit Genehmigung des Zentralkomitees können die Gebietskomitees untere Gebiets- oder Provinzkomitees gründen. Darunter bestehen Parteizellen, die aus mindestens drei Aktivisten bestehen.
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- In der Organisation gelten die Maximen der Weisungsgebundenheit und Berichtspflicht. Die durch die jeweiligen Parteigremien getroffenen Beschlüsse sind für die jeweils unteren Ebenen bindend; Minderheiten haben sich den Mehrheiten unterzuordnen. Bei Verstößen gegen die Parteidisziplin oder bindende Beschlüsse sieht die Satzung Disziplinarstrafen vor. Untere Ebenen haben den in der Hierarchie übergeordneten Gremien regelmäßig über ihre Aktivitäten zu berichten. Die TKP/ML unterscheidet die in ihre Vereinigungsaktivitäten eingebundenen Personen intern in Mitglieder, Mitgliedschaftsanwärter und Sympathisanten, was im Wesentlichen jedoch lediglich für das aktive und passive Wahlrecht von Bedeutung ist.
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- Als Jugend- und damit Unterorganisation der TKP/ML agiert die "Türkiye Marxist Leninist Genc Birligi" (Türkische Marxistisch-Leninistische Jugendorganisation - TMLGB). Diese versteht sich als Kampforganisation, welche die Jugend nach der von der TKP/ML vorgegebenen Strategie mobilisiert und organisiert.
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- Die TKP/ML unterhält daneben in der Türkei eine bewaffnete Kampforganisation , die den Namen "Türkiye Isci Köylu Kurtulus Ordusu" (Türkische Arbeiter - und Bauernbefreiungsarmee - TIKKO) trägt. Diese ist streng hierarchisch in Kommandostrukturen organisiert und wird politisch, ideologisch und organisatorisch durch das Zentralkomitee der TKP/ML geleitet. Ausweislich der Satzung der TKP/ML handelt es sich bei der dort namentlich aufgeführten TIKKO um die "bewaffnete Kraft des Volkes unter der Führung der Partei". Die TIKKO unterhält eine eigene Gerichtsbarkeit, die bei Verletzung der Militärdisziplin Sanktionen bis hin zur Todesstrafe vorsieht. In Umsetzung der Zielsetzung der TKP/ML begingen die TIKKO sowie die TMLGB in der Vergangenheit zahlreiche Schusswaffen-, Sprengstoff- und Brandanschläge in der Türkei. Diese waren vornehmlich gegen Repräsentanten und Einrichtungen des türkischen Staates, aber auch gegen von der TKP/ML sogenannte Feinde des Volkes gerichtet. Durch die Aktionen wurden mehrere Menschen getötet oder verletzt; zudem entstanden teilweise erhebliche Sachschäden. Die Anschläge dauern bis in die Gegenwart an, wobei es in der Vergangenheit sowohl zu aktionsärmeren Phasen als auch zur Zunahme der Aktivitäten im Rahmen von Kampagnen kam. Der TKP/ML über die TIKKO oder die TMLGB zuzurechnende Täter begingen im Einzelnen etwa folgende Taten:
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- Gegen Ende des Jahres 2004 verübten sie drei Sprengstoffanschläge in Istanbul, bei denen jeweils Sachschaden entstand. Im Jahre 2005 kam es zu insgesamt sieben, teilweise nur versuchten und mittels Sprengsätzen und Molotow -Cocktails durchgeführten Anschlägen u.a. in einer Diskothek in Incirlik unweit des von den US-Streitkräften genutzten NATO-Stützpunktes, gegen Parteigebäude der "Adalet ve Kalkinma Partisi" (Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung - AKP) und vor dem Amtssitz des Oberbürgermeisters von Istanbul. Ende Januar 2006 brachten Angehörige der TIKKO in insgesamt sechs Fällen Sprengsätze zur Explosion oder warfen Moltow-Cocktails. Bei einem der Anschläge in den Räumlichkeiten des türkisch-amerikanischen Kulturvereins in Adana wurden vier Personen verletzt. In der Zeit bis April 2006 wurden weitere sechs Anschläge durchgeführt. Im Mai 2006 sollte der Ortsvorsteher von Erzincan durch eine Bombe umgebracht werden. Bei der Explosion wurden indes vier Kinder getötet. Danach wurden mehrere Führungskader festgenommen und ein umfangreiches Waffen- und Sprengstoffarsenal sichergestellt. Auf der 8. Parteikonferenz zu Beginn des Jahres 2007 beschloss die TKP/ML, die Zusammenarbeit mit der "Partiya Karkeren Kurdistan" (Arbeiterpartei Kurdistans - PKK) zu intensivieren und auch gemeinsam mit deren bewaffnetem Arm, der "Hezen Parastina Gel" (Volksverteidigungskräfte - HPG), Anschläge zu begehen. Im Oktober 2008 versuchte eine TIKKO-Angehörige, einen Sprengsatz in einem Restaurant in der Provinz Tunceli zur Explosion zu bringen. Im Mai 2009 erschossen Kämpfer der TIKKO und der HPG drei Angehörige der türkischen Armee. Im August 2010 zerstörten sie zwei Fahrzeuge, mit denen Material für das türkische Militär transportiert wurde. Sie entführten den für die Lieferung Verantwortlichen und verlangten von ihm, in Zukunft die Zusammenarbeit mit der Armee zu unterlassen. Weil er diesem Ansinnen nicht nachkam, töteten Mitglieder der TIKKO im Oktober 2011 einen seiner Fahrer. Im September 2012 hielten Angehörige der TIKKO zwei Fahrzeuge an und steckten sie in Brand. In einem Fall entführten sie den Insassen, ließen ihn aber nach fünf Tagen wieder frei. Im Juni 2013 entführten sie dessen Vater, der während der folgenden Gefangenschaft verstarb. Daneben waren immer wieder staatliche Institutionen Ziel der Angriffe. Von August 2010 bis Oktober 2014 verübten Mitglieder der TIKKO insgesamt neun Anschläge mit Schusswaffen und Raketenwerfern gegen Militär- und Polizeistationen sowie ein Landratsamt. Von Som- mer 2012 bis September 2014 griffen sie mit Sprengkörpern die Basisstation eines Mobilfunkanbieters, ein hydroelektrisches Kraftwerk sowie ein Wasserkraftwerk an. In allen hier aufgeführten Fällen bekannte sich die TKP/ML öffentlich zu den Taten.
