Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Feb. 2017 - 1 StR 552/16

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:200217B1STR552.16.0
bei uns veröffentlicht am20.02.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 552/16
vom
20. Februar 2017
in der Strafsache
gegen
wegen Wohnungseinbruchdiebstahls u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:200217B1STR552.16.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführerin am 20. Februar 2017 beschlossen :
1. Unter Aufhebung des Beschlusses des Landgerichts Stuttgart vom 28. September 2016 wird festgestellt, dass das Rechtsmittel der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 28. Juli 2016 wirksam zurückgenommen worden ist. 2. Unter Aufhebung des Beschlusses des Landgerichts Stuttgart vom 23. August 2016 betreffend die Verwerfung des Antrags der Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird der Antrag der Angeklagten auf Wiedereinsetzung in die Rechtsmitteleinlegungsfrist vom 22. August 2016 auf ihre Kosten als unzulässig verworfen.

Gründe:

I.


1
Die Angeklagte ist durch Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 28. Juli 2016 wegen Wohnungseinbruchdiebstahls in vier Fällen, Diebstahls in 14 Fällen , davon in einem Fall in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt worden, zudem ist ihre Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet worden.
2
Gegen dieses Urteil hat der Pflichtverteidiger der Angeklagten am 3. Au- gust 2016 fristgerecht „rechtswahrend“ Revision eingelegt. Am 8. August 2016 ist bei Gericht ein als „Einspruch“ bezeichnetes Schreiben der Angeklagten vom 4. August 2016 eingegangen, welches auf Überprüfung der vorläufigen Unterbringung gerichtet war. Mit am 9. August 2016 eingegangenem Schriftsatz hat der Pflichtverteidiger die Revision „namens und im Auftrag der Angeklagten“ zurückgenommen. Mit Beschluss vom 10. August 2016 hat das Landgericht der Angeklagten die Kosten der von ihr eingelegten und wieder zurückgenommenen Revision auferlegt.
3
Nachdem die Angeklagte über die Rechtskraft des Urteils informiert worden war, hat sich am 11. August 2016 ihre sozialpädagogische Betreuerin bei Gericht gemeldet und erklärt, dass die Angeklagte mit der Rechtskraft nicht einverstanden sei, sie habe nicht gewollt, dass die Revision zurückgenommen werde, sie habe aber eine weitere Tätigkeit dieses Verteidigers nicht gewünscht , weswegen sie auch selber Revision eingelegt habe. Der Verteidiger hat auf Nachfrage des Landgerichts hierzu erklärt, er habe die Angeklagte am 8. August 2016 besuchen wollen, telefonisch habe sie erklärt, ihn nicht sehen zu wollen, auf seine Ankündigung, die Revision zurückzunehmen, habe sie mit „ja“ geantwortet. Im Rahmen einer späteren Besprechung habe sie auf den Vorhalt, dass sie Weisung zur Rücknahme erklärt habe, ausgeführt, dass sie doch selbständig Einspruch gegen das Urteil eingelegt habe.
4
Unter anderem in einem am 18. August 2016 eingegangenen Schreiben der Angeklagten hat sie beantragt, ihren „rechtzeitig eingelegten Einspruch“ zu bearbeiten. Hierzu führt sie aus, den Einspruch vom „04.08.2016“ am „05.08.2016“ als Einschreiben versandt zu haben, so dass dieser am „07.08.2016 … rechtzeitig“ angekommen sei.
5
Der Pflichtverteidiger hat am 22. August 2016 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand für die Angeklagte beantragt. Diesen Antrag hat das Landgericht durch Beschluss vom 23. August 2016 als unzulässig verworfen, wobei es Zweifel an dem Vorliegen einer Ermächtigung des Verteidigers zur Rücknahme geäußert hat. Gegen diese Entscheidung hat die Angeklagte fristgerecht sofortige Beschwerde eingelegt. Dem Pflichtverteidiger ist das Urteil am 25. August 2016 zugestellt worden, worüber die Angeklagte eine Mitteilung mit Ausfertigung des Urteils nach § 145a Abs. 3 StPO erhalten hat. Mit Beschluss vom 28. September 2016 hat das Landgericht die Revision gemäß § 346 Abs. 1 StPO als unzulässig verworfen. Hiergegen wendet sich die Angeklagte mit ihrem Antrag auf Entscheidung des Revisionsgerichts nach § 346 Abs. 2 StPO.

II.


6
1. Der Antrag wurde fristgerecht gestellt und ist auch im Übrigen zulässig (zur erforderlichen Beschwer vgl. BGH, Beschluss vom 10. Februar 2005 – 3 StR 12/05, NStZ 2005, 583 mwN).
7
2. Der Antrag ist begründet.
8
a) Die Revision der Angeklagten wurde am 9. August 2016 durch ihren Verteidiger wirksam zurückgenommen, § 302 Abs. 1 StPO. Da dies in Zweifel steht, stellt der Senat die eingetretene Rechtsfolge durch deklaratorischen Beschluss fest (vgl. BGH, Beschlüsse vom 15. April 2015 – 1 StR 112/15, NStZRR 2016, 24 und vom 14. Oktober 2014 – 3 StR 421/14).
9
aa) Der Verteidiger war zur Rechtsmittelrücknahme ermächtigt. Im Zeitpunkt der Abgabe der Rücknahmeerklärung lag die gemäß § 302 Abs. 2 StPO erforderliche ausdrückliche Ermächtigung der Angeklagten vor. Für diese ist eine bestimmte Form nicht vorgeschrieben, so dass sie auch mündlich – und auch telefonisch – erteilt werden kann. Für ihren Nachweis genügt die anwaltliche Versicherung des Verteidigers (vgl. BGH, Beschlüsse vom 6. Dezember 2016 – 4 StR 558/16; vom 15. April 2015 – 1 StR 112/15, NStZ-RR 2016, 24 f. und vom 16. Dezember 1994 – 2 StR 461/94).
10
Eine solche anwaltliche Versicherung lag in seiner Erklärung vom 9. August 2016, er nehme die Revision namens und im Auftrag der Angeklagten zurück. Der Verteidiger hat im Einzelnen dargelegt, unter welchen Umständen ihn die Angeklagte bei dem Telefonat am 8. August 2016 ermächtigt hatte. Diese Angaben des Verteidigers ergeben ein schlüssiges Bild. Der Senat hat keinen Anlass, hieran zu zweifeln. Der Hergang wird auch von der Angeklagten nicht in Frage gestellt. Sie macht insoweit nur geltend, mit ihrer bejahenden Antwort auf die Frage des Verteidigers nach der Rücknahme etwas anderes bezweckt zu haben, nämlich dass dieser Verteidiger nicht mehr für sie tätig wird. Auch ihr Hinweis auf das vermeintlich fristgerecht von ihr selbst eingelegte Rechtsmittel belegt ihre Annahme, mit ihrem erklärten Willen zur Rücknahme nur das vom Anwalt eingelegte Rechtsmittel zu erfassen. Dies steht im Einklang mit dem auch in späteren Eingaben der Angeklagten zu Tage tretenden Begehren, über das von ihr eingelegte Rechtsmittel zu entscheiden.
11
bb) Auch die Verhandlungsfähigkeit der Angeklagten unterliegt keinen Zweifeln, so dass auch unter diesem Gesichtspunkt keine Bedenken gegen die Wirksamkeit der Ermächtigung zur Rücknahme bestehen. Dies stellt der Senat im Wege des Freibeweises auf Grundlage des Akteninhalts fest (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Oktober 2007 – 3 StR 368/07).
12
Ein Angeklagter muss bei Abgabe einer Rechtsmittelrücknahmeerklärung bzw. der Ermächtigung hierzu, in der Lage sein, seine Interessen vernünf- tig wahrzunehmen und bei hinreichender Freiheit der Willensentschließung und Willensbetätigung die Bedeutung seiner Erklärung zu erkennen. Dies wird – wie etwa § 415 Abs. 1 und 3 StPO für das Sicherungsverfahren gegen einen Schuldunfähigen belegt – allein durch eine Geschäfts- oder Schuldunfähigkeit des Angeklagten nicht notwendig ausgeschlossen. Vielmehr ist von einer Unwirksamkeit der Rücknahmeerklärung erst auszugehen, wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Rechtsmittelführer nicht dazu in der Lage war, die Bedeutung der von ihm abgegebenen Erklärung zu erfassen (BGH, Beschluss vom 15. Dezember 2015 – 4 StR 491/15, NStZ-RR 2016, 180; Meyer -Goßner/Schmitt, StPO, 59. Aufl., § 302 Rn. 8a). Verbleiben Zweifel an seiner prozessualen Handlungsfähigkeit, geht dies zu seinen Lasten (BGH, Beschlüsse vom 11. Oktober 2007 – 3 StR 368/07 mwN und vom 15. Dezember 2015 – 4 StR 491/15, NStZ-RR 2016, 180).
13
Nach diesem Maßstab hat der Senat keinen Zweifel daran, dass die Angeklagte bei Abgabe der Ermächtigung zur Rücknahmeerklärung verhandlungsund damit prozessual handlungsfähig war. Das sachverständig beratene Landgericht hat bei der Angeklagten zwar eine Schizophrenie festgestellt und die Voraussetzungen des § 21 StGB für gegeben erachtet, da die Steuerungsfähigkeit der Angeklagten zu den Tatzeiten erheblich vermindert gewesen sei. Für die Wirksamkeit der Rücknahmeerklärung ist dies jedoch für sich genommen ohne Belang (vgl. BGH, Beschlüsse vom 28. Juli 2004 – 2 StR 199/04, NStZRR 2004, 341 und vom 11. Oktober 2007 – 3 StR 368/07). Hierbei war zum einen zu berücksichtigen, dass Zweifel des Tatgerichts an der Verhandlungsfähigkeit der Angeklagten nicht ersichtlich sind, ausweislich der Urteilsfeststellungen die Symptome der Krankheit bei der Angeklagten durch die medikamentöse Behandlung deutlich zurückgegangen sind. Zudem ergibt sich weder aus dem Vorbringen der Angeklagten, noch aus den Erklärungen der Angeklagten gegenüber ihrem Verteidiger oder der sozialpädagogischen Betreuerin, dass sie in ihrer Freiheit der Willensentschließung und -betätigung beeinträchtigt gewesen war. Vielmehr belegen ihre Eingaben, dass die Angeklagte in der Lage ist, für ihre Interessen einzutreten und dabei die Bedeutungen ihrer Erklärungen zu erkennen. So hat sie sich immer wieder auf ihr Rechtsmittel vom 4. August 2016 bezogen und zutreffend geltend gemacht, dass sie als juristischer Laie keinen Überblick darüber haben könne, ob es Einspruch oder Revision heiße. Im Nachgang zu der Rücksprache der sozialpädagogischen Betreuerin bei Gericht am 11. August 2016 hat die Angeklagte dafür Sorge getragen, dass ihr unter dem Datum „04.08.2016“ verfasstes Schreiben per Fax an das Gericht geschickt wurde, um ihr Vorbringen einer eigenhändigen Rechtsmitteleinlegung zu untermauern. Sie hat persönlich sowohl gegen den Beschluss des Landgerichts vom 23. August 2016 fristgerecht Beschwerde eingelegt als auch gegen den Beschluss vom 28. September 2016 entsprechend der Rechtsmittelbeleh- rung noch am Tag des Erhalts des Beschlusses „Antrag zur Entscheidung beim Revisionsgericht“ gestellt.
14
Danach stellt sich ihr Irrtum über die Reichweite der Ermächtigung zur Rücknahme und die Rechtzeitigkeit des eigenhändig eingelegten Rechtsmittels als ein Irrtum dar, dem rechtliche Fehlvorstellungen zugrunde liegen, nicht aber eine auf die schizophrene Erkrankung zurückgehende Beeinträchtigung der Willensbildung oder -betätigung (vgl. auch BGH, Beschlüsse vom 15. Dezember 2015 – 4 StR 491/15, NStZ-RR 2016, 180 und vom 19. Juni 2012 – 3 StR 190/12, NStZ-RR 2012, 318). Ein Motivirrtum ist aber ohne Einfluss auf die Wirksamkeit der Ermächtigung (BGH, Beschluss vom 24. August 2016 – 1 StR 380/16).
15
b) Die Angeklagte hat die dem Verteidiger erteilte Ermächtigung auch nicht wirksam widerrufen. Dies wäre nur zulässig, solange die Rücknahmeerklärung noch nicht bei Gericht eingegangen ist (BGH, Beschluss vom 6. Dezember 2016 – 4 StR 558/16). Das von der Angeklagten selbstverfasste, als „Ein- spruch“ bezeichnete Schreiben ging zwar vor der Rücknahmeerklärung ein, jedoch lässt sich daraus ein Widerruf der zum Zeitpunkt der Abfassung des Schreibens noch gar nicht erteilten Ermächtigung nicht entnehmen. An die danach wirksame Revisionsrücknahme ist die Angeklagte gebunden, die Rücknahme ist grundsätzlich unwiderruflich und unanfechtbar (BGH, Beschlüsse vom 6. Dezember 2016 – 4 StR 558/16 und vom 15. April 2015 – 1 StR 112/15, NStZ-RR 2016, 24). Durch die am 11. August 2016 erfolgte Rücksprache der sozialpädagogischen Betreuerin der Angeklagten bei Gericht konnte die Revisionsrücknahme daher nicht zurückgenommen werden.
16
c) Der Beschluss des Landgerichts vom 28. September 2016, mit dem die Revision der Angeklagten als unzulässig verworfen worden ist, war aufzuheben. Die Unzulässigkeit der Revision infolge wirksam erklärter Revisionsrücknahme kann nur das Revisionsgericht feststellen (§ 349 Abs. 1 StPO). Für eine Entscheidung des Tatrichters nach § 346 Abs. 1 StPO ist daneben kein Raum (BGH, Beschluss vom 23. November 2005 – 1 StR 436/05). Es verbleibt auch dann bei der alleinigen Befugnis des Revisionsgerichts, wenn dieser Unzulässigkeitsgrund mit hier ebenfalls gegebenen Mängeln der Form- oder Fristeinhaltung zusammentrifft (vgl. BGH, Beschluss vom 15. April 2015 – 1 StR 112/15, NStZ-RR 2016, 24).

III.


17
1. Soweit das Landgericht durch Beschluss vom 23. August 2016 das Wiedereinsetzungsgesuch als unzulässig verworfen hat, war dieser Beschluss aufzuheben.
18
Das Landgericht war für diese Entscheidung nicht zuständig, § 46 Abs. 1 StPO. Jedenfalls in den Fällen, in denen die Ablehnung der Wiedereinsetzung durch das unzuständige Gericht nicht in Rechtskraft erwachsen ist (vgl. hierzu RG, Beschluss vom 24. September 1907 – IV 1678/07, RGSt 40, 271), ist das Revisionsgericht an der Aufhebung eines durch das unzuständige Gericht erlassenen Beschlusses nicht gehindert (vgl. BGH, Beschlüsse vom 29. März 1960 – 4 StR 143/60 und vom 2. Dezember 1976 – 4 StR 587/76; BayObLG, Beschluss vom 23. Juni 1961 – RReg. 1 St 322/61, NJW 1961, 1982; KKGericke , StPO, 7. Aufl., § 346 Rn. 32).
19
2. Der Antrag auf Wiedereinsetzung war als unzulässig zu verwerfen.
20
Der Wiedereinsetzung steht schon die wirksame und damit nicht widerrufbare oder anfechtbare Rücknahmeerklärung entgegen, die zum Verlust des Rechtsmittels führt (BGH, Beschlüsse vom 6. Dezember 2016 – 4 StR 558/16 und vom 15. April 2015 – 1 StR 112/15, NStZ-RR 2016, 24). Eine Wiedereinsetzung ist rechtlich ausgeschlossen und daher unzulässig (BGH, Beschlüsse vom 19. Juni 2012 – 3 StR 190/12, NStZ-RR 2012, 318 und vom 13. Juli 1999 – 4 StR 293/99).

IV.


21
Im Übrigen hätte das Rechtsmittel in der Sache keinen Erfolg. Angesichts der Besonderheiten des Tatgeschehens – die Angeklagte verschaffte sich u.a. wiederholt Zugang zu Studentenwohnheimzimmern, um diese als Schlafplatz zu nutzen sowie Lebensmittel und Wertgegenstände zu entwenden, wobei sie in einem Fall zur Ermöglichung ihrer Flucht eine hinzu tretende Geschädigte mit Faustschlägen attackierte – ist die Gefährlichkeitsprognose des Landgerichts, das auch auf die jenseits der angeklagten Taten von der Angeklagten begangenen Aggressionsdelikte abgestellt hat, im Ergebnis nicht zu beanstanden.
Raum Graf Jäger Cirener Fischer

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(1) Der gewählte Verteidiger, dessen Bevollmächtigung nachgewiesen ist, sowie der bestellte Verteidiger gelten als ermächtigt, Zustellungen und sonstige Mitteilungen für den Beschuldigten in Empfang zu nehmen. Zum Nachweis der Bevollmächtigung genügt die Übermittlung einer Kopie der Vollmacht durch den Verteidiger. Die Nachreichung der Vollmacht im Original kann verlangt werden; hierfür kann eine Frist bestimmt werden.

(2) Eine Ladung des Beschuldigten darf an den Verteidiger nur zugestellt werden, wenn er in seiner nachgewiesenen Vollmacht ausdrücklich zur Empfangnahme von Ladungen ermächtigt ist. § 116a Abs. 3 bleibt unberührt.

(3) Wird eine Entscheidung dem Verteidiger nach Absatz 1 zugestellt, so wird der Beschuldigte hiervon unterrichtet; zugleich erhält er formlos eine Abschrift der Entscheidung. Wird eine Entscheidung dem Beschuldigten zugestellt, so wird der Verteidiger hiervon zugleich unterrichtet, auch wenn eine Vollmacht bei den Akten nicht vorliegt; dabei erhält er formlos eine Abschrift der Entscheidung.

