Bundesgerichtshof Beschluss, 15. März 2011 - 1 StR 260/09

bei uns veröffentlicht am15.03.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 260/09
vom
15. März 2011
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Betruges
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. März 2011 gemäß § 206a
Abs. 1, § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten K. und M. wird das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 12. Dezember

2008


a) aufgehoben, soweit der Angeklagte M. in den Fällen C. IV. in Verbindung mit den Tat-Nummern 211 bis 216 und 287 der Tabelle 7 der Urteilsgründe wegen Betruges verurteilt wurde, insoweit wird das Verfahren eingestellt; im Umfang der Einstellung fallen die Verfahrenskosten und die notwendigen Auslagen des Angeklagten M. der Staatskasse zur Last;
b) im Schuldspruch im Hinblick auf den Angeklagten M. dahingehend geändert, dass der Angeklagte M. des Betruges in 362 Fällen schuldig ist;
c) hinsichtlich dieser beiden Angeklagten im Strafausspruch aufgehoben. 2. Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten K. und M. werden verworfen. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten K. wegen Betruges in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und den Angeklagten M. wegen Betruges in 369 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren und sechs Monaten verurteilt und die Einziehung des beschlagnahmten Servers der Marke D. (Ass. XV.12) angeordnet. Hiergegen wenden sich die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revisionen der Angeklagten. Die Revisionen haben den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO). Im Übrigen sind sie unbegründet i.S.v. § 349 Abs. 2 StPO.

I.

2
1. Soweit der Angeklagte M. in den Fällen C. IV. in Verbindung mit den Tat-Nummern 211 bis 216 und 287 der Tabelle 7 der Urteilsgründe verurteilt wurde, ist die Verurteilung aufzuheben und das Verfahren nach § 206a Abs. 1 StPO einzustellen, da es insoweit an einer wirksamen Anklageerhebung fehlt.
3
a) Dem liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
4
In der unverändert zugelassenen Anklage wurden den Angeklagten K. und M. sowie drei weiteren Mitangeklagten insgesamt etwa 1.400 Einzeltaten bzw. Teilakte von Einzeltaten im Zusammenhang mit der betrügerischen Akquisition von Werbeanzeigen zur Last gelegt. Der Anklagesatz schildert den Aufbau einer im Wesentlichen vom Angeklagten K. gesteuerten Firmenstruktur sowie die generelle Begehungsweise der Taten. Aufgeteilt nach den verschiedenen Angeklagten enthält der Anklagesatz Ausfüh- rungen zur „generellen Vorgehensweise bei den Betrugstaten“, zur Gesamtzahl der den Angeklagten jeweils vorgeworfenen Taten und der ihnen jeweils zuzurechnenden Gesamtschäden. Außerdem ist der jeweilige Zeitrahmen genannt, in dem die Taten begangen wurden. Hinsichtlich sämtlicher anderer Einzelheiten ist unter der Überschrift „Einzeltaten und Schaden“ auf (insgesamt neun) sog. „Anlagen zum wesentlichen Ermittlungsergebnis“ verwiesen, die diese Angaben in Tabellenform enthalten, wobei die einzelnen Anlagen teilweise aufeinander Bezug nehmen.
5
Die dem Angeklagten M. zur Last liegenden Taten werden in der Anlage 3 angeführt, wobei eine Konkretisierung durch Verweis auf die Anlagen 1.1 bis 1.3 erfolgt. In der Anlage 1.3 fehlen insgesamt vier Seiten (Seiten 33 und 63 bis 65) mit genaueren Angaben zu 52 Einzeltaten, von denen sechs den Angeklagten M. betreffen.
6
In der Hauptverhandlung wurde der Anklagesatz verlesen, eine beabsichtigte Einführung der Anlagen im Selbstleseverfahren (§ 249 StPO) wurde nur teilweise durchgeführt.
7
b) Die Fälle C. IV. in Verbindung mit den Tat-Nummern 211 bis 216 der Tabelle 7 der Urteilsgründe (= Fälle 439, 441 bis 445 der Anlage 1.3 der Anklageschrift ), wegen derer der Angeklagte M. unter anderem verurteilt wurde , waren nicht von der Anklage und daher auch nicht vom Eröffnungsbeschluss umfasst. Bei diesen Taten handelt es sich um solche, die auf der in der Anklage nicht enthaltenen Seite 33 der Anlage 1.3 aufgeführt waren. Der Verweis in der Anlage 3 der Anklageschrift betreffend den Angeklagten M. ging daher ins Leere. Eine hinreichende Konkretisierung dieser Taten erfolgte somit nicht. Diese Fälle sind daher nicht angeklagt.

