Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Feb. 2019 - 3 StR 6/19

bei uns veröffentlicht am19.02.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 6/19
vom
19. Februar 2019
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer räuberischer Erpressung u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:190219B3STR6.19.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 19. Februar 2019 gemäß § 349 Abs. 1 StPO beschlossen:
1. Es wird festgestellt, dass die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hildesheim vom 13. August 2018 wirksam zurückgenommen worden ist.
2. Die mit Schreiben vom 4. Dezember 2018 erneut eingelegte Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wird als unzulässig verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung , wegen Diebstahls sowie wegen versuchten Diebstahls in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt sowie eine Einziehungsentscheidung getroffen. Gegen dieses Urteil hat die Verteidigerin des Angeklagten mit Schriftsatz vom 20. August 2018 fristgerecht Revision eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 1. November 2018 "mit ausdrücklicher Ermächtigung" des Angeklagten zurückgenommen. Mit Schreiben vom 4. Dezember 2018 hat der Angeklagte persönlich "gegen die Rücknahme und das […] Urteil […] Beschwerde" eingelegtund sinngemäß ausgeführt, er habe die Verteidigerin nicht zur Rücknahme des Rechtsmittels ermächtigt.
2
Der Angeklagte hat die Revision durch seine Verteidigerin wirksam zurückgenommen und ist deshalb des Rechtsmittels verlustig; seine erneut eingelegte Revision ist unzulässig. Der Generalbundesanwalt hat dazu in seiner Antragsschrift ausgeführt: "1. Die am 20. August 2018 eingelegte Revision ist wirksam gemäß § 302 Abs. 1 StPO zurückgenommen worden. Die Verteidigerin hatte im Zeitpunkt der Abgabe der Rücknahmeerklärung die gemäß § 302 Abs. 2 StPO erforderliche ausdrückliche Ermächtigung des Angeklagten. Für diese Ermächtigung ist keine bestimmte Form vorgeschrieben, sie kann auch mündlich erteilt werden. Für ihren Nachweis genügt die anwaltliche Versicherung des Verteidigers (BGH, Beschlüsse vom 6. Dezember 2016 - 4 StR 558/16, NStZ-RR 2017, 185 und vom 20. Februar 2017 - 1 StR 552/16, NStZ 2017, 487, 488). Die Verteidigerin hat mit Schreiben vom 20. Dezember 2018 dargelegt, unter welchen Umständen sie der Angeklagte unter anderem am 1. November 2018 über ihre Rechtsanwalts - und Notargehilfin zur Rechtsmittelrücknahme ermächtigt hatte. Dementsprechend habe sie noch am 1. November 2018 die Revision zurückgenommen und den Angeklagten hierüber mit Schreiben vom selben Tag informiert (Sachakte Band III, S. 29 f.). Es besteht kein Anlass, an der Richtigkeit dieser Angaben zu zweifeln, die vor dem Hintergrund des von der Verteidigerin beigebrachten Schreibens an den Mandanten vom 1. November 2018 (Sachakte Band III, S. 31) ein schlüssiges Bild ergeben (vgl. Senat, Beschluss vom 10. Februar 2005 - 3 StR 12/05, NStZ 2005, 583; BGH, Beschlüsse vom 6. Dezember 2016 - 4 StR 558/16, NStZ-RR 2017, 185 und vom 14. Mai 1992 - 1 StR 264/92, BGHR StPO § 302 Abs. 2 Rücknahme 6). 2. Der Angeklagte hat die der Verteidigerin erteilte Ermächtigung auch nicht wirksam widerrufen. Ein Widerruf der Ermächtigung zur Revisionsrücknahme ist nur zulässig, solange die Rücknahmeerklärung noch nicht bei Gericht eingegangen ist (BGH, Beschluss vom 6. Dezember 2016 - 4 StR 558/16, NStZ-RR 2017, 185, 186 und vom 8. Oktober 2015 - 2 StR 103/15, NStZ-RR 2016, 180). Das vom Angeklagten selbst verfasste Schreiben vom 4. Dezember 2018 ging dem Landgericht jedoch erst am 13. Dezember 2018 (Sachakte Band III, S. 21) und damit nach Eingang der Rücknahmeerklärung am 1. November 2018 (Sachakte Band III, S. 3) zu. 3. Da der Angeklagte durch das Schreiben vom 4. Dezember 2018 die Wirksamkeit der Revisionsrücknahme in Zweifel gezogen hat, ist die eingetretene Rechtsfolge durch deklaratorischen Beschluss festzustellen (Senat, Beschluss vom 14. Juni 2018 - 3 StR 61/18, NStZ-RR 2018, 290, 291).
4. Soweit das Schreiben des Angeklagten vom 4. Dezember 2018 als erneute Revisionseinlegung anzusehen ist, ist diese unzulässig und gemäß § 349 Abs. 1 StPO zu verwerfen. Die wirksame Rücknahmeerklärung führt zum Verlust des Rechtsmittels (Senat, aaO)."
3
Dem stimmt der Senat zu.
Schäfer Wimmer Tiemann Berg Hoch

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Feb. 2019 - 3 StR 6/19

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Feb. 2019 - 3 StR 6/19

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Feb. 2019 - 3 StR 6/19 zitiert 3 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 302 Zurücknahme und Verzicht


(1) Die Zurücknahme eines Rechtsmittels sowie der Verzicht auf die Einlegung eines Rechtsmittels können auch vor Ablauf der Frist zu seiner Einlegung wirksam erfolgen. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist ein Verzicht ausges

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Feb. 2019 - 3 StR 6/19 zitiert oder wird zitiert von 7 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Feb. 2019 - 3 StR 6/19 zitiert 4 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Juni 2018 - 3 StR 61/18

bei uns veröffentlicht am 14.06.2018

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 61/18 vom 14. Juni 2018 in der Strafsache gegen wegen gefährlicher Körperverletzung u.a. ECLI:DE:BGH:2018:140618B3STR61.18.0 Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und

Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Feb. 2017 - 1 StR 552/16

bei uns veröffentlicht am 20.02.2017

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 552/16 vom 20. Februar 2017 in der Strafsache gegen wegen Wohnungseinbruchdiebstahls u.a. ECLI:DE:BGH:2017:200217B1STR552.16.0 Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts un

Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Dez. 2016 - 4 StR 558/16

bei uns veröffentlicht am 06.12.2016

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 558/16 vom 6. Dezember 2016 in der Strafsache gegen wegen schwerer räuberischer Erpressung u.a. ECLI:DE:BGH:2016:061216B4STR558.16.0 Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwa

Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Okt. 2015 - 2 StR 103/15

bei uns veröffentlicht am 08.10.2015

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 2 S t R 1 0 3 / 1 5 vom 8. Oktober 2015 in der Strafsache gegen wegen gefährlicher Körperverletzung Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 8. Okt
3 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Feb. 2019 - 3 StR 6/19.

Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Mai 2019 - 2 StR 142/19

bei uns veröffentlicht am 07.05.2019

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 2 StR 142/19 vom 7. Mai 2019 in der Strafsache gegen wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes ECLI:DE:BGH:2019:070519B2STR142.19.0 Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanw

Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Juli 2019 - 2 StR 570/18

bei uns veröffentlicht am 02.07.2019

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 2 StR 570/18 vom 2. Juli 2019 in der Strafsache gegen wegen gefährlicher Körperverletzung ECLI:DE:BGH:2019:020719B2STR570.18.2 Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach

Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Juli 2019 - 4 StR 85/19

bei uns veröffentlicht am 17.07.2019

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 85/19 vom 17. Juli 2019 in der Strafsache gegen wegen Vergewaltigung u.a. ECLI:DE:BGH:2019:170719B4STR85.19.0 Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwer

Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Die Zurücknahme eines Rechtsmittels sowie der Verzicht auf die Einlegung eines Rechtsmittels können auch vor Ablauf der Frist zu seiner Einlegung wirksam erfolgen. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist ein Verzicht ausgeschlossen. Ein von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten eingelegtes Rechtsmittel kann ohne dessen Zustimmung nicht zurückgenommen werden.

(2) Der Verteidiger bedarf zur Zurücknahme einer ausdrücklichen Ermächtigung.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 558/16
vom
6. Dezember 2016
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer räuberischer Erpressung u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:061216B4STR558.16.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 6. Dezember 2016 beschlossen :
Es wird festgestellt, dass die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Mühlhausen vom 19. September 2016 wirksam zurückgenommen ist.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


I.


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit räuberischem Angriff auf einen Kraftfahrer und gefährlicher Körperverletzung sowie in einem weiteren Fall in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt und eine Adhäsionsentscheidung getroffen. Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte durch seinen Pflichtverteidiger form- und fristgerecht Revision eingelegt. Mit Schriftsatz vom 7. Oktober 2016, beim Landgericht eingegangen am selben Tag, hat der Verteidiger erklärt, er nehme die Revision „namens und im Auftrag des Angeklagten“ zurück. In einem selbst verfassten, undatierten Schreiben, das am 14. Oktober 2016 beim Landgericht eingegangen ist, hat der Angeklagte unter Bezugnahme auf das Schreiben seines Verteidigers vom 7. Oktober 2016 vorgetragen , er nehme die Revision nicht zurück, habe seinen Verteidiger mit der Revisionsrücknahme auch nicht beauftragt oder einer solchen Rücknahme zugestimmt.
2
Auf Anfrage des Landgerichts hat der Verteidiger mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2016 anwaltlich versichert, er sei mit dem Angeklagten im Rahmen einer Besprechung am 28. September 2016 mündlich übereingekommen, die Revision zurückzunehmen. Der Angeklagte habe ihn hierbei gebeten, mit der Rücknahme noch mindestens eine Woche zu warten. Daraufhin habe er mit Schriftsatz vom 7. Oktober 2016 die Revisionsrücknahme erklärt.
3
Mit Schriftsatz vom 24. November 2016 hat der Verteidiger das Rechtsmittel vorsorglich begründet.

II.


4
Die am 26. September 2016 eingelegte Revision ist wirksam zurückgenommen (§ 302 Abs. 1 StPO).
5
1. Der Verteidiger war zur Rechtsmittelrücknahme ermächtigt. Im Zeitpunkt der Abgabe der Rücknahmeerklärung lag die gemäß § 302 Abs. 2 StPO erforderliche ausdrückliche Ermächtigung des Angeklagten vor. Für diese ist keine bestimmte Form vorgeschrieben; sie kann auch mündlich erteilt werden. Für ihren Nachweis genügt die anwaltliche Versicherung des Verteidigers (vgl. BGH, Beschluss vom 15. April 2015 – 1 StR 112/15, NStZ-RR 2016, 24 f.; Beschluss vom 10. Februar 2005 – 3 StR 12/05, NStZ-RR 2005, 583; SSWStPO /Hoch, 2. Aufl., § 302 Rn. 18 f.). Der Verteidiger hat mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2016 im Einzelnen dargelegt, unter welchen Umständen die Ermächtigung zur Rechtsmittelrücknahme als Ergebnis einer Besprechung mit dem Angeklagten in der Justizvollzugsanstalt am 28. September 2016 zustande kam und die Richtigkeit seines Vortrags anwaltlich versichert. Der Senat hat keinen Anlass, an diesen Angaben zu zweifeln, die vor dem Hintergrund des Verfahrensgangs ein schlüssiges Bild ergeben.
6
2. Der Angeklagte hat die dem Verteidiger erteilte Ermächtigung auch nicht wirksam widerrufen. Ein Widerruf der Ermächtigung zur Revisionsrücknahme ist nur zulässig, solange die Rücknahmeerklärung noch nicht bei Gericht eingegangen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 8. März 2005 – 4 StR 573/04, NStZ-RR 2005, 211). Das vom Angeklagten selbstverfasste, undatierte Schreiben ging dem Landgericht jedoch erst am 14. Oktober 2016 und damit nach Eingang der Rücknahmeerklärung zu.
7
3. An die danach wirksame Revisionsrücknahme ist der Angeklagte gebunden. Diese ist grundsätzlich unwiderruflich und unanfechtbar (vgl. BGH, Beschluss vom 15. April 2015 – 1 StR 112/15, aaO). Durch sein beim Landgericht am 14. Oktober 2016 eingegangenes Schreiben konnte die Revisionsrücknahme daher nicht widerrufen oder sonst zurückgenommen werden.
8
4. Ob dem vorerwähnten Schreiben des Angeklagten eine erneute Revisionseinlegung zu entnehmen ist, kann dahinstehen. Da die Revisionsrücknahme einen Verzicht auf die Revisionseinlegung enthält, wäre eine danach erneut eingelegte Revision grundsätzlich unzulässig (vgl. BGH, Beschlüsse vom 15. April 2015 – 1 StR 112/15, aaO; vom 3. Mai 1957 – 5 StR 52/57, BGHSt 10, 245, 247; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Aufl., § 302 Rn. 12 mwN).

III.