(1) Ist die Revision verspätet eingelegt oder sind die Revisionsanträge nicht rechtzeitig oder nicht in der in § 345 Abs. 2 vorgeschriebenen Form angebracht worden, so hat das Gericht, dessen Urteil angefochten wird, das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig zu verwerfen.

(2) Der Beschwerdeführer kann binnen einer Woche nach Zustellung des Beschlusses auf die Entscheidung des Revisionsgerichts antragen. In diesem Falle sind die Akten an das Revisionsgericht einzusenden; die Vollstreckung des Urteils wird jedoch hierdurch nicht gehemmt. Die Vorschrift des § 35a gilt entsprechend.

(1) Die Zurücknahme eines Rechtsmittels sowie der Verzicht auf die Einlegung eines Rechtsmittels können auch vor Ablauf der Frist zu seiner Einlegung wirksam erfolgen. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist ein Verzicht ausgeschlossen. Ein von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten eingelegtes Rechtsmittel kann ohne dessen Zustimmung nicht zurückgenommen werden.

(2) Der Verteidiger bedarf zur Zurücknahme einer ausdrücklichen Ermächtigung.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 S t R 1 1 2 / 1 5
vom
15. April 2015
in der Strafsache
gegen
wegen Diebstahls
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. April 2015 beschlossen:
1. Der Beschluss des Landgerichts München I vom 10. November 2014, durch den die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 16. Mai 2013 als unzulässig verworfen worden ist, wird aufgehoben. 2. Es wird festgestellt, dass die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wirksam zurückgenommen ist.

Gründe:

I.

1
Der Angeklagte wurde am 16. Mai 2013 vom Landgericht München I wegen Diebstahls und anderem zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und drei Monaten verurteilt. Gegen das Urteil hat der Angeklagte zu Protokoll der Geschäftsstelle am 22. Mai 2013 Revision eingelegt; dem Verteidiger des Angeklagten wurde das landgerichtliche Urteil am 26. Juni 2013 zugestellt. Mit Schreiben vom 26. Juli 2013 erklärte der Verteidiger, er nehme nach Rücksprache mit seinem Mandanten namens und in dessen Auftrag die von diesem eingelegte Revision zurück.
2
Mit Beschluss vom 30. Juli 2013 legte das Landgericht dem Angeklagten die Kosten der von ihm eingelegten und wieder zurückgenommenen Revision auf.
3
Mit Schreiben vom 28. Mai 2014 ersuchte der Angeklagte um Übersendung einer Ablichtung der Verfügung des Vorsitzenden Richters über die von ihm angeordneten Urteilszustellungen, weil er diese zur Einlegung des zulässigen Rechtsmittels benötige.
4
Mit Schreiben vom 4. Juli 2014 erhob der Angeklagte gegen das Urteil vom 16. Mai 2013 „Nichtzulassungsbeschwerde wegen eines absoluten Revisionsgrunds“ und beantragte insbesondere, die Revision gegen das Urteil vom 16. Mai 2013 zuzulassen und den Beschluss des Landgerichts vom 30. Juli 2013 aufzuheben. Er erhob die allgemeine Sachrüge und führte u.a. aus, dass das Urteil nur an seinen Verteidiger zugestellt worden sei und keine Unterschriften der Richter enthalte; dieser Umstand führe zwingend zur Urteilsaufhebung. Der Zustellungsmangel habe ihn an der Einlegung des zulässigen Rechtsmittels gehindert. Außerdem sei der Beschluss über die Kostentragungspflicht unzulässig , weil die von ihm eingelegte Revision von ihm selbst nicht zurückgenommen worden sei.
5
Die „Nichtzulassungsbeschwerde“ des Angeklagtenhat das Landgericht als erneute Revision gegen das Urteil vom 16. Mai 2013 ausgelegt und mit Beschluss vom 10. November 2014 als unzulässig verworfen. Die vom Angeklagten am 22. Mai 2013 eingelegte Revision sei durch den Verteidiger wirksam zurückgenommen worden; die Rücknahme enthalte einen Verzicht auf die Wiederholung des Rechtsmittels. Jedenfalls aber sei die Frist zur Begründung der Revision versäumt und die Form nicht gewahrt worden.
6
Diese Entscheidung wurde dem Verteidiger des Angeklagten am 2. Dezember 2014 zugestellt. Mit einem am 1. Dezember 2014 eingegangenen Schreiben vom 26. November 2014 legte der Angeklagte gegen den Beschluss vom 10. November 2014 Rechtsmittel ein und führte „ergänzend“ zu seiner „Rechtsmittelschrift vom 4. Juli 2014“aus, er habe seinem Verteidiger zu keinem Zeitpunkt eine Rücknahmeermächtigung erteilt; er sei in seiner Entscheidung , Rechtsmittel einzulegen, frei.
7
Mit Schreiben vom 23. März 2015 beantragte der Angeklagte, seinem Verteidiger aufzugeben, die schriftliche Rechtsmittelverzichtserklärung vorzulegen.

II.

8
Die Anträge des Angeklagten haben keinen Erfolg.
9
1. Die am 22. Mai 2013 eingelegte Revision ist wirksam gemäß § 302 Abs. 1 StPO zurückgenommen.
10
Der Verteidiger hatte im Zeitpunkt der Abgabe der Rücknahmeerklärung die gemäß § 302 Abs. 2 StPO erforderliche ausdrückliche Ermächtigung des Angeklagten. Für diese Ermächtigung ist keine bestimmte Form vorgeschrieben. Sie kann auch mündlich erteilt werden. Für ihren Nachweis genügt die anwaltliche Versicherung des Verteidigers (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 302 Rn. 33). Eine solche anwaltliche Versicherung des Verteidigers liegt in seiner Erklärung vom 26. Juli 2013, er nehme die Revision nach Rücksprache mit seinem Mandanten namens und in dessen Auftrag zurück.
11
An diese Rücknahme ist der Angeklagte gebunden. Denn eine wirksame Rücknahmeerklärung ist grundsätzlich unwiderruflich und unanfechtbar (st. Rspr. vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 29. Juli 2014 – 5 StR 314/14).
12
Da vom Angeklagten die Wirksamkeit der Revisionsrücknahme in Zweifel gezogen wurde, ist es nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Sache des Revisionsgerichts, hierüber eine deklaratorische Feststellung zu treffen (vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 14. Oktober 2014 – 3 StR 421/14).
13
2. Die Befugnis des Tatrichters, eine Revision als unzulässig zu verwerfen , ist auf diejenigen Fälle beschränkt, in denen ein Beschwerdeführer die für die Einlegung und Begründung des Rechtsmittels vorgeschriebenen Formen oder Fristen nicht gewahrt hat (vgl. § 346 Abs. 1 StPO). Soweit die Revision dagegen aus einem anderen Grund als unzulässig zu verwerfen oder die Wirksamkeit der Rechtsmittelrücknahme festzustellen ist, steht die Befugnis hierzu allein dem Revisionsgericht zu. Das gilt auch dann, wenn ein solcher Grund mit Mängeln der Form- oder Fristeinhaltung zusammentrifft (vgl. MeyerGoßner /Schmitt aaO § 346 Rn. 2 mwN). Der Beschluss des Landgerichts vom 10. November 2014, mit dem die Revision gemäß § 346 Abs. 1 StPO als unzulässig verworfen worden ist, war daher aufzuheben.
14
3. Selbst wenn man davon ausginge, der Angeklagte hätte erneut Revision eingelegt, hätte diese keinen Erfolg. Einer erneut eingelegten Revision steht die zuvor erklärte Rechtsmittelrücknahme entgegen (vgl. MeyerGoßner /Schmitt aaO § 302 Rn. 12). Die Revision richtet sich dann gegen ein rechtskräftiges Urteil und ist folglich unzulässig. VRiBGH Dr. Raum ist wegen Urlaubsabwesenheit an der Unterschriftsleistung gehindert. Rothfuß Rothfuß Jäger Radtke Fischer

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 S t R 4 2 1 / 1 4
vom
14. Oktober 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 14. Oktober 2014 beschlossen
:
Es wird festgestellt, dass die Revision des Angeklagten gegen
das Urteil des Landgerichts Schwerin vom 17. Juni 2014 wirksam
zurückgenommen ist.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags zu der Freiheitsstrafe von sechs Jahren und zehn Monaten verurteilt. Die rechtzeitig eingelegte Revision hat sein Verteidiger mit am 27. Juni 2014 beim Landgericht eingegangenem Schriftsatz "nach eingehender Beratung mit dem Angeklagten in dessen Auftrag" zurückgenommen. Hiergegen hat sich der Angeklagte mit Schreiben vom 5. Juli 2014 gewandt und vorgetragen, er habe die Erklärungen seines Verteidigers falsch verstanden. Durch die Rücknahme des Revisionsantrages entstünden ihm keine Vorteile. Insbesondere ließen sich mögliche Gründe für eine Revision erst dem schriftlichen Urteil entnehmen.
2
Wird die Wirksamkeit einer Rechtsmittelrücknahme von einem Verfahrensbeteiligten bestritten, so ist in der Regel eine feststellende Klärung durch förmliche Entscheidung des Rechtsmittelgerichts angezeigt (BGH, Beschluss vom 12. Juli 2000 - 3 StR 257/00, NStZ 2001, 104). Dies führt hier zu der deklaratorischen Feststellung des Senats, dass die vom Angeklagten eingelegte Re- vision durch seinen Verteidiger mit dem am 27. Juni 2014 eingegangenen Schriftsatz wirksam zurückgenommen worden ist.
3
Die für die Wirksamkeit der Revisionsrücknahme durch den Verteidiger gemäß § 302 Abs. 2 StPO erforderliche ausdrückliche Ermächtigung des Angeklagten lag vor, nachdem der Verteidiger erklärt hatte, nach Rücksprache und im Auftrag seines Mandanten zu handeln. An diese Rücknahme ist der Angeklagte gebunden. Denn eine wirksame Rücknahmeerklärung ist grundsätzlich unwiderruflich und unanfechtbar (st. Rspr.; vgl. KK-Paul, StPO, 7. Aufl., § 302 Rn. 15 mwN). Dass der Angeklagte bei der Erteilung der Ermächtigung zur Revisionsrücknahme einem Motivirrtum unterlegen ist, vermag eine Anfechtung des Rechtsmittelverzichts auch nicht ausnahmsweise zu begründen.
4
Das Revisionsverfahren ist daher durch wirksame Rücknahme des Rechtsmittels abgeschlossen (BGH aaO).
Becker Pfister Schäfer Gericke Spaniol

(1) Die Zurücknahme eines Rechtsmittels sowie der Verzicht auf die Einlegung eines Rechtsmittels können auch vor Ablauf der Frist zu seiner Einlegung wirksam erfolgen. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist ein Verzicht ausgeschlossen. Ein von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten eingelegtes Rechtsmittel kann ohne dessen Zustimmung nicht zurückgenommen werden.

(2) Der Verteidiger bedarf zur Zurücknahme einer ausdrücklichen Ermächtigung.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 558/16
vom
6. Dezember 2016
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer räuberischer Erpressung u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:061216B4STR558.16.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 6. Dezember 2016 beschlossen :
Es wird festgestellt, dass die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Mühlhausen vom 19. September 2016 wirksam zurückgenommen ist.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


I.


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit räuberischem Angriff auf einen Kraftfahrer und gefährlicher Körperverletzung sowie in einem weiteren Fall in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt und eine Adhäsionsentscheidung getroffen. Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte durch seinen Pflichtverteidiger form- und fristgerecht Revision eingelegt. Mit Schriftsatz vom 7. Oktober 2016, beim Landgericht eingegangen am selben Tag, hat der Verteidiger erklärt, er nehme die Revision „namens und im Auftrag des Angeklagten“ zurück. In einem selbst verfassten, undatierten Schreiben, das am 14. Oktober 2016 beim Landgericht eingegangen ist, hat der Angeklagte unter Bezugnahme auf das Schreiben seines Verteidigers vom 7. Oktober 2016 vorgetragen , er nehme die Revision nicht zurück, habe seinen Verteidiger mit der Revisionsrücknahme auch nicht beauftragt oder einer solchen Rücknahme zugestimmt.
2
Auf Anfrage des Landgerichts hat der Verteidiger mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2016 anwaltlich versichert, er sei mit dem Angeklagten im Rahmen einer Besprechung am 28. September 2016 mündlich übereingekommen, die Revision zurückzunehmen. Der Angeklagte habe ihn hierbei gebeten, mit der Rücknahme noch mindestens eine Woche zu warten. Daraufhin habe er mit Schriftsatz vom 7. Oktober 2016 die Revisionsrücknahme erklärt.
3
Mit Schriftsatz vom 24. November 2016 hat der Verteidiger das Rechtsmittel vorsorglich begründet.

II.


4
Die am 26. September 2016 eingelegte Revision ist wirksam zurückgenommen (§ 302 Abs. 1 StPO).
5
1. Der Verteidiger war zur Rechtsmittelrücknahme ermächtigt. Im Zeitpunkt der Abgabe der Rücknahmeerklärung lag die gemäß § 302 Abs. 2 StPO erforderliche ausdrückliche Ermächtigung des Angeklagten vor. Für diese ist keine bestimmte Form vorgeschrieben; sie kann auch mündlich erteilt werden. Für ihren Nachweis genügt die anwaltliche Versicherung des Verteidigers (vgl. BGH, Beschluss vom 15. April 2015 – 1 StR 112/15, NStZ-RR 2016, 24 f.; Beschluss vom 10. Februar 2005 – 3 StR 12/05, NStZ-RR 2005, 583; SSWStPO /Hoch, 2. Aufl., § 302 Rn. 18 f.). Der Verteidiger hat mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2016 im Einzelnen dargelegt, unter welchen Umständen die Ermächtigung zur Rechtsmittelrücknahme als Ergebnis einer Besprechung mit dem Angeklagten in der Justizvollzugsanstalt am 28. September 2016 zustande kam und die Richtigkeit seines Vortrags anwaltlich versichert. Der Senat hat keinen Anlass, an diesen Angaben zu zweifeln, die vor dem Hintergrund des Verfahrensgangs ein schlüssiges Bild ergeben.
6
2. Der Angeklagte hat die dem Verteidiger erteilte Ermächtigung auch nicht wirksam widerrufen. Ein Widerruf der Ermächtigung zur Revisionsrücknahme ist nur zulässig, solange die Rücknahmeerklärung noch nicht bei Gericht eingegangen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 8. März 2005 – 4 StR 573/04, NStZ-RR 2005, 211). Das vom Angeklagten selbstverfasste, undatierte Schreiben ging dem Landgericht jedoch erst am 14. Oktober 2016 und damit nach Eingang der Rücknahmeerklärung zu.
7
3. An die danach wirksame Revisionsrücknahme ist der Angeklagte gebunden. Diese ist grundsätzlich unwiderruflich und unanfechtbar (vgl. BGH, Beschluss vom 15. April 2015 – 1 StR 112/15, aaO). Durch sein beim Landgericht am 14. Oktober 2016 eingegangenes Schreiben konnte die Revisionsrücknahme daher nicht widerrufen oder sonst zurückgenommen werden.
8
4. Ob dem vorerwähnten Schreiben des Angeklagten eine erneute Revisionseinlegung zu entnehmen ist, kann dahinstehen. Da die Revisionsrücknahme einen Verzicht auf die Revisionseinlegung enthält, wäre eine danach erneut eingelegte Revision grundsätzlich unzulässig (vgl. BGH, Beschlüsse vom 15. April 2015 – 1 StR 112/15, aaO; vom 3. Mai 1957 – 5 StR 52/57, BGHSt 10, 245, 247; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Aufl., § 302 Rn. 12 mwN).

III.


9
Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO (vgl. BGH, Beschluss vom 30. November 1999 – 4 StR 549/99).
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Bender Quentin

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 S t R 1 1 2 / 1 5
vom
15. April 2015
in der Strafsache
gegen
wegen Diebstahls
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. April 2015 beschlossen:
1. Der Beschluss des Landgerichts München I vom 10. November 2014, durch den die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 16. Mai 2013 als unzulässig verworfen worden ist, wird aufgehoben. 2. Es wird festgestellt, dass die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wirksam zurückgenommen ist.

Gründe:

I.

1
Der Angeklagte wurde am 16. Mai 2013 vom Landgericht München I wegen Diebstahls und anderem zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und drei Monaten verurteilt. Gegen das Urteil hat der Angeklagte zu Protokoll der Geschäftsstelle am 22. Mai 2013 Revision eingelegt; dem Verteidiger des Angeklagten wurde das landgerichtliche Urteil am 26. Juni 2013 zugestellt. Mit Schreiben vom 26. Juli 2013 erklärte der Verteidiger, er nehme nach Rücksprache mit seinem Mandanten namens und in dessen Auftrag die von diesem eingelegte Revision zurück.
2
Mit Beschluss vom 30. Juli 2013 legte das Landgericht dem Angeklagten die Kosten der von ihm eingelegten und wieder zurückgenommenen Revision auf.
3
Mit Schreiben vom 28. Mai 2014 ersuchte der Angeklagte um Übersendung einer Ablichtung der Verfügung des Vorsitzenden Richters über die von ihm angeordneten Urteilszustellungen, weil er diese zur Einlegung des zulässigen Rechtsmittels benötige.
4
Mit Schreiben vom 4. Juli 2014 erhob der Angeklagte gegen das Urteil vom 16. Mai 2013 „Nichtzulassungsbeschwerde wegen eines absoluten Revisionsgrunds“ und beantragte insbesondere, die Revision gegen das Urteil vom 16. Mai 2013 zuzulassen und den Beschluss des Landgerichts vom 30. Juli 2013 aufzuheben. Er erhob die allgemeine Sachrüge und führte u.a. aus, dass das Urteil nur an seinen Verteidiger zugestellt worden sei und keine Unterschriften der Richter enthalte; dieser Umstand führe zwingend zur Urteilsaufhebung. Der Zustellungsmangel habe ihn an der Einlegung des zulässigen Rechtsmittels gehindert. Außerdem sei der Beschluss über die Kostentragungspflicht unzulässig , weil die von ihm eingelegte Revision von ihm selbst nicht zurückgenommen worden sei.
5
Die „Nichtzulassungsbeschwerde“ des Angeklagtenhat das Landgericht als erneute Revision gegen das Urteil vom 16. Mai 2013 ausgelegt und mit Beschluss vom 10. November 2014 als unzulässig verworfen. Die vom Angeklagten am 22. Mai 2013 eingelegte Revision sei durch den Verteidiger wirksam zurückgenommen worden; die Rücknahme enthalte einen Verzicht auf die Wiederholung des Rechtsmittels. Jedenfalls aber sei die Frist zur Begründung der Revision versäumt und die Form nicht gewahrt worden.
6
Diese Entscheidung wurde dem Verteidiger des Angeklagten am 2. Dezember 2014 zugestellt. Mit einem am 1. Dezember 2014 eingegangenen Schreiben vom 26. November 2014 legte der Angeklagte gegen den Beschluss vom 10. November 2014 Rechtsmittel ein und führte „ergänzend“ zu seiner „Rechtsmittelschrift vom 4. Juli 2014“aus, er habe seinem Verteidiger zu keinem Zeitpunkt eine Rücknahmeermächtigung erteilt; er sei in seiner Entscheidung , Rechtsmittel einzulegen, frei.
7
Mit Schreiben vom 23. März 2015 beantragte der Angeklagte, seinem Verteidiger aufzugeben, die schriftliche Rechtsmittelverzichtserklärung vorzulegen.