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- Die TKP/ML ist auch außerhalb der Türkei, insbesondere in Westeuropa, aktiv. Das diesbezügliche Leitungs- und Kontrollgremium führte zunächst die Bezeichnung "Yurt Disi Bürosu" (Auslandsbüro - YDB). Es wurde im Februar 2007 in "Yurt Disi Komitesi" (Auslandskomitee - YDK) umbenannt, eng an die Parteizentrale angebunden und steht auf derselben Hierarchieebene wie die beiden Gebietskomitees in der Türkei. Ihm gehört ein Mitglied des Zentralkomitees als der übergeordneten Parteiinstanz an. Die Auslandsorganisation der TKP/ML ist wie die Partei selbst streng hierarchisch organisiert. Der gesamte Auslandsbereich ist in Gebiete gegliedert, etwa für die Niederlande/Belgien, die Schweiz, Frankreich, Österreich und England. In Deutschland existieren die Gebiete Nord, Süd, Hessen und Nordrhein-Westfalen. Sie werden von entsprechenden Komitees geleitet und verfügen jeweils über einen Sekretär, der gleichzeitig Mitglied des Auslandskomitees ist. Dieser stellt das Bindeglied zu der nächsthöheren Organisationsebene dar und ist für alle Maßnahmen innerhalb des ihm zugewiesenen Gebietes verantwortlich. Daneben besteht ein Agitations - und Propagandakomitee (Ajitasion/Propaganda Komitesi - A/P) sowie ein Abendveranstaltungskomitee, dem u.a. die Organisation der jährlich stattfindenden "Kaypakkaya-Abende" obliegt. Die vordringlichste Aufgabe der Auslandsorganisation in Westeuropa besteht in der Beschaffung von Geldmitteln zur Finanzierung der TKP/ML einschließlich der bewaffneten Kampfeinheiten. Zu diesem Zweck führt sie Spendenkampagnen, Veranstaltungen und sonstige der Finanzakquise dienende Aktivitäten durch. Daneben sollen etwa die Vereinigungsstrukturen in der Türkei logistisch unterstützt, neue Mitglieder und Unterstützer angeworben und Schulungsveranstaltungen durchgeführt werden.