9
Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO (vgl. BGH, Beschluss vom 30. November 1999 – 4 StR 549/99).
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Bender Quentin

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 552/16
vom
20. Februar 2017
in der Strafsache
gegen
wegen Wohnungseinbruchdiebstahls u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:200217B1STR552.16.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführerin am 20. Februar 2017 beschlossen :
1. Unter Aufhebung des Beschlusses des Landgerichts Stuttgart vom 28. September 2016 wird festgestellt, dass das Rechtsmittel der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 28. Juli 2016 wirksam zurückgenommen worden ist. 2. Unter Aufhebung des Beschlusses des Landgerichts Stuttgart vom 23. August 2016 betreffend die Verwerfung des Antrags der Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird der Antrag der Angeklagten auf Wiedereinsetzung in die Rechtsmitteleinlegungsfrist vom 22. August 2016 auf ihre Kosten als unzulässig verworfen.

Gründe:

I.


1
Die Angeklagte ist durch Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 28. Juli 2016 wegen Wohnungseinbruchdiebstahls in vier Fällen, Diebstahls in 14 Fällen , davon in einem Fall in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt worden, zudem ist ihre Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet worden.
2
Gegen dieses Urteil hat der Pflichtverteidiger der Angeklagten am 3. Au- gust 2016 fristgerecht „rechtswahrend“ Revision eingelegt. Am 8. August 2016 ist bei Gericht ein als „Einspruch“ bezeichnetes Schreiben der Angeklagten vom 4. August 2016 eingegangen, welches auf Überprüfung der vorläufigen Unterbringung gerichtet war. Mit am 9. August 2016 eingegangenem Schriftsatz hat der Pflichtverteidiger die Revision „namens und im Auftrag der Angeklagten“ zurückgenommen. Mit Beschluss vom 10. August 2016 hat das Landgericht der Angeklagten die Kosten der von ihr eingelegten und wieder zurückgenommenen Revision auferlegt.
3
Nachdem die Angeklagte über die Rechtskraft des Urteils informiert worden war, hat sich am 11. August 2016 ihre sozialpädagogische Betreuerin bei Gericht gemeldet und erklärt, dass die Angeklagte mit der Rechtskraft nicht einverstanden sei, sie habe nicht gewollt, dass die Revision zurückgenommen werde, sie habe aber eine weitere Tätigkeit dieses Verteidigers nicht gewünscht , weswegen sie auch selber Revision eingelegt habe. Der Verteidiger hat auf Nachfrage des Landgerichts hierzu erklärt, er habe die Angeklagte am 8. August 2016 besuchen wollen, telefonisch habe sie erklärt, ihn nicht sehen zu wollen, auf seine Ankündigung, die Revision zurückzunehmen, habe sie mit „ja“ geantwortet. Im Rahmen einer späteren Besprechung habe sie auf den Vorhalt, dass sie Weisung zur Rücknahme erklärt habe, ausgeführt, dass sie doch selbständig Einspruch gegen das Urteil eingelegt habe.
4
Unter anderem in einem am 18. August 2016 eingegangenen Schreiben der Angeklagten hat sie beantragt, ihren „rechtzeitig eingelegten Einspruch“ zu bearbeiten. Hierzu führt sie aus, den Einspruch vom „04.08.2016“ am „05.08.2016“ als Einschreiben versandt zu haben, so dass dieser am „07.08.2016 … rechtzeitig“ angekommen sei.
5
Der Pflichtverteidiger hat am 22. August 2016 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand für die Angeklagte beantragt. Diesen Antrag hat das Landgericht durch Beschluss vom 23. August 2016 als unzulässig verworfen, wobei es Zweifel an dem Vorliegen einer Ermächtigung des Verteidigers zur Rücknahme geäußert hat. Gegen diese Entscheidung hat die Angeklagte fristgerecht sofortige Beschwerde eingelegt. Dem Pflichtverteidiger ist das Urteil am 25. August 2016 zugestellt worden, worüber die Angeklagte eine Mitteilung mit Ausfertigung des Urteils nach § 145a Abs. 3 StPO erhalten hat. Mit Beschluss vom 28. September 2016 hat das Landgericht die Revision gemäß § 346 Abs. 1 StPO als unzulässig verworfen. Hiergegen wendet sich die Angeklagte mit ihrem Antrag auf Entscheidung des Revisionsgerichts nach § 346 Abs. 2 StPO.

II.