II.

8
Die Anträge des Angeklagten haben keinen Erfolg.
9
1. Die am 22. Mai 2013 eingelegte Revision ist wirksam gemäß § 302 Abs. 1 StPO zurückgenommen.
10
Der Verteidiger hatte im Zeitpunkt der Abgabe der Rücknahmeerklärung die gemäß § 302 Abs. 2 StPO erforderliche ausdrückliche Ermächtigung des Angeklagten. Für diese Ermächtigung ist keine bestimmte Form vorgeschrieben. Sie kann auch mündlich erteilt werden. Für ihren Nachweis genügt die anwaltliche Versicherung des Verteidigers (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 302 Rn. 33). Eine solche anwaltliche Versicherung des Verteidigers liegt in seiner Erklärung vom 26. Juli 2013, er nehme die Revision nach Rücksprache mit seinem Mandanten namens und in dessen Auftrag zurück.
11
An diese Rücknahme ist der Angeklagte gebunden. Denn eine wirksame Rücknahmeerklärung ist grundsätzlich unwiderruflich und unanfechtbar (st. Rspr. vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 29. Juli 2014 – 5 StR 314/14).
12
Da vom Angeklagten die Wirksamkeit der Revisionsrücknahme in Zweifel gezogen wurde, ist es nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Sache des Revisionsgerichts, hierüber eine deklaratorische Feststellung zu treffen (vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 14. Oktober 2014 – 3 StR 421/14).
13
2. Die Befugnis des Tatrichters, eine Revision als unzulässig zu verwerfen , ist auf diejenigen Fälle beschränkt, in denen ein Beschwerdeführer die für die Einlegung und Begründung des Rechtsmittels vorgeschriebenen Formen oder Fristen nicht gewahrt hat (vgl. § 346 Abs. 1 StPO). Soweit die Revision dagegen aus einem anderen Grund als unzulässig zu verwerfen oder die Wirksamkeit der Rechtsmittelrücknahme festzustellen ist, steht die Befugnis hierzu allein dem Revisionsgericht zu. Das gilt auch dann, wenn ein solcher Grund mit Mängeln der Form- oder Fristeinhaltung zusammentrifft (vgl. MeyerGoßner /Schmitt aaO § 346 Rn. 2 mwN). Der Beschluss des Landgerichts vom 10. November 2014, mit dem die Revision gemäß § 346 Abs. 1 StPO als unzulässig verworfen worden ist, war daher aufzuheben.
14
3. Selbst wenn man davon ausginge, der Angeklagte hätte erneut Revision eingelegt, hätte diese keinen Erfolg. Einer erneut eingelegten Revision steht die zuvor erklärte Rechtsmittelrücknahme entgegen (vgl. MeyerGoßner /Schmitt aaO § 302 Rn. 12). Die Revision richtet sich dann gegen ein rechtskräftiges Urteil und ist folglich unzulässig. VRiBGH Dr. Raum ist wegen Urlaubsabwesenheit an der Unterschriftsleistung gehindert. Rothfuß Rothfuß Jäger Radtke Fischer

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 368/07
vom
11. Oktober 2007
in der Strafsache
gegen
wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Oktober 2007 beschlossen
:
Es wird festgestellt, dass die Revision des Angeklagten gegen das
Urteil des Landgerichts Hannover vom 7. Juni 2007 wirksam zurückgenommen
ist.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


I.

1
Das Landgericht hat den unter Betreuung stehenden, derzeit im Landeskrankenhaus W. einstweilen untergebrachten Angeklagten mit Urteil vom 7. Juni 2007 zu einer Freiheitsstrafe verurteilt und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Sein Verteidiger hat hiergegen mit Schriftsatz vom 8. Juni 2007 Revision eingelegt. Dieses Rechtsmittel hat der Angeklagte mit Schreiben vom 12. Juni 2007 unter ausdrücklicher Bezugnahme auf den Schriftsatz seines Verteidigers vom 8. Juni 2007 zurückgenommen und zugleich beantragt, das Landeskrankenhaus umgehend von der Rechtskraft des Urteils vom 7. Juni 2007 in Kenntnis zu setzen, damit "die Maßnahmen der U-Haftbedingungen (§ 126a StPO) aufgehoben werden" könnten.
2
Mit Schriftsatz vom 22. Juni 2007 hat sein Verteidiger namens und im Auftrage des Angeklagten dessen Revisionsrücknahme vom 12. Juni 2007 an- gefochten. Es solle bei der eingelegten Revision und bei der Durchführung dieses Verfahrens bleiben. Der Angeklagte verstehe nicht, warum er die Revisionsrücknahmeerklärung vom 12. Juni 2007, die nicht von ihm selbst angefertigt worden sei, unterzeichnet habe. Diesem Schriftsatz des Verteidigers vom 22. Juni 2007 war eine eidesstattliche Versicherung des Bruders des Angeklagten beigefügt, nach deren Inhalt ihm der Angeklagte folgendes mitgeteilt habe: Das Schreiben vom 12. Juni 2007 habe er nicht selbst verfasst. Er sei in der Haft von einem Dritten, wohl einem inhaftierten Anwalt, angesprochen worden und habe gutgläubig das entsprechende Schreiben unterschrieben, ohne jedoch von dessen Inhalt Kenntnis zu nehmen. Die Revision solle durchgeführt werden.
3
Auf Rückfrage des Vorsitzenden der Strafkammer bei der den Angeklagten im Landeskrankenhaus behandelnden Stationsärztin, wie es zu der Rücknahme der Revision mit Schreiben vom 12. Juni 2007 gekommen sei, hat diese mitgeteilt, der Angeklagte habe ihr folgenden Sachverhalt berichtet: Er sei von seiner Ehefrau davon unterrichtet worden, dass seine Brüder durch die Weiterführung der Strafsache mit der eingelegten Revision finanziell sehr belastet seien. Er sei nicht nur dadurch gekränkt gewesen, sondern auch deshalb, weil seine Brüder ihm dies nicht persönlich gesagt hätten. Aus diesem Grund habe er die Rücknahmeerklärung aufsetzen lassen und unterschrieben.

II.


4
Der Angeklagte hat die Revision mit seinem Schreiben vom 12. Juni 2007 wirksam zurückgenommen (§ 302 Abs. 1 Satz 1 StPO). Da er und sein Verteidiger dies bestreiten, stellt der Senat die eingetretene Rechtsfolge durch deklaratorischen Beschluss förmlich fest (s. Meyer-Goßner, StPO 50. Aufl. § 302 Rdn. 11 a m. w. N.). Für die Wirksamkeit der Rücknahme durch den Angeklagten ist es ohne Belang, dass das Rechtsmittel von seinem Verteidiger eingelegt worden war, da der Wille des Angeklagten vorgeht (vgl. BGHR StPO § 302 Abs. 1 Satz 1 Rechtsmittelverzicht 7 m. w. N.). Die Rücknahmeerklärung des Angeklagten vom 12. Juni 2007 wahrt auch die für die Zurücknahme des Rechtsmittels erforderliche Form (vgl. Meyer-Goßner aaO Rdn. 7 m. w. N.), sie ist eindeutig und zweifelsfrei.
5
Auch die Verhandlungsfähigkeit des Angeklagten unterliegt keinen Zweifeln , so dass auch unter diesem Gesichtspunkt keine Bedenken gegen die Wirksamkeit der Rücknahmeerklärung bestehen. Dies stellt der Senat im Wege des Freibeweises auf Grundlage des Akteninhalts fest (vgl. BGH NStZ 1983, 280; NStZ-RR 2007, 210 f.).
6
Das sachverständig beratene Landgericht hat bei dem Angeklagten zwar eine Persönlichkeitsstörung festgestellt und die Voraussetzungen des § 21 StGB für gegeben erachtet, weil die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten zur Tatzeit erheblich vermindert gewesen sei. Für die Wirksamkeit der Rücknahmeerklärung ist die Verminderung der Steuerungsfähigkeit jedoch ohne Bedeutung. Eine Beeinträchtigung der Geschäfts- oder Schuldfähigkeit eines Erklärenden hat nicht zwangsläufig dessen prozessuale Handlungsunfähigkeit zur Folge (BGH, Beschl. vom 28. Juli 2004 - 2 StR 199/04; Meyer-Goßner aaO Rdn. 8 a m. w. N.). Hiervon ist erst auszugehen, wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass ein Beteiligter nicht in der Lage ist, die Bedeutung von ihm abgegebener Erklärungen zu erkennen, wobei Zweifel an der prozessualen Handlungsfähigkeit zu seinen Lasten gehen (vgl. BGH NStZ 1984, 181 und 329).
7
Hier ergibt sich weder aus dem Vorbringen des Bruders des Angeklagten , dieser habe gutgläubig und irrtümlich die "wohl von einem inhaftierten Anwalt" aufgesetzte Revisionsrücknahme unterzeichnet, noch aus der Erklärung des Angeklagten gegenüber der Stationsärztin, er habe die Rücknahmeerklärung aus Ärger über seine Brüder aufsetzen lassen und unterschrieben, dass er in seiner Freiheit der Willensentschließung und Willensbetätigung (vgl. MeyerGoßner aaO Rdn. 8 a i. V. m. Einl. Rdn. 97) beeinträchtigt war oder es ihm sonst an der prozessualen Handlungsfähigkeit gefehlt haben könnte. Auch im Übrigen ist nichts dafür ersichtlich, dass der Angeklagte Inhalt und Reichweite seiner Rücknahmeerklärung verkannt hat. Vielmehr ergibt sich bereits aus der Fassung seines Schreibens vom 12. Juni 2007, insbesondere seinem ausdrücklichen Antrag, das Landeskrankenhaus umgehend von der Rechtskraft des Urteils in Kenntnis zu setzen, dass er die Bedeutung der Rechtsmittelrücknahme kannte.
8
Nach alledem hat der Senat keinen Zweifel an der Wirksamkeit der Revisionsrücknahme. Diese ist unwiderruflich und unanfechtbar (BGHR StPO § 302 Abs. 2 Rücknahme 2; NStZ-RR 2007, 210 f.).
9
Nach wirksamer Rücknahme der Revision hat der Angeklagte die Kosten des Rechtsmittels zu tragen (§ 473 Abs. 1 Satz 1 StPO).
Becker Pfister von Lienen Hubert Schäfer

(1) Ist im Sicherungsverfahren das Erscheinen des Beschuldigten vor Gericht wegen seines Zustandes unmöglich oder aus Gründen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung unangebracht, so kann das Gericht die Hauptverhandlung durchführen, ohne daß der Beschuldigte zugegen ist.

(2) In diesem Falle ist der Beschuldigte vor der Hauptverhandlung durch einen beauftragten Richter unter Zuziehung eines Sachverständigen zu vernehmen. Von dem Vernehmungstermin sind die Staatsanwaltschaft, der Beschuldigte, der Verteidiger und der gesetzliche Vertreter zu benachrichtigen. Der Anwesenheit des Staatsanwalts, des Verteidigers und des gesetzlichen Vertreters bei der Vernehmung bedarf es nicht.

(3) Fordert es die Rücksicht auf den Zustand des Beschuldigten oder ist eine ordnungsgemäße Durchführung der Hauptverhandlung sonst nicht möglich, so kann das Gericht im Sicherungsverfahren nach der Vernehmung des Beschuldigten zur Sache die Hauptverhandlung durchführen, auch wenn der Beschuldigte nicht oder nur zeitweise zugegen ist.

(4) Soweit eine Hauptverhandlung ohne den Beschuldigten stattfindet, können seine früheren Erklärungen, die in einem richterlichen Protokoll enthalten sind, verlesen werden. Das Protokoll über die Vorvernehmung nach Absatz 2 Satz 1 ist zu verlesen.