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- b) Der Beschuldigte ist bereits seit Mitte der siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts für die TKP/ML aktiv. Er befand sich in der Zeit vom 30. Mai 1982 bis 23. September 1992 in der Türkei in Haft, weil er als Mitglied der Organisation im Jahre 1980 an einem Raubüberfall und einem mit Schusswaffen durchgeführten Anschlag, bei dem zwei Polizeibeamte starben, beteiligt gewesen sein soll. Im November 1993 wurde er erneut festgenommen und zu einer Freiheitsstrafe von 18 Jahren und neun Monaten verurteilt. Als die Strafvollstreckung im Jahre 2002 für sechs Monate unterbrochen und der Beschuldigte aus der Haft entlassen wurde, flüchtete er, schloss sich erneut der TKP/ML an und gelangte mit deren Unterstützung aus der Türkei nach Westeuropa. Er hielt sich seitdem überwiegend in Deutschland auf und agierte als professioneller Führungskader der Vereinigung. Er wurde von dieser alimentiert, verhielt sich konspirativ, benutzte einen Decknamen, vermied den Gebrauch von Telekommunikationsendgeräten und besaß gefälschte Personalpapiere. Als Führungskader der TKP/ML nahm er im Jahre 2002 an der 7. Parteikonferenz und zu Beginn des Jahres 2007 mit weiteren acht Angehörigen der Vereinigung an der 8. Parteikonferenz teil. Auf beiden Konferenzen wurden für die Organisation grundlegende und wesentliche Beschlüsse gefasst, die u.a. die militärische Ausrichtung und Organisation sowie die Besetzung des Zentralkomitees betrafen. Diesem gehörte der Beschuldigte jedenfalls seit der 7. Parteikonferenz, mithin dem Jahre 2002, an. Er traf dort mit den weiteren vier Komiteemitgliedern die wesentlichen Führungsentscheidungen, die für die Gesamtvereinigung von grundsätzlicher Bedeutung waren. Diese betrafen etwa die Organisationsstrukturen , die personelle Besetzung der Parteigremien, Fragen der Parteimitgliedschaft und des Disziplinarwesens, Handlungsanleitungen in den Bereichen Guerillakampf sowie Jugendaktivitäten, das Finanzwesen, die Kadergewinnung und -schulung, die Propaganda, die internationalen Kontakte, die Neufassung der Parteisatzung und die Vorbereitung der nächsten Parteikonferenz. Gemeinsam mit den weiteren Mitgliedern des Zentralkomitees kontrollierte er die Umsetzung der Beschlüsse durch die nachgeordneten Organisationsstrukturen. Auf der 8. Parteikonferenz im Jahre 2007 wurde der Beschuldigte als Mitglied des Zentralkomitees bestätigt und setzte die beschriebenen aktiven Tätigkeiten in der Folgezeit fort. Seit Dezember 2004 stand der Beschuldigte der Auslandsorganisation der TKP/ML als Verantwortlicher vor und bestimmte maßgeblich die Organisationsaktivitäten vor allem in Westeuropa. So leitete er etwa ab Mai 2005 bis jedenfalls September 2007 und ab August 2012 regelmäßig persönlich die Versammlungen des Auslandskomitees und sorgte wesentlich für die Umsetzung der durch die Parteikonferenzen und das Zentralkomitee vorgegebenen Direktiven. Unter seiner Verantwortung und Leitung erwirtschaftete die Auslandsorganisation der TKP/ML kontinuierlich finanzielle Mittel in Höhe von mehreren Hunderttausend Euro jährlich.
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- Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf die ausführliche Darstellung in dem Haftbefehl vom 11. März 2015 Bezug genommen.
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- 2. Der dringende Verdacht hinsichtlich dieses Geschehens ergibt sich aus den in dem Haftbefehl vom 11. März 2015 im Einzelnen aufgeführten Beweismitteln , auf die verwiesen wird. Dabei handelt es sich insbesondere um ausgewertete Dokumente wie etwa die Parteisatzung, durch die Partei gefertig- te Protokolle zahlreicher Versammlungen und Tatbekennungen, daneben aber auch Ergebnisse verdeckter Ermittlungsmaßnahmen wie z.B. Wort- und Inhaltsprotokolle von Gesprächen, die bei akustisch überwachten Versammlungen geführt wurden. Bezüglich einer Vielzahl von Aktivitäten liegen zudem Observationsergebnisse vor. Hinzu kommen die Inhalte aufgezeichneter Gespräche , die im Innenraum eines überwachten Fahrzeugs stattfanden. Die Ermittlungsergebnisse sind in wesentlichen Bereichen zusammengefasst in mehreren Vermerken des Bundeskriminalamts, etwa denjenigen vom 7. Oktober 2014 betreffend die Struktur der TKP/ML in der Türkei, vom 23. September 2014 betreffend die Struktur der TKP/ML im Ausland, vom 1. Oktober 2014 betreffend die Finanzstrukturen, vom 2. Dezember 2012 betreffend die Propaganda, vom 19. Dezember 2014 betreffend jährliche Großveranstaltungen, vom 31. Oktober 2014 betreffend die Schulung und Rekrutierung, vom 10. Januar 2014 betreffend die Schleusungen und vom 29. September 2014 betreffend die Massenorganisationen. Auf die dortigen Ausführungen und die angeführten Beweismittel wird ergänzend Bezug genommen.
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- 3. Danach besteht der dringende Verdacht, dass der Beschuldigte sich wegen Rädelsführerschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland (§ 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4, § 129b StGB) strafbar gemacht hat.
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- Die TKP/ML erfüllt alle Voraussetzungen, die nach ständiger Rechtsprechung an eine Vereinigung im Sinne der genannten Vorschriften zu stellen sind (vgl. LK/Krauß, StGB, 12. Aufl., § 129 Rn. 18 ff. mwN). Ihre Zwecke und ihre Tätigkeit sind in einem für die Erfüllung des Tatbestands ausreichendem Maße (vgl. BGH, Beschlüsse vom 30. Juni 1999 - StB 5/99, NStZ 1999, 503, 504; 17. Juni 2010 - AK 3/10, BGHSt 55, 157, 174) darauf gerichtet, Tötungsdelikte und sonstige Straftaten zu begehen, die von § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2 StGB erfasst werden. Der Schwerpunkt ihrer Organisationsstruktur und ihr Akti- onsfeld liegen in der Türkei und damit im Ausland (zu den für die Abgrenzung von in- und ausländischen Vereinigungen maßgeblichen Kriterien vgl. im Einzelnen BGH, Beschluss vom 13. September 2011 - 3 StR 262/11, juris Rn. 15 ff.).