8
Darüber hinaus wurde der Angeklagte M. im Fall C. IV. in Verbindung mit der Tat-Nummer 287 der Tabelle 7 der Urteilsgründe verurteilt. Diese Tat war in der Anlage 1.3 der Anklageschrift unter der Nummer 662 aufgeführt. In der Anlage 3 wird indes nicht auf die Nummer 662 der Anlage 1.3 verwiesen. Auch insoweit fehlt es an einer wirksamen Anklage.
9
2. Demgegenüber erfasst die Anklage hinsichtlich des Angeklagten K. auch die in der Anlage 1.3 auf Seite 33 und den Seiten 63 bis 65 näher konkretisierten 52 Einzeltaten, wenngleich diese Seiten weder in der Anklage enthalten, noch Gegenstand des Eröffnungsbeschlusses waren.
10
a) Auf der Grundlage der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen hat das Landgericht bei dem Angeklagten K. - anders als noch die Anklage und der Eröffnungsbeschluss, die dem Angeklagten K. 1.335 vollendete und 63 versuchte jeweils i.S.v. § 53 StGB materiellrechtlich selbständige Betrugstaten zur Last gelegt haben - zu Recht unter dem Gesichtspunkt des uneigentlichen Organisationsdelikts die Verwirklichung von lediglich zwei Betrugstaten angenommen und den Angeklagten demgemäß verurteilt. Die einzelnen betrügerischen Vertragsabschlüsse, die durch die Mitarbeiter der Firmen des Angeklagten K. akquiriert worden waren, stellen insoweit lediglich unselbständige Teilakte der beiden Betrugstaten dar und waren Teil der insoweit angeklagten Lebenssachverhalte (§ 264 StPO; vgl. auch BGH, Beschluss vom 26. August 2003 - 5 StR 145/03, BGHSt 48, 331, 342 f.). Sie waren daher von der Anklage umfasst, unabhängig davon, ob die Teilakte in der Anklageschrift ausdrücklich wiedergegeben waren. Demgemäß waren sie auch, ohne dass es einer ausdrücklichen Benennung bedurfte, vom Eröffnungsbeschluss erfasst.
11
b) Die durch die Teilakte verursachten Schäden konnten mithin auch zur Bestimmung des Schuldumfangs herangezogen werden. Dass ein - insoweit in entsprechender Anwendung von § 265 Abs. 1 und 4 StPO gebotener - Hinweis unterblieben sei, wird nicht gerügt. Auf einem Verstoß gegen die Hinweispflicht würde das Urteil auch nicht beruhen. Es kann ausgeschlossen werden, dass sich der Angeklagte, der die Vertragsabschlüsse in objektiver Hinsicht eingeräumt hat, anders als geschehen verteidigt hätte. Ohnehin wurden Blatt 63 bis 65 der Anlage 1.3 (= Nr. 882 bis 921 der Straftatenliste) in die Hauptverhandlung eingeführt und den Angeklagten und den Verteidigern Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben (Strafakten Band IV Blatt 59 f. und Blatt 80 f.).

II.