(5) In der Hauptverhandlung ist ein Sachverständiger über den Zustand des Beschuldigten zu vernehmen. Hat der Sachverständige den Beschuldigten nicht schon früher untersucht, so soll ihm dazu vor der Hauptverhandlung Gelegenheit gegeben werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 491/15
vom
15. Dezember 2015
in der Strafsache
gegen
wegen des Vorwurfs des Diebstahls mit Waffen u.a.
ECLI:DE:BGH:2015:151215B4STR491.15.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 15. Dezember 2015
beschlossen:
Es wird festgestellt, dass die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Halle vom 6. Juli 2015 wirksam zurückgenommen ist.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten vom Vorwurf des Diebstahls mit Waffen u.a. freigesprochen und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet.
2
Hiergegen hat der Pflichtverteidiger des Angeklagten rechtzeitig Revision eingelegt. Mit Schreiben vom 17. August 2015, das am 24. August 2015 beim Landgericht eingegangen ist, teilte der Angeklagte jedoch mit, dass er „die Re- vision ... mit sofortiger Wirkung“ zurückziehe. Nach einem weiteren,an seinen Verteidiger gerichteten Schreiben des Angeklagten vom 30. August 2015, in dem er mitteilte, doch bei der Revision bleiben zu wollen, beantragte der Pflichtverteidiger mit Schriftsatz vom 9. September 2015 eine gerichtliche Entscheidung über die Wirksamkeit der Rücknahmeerklärung und begründete das Rechtsmittel noch innerhalb der Revisionsbegründungsfrist mit der allgemeinen Sachrüge.
3
1. Der Angeklagte hat die Revision wirksam zurückgenommen (§ 302 Abs. 1 Satz 1 StPO).
4
a) Dabei ist ohne Bedeutung, dass das Rechtsmittel vom Verteidiger eingelegt wurde, die Rücknahme indes der Angeklagte selbst erklärt hat (vgl. § 297 StPO; BGH, Beschlüsse vom 11. Oktober 2007 – 3 StR 368/07; vom 20. Mai 2014 – 5 StR 531/13 jeweils mwN). Die Rücknahmeerklärung wahrt auch die hierfür erforderliche Form (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 58. Aufl., § 302 Rn. 7 mwN). Sie ist inhaltlich eindeutig und zweifelsfrei auf eine Beendigung des Revisionsverfahrens und damit den Eintritt der Rechtskraft des landgerichtlichen Urteils gerichtet.
5
b) Der Senat hat auch keinen Zweifel daran, dass der Angeklagte bei Abgabe der Rücknahmeerklärung verhandlungs- und damit prozessual handlungsfähig war.
6
aa) Ein Angeklagter muss bei Abgabe einer Rechtsmittelrücknahmeerklärung in der Lage sein, seine Interessen vernünftig wahrzunehmen und bei hinreichender Freiheit der Willensentschließung und Willensbetätigung die Bedeutung seiner Erklärung zu erkennen (vgl. Meyer-Goßner, aaO, Einl. Rn. 97, § 302 Rn. 8a). Dies wird – wie etwa § 415 Abs. 1 und 3 StPO für das Sicherungsverfahren gegen einen Schuldunfähigen belegt – allein durch eine Geschäfts - oder Schuldunfähigkeit des Angeklagten nicht notwendig ausgeschlossen (Meyer-Goßner, aaO, § 302 Rn. 8a mwN). Vielmehr ist von einer Unwirksamkeit der Rücknahmeerklärung – wie ausgeführt – erst auszugehen, wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Rechtsmittelführer nicht dazu in der Lage war, die Bedeutung der von ihm abgegebenen Erklärung zu erfassen (BGH, Beschluss vom 11. Oktober 2007 – 3 StR 368/07). Verbleiben Zweifel an seiner prozessualen Handlungsfähigkeit, geht dies zu seinen Lasten (BGH, Beschlüsse vom 28. Juli 2004 – 2 StR 199/04, NStZ-RR 2004, 341; vom 11. Oktober 2007 – 3 StR 368/07 mwN).
7
bb) Hiervon ausgehend hat der Senat keine Zweifel an der Verhandlungs - und prozessualen Handlungsfähigkeit des Angeklagten bei Abgabe der Rücknahmeerklärung.
8
Schon das Schreiben vom 17. August 2015 gibt keine Hinweise darauf, dass der Angeklagte Inhalt und Bedeutung der von ihm selbst handschriftlich verfassten Rücknahmeerklärung verkannt haben könnte. Sie ist sprachlich korrekt sowie inhaltlich eindeutig abgefasst und gibt die Daten des Urteils – einschließlich des vollständigen (auch staatsanwaltschaftlichen) Aktenzeichens – zutreffend wieder. Dementsprechend hatte ersichtlich selbst sein Verteidiger keinen Zweifel an der Wirksamkeit der Erklärung. Denn er hat – Bezug nehmend auf die ihm vom Landgericht übersandte Rücknahmeerklärung – ein mit der Revisionseinlegung gestelltes, erkennbar auf die Fertigung der Revisionsbegründungsschrift abzielendes Akteneinsichtsersuchen zurückgenommen (Bd. 17 Bl. 108, 112 d.A.); in seinem Schriftsatz vom 9. September 2015 erklär- te er zudem, dass ihm sein Mandant mitgeteilt habe, die Revision „nunmehr doch“ durchführen zu wollen.
9
Auch die vom Verteidiger in seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung geltend gemachten – wie oben dargelegt indes nicht ausreichenden – „Zweifel“ an der Wirksamkeit der Rücknahmeerklärung aufgrund der „gesundheitlichen Defizite“ des Angeklagten, nämlich seiner „schizophrenen Erkrankung“, teilt der Senat nicht. Der Angeklagte hat – wie schon im landgerichtlichen Verfahren, in dem er sowohl die Exploration durch den psychiatrischen Sachverständigen (UA S. 10, 38) als auch eine Schweigepflichtentbindung für die ihn während der zunächst vollzogenen Untersuchungshaft betreuende Ärztin abgelehnt hat (UA S. 33) – auf die der freibeweislichen Klärung seines Zustandes bei Abgabe der Rücknahmeerklärung abzielende Anfrage des Senats mitgeteilt, dass er nicht dazu bereit sei, das ihn im Landeskrankenhaus am 17. August 2015 behandelnde Personal (Ärzte u.a.) von der Schweigepflicht zu entbinden. Allein die im landgerichtlichen Verfahren festgestellte, zur Annahme von Schuldunfähigkeit bei Begehung der Taten führende Erkrankung des Angeklagten bietet indes keinen hinreichenden Anlass, an der Verhandlungs- und prozessualen Handlungsfähigkeit des Angeklagten bei Abgabe der Rücknahmeerklärung zu zweifeln. Denn es liegen keine Anzeichen dafür vor, dass er auch diese Erklärung während eines akuten Schubs seiner „paranoidhalluzinatorischen“ und „schizo- phrenen Grunderkrankung“ (UA S. 23, 37; vgl. auch BGH, Beschluss vom 30. Juli 2014 – 5 StR 292/14 mwN) abgegeben hat.
10
Bei Abgabe der Erklärung befand sich der Angeklagte bereits seit 13. März 2015 ununterbrochen in einem Landeskrankenhaus für Psychiatrie (UA S. 10). Schon bei seiner polizeilichen Vernehmung Ende Januar 2015 war seine Vernehmungsfähigkeit und Glaubhaftigkeit nicht geschmälert (UA S. 29). Auch während der (zeitweise) in Anwesenheit des psychiatrischen Sachverständigen durchgeführten Hauptverhandlung bestanden ersichtlich keine Bedenken hinsichtlich seiner Verhandlungsfähigkeit (vgl. dazu auch den Vermerk des Vorsitzenden der Strafkammer vom 22. September 2015, Bd. 17 Bl. 142 d.A. sowie Meyer-Goßner, aaO, § 302 Rn. 8a am Ende mwN). Anhaltspunkte dafür, dass sich nach der Hauptverhandlung infolge fehlender medikamentöser Behandlung und „Auslösungsfaktoren wie zum Beispiel Stress oder auch Kon- sum von Alkohol und Drogen“ (UA S. 44; vgl. dazu auch UA S. 40, 45) erneut ein Krankheitsschub entwickelt und im Zeitpunkt der Abgabe der Rücknahmeerklärung bestanden hat, liegen nicht vor. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass der Angeklagte, der geltend macht, bevorstehende Krankheitsschübe zu erkennen (vgl. UA S. 28, 39), sich selbst in seinem Schreiben vom 30. August 2015 nur darauf beruft, „in letzter Zeit etwas durcheinander gewesen“ zu sein. Deshalb kommt es, zumal die Verhandlungs- und prozessuale Handlungsfähigkeit des Angeklagten – wie ausgeführt – ohnehin allein durch eine Geschäfts - oder Schuldunfähigkeit des Angeklagten nicht ausgeschlossen wird, auch nicht darauf an, dass der Verteidiger des Angeklagten mit dem weiteren Schriftsatz vom 11. Dezember 2015 einen Auszug aus einem Gutachten vorgelegt hat, in dem die Frage, ob der Patient in seiner Geschäftsfähigkeit „beein- trächtigt“ sei, (ohne nähere Erläuterung) bejaht wird.
11
2. Eine Anfechtung der Rücknahme wegen Motivirrtums ist aus Rechtsgründen ausgeschlossen; die Rücknahmeerklärung ist nach ihrem Eingang bei Gericht unwiderruflich und unanfechtbar (vgl. BGH, Beschlüsse vom 28. Juli 2004 – 2 StR 199/04, NStZ-RR 2004, 341; vom 29. Juli 2014 – 5 StR 314/14; vom 8. Oktober 2015 – 2 StR 103/15 jeweils mwN).
12
3. Da der Verteidiger des Angeklagten die Wirksamkeit der Revisionsrücknahme in Zweifel gezogen hat, stellt der Senat die eingetretene Rechtsfolge durch deklaratorischen Beschluss fest (vgl. Meyer-Goßner, aaO, § 302 Rn. 11a mwN).
13
Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht. Sie wurde bereits vom Landgericht getroffen (Bd. 17 Bl. 113 d.A.).
Sost-Scheible Roggenbuck Franke
Mutzbauer Bender

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 368/07
vom
11. Oktober 2007
in der Strafsache
gegen
wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Oktober 2007 beschlossen
:
Es wird festgestellt, dass die Revision des Angeklagten gegen das
Urteil des Landgerichts Hannover vom 7. Juni 2007 wirksam zurückgenommen
ist.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


I.

1
Das Landgericht hat den unter Betreuung stehenden, derzeit im Landeskrankenhaus W. einstweilen untergebrachten Angeklagten mit Urteil vom 7. Juni 2007 zu einer Freiheitsstrafe verurteilt und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Sein Verteidiger hat hiergegen mit Schriftsatz vom 8. Juni 2007 Revision eingelegt. Dieses Rechtsmittel hat der Angeklagte mit Schreiben vom 12. Juni 2007 unter ausdrücklicher Bezugnahme auf den Schriftsatz seines Verteidigers vom 8. Juni 2007 zurückgenommen und zugleich beantragt, das Landeskrankenhaus umgehend von der Rechtskraft des Urteils vom 7. Juni 2007 in Kenntnis zu setzen, damit "die Maßnahmen der U-Haftbedingungen (§ 126a StPO) aufgehoben werden" könnten.
2
Mit Schriftsatz vom 22. Juni 2007 hat sein Verteidiger namens und im Auftrage des Angeklagten dessen Revisionsrücknahme vom 12. Juni 2007 an- gefochten. Es solle bei der eingelegten Revision und bei der Durchführung dieses Verfahrens bleiben. Der Angeklagte verstehe nicht, warum er die Revisionsrücknahmeerklärung vom 12. Juni 2007, die nicht von ihm selbst angefertigt worden sei, unterzeichnet habe. Diesem Schriftsatz des Verteidigers vom 22. Juni 2007 war eine eidesstattliche Versicherung des Bruders des Angeklagten beigefügt, nach deren Inhalt ihm der Angeklagte folgendes mitgeteilt habe: Das Schreiben vom 12. Juni 2007 habe er nicht selbst verfasst. Er sei in der Haft von einem Dritten, wohl einem inhaftierten Anwalt, angesprochen worden und habe gutgläubig das entsprechende Schreiben unterschrieben, ohne jedoch von dessen Inhalt Kenntnis zu nehmen. Die Revision solle durchgeführt werden.
3
Auf Rückfrage des Vorsitzenden der Strafkammer bei der den Angeklagten im Landeskrankenhaus behandelnden Stationsärztin, wie es zu der Rücknahme der Revision mit Schreiben vom 12. Juni 2007 gekommen sei, hat diese mitgeteilt, der Angeklagte habe ihr folgenden Sachverhalt berichtet: Er sei von seiner Ehefrau davon unterrichtet worden, dass seine Brüder durch die Weiterführung der Strafsache mit der eingelegten Revision finanziell sehr belastet seien. Er sei nicht nur dadurch gekränkt gewesen, sondern auch deshalb, weil seine Brüder ihm dies nicht persönlich gesagt hätten. Aus diesem Grund habe er die Rücknahmeerklärung aufsetzen lassen und unterschrieben.

II.


4
Der Angeklagte hat die Revision mit seinem Schreiben vom 12. Juni 2007 wirksam zurückgenommen (§ 302 Abs. 1 Satz 1 StPO). Da er und sein Verteidiger dies bestreiten, stellt der Senat die eingetretene Rechtsfolge durch deklaratorischen Beschluss förmlich fest (s. Meyer-Goßner, StPO 50. Aufl. § 302 Rdn. 11 a m. w. N.). Für die Wirksamkeit der Rücknahme durch den Angeklagten ist es ohne Belang, dass das Rechtsmittel von seinem Verteidiger eingelegt worden war, da der Wille des Angeklagten vorgeht (vgl. BGHR StPO § 302 Abs. 1 Satz 1 Rechtsmittelverzicht 7 m. w. N.). Die Rücknahmeerklärung des Angeklagten vom 12. Juni 2007 wahrt auch die für die Zurücknahme des Rechtsmittels erforderliche Form (vgl. Meyer-Goßner aaO Rdn. 7 m. w. N.), sie ist eindeutig und zweifelsfrei.
5
Auch die Verhandlungsfähigkeit des Angeklagten unterliegt keinen Zweifeln , so dass auch unter diesem Gesichtspunkt keine Bedenken gegen die Wirksamkeit der Rücknahmeerklärung bestehen. Dies stellt der Senat im Wege des Freibeweises auf Grundlage des Akteninhalts fest (vgl. BGH NStZ 1983, 280; NStZ-RR 2007, 210 f.).
6
Das sachverständig beratene Landgericht hat bei dem Angeklagten zwar eine Persönlichkeitsstörung festgestellt und die Voraussetzungen des § 21 StGB für gegeben erachtet, weil die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten zur Tatzeit erheblich vermindert gewesen sei. Für die Wirksamkeit der Rücknahmeerklärung ist die Verminderung der Steuerungsfähigkeit jedoch ohne Bedeutung. Eine Beeinträchtigung der Geschäfts- oder Schuldfähigkeit eines Erklärenden hat nicht zwangsläufig dessen prozessuale Handlungsunfähigkeit zur Folge (BGH, Beschl. vom 28. Juli 2004 - 2 StR 199/04; Meyer-Goßner aaO Rdn. 8 a m. w. N.). Hiervon ist erst auszugehen, wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass ein Beteiligter nicht in der Lage ist, die Bedeutung von ihm abgegebener Erklärungen zu erkennen, wobei Zweifel an der prozessualen Handlungsfähigkeit zu seinen Lasten gehen (vgl. BGH NStZ 1984, 181 und 329).
7
Hier ergibt sich weder aus dem Vorbringen des Bruders des Angeklagten , dieser habe gutgläubig und irrtümlich die "wohl von einem inhaftierten Anwalt" aufgesetzte Revisionsrücknahme unterzeichnet, noch aus der Erklärung des Angeklagten gegenüber der Stationsärztin, er habe die Rücknahmeerklärung aus Ärger über seine Brüder aufsetzen lassen und unterschrieben, dass er in seiner Freiheit der Willensentschließung und Willensbetätigung (vgl. MeyerGoßner aaO Rdn. 8 a i. V. m. Einl. Rdn. 97) beeinträchtigt war oder es ihm sonst an der prozessualen Handlungsfähigkeit gefehlt haben könnte. Auch im Übrigen ist nichts dafür ersichtlich, dass der Angeklagte Inhalt und Reichweite seiner Rücknahmeerklärung verkannt hat. Vielmehr ergibt sich bereits aus der Fassung seines Schreibens vom 12. Juni 2007, insbesondere seinem ausdrücklichen Antrag, das Landeskrankenhaus umgehend von der Rechtskraft des Urteils in Kenntnis zu setzen, dass er die Bedeutung der Rechtsmittelrücknahme kannte.
8
Nach alledem hat der Senat keinen Zweifel an der Wirksamkeit der Revisionsrücknahme. Diese ist unwiderruflich und unanfechtbar (BGHR StPO § 302 Abs. 2 Rücknahme 2; NStZ-RR 2007, 210 f.).
9
Nach wirksamer Rücknahme der Revision hat der Angeklagte die Kosten des Rechtsmittels zu tragen (§ 473 Abs. 1 Satz 1 StPO).
Becker Pfister von Lienen Hubert Schäfer

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 491/15
vom
15. Dezember 2015
in der Strafsache
gegen
wegen des Vorwurfs des Diebstahls mit Waffen u.a.
ECLI:DE:BGH:2015:151215B4STR491.15.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 15. Dezember 2015
beschlossen:
Es wird festgestellt, dass die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Halle vom 6. Juli 2015 wirksam zurückgenommen ist.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten vom Vorwurf des Diebstahls mit Waffen u.a. freigesprochen und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet.
2
Hiergegen hat der Pflichtverteidiger des Angeklagten rechtzeitig Revision eingelegt. Mit Schreiben vom 17. August 2015, das am 24. August 2015 beim Landgericht eingegangen ist, teilte der Angeklagte jedoch mit, dass er „die Re- vision ... mit sofortiger Wirkung“ zurückziehe. Nach einem weiteren,an seinen Verteidiger gerichteten Schreiben des Angeklagten vom 30. August 2015, in dem er mitteilte, doch bei der Revision bleiben zu wollen, beantragte der Pflichtverteidiger mit Schriftsatz vom 9. September 2015 eine gerichtliche Entscheidung über die Wirksamkeit der Rücknahmeerklärung und begründete das Rechtsmittel noch innerhalb der Revisionsbegründungsfrist mit der allgemeinen Sachrüge.
3
1. Der Angeklagte hat die Revision wirksam zurückgenommen (§ 302 Abs. 1 Satz 1 StPO).
4
a) Dabei ist ohne Bedeutung, dass das Rechtsmittel vom Verteidiger eingelegt wurde, die Rücknahme indes der Angeklagte selbst erklärt hat (vgl. § 297 StPO; BGH, Beschlüsse vom 11. Oktober 2007 – 3 StR 368/07; vom 20. Mai 2014 – 5 StR 531/13 jeweils mwN). Die Rücknahmeerklärung wahrt auch die hierfür erforderliche Form (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 58. Aufl., § 302 Rn. 7 mwN). Sie ist inhaltlich eindeutig und zweifelsfrei auf eine Beendigung des Revisionsverfahrens und damit den Eintritt der Rechtskraft des landgerichtlichen Urteils gerichtet.
5
b) Der Senat hat auch keinen Zweifel daran, dass der Angeklagte bei Abgabe der Rücknahmeerklärung verhandlungs- und damit prozessual handlungsfähig war.
6
aa) Ein Angeklagter muss bei Abgabe einer Rechtsmittelrücknahmeerklärung in der Lage sein, seine Interessen vernünftig wahrzunehmen und bei hinreichender Freiheit der Willensentschließung und Willensbetätigung die Bedeutung seiner Erklärung zu erkennen (vgl. Meyer-Goßner, aaO, Einl. Rn. 97, § 302 Rn. 8a). Dies wird – wie etwa § 415 Abs. 1 und 3 StPO für das Sicherungsverfahren gegen einen Schuldunfähigen belegt – allein durch eine Geschäfts - oder Schuldunfähigkeit des Angeklagten nicht notwendig ausgeschlossen (Meyer-Goßner, aaO, § 302 Rn. 8a mwN). Vielmehr ist von einer Unwirksamkeit der Rücknahmeerklärung – wie ausgeführt – erst auszugehen, wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Rechtsmittelführer nicht dazu in der Lage war, die Bedeutung der von ihm abgegebenen Erklärung zu erfassen (BGH, Beschluss vom 11. Oktober 2007 – 3 StR 368/07). Verbleiben Zweifel an seiner prozessualen Handlungsfähigkeit, geht dies zu seinen Lasten (BGH, Beschlüsse vom 28. Juli 2004 – 2 StR 199/04, NStZ-RR 2004, 341; vom 11. Oktober 2007 – 3 StR 368/07 mwN).
7
bb) Hiervon ausgehend hat der Senat keine Zweifel an der Verhandlungs - und prozessualen Handlungsfähigkeit des Angeklagten bei Abgabe der Rücknahmeerklärung.
8
Schon das Schreiben vom 17. August 2015 gibt keine Hinweise darauf, dass der Angeklagte Inhalt und Bedeutung der von ihm selbst handschriftlich verfassten Rücknahmeerklärung verkannt haben könnte. Sie ist sprachlich korrekt sowie inhaltlich eindeutig abgefasst und gibt die Daten des Urteils – einschließlich des vollständigen (auch staatsanwaltschaftlichen) Aktenzeichens – zutreffend wieder. Dementsprechend hatte ersichtlich selbst sein Verteidiger keinen Zweifel an der Wirksamkeit der Erklärung. Denn er hat – Bezug nehmend auf die ihm vom Landgericht übersandte Rücknahmeerklärung – ein mit der Revisionseinlegung gestelltes, erkennbar auf die Fertigung der Revisionsbegründungsschrift abzielendes Akteneinsichtsersuchen zurückgenommen (Bd. 17 Bl. 108, 112 d.A.); in seinem Schriftsatz vom 9. September 2015 erklär- te er zudem, dass ihm sein Mandant mitgeteilt habe, die Revision „nunmehr doch“ durchführen zu wollen.
9
Auch die vom Verteidiger in seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung geltend gemachten – wie oben dargelegt indes nicht ausreichenden – „Zweifel“ an der Wirksamkeit der Rücknahmeerklärung aufgrund der „gesundheitlichen Defizite“ des Angeklagten, nämlich seiner „schizophrenen Erkrankung“, teilt der Senat nicht. Der Angeklagte hat – wie schon im landgerichtlichen Verfahren, in dem er sowohl die Exploration durch den psychiatrischen Sachverständigen (UA S. 10, 38) als auch eine Schweigepflichtentbindung für die ihn während der zunächst vollzogenen Untersuchungshaft betreuende Ärztin abgelehnt hat (UA S. 33) – auf die der freibeweislichen Klärung seines Zustandes bei Abgabe der Rücknahmeerklärung abzielende Anfrage des Senats mitgeteilt, dass er nicht dazu bereit sei, das ihn im Landeskrankenhaus am 17. August 2015 behandelnde Personal (Ärzte u.a.) von der Schweigepflicht zu entbinden. Allein die im landgerichtlichen Verfahren festgestellte, zur Annahme von Schuldunfähigkeit bei Begehung der Taten führende Erkrankung des Angeklagten bietet indes keinen hinreichenden Anlass, an der Verhandlungs- und prozessualen Handlungsfähigkeit des Angeklagten bei Abgabe der Rücknahmeerklärung zu zweifeln. Denn es liegen keine Anzeichen dafür vor, dass er auch diese Erklärung während eines akuten Schubs seiner „paranoidhalluzinatorischen“ und „schizo- phrenen Grunderkrankung“ (UA S. 23, 37; vgl. auch BGH, Beschluss vom 30. Juli 2014 – 5 StR 292/14 mwN) abgegeben hat.
10
Bei Abgabe der Erklärung befand sich der Angeklagte bereits seit 13. März 2015 ununterbrochen in einem Landeskrankenhaus für Psychiatrie (UA S. 10). Schon bei seiner polizeilichen Vernehmung Ende Januar 2015 war seine Vernehmungsfähigkeit und Glaubhaftigkeit nicht geschmälert (UA S. 29). Auch während der (zeitweise) in Anwesenheit des psychiatrischen Sachverständigen durchgeführten Hauptverhandlung bestanden ersichtlich keine Bedenken hinsichtlich seiner Verhandlungsfähigkeit (vgl. dazu auch den Vermerk des Vorsitzenden der Strafkammer vom 22. September 2015, Bd. 17 Bl. 142 d.A. sowie Meyer-Goßner, aaO, § 302 Rn. 8a am Ende mwN). Anhaltspunkte dafür, dass sich nach der Hauptverhandlung infolge fehlender medikamentöser Behandlung und „Auslösungsfaktoren wie zum Beispiel Stress oder auch Kon- sum von Alkohol und Drogen“ (UA S. 44; vgl. dazu auch UA S. 40, 45) erneut ein Krankheitsschub entwickelt und im Zeitpunkt der Abgabe der Rücknahmeerklärung bestanden hat, liegen nicht vor. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass der Angeklagte, der geltend macht, bevorstehende Krankheitsschübe zu erkennen (vgl. UA S. 28, 39), sich selbst in seinem Schreiben vom 30. August 2015 nur darauf beruft, „in letzter Zeit etwas durcheinander gewesen“ zu sein. Deshalb kommt es, zumal die Verhandlungs- und prozessuale Handlungsfähigkeit des Angeklagten – wie ausgeführt – ohnehin allein durch eine Geschäfts - oder Schuldunfähigkeit des Angeklagten nicht ausgeschlossen wird, auch nicht darauf an, dass der Verteidiger des Angeklagten mit dem weiteren Schriftsatz vom 11. Dezember 2015 einen Auszug aus einem Gutachten vorgelegt hat, in dem die Frage, ob der Patient in seiner Geschäftsfähigkeit „beein- trächtigt“ sei, (ohne nähere Erläuterung) bejaht wird.
11
2. Eine Anfechtung der Rücknahme wegen Motivirrtums ist aus Rechtsgründen ausgeschlossen; die Rücknahmeerklärung ist nach ihrem Eingang bei Gericht unwiderruflich und unanfechtbar (vgl. BGH, Beschlüsse vom 28. Juli 2004 – 2 StR 199/04, NStZ-RR 2004, 341; vom 29. Juli 2014 – 5 StR 314/14; vom 8. Oktober 2015 – 2 StR 103/15 jeweils mwN).
12
3. Da der Verteidiger des Angeklagten die Wirksamkeit der Revisionsrücknahme in Zweifel gezogen hat, stellt der Senat die eingetretene Rechtsfolge durch deklaratorischen Beschluss fest (vgl. Meyer-Goßner, aaO, § 302 Rn. 11a mwN).
13
Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht. Sie wurde bereits vom Landgericht getroffen (Bd. 17 Bl. 113 d.A.).
Sost-Scheible Roggenbuck Franke
Mutzbauer Bender