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- Der Beschuldigte gehört mit großer Wahrscheinlichkeit zu den Rädelsführern der TKP/ML (§ 129a Abs. 4 StGB). Rädelsführer ist, wer in der Vereinigung dadurch eine führende Rolle spielt, dass er sich in besonders maßgebender Weise für sie betätigt. Dies ist dann der Fall, wenn die Tätigkeit von Einfluss ist auf die Führung der Vereinigung im Ganzen oder in wesentlichen Teilen , wenn also der Täter, falls er nicht schon selbst zu den Führungskräften gehört, doch durch sein Tun gleichsam an der Führung mitwirkt. Eine rein formale Stellung innerhalb eines Führungsgremiums reicht für sich genommen noch nicht aus. Der vom Täter ausgeübte Einfluss muss der Sache nach beträchtlich sein und sich auf die Vereinigung als solche richten, mithin etwa die Bestimmung der Organisationszwecke, -tätigkeiten oder -ziele, die ideologische Ausrichtung der Vereinigung, deren Organisationsstruktur oder sonstige Belange mit für die Vereinigung wesentlicher Bedeutung betreffen (vgl. im Einzelnen BGH, Urteil vom 16. Februar 2012 - 3 StR 243/11, BGHSt 57, 160, 161 f.). Diese Voraussetzungen liegen nach dem derzeitigen Ermittlungsergebnis im Sinne eines dringenden Tatverdachts vor. Der Beschuldigte war über einen langen Zeitraum Mitglied der höchsten Gremien der TKP/ML, namentlich der 7. und 8. Parteikonferenz sowie des 7. und 8. Zentralkomitees. In diesen Funktionen nahm er aktiv die ihm zukommenden Führungsaufgaben wahr und bestimmte gemeinsam mit den weiteren Mitgliedern der genannten Komitees die wesentlichen Geschicke der Partei. Gegenstand seines bestimmenden Einflusses waren dabei - wie dargelegt - sämtliche Belange mit für die Partei und das Erreichen ihrer Ziele wesentlicher Bedeutung.
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- Die gemäß § 129b Abs. 1 Satz 3 StGB erforderliche Verfolgungsermächtigung ist erteilt; der notwendige Inlandsbezug ist gewahrt.
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- 4. Der Haftgrund der Fluchtgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO) ist gegeben. Der Beschuldigte hat im Falle seiner Verurteilung mit einer nicht unerheblichen Freiheitsstrafe zu rechnen. Von dieser Straferwartung geht ein entsprechend hoher Fluchtanreiz aus. Dem stehen auch mit Blick insbesondere auf die persönlichen Verhältnisse des Beschuldigten ausreichend gewichtige, die Fluchtgefahr hemmende Umstände nicht entgegen. Es ist deshalb wahrscheinlicher, dass er, in Freiheit belassen, sich dem Verfahren entziehen als sich ihm stellen wird. Ergänzend wird auf die fortgeltenden Gründe des Haftbefehls verwiesen. Daneben besteht der Haftgrund der Schwerkriminalität (§ 112 Abs. 3 StGB). Somit kann offen bleiben, ob - wovon der Haftbefehl ausgeht - auch der Haftgrund der Verdunkelungsgefahr (§ 112 Abs. 1 Nr. 3 StGB) anzunehmen ist.
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- Unter den gegebenen Umständen vermögen Maßnahmen nach § 116 Abs. 1 StPO nicht die Erwartung zu begründen, dass auch durch sie der Zweck der Untersuchungshaft erreicht werden kann.
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- 5. Die besonderen Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus (§ 121 Abs. 1 StPO) liegen vor. Die besondere Schwierigkeit und der besondere Umfang der Ermittlungen haben ein Urteil noch nicht zugelassen und rechtfertigen die Fortdauer der Untersuchungshaft. Die an dem Tag der Festnahme durchgeführten Durchsuchungen haben zur Sicherstellung einer Vielzahl von Asservaten geführt. Diese umfassen insbesondere knapp 30.000 elektronisch gespeicherte Textdateien. Deren Auswertung dauert noch an, wobei die Ermittlungsbehörden erkennbar bemüht sind, durch die Konzentration der Ermittlungen auf besonders bedeutsame Bereiche mit der gebotenen Schnelligkeit weitere Ergebnisse zu erzielen. Hinsicht- lich der diesbezüglichen Einzelheiten wird auf die Ausführungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 8. Oktober 2015 Bezug genommen. Auch wenn sich unter den neu aufgefundenen Beweismitteln besonders verfahrensrelevante befinden, wie etwa die von der Vereinigung erstellten Berichte über die Versammlungen des Zentralkomitees in den Jahren 2009 bis 2013, und diese zu weiteren wesentlichen Ergebnissen führen können, darf allerdings nicht aus dem Blick geraten, dass die Ermittlungen gegen die TKP/ML und den Beschuldigten bereits eine geraume Zeit andauern und - wie die ausgesprochen substantiierten Ausführungen in dem Haftbefehl belegen - bereits zu detaillierten Erkenntnissen geführt haben. Unter diesen Umständen gebietet es der in Haftsachen geltende Beschleunigungsgrundsatz, dass der Generalbundesanwalt seine mitgeteilte Absicht, die Anklage zeitnah erheben zu wollen, noch vor der nächsten Haftprüfung durch den Senat umsetzt.