6
1. Der Antrag wurde fristgerecht gestellt und ist auch im Übrigen zulässig (zur erforderlichen Beschwer vgl. BGH, Beschluss vom 10. Februar 2005 – 3 StR 12/05, NStZ 2005, 583 mwN).
7
2. Der Antrag ist begründet.
8
a) Die Revision der Angeklagten wurde am 9. August 2016 durch ihren Verteidiger wirksam zurückgenommen, § 302 Abs. 1 StPO. Da dies in Zweifel steht, stellt der Senat die eingetretene Rechtsfolge durch deklaratorischen Beschluss fest (vgl. BGH, Beschlüsse vom 15. April 2015 – 1 StR 112/15, NStZRR 2016, 24 und vom 14. Oktober 2014 – 3 StR 421/14).
9
aa) Der Verteidiger war zur Rechtsmittelrücknahme ermächtigt. Im Zeitpunkt der Abgabe der Rücknahmeerklärung lag die gemäß § 302 Abs. 2 StPO erforderliche ausdrückliche Ermächtigung der Angeklagten vor. Für diese ist eine bestimmte Form nicht vorgeschrieben, so dass sie auch mündlich – und auch telefonisch – erteilt werden kann. Für ihren Nachweis genügt die anwaltliche Versicherung des Verteidigers (vgl. BGH, Beschlüsse vom 6. Dezember 2016 – 4 StR 558/16; vom 15. April 2015 – 1 StR 112/15, NStZ-RR 2016, 24 f. und vom 16. Dezember 1994 – 2 StR 461/94).
10
Eine solche anwaltliche Versicherung lag in seiner Erklärung vom 9. August 2016, er nehme die Revision namens und im Auftrag der Angeklagten zurück. Der Verteidiger hat im Einzelnen dargelegt, unter welchen Umständen ihn die Angeklagte bei dem Telefonat am 8. August 2016 ermächtigt hatte. Diese Angaben des Verteidigers ergeben ein schlüssiges Bild. Der Senat hat keinen Anlass, hieran zu zweifeln. Der Hergang wird auch von der Angeklagten nicht in Frage gestellt. Sie macht insoweit nur geltend, mit ihrer bejahenden Antwort auf die Frage des Verteidigers nach der Rücknahme etwas anderes bezweckt zu haben, nämlich dass dieser Verteidiger nicht mehr für sie tätig wird. Auch ihr Hinweis auf das vermeintlich fristgerecht von ihr selbst eingelegte Rechtsmittel belegt ihre Annahme, mit ihrem erklärten Willen zur Rücknahme nur das vom Anwalt eingelegte Rechtsmittel zu erfassen. Dies steht im Einklang mit dem auch in späteren Eingaben der Angeklagten zu Tage tretenden Begehren, über das von ihr eingelegte Rechtsmittel zu entscheiden.
11
bb) Auch die Verhandlungsfähigkeit der Angeklagten unterliegt keinen Zweifeln, so dass auch unter diesem Gesichtspunkt keine Bedenken gegen die Wirksamkeit der Ermächtigung zur Rücknahme bestehen. Dies stellt der Senat im Wege des Freibeweises auf Grundlage des Akteninhalts fest (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Oktober 2007 – 3 StR 368/07).
12
Ein Angeklagter muss bei Abgabe einer Rechtsmittelrücknahmeerklärung bzw. der Ermächtigung hierzu, in der Lage sein, seine Interessen vernünf- tig wahrzunehmen und bei hinreichender Freiheit der Willensentschließung und Willensbetätigung die Bedeutung seiner Erklärung zu erkennen. Dies wird – wie etwa § 415 Abs. 1 und 3 StPO für das Sicherungsverfahren gegen einen Schuldunfähigen belegt – allein durch eine Geschäfts- oder Schuldunfähigkeit des Angeklagten nicht notwendig ausgeschlossen. Vielmehr ist von einer Unwirksamkeit der Rücknahmeerklärung erst auszugehen, wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Rechtsmittelführer nicht dazu in der Lage war, die Bedeutung der von ihm abgegebenen Erklärung zu erfassen (BGH, Beschluss vom 15. Dezember 2015 – 4 StR 491/15, NStZ-RR 2016, 180; Meyer -Goßner/Schmitt, StPO, 59. Aufl., § 302 Rn. 8a). Verbleiben Zweifel an seiner prozessualen Handlungsfähigkeit, geht dies zu seinen Lasten (BGH, Beschlüsse vom 11. Oktober 2007 – 3 StR 368/07 mwN und vom 15. Dezember 2015 – 4 StR 491/15, NStZ-RR 2016, 180).
13
Nach diesem Maßstab hat der Senat keinen Zweifel daran, dass die Angeklagte bei Abgabe der Ermächtigung zur Rücknahmeerklärung verhandlungsund damit prozessual handlungsfähig war. Das sachverständig beratene Landgericht hat bei der Angeklagten zwar eine Schizophrenie festgestellt und die Voraussetzungen des § 21 StGB für gegeben erachtet, da die Steuerungsfähigkeit der Angeklagten zu den Tatzeiten erheblich vermindert gewesen sei. Für die Wirksamkeit der Rücknahmeerklärung ist dies jedoch für sich genommen ohne Belang (vgl. BGH, Beschlüsse vom 28. Juli 2004 – 2 StR 199/04, NStZRR 2004, 341 und vom 11. Oktober 2007 – 3 StR 368/07). Hierbei war zum einen zu berücksichtigen, dass Zweifel des Tatgerichts an der Verhandlungsfähigkeit der Angeklagten nicht ersichtlich sind, ausweislich der Urteilsfeststellungen die Symptome der Krankheit bei der Angeklagten durch die medikamentöse Behandlung deutlich zurückgegangen sind. Zudem ergibt sich weder aus dem Vorbringen der Angeklagten, noch aus den Erklärungen der Angeklagten gegenüber ihrem Verteidiger oder der sozialpädagogischen Betreuerin, dass sie in ihrer Freiheit der Willensentschließung und -betätigung beeinträchtigt gewesen war. Vielmehr belegen ihre Eingaben, dass die Angeklagte in der Lage ist, für ihre Interessen einzutreten und dabei die Bedeutungen ihrer Erklärungen zu erkennen. So hat sie sich immer wieder auf ihr Rechtsmittel vom 4. August 2016 bezogen und zutreffend geltend gemacht, dass sie als juristischer Laie keinen Überblick darüber haben könne, ob es Einspruch oder Revision heiße. Im Nachgang zu der Rücksprache der sozialpädagogischen Betreuerin bei Gericht am 11. August 2016 hat die Angeklagte dafür Sorge getragen, dass ihr unter dem Datum „04.08.2016“ verfasstes Schreiben per Fax an das Gericht geschickt wurde, um ihr Vorbringen einer eigenhändigen Rechtsmitteleinlegung zu untermauern. Sie hat persönlich sowohl gegen den Beschluss des Landgerichts vom 23. August 2016 fristgerecht Beschwerde eingelegt als auch gegen den Beschluss vom 28. September 2016 entsprechend der Rechtsmittelbeleh- rung noch am Tag des Erhalts des Beschlusses „Antrag zur Entscheidung beim Revisionsgericht“ gestellt.
14
Danach stellt sich ihr Irrtum über die Reichweite der Ermächtigung zur Rücknahme und die Rechtzeitigkeit des eigenhändig eingelegten Rechtsmittels als ein Irrtum dar, dem rechtliche Fehlvorstellungen zugrunde liegen, nicht aber eine auf die schizophrene Erkrankung zurückgehende Beeinträchtigung der Willensbildung oder -betätigung (vgl. auch BGH, Beschlüsse vom 15. Dezember 2015 – 4 StR 491/15, NStZ-RR 2016, 180 und vom 19. Juni 2012 – 3 StR 190/12, NStZ-RR 2012, 318). Ein Motivirrtum ist aber ohne Einfluss auf die Wirksamkeit der Ermächtigung (BGH, Beschluss vom 24. August 2016 – 1 StR 380/16).
15
b) Die Angeklagte hat die dem Verteidiger erteilte Ermächtigung auch nicht wirksam widerrufen. Dies wäre nur zulässig, solange die Rücknahmeerklärung noch nicht bei Gericht eingegangen ist (BGH, Beschluss vom 6. Dezember 2016 – 4 StR 558/16). Das von der Angeklagten selbstverfasste, als „Ein- spruch“ bezeichnete Schreiben ging zwar vor der Rücknahmeerklärung ein, jedoch lässt sich daraus ein Widerruf der zum Zeitpunkt der Abfassung des Schreibens noch gar nicht erteilten Ermächtigung nicht entnehmen. An die danach wirksame Revisionsrücknahme ist die Angeklagte gebunden, die Rücknahme ist grundsätzlich unwiderruflich und unanfechtbar (BGH, Beschlüsse vom 6. Dezember 2016 – 4 StR 558/16 und vom 15. April 2015 – 1 StR 112/15, NStZ-RR 2016, 24). Durch die am 11. August 2016 erfolgte Rücksprache der sozialpädagogischen Betreuerin der Angeklagten bei Gericht konnte die Revisionsrücknahme daher nicht zurückgenommen werden.
16
c) Der Beschluss des Landgerichts vom 28. September 2016, mit dem die Revision der Angeklagten als unzulässig verworfen worden ist, war aufzuheben. Die Unzulässigkeit der Revision infolge wirksam erklärter Revisionsrücknahme kann nur das Revisionsgericht feststellen (§ 349 Abs. 1 StPO). Für eine Entscheidung des Tatrichters nach § 346 Abs. 1 StPO ist daneben kein Raum (BGH, Beschluss vom 23. November 2005 – 1 StR 436/05). Es verbleibt auch dann bei der alleinigen Befugnis des Revisionsgerichts, wenn dieser Unzulässigkeitsgrund mit hier ebenfalls gegebenen Mängeln der Form- oder Fristeinhaltung zusammentrifft (vgl. BGH, Beschluss vom 15. April 2015 – 1 StR 112/15, NStZ-RR 2016, 24).