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 368/07
vom
11. Oktober 2007
in der Strafsache
gegen
wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Oktober 2007 beschlossen
:
Es wird festgestellt, dass die Revision des Angeklagten gegen das
Urteil des Landgerichts Hannover vom 7. Juni 2007 wirksam zurückgenommen
ist.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


I.

1
Das Landgericht hat den unter Betreuung stehenden, derzeit im Landeskrankenhaus W. einstweilen untergebrachten Angeklagten mit Urteil vom 7. Juni 2007 zu einer Freiheitsstrafe verurteilt und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Sein Verteidiger hat hiergegen mit Schriftsatz vom 8. Juni 2007 Revision eingelegt. Dieses Rechtsmittel hat der Angeklagte mit Schreiben vom 12. Juni 2007 unter ausdrücklicher Bezugnahme auf den Schriftsatz seines Verteidigers vom 8. Juni 2007 zurückgenommen und zugleich beantragt, das Landeskrankenhaus umgehend von der Rechtskraft des Urteils vom 7. Juni 2007 in Kenntnis zu setzen, damit "die Maßnahmen der U-Haftbedingungen (§ 126a StPO) aufgehoben werden" könnten.
2
Mit Schriftsatz vom 22. Juni 2007 hat sein Verteidiger namens und im Auftrage des Angeklagten dessen Revisionsrücknahme vom 12. Juni 2007 an- gefochten. Es solle bei der eingelegten Revision und bei der Durchführung dieses Verfahrens bleiben. Der Angeklagte verstehe nicht, warum er die Revisionsrücknahmeerklärung vom 12. Juni 2007, die nicht von ihm selbst angefertigt worden sei, unterzeichnet habe. Diesem Schriftsatz des Verteidigers vom 22. Juni 2007 war eine eidesstattliche Versicherung des Bruders des Angeklagten beigefügt, nach deren Inhalt ihm der Angeklagte folgendes mitgeteilt habe: Das Schreiben vom 12. Juni 2007 habe er nicht selbst verfasst. Er sei in der Haft von einem Dritten, wohl einem inhaftierten Anwalt, angesprochen worden und habe gutgläubig das entsprechende Schreiben unterschrieben, ohne jedoch von dessen Inhalt Kenntnis zu nehmen. Die Revision solle durchgeführt werden.
3
Auf Rückfrage des Vorsitzenden der Strafkammer bei der den Angeklagten im Landeskrankenhaus behandelnden Stationsärztin, wie es zu der Rücknahme der Revision mit Schreiben vom 12. Juni 2007 gekommen sei, hat diese mitgeteilt, der Angeklagte habe ihr folgenden Sachverhalt berichtet: Er sei von seiner Ehefrau davon unterrichtet worden, dass seine Brüder durch die Weiterführung der Strafsache mit der eingelegten Revision finanziell sehr belastet seien. Er sei nicht nur dadurch gekränkt gewesen, sondern auch deshalb, weil seine Brüder ihm dies nicht persönlich gesagt hätten. Aus diesem Grund habe er die Rücknahmeerklärung aufsetzen lassen und unterschrieben.

II.


4
Der Angeklagte hat die Revision mit seinem Schreiben vom 12. Juni 2007 wirksam zurückgenommen (§ 302 Abs. 1 Satz 1 StPO). Da er und sein Verteidiger dies bestreiten, stellt der Senat die eingetretene Rechtsfolge durch deklaratorischen Beschluss förmlich fest (s. Meyer-Goßner, StPO 50. Aufl. § 302 Rdn. 11 a m. w. N.). Für die Wirksamkeit der Rücknahme durch den Angeklagten ist es ohne Belang, dass das Rechtsmittel von seinem Verteidiger eingelegt worden war, da der Wille des Angeklagten vorgeht (vgl. BGHR StPO § 302 Abs. 1 Satz 1 Rechtsmittelverzicht 7 m. w. N.). Die Rücknahmeerklärung des Angeklagten vom 12. Juni 2007 wahrt auch die für die Zurücknahme des Rechtsmittels erforderliche Form (vgl. Meyer-Goßner aaO Rdn. 7 m. w. N.), sie ist eindeutig und zweifelsfrei.
5
Auch die Verhandlungsfähigkeit des Angeklagten unterliegt keinen Zweifeln , so dass auch unter diesem Gesichtspunkt keine Bedenken gegen die Wirksamkeit der Rücknahmeerklärung bestehen. Dies stellt der Senat im Wege des Freibeweises auf Grundlage des Akteninhalts fest (vgl. BGH NStZ 1983, 280; NStZ-RR 2007, 210 f.).
6
Das sachverständig beratene Landgericht hat bei dem Angeklagten zwar eine Persönlichkeitsstörung festgestellt und die Voraussetzungen des § 21 StGB für gegeben erachtet, weil die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten zur Tatzeit erheblich vermindert gewesen sei. Für die Wirksamkeit der Rücknahmeerklärung ist die Verminderung der Steuerungsfähigkeit jedoch ohne Bedeutung. Eine Beeinträchtigung der Geschäfts- oder Schuldfähigkeit eines Erklärenden hat nicht zwangsläufig dessen prozessuale Handlungsunfähigkeit zur Folge (BGH, Beschl. vom 28. Juli 2004 - 2 StR 199/04; Meyer-Goßner aaO Rdn. 8 a m. w. N.). Hiervon ist erst auszugehen, wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass ein Beteiligter nicht in der Lage ist, die Bedeutung von ihm abgegebener Erklärungen zu erkennen, wobei Zweifel an der prozessualen Handlungsfähigkeit zu seinen Lasten gehen (vgl. BGH NStZ 1984, 181 und 329).
7
Hier ergibt sich weder aus dem Vorbringen des Bruders des Angeklagten , dieser habe gutgläubig und irrtümlich die "wohl von einem inhaftierten Anwalt" aufgesetzte Revisionsrücknahme unterzeichnet, noch aus der Erklärung des Angeklagten gegenüber der Stationsärztin, er habe die Rücknahmeerklärung aus Ärger über seine Brüder aufsetzen lassen und unterschrieben, dass er in seiner Freiheit der Willensentschließung und Willensbetätigung (vgl. MeyerGoßner aaO Rdn. 8 a i. V. m. Einl. Rdn. 97) beeinträchtigt war oder es ihm sonst an der prozessualen Handlungsfähigkeit gefehlt haben könnte. Auch im Übrigen ist nichts dafür ersichtlich, dass der Angeklagte Inhalt und Reichweite seiner Rücknahmeerklärung verkannt hat. Vielmehr ergibt sich bereits aus der Fassung seines Schreibens vom 12. Juni 2007, insbesondere seinem ausdrücklichen Antrag, das Landeskrankenhaus umgehend von der Rechtskraft des Urteils in Kenntnis zu setzen, dass er die Bedeutung der Rechtsmittelrücknahme kannte.
8
Nach alledem hat der Senat keinen Zweifel an der Wirksamkeit der Revisionsrücknahme. Diese ist unwiderruflich und unanfechtbar (BGHR StPO § 302 Abs. 2 Rücknahme 2; NStZ-RR 2007, 210 f.).
9
Nach wirksamer Rücknahme der Revision hat der Angeklagte die Kosten des Rechtsmittels zu tragen (§ 473 Abs. 1 Satz 1 StPO).
Becker Pfister von Lienen Hubert Schäfer

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 491/15
vom
15. Dezember 2015
in der Strafsache
gegen
wegen des Vorwurfs des Diebstahls mit Waffen u.a.
ECLI:DE:BGH:2015:151215B4STR491.15.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 15. Dezember 2015
beschlossen:
Es wird festgestellt, dass die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Halle vom 6. Juli 2015 wirksam zurückgenommen ist.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten vom Vorwurf des Diebstahls mit Waffen u.a. freigesprochen und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet.
2
Hiergegen hat der Pflichtverteidiger des Angeklagten rechtzeitig Revision eingelegt. Mit Schreiben vom 17. August 2015, das am 24. August 2015 beim Landgericht eingegangen ist, teilte der Angeklagte jedoch mit, dass er „die Re- vision ... mit sofortiger Wirkung“ zurückziehe. Nach einem weiteren,an seinen Verteidiger gerichteten Schreiben des Angeklagten vom 30. August 2015, in dem er mitteilte, doch bei der Revision bleiben zu wollen, beantragte der Pflichtverteidiger mit Schriftsatz vom 9. September 2015 eine gerichtliche Entscheidung über die Wirksamkeit der Rücknahmeerklärung und begründete das Rechtsmittel noch innerhalb der Revisionsbegründungsfrist mit der allgemeinen Sachrüge.
3
1. Der Angeklagte hat die Revision wirksam zurückgenommen (§ 302 Abs. 1 Satz 1 StPO).
4
a) Dabei ist ohne Bedeutung, dass das Rechtsmittel vom Verteidiger eingelegt wurde, die Rücknahme indes der Angeklagte selbst erklärt hat (vgl. § 297 StPO; BGH, Beschlüsse vom 11. Oktober 2007 – 3 StR 368/07; vom 20. Mai 2014 – 5 StR 531/13 jeweils mwN). Die Rücknahmeerklärung wahrt auch die hierfür erforderliche Form (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 58. Aufl., § 302 Rn. 7 mwN). Sie ist inhaltlich eindeutig und zweifelsfrei auf eine Beendigung des Revisionsverfahrens und damit den Eintritt der Rechtskraft des landgerichtlichen Urteils gerichtet.
5
b) Der Senat hat auch keinen Zweifel daran, dass der Angeklagte bei Abgabe der Rücknahmeerklärung verhandlungs- und damit prozessual handlungsfähig war.
6
aa) Ein Angeklagter muss bei Abgabe einer Rechtsmittelrücknahmeerklärung in der Lage sein, seine Interessen vernünftig wahrzunehmen und bei hinreichender Freiheit der Willensentschließung und Willensbetätigung die Bedeutung seiner Erklärung zu erkennen (vgl. Meyer-Goßner, aaO, Einl. Rn. 97, § 302 Rn. 8a). Dies wird – wie etwa § 415 Abs. 1 und 3 StPO für das Sicherungsverfahren gegen einen Schuldunfähigen belegt – allein durch eine Geschäfts - oder Schuldunfähigkeit des Angeklagten nicht notwendig ausgeschlossen (Meyer-Goßner, aaO, § 302 Rn. 8a mwN). Vielmehr ist von einer Unwirksamkeit der Rücknahmeerklärung – wie ausgeführt – erst auszugehen, wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Rechtsmittelführer nicht dazu in der Lage war, die Bedeutung der von ihm abgegebenen Erklärung zu erfassen (BGH, Beschluss vom 11. Oktober 2007 – 3 StR 368/07). Verbleiben Zweifel an seiner prozessualen Handlungsfähigkeit, geht dies zu seinen Lasten (BGH, Beschlüsse vom 28. Juli 2004 – 2 StR 199/04, NStZ-RR 2004, 341; vom 11. Oktober 2007 – 3 StR 368/07 mwN).
7
bb) Hiervon ausgehend hat der Senat keine Zweifel an der Verhandlungs - und prozessualen Handlungsfähigkeit des Angeklagten bei Abgabe der Rücknahmeerklärung.
8
Schon das Schreiben vom 17. August 2015 gibt keine Hinweise darauf, dass der Angeklagte Inhalt und Bedeutung der von ihm selbst handschriftlich verfassten Rücknahmeerklärung verkannt haben könnte. Sie ist sprachlich korrekt sowie inhaltlich eindeutig abgefasst und gibt die Daten des Urteils – einschließlich des vollständigen (auch staatsanwaltschaftlichen) Aktenzeichens – zutreffend wieder. Dementsprechend hatte ersichtlich selbst sein Verteidiger keinen Zweifel an der Wirksamkeit der Erklärung. Denn er hat – Bezug nehmend auf die ihm vom Landgericht übersandte Rücknahmeerklärung – ein mit der Revisionseinlegung gestelltes, erkennbar auf die Fertigung der Revisionsbegründungsschrift abzielendes Akteneinsichtsersuchen zurückgenommen (Bd. 17 Bl. 108, 112 d.A.); in seinem Schriftsatz vom 9. September 2015 erklär- te er zudem, dass ihm sein Mandant mitgeteilt habe, die Revision „nunmehr doch“ durchführen zu wollen.
9
Auch die vom Verteidiger in seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung geltend gemachten – wie oben dargelegt indes nicht ausreichenden – „Zweifel“ an der Wirksamkeit der Rücknahmeerklärung aufgrund der „gesundheitlichen Defizite“ des Angeklagten, nämlich seiner „schizophrenen Erkrankung“, teilt der Senat nicht. Der Angeklagte hat – wie schon im landgerichtlichen Verfahren, in dem er sowohl die Exploration durch den psychiatrischen Sachverständigen (UA S. 10, 38) als auch eine Schweigepflichtentbindung für die ihn während der zunächst vollzogenen Untersuchungshaft betreuende Ärztin abgelehnt hat (UA S. 33) – auf die der freibeweislichen Klärung seines Zustandes bei Abgabe der Rücknahmeerklärung abzielende Anfrage des Senats mitgeteilt, dass er nicht dazu bereit sei, das ihn im Landeskrankenhaus am 17. August 2015 behandelnde Personal (Ärzte u.a.) von der Schweigepflicht zu entbinden. Allein die im landgerichtlichen Verfahren festgestellte, zur Annahme von Schuldunfähigkeit bei Begehung der Taten führende Erkrankung des Angeklagten bietet indes keinen hinreichenden Anlass, an der Verhandlungs- und prozessualen Handlungsfähigkeit des Angeklagten bei Abgabe der Rücknahmeerklärung zu zweifeln. Denn es liegen keine Anzeichen dafür vor, dass er auch diese Erklärung während eines akuten Schubs seiner „paranoidhalluzinatorischen“ und „schizo- phrenen Grunderkrankung“ (UA S. 23, 37; vgl. auch BGH, Beschluss vom 30. Juli 2014 – 5 StR 292/14 mwN) abgegeben hat.
10
Bei Abgabe der Erklärung befand sich der Angeklagte bereits seit 13. März 2015 ununterbrochen in einem Landeskrankenhaus für Psychiatrie (UA S. 10). Schon bei seiner polizeilichen Vernehmung Ende Januar 2015 war seine Vernehmungsfähigkeit und Glaubhaftigkeit nicht geschmälert (UA S. 29). Auch während der (zeitweise) in Anwesenheit des psychiatrischen Sachverständigen durchgeführten Hauptverhandlung bestanden ersichtlich keine Bedenken hinsichtlich seiner Verhandlungsfähigkeit (vgl. dazu auch den Vermerk des Vorsitzenden der Strafkammer vom 22. September 2015, Bd. 17 Bl. 142 d.A. sowie Meyer-Goßner, aaO, § 302 Rn. 8a am Ende mwN). Anhaltspunkte dafür, dass sich nach der Hauptverhandlung infolge fehlender medikamentöser Behandlung und „Auslösungsfaktoren wie zum Beispiel Stress oder auch Kon- sum von Alkohol und Drogen“ (UA S. 44; vgl. dazu auch UA S. 40, 45) erneut ein Krankheitsschub entwickelt und im Zeitpunkt der Abgabe der Rücknahmeerklärung bestanden hat, liegen nicht vor. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass der Angeklagte, der geltend macht, bevorstehende Krankheitsschübe zu erkennen (vgl. UA S. 28, 39), sich selbst in seinem Schreiben vom 30. August 2015 nur darauf beruft, „in letzter Zeit etwas durcheinander gewesen“ zu sein. Deshalb kommt es, zumal die Verhandlungs- und prozessuale Handlungsfähigkeit des Angeklagten – wie ausgeführt – ohnehin allein durch eine Geschäfts - oder Schuldunfähigkeit des Angeklagten nicht ausgeschlossen wird, auch nicht darauf an, dass der Verteidiger des Angeklagten mit dem weiteren Schriftsatz vom 11. Dezember 2015 einen Auszug aus einem Gutachten vorgelegt hat, in dem die Frage, ob der Patient in seiner Geschäftsfähigkeit „beein- trächtigt“ sei, (ohne nähere Erläuterung) bejaht wird.
11
2. Eine Anfechtung der Rücknahme wegen Motivirrtums ist aus Rechtsgründen ausgeschlossen; die Rücknahmeerklärung ist nach ihrem Eingang bei Gericht unwiderruflich und unanfechtbar (vgl. BGH, Beschlüsse vom 28. Juli 2004 – 2 StR 199/04, NStZ-RR 2004, 341; vom 29. Juli 2014 – 5 StR 314/14; vom 8. Oktober 2015 – 2 StR 103/15 jeweils mwN).
12
3. Da der Verteidiger des Angeklagten die Wirksamkeit der Revisionsrücknahme in Zweifel gezogen hat, stellt der Senat die eingetretene Rechtsfolge durch deklaratorischen Beschluss fest (vgl. Meyer-Goßner, aaO, § 302 Rn. 11a mwN).
13
Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht. Sie wurde bereits vom Landgericht getroffen (Bd. 17 Bl. 113 d.A.).
Sost-Scheible Roggenbuck Franke
Mutzbauer Bender