12
Auf der Grundlage des vorstehend unter I. 1. a) geschilderten Verfahrensgeschehens machen die Angeklagten mit ihren identischen Verfahrensrügen geltend, dass durch den allein verlesenen Anklagesatz (§ 243 Abs. 3 Satz 1 StPO) die Verfahrensbeteiligten und die Öffentlichkeit mangels Konkretisierung der Einzeltaten nicht hinlänglich über den Verfahrensgegenstand informiert worden seien. Dieser Mangel sei hinsichtlich der Verfahrensbeteiligten, etwa der Schöffen, auch nicht durch ein ordnungsgemäßes Selbstleseverfahren kompensiert worden. Diese Rüge greift nicht durch.
13
1. Die Frage, ob der Anklagesatz den Anforderungen des § 243 Abs. 3 Satz 1 StPO i.V.m. § 200 StPO genügt, wenn einem Angeklagten eine große Zahl von Vermögensdelikten zur Last gelegt wird, die einem einheitlichen modus operandi folgen und im Anklagesatz, der allein in der Hauptverhandlung zu verlesen ist, neben der Schilderung der gleichartigen Tatausführung, die die Merkmale des jeweiligen Straftatbestandes erfüllt, die Gesamtzahl der Taten, der Tatzeitraum sowie der Gesamtschaden bezeichnet werden und die Einzel- heiten der Taten, d.h. die konkreten Tatzeitpunkte, die Tatorte, die Tatopfer und die jeweiligen Einzelschäden, ergänzend in einem anderen, nicht zu verlesenden Teil der Anklageschrift detailliert beschrieben sind, hat der Senat gemäß § 132 Abs. 2 und 4 GVG - nach Anfrage bei den übrigen Strafsenaten (§ 132 Abs. 3 GVG) - dem Großen Senat für Strafsachen des Bundesgerichtshofs zur Entscheidung vorgelegt.
14
Dieser hat mit Beschluss vom 12. Januar 2011 - GSSt 1/10 - wie folgt entschieden: "In Strafverfahren wegen einer Vielzahl gleichförmiger Taten oder Tateinzelakte, die durch eine gleichartige Begehungsweise gekennzeichnet sind, ist dem Erfordernis der Verlesung des Anklagesatzes i.S.d. § 243 Abs. 3 Satz 1 StPO Genüge getan, wenn dieser insoweit wörtlich vorgelesen wird, als in ihm die gleichartige Tatausführung, welche die Merkmale des jeweiligen Straftatbestands erfüllt, beschrieben und die Gesamtzahl der Taten, der Tatzeitraum sowie bei Vermögensdelikten der Gesamtschaden bestimmt sind. Einer Verlesung der näheren individualisierenden tatsächlichen Umstände der Einzeltaten oder der Einzelakte bedarf es in diesem Fall nicht."
15
Demnach muss der konkrete Anklagesatz in den einschlägigen Verfahren einerseits die Schilderung der gleichartigen Tatausführung, welche die Merkmale des jeweiligen Straftatbestands erfüllt, die Bezifferung der Gesamtzahl der Taten, die Bestimmung des Tatzeitraums sowie bei Vermögensdelikten die Bezifferung des Gesamtschadens umfassen. Andererseits sind - nach wie vor - auch die Auflistung der näheren individualisierenden tatsächlichen Umstände der Einzeltaten oder - namentlich in Fällen der Bewertungseinheit oder der uneigentlichen Organisationsdelikte - die Auflistung der Einzelakte der Taten Teil des Anklagesatzes. Eine Ausgliederung der letztgenannten Auflistungen der Tatdetails in das Wesentliche Ergebnis der Ermittlungen oder an andere Stelle der Anklage ist demnach mit § 200 Abs. 1 Satz 1, § 243 Abs. 3 Satz 1 StPO nicht vereinbar. Auf der Grundlage der Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen brauchen diese Auflistungen, die regelmäßig in tabellarischer Form die konkreten Tatzeitpunkte, die Tatorte, die Tatopfer und - bei Vermögensdelikten - die jeweiligen Einzelschäden bestimmen und dadurch die Einzeltaten näher individualisieren, jedoch nicht in der Hauptverhandlung verlesen zu werden. Vorzulesen ist lediglich die - regelmäßig in Fließtext abgefasste - allgemeine Schilderung der gleichartigen Tatausführung, in der die Merkmale des jeweiligen Straftatbestands dargelegt werden, die für alle Einzeltaten einheitlich gegeben sind.