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- 6. Der weitere Vollzug der Untersuchungshaft steht zu dem gegen den Beschuldigten erhobenen Tatvorwurf nicht außer Verhältnis (§ 120 Abs. 1 Satz 1 StPO).
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Annotations
(1) Solange kein Urteil ergangen ist, das auf Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt, darf der Vollzug der Untersuchungshaft wegen derselben Tat über sechs Monate hinaus nur aufrechterhalten werden, wenn die besondere Schwierigkeit oder der besondere Umfang der Ermittlungen oder ein anderer wichtiger Grund das Urteil noch nicht zulassen und die Fortdauer der Haft rechtfertigen.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 ist der Haftbefehl nach Ablauf der sechs Monate aufzuheben, wenn nicht der Vollzug des Haftbefehls nach § 116 ausgesetzt wird oder das Oberlandesgericht die Fortdauer der Untersuchungshaft anordnet.
(3) Werden die Akten dem Oberlandesgericht vor Ablauf der in Absatz 2 bezeichneten Frist vorgelegt, so ruht der Fristenlauf bis zu dessen Entscheidung. Hat die Hauptverhandlung begonnen, bevor die Frist abgelaufen ist, so ruht der Fristenlauf auch bis zur Verkündung des Urteils. Wird die Hauptverhandlung ausgesetzt und werden die Akten unverzüglich nach der Aussetzung dem Oberlandesgericht vorgelegt, so ruht der Fristenlauf ebenfalls bis zu dessen Entscheidung.
(4) In den Sachen, in denen eine Strafkammer nach § 74a des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständig ist, entscheidet das nach § 120 des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständige Oberlandesgericht. In den Sachen, in denen ein Oberlandesgericht nach den §§ 120 oder 120b des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständig ist, tritt an dessen Stelle der Bundesgerichtshof.
(1) In den Fällen des § 121 legt das zuständige Gericht die Akten durch Vermittlung der Staatsanwaltschaft dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vor, wenn es die Fortdauer der Untersuchungshaft für erforderlich hält oder die Staatsanwaltschaft es beantragt.
(2) Vor der Entscheidung sind der Beschuldigte und der Verteidiger zu hören. Das Oberlandesgericht kann über die Fortdauer der Untersuchungshaft nach mündlicher Verhandlung entscheiden; geschieht dies, so gilt § 118a entsprechend.
(3) Ordnet das Oberlandesgericht die Fortdauer der Untersuchungshaft an, so gilt § 114 Abs. 2 Nr. 4 entsprechend. Für die weitere Haftprüfung (§ 117 Abs. 1) ist das Oberlandesgericht zuständig, bis ein Urteil ergeht, das auf Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt. Es kann die Haftprüfung dem Gericht, das nach den allgemeinen Vorschriften dafür zuständig ist, für die Zeit von jeweils höchstens drei Monaten übertragen. In den Fällen des § 118 Abs. 1 entscheidet das Oberlandesgericht über einen Antrag auf mündliche Verhandlung nach seinem Ermessen.
(4) Die Prüfung der Voraussetzungen nach § 121 Abs. 1 ist auch im weiteren Verfahren dem Oberlandesgericht vorbehalten. Die Prüfung muß jeweils spätestens nach drei Monaten wiederholt werden.
(5) Das Oberlandesgericht kann den Vollzug des Haftbefehls nach § 116 aussetzen.
(6) Sind in derselben Sache mehrere Beschuldigte in Untersuchungshaft, so kann das Oberlandesgericht über die Fortdauer der Untersuchungshaft auch solcher Beschuldigter entscheiden, für die es nach § 121 und den vorstehenden Vorschriften noch nicht zuständig wäre.
(7) Ist der Bundesgerichtshof zur Entscheidung zuständig, so tritt dieser an die Stelle des Oberlandesgerichts.
(1) Wer eine Vereinigung (§ 129 Absatz 2) gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,
- 1.
Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder § 12 des Völkerstrafgesetzbuches) oder - 2.
Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b - 3.
(weggefallen)
(2) Ebenso wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,
- 1.
einem anderen Menschen schwere körperliche oder seelische Schäden, insbesondere der in § 226 bezeichneten Art, zuzufügen, - 2.
Straftaten nach den §§ 303b, 305, 305a oder gemeingefährliche Straftaten in den Fällen der §§ 306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 1 bis 5, der §§ 313, 314 oder 315 Abs. 1, 3 oder 4, des § 316b Abs. 1 oder 3 oder des § 316c Abs. 1 bis 3 oder des § 317 Abs. 1, - 3.
Straftaten gegen die Umwelt in den Fällen des § 330a Abs. 1 bis 3, - 4.