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 190/12
vom
19. Juni 2012
in dem Sicherungsverfahren
gegen
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 19. Juni 2012

beschlossen:
Es wird festgestellt, dass die Revision des Beschuldigten gegen das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 13. Dezember 2011 wirksam zurückgenommen ist.
Der Antrag des Beschuldigten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat gegen den Beschuldigten die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Die vom Verteidiger rechtzeitig eingelegte Revision hat dieser mit Schriftsatz vom 23. Februar 2012 zurückgenommen. Hiergegen hat sich der Beschuldigte mit Schreiben vom 28. Februar 2012 gewandt und vorgetragen, er habe "die Revision nicht … einstellen lassen und auch nicht über den Pflichtverteidiger" …, weil er "mit ihm diesbezüglich keine Absprachen getroffen habe". Außerdem bitte er "um Wiedereinsetzung in den alten Stand, d.h. Unterbringung gemäß § 126a StPO". Der Verteidiger hat mit Schriftsatz vom 14. März 2012 erklärt, dass er bei dem letzten Gespräch mit dem Beschuldigten "aufgrund der Diskussion über die Erfolgsaussichten der Revision und der daraufhin von Herrn S. getätigten Aussagen unmissverständlich davon ausgehen" musste, dass "die Revision nicht durchgeführt werden soll".
2
Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift Folgendes ausgeführt : "Wird die Wirksamkeit einer Rechtsmittelrücknahme von einem Verfahrensbeteiligten bestritten, ist in der Regel eine feststellende Klärung durch förmliche Entscheidung des Rechtsmittelgerichts angezeigt (BGH NStZ 2001, 104; BGHR StPO § 302 Abs. 1 Satz 1 Rechtsmittelverzicht 8). Diese führt hier zur deklaratorischen Feststellung, dass die Revision des Beschuldigten vom 16. Dezember 2011 am 23. Februar 2012 durch seinen Verteidiger, Rechtsanwalt V. , wirksam zurückgenommen wurde. 1. Der Verteidiger war zur Rechtsmittelrücknahme wirksam ermächtigt. Dies ergibt sich schlüssig aus seinem Vortrag mit Schriftsatz vom 14. März 2012 (Bl. 97, Band II d. A.). Danach musste der Verteidiger unmissverständlich nach einer Diskussion der Erfolgsaussichten davon ausgehen, dass die Revision nicht durchgeführt werden soll. Zweifel an der Darstellung des Verteidigers bestehen nicht und ergeben sich auch nicht daraus, dass sich der Beschuldigte von der Revisionsrücknahme überrascht zeigt und eine Ermächtigung in Abrede stellt. Für die gemäß § 302 Abs. 2 StPO erforderliche ausdrückliche Ermächtigung ist eine bestimmte Form nicht vorgeschrieben. Sie kann auch mündlich erfolgen und braucht nicht ausdrücklich erklärt zu werden (BGHR StPO § 302 Abs. 2 Rücknahme 6). Für den Nachweis der Ermächtigung, der noch nach Abgabe der Erklärung geführt werden kann, genügt die anwaltliche Versicherung des Verteidigers (BGH NStZ-RR 2010, 55; NStZ-RR 2005, 211, 212; NStZ 2001, 104; BGH, Beschluss vom 13. September 2007 - 4 StR 394/07).
Bedenken gegen die Rechtswirksamkeit der Ermächtigung ergeben sich nicht deshalb, weil die Steuerungsfähigkeit des Beschuldigten nach den Urteilsfeststellungen im Tatzeitpunkt nicht sicher ausschließbar vollständig aufgehoben war (UA S. 14). Eine wirksame Ermächtigung setzt lediglich voraus, dass der Ermächtigende bei Abgabe seiner Erklärung verhandlungsfähig im Sinne des Strafverfahrensrechts und in der Lage ist, die Bedeutung von Prozesserklärungen zu erkennen (BGH NStZ 83, 280). Weder die Urteilsgründe noch das Hauptverhandlungsprotokoll ergeben einen Hinweis darauf , dass der Beschuldigte verhandlungsunfähig war. Er hat aktiv an der Verhandlung mitgewirkt und sich zum Tatvorwurf eingelassen. Hatte das Tatgericht - wie hier - keine Zweifel an der Verhandlungsfähigkeit des Angeklagten, so kann diese grundsätzlich auch vom Revisionsgericht bejaht werden (Senat NStZ-RR 2002, 101 f.; BGH NStZ 1984, 181; NStZ 1996, 297). Hinzu kommt, dass die Einsichtsfähigkeit des Beschuldigten ausweislich der Urteilsfeststellungen zum Tatzeitpunkt weder erheblich vermindert noch aufgehoben war, und der Beschuldigte trotz seiner wahnhaften Erkrankung moralische Normen und Werte nennen und begründen konnte (UA S. 13). Anhaltspunkte dafür, dass sich nach der Hauptverhandlung Änderungen im psychischen Zustand des Beschuldigten ergeben haben, die eine abweichende Beurteilung rechtfertigen könnten , liegen nicht vor. Die am 5. März 2012 beim Landgericht Oldenburg eingegangene und als Widerruf anzusehende Erklärung des Beschuldigten, wonach er mit seinem Verteidiger keine Absprache betreffend die Rücknahme der Revision getroffen habe und Rechtsanwalt V. keine 'Auftragsbestätigung hinsichtlich der Aufhebung der Revision' erhalte, vermag nicht zum Erlöschen der dem Verteidiger erteilten Ermächtigung zu führen, weil sie nicht vor der Rücknahmeerklärung bei Gericht eingegangen ist (vgl. Meyer-Goßner StPO 54. Aufl. § 303 Rdnr. 35 mwN). 2. An die danach wirksame Rücknahme der Revision ist der Beschuldigte gebunden; sie ist unwiderruflich und unanfechtbar (BGH NStZ 1983, 280, 281). Der Wiedereinsetzungsantrag des Beschuldigten ist unzulässig. Das Revisionsverfahren ist durch die wirksame Rücknahme des Rechtsmittels abgeschlossen (BGH NStZ-RR 2010, 55; NStZ 2001, 104).
3. Im Übrigen wäre die Revision bei unterstellter Unwirksamkeit der Rücknahme unzulässig, weil sie entgegen § 344 StPO nicht begründet worden ist (vgl. BGHR StPO § 302 Abs. 2 Rücknahme 3). Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Revisionsbegründungsfrist lägen mangels formgerechtem Antrag (§§ 45 Abs. 2 Satz 2, 344 Abs. 1, 2 Satz 1, 345 Abs. 2 StPO) nicht vor."
3
Dem schließt sich der Senat an.
Becker Pfister Hubert Mayer Spaniol

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 380/16
vom
24. August 2016
in der Strafsache
gegen
wegen Mordes u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:240816B1STR380.16.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 24. August 2016 beschlossen :
1. Der Beschluss des Landgerichts Aschaffenburg vom 2. Juni 2016, mit dem die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Aschaffenburg vom 12. Mai 2016 als unzulässig verworfen worden ist, wird aufgehoben. 2. Die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wird gemäß § 349 Abs. 1 StPO auf seine Kosten als unzulässig verworfen.

Gründe:

1
Die Revision des Angeklagten ist unzulässig.
2
Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift hierzu ausgeführt: "Der Angeklagte hat die von seinem Verteidiger eingelegte Revision wirksam zurückgenommen. Die erneute Einlegung der Revision ist daher unzulässig. Der Verteidiger des Angeklagten hat mit Schriftsatz vom 18. Mai 2016 Revision eingelegt. Der Angeklagte hat mit Schreiben vom 19. Mai 2016 (Bl. 2060 Bd. X d.A.), welches am 25. Mai 2016 beim Landgericht Aschaffenburg eingegangen ist, die Rücknahme der Revision erklärt. Mit Schreiben vom 22. Mai 2016 (Bl. 2065 Bd. X d.A.), eingegangen beim Landgericht Aschaffenburg am 27. Mai 2016, hat er erneut Revision eingelegt. Die Rücknahmeerklärung ('… hiermit ziehe ich den Revisionsantrag zu- rück und nehme die Strafe vom 12.05.16 an.') ist inhaltlich eindeutig. Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte - wie von ihm im Schreiben vom 15. Juni 2016 (Bl. 2087 Bd. X d.A.) behauptet - tatsächlich bedingt durch die Einnahme von Medikamenten 'geschäftsunfähig' und 'unzurechnungsfähig' war sowie 'neben sich stand' und dadurch die Bedeutung seiner Erklärung nicht erkannt haben könnte, sind nicht ersichtlich. Denn es ist für die Wirksamkeit einer Revisionsrücknahme im Hinblick auf den psychischen Zustand ausreichend, dass der Erklärende sich bei Abgabe der Erklärung in einem Zustand geistiger Freiheit und Klarheit befindet, der ihn in die Lage versetzt, die Bedeutung der abgegebenen Erklärung zu erkennen, was sogar durch Geschäftsunfähigkeit oder Schuldfähigkeit nicht notwendig ausgeschlossen wird (BGH, Beschluss vom 19. September 1996 - 1 StR 487/96). Vielmehr sprechen die handschriftliche Abfassung der Rücknahmeerklärung vom 19. Mai 2016 sowie deren gewählte Formulierung dafür, dass der Angeklagte die Bedeutung und die Tragweite seiner Rücknahme zutreffend erfasst hat. Soweit die Rücknahme der Revision auf einem Motivirrtum des Angeklagten beruhen sollte, ist ein solcher Irrtum ohne Einfluss auf die Wirksamkeit des Rechtsmittelverzichts (BGH, Beschluss vom 31. Mai 2005 - 1 StR 158/05 mwN). Umstände, die auf die Erforderlichkeit weiterer Aufklärung im Freibeweisverfahren hindeuten, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Sofern man in dem Schreiben des Angeklagten vom 22. Mai 2016, welches am 27. Mai 2016 beim Landgericht Aschaffenburg eingegangen ist, einen Widerruf der zuvor erklärten Rechtsmittelrücknahme erblicken mag, ist dieser unwirksam, da dieser nicht spätestens zeitgleich mit der Rechtsmittelrücknahme am 25. Mai 2016 eingegangen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Dezember 1996 - 1 StR 620/96). An diese Rücknahme ist der Angeklagte gebunden. Denn eine wirksame Rücknahmeerklärung ist grundsätzlich unwiderruflich und unanfechtbar (st. Rspr. vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 15. April 2015 - 1 StR 112/15). Die Unzulässigkeit der Revision infolge wirksam erklärter Revisionsrücknahme kann allerdings nur das Revisionsgericht feststellen (§ 349 Abs. 1 StPO). Für eine Entscheidung des Tatrichters nach § 346 Abs. 1 StPO ist daneben kein Raum. Die Frage der Rechtzeitigkeit der eingelegten Revision stellt sich bei einer zuvor wirksam erklärten Rechtsmittelrücknahme nicht mehr. Der Beschluss des Landgerichts, durch den die - erneut eingelegte - Revision des Angeklagten wegen verspäteter Einlegung als unzulässig verworfen worden ist, ist daher aufzuheben. Einer im Tenor zum Ausdruck kommenden deklaratorischen Feststellung, dass die mit Schriftsatz des Verteidigers vom 18. Mai 2016 eingelegte Revision wirksam zurückgenommen worden ist, bedarf es nicht (BGH, Beschluss vom 23. November 2005 - 1 StR 436/05)."
3
Dem schließt sich der Senat an.
4
Im Übrigen hätte das Rechtsmittel des Angeklagten auch in der Sache keinen Erfolg. Raum Graf Jäger Cirener Mosbacher

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 558/16
vom
6. Dezember 2016
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer räuberischer Erpressung u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:061216B4STR558.16.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 6. Dezember 2016 beschlossen :
Es wird festgestellt, dass die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Mühlhausen vom 19. September 2016 wirksam zurückgenommen ist.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


I.


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit räuberischem Angriff auf einen Kraftfahrer und gefährlicher Körperverletzung sowie in einem weiteren Fall in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt und eine Adhäsionsentscheidung getroffen. Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte durch seinen Pflichtverteidiger form- und fristgerecht Revision eingelegt. Mit Schriftsatz vom 7. Oktober 2016, beim Landgericht eingegangen am selben Tag, hat der Verteidiger erklärt, er nehme die Revision „namens und im Auftrag des Angeklagten“ zurück. In einem selbst verfassten, undatierten Schreiben, das am 14. Oktober 2016 beim Landgericht eingegangen ist, hat der Angeklagte unter Bezugnahme auf das Schreiben seines Verteidigers vom 7. Oktober 2016 vorgetragen , er nehme die Revision nicht zurück, habe seinen Verteidiger mit der Revisionsrücknahme auch nicht beauftragt oder einer solchen Rücknahme zugestimmt.
2
Auf Anfrage des Landgerichts hat der Verteidiger mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2016 anwaltlich versichert, er sei mit dem Angeklagten im Rahmen einer Besprechung am 28. September 2016 mündlich übereingekommen, die Revision zurückzunehmen. Der Angeklagte habe ihn hierbei gebeten, mit der Rücknahme noch mindestens eine Woche zu warten. Daraufhin habe er mit Schriftsatz vom 7. Oktober 2016 die Revisionsrücknahme erklärt.
3
Mit Schriftsatz vom 24. November 2016 hat der Verteidiger das Rechtsmittel vorsorglich begründet.

II.