16
2. Danach erweist sich die Rüge eines Verstoßes gegen § 243 Abs. 3 Satz 1 StPO als unbegründet. Der vom Großen Senat für Strafsachen für unerlässlich gehaltene Teil des Anklagesatzes wurde in der Hauptverhandlung verlesen.
17
Den Angeklagten lag eine Vielzahl gleichförmiger Taten bzw. Tateinzelakte zur Last, die durch eine gleichartige Begehungsweise gekennzeichnet sind. Insoweit waren die Voraussetzungen gegeben, die nach der Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen eine Beschränkung des in der Hauptverhandlung vorzulesenden Anklagesatzes auf die Schilderung der gleichartigen Tatausführung, welche die Merkmale des jeweiligen Straftatbestands erfüllt, und die Gesamtzahl der Taten, der Tatzeitraum sowie bei Vermögensdelikten der Gesamtschaden bestimmt sind, ermöglichte. Der in der Hauptverhandlung vorgelesene Anklagesatz genügte diesen Anforderungen.
18
3. Der Umstand, dass die näheren individualisierenden tatsächlichen Umstände der Einzeltaten oder der Einzelakte in Tabellen enthalten waren, die zwar Teil der Anklageschrift, aber nicht Teil des Anklagesatzes i.S.v. § 243 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 200 Abs. 1 StPO waren, stellt keinen Verfahrensfehler dar, auf dem das Urteil beruht. Insoweit kann der Senat offen lassen, ob dieser Fehler (zulässig) gerügt ist.
19
a) Die unvollständige Fassung des Anklagesatzes stellt keinen Fehler dar, der dazu führen würde, dass die Umgrenzungsfunktion der Anklage nicht gewährleistet wäre. Auch wenn der Anklagesatz lückenhaft ist, erfüllt die Anklage die Umgrenzungsfunktion doch hinreichend, wenn der Angeklagte die einzelnen Tatvorwürfe dem Wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen entnehmen kann (BGH, Urteil vom 28. April 2006 - 2 StR 174/05, NStZ 2006, 649). Dies ist hier durch die Bezugnahmen im Wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen auf die fraglichen Anlagen der Fall. Davon gehen auch die Revisionen aus.
20
b) Aufgrund der oben genannten Gründe waren diese näheren individualisierenden tatsächlichen Umstände der Einzeltaten oder der Einzelakte nicht in der Hauptverhandlung zu verlesen. Die Informationsfunktion, die der Verlesung des Anklagesatzes in der Hauptverhandlung zukommt, wird daher durch die unvollständige Fassung des Anklagesatzes bereits nicht berührt.
21
Darüber hinaus entfaltet die Anklage ihre Informationsfunktion gegenüber dem Angeklagten und seinem Verteidiger im Wesentlichen dadurch, dass sie vollumfänglich dem Angeschuldigten und seinem Verteidiger alsbald nach Eingang durch den Vorsitzenden des Gerichts mitzuteilen ist (§ 201 Abs. 1 Satz 1 StPO; vgl. BGH [GS], Beschluss vom 12. Januar 2011 - GSSt 1/10 Rn. 25). Auch insoweit wirkt sich die vorliegende Fassung des Anklagesatzes nicht zum Nachteil der Angeklagten aus. Wenngleich die Einzeltaten nicht Gegenstand des Anklagesatzes waren, sondern in Tabellen aufgeführt wurden, die sich an anderer Stelle in der Anklage befanden, wurden die Angeklagten durch die Anklageschrift in ihrer Gesamtheit über die Einzelheiten des Anklagevorwurfs so ausreichend unterrichtet, dass Gelegenheit bestand, das Prozessverhalten hierauf einzustellen.

III.


22
Die Aufhebung der