III.


17
1. Soweit das Landgericht durch Beschluss vom 23. August 2016 das Wiedereinsetzungsgesuch als unzulässig verworfen hat, war dieser Beschluss aufzuheben.
18
Das Landgericht war für diese Entscheidung nicht zuständig, § 46 Abs. 1 StPO. Jedenfalls in den Fällen, in denen die Ablehnung der Wiedereinsetzung durch das unzuständige Gericht nicht in Rechtskraft erwachsen ist (vgl. hierzu RG, Beschluss vom 24. September 1907 – IV 1678/07, RGSt 40, 271), ist das Revisionsgericht an der Aufhebung eines durch das unzuständige Gericht erlassenen Beschlusses nicht gehindert (vgl. BGH, Beschlüsse vom 29. März 1960 – 4 StR 143/60 und vom 2. Dezember 1976 – 4 StR 587/76; BayObLG, Beschluss vom 23. Juni 1961 – RReg. 1 St 322/61, NJW 1961, 1982; KKGericke , StPO, 7. Aufl., § 346 Rn. 32).
19
2. Der Antrag auf Wiedereinsetzung war als unzulässig zu verwerfen.
20
Der Wiedereinsetzung steht schon die wirksame und damit nicht widerrufbare oder anfechtbare Rücknahmeerklärung entgegen, die zum Verlust des Rechtsmittels führt (BGH, Beschlüsse vom 6. Dezember 2016 – 4 StR 558/16 und vom 15. April 2015 – 1 StR 112/15, NStZ-RR 2016, 24). Eine Wiedereinsetzung ist rechtlich ausgeschlossen und daher unzulässig (BGH, Beschlüsse vom 19. Juni 2012 – 3 StR 190/12, NStZ-RR 2012, 318 und vom 13. Juli 1999 – 4 StR 293/99).

IV.


21
Im Übrigen hätte das Rechtsmittel in der Sache keinen Erfolg. Angesichts der Besonderheiten des Tatgeschehens – die Angeklagte verschaffte sich u.a. wiederholt Zugang zu Studentenwohnheimzimmern, um diese als Schlafplatz zu nutzen sowie Lebensmittel und Wertgegenstände zu entwenden, wobei sie in einem Fall zur Ermöglichung ihrer Flucht eine hinzu tretende Geschädigte mit Faustschlägen attackierte – ist die Gefährlichkeitsprognose des Landgerichts, das auch auf die jenseits der angeklagten Taten von der Angeklagten begangenen Aggressionsdelikte abgestellt hat, im Ergebnis nicht zu beanstanden.
Raum Graf Jäger Cirener Fischer

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 558/16
vom
6. Dezember 2016
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer räuberischer Erpressung u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:061216B4STR558.16.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 6. Dezember 2016 beschlossen :
Es wird festgestellt, dass die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Mühlhausen vom 19. September 2016 wirksam zurückgenommen ist.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


I.


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit räuberischem Angriff auf einen Kraftfahrer und gefährlicher Körperverletzung sowie in einem weiteren Fall in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt und eine Adhäsionsentscheidung getroffen. Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte durch seinen Pflichtverteidiger form- und fristgerecht Revision eingelegt. Mit Schriftsatz vom 7. Oktober 2016, beim Landgericht eingegangen am selben Tag, hat der Verteidiger erklärt, er nehme die Revision „namens und im Auftrag des Angeklagten“ zurück. In einem selbst verfassten, undatierten Schreiben, das am 14. Oktober 2016 beim Landgericht eingegangen ist, hat der Angeklagte unter Bezugnahme auf das Schreiben seines Verteidigers vom 7. Oktober 2016 vorgetragen , er nehme die Revision nicht zurück, habe seinen Verteidiger mit der Revisionsrücknahme auch nicht beauftragt oder einer solchen Rücknahme zugestimmt.
2
Auf Anfrage des Landgerichts hat der Verteidiger mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2016 anwaltlich versichert, er sei mit dem Angeklagten im Rahmen einer Besprechung am 28. September 2016 mündlich übereingekommen, die Revision zurückzunehmen. Der Angeklagte habe ihn hierbei gebeten, mit der Rücknahme noch mindestens eine Woche zu warten. Daraufhin habe er mit Schriftsatz vom 7. Oktober 2016 die Revisionsrücknahme erklärt.
3
Mit Schriftsatz vom 24. November 2016 hat der Verteidiger das Rechtsmittel vorsorglich begründet.

II.