Straftaten nach § 19 Abs. 1 bis 3, § 20 Abs. 1 oder 2, § 20a Abs. 1 bis 3, § 19 Abs. 2 Nr. 2 oder Abs. 3 Nr. 2, § 20 Abs. 1 oder 2 oder § 20a Abs. 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21, oder nach § 22a Abs. 1 bis 3 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen oder - 5.
Straftaten nach § 51 Abs. 1 bis 3 des Waffengesetzes
(3) Sind die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet, eine der in Absatz 1 und 2 bezeichneten Straftaten anzudrohen, ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.
(4) Gehört der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern, so ist in den Fällen der Absätze 1 und 2 auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.
(5) Wer eine in Absatz 1, 2 oder Absatz 3 bezeichnete Vereinigung unterstützt, wird in den Fällen der Absätze 1 und 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Wer für eine in Absatz 1 oder Absatz 2 bezeichnete Vereinigung um Mitglieder oder Unterstützer wirbt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, in den Fällen der Absätze 1, 2, 3 und 5 die Strafe nach seinem Ermessen (§ 49 Abs. 2) mildern.
(7) § 129 Absatz 7 gilt entsprechend.
(8) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten kann das Gericht die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, und die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, aberkennen (§ 45 Abs. 2).
(9) In den Fällen der Absätze 1, 2, 4 und 5 kann das Gericht Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).
(1) Die §§ 129 und 129a gelten auch für Vereinigungen im Ausland. Bezieht sich die Tat auf eine Vereinigung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, so gilt dies nur, wenn sie durch eine im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes ausgeübte Tätigkeit begangen wird oder wenn der Täter oder das Opfer Deutscher ist oder sich im Inland befindet. In den Fällen des Satzes 2 wird die Tat nur mit Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz verfolgt. Die Ermächtigung kann für den Einzelfall oder allgemein auch für die Verfolgung künftiger Taten erteilt werden, die sich auf eine bestimmte Vereinigung beziehen. Bei der Entscheidung über die Ermächtigung zieht das Ministerium in Betracht, ob die Bestrebungen der Vereinigung gegen die Grundwerte einer die Würde des Menschen achtenden staatlichen Ordnung oder gegen das friedliche Zusammenleben der Völker gerichtet sind und bei Abwägung aller Umstände als verwerflich erscheinen.
(2) In den Fällen der §§ 129 und 129a, jeweils auch in Verbindung mit Absatz 1, ist § 74a anzuwenden.
(1) Wer eine Vereinigung (§ 129 Absatz 2) gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,
- 1.
Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder § 12 des Völkerstrafgesetzbuches) oder - 2.
Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b - 3.
(weggefallen)
(2) Ebenso wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,
- 1.
einem anderen Menschen schwere körperliche oder seelische Schäden, insbesondere der in § 226 bezeichneten Art, zuzufügen, - 2.
Straftaten nach den §§ 303b, 305, 305a oder gemeingefährliche Straftaten in den Fällen der §§ 306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 1 bis 5, der §§ 313, 314 oder 315 Abs. 1, 3 oder 4, des § 316b Abs. 1 oder 3 oder des § 316c Abs. 1 bis 3 oder des § 317 Abs. 1, - 3.
Straftaten gegen die Umwelt in den Fällen des § 330a Abs. 1 bis 3, - 4.
Straftaten nach § 19 Abs. 1 bis 3, § 20 Abs. 1 oder 2, § 20a Abs. 1 bis 3, § 19 Abs. 2 Nr. 2 oder Abs. 3 Nr. 2, § 20 Abs. 1 oder 2 oder § 20a Abs. 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21, oder nach § 22a Abs. 1 bis 3 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen oder - 5.
Straftaten nach § 51 Abs. 1 bis 3 des Waffengesetzes
(3) Sind die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet, eine der in Absatz 1 und 2 bezeichneten Straftaten anzudrohen, ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.
(4) Gehört der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern, so ist in den Fällen der Absätze 1 und 2 auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.
(5) Wer eine in Absatz 1, 2 oder Absatz 3 bezeichnete Vereinigung unterstützt, wird in den Fällen der Absätze 1 und 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Wer für eine in Absatz 1 oder Absatz 2 bezeichnete Vereinigung um Mitglieder oder Unterstützer wirbt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, in den Fällen der Absätze 1, 2, 3 und 5 die Strafe nach seinem Ermessen (§ 49 Abs. 2) mildern.
(7) § 129 Absatz 7 gilt entsprechend.
(8) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten kann das Gericht die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, und die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, aberkennen (§ 45 Abs. 2).
(9) In den Fällen der Absätze 1, 2, 4 und 5 kann das Gericht Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).
(1) Die §§ 129 und 129a gelten auch für Vereinigungen im Ausland. Bezieht sich die Tat auf eine Vereinigung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, so gilt dies nur, wenn sie durch eine im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes ausgeübte Tätigkeit begangen wird oder wenn der Täter oder das Opfer Deutscher ist oder sich im Inland befindet. In den Fällen des Satzes 2 wird die Tat nur mit Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz verfolgt. Die Ermächtigung kann für den Einzelfall oder allgemein auch für die Verfolgung künftiger Taten erteilt werden, die sich auf eine bestimmte Vereinigung beziehen. Bei der Entscheidung über die Ermächtigung zieht das Ministerium in Betracht, ob die Bestrebungen der Vereinigung gegen die Grundwerte einer die Würde des Menschen achtenden staatlichen Ordnung oder gegen das friedliche Zusammenleben der Völker gerichtet sind und bei Abwägung aller Umstände als verwerflich erscheinen.