4
Die am 26. September 2016 eingelegte Revision ist wirksam zurückgenommen (§ 302 Abs. 1 StPO).
5
1. Der Verteidiger war zur Rechtsmittelrücknahme ermächtigt. Im Zeitpunkt der Abgabe der Rücknahmeerklärung lag die gemäß § 302 Abs. 2 StPO erforderliche ausdrückliche Ermächtigung des Angeklagten vor. Für diese ist keine bestimmte Form vorgeschrieben; sie kann auch mündlich erteilt werden. Für ihren Nachweis genügt die anwaltliche Versicherung des Verteidigers (vgl. BGH, Beschluss vom 15. April 2015 – 1 StR 112/15, NStZ-RR 2016, 24 f.; Beschluss vom 10. Februar 2005 – 3 StR 12/05, NStZ-RR 2005, 583; SSWStPO /Hoch, 2. Aufl., § 302 Rn. 18 f.). Der Verteidiger hat mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2016 im Einzelnen dargelegt, unter welchen Umständen die Ermächtigung zur Rechtsmittelrücknahme als Ergebnis einer Besprechung mit dem Angeklagten in der Justizvollzugsanstalt am 28. September 2016 zustande kam und die Richtigkeit seines Vortrags anwaltlich versichert. Der Senat hat keinen Anlass, an diesen Angaben zu zweifeln, die vor dem Hintergrund des Verfahrensgangs ein schlüssiges Bild ergeben.
6
2. Der Angeklagte hat die dem Verteidiger erteilte Ermächtigung auch nicht wirksam widerrufen. Ein Widerruf der Ermächtigung zur Revisionsrücknahme ist nur zulässig, solange die Rücknahmeerklärung noch nicht bei Gericht eingegangen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 8. März 2005 – 4 StR 573/04, NStZ-RR 2005, 211). Das vom Angeklagten selbstverfasste, undatierte Schreiben ging dem Landgericht jedoch erst am 14. Oktober 2016 und damit nach Eingang der Rücknahmeerklärung zu.
7
3. An die danach wirksame Revisionsrücknahme ist der Angeklagte gebunden. Diese ist grundsätzlich unwiderruflich und unanfechtbar (vgl. BGH, Beschluss vom 15. April 2015 – 1 StR 112/15, aaO). Durch sein beim Landgericht am 14. Oktober 2016 eingegangenes Schreiben konnte die Revisionsrücknahme daher nicht widerrufen oder sonst zurückgenommen werden.
8
4. Ob dem vorerwähnten Schreiben des Angeklagten eine erneute Revisionseinlegung zu entnehmen ist, kann dahinstehen. Da die Revisionsrücknahme einen Verzicht auf die Revisionseinlegung enthält, wäre eine danach erneut eingelegte Revision grundsätzlich unzulässig (vgl. BGH, Beschlüsse vom 15. April 2015 – 1 StR 112/15, aaO; vom 3. Mai 1957 – 5 StR 52/57, BGHSt 10, 245, 247; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Aufl., § 302 Rn. 12 mwN).

III.


9
Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO (vgl. BGH, Beschluss vom 30. November 1999 – 4 StR 549/99).
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Bender Quentin

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 S t R 1 1 2 / 1 5
vom
15. April 2015
in der Strafsache
gegen
wegen Diebstahls
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. April 2015 beschlossen:
1. Der Beschluss des Landgerichts München I vom 10. November 2014, durch den die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 16. Mai 2013 als unzulässig verworfen worden ist, wird aufgehoben. 2. Es wird festgestellt, dass die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wirksam zurückgenommen ist.

Gründe:

I.

1
Der Angeklagte wurde am 16. Mai 2013 vom Landgericht München I wegen Diebstahls und anderem zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und drei Monaten verurteilt. Gegen das Urteil hat der Angeklagte zu Protokoll der Geschäftsstelle am 22. Mai 2013 Revision eingelegt; dem Verteidiger des Angeklagten wurde das landgerichtliche Urteil am 26. Juni 2013 zugestellt. Mit Schreiben vom 26. Juli 2013 erklärte der Verteidiger, er nehme nach Rücksprache mit seinem Mandanten namens und in dessen Auftrag die von diesem eingelegte Revision zurück.
2
Mit Beschluss vom 30. Juli 2013 legte das Landgericht dem Angeklagten die Kosten der von ihm eingelegten und wieder zurückgenommenen Revision auf.
3
Mit Schreiben vom 28. Mai 2014 ersuchte der Angeklagte um Übersendung einer Ablichtung der Verfügung des Vorsitzenden Richters über die von ihm angeordneten Urteilszustellungen, weil er diese zur Einlegung des zulässigen Rechtsmittels benötige.
4
Mit Schreiben vom 4. Juli 2014 erhob der Angeklagte gegen das Urteil vom 16. Mai 2013 „Nichtzulassungsbeschwerde wegen eines absoluten Revisionsgrunds“ und beantragte insbesondere, die Revision gegen das Urteil vom 16. Mai 2013 zuzulassen und den Beschluss des Landgerichts vom 30. Juli 2013 aufzuheben. Er erhob die allgemeine Sachrüge und führte u.a. aus, dass das Urteil nur an seinen Verteidiger zugestellt worden sei und keine Unterschriften der Richter enthalte; dieser Umstand führe zwingend zur Urteilsaufhebung. Der Zustellungsmangel habe ihn an der Einlegung des zulässigen Rechtsmittels gehindert. Außerdem sei der Beschluss über die Kostentragungspflicht unzulässig , weil die von ihm eingelegte Revision von ihm selbst nicht zurückgenommen worden sei.
5
Die „Nichtzulassungsbeschwerde“ des Angeklagtenhat das Landgericht als erneute Revision gegen das Urteil vom 16. Mai 2013 ausgelegt und mit Beschluss vom 10. November 2014 als unzulässig verworfen. Die vom Angeklagten am 22. Mai 2013 eingelegte Revision sei durch den Verteidiger wirksam zurückgenommen worden; die Rücknahme enthalte einen Verzicht auf die Wiederholung des Rechtsmittels. Jedenfalls aber sei die Frist zur Begründung der Revision versäumt und die Form nicht gewahrt worden.
6
Diese Entscheidung wurde dem Verteidiger des Angeklagten am 2. Dezember 2014 zugestellt. Mit einem am 1. Dezember 2014 eingegangenen Schreiben vom 26. November 2014 legte der Angeklagte gegen den Beschluss vom 10. November 2014 Rechtsmittel ein und führte „ergänzend“ zu seiner „Rechtsmittelschrift vom 4. Juli 2014“aus, er habe seinem Verteidiger zu keinem Zeitpunkt eine Rücknahmeermächtigung erteilt; er sei in seiner Entscheidung , Rechtsmittel einzulegen, frei.
7
Mit Schreiben vom 23. März 2015 beantragte der Angeklagte, seinem Verteidiger aufzugeben, die schriftliche Rechtsmittelverzichtserklärung vorzulegen.

II.

8
Die Anträge des Angeklagten haben keinen Erfolg.
9
1. Die am 22. Mai 2013 eingelegte Revision ist wirksam gemäß § 302 Abs. 1 StPO zurückgenommen.
10
Der Verteidiger hatte im Zeitpunkt der Abgabe der Rücknahmeerklärung die gemäß § 302 Abs. 2 StPO erforderliche ausdrückliche Ermächtigung des Angeklagten. Für diese Ermächtigung ist keine bestimmte Form vorgeschrieben. Sie kann auch mündlich erteilt werden. Für ihren Nachweis genügt die anwaltliche Versicherung des Verteidigers (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 302 Rn. 33). Eine solche anwaltliche Versicherung des Verteidigers liegt in seiner Erklärung vom 26. Juli 2013, er nehme die Revision nach Rücksprache mit seinem Mandanten namens und in dessen Auftrag zurück.
11
An diese Rücknahme ist der Angeklagte gebunden. Denn eine wirksame Rücknahmeerklärung ist grundsätzlich unwiderruflich und unanfechtbar (st. Rspr. vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 29. Juli 2014 – 5 StR 314/14).
12
Da vom Angeklagten die Wirksamkeit der Revisionsrücknahme in Zweifel gezogen wurde, ist es nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Sache des Revisionsgerichts, hierüber eine deklaratorische Feststellung zu treffen (vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 14. Oktober 2014 – 3 StR 421/14).
13
2. Die Befugnis des Tatrichters, eine Revision als unzulässig zu verwerfen , ist auf diejenigen Fälle beschränkt, in denen ein Beschwerdeführer die für die Einlegung und Begründung des Rechtsmittels vorgeschriebenen Formen oder Fristen nicht gewahrt hat (vgl. § 346 Abs. 1 StPO). Soweit die Revision dagegen aus einem anderen Grund als unzulässig zu verwerfen oder die Wirksamkeit der Rechtsmittelrücknahme festzustellen ist, steht die Befugnis hierzu allein dem Revisionsgericht zu. Das gilt auch dann, wenn ein solcher Grund mit Mängeln der Form- oder Fristeinhaltung zusammentrifft (vgl. MeyerGoßner /Schmitt aaO § 346 Rn. 2 mwN). Der Beschluss des Landgerichts vom 10. November 2014, mit dem die Revision gemäß § 346 Abs. 1 StPO als unzulässig verworfen worden ist, war daher aufzuheben.
14
3. Selbst wenn man davon ausginge, der Angeklagte hätte erneut Revision eingelegt, hätte diese keinen Erfolg. Einer erneut eingelegten Revision steht die zuvor erklärte Rechtsmittelrücknahme entgegen (vgl. MeyerGoßner /Schmitt aaO § 302 Rn. 12). Die Revision richtet sich dann gegen ein rechtskräftiges Urteil und ist folglich unzulässig. VRiBGH Dr. Raum ist wegen Urlaubsabwesenheit an der Unterschriftsleistung gehindert. Rothfuß Rothfuß Jäger Radtke Fischer

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Ist die Revision verspätet eingelegt oder sind die Revisionsanträge nicht rechtzeitig oder nicht in der in § 345 Abs. 2 vorgeschriebenen Form angebracht worden, so hat das Gericht, dessen Urteil angefochten wird, das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig zu verwerfen.

(2) Der Beschwerdeführer kann binnen einer Woche nach Zustellung des Beschlusses auf die Entscheidung des Revisionsgerichts antragen. In diesem Falle sind die Akten an das Revisionsgericht einzusenden; die Vollstreckung des Urteils wird jedoch hierdurch nicht gehemmt. Die Vorschrift des § 35a gilt entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 436/05
vom
23. November 2005
in dem Sicherungsverfahren
gegen
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. November 2005 beschlossen
:
1. Der Beschluss des Landgerichts Landshut vom 10. August
2005, mit dem die Revision des Beschuldigten gegen das Urteil
des Landgerichts Landshut vom 17. März 2005 als unzulässig
verworfen worden ist, wird aufgehoben.
2. Die Revision des Beschuldigten gegen das vorbezeichnete Urteil
wird als unzulässig verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu
tragen.

Gründe:

Die Revision ist schon deshalb unzulässig, weil der Beschuldigte mit seinem Schreiben vom 16. Juli 2005 die Revision wirksam zurückgenommen hat. Die Rücknahmeerklärung ist inhaltlich eindeutig. Anhaltspunkte dafür, dass der Beschuldigte die Bedeutung seiner Erklärung nicht erkannt haben könnte, sind nicht ersichtlich. Die Rücknahme ist unwiderruflich und führt zum Verlust des Rechtsmittels. Die Unzulässigkeit der Revision infolge wirksam erklärter Revisionsrücknahme kann allerdings nur das Revisionsgericht feststellen (§ 349 Abs. 1 StPO). Für eine Entscheidung des Tatrichters nach § 346 Abs. 1 StPO ist daneben kein Raum. Die Frage der Rechtzeitigkeit der eingelegten Revision stellt sich bei einer zuvor wirksam erklärten Rechtsmittelrücknahme nicht mehr.
Der Beschluss des Landgerichts, durch den die Revision des Beschuldigten wegen verspäteter Einlegung als unzulässig verworfen worden ist, ist daher aufzuheben (st. Rspr.; vgl. u. a. BGH NStZ-RR 2004, 50; BGH, Beschluss vom 17. Dezember 2003 - 1 StR 424/03). Wahl Schluckebier Kolz Hebenstreit Elf

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 S t R 1 1 2 / 1 5
vom
15. April 2015
in der Strafsache
gegen
wegen Diebstahls
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. April 2015 beschlossen:
1. Der Beschluss des Landgerichts München I vom 10. November 2014, durch den die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 16. Mai 2013 als unzulässig verworfen worden ist, wird aufgehoben. 2. Es wird festgestellt, dass die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wirksam zurückgenommen ist.

Gründe:

I.

1
Der Angeklagte wurde am 16. Mai 2013 vom Landgericht München I wegen Diebstahls und anderem zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und drei Monaten verurteilt. Gegen das Urteil hat der Angeklagte zu Protokoll der Geschäftsstelle am 22. Mai 2013 Revision eingelegt; dem Verteidiger des Angeklagten wurde das landgerichtliche Urteil am 26. Juni 2013 zugestellt. Mit Schreiben vom 26. Juli 2013 erklärte der Verteidiger, er nehme nach Rücksprache mit seinem Mandanten namens und in dessen Auftrag die von diesem eingelegte Revision zurück.
2
Mit Beschluss vom 30. Juli 2013 legte das Landgericht dem Angeklagten die Kosten der von ihm eingelegten und wieder zurückgenommenen Revision auf.
3
Mit Schreiben vom 28. Mai 2014 ersuchte der Angeklagte um Übersendung einer Ablichtung der Verfügung des Vorsitzenden Richters über die von ihm angeordneten Urteilszustellungen, weil er diese zur Einlegung des zulässigen Rechtsmittels benötige.
4
Mit Schreiben vom 4. Juli 2014 erhob der Angeklagte gegen das Urteil vom 16. Mai 2013 „Nichtzulassungsbeschwerde wegen eines absoluten Revisionsgrunds“ und beantragte insbesondere, die Revision gegen das Urteil vom 16. Mai 2013 zuzulassen und den Beschluss des Landgerichts vom 30. Juli 2013 aufzuheben. Er erhob die allgemeine Sachrüge und führte u.a. aus, dass das Urteil nur an seinen Verteidiger zugestellt worden sei und keine Unterschriften der Richter enthalte; dieser Umstand führe zwingend zur Urteilsaufhebung. Der Zustellungsmangel habe ihn an der Einlegung des zulässigen Rechtsmittels gehindert. Außerdem sei der Beschluss über die Kostentragungspflicht unzulässig , weil die von ihm eingelegte Revision von ihm selbst nicht zurückgenommen worden sei.
5
Die „Nichtzulassungsbeschwerde“ des Angeklagtenhat das Landgericht als erneute Revision gegen das Urteil vom 16. Mai 2013 ausgelegt und mit Beschluss vom 10. November 2014 als unzulässig verworfen. Die vom Angeklagten am 22. Mai 2013 eingelegte Revision sei durch den Verteidiger wirksam zurückgenommen worden; die Rücknahme enthalte einen Verzicht auf die Wiederholung des Rechtsmittels. Jedenfalls aber sei die Frist zur Begründung der Revision versäumt und die Form nicht gewahrt worden.
6
Diese Entscheidung wurde dem Verteidiger des Angeklagten am 2. Dezember 2014 zugestellt. Mit einem am 1. Dezember 2014 eingegangenen Schreiben vom 26. November 2014 legte der Angeklagte gegen den Beschluss vom 10. November 2014 Rechtsmittel ein und führte „ergänzend“ zu seiner „Rechtsmittelschrift vom 4. Juli 2014“aus, er habe seinem Verteidiger zu keinem Zeitpunkt eine Rücknahmeermächtigung erteilt; er sei in seiner Entscheidung , Rechtsmittel einzulegen, frei.
7
Mit Schreiben vom 23. März 2015 beantragte der Angeklagte, seinem Verteidiger aufzugeben, die schriftliche Rechtsmittelverzichtserklärung vorzulegen.

II.

8
Die Anträge des Angeklagten haben keinen Erfolg.
9
1. Die am 22. Mai 2013 eingelegte Revision ist wirksam gemäß § 302 Abs. 1 StPO zurückgenommen.
10
Der Verteidiger hatte im Zeitpunkt der Abgabe der Rücknahmeerklärung die gemäß § 302 Abs. 2 StPO erforderliche ausdrückliche Ermächtigung des Angeklagten. Für diese Ermächtigung ist keine bestimmte Form vorgeschrieben. Sie kann auch mündlich erteilt werden. Für ihren Nachweis genügt die anwaltliche Versicherung des Verteidigers (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 302 Rn. 33). Eine solche anwaltliche Versicherung des Verteidigers liegt in seiner Erklärung vom 26. Juli 2013, er nehme die Revision nach Rücksprache mit seinem Mandanten namens und in dessen Auftrag zurück.
11
An diese Rücknahme ist der Angeklagte gebunden. Denn eine wirksame Rücknahmeerklärung ist grundsätzlich unwiderruflich und unanfechtbar (st. Rspr. vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 29. Juli 2014 – 5 StR 314/14).
12
Da vom Angeklagten die Wirksamkeit der Revisionsrücknahme in Zweifel gezogen wurde, ist es nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Sache des Revisionsgerichts, hierüber eine deklaratorische Feststellung zu treffen (vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 14. Oktober 2014 – 3 StR 421/14).
13
2. Die Befugnis des Tatrichters, eine Revision als unzulässig zu verwerfen , ist auf diejenigen Fälle beschränkt, in denen ein Beschwerdeführer die für die Einlegung und Begründung des Rechtsmittels vorgeschriebenen Formen oder Fristen nicht gewahrt hat (vgl. § 346 Abs. 1 StPO). Soweit die Revision dagegen aus einem anderen Grund als unzulässig zu verwerfen oder die Wirksamkeit der Rechtsmittelrücknahme festzustellen ist, steht die Befugnis hierzu allein dem Revisionsgericht zu. Das gilt auch dann, wenn ein solcher Grund mit Mängeln der Form- oder Fristeinhaltung zusammentrifft (vgl. MeyerGoßner /Schmitt aaO § 346 Rn. 2 mwN). Der Beschluss des Landgerichts vom 10. November 2014, mit dem die Revision gemäß § 346 Abs. 1 StPO als unzulässig verworfen worden ist, war daher aufzuheben.
14
3. Selbst wenn man davon ausginge, der Angeklagte hätte erneut Revision eingelegt, hätte diese keinen Erfolg. Einer erneut eingelegten Revision steht die zuvor erklärte Rechtsmittelrücknahme entgegen (vgl. MeyerGoßner /Schmitt aaO § 302 Rn. 12). Die Revision richtet sich dann gegen ein rechtskräftiges Urteil und ist folglich unzulässig. VRiBGH Dr. Raum ist wegen Urlaubsabwesenheit an der Unterschriftsleistung gehindert. Rothfuß Rothfuß Jäger Radtke Fischer

(1) Über den Antrag entscheidet das Gericht, das bei rechtzeitiger Handlung zur Entscheidung in der Sache selbst berufen gewesen wäre.

(2) Die dem Antrag stattgebende Entscheidung unterliegt keiner Anfechtung.

(3) Gegen die den Antrag verwerfende Entscheidung ist sofortige Beschwerde zulässig.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 558/16
vom
6. Dezember 2016
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer räuberischer Erpressung u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:061216B4STR558.16.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 6. Dezember 2016 beschlossen :
Es wird festgestellt, dass die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Mühlhausen vom 19. September 2016 wirksam zurückgenommen ist.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


I.