4
Die am 26. September 2016 eingelegte Revision ist wirksam zurückgenommen (§ 302 Abs. 1 StPO).
5
1. Der Verteidiger war zur Rechtsmittelrücknahme ermächtigt. Im Zeitpunkt der Abgabe der Rücknahmeerklärung lag die gemäß § 302 Abs. 2 StPO erforderliche ausdrückliche Ermächtigung des Angeklagten vor. Für diese ist keine bestimmte Form vorgeschrieben; sie kann auch mündlich erteilt werden. Für ihren Nachweis genügt die anwaltliche Versicherung des Verteidigers (vgl. BGH, Beschluss vom 15. April 2015 – 1 StR 112/15, NStZ-RR 2016, 24 f.; Beschluss vom 10. Februar 2005 – 3 StR 12/05, NStZ-RR 2005, 583; SSWStPO /Hoch, 2. Aufl., § 302 Rn. 18 f.). Der Verteidiger hat mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2016 im Einzelnen dargelegt, unter welchen Umständen die Ermächtigung zur Rechtsmittelrücknahme als Ergebnis einer Besprechung mit dem Angeklagten in der Justizvollzugsanstalt am 28. September 2016 zustande kam und die Richtigkeit seines Vortrags anwaltlich versichert. Der Senat hat keinen Anlass, an diesen Angaben zu zweifeln, die vor dem Hintergrund des Verfahrensgangs ein schlüssiges Bild ergeben.
6
2. Der Angeklagte hat die dem Verteidiger erteilte Ermächtigung auch nicht wirksam widerrufen. Ein Widerruf der Ermächtigung zur Revisionsrücknahme ist nur zulässig, solange die Rücknahmeerklärung noch nicht bei Gericht eingegangen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 8. März 2005 – 4 StR 573/04, NStZ-RR 2005, 211). Das vom Angeklagten selbstverfasste, undatierte Schreiben ging dem Landgericht jedoch erst am 14. Oktober 2016 und damit nach Eingang der Rücknahmeerklärung zu.
7
3. An die danach wirksame Revisionsrücknahme ist der Angeklagte gebunden. Diese ist grundsätzlich unwiderruflich und unanfechtbar (vgl. BGH, Beschluss vom 15. April 2015 – 1 StR 112/15, aaO). Durch sein beim Landgericht am 14. Oktober 2016 eingegangenes Schreiben konnte die Revisionsrücknahme daher nicht widerrufen oder sonst zurückgenommen werden.
8
4. Ob dem vorerwähnten Schreiben des Angeklagten eine erneute Revisionseinlegung zu entnehmen ist, kann dahinstehen. Da die Revisionsrücknahme einen Verzicht auf die Revisionseinlegung enthält, wäre eine danach erneut eingelegte Revision grundsätzlich unzulässig (vgl. BGH, Beschlüsse vom 15. April 2015 – 1 StR 112/15, aaO; vom 3. Mai 1957 – 5 StR 52/57, BGHSt 10, 245, 247; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Aufl., § 302 Rn. 12 mwN).

III.


9
Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO (vgl. BGH, Beschluss vom 30. November 1999 – 4 StR 549/99).
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Bender Quentin

(1) Die Zurücknahme eines Rechtsmittels sowie der Verzicht auf die Einlegung eines Rechtsmittels können auch vor Ablauf der Frist zu seiner Einlegung wirksam erfolgen. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist ein Verzicht ausgeschlossen. Ein von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten eingelegtes Rechtsmittel kann ohne dessen Zustimmung nicht zurückgenommen werden.

(2) Der Verteidiger bedarf zur Zurücknahme einer ausdrücklichen Ermächtigung.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 558/16
vom
6. Dezember 2016
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer räuberischer Erpressung u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:061216B4STR558.16.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 6. Dezember 2016 beschlossen :
Es wird festgestellt, dass die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Mühlhausen vom 19. September 2016 wirksam zurückgenommen ist.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


I.


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit räuberischem Angriff auf einen Kraftfahrer und gefährlicher Körperverletzung sowie in einem weiteren Fall in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt und eine Adhäsionsentscheidung getroffen. Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte durch seinen Pflichtverteidiger form- und fristgerecht Revision eingelegt. Mit Schriftsatz vom 7. Oktober 2016, beim Landgericht eingegangen am selben Tag, hat der Verteidiger erklärt, er nehme die Revision „namens und im Auftrag des Angeklagten“ zurück. In einem selbst verfassten, undatierten Schreiben, das am 14. Oktober 2016 beim Landgericht eingegangen ist, hat der Angeklagte unter Bezugnahme auf das Schreiben seines Verteidigers vom 7. Oktober 2016 vorgetragen , er nehme die Revision nicht zurück, habe seinen Verteidiger mit der Revisionsrücknahme auch nicht beauftragt oder einer solchen Rücknahme zugestimmt.
2
Auf Anfrage des Landgerichts hat der Verteidiger mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2016 anwaltlich versichert, er sei mit dem Angeklagten im Rahmen einer Besprechung am 28. September 2016 mündlich übereingekommen, die Revision zurückzunehmen. Der Angeklagte habe ihn hierbei gebeten, mit der Rücknahme noch mindestens eine Woche zu warten. Daraufhin habe er mit Schriftsatz vom 7. Oktober 2016 die Revisionsrücknahme erklärt.
3
Mit Schriftsatz vom 24. November 2016 hat der Verteidiger das Rechtsmittel vorsorglich begründet.

II.


4
Die am 26. September 2016 eingelegte Revision ist wirksam zurückgenommen (§ 302 Abs. 1 StPO).
5
1. Der Verteidiger war zur Rechtsmittelrücknahme ermächtigt. Im Zeitpunkt der Abgabe der Rücknahmeerklärung lag die gemäß § 302 Abs. 2 StPO erforderliche ausdrückliche Ermächtigung des Angeklagten vor. Für diese ist keine bestimmte Form vorgeschrieben; sie kann auch mündlich erteilt werden. Für ihren Nachweis genügt die anwaltliche Versicherung des Verteidigers (vgl. BGH, Beschluss vom 15. April 2015 – 1 StR 112/15, NStZ-RR 2016, 24 f.; Beschluss vom 10. Februar 2005 – 3 StR 12/05, NStZ-RR 2005, 583; SSWStPO /Hoch, 2. Aufl., § 302 Rn. 18 f.). Der Verteidiger hat mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2016 im Einzelnen dargelegt, unter welchen Umständen die Ermächtigung zur Rechtsmittelrücknahme als Ergebnis einer Besprechung mit dem Angeklagten in der Justizvollzugsanstalt am 28. September 2016 zustande kam und die Richtigkeit seines Vortrags anwaltlich versichert. Der Senat hat keinen Anlass, an diesen Angaben zu zweifeln, die vor dem Hintergrund des Verfahrensgangs ein schlüssiges Bild ergeben.
6
2. Der Angeklagte hat die dem Verteidiger erteilte Ermächtigung auch nicht wirksam widerrufen. Ein Widerruf der Ermächtigung zur Revisionsrücknahme ist nur zulässig, solange die Rücknahmeerklärung noch nicht bei Gericht eingegangen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 8. März 2005 – 4 StR 573/04, NStZ-RR 2005, 211). Das vom Angeklagten selbstverfasste, undatierte Schreiben ging dem Landgericht jedoch erst am 14. Oktober 2016 und damit nach Eingang der Rücknahmeerklärung zu.
7
3. An die danach wirksame Revisionsrücknahme ist der Angeklagte gebunden. Diese ist grundsätzlich unwiderruflich und unanfechtbar (vgl. BGH, Beschluss vom 15. April 2015 – 1 StR 112/15, aaO). Durch sein beim Landgericht am 14. Oktober 2016 eingegangenes Schreiben konnte die Revisionsrücknahme daher nicht widerrufen oder sonst zurückgenommen werden.
8
4. Ob dem vorerwähnten Schreiben des Angeklagten eine erneute Revisionseinlegung zu entnehmen ist, kann dahinstehen. Da die Revisionsrücknahme einen Verzicht auf die Revisionseinlegung enthält, wäre eine danach erneut eingelegte Revision grundsätzlich unzulässig (vgl. BGH, Beschlüsse vom 15. April 2015 – 1 StR 112/15, aaO; vom 3. Mai 1957 – 5 StR 52/57, BGHSt 10, 245, 247; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Aufl., § 302 Rn. 12 mwN).

III.


9
Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO (vgl. BGH, Beschluss vom 30. November 1999 – 4 StR 549/99).
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Bender Quentin

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 S t R 1 0 3 / 1 5
vom
8. Oktober 2015
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 8. Oktober 2015 beschlossen:
Es wird festgestellt, dass die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 24. November 2014 wirksam zurückgenommen ist.

Gründe:

1
1. Das Landgericht hat den Angeklagten mit Urteil vom 24. November 2014 wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Gegen dieses Urteil legte der Verteidiger des Angeklagten, Rechtsanwalt K. , mit Schriftsatz vom 27. November 2014 Revision ein, die er mit Schreiben vom 24. Februar 2015 zurücknahm. Mit Schreiben vom 26. Februar 2015 versicherte er unter Hinweis auf einen anliegenden schriftlichen und durch den Angeklagten am 24. Februar 2015 unterzeichneten Auftrag zur Rücknahme der Revision anwaltlich, vom Angeklagten hierzu beauftragt worden zu sein. Mit Beschluss vom 27. Februar 2015 legte das Landgericht Köln dem Angeklagten die Kosten der von ihm eingelegten Revision sowie die notwendigen Auslagen des Nebenklägers auf.
2
Mit Schreiben vom 8. März 2015 hat der Angeklagte dem Landgericht mitgeteilt, die Rücknahme der Revision sei nicht gewollt gewesen und beruhe auf einer Eigenmächtigkeit von Rechtsanwalt K. . Herr K. sei in einem Schreiben ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass eine Entscheidung über eine eventuelle Rücknahme nicht ohne Abstimmung und ohne Rücksprache mit ihm und seinem zweiten Verteidiger, Herrn Rechtsanwalt Dr. B. , ergehe. Mit weiterem Schreiben vom 12. März 2015 an das Landgericht hat der Angeklagte ausdrücklich um Rücknahme der irrtümlich von Rechtsanwalt K. zurückgenommenen Revision gebeten.
3
Zwischenzeitlich hatte Rechtsanwalt Dr. B. mit Schreiben vom 3. März 2015 die Revision begründet. Rechtsanwalt K. hat mit Schriftsatz vom 19. März 2015 dem Landgericht mitgeteilt, die Rücknahme der Revision sei nicht eigenmächtig, sondern nach Rücksprache mit dem Angeklagten erfolgt. Eine vorherige Absprache mit Rechtsanwalt Dr. B. sei nicht vereinbart worden; ein Schreiben des Angeklagten, in dem er ihm dies mitgeteilt haben soll, habe ihn nicht erreicht.
4
2. Bei dieser Sachlage ist entsprechend der Anregung des Generalbundesanwalts eine feststellende Klärung der Wirksamkeit der Revisionsrücknahme durch förmliche Entscheidung des Rechtsmittelgerichts angezeigt (vgl. Senat BGHR StPO § 302 Abs. 2 Rücknahme 11; BGH NStZ 2001, 104).
5
Die Rücknahme der Revision durch Rechtsanwalt K. ist wirksam. Die hierzu gemäß § 302 Abs. 2 StPO erforderliche ausdrückliche Ermächtigung lag zum Zeitpunkt der Rücknahme in schriftlicher Form vor.
6
Soweit der Angeklagte mit seinen Schreiben vom 8. und 12. März 2015 mitgeteilt hat, mit der Revisionsrücknahme nicht einverstanden gewesen zu sein, und zugleich um Rücknahme der irrtümlich zurückgezogenen Revision gebeten hat, sind diese Schreiben nach der Revisionsrücknahme und der schriftlichen Ermächtigungserklärung des Angeklagten und damit verspätet eingegangen. Der Widerruf wäre nur dann wirksam geworden, wenn sie vor oder spätestens zeitgleich mit der Rechtsmittelrücknahme eingegangen wären (BGHR StPO § 302 Abs. 1 Satz 1 Rechtsmittelverzicht 1, 2 und 4).
7
Eine Rechtsmittelrücknahme ist ebenso wie der Rechtsmittelverzicht als Prozesshandlung grundsätzlich unwiderruflich und unanfechtbar (vgl. BGHSt 45, 51, 53; BGHR StPO § 302 Abs. 1 Satz 1 - Rechtsmittelverzicht 1, 4, 8, 12, 15, 17). Sie ist jedoch ausnahmsweise dann unwirksam, wenn sie durch Drohung , durch Täuschung oder schwerwiegende Willensmängel veranlasst wurde (vgl. BGHSt 45, 51, 53; BGHR StPO § 302 Abs. 1 Satz 1 - Rechtsmittelverzicht 14). Anhaltspunkte dafür ergeben sich aus den Schreiben des Angeklagten nicht. Fischer Appl Krehl Ott Bartel

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 61/18
vom
14. Juni 2018
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:140618B3STR61.18.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 14. Juni 2018 gemäß § 349 Abs. 1 StPO einstimmig beschlossen:
1. Es wird festgestellt, dass die Revision des Angeklagten gegen das Urteil der 5. großen Strafkammer des Landgerichts Duisburg vom 12. Oktober 2017 wirksam zurückgenommen worden ist.
2. Die mit Schreiben vom 6. November 2017 erneut eingelegte Revision des Angeklagten gegen das oben genannte Urteil wird als unzulässig verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und in dem anderen Fall in Tateinheit mit Beleidigung und mit Bedrohung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten verurteilt, seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet und Einziehungsentscheidungen getroffen. Gegen dieses Urteil hat der Verteidiger des Angeklagten mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2017 fristgerecht Revision eingelegt. Mit seinem Telefaxschreiben vom 4. November 2017, einem Samstag, hat der Angeklagte erklärt: "hiermit ziehe ich die Revision im o.g. Verfahren zurück." Mit einem Schriftsatz vom 6. November 2017, dem darauffolgenden Montag, der um 10:16 Uhr bei Gericht einging, hat der Verteidiger des Angeklagten die Revisionsrücknahme widerrufen und mitgeteilt, dass der Angeklagte das Rechtsmittel aufrecht erhalten wolle.
2
Der Angeklagte hat die Revision wirksam zurückgenommen und ist deshalb des Rechtsmittels verlustig; seine erneut eingelegte Revision ist unzulässig. Der Generalbundesanwalt hat dazu in seiner Antragsschrift ausgeführt: "1. Der Angeklagte hat die Revision wirksam zurückgenommen (§ 302 Abs. 1 Satz 1 StPO).

a) Ohne Bedeutung ist, dass das Rechtsmittel vom Verteidiger eingelegt wurde, die Rücknahme indes der Angeklagte selbst erklärt hat (vgl. § 297 StPO; BGH NStZ-RR 2016, 180, 181). Die Rücknahmeerklärung wahrt auch die hierfür erforderliche Form (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl., § 302, Rn. 7 m.w.N.). Sie ist inhaltlich eindeutig und zweifelsfrei auf eine Beendigung des Revisionsverfahrens und damit den Eintritt der Rechtskraft des Urteils des Landgerichts gerichtet.

b) Es bestehen keine Zweifel, dass der Angeklagte bei der Abgabe seiner Rücknahmeerklärung prozessual handlungsfähig war.
aa) Ein Angeklagter muss bei Abgabe einer Rechtsmittelrücknahmeerklärung in der Lage sein, seine Interessen vernünftig wahrzunehmen und bei hinreichender Freiheit der Willensentschließung und Willensbetätigung die Bedeutung seiner Erklärung zu erkennen (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., Einl. Rn. 97, § 302 Rn. 8a). Dies wird, wie etwa
§ 415 Abs. 1 und 3 StPO für das Sicherungsverfahren gegen einen Schuldunfähigen belegt, allein durch eine Geschäfts - oder Schuldunfähigkeit des Beschuldigten nicht notwendig ausgeschlossen (Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., § 302 Rn. 8a m.w.N.). Vielmehr ist von einer Unwirksamkeit seiner Rücknahmeerklärung erst auszugehen, wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Rechtsmittelführer nicht in der Lage war, die Bedeutung der von ihm abgegebenen Erklärung zu erfassen. Verbleiben Zweifel an seiner prozessualen Handlungsfähigkeit, geht dies zu seinen Lasten (BGH, Beschluss vom 11. Oktober 2007 - 3 StR 368/07, BeckRS 2007, 18798 Rn. 6 m.w.N.).
bb) An diesen Maßstäben gemessen ist von einer prozessualen Handlungsfähigkeit des Angeklagten im Zeitpunkt der Abgabe der Rücknahmeerklärung auszugehen. Zwar hat das sachverständig beratene Landgericht bei dem Angeklagten eine das Tatgeschehen überdauernde paranoide Schizophrenie festgestellt und angenommen, dass aufgrund dieser Störung die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten bei Begehung beider ihm vorgeworfenen Taten erheblich vermindert war (UA S. 50 f.). Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte im Zeitpunkt seiner Rücknahmeerklärung nicht in der Lage war, die Bedeutung der von ihm abgegebenen Erklärung zu erfassen, sind hingegen nicht ersichtlich. Weder die Urteilsgründe noch das Hauptverhandlungsprotokoll ergeben einen Hinweis darauf, dass der Angeklagte verhandlungsunfähig war und Inhalt und Reichweite seiner von ihm selbst handschriftlich gefertigten Rücknahmeerklärung verkannt haben könnte. Er hat aktiv an der Verhandlung mitgewirkt und sich zum Tatvorwurf eingelassen (UA S. 24 ff.). Hatte das Tatgericht - wie hier - keine Zweifel an der Verhandlungsfähigkeit des Angeklagten, so kann diese grundsätzlich auch vom Revisionsgericht bejaht werden (BGH NStZ 2002, 101 f. [richtig: BGH bei Becker, NStZ-RR 2002, 97, 101 f.]). Darüber hinaus legt das Schreiben des Angeklagten vom 4. November 2017 nahe, dass er die Bedeutung der Rechtsmittelrücknahme beim Abfassen dieses Schreibens kannte. Das Schreiben ist sprachlich korrekt sowie inhaltlich eindeutig abgefasst und gibt die Daten des Urteils samt Aktenzeichen zutreffend wieder. Schließlich
stellen weder der Angeklagte noch sein Verteidiger seine prozessuale Handlungsfähigkeit […] in Frage.
2. An die wirksame Rücknahme der Revision ist der Angeklagte gebunden ; sie ist unwiderruflich und unanfechtbar (st. Rspr., vgl. nur BGH NStZ-RR 2016, 180, 181 m.w.N.). Ein von der Rechtsprechung anerkannter Ausnahmefall (vgl. BGHSt 45, 51, 53) liegt nicht vor.
3. Da der Verteidiger des Angeklagten durch das Schreiben vom 6. November 2017 und die Übersendung einer Revisionsbegründungsschrift die Wirksamkeit der Revisionsrücknahme in Zweifel gezogen hat, ist die eingetretene Rechtsfolge durch deklaratorischen Beschluss festzustellen (Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., § 302, Rn. 11a m.w.N.).
4. Soweit das Schreiben des Verteidigers des Angeklagten vom 6. November 2017 als erneute Revisionseinlegung auszulegen ist, ist diese unzulässig und gemäß § 349 Abs. 1 StPO zu verwerfen. Die wirksame Rücknahmeerklärung führt zum Verlust des Rechtsmittels (BGH NStZ-RR 2010, 55 f.)."
3
Dem stimmt der Senat zu und bemerkt ergänzend, dass - anders als der Verteidiger des Angeklagten in seiner Gegenerklärung meint - die Revisionsrücknahme nicht gleichzeitig im Sinne von § 130 Abs. 1 Satz 2 BGB widerrufen wurde. Es ist zwar zutreffend, dass eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung per Telefax nach § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB erst zugeht, wenn mit ihrer Kenntnisnahme gerechnet werden kann. Das ist bei einer Übermittlung außerhalb der Geschäftszeiten mit Beginn der nächsten Geschäftszeit der Fall (vgl. zum Ganzen Palandt/Ellenberger, BGB, 77. Aufl., § 130 Rn. 7 mwN). Nach Zugang des Telefaxschreibens am Samstag, den 4. November 2017, begann die nächste Geschäftszeit am Montag, den 6. November 2017, aber spätestens um 9 Uhr morgens. Der Schriftsatz vom 6. November 2017 um 10:16 Uhr war damit verspätet und konnte das Wirksamwerden der Revisionsrücknahme nicht mehr hindern.
VRiBGH Becker ist wegen Gericke Berg Urlaubs gehindert zu unterschreiben. Gericke
Hoch Leplow

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.