(2) In den Fällen der §§ 129 und 129a, jeweils auch in Verbindung mit Absatz 1, ist § 74a anzuwenden.
(1) Wer eine Vereinigung (§ 129 Absatz 2) gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,
- 1.
Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder § 12 des Völkerstrafgesetzbuches) oder - 2.
Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b - 3.
(weggefallen)
(2) Ebenso wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,
- 1.
einem anderen Menschen schwere körperliche oder seelische Schäden, insbesondere der in § 226 bezeichneten Art, zuzufügen, - 2.
Straftaten nach den §§ 303b, 305, 305a oder gemeingefährliche Straftaten in den Fällen der §§ 306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 1 bis 5, der §§ 313, 314 oder 315 Abs. 1, 3 oder 4, des § 316b Abs. 1 oder 3 oder des § 316c Abs. 1 bis 3 oder des § 317 Abs. 1, - 3.
Straftaten gegen die Umwelt in den Fällen des § 330a Abs. 1 bis 3, - 4.
Straftaten nach § 19 Abs. 1 bis 3, § 20 Abs. 1 oder 2, § 20a Abs. 1 bis 3, § 19 Abs. 2 Nr. 2 oder Abs. 3 Nr. 2, § 20 Abs. 1 oder 2 oder § 20a Abs. 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21, oder nach § 22a Abs. 1 bis 3 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen oder - 5.
Straftaten nach § 51 Abs. 1 bis 3 des Waffengesetzes
(3) Sind die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet, eine der in Absatz 1 und 2 bezeichneten Straftaten anzudrohen, ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.
(4) Gehört der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern, so ist in den Fällen der Absätze 1 und 2 auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.
(5) Wer eine in Absatz 1, 2 oder Absatz 3 bezeichnete Vereinigung unterstützt, wird in den Fällen der Absätze 1 und 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Wer für eine in Absatz 1 oder Absatz 2 bezeichnete Vereinigung um Mitglieder oder Unterstützer wirbt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, in den Fällen der Absätze 1, 2, 3 und 5 die Strafe nach seinem Ermessen (§ 49 Abs. 2) mildern.
(7) § 129 Absatz 7 gilt entsprechend.
(8) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten kann das Gericht die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, und die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, aberkennen (§ 45 Abs. 2).
(9) In den Fällen der Absätze 1, 2, 4 und 5 kann das Gericht Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).
(1) Die §§ 129 und 129a gelten auch für Vereinigungen im Ausland. Bezieht sich die Tat auf eine Vereinigung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, so gilt dies nur, wenn sie durch eine im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes ausgeübte Tätigkeit begangen wird oder wenn der Täter oder das Opfer Deutscher ist oder sich im Inland befindet. In den Fällen des Satzes 2 wird die Tat nur mit Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz verfolgt. Die Ermächtigung kann für den Einzelfall oder allgemein auch für die Verfolgung künftiger Taten erteilt werden, die sich auf eine bestimmte Vereinigung beziehen. Bei der Entscheidung über die Ermächtigung zieht das Ministerium in Betracht, ob die Bestrebungen der Vereinigung gegen die Grundwerte einer die Würde des Menschen achtenden staatlichen Ordnung oder gegen das friedliche Zusammenleben der Völker gerichtet sind und bei Abwägung aller Umstände als verwerflich erscheinen.
(2) In den Fällen der §§ 129 und 129a, jeweils auch in Verbindung mit Absatz 1, ist § 74a anzuwenden.
(1) Die Untersuchungshaft darf gegen den Beschuldigten angeordnet werden, wenn er der Tat dringend verdächtig ist und ein Haftgrund besteht. Sie darf nicht angeordnet werden, wenn sie zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis steht.
(2) Ein Haftgrund besteht, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen
- 1.
festgestellt wird, daß der Beschuldigte flüchtig ist oder sich verborgen hält, - 2.
bei Würdigung der Umstände des Einzelfalles die Gefahr besteht, daß der Beschuldigte sich dem Strafverfahren entziehen werde (Fluchtgefahr), oder - 3.
das Verhalten des Beschuldigten den dringenden Verdacht begründet, er werde - a)
Beweismittel vernichten, verändern, beiseite schaffen, unterdrücken oder fälschen oder - b)
auf Mitbeschuldigte, Zeugen oder Sachverständige in unlauterer Weise einwirken oder - c)
andere zu solchem Verhalten veranlassen,
und wenn deshalb die Gefahr droht, daß die Ermittlung der Wahrheit erschwert werde (Verdunkelungsgefahr).
(3) Gegen den Beschuldigten, der einer Straftat nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 oder § 13 Absatz 1 des Völkerstrafgesetzbuches oder § 129a Abs. 1 oder Abs. 2, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1, oder nach den §§ 176c, 176d, 211, 212, 226, 306b oder 306c des Strafgesetzbuches oder, soweit durch die Tat Leib oder Leben eines anderen gefährdet worden ist, nach § 308 Abs. 1 bis 3 des Strafgesetzbuches dringend verdächtig ist, darf die Untersuchungshaft auch angeordnet werden, wenn ein Haftgrund nach Absatz 2 nicht besteht.
(1) Der Richter setzt den Vollzug eines Haftbefehls, der lediglich wegen Fluchtgefahr gerechtfertigt ist, aus, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die Erwartung hinreichend begründen, daß der Zweck der Untersuchungshaft auch durch sie erreicht werden kann. In Betracht kommen namentlich
- 1.
die Anweisung, sich zu bestimmten Zeiten bei dem Richter, der Strafverfolgungsbehörde oder einer von ihnen bestimmten Dienststelle zu melden, - 2.
die Anweisung, den Wohn- oder Aufenthaltsort oder einen bestimmten Bereich nicht ohne Erlaubnis des Richters oder der Strafverfolgungsbehörde zu verlassen, - 3.
die Anweisung, die Wohnung nur unter Aufsicht einer bestimmten Person zu verlassen, - 4.
die Leistung einer angemessenen Sicherheit durch den Beschuldigten oder einen anderen.
(2) Der Richter kann auch den Vollzug eines Haftbefehls, der wegen Verdunkelungsgefahr gerechtfertigt ist, aussetzen, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die Erwartung hinreichend begründen, daß sie die Verdunkelungsgefahr erheblich vermindern werden. In Betracht kommt namentlich die Anweisung, mit Mitbeschuldigten, Zeugen oder Sachverständigen keine Verbindung aufzunehmen.
(3) Der Richter kann den Vollzug eines Haftbefehls, der nach § 112a erlassen worden ist, aussetzen, wenn die Erwartung hinreichend begründet ist, daß der Beschuldigte bestimmte Anweisungen befolgen und daß dadurch der Zweck der Haft erreicht wird.
(4) Der Richter ordnet in den Fällen der Absätze 1 bis 3 den Vollzug des Haftbefehls an, wenn
- 1.
der Beschuldigte den ihm auferlegten Pflichten oder Beschränkungen gröblich zuwiderhandelt, - 2.
der Beschuldigte Anstalten zur Flucht trifft, auf ordnungsgemäße Ladung ohne genügende Entschuldigung ausbleibt oder sich auf andere Weise zeigt, daß das in ihn gesetzte Vertrauen nicht gerechtfertigt war, oder - 3.
neu hervorgetretene Umstände die Verhaftung erforderlich machen.
(1) Solange kein Urteil ergangen ist, das auf Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt, darf der Vollzug der Untersuchungshaft wegen derselben Tat über sechs Monate hinaus nur aufrechterhalten werden, wenn die besondere Schwierigkeit oder der besondere Umfang der Ermittlungen oder ein anderer wichtiger Grund das Urteil noch nicht zulassen und die Fortdauer der Haft rechtfertigen.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 ist der Haftbefehl nach Ablauf der sechs Monate aufzuheben, wenn nicht der Vollzug des Haftbefehls nach § 116 ausgesetzt wird oder das Oberlandesgericht die Fortdauer der Untersuchungshaft anordnet.
(3) Werden die Akten dem Oberlandesgericht vor Ablauf der in Absatz 2 bezeichneten Frist vorgelegt, so ruht der Fristenlauf bis zu dessen Entscheidung. Hat die Hauptverhandlung begonnen, bevor die Frist abgelaufen ist, so ruht der Fristenlauf auch bis zur Verkündung des Urteils. Wird die Hauptverhandlung ausgesetzt und werden die Akten unverzüglich nach der Aussetzung dem Oberlandesgericht vorgelegt, so ruht der Fristenlauf ebenfalls bis zu dessen Entscheidung.
(4) In den Sachen, in denen eine Strafkammer nach § 74a des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständig ist, entscheidet das nach § 120 des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständige Oberlandesgericht. In den Sachen, in denen ein Oberlandesgericht nach den §§ 120 oder 120b des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständig ist, tritt an dessen Stelle der Bundesgerichtshof.
(1) Der Haftbefehl ist aufzuheben, sobald die Voraussetzungen der Untersuchungshaft nicht mehr vorliegen oder sich ergibt, daß die weitere Untersuchungshaft zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis stehen würde. Er ist namentlich aufzuheben, wenn der Beschuldigte freigesprochen oder die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt oder das Verfahren nicht bloß vorläufig eingestellt wird.
(2) Durch die Einlegung eines Rechtsmittels darf die Freilassung des Beschuldigten nicht aufgehalten werden.
(3) Der Haftbefehl ist auch aufzuheben, wenn die Staatsanwaltschaft es vor Erhebung der öffentlichen Klage beantragt. Gleichzeitig mit dem Antrag kann die Staatsanwaltschaft die Freilassung des Beschuldigten anordnen.