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit räuberischem Angriff auf einen Kraftfahrer und gefährlicher Körperverletzung sowie in einem weiteren Fall in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt und eine Adhäsionsentscheidung getroffen. Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte durch seinen Pflichtverteidiger form- und fristgerecht Revision eingelegt. Mit Schriftsatz vom 7. Oktober 2016, beim Landgericht eingegangen am selben Tag, hat der Verteidiger erklärt, er nehme die Revision „namens und im Auftrag des Angeklagten“ zurück. In einem selbst verfassten, undatierten Schreiben, das am 14. Oktober 2016 beim Landgericht eingegangen ist, hat der Angeklagte unter Bezugnahme auf das Schreiben seines Verteidigers vom 7. Oktober 2016 vorgetragen , er nehme die Revision nicht zurück, habe seinen Verteidiger mit der Revisionsrücknahme auch nicht beauftragt oder einer solchen Rücknahme zugestimmt.
2
Auf Anfrage des Landgerichts hat der Verteidiger mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2016 anwaltlich versichert, er sei mit dem Angeklagten im Rahmen einer Besprechung am 28. September 2016 mündlich übereingekommen, die Revision zurückzunehmen. Der Angeklagte habe ihn hierbei gebeten, mit der Rücknahme noch mindestens eine Woche zu warten. Daraufhin habe er mit Schriftsatz vom 7. Oktober 2016 die Revisionsrücknahme erklärt.
3
Mit Schriftsatz vom 24. November 2016 hat der Verteidiger das Rechtsmittel vorsorglich begründet.

II.


4
Die am 26. September 2016 eingelegte Revision ist wirksam zurückgenommen (§ 302 Abs. 1 StPO).
5
1. Der Verteidiger war zur Rechtsmittelrücknahme ermächtigt. Im Zeitpunkt der Abgabe der Rücknahmeerklärung lag die gemäß § 302 Abs. 2 StPO erforderliche ausdrückliche Ermächtigung des Angeklagten vor. Für diese ist keine bestimmte Form vorgeschrieben; sie kann auch mündlich erteilt werden. Für ihren Nachweis genügt die anwaltliche Versicherung des Verteidigers (vgl. BGH, Beschluss vom 15. April 2015 – 1 StR 112/15, NStZ-RR 2016, 24 f.; Beschluss vom 10. Februar 2005 – 3 StR 12/05, NStZ-RR 2005, 583; SSWStPO /Hoch, 2. Aufl., § 302 Rn. 18 f.). Der Verteidiger hat mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2016 im Einzelnen dargelegt, unter welchen Umständen die Ermächtigung zur Rechtsmittelrücknahme als Ergebnis einer Besprechung mit dem Angeklagten in der Justizvollzugsanstalt am 28. September 2016 zustande kam und die Richtigkeit seines Vortrags anwaltlich versichert. Der Senat hat keinen Anlass, an diesen Angaben zu zweifeln, die vor dem Hintergrund des Verfahrensgangs ein schlüssiges Bild ergeben.
6
2. Der Angeklagte hat die dem Verteidiger erteilte Ermächtigung auch nicht wirksam widerrufen. Ein Widerruf der Ermächtigung zur Revisionsrücknahme ist nur zulässig, solange die Rücknahmeerklärung noch nicht bei Gericht eingegangen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 8. März 2005 – 4 StR 573/04, NStZ-RR 2005, 211). Das vom Angeklagten selbstverfasste, undatierte Schreiben ging dem Landgericht jedoch erst am 14. Oktober 2016 und damit nach Eingang der Rücknahmeerklärung zu.
7
3. An die danach wirksame Revisionsrücknahme ist der Angeklagte gebunden. Diese ist grundsätzlich unwiderruflich und unanfechtbar (vgl. BGH, Beschluss vom 15. April 2015 – 1 StR 112/15, aaO). Durch sein beim Landgericht am 14. Oktober 2016 eingegangenes Schreiben konnte die Revisionsrücknahme daher nicht widerrufen oder sonst zurückgenommen werden.
8
4. Ob dem vorerwähnten Schreiben des Angeklagten eine erneute Revisionseinlegung zu entnehmen ist, kann dahinstehen. Da die Revisionsrücknahme einen Verzicht auf die Revisionseinlegung enthält, wäre eine danach erneut eingelegte Revision grundsätzlich unzulässig (vgl. BGH, Beschlüsse vom 15. April 2015 – 1 StR 112/15, aaO; vom 3. Mai 1957 – 5 StR 52/57, BGHSt 10, 245, 247; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Aufl., § 302 Rn. 12 mwN).

III.


9
Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO (vgl. BGH, Beschluss vom 30. November 1999 – 4 StR 549/99).
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Bender Quentin

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 S t R 1 1 2 / 1 5
vom
15. April 2015
in der Strafsache
gegen
wegen Diebstahls
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. April 2015 beschlossen:
1. Der Beschluss des Landgerichts München I vom 10. November 2014, durch den die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 16. Mai 2013 als unzulässig verworfen worden ist, wird aufgehoben. 2. Es wird festgestellt, dass die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wirksam zurückgenommen ist.

Gründe:

I.

1
Der Angeklagte wurde am 16. Mai 2013 vom Landgericht München I wegen Diebstahls und anderem zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und drei Monaten verurteilt. Gegen das Urteil hat der Angeklagte zu Protokoll der Geschäftsstelle am 22. Mai 2013 Revision eingelegt; dem Verteidiger des Angeklagten wurde das landgerichtliche Urteil am 26. Juni 2013 zugestellt. Mit Schreiben vom 26. Juli 2013 erklärte der Verteidiger, er nehme nach Rücksprache mit seinem Mandanten namens und in dessen Auftrag die von diesem eingelegte Revision zurück.
2
Mit Beschluss vom 30. Juli 2013 legte das Landgericht dem Angeklagten die Kosten der von ihm eingelegten und wieder zurückgenommenen Revision auf.
3
Mit Schreiben vom 28. Mai 2014 ersuchte der Angeklagte um Übersendung einer Ablichtung der Verfügung des Vorsitzenden Richters über die von ihm angeordneten Urteilszustellungen, weil er diese zur Einlegung des zulässigen Rechtsmittels benötige.
4
Mit Schreiben vom 4. Juli 2014 erhob der Angeklagte gegen das Urteil vom 16. Mai 2013 „Nichtzulassungsbeschwerde wegen eines absoluten Revisionsgrunds“ und beantragte insbesondere, die Revision gegen das Urteil vom 16. Mai 2013 zuzulassen und den Beschluss des Landgerichts vom 30. Juli 2013 aufzuheben. Er erhob die allgemeine Sachrüge und führte u.a. aus, dass das Urteil nur an seinen Verteidiger zugestellt worden sei und keine Unterschriften der Richter enthalte; dieser Umstand führe zwingend zur Urteilsaufhebung. Der Zustellungsmangel habe ihn an der Einlegung des zulässigen Rechtsmittels gehindert. Außerdem sei der Beschluss über die Kostentragungspflicht unzulässig , weil die von ihm eingelegte Revision von ihm selbst nicht zurückgenommen worden sei.
5
Die „Nichtzulassungsbeschwerde“ des Angeklagtenhat das Landgericht als erneute Revision gegen das Urteil vom 16. Mai 2013 ausgelegt und mit Beschluss vom 10. November 2014 als unzulässig verworfen. Die vom Angeklagten am 22. Mai 2013 eingelegte Revision sei durch den Verteidiger wirksam zurückgenommen worden; die Rücknahme enthalte einen Verzicht auf die Wiederholung des Rechtsmittels. Jedenfalls aber sei die Frist zur Begründung der Revision versäumt und die Form nicht gewahrt worden.
6
Diese Entscheidung wurde dem Verteidiger des Angeklagten am 2. Dezember 2014 zugestellt. Mit einem am 1. Dezember 2014 eingegangenen Schreiben vom 26. November 2014 legte der Angeklagte gegen den Beschluss vom 10. November 2014 Rechtsmittel ein und führte „ergänzend“ zu seiner „Rechtsmittelschrift vom 4. Juli 2014“aus, er habe seinem Verteidiger zu keinem Zeitpunkt eine Rücknahmeermächtigung erteilt; er sei in seiner Entscheidung , Rechtsmittel einzulegen, frei.
7
Mit Schreiben vom 23. März 2015 beantragte der Angeklagte, seinem Verteidiger aufzugeben, die schriftliche Rechtsmittelverzichtserklärung vorzulegen.

II.

8
Die Anträge des Angeklagten haben keinen Erfolg.
9
1. Die am 22. Mai 2013 eingelegte Revision ist wirksam gemäß § 302 Abs. 1 StPO zurückgenommen.
10
Der Verteidiger hatte im Zeitpunkt der Abgabe der Rücknahmeerklärung die gemäß § 302 Abs. 2 StPO erforderliche ausdrückliche Ermächtigung des Angeklagten. Für diese Ermächtigung ist keine bestimmte Form vorgeschrieben. Sie kann auch mündlich erteilt werden. Für ihren Nachweis genügt die anwaltliche Versicherung des Verteidigers (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 302 Rn. 33). Eine solche anwaltliche Versicherung des Verteidigers liegt in seiner Erklärung vom 26. Juli 2013, er nehme die Revision nach Rücksprache mit seinem Mandanten namens und in dessen Auftrag zurück.
11
An diese Rücknahme ist der Angeklagte gebunden. Denn eine wirksame Rücknahmeerklärung ist grundsätzlich unwiderruflich und unanfechtbar (st. Rspr. vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 29. Juli 2014 – 5 StR 314/14).
12
Da vom Angeklagten die Wirksamkeit der Revisionsrücknahme in Zweifel gezogen wurde, ist es nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Sache des Revisionsgerichts, hierüber eine deklaratorische Feststellung zu treffen (vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 14. Oktober 2014 – 3 StR 421/14).
13
2. Die Befugnis des Tatrichters, eine Revision als unzulässig zu verwerfen , ist auf diejenigen Fälle beschränkt, in denen ein Beschwerdeführer die für die Einlegung und Begründung des Rechtsmittels vorgeschriebenen Formen oder Fristen nicht gewahrt hat (vgl. § 346 Abs. 1 StPO). Soweit die Revision dagegen aus einem anderen Grund als unzulässig zu verwerfen oder die Wirksamkeit der Rechtsmittelrücknahme festzustellen ist, steht die Befugnis hierzu allein dem Revisionsgericht zu. Das gilt auch dann, wenn ein solcher Grund mit Mängeln der Form- oder Fristeinhaltung zusammentrifft (vgl. MeyerGoßner /Schmitt aaO § 346 Rn. 2 mwN). Der Beschluss des Landgerichts vom 10. November 2014, mit dem die Revision gemäß § 346 Abs. 1 StPO als unzulässig verworfen worden ist, war daher aufzuheben.
14
3. Selbst wenn man davon ausginge, der Angeklagte hätte erneut Revision eingelegt, hätte diese keinen Erfolg. Einer erneut eingelegten Revision steht die zuvor erklärte Rechtsmittelrücknahme entgegen (vgl. MeyerGoßner /Schmitt aaO § 302 Rn. 12). Die Revision richtet sich dann gegen ein rechtskräftiges Urteil und ist folglich unzulässig. VRiBGH Dr. Raum ist wegen Urlaubsabwesenheit an der Unterschriftsleistung gehindert. Rothfuß Rothfuß Jäger Radtke Fischer

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 190/12
vom
19. Juni 2012
in dem Sicherungsverfahren
gegen
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 19. Juni 2012

beschlossen:
Es wird festgestellt, dass die Revision des Beschuldigten gegen das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 13. Dezember 2011 wirksam zurückgenommen ist.
Der Antrag des Beschuldigten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat gegen den Beschuldigten die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Die vom Verteidiger rechtzeitig eingelegte Revision hat dieser mit Schriftsatz vom 23. Februar 2012 zurückgenommen. Hiergegen hat sich der Beschuldigte mit Schreiben vom 28. Februar 2012 gewandt und vorgetragen, er habe "die Revision nicht … einstellen lassen und auch nicht über den Pflichtverteidiger" …, weil er "mit ihm diesbezüglich keine Absprachen getroffen habe". Außerdem bitte er "um Wiedereinsetzung in den alten Stand, d.h. Unterbringung gemäß § 126a StPO". Der Verteidiger hat mit Schriftsatz vom 14. März 2012 erklärt, dass er bei dem letzten Gespräch mit dem Beschuldigten "aufgrund der Diskussion über die Erfolgsaussichten der Revision und der daraufhin von Herrn S. getätigten Aussagen unmissverständlich davon ausgehen" musste, dass "die Revision nicht durchgeführt werden soll".
2
Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift Folgendes ausgeführt : "Wird die Wirksamkeit einer Rechtsmittelrücknahme von einem Verfahrensbeteiligten bestritten, ist in der Regel eine feststellende Klärung durch förmliche Entscheidung des Rechtsmittelgerichts angezeigt (BGH NStZ 2001, 104; BGHR StPO § 302 Abs. 1 Satz 1 Rechtsmittelverzicht 8). Diese führt hier zur deklaratorischen Feststellung, dass die Revision des Beschuldigten vom 16. Dezember 2011 am 23. Februar 2012 durch seinen Verteidiger, Rechtsanwalt V. , wirksam zurückgenommen wurde. 1. Der Verteidiger war zur Rechtsmittelrücknahme wirksam ermächtigt. Dies ergibt sich schlüssig aus seinem Vortrag mit Schriftsatz vom 14. März 2012 (Bl. 97, Band II d. A.). Danach musste der Verteidiger unmissverständlich nach einer Diskussion der Erfolgsaussichten davon ausgehen, dass die Revision nicht durchgeführt werden soll. Zweifel an der Darstellung des Verteidigers bestehen nicht und ergeben sich auch nicht daraus, dass sich der Beschuldigte von der Revisionsrücknahme überrascht zeigt und eine Ermächtigung in Abrede stellt. Für die gemäß § 302 Abs. 2 StPO erforderliche ausdrückliche Ermächtigung ist eine bestimmte Form nicht vorgeschrieben. Sie kann auch mündlich erfolgen und braucht nicht ausdrücklich erklärt zu werden (BGHR StPO § 302 Abs. 2 Rücknahme 6). Für den Nachweis der Ermächtigung, der noch nach Abgabe der Erklärung geführt werden kann, genügt die anwaltliche Versicherung des Verteidigers (BGH NStZ-RR 2010, 55; NStZ-RR 2005, 211, 212; NStZ 2001, 104; BGH, Beschluss vom 13. September 2007 - 4 StR 394/07).
Bedenken gegen die Rechtswirksamkeit der Ermächtigung ergeben sich nicht deshalb, weil die Steuerungsfähigkeit des Beschuldigten nach den Urteilsfeststellungen im Tatzeitpunkt nicht sicher ausschließbar vollständig aufgehoben war (UA S. 14). Eine wirksame Ermächtigung setzt lediglich voraus, dass der Ermächtigende bei Abgabe seiner Erklärung verhandlungsfähig im Sinne des Strafverfahrensrechts und in der Lage ist, die Bedeutung von Prozesserklärungen zu erkennen (BGH NStZ 83, 280). Weder die Urteilsgründe noch das Hauptverhandlungsprotokoll ergeben einen Hinweis darauf , dass der Beschuldigte verhandlungsunfähig war. Er hat aktiv an der Verhandlung mitgewirkt und sich zum Tatvorwurf eingelassen. Hatte das Tatgericht - wie hier - keine Zweifel an der Verhandlungsfähigkeit des Angeklagten, so kann diese grundsätzlich auch vom Revisionsgericht bejaht werden (Senat NStZ-RR 2002, 101 f.; BGH NStZ 1984, 181; NStZ 1996, 297). Hinzu kommt, dass die Einsichtsfähigkeit des Beschuldigten ausweislich der Urteilsfeststellungen zum Tatzeitpunkt weder erheblich vermindert noch aufgehoben war, und der Beschuldigte trotz seiner wahnhaften Erkrankung moralische Normen und Werte nennen und begründen konnte (UA S. 13). Anhaltspunkte dafür, dass sich nach der Hauptverhandlung Änderungen im psychischen Zustand des Beschuldigten ergeben haben, die eine abweichende Beurteilung rechtfertigen könnten , liegen nicht vor. Die am 5. März 2012 beim Landgericht Oldenburg eingegangene und als Widerruf anzusehende Erklärung des Beschuldigten, wonach er mit seinem Verteidiger keine Absprache betreffend die Rücknahme der Revision getroffen habe und Rechtsanwalt V. keine 'Auftragsbestätigung hinsichtlich der Aufhebung der Revision' erhalte, vermag nicht zum Erlöschen der dem Verteidiger erteilten Ermächtigung zu führen, weil sie nicht vor der Rücknahmeerklärung bei Gericht eingegangen ist (vgl. Meyer-Goßner StPO 54. Aufl. § 303 Rdnr. 35 mwN). 2. An die danach wirksame Rücknahme der Revision ist der Beschuldigte gebunden; sie ist unwiderruflich und unanfechtbar (BGH NStZ 1983, 280, 281). Der Wiedereinsetzungsantrag des Beschuldigten ist unzulässig. Das Revisionsverfahren ist durch die wirksame Rücknahme des Rechtsmittels abgeschlossen (BGH NStZ-RR 2010, 55; NStZ 2001, 104).
3. Im Übrigen wäre die Revision bei unterstellter Unwirksamkeit der Rücknahme unzulässig, weil sie entgegen § 344 StPO nicht begründet worden ist (vgl. BGHR StPO § 302 Abs. 2 Rücknahme 3). Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Revisionsbegründungsfrist lägen mangels formgerechtem Antrag (§§ 45 Abs. 2 Satz 2, 344 Abs. 1, 2 Satz 1, 345 Abs. 2 StPO) nicht vor."
3
Dem schließt sich der Senat an.
Becker Pfister Hubert Mayer Spaniol