Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Feb. 2018 - 1 StR 467/17

ECLI:ECLI:DE:BGH:2018:200218B1STR467.17.0
bei uns veröffentlicht am20.02.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 467/17
vom
20. Februar 2018
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1.: unerlaubten Führens einer halbautomatischen Kurzwaffe u.a.
zu 2.: Erpressung u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:200218B1STR467.17.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer und des Generalbundesanwalts – zu 2. auf dessen Antrag – am 20. Februar 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 19. Mai 2017
a) im Hinblick auf die Verurteilung wegen Erpressung im Fall B.2. der Urteilsgründe mit den zugehörigen Feststellungen und
b) im jeweiligen Gesamtstrafenausspruch aufgehoben.
2. Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten werden als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten S. wegen Bedrohung in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung in Tateinheit mit unerlaubtem Führen einer halbautomatischen Kurzwaffe und wegen Erpressung zu einer Ge- samtfreiheitsstrafe von drei Jahren und den Angeklagten Si. wegen Erpressung , Betrugs und Bedrohung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Darüber hinaus hat es eine näher bezeichnete Schusswaffe eingezogen. Hiergegen wenden sich die Angeklagten mit ihren Revisionen, wobei der Angeklagte S. mit seinem auf den Schuldspruch im Fall B.2. der Urteilsgründe (Erpressung zum Nachteil von G. ) sowie die Strafaussprüche beschränkten Rechtsmittel die Verletzung formellen und materiellen Rechts und der Angeklagte Si. mit seinem unbeschränkten Rechtsmittel die Verletzung materiellen Rechts rügt. Ihre Revisionen haben den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen sind sie gemäß § 349 Abs. 2 StPO unbegründet.

I.


2
Das Landgericht hat im Hinblick auf die Fälle B.2. und 3. der Urteilsgründe folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
3
1. Fall B.2. der Urteilsgründe
4
Im Spätsommer des Jahres 2015 teilte der Zeuge K. , ein in der Türkei ansässiger Textilunternehmer, dem ihm flüchtig bekannten Angeklagten Si. mit, dass er gegenüber einem Geschäftspartner, dem Zeugen G. aus M. , eine Forderung in Höhe von etwa 70.000 Euro habe, die dieser nicht begleichen wolle. Daraufhin bot der Angeklagte Si. dem Zeugen K. an, G. zur Zahlung der Außenstände zu bewegen und die offene Forderung einzutreiben, womit sich der Zeuge K. einverstanden erklärte. Tatsächlich wollte der Angeklagte Si. aber von Beginn an das bei dem Zeugen G. einzutreibende Geld für eigene Zwecke verwenden und den Zeugen G. unter dem Vorwand, eine Forderung des Zeugen K. bei- zutreiben, mittels Drohungen zur Zahlung von Geldbeträgen an sich veranlassen.
5
Ob die von dem Zeugen K. behauptete Forderung gegenüber dem Zeugen G. tatsächlich bestand, konnte das Landgericht indes nicht feststellen. Für den Angeklagten Si. war dies ohnehin nicht von Belang, weil er den Zeugen G. schließlich zur Zahlung an sich selbst veranlassen wollte, wobei er wusste, dass er darauf keinen Anspruch hatte.
6
Im September 2015 erschien der Angeklagte Si. mit einem unbekannt gebliebenen Begleiter im Geschäft des Zeugen G. , baute sich vor diesem drohend auf und verlangte die Zahlung von Geld unter Hinweis auf die Forderung des Zeugen K. . Im Verlauf des sich anschließenden Gesprächs , an dem auch die Lebensgefährtin des G. – die Zeugin Se. – teilnahm, äußerte der Angeklagte Si. gegenüber dem Zeugen G. sinngemäß: „Sei froh, dass eine Frau im Büro ist“. Zudem deutete er seine en- gen Beziehungen zur PKK an. Unter dem Eindruck dieser Drohungen unterschrieb der Zeuge G. auf Verlangen des Angeklagten Si. ein „Schuld- anerkenntnis über 10.000 EUR“, welches die Zeugin Se. auf entsprechende Anweisung des Angeklagten angefertigt hatte.
7
Nunmehr erschien der Angeklagte Si. wiederholt im Geschäft des G. , rief dort an und versandte Nachrichten via WhatsApp, um diesen zu Geldzahlungen zu veranlassen. Dabei drohte er damit, die Tageseinnahmen aus der Ladenkasse an sich zu nehmen, „die Kasse zu beschlagnahmen“, im Falle der Nichtzahlung, das Geschäft „mit Raketen zu beschießen“ bzw. dieses in eine „Grabstätte“ zu verwandeln.
8
Im Oktober 2015 zahlte der Zeuge G. unter dem Eindruck der bisherigen Drohungen mindestens 700 Euro an den Angeklagten Si. , die dieser – entsprechend seinem vorgefassten Tatplan – für sich behielt. Einige Tage später informierte der Angeklagte Si. den Zeugen K. telefonisch über den Erhalt des Geldes und teilte diesem mit, dass er den Betrag an seinen Begleiter als Benzingeld übergeben werde.
9
Dem Angeklagten Si. wurden die Besuche bei dem Zeugen G. aber wegen der räumlichen Entfernung und der verhältnismäßig geringen Beute in Höhe von 700 Euro lästig, sodass er zwischen Ende November und Anfang Dezember 2015 den Angeklagten S. , dessen Haftbefehl kurz zuvor außer Vollzug gesetzt worden war, über seine Besuche bei dem Zeugen G. und deren Hintergründe informierte.
10
Anfang Dezember 2015 erschienen die beiden Angeklagten sodann gemeinsam mit mindestens zwei weiteren unbekannt gebliebenen Begleitern im Geschäft des Zeugen G. und forderten von diesem die Zahlung von mindestens 30.000 Euro, die G. dem Zeugen K. weiterhin schulde. Währenddessen rief der Angeklagte Si. den Zeugen K. an, stellte das Gespräch auf laut und beteiligte auf diese Weise den Zeugen K. an der Diskussion. Spätestens während dieses Gesprächs fasste nunmehr der Angeklagte S. den Entschluss, die von dem Angeklagten Si. geschaffene Bedrohungssituation zu nutzen und G. – unter Berufung auf die Forderung des Zeugen K. – zu Zahlungen an sich zu veranlassen, worauf er wissentlich keinen Anspruch hatte. Vordergründig wollte sich der Angeklagte S. als freundlicher Vermittler darstellen und vertraute wegen seines außer Vollzug gesetzten Haftbefehls darauf, auch ohne eigene massive Drohungen von dem Zeugen G. , dem die Entlassung des Angeklagten S.
aus der Untersuchungshaft bekannt war, als bedrohlich wahrgenommen zu werden. Der Angeklagte S. teilte dem Zeugen G. mit, dass er von nun an anstatt des Angeklagten Si. kommen werde. Nachdem der Angeklagte Si. zunächst von dem Zeugen G. eine schriftliche Bestätigung für die geforderten 30.000 Euro verlangte, erklärte der Angeklagte S. in leisem Ton, dass er nichts Schriftliches von dem Zeugen G. benötige, denn „wir kennen uns ja auch“, was der Zeuge G. wiederum als Drohung auf- fasste. Zu einer Geldzahlung des Zeugen G. kam es an diesem Tag allerdings nicht.
11
In dem Zeitraum zwischen Januar und April 2016 suchte der Angeklagte S. mehrfach das Geschäft des Zeugen G. auf und wiederholte seine Geldforderungen. Zunächst berief er sich dabei auf die Forderung des Zeugen K. , später verlangte er Geld für einen Flug seiner Mutter in dieTürkei und eine Feier seines Bruders. Der Zeuge G. zahlte daraufhin mindestens 6.000 Euro in mehreren Teilbeträgen an den Angeklagten S. , wobei ein Teilbetrag in Höhe von 400 Euro für die Flugreise der Mutter gezahlt wurde. Das empfangene Geld leitete der Angeklagte S. – wie von vornherein beabsichtigt – nicht an den Zeugen K. weiter.
12
Am 28. Mai 2016 erschien der Angeklagte S. erneut im Geschäft des Zeugen G. und forderte diesen auf, mindestens weitere 15.000 Euro am 15. Juni 2016 zu zahlen. Hierbei schlug er mit seiner Faust auf den Tisch und äußerte sinngemäß, dass erG. „die Leber herausreißen“ werde, wenn dieser nicht rechtzeitig zahle. Daraufhin verständigte der Zeuge G. die Polizei , die den Angeklagten S. am 16. Juni 2016 im Geschäft des Zeugen G. festnahm.
13
2. Fall B.3. der Urteilsgründe
14
Im Dezember 2015 lernte der Angeklagte Si. den Zeugen Ö. kennen, der ihm von seinen Eheproblemen und finanziellen Sorgen im Falle einer Scheidung berichtete. In diesem Zusammenhang vertraute der Zeuge Ö. dem Angeklagten Si. an, dass seine Ehefrau in der gemeinsamen Wohnung Bargeld lagerte, dass Ö. beiseiteschaffen wollte, um sichim Falle einer Scheidung ein finanzielles Polster zu verschaffen. Im Zeitraum von Januar bis April 2016 bot der Angeklagte Si. dem Zeugen Ö. sodann wiederholt an, das Bargeld bis nach der Scheidung an sich zu nehmen. Tatsächlich beabsichtigte er jedoch von Anfang an, das Geld für sich zu behalten, was er dem Zeugen Ö. verschwieg. Am 22. April 2016 entwendete der Zeuge Ö. Geld aus der gemeinsamen Wohnung und übergab dem Angeklagten Si. anschließend mindestens 54.000 Euro im Vertrauen darauf, dass dieser das Geld bis Ende des Jahres 2016 aufbewahren und sodann zurückgeben werde. Eine Rückzahlung des Geldes erfolgte indes trotz mehrfacher Aufforderung nicht.

II.


15
1. Revision des Angeklagten Si.
16
a) Die Verurteilung des Angeklagten Si. wegen Erpressung zum Nachteil des Zeugen G. im Fall B.2. der Urteilsgründe hält materiellrechtlicher Überprüfung nicht stand.
17
aa) Hinsichtlich des Angeklagten Si. erweist sich bereits der rechtliche Ausgangspunkt des Landgerichts als nicht frei von Rechtsfehlern.
18
(1) Infolge von Widersprüchen hat das Landgericht nicht feststellen können , ob und gegebenenfalls in welcher Höhe eine Forderung des Zeugen K. gegenüber dem Zeugen G. bestand und hierzu weiter ausgeführt, dass es hierauf vorliegend nicht ankomme, weil die Angeklagten die Forderung des Zeugen K. nur vorschoben, um von dem Zeugen G. Gelder für eigene Zwecke zu erlangen.
19
(2) Das Landgericht hat allerdings übersehen, dass der Zeuge K. ausweislich der Urteilsfeststellungen mit der Eintreibung der Forderung durch den Angeklagten Si. einverstanden war (UA S. 23). Dadurch wurde der Angeklagte Si. zivilrechtlich entweder zu einer empfangsberechtigten Hilfsperson des K. oder von diesem gemäß §§ 362 Abs. 2, 185 Abs. 1 BGB rechtsgeschäftlich ermächtigt, die Leistung im eigenen Namen in Empfang zu nehmen bzw. einzuziehen (dazu MünchKommBGB/Fetzer, 7. Aufl., § 362 Rn. 13 f. und Palandt/Grüneberg, BGB, 77. Aufl., § 362 Rn. 4 f., jeweils mwN). Infolgedessen konnte die Zahlung des Zeugen G. an den Angeklagten Si. im Oktober 2015 in Höhe von 700 Euro insoweit befreiende Wirkung gegenüber dem Zeugen K. entfalten und die möglicherweise bestehende Forderung des K. teilweise zum Erlöschen bringen. Dies hätte wiederum zur Folge, dass dem Zeugen G. im Hinblick auf die an den Angeklagten gezahlten 700 Euro kein Vermögensnachteil entstanden wäre, weil durch die abgenötigte Zahlung dann insoweit eine Zahlungspflicht des G. gegenüber dem Zeugen K. erloschen wäre (st. Rspr.; vgl. dazu BGH, Beschlussvom 1. Oktober 2015 – 3 StR 102/15, NStZ-RR 2016, 12, 13 mwN). Damit konnte das Landgericht im Hinblick auf die Verurteilung des Angeklagten Si. we- gen Erpressung nicht offen lassen, ob tatsächlich eine Forderung desZeugen K. gegenüber dem Zeugen G. besteht.
20
(3) Die Verurteilung des Angeklagten Si. wegen Erpressung kann auch in Anbetracht des im September 2015 abgenötigten „Schuldanerkenntnisses“ über 10.000 Euro keinen Bestand haben. Zwar kann nach der Rechtspre- chung des Bundesgerichtshofs durch die Abgabe eines schriftlichen Anerkenntnisses einer nicht bestehenden Verbindlichkeit (Schuldschein) bereits ein Vermögensnachteil im Sinne des § 253 Abs. 1 StGB begründet werden (vgl. BGH, Urteile vom 9. Juli 1987 – 4 StR 216/87, BGHSt 34, 394, 395 und vom 19. September 2013 – 3 StR 119/13, NStZ 2014, 316, 317 mwN unter Hinweis auf die Notwendigkeit einer konkreten Schadensermittlung). Dies setzt allerdings eindeutige Feststellungen des Tatgerichts voraus, dass das Tatopfer tatsächlich eine nicht bestehende Verbindlichkeit schriftlich anerkannt hat. Daran fehlt es im vorliegenden Fall. Zwar hat das Landgericht im Rahmen der Beweiswürdigung (UA S. 42) den Inhalt des auf den 15. September 2015 datierten , von der Zeugin Se. entworfenen und von dem Angeklagten Si. sowie dem Zeugen G. unterzeichneten „Schuldanerkenntnis“ (auszugsweise ) mitgeteilt. Es bleibt allerdings offen, ob von den Unterzeichnern damit ein Schuldanerkenntnis gegenüber dem Angeklagten Si. gewollt war oder dieses – was nach den Umständen seiner Entstehung und dem Wortlaut näher liegt – lediglich dazu dienen sollte, den Beweis für die streitige Forderung des Zeugen K. zu erleichtern. Dies gilt umso mehr vor dem Hintergrund,dass das „Schuldanerkenntnis“ nicht in der Muttersprache des Angeklagten Si. und des Zeugen G. abgefasst wurde und die Zeugin Se. dieses aus- weislich der Feststellungen formulierte, weil sie „von allen Beteiligten das beste Deutsch sprach“.
21
bb) Zudem stellt sich die Beweiswürdigung des Landgerichts, der Angeklagte Si. habe das bei dem Zeugen G. einzutreibende Geld von Beginn an für eigene Zwecke verwenden wollen, als lückenhaft dar. Denn das Landgericht hat in diesem Zusammenhang wesentliche gegen diese Annahme sprechenden Indizien nicht ersichtlich berücksichtigt. So hat der Angeklagte Si. – der sich nach den Feststellungen des Landgerichts im Gegensatz zu dem Angeklagten S. gegenüber G. auf keine anderweitigen Gründe für Geldforderungen berufen hat – den Zeugen K. einige Tage, nachdem er die 700 Euro von G. erhalten hatte, telefonisch informiert. Außerdem hat er während des Gesprächs mit G. Anfang Dezember 2015, welches wiederum die behauptete Forderung des Zeugen K. gegenüber G. zum Gegenstand hatte, den Zeugen K. erneut in der Türkei angerufen, das Telefonat auf laut gestellt und diesen so an dem Gespräch beteiligt. Damit hat das Landgericht nicht alle aus dem Urteil ersichtlichen Umstände gewürdigt, die insoweit Schlüsse zugunsten des Angeklagten Si. zulassen.
22
b) Die Verurteilung des Angeklagten Si. wegen Betrugs zum Nachteil des Ö. im Fall B.3. der Urteilsgründe ist hingegen nicht zu beanstanden.
23
aa) Ob der Angeklagte darüber hinaus bei einer Täuschung des Vortäters auch wegen tateinheitlicher Hehlerei gemäß § 259 Abs. 1 StGB in der Begehungsvariante des Sichverschaffens zu verurteilen ist (zustimmend Fischer, StGB, 65. Aufl., § 259 Rn. 13a und Kühl in Lackner/Kühl, StGB, 28. Aufl., § 259 Rn. 10) oder eine solche in diesem Fall bereits tatbestandlich ausscheidet, weil es an dem erforderlichen Einvernehmen zwischen Vortäter und Hehler fehlt (so MünchKommStGB/Maier, 3. Aufl., § 259 Rn. 71 ff. und 177; SK-StGB/Hoyer, 8. Aufl., § 259 Rn. 31 und 50; Schönke/Schröder/Stree/Hecker, StGB, 29. Aufl., § 259 Rn. 37 und 55; SSW-StGB/Jahn, 3. Aufl., § 259 Rn. 18 [wenn sich die Täuschung auf die Preisgabe der Sache als solche bezieht]; vgl. auch LKStGB /Walter, 12. Aufl., § 259 Rn. 35, jeweils mwN), braucht der Senat hier im Ergebnis nicht zu entscheiden. Denn die unterbliebene Verurteilung wegen tateinheitlicher Hehlerei beschwert den Angeklagten Si. nicht.
24
bb) Auch ist es konkurrenzrechtlich ausgeschlossen, dass die Vorschrift des § 259 StGB den § 263 StGB im Wege der Gesetzeskonkurrenz verdrängt, so dass Letztgenannter nicht anwendbar wäre. Denn es liegt weder ein Fall der Spezialität, der Subsidiarität noch ein solcher der Konsumtion vor (vgl. dazu Fischer, StGB, 65. Aufl., vor § 52 Rn. 39 ff. mwN).
25
2. Revision des Angeklagten S.
26
Die Verurteilung des Angeklagten S. wegen Erpressung zum Nachteil des Zeugen G. im Fall B.2. der Urteilsgründe war auf die Sachrüge hin ebenfalls aufzuheben. Auf die in diesem Zusammenhang erhobenen Verfahrensrügen des Angeklagten kommt es damit nicht mehr an.
27
a) Hinsichtlich des Angeklagten S. belegen die Feststellungen des Landgerichts keine eigenständige Nötigung dieses Angeklagten, die zu einem Vermögensnachteil des Opfers geführt hat.
28
aa) Dass dieZahlungen des Zeugen G. im Zeitraum Januar bis April 2016 auf eine Drohung des Angeklagten S. mit einem empfindlichenÜbel zurückzuführen sind, der sich nach den Feststellungen als „vordergründig freundlicher Vermittler“ darstellen wollte, zeigen die Urteilsgründe nicht auf. Ei- ne Drohung ist die Ankündigung eines künftigen Übels, auf dessen Eintritt der Drohende Einfluss hat oder zu haben vorgibt (BGH, Urteil vom 29. November 2011 – 1 StR 287/11 Rn. 24 [insoweit nicht abgedruckt in NStZ 2012, 347]; Fischer, StGB, 65. Aufl., § 240 Rn. 31; MünchKommStGB/Sinn, 3. Aufl., § 240 Rn. 69, jeweils mwN). Sie kann auch konkludent erfolgen (BGH, Beschluss vom 15. März 1984 – 1 StR 72/84, NJW 1984, 1632). Empfindlich ist ein angedrohtes Übel allerdings nur dann, wenn der in Aussicht gestellte Nachteil so erheblich ist, dass seine Ankündigung den Bedrohten im Sinne des Täterverlangens motivieren kann (BGH, Beschluss vom 5. September 2013 – 1 StR 162/13, NJW 2014, 401, 403 Rn. 51). Dies ist vorliegend nicht hinreichend belegt. Denn die Mitteilungen des Angeklagten S. gegenüber dem Zeugen G. , dass er diesen von nun ab anstatt des Angeklagten Si. aufsuchenwerde und von ihm nichts Schriftliches benötige, denn „wir kennen uns ja auch“, las- sen für sich genommen noch nicht ohne weiteres einen erheblichen Nachteil für den Zeugen G. erkennen.
29
bb) Die von dem Angeklagten S. am 28. Mai 2016 geäußerte Drohung hatte keinen Vermögensnachteil mehr zur Folge, weil der Zeuge G. die geforderten 15.000 Euro nicht zahlte.
30
b) Zwar kann dem Grunde nach auch die Ausnutzung eines bereits zugefügten Übels von dritter Seite eine konkludente Drohung enthalten (dazu BeckOK StGB/Valerius, 37. Ed., § 240 Rn. 34 und Fischer, StGB, 65. Aufl., § 240 Rn. 35). Allerdings entbehrt die Beweiswürdigung des Landgerichts einer nachvollziehbaren und tragfähigen Grundlage, soweit es sich davon überzeugt hat, dass der Angeklagte S. seinerseits die von dem Angeklagten Si. geschaffene Bedrohungssituation ausgenutzt hat, um den Zeugen G. nunmehr zu Zahlungen an sich zu veranlassen. Die diesbezügliche Überzeugung des Landgerichts beruht auf den Angaben des Angeklagten S. in seiner polizeilichen Vernehmung vom 22. September 2016, in der er selbst eingeräumt hat, der Mitangeklagte Si. habe „etwas härter mit G. gesprochen“, seiner Entschuldigung gegenüber G. für das „ausfallende Verhalten Si. s gegenüber der Zeugin B. “ und im Übrigen auf seinem gesamten Verhalten (UA S. 49). Diese Umstände vermögen die Schlussfolgerung des Landgerichts, der Angeklagte S. habe die vorherigen Drohungen des Mitangeklagten Si. gekannt und diese sodann für eigene Zwecke ausgenutzt, nicht zu tragen. Denn sie belegen bereits nicht hinreichend , dass der Angeklagte S. tatsächlich Kenntnis von den Drohungen des Mitangeklagten Si. gegenüber dem Zeugen G. hatte.
31
3. Die im Hinblick auf den Fall B.2. der Urteilsgründe getroffenen Feststellungen waren gemäß § 353 Abs. 2 StPO mit aufzuheben, um dem neuen Tatgericht zu ermöglichen, zu diesem Tatvorwurf neue Feststellungen zu treffen , die mit den bisherigen nicht in Widerspruch stehen. Die Aufhebung der jeweiligen Schuldsprüche zieht eine Aufhebung der Gesamtstrafenaussprüche nach sich. Raum Graf Radtke Fischer Bär

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 362 Erlöschen durch Leistung


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Strafprozeßordnung - StPO | § 353 Aufhebung des Urteils und der Feststellungen


(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren

Strafgesetzbuch - StGB | § 253 Erpressung


(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt und dadurch dem Vermögen des Genötigten oder eines anderen Nachteil zufügt, um sich oder einen Dritten

Strafgesetzbuch - StGB | § 259 Hehlerei


(1) Wer eine Sache, die ein anderer gestohlen oder sonst durch eine gegen fremdes Vermögen gerichtete rechtswidrige Tat erlangt hat, ankauft oder sonst sich oder einem Dritten verschafft, sie absetzt oder absetzen hilft, um sich oder einen Dritten zu

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird.

(2) Wird an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die Vorschriften des § 185 Anwendung.

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beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten S. und D. wird das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 4. September 2014
a) soweit es den Angeklagten S. betrifft, aa) im Schuldspruch zu Fall II.2. der Urteilsgründe dahin neu gefasst, dass der Angeklagte des Betruges schuldig ist, bb) hinsichtlich der Einzelstrafe im Fall II.3. der Urteilsgründe aufgehoben; jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen mit Ausnahme derjenigen zum irrtumsbedingt eingetretenen Vermögensschaden im Komplex II.3.a) der Urteilsgründe ("Aktion Privatsphäre") aufrecht erhalten , cc) mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben im Fall II.5. der Urteilsgründe sowie in den Aussprüchen über die Gesamtstrafe und über das Absehen von einer Verfallsanordnung;
b) soweit es den Angeklagten D. betrifft, aa) im Schuldspruch zu Fall II.6. der Urteilsgründe dahin neu gefasst, dass der Angeklagte des Betruges schuldig ist, bb) hinsichtlich der Einzelstrafen in den Fällen II.3. und 4. der Urteilsgründe aufgehoben; jedoch bleiben die jeweils zugehörigen Feststellungen mit Ausnahme derjenigen zum irrtumsbedingt eingetretenen Vermögensschaden im Komplex II.3.a) der Urteilsgründe ("Aktion Privatsphäre" ) und zur Einbindung des Angeklagten in das Tatgeschehen im Komplex II.4.e) der Urteilsgründe ("Werbestop" ) aufrecht erhalten, cc) mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben im Fall II.5. der Urteilsgründe sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe;
c) soweit es die Mitangeklagten F. und M. betrifft, mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben im Fall II.5. der Urteilsgründe sowie im Ausspruch über die jeweilige Gesamtstrafe;
d) soweit es die Mitangeklagte K. betrifft, aa) hinsichtlich der Einzelstrafe zu Fall II.3. der Urteilsgründe aufgehoben; jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen mit Ausnahme derjenigen zum irrtumsbedingt eingetretenen Vermögensschaden im Komplex II.3.a) der Urteilsgründe ("Aktion Privatsphäre") aufrecht erhalten , bb) mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben im Fall II.5. der Urteilsgründe sowie in den Aussprüchen über die Gesamtstrafe und über das Absehen von einer Verfallsanordnung, soweit der von der Strafkammer fest- gestellte Betrag 159.301 € übersteigt.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten S. wegen "gewerbsmäßigen" Betruges und gewerbsmäßigen Bandenbetruges in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt und festge- stellt, dass gegen ihn wegen eines Betrages in Höhe von 1.002.706,80 € des- halb nicht auf die Anordnung des Verfalls von Wertersatz erkannt wird, weil Ansprüche Verletzter entgegenstehen. Den Angeklagten D. hat es des gewerbsmäßigen Bandenbetruges in drei Fällen und des "gewerbsmäßigen" Betruges schuldig gesprochen und gegen ihn eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verhängt. Die nicht revidierenden Mitangeklag- ten F. , M. und K. hat das Landgericht wegen deren jeweiliger Beteiligung an diesen Fällen zu Bewährungsstrafen verurteilt; hinsichtlich der Mitangeklagten K. hat es zusätzlich festgestellt, dass einer Verfallsanordnung Ansprüche Verletzter entgegenstehen, jedoch an sich ein Betrag von 351.699 € dem Verfall von Wertersatz unterliegt. Die Revisionsfüh- rer wenden sich gegen ihre Verurteilungen mit der allgemeinen Sachrüge und beanstanden das Verfahren. Die Rechtsmittel haben in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
I. Revision des Angeklagten S.
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1. Aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts ausgeführten zutreffenden Gründen fehlt es nicht an der Verfahrensvoraussetzung einer wirksamen Anklage und ist die von dem Angeklagten erhobene Verfahrensrüge nicht begründet.
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2. Der Schuldspruch im Fall II.5. der Urteilsgründe ("Forderungsmanagement" ) hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand. Weder tragen die Feststellungen die Annahme eines vollendeten gewerbsmäßigen Bandenbetrugs (§ 263 Abs. 5 StGB) noch sind diese ausreichend belegt. Im Einzelnen:
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a) Nach den diesbezüglichen Feststellungen fasste der Angeklagte zusammen mit dem Angeklagten D. und der Mitangeklagten K. den Entschluss, gemeinsam sogenanntes Forderungsmanagement zu betreiben. Über die Firmen MS und SK schlossen sie Verträge mit anderen Unternehmen, den sog. Produktgebern, ab, für die sie Forderungen gegenüber den ihnen genannten Personen geltend ma- chen sollten. Die einzuziehenden Forderungen sollten aus dem telefonischen Vertrieb von Gewinnspieleintragungsdiensten und Zeitschriftenabonnements resultieren. 50% der generierten Einnahmen sollten an die jeweiligen Produktgeber zurückfließen, den Rest sollten die Angeklagten S. , D. und K. vereinnahmen.
6
Auf dieser Grundlage versendeten die Angeklagten Schreiben an die von ihren Vertragspartnern mitgeteilten Kunden, mit denen sie die Zahlung der ihnen genannten Ansprüche anmahnten. In den Fällen der Forderungen, die mit dem Vertrieb des Lotterieeintragungsdienstes "Gewinnerzentrale 49" in Zusammenhang standen, wurden die Kunden in den von den Angeklagten ver- sendeten Schreiben aufgefordert, einen Betrag in Höhe von 99 € zur Vertrags- beendigung zu zahlen. Die Geschädigten wurden zum Teil durch die in den Mahnschreiben aufgeführte Drohung, dass rechtliche Schritte eingeleitet würden bzw. dass im Falle von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen höhere Kosten entstünden, zu Zahlungen veranlasst, obwohl weitere Maßnahmen gar nicht geplant waren. In einigen Fällen wurde bei den überwiegend älteren Adressaten der Eindruck hervorgerufen, dass sie tatsächlich einen Vertrag geschlossen hatten und damit ein entsprechender Irrtum erregt. Insgesamt erwirkten die An- geklagten auf diese Weise Zahlungen in Höhe von 192.398 €.
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Hinsichtlich der aus dem Gewinnspieleintragungsdienst "Gewinnerzentrale 49" geltend gemachten Ansprüche sah der Angeklagte die Möglichkeit, dass es sich um nicht bestehende Forderungen handelte, und billigte dies (UA S. 58). Bezüglich der Forderungen aus den vertriebenen Zeitschriftenabonnements sowie einem Teil der anderen Gewinnspieleintragungsdienste wusste der Angeklagte S. , "dass diese Forderungen tatsächlich nicht berechtigt waren, d.h. dass entweder gar keine Forderungen bestanden oder aber dass entsprechende Verträge aufgrund von Betrugshandlungen zustande gekommen waren" (UA S. 58 f.). Hinsichtlich des verbleibenden Teils der Gewinnspieleintragungsdienste , aus denen die angemahnten Zahlungsansprüche resultierten ("ProWin 59", "Euromillions", "SmartWin" und "WinTotal 24"), wusste er zumindest, "dass derartige Gewinnspiele unter falschen Versprechungen vertrieben wurden, was hinsichtlich dieser Gewinnspiele auch tatsächlich der Fall war" (UA S. 59).
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b) Diese Feststellungen genügen nicht den Anforderungen des § 267 Abs. 1 Satz 1 StPO, wonach im Urteil die für erwiesen erachteten Tatsachen anzugeben sind, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Hierzu hat der Tatrichter die Urteilsgründe so abzufassen, dass sie erkennen lassen, welche der festgestellten Tatsachen den einzelnen objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmalen zuzuordnen sind und sie ausfüllen (BGH, Beschluss vom 13. Januar 2005 - 3 StR 473/04, BGHR StPO § 267 Abs. 1 Satz 1 Sachdarstellung 13). Rechtsbegriffe müssen durch die ihnen zugrunde liegenden Vorgänge aufgelöst werden, sofern sie nicht allgemein geläufig sind oder sich die ihnen zugrunde liegenden Tatsachen aus dem Urteilszusammenhang ergänzen lassen (KK-Kuckein, StPO, 7. Aufl., § 267 Rn. 9; LR/Stuckenberg, StPO, 26. Aufl., § 267 Rn. 38 jeweils mwN).
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Nach diesen Maßstäben belegen die Urteilsgründe das Tatbestandsmerkmal des Vermögensschadens (§ 263 Abs. 1 StPO) nicht hinreichend. Ein solcher scheidet aus, wenn durch die täuschungsbedingt erwirkte Zahlung eine entsprechende Zahlungspflicht des Getäuschten erlischt (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 22. Januar 2014 - 5 StR 468/12, BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 80). Dies kommt vorliegend in den Fällen in Betracht, in denen die angeschriebenen Kunden zunächst tatsächlich einen Vertrag mit den Produktgebern geschlossen hatten. Dass die Befreiung von der vertraglichen Zahlungspflicht keinen kompensationsfähigen Vorteil begründete, weil es sich um nach § 123 BGB anfechtbare Verträge handelte (vgl. BGH aaO), lässt sich anhand der Urteilsfeststellungen nicht nachvollziehen. Allein die pauschale, nicht näher ausgeführte Feststellung, die Verträge seien aufgrund von Betrugshandlungen oder falschen Versprechungen zustande gekommen, zeigt die Voraussetzungen eines Anfechtungsrechts nach § 123 BGB oder anderer auf Vertragsaufhebung gerichteter Rechte der Kunden nicht auf; der Rechtsbegriff des Betrugs ist ebenso ausfüllungsbedürftig wie die Deutungsspielräume zulassende Wendung "falsche Versprechungen". Insbesondere wird nicht ersichtlich , dass die Kunden über den Wert der erworbenen Gegenleistung getäuscht worden waren. Mangels näherer Feststellungen zu den vertriebenen Gewinnspieleintragungsdiensten und Zeitschriftenabonnements lässt sich deren Wert nicht in Beziehung zu den jeweils geltend gemachten Forderungen setzen; dass die Teilnahme an Gewinnspieleintragungsdienste oder erworbene Zeitschriftenabonnements per se wertlos sind, versteht sich nicht von selbst.
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Schon aus diesem Grund bedarf der Schuldspruch der Aufhebung. Die Urteilsgründe lassen offen, ob die bei der Bestimmung des Vermögensschadens berücksichtigten Einzelzahlungen der Geschädigten auch auf Fälle zurückgingen , in denen gar kein Vertragsschluss zwischen den Kunden und den Produktgebern zustande gekommen war. Die in den Urteilsgründen enthaltene tabellarische Auflistung differenziert insoweit - was für sich genommen allerdings noch keinen Rechtsfehler begründet - nicht.
11
c) Daneben besteht ein durchgreifender Rechtsfehler darin, dass das Landgericht seinen Schluss, die in die Bestimmung des Vermögensschadens eingestellten Zahlungen seien ausschließlich auf Fälle zurückgegangen, in de- nen zuvor mit den angeschriebenen Kunden entweder gar kein Vertrag zustande gekommen oder ein solcher aufgrund von Betrugshandlungen bzw. unter falschen Versprechungen erwirkt worden war, nicht auf eine tragfähige Beweisgrundlage gestützt hat. Auch der Beweiswürdigung zum Vorsatz des Angeklagten S. lässt sich nicht entnehmen, aufgrund welcher Umstände die Strafkammer die Überzeugung gewonnen hat, dass die - für sich betrachtet rechtsfehlerfrei begründeten - subjektiven Vorstellungen des Angeklagten auch in objektiver Hinsicht zutrafen. Dies gilt insbesondere auch für die anhand der Beweiswürdigung nicht nachvollziehbare Differenzierung, wonach den hinsichtlich der Produkte "ProWin 59", "Euromillions", "SmartWin" und "WinTotal 24" geltend gemachten Zahlungsansprüchen sämtlich zunächst zustande gekommene Vertragsabschlüsse zugrunde lagen, die jedoch auf falsche Versprechungen zurückgingen (UA S. 59), hinsichtlich der übrigen Gewinnspieleintragungsdienste und Zeitschriftenabonnements jedoch entweder gar keine Forderungen bestanden oder solche aufgrund von Betrugshandlungen zustande gekommen waren (UA S. 58).
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Darüber hinaus entbehrt die Annahme des Landgerichts, sämtliche festgestellten Zahlungen seien irrtumsbedingt geleistet worden, einer sie tragenden Beweiswürdigung. Dem Urteil lässt sich - auch im Gesamtzusammenhang - nicht entnehmen, aufgrund welcher Umstände sich die Strafkammer hiervon überzeugt hat. Dass ein Teil der Adressaten auf die Mahnschreiben und Angebote zur Vertragsaufhebung in Kenntnis der Rechtslage und unbeeinflusst von der Drohung, es würden andernfalls rechtliche Schritte eingeleitet, nur deshalb zahlten, weil sie mit der Angelegenheit nicht weiter belästigt werden wollten, liegt im Hinblick darauf, dass sich der festgestellte Gesamtschaden aus mehreren hundert Einzelzahlungen zusammensetzt, nicht derart fern, dass sich weitere Ausführungen hierzu erübrigten (vgl. auch BGH, Beschlüsse vom 23. Juni 2015 - 1 StR 243/15 juris Rn. 4; vom 7. August 2014 - 3 StR 105/14, juris Rn. 3).
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3. Im Fall II.3. der Urteilsgründe ("Verbraucherschutz") tragen bereits die - rechtsfehlerfrei getroffenen - Feststellungen zum Komplex "Der Verbraucherberater" (II.3.b) der Urteilsgründe) den Schuldspruch wegen gewerbsmäßigen Bandenbetruges. Indes kann der Strafausspruch keinen Bestand haben, weil nicht auszuschließen ist, dass die Strafkammer im Komplex "Aktion Privatsphäre" (II.3.a) der Urteilsgründe) den Vermögensschaden fehlerhaft bestimmt hat und damit für Tat II.3. der Urteilsgründe von einem unzutreffenden Schuldumfang ausgegangen ist.
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a) Nach den zum Komplex "Aktion Privatsphäre" getroffenen Feststellungen erbrachte der Angeklagte S. ab dem Jahr 2010 unter dem Produktnamen "Aktion Privatsphäre" - später auch "Meine Privatsphäre" - Leistungen auf dem Gebiet des Verbraucherschutzes. Gegen Zahlung eines Jahresbeitrags bot er insbesondere Hilfestellungen bei unerwünschten Vertragsschlüssen an. Diese Leistungen bestanden in der Weiterleitung von Widerrufs- und Kündigungsschreiben, der Ausgabe von Gutscheinen hinsichtlich der Beratung durch qualifizierte Rechtsbeistände sowie der Einrichtung einer Kundenhotline. Im Jahr 2011 agierte der Angeklagte hierbei über die von ihm geleitete Firma GB , deren eingetragene Geschäftsführerin seine Lebensgefährtin war. Nachdem die Gesellschaft im Laufe des Jahres 2011 zunehmend in immer größere finanzielle Schwierigkeiten geraten war, übernahm die neu gegründete MS , deren Geschäftsführer der Angeklagte D. war, ca. 13.000 Bestandskunden der "Aktion Privatsphäre/Meine Privatsphäre". Die Angeklagten S. , D. und K. fassten dabei den Entschluss, den Mitarbeiterstab und das Leis- tungsprogramm erheblich einzuschränken. So wurden die Kundenhotline eingestellt und - mangels finanzieller Mittel - Gutscheine für die anwaltliche Beratung von Kunden nicht mehr zur Verfügung gestellt. Die Kunden unterrichteten sie hierüber nicht, stattdessen mahnten sie den nächsten Jahresbeitrag in Hö- he von 69 € an und unterbreiteten Angebote zur Vertragsbeendigung für Beträge zwischen 39 € bis 89 €. Hierdurch wurde den Kunden in allen Fällen der fal- sche Eindruck vermittelt, der ursprüngliche Leistungsumfang könne noch erbracht werden bzw. eine Vertragsaufhebung sei nur einvernehmlich möglich und nicht auch wegen der tatsächlich eingetretenen Leistungsunfähigkeit. Die daraufhin zahlenden Kunden hätten ihre Zahlungen nicht erbracht, wenn sie um die mangelnde Leistungsfähigkeit der MS (richtig: MS ) gewusst hätten. Dies war den Angeklagten S. , D. und K. auch bewusst, wobei sie dies billigten. In der Zeit vom 1. September 2011 bis 30. April 2012 kam es hierdurch zu Zahlungen der Kunden in einer Gesamthöhe von 109.171 €.
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b) Die Annahme der Strafkammer, die in die Berechnung des Vermögensschaden eingestellten Zahlungen gingen sämtlich auf täuschungsbedingte Irrtümer der angeschriebenen Kunden zurück, ist nicht ausreichend belegt. Der Schluss des Landgerichts beruht ausschließlich auf der Erwägung, es widerspreche der Lebenserfahrung, dass Kunden für allenfalls noch rudimentäre Leistungen einen vollen Jahresbeitrag zahlen oder noch Zahlungen für die vorzeitige Beendigung eines Vertrages erbringen, aus dem ihnen ohnehin keine nennenswerten Gegenleistungen mehr zufließen (UA S. 69). Dabei begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, dass sich die Urteilsgründe nicht dazu verhalten , ob das Landgericht seinen Schluss auch aus der Vernehmung (eines Teils) der Geschädigten gewonnen hat. Die Strafkammer konnte ihren Schluss auf die täuschungsbedingte Fehlvorstellung der Verfügenden insoweit auch auf Indizien stützen (vgl. BGH, Urteil vom 22. November 2013 - 3 StR 162/13, NStZ 2014, 215, 216; Beschluss vom 4. September 2014 - 1 StR 314/14, NStZ 2015, 98, 100 mwN). Allerdings hat sie sich nicht mit der Möglichkeit auseinandergesetzt , dass die Kunden jedenfalls teilweise - insbesondere auf die Angebote zur Vertragsbeendigung hin - unbeeinflusst von Gedanken zur Leistungsfähigkeit bzw. -willigkeit der Angeklagten in dem Bestreben, nicht weiter belästigt zu werden, gezahlt haben könnten. Angesichts des Umstandes, dass sich der insoweit festgestellte Gesamtschaden aus über 1.600 Einzelzahlungen zusammensetzte , liegt es nicht fern, dass zumindest bei einigen Zahlenden eine solche Motivation handlungsleitend war.
16
Der Senat kann nicht ausschließen, dass die Bemessung der Einzelstrafe auf dem Rechtsfehler beruht. Auch wenn angesichts der Erwägung des Landgerichts nahe liegt, dass dem Großteil der festgestellten Einzelzahlungen täuschungsbedingte Irrtümer zugrunde lagen und diese zur Bestimmung des Vermögensschadens heranzuziehen sind, obliegt die Prüfung und Entscheidung , ob und in welchem - gegebenenfalls unter Anwendung des Zweifelssatzes im Wege der Schätzung zu ermittelnden (vgl. auch BGH, Urteil vom 14. August 2008 - 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69, 125) - Maß dies der Fall war, dem Tatrichter. In diesem Umfang sind die ansonsten rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen aufzuheben (§ 353 Abs. 2 StPO).
17
4. Die Feststellung bezüglich des Absehens von der Verfallsanordnung nach § 111i Abs. 2 StPO erweist sich bereits aufgrund der aufgezeigten Rechtsfehler im Fall II.5. der Urteilsgründe, die sich auf die Bestimmung des aus der Tat Erlangten im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erstrecken, als rechtsfehlerhaft. Die rechtsfehlerhafte Bestimmung des Vermögensschadens im Fall II.3. der Urteilsgründe wirkt sich demgegenüber nicht aus, weil mit Blick auf § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB - entgegengesetzt zu der Interessenlage des Angeklagten bei der Frage nach der Vollendung des Betruges - davon auszugehen ist, dass die jeweiligen Geschädigten irrtumsbedingt gezahlt haben (vgl. hierzu und zur Anwendung des § 73 StGB in der Konstellation des Versuchs BGH, Beschluss vom 12. Dezember 2013 - 3 StR 267/13, juris Rn. 27 f.).
18
Allerdings ist die vom Landgericht getroffene Feststellung nach § 111a Abs. 2 StPO darüber hinaus vollständig aufzuheben, weil die Strafkammer nicht geprüft hat, ob bereits aufgrund der Härtevorschrift des § 73c StGB von der Anordnung des Verfalls von Wertersatz abzusehen wäre. Hierzu hätte es sich angesichts der Feststellungen gedrängt sehen müssen, denn es ist fraglich, in welchem Umfang die aus den Straftaten erlangten Vermögensvorteile im Vermögen des Angeklagten noch vorhanden waren (vgl. BGH, Beschlüsse vom 18. März 2015 - 3 StR 644/14, wistra 2015, 270; vom 6. November 2014 - 4 StR 290/14, wistra 2015, 70, 71).
19
Das neue Tatgericht wird zu beachten haben, dass der einem Auffangsrechtserwerb des Staates gemäß § 111i Abs. 5 StPO unterliegende Zahlungsanspruch den Angeklagten als Gesamtschuldner treffen könnte (vgl. BGH, Beschlüsse vom 18. März 2015 - 3 StR 644/14, wistra 2015, 270; vom 17. September 2013 - 5 StR 258/13, wistra 2013, 474, 475; Urteil vom 28. Oktober 2010 - 4 StR 215/10, BGHSt 56, 39, 45 ff.).
20
5. Im Übrigen hat die auf die Sachrüge veranlasste umfassende materiell-rechtliche Überprüfung des Urteils keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten S. ergeben. Der näheren Erörterung bedarf nur Folgendes:
21
Im Fall II.2. ("Lichtenheimer") wird der Schuldspruch durch die rechtsfehlerfrei begründete Feststellung getragen, dass den auf die Entgegennahme der versendeten Nachnahmeschreiben erbrachten Zahlungen täuschungsbedingte Irrtümer der zahlenden Kunden zugrunde lagen. Dass daneben auch sämtliche auf die Versendung von Mahnschreiben und Vertragsauflösungsangeboten geleisteten Zahlungen irrtumsbedingt waren, hat das Landgericht indes nicht ausreichend belegt; der Senat nimmt insoweit auf die zu den Fällen II.5. und II.3. der Urteilsgründe dargelegten Gründe Bezug. Es ist allerdings auszuschließen, dass sich der Rechtsfehler bei der Bestimmung des Schuldumfangs zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt hat. In die Schadensberechnung eingestellt hat die Strafkammer ausschließlich eingegangene Zahlungen in Höhe von 57 € und 59 €. Angesichts der im Urteil genannten, von dem Angeklagten in den ver- schiedenen Schreiben geltend gemachten Beträge ist jedoch ersichtlich, dass diesen Zahlungen ausschließlich Nachnahmesendungen zugrunde lagen, so dass die Strafkammer mit Blick auf deren im Vergleich zu Mahnschreiben oder Vertragsauflösungsangeboten unterschiedlichen Bedeutungsgehalt ohne Rechtsfehler von einem entsprechenden Irrtum der Kunden hat ausgehen können.
22
Der Schuldspruch war hinsichtlich des Falles II.2. der Urteilsgründe allerdings neu zu fassen. Die Verwirklichung des Regelbeispiels gewerbsmäßigen Handelns gemäß § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB wird nicht in die Urteilsformel aufgenommen (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Juli 2006 - 2 StR 183/06, juris Rn. 2; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 260 Rn. 25 mwN).
23
II. Revision des Angeklagten D.
24
1. Die Verfahrensrüge ist nicht ausgeführt und daher unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).
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2. Die Verurteilung des Angeklagten D. wegen gewerbsmäßigen Bandenbetruges (§ 263 Abs. 5 StGB) im Fall II.5. der Urteilsgründe hält aus den zur Revision des Angeklagten S. dargestellten Gründen sachlichrechtlicher Überprüfung ebenfalls nicht stand.
26
3. In den Fällen II.3. und 4. der Urteilsgründe weist der Schuldspruch keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf. Indes kann der Strafausspruch keinen Bestand haben, da der Schuldumfang in diesen Fällen jeweils rechtsfehlerhaft bestimmt ist. Hierzu gilt:
27
a) Wie bereits zur Revision des Angeklagten S. ausgeführt tragen die Feststellungen zum Komplex II.3.b) der Urteilsgründe ("Der Verbraucherberater" ) den Schuldspruch wegen gewerbsmäßigen Bandenbetruges (§ 263 Abs. 5 StGB) im Fall 3. der Urteilsgründe. Für den dortigen Teilabschnitt II.3.a) ("Aktion Privatsphäre") ist der festgestellte Vermögensschaden jedoch nicht rechtsfehlerfrei belegt. Der Senat nimmt insoweit ebenfalls Bezug auf die diesbezüglichen Ausführungen zur Revision des Angeklagten S. . Die Feststellungen unterliegen in demselben Umfang der Aufhebung.
28
b) Im Fall II.4. der Urteilsgründe tragen die dort unter II.4.a) und b) rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen die Verurteilung des Angeklagten wegen gewerbsmäßigen Bandenbetruges.
29
Allerdings ist das Landgericht auch im Komplex II.4.e) der Urteilsgründe ("Werbestop") von einem mittäterschaftlichen Zusammenwirken der Angeklagten D. und S. ausgegangen und hat die insoweit erwirkten Zahlungen zur Bestimmung des Vermögensschadens herangezogen (UA S. 45). Den Schluss, dass der Angeklagte D. auch in dieser Tatphase mittäterschaftlich mit dem Angeklagten S. agierte, tragen die Feststellungen jedoch nicht. Tatbeiträge, die der Angeklagte D. in diesem Abschnitt leistete, werden in den Urteilsgründen nicht geschildert; auch dem Gesamtzusammenhang des Urteils lassen sich solche nicht entnehmen. Sie ergeben sich insbesondere nicht daraus, dass der Angeklagte D. eingetragener Geschäftsführer der MS war, die in dem vorangegangenen Geschehen (II.4.b) der Urteilsgründe) in die Tat eingebunden war. Dass der Angeklagte S. über diese Firma auch im Komplex "Werbestop" agierte, lässt sich den Urteilsgründen nicht entnehmen. Hiergegen spricht überdies, dass die insoweit zur Bestimmung des Vermögensschadens vom Landgericht berücksichtigten Zahlungen der Geschädigten auf dem Geschäftskonto der der Angeklagten K. zuzurechnenden Firma SK eingingen. Auch die von der Strafkammer in der Beweiswürdigung als Beleg für ihre Feststellungen herangezogene und für glaubhaft erachtete Einlassung des Angeklagten S. zeigt die Beteiligung des Angeklagten D. nicht auf. Hieraus folgt lediglich, dass dieser im Fall II.4. der Urteilsgründe "als Geschäftsführer der MS- … involviert gewesen" war (UA S. 80). Eine Einbindung des Angeklagten D. während der Phase "Werbestop" im Jahr 2012 folgt hieraus ebenso wenig wie aus seiner Einlassung, wonach er "Kenntnis von sporadischen Nachnahmesendungen in 2012 für den Angeklagten F. … gehabt, aber nicht den genauen Umfang gekannt" habe (UA S. 86).
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Auch wenn die im Komplex "Werbestop" eingegangenen Zahlungen in Höhe von insgesamt 5.770 € im Verhältnis zu dem unter Fall II.4.b) der Urteilsgründe rechtsfehlerfrei festgestellten Vermögensschaden (30.640 €) deutlich geringer ausfallen, kann der Senat nicht ausschließen, dass die Bemessung der für Fall II.4. der Urteilsgründe festgesetzten Einzelstrafe von einem Jahr auf dem Rechtsfehler beruht. Der Aufhebung bedürfen die Feststellungen allerdings nur, soweit die Einbindung des Angeklagten D. in das im Übrigen rechtsfehlerfrei festgestellte Geschehen unter II.4.e) der Urteilsgründe betroffen ist (§ 353 Abs. 2 StPO).
31
4. Hinsichtlich der verbleibenden Verurteilung im Fall II.6. der Urteilsgründe weist das Urteil keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf. Jedoch war der Schuldspruch neu zu fassen, da die Begehung des Betruges als gewerbsmäßig (§ 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB) - wie bereits zur Revision des Angeklagten S. dargelegt - nicht in die Urteilsformel aufzunehmen ist.
32
5. Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass das neue Tatgericht bei Bildung der Gesamtstrafe die Vorverurteilung des Angeklagten durch das Amtsgericht Düsseldorf vom 9. November 2012 entsprechend den Ausführungen des Generalbundesanwalts in der Antragsschrift vom 20. März 2015 zu berücksichtigen haben wird. Sollten in der neuen Hauptverhandlung keine Feststellungen bezüglich einer strafbaren Beteiligung des Angeklagten D. im Komplex II.4.e) der Urteilsgründe ("Werbestop") möglich sein, wäre allerdings auch die für Fall II.4. der Urteilsgründe neu festzusetzende Einzelstrafe mit der Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf vom 9. November 2012 gesamtstrafenfähig.
33
III. Gemäß § 357 StPO war die Aufhebung des Urteils wie folgt auf die Nichtrevidenten zu erstrecken:
34
1. Die Aufhebung des Urteils auf die Revision des Angeklagten S. im Fall II.5. ("Forderungsmanagement") der Urteilsgründe erfasst aufgrund der materiell-rechtlichen Akzessorietät der Teilnahme auch die jeweilige Verurteilung der Mitangeklagten F. und M. wegen Beihilfe zum "gewerbsmäßigen" Betrug.
35
2. Hinsichtlich der Mitangeklagten K. ist deren Verurteilung im Fall II.5. der Urteilsgründe ("Forderungsmanagement") wegen gewerbsmäßigen Bandenbetrugs sowie der Ausspruch über die Einzelstrafe im Fall II.3. der Urteilsgründe aufzuheben. Beides entzieht auch dem Ausspruch über die Gesamtstrafe die Grundlage. Der Aufhebung unterliegt ferner die Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO, soweit das Landgericht in die Bestimmung des aus der Tat Erlangten im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB auch die im Rahmen der Tat II.5. der Urteilsgründe zugeflossenen Beträge (192.398 €) eingerechnet hat. Insoweit beruht das Urteil auf demselben sachlichrechtlichen Mangel, was zur Anwendung von § 357 StPO auf die Entscheidung nach § 111i Abs. 2 StPO führt (vgl. BGH, Beschluss vom 6. November 2014 - 4 StR 290/14, wistra 2015, 70, 71 mwN). Ausgehend von der von der Strafkammer festgestellten Gesamt- summe von 351.699 €, in deren HöheAnsprüche Verletzter einer Verfallsanordnung gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 StPO entgegenstehen, verbleibt ein nicht von der Erstreckung erfasster Betrag in Höhe von 159.301 €. Darüber hinaus kommt eine Aufhebung wegen der Nichterörterung der Vorschrift des § 73c StGB nicht in Betracht (vgl. BGH aaO). Jedoch wird das neue Tatgericht - auch hinsichtlich des bestehenbleibenden Betrags von 159.301 €- darüber zu entscheiden haben, ob die Mitangeklagte hinsichtlich des dem Auffangrechtser- werb unterliegenden Zahlungsanspruchs des Staates (§ 111i Abs. 5 StPO) nur als Gesamtschuldnerin haftet.
Becker Hubert Schäfer
Gericke Spaniol

(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt und dadurch dem Vermögen des Genötigten oder eines anderen Nachteil zufügt, um sich oder einen Dritten zu Unrecht zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung einer Erpressung verbunden hat.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 119/13
vom
19. September 2013
in der Strafsache
gegen
wegen versuchter räuberischer Erpressung u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
19. September 2013, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Hubert,
Dr. Schäfer,
Mayer,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Spaniol
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Herr
als Nebenkläger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Nebenklägers wird das Urteil des Landgerichts Hannover vom 26. November 2012 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung (nach der Urteilsformel des schriftlichen Urteils: wegen versuchter räuberischer Erpressung) unter Einbeziehung einer Vorstrafe zur Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt und eine Kompensationsentscheidung getroffen. Gegen das Urteil wendet sich der Nebenkläger mit der Sachbeschwerde und verfolgt das Ziel, dass der Angeklagte auch wegen - jeweils gemeinschaftlich begangenen - erpresserischen Menschenraubes (§ 239a Abs. 1 StGB) in Tateinheit mit Geiselnahme (§ 239b Abs. 1 StGB) verurteilt wird. Das Rechtsmittel ist begründet.
2
1. Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen :
3
Die anderweitig verfolgten B. , N. , D. und Y. Y. sowie ein unbekannt gebliebener Tatgenosse entführten den Nebenkläger am 8. Juli 2003 gegen 18:15 Uhr aufgrund eines gemeinsamen Tatplanes auf Veranlassung und Anweisung des A. Y. von I. zu dem "bordellartigen Betrieb" namens "H. " in der Nähe von M. . Hintergrund dieser Aktion waren Vorwürfe des Nebenklägers gegen den Angeklagten und die Familie des A. Y. im Internet, die er dort unter anderem als "KurdenMafia" bezeichnet hatte. A. Y. hatte daher beschlossen, den Nebenkläger durch seine Brüder entführen zu lassen, um ihn einzuschüchtern und unter Ausnutzung der Einschüchterung zu veranlassen, die verunglimpfende Veröffentlichung im Internet zu löschen.
4
Als der später informierte Angeklagte gegen Mitternacht in der "H. " hinzukam, sah er, dass der Nebenkläger blutende Verletzungen hatte; ihm war klar, dass dieser nicht freiwillig, sondern unter Gewalteinwirkung durch die gesondert Verfolgten zur "H. " gebracht worden und dort nur aufgrund der fortgesetzten Bewachung geblieben war.
5
Als der Nebenkläger den Angeklagten darauf hinwies, dass die Polizei schon von der Entführung informiert worden sei, entschlossen sich der Angeklagte und der bereits zuvor gegen 21:00 Uhr eingetroffene A. Y. , das Lokal zu verlassen und mit dem Nebenkläger in Richtung Süden zu fahren, um ihn weiter einzuschüchtern, einen möglicherweise noch zu erwartenden Widerstand zu brechen sowie auf diese Weise ihre Forderungen gegen den Nebenkläger durchzusetzen. Der Angeklagte hatte dabei insbesondere die Absicht , den Nebenkläger zur Zahlung eines Betrages zwischen 150.000 und 170.000 € als "Wiedergutmachung" zu zwingen, da er meinte, sich wegen des Verhaltens des Nebenklägers, das ihn seiner Auffassung nach in der Ausübung seiner Geschäfte beeinträchtigt und finanziell geschädigt hatte, rächen zu müssen. Dabei war ihm bewusst, dass er tatsächlich keine Forderung gegen den Nebenkläger geltend machen konnte, die von der Rechtsordnung anerkannt werden würde. Der Angeklagte und A. Y. veranlassten den Nebenkläger unter Ausnutzung seiner aufgrund der vorangegangenen Entführung bedrängten Lage, in den Pkw des Angeklagten einzusteigen. Die gesondert verfolgten B. und A. Y. setzten sich auf dem Rücksitz rechts und links neben den Nebenkläger, der Beifahrersitz blieb unbesetzt. Der Angeklagte forderte in Ausführung des zuvor gefassten Planes während der anschließenden Fahrt zur Autobahn und im Weiteren auf der BAB 7 in Richtung Süden bis zur Raststätte Hi. von dem Nebenkläger mehrfach eine notariell beglaubigte Erklärung des Inhalts, dass er die Internetveröffentlichung rückgängig machen und ihm eine finanzielle Entschädigung zahlen werde. Der Nebenkläger erklärte sich schließlich unter dem Druck der Situation bereit, die von dem Angeklagten geforderte Erklärung abzugeben. Dies sollte in F. geschehen, da der Nebenkläger angab, dort ein Büro zu haben.
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In der Nähe von F. brach der Angeklagte die - inzwischen mit einem anderen Fahrzeug fortgesetzte - Fahrt schließlich ab, da er mit einem Zugriff der Polizei rechnete. Der Angeklagte einigte sich sodann mit dem Nebenkläger , dass dieser die Internetveröffentlichung rückgängig mache und eine Zahlung in Höhe von 170.000 € leiste, sodann werde man sich gegenseitig nicht mehr behelligen. Da der Nebenkläger weiter äußerte, dass man zur Erfüllung der Forderungen nicht mehr weiter fahren müsse, sondern er dies nach seiner Ankunft in Ha. erledigen werde und die Polizei die Fahrzeuginsassen zur Rückkehr aufgefordert hatte, kehrten der Angeklagte und die weiteren Beteiligten mit dem Nebenkläger nach Ha. zurück und setzten ihn vor der Polizei in L. ab. Dabei war der Angeklagte davon überzeugt, dass das massive Vorgehen der früheren Mitangeklagten bei der Entführung und die erlittenen Verletzungen ganz sicher dazu führen würden, dass der Nebenkläger den Forderungen nachkäme. Der - erheblich verletzte - Nebenkläger leistete die Zahlung an den Angeklagten indes nicht.
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2. Eine Verurteilung des Angeklagten wegen erpresserischen Menschenraubes (§ 239a Abs. 1 StGB) oder Geiselnahme (§ 239b Abs. 1 StGB) hat das Landgericht mit der Begründung abgelehnt, der Angeklagte habe zwar eine Geldforderung an den Nebenkläger gestellt. Er habe nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme jedoch an der Entführung nicht mitgewirkt, sondern sei erst später hinzugekommen und habe dann die nicht von ihm, sondern von anderen geschaffene Lage des Nebenklägers ausgenutzt, um von diesem die Zahlung von 170.000 € zu verlangen. Nach § 239a StGB strafbar sei (aber) nur, wer die von ihm selbst geschaffene Lage ausnutzt. Habe ein Dritter diese Lage herbeigeführt oder haben vom Täter unabhängige Umstände das Opfer in seine Hand gegeben, so genüge es nicht, wenn der Täter diese Situation zu einer Erpressung nutzt. Die Entführung oder das Sich-Bemächtigen brauchten zwar nicht eigenhändig ausgeführt werden. Die Entführung, die von den früheren Mitangeklagten begangen worden sei, könne dem Angeklagten aber nicht nach den Regeln der Mittäterschaft oder mittelbaren Täterschaft zugerechnet werden, da er selbst kein Tatbestandsmerkmal verwirklicht und auch keinen entsprechenden Vorsatz gehabt habe.
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Dies hält rechtlicher Prüfung nicht stand. Zwar scheidet nach den getroffenen Feststellungen eine Verurteilung des Angeklagten wegen Geiselnahme nach einer der beiden Alternativen des § 239b Abs. 1 StGB im Ergebnis jedenfalls deswegen aus, weil gegen den Nebenkläger keine qualifizierte Drohung im Sinne dieser Vorschrift gerichtet werden sollte bzw. gerichtet wurde.
Indes hat das Landgericht eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen erpresserischen Menschenraubs (§ 239a Abs. 1 StGB) rechtsfehlerhaft verneint.
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a) Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Landgericht allerdings ausgeführt , dass die Tatvariante des § 239a Abs. 1 Alt. 2 StGB nach ihrem eindeutigen Wortlaut nicht in der Weise verwirklicht werden kann, dass der Täter die durch einen Dritten mittels Entführung oder in sonstiger Weise begründete Bemächtigungslage des Opfers lediglich zu einer Erpressung ausnutzt. Allein hierauf beschränkt sich indes die tatbestandliche Einschränkung der Vorschrift. Sie mag daher einer Verwirklichung des erpresserischen Menschenraubs in der Form entgegen stehen, dass dem (gegebenenfalls nur als "Trittbrettfahrer": vgl. MüKoStGB/Renzikowski, 2. Aufl., § 239a Rn. 60 mwN) später durch erpresserische Handlungen in das Geschehen eingreifenden Täter die von Dritten zuvor begründete und weiter aufrecht erhaltene Bemächtigungslage über die Rechtsfigur der sukzessiven Mittäterschaft zugerechnet wird (so etwa Immel, Die Gefährdung von Leben und Leib durch Geiselnahme (§§ 239a, 239b StGB), 2001, S. 325; vgl. demgegenüber bei zwar nicht eigenhändiger, aber mittäterschaftlicher Begründung der Bemächtigungslage durch den später aktiv Eingreifenden: BGH, Beschluss vom 1. Dezember 2000 - 2 StR 379/00, NStZ 2001, 247 f.; bei Begründung der Bemächtigungslage in mittelbarer Täterschaft: Schönke /Schröder-Eser/Eisele, StGB, 28. Aufl., § 239a Rn. 21; Renzikowski aaO). Sie schließt es indes nicht aus, dass der später Hinzutretende § 239a Abs. 1 StGB in anderer Weise verwirklicht. Dazu gilt:
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Befindet sich das Opfer bereits in der Gewalt von Dritten, die dieses entführt oder sich seiner in sonstiger Weise bemächtigt haben, so kommt durchaus in Betracht, dass ein sich erst danach an dem Geschehen beteiligender Täter eigenständig Gewalt über das Opfer erlangt. So liegt es jedenfalls dann, wenn er durch sein Eingreifen die Situation des Opfers qualitativ ändert und über das Fortbestehen der Bemächtigungslage nunmehr maßgeblich selbst bestimmt (vgl. Renzikowski aaO Rn. 34 und 60). Es gilt hier nichts anderes als in den Fällen, in denen sich das Opfer aufgrund anderer Umstände bereits in einer hilflosen Lage befindet und sich der Täter dies zunutze macht, um das Opfer in seine Gewalt zu bringen (vgl. Renzikowski aaO). Tut er dies in der Absicht , die so gewonnene Herrschaft über das Opfer zu dessen Erpressung auszunutzen , so verwirklicht er in beiden Fallgestaltungen den Tatbestand des § 239a Abs. 1 Alt. 1 StGB.
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So lag es hier. Nach dem Eintreffen des Angeklagten in der "H. " entschieden nicht mehr die ursprünglichen Entführer darüber, wie mit dem Nebenkläger verfahren werden sollte. Vielmehr bestimmten nunmehr der Angeklagte und A. Y. , dass der Nebenkläger im Pkw des Angeklagten von der "H. " abtransportiert wurde und beide brachten den Nebenkläger in dem Fahrzeug in ihre Gewalt; der Angeklagte bestimmte das FahrzielF. und machte sich dorthin mit dem Nebenkläger auf den Weg. Er entschied später auch über die Freilassung des Nebenklägers. Damit hat er sich des Nebenklägers in der "H. " selbst bemächtigt im Sinne des § 239a Abs. 1 Alt. 1 StGB.
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b) Nach den bisherigen Feststellungen des Landgerichts scheitert eine Verurteilung des Angeklagten wegen erpresserischen Menschenraubs auch nicht notwendig daran, dass es an dem erforderlichen funktionalen, zeitlichen Zusammenhang zwischen der Bemächtigungslage des Nebenklägers und der vom Angeklagten ins Auge gefassten Erpressung (vgl. Lackner/Kühl, StGB, 27. Aufl., § 239a Rn. 4a mwN) deshalb fehlt, weil nach der Vorstellung des Angeklagten der Nebenkläger die ihm abzupressende vermögenswerte Leistung erst nach Beendigung der Bemächtigungslage erbringen sollte. Zwar trifft dies ersichtlich auf die vom Angeklagten erstrebte Zahlung von 150.000 bis 170.000 € zu. Indes wollte der Angeklagte den Nebenkläger auch zu der Abgabe eines entsprechenden, notariell beglaubigten Schuldanerkenntnisses nötigen , und die Feststellungen lassen es jedenfalls möglich erscheinen, dass der Nebenkläger diese Erklärung nach dem ursprünglichen Plan des Angeklagten noch während des Andauerns der Bemächtigungslage in F. abgeben sollte. Durch die Abgabe eines schriftlichen Anerkenntnisses einer nicht bestehenden Verbindlichkeit (Schuldschein) kann indes bereits ein Vermögensnachteil im Sinne des § 253 Abs. 1 StGB begründet werden (BGH, Urteil vom 9. Juli 1987 - 4 StR 216/87, BGHSt 34, 394 ff.; zur Notwendigkeit einer konkreten Schadensermittlung s. etwa BVerfG, Beschlüsse vom 23. Juni 2010 - 2 BvR 2559/08 u.a., NJW 2010, 3209, 3215; vom 7. Dezember 2011 - 2 BvR 2500/09 u.a., NJW 2012, 907, 915 ff.).
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3. Der aufgezeigte Rechtsmangel führt auf die Sachbeschwerde des Nebenklägers zur Aufhebung des angefochtenen Urteils insgesamt. Demgemäß kann auch die ausgesprochene Kompensationsentscheidung nicht bestehen bleiben.
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Die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revision des Nebenklägers hat demgegenüber keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten erbracht (§ 301 StPO entsprechend; vgl. Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., § 301 Rn. 2).
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Der neue Tatrichter wird mit Blick auf die nach den bisherigen Feststellungen vom Angeklagten erlittene Freiheitsentziehung in der Schweiz (UA S. 8) gegebenenfalls eine Anrechnungsentscheidung gemäß § 51 Abs. 4 Satz 2 StGB zu treffen haben.
Becker Hubert Schäfer RiBGH Mayer befindet sich Spaniol im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker

(1) Wer eine Sache, die ein anderer gestohlen oder sonst durch eine gegen fremdes Vermögen gerichtete rechtswidrige Tat erlangt hat, ankauft oder sonst sich oder einem Dritten verschafft, sie absetzt oder absetzen hilft, um sich oder einen Dritten zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Die §§ 247 und 248a gelten sinngemäß.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

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a) Eine Drohung im Sinne der genannten Vorschriften ist die Ankündigung eines künftigen Übels, auf dessen Eintritt der Täter Einfluss hat oder jedenfalls zu haben vorgibt (vgl. zusammenfassend Fischer, StGB, 59. Aufl., § 240 Rn. 31 mwN). An der Ankündigung eigenen künftigen Verhaltens hat die Strafkammer zu Recht keinen Zweifel. Ob ein empfindliches Übel angekündigt ist, richtet sich nach dem Inhalt der Erklärung, der nach dem Empfängerhorizont zu bestimmen ist (Vogel in LK, 12. Aufl., § 253 Rn. 7).
51
c) Empfindlich im Sinne von § 240 Abs. 1 StGB ist ein angedrohtes Übel, wenn der in Aussicht gestellte Nachteil so erheblich ist, dass seine Ankündigung den Bedrohten im Sinne des Täterverlangens motivieren kann (vgl. Fischer aaO § 240 Rn. 32a mwN).

(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren das Urteil aufgehoben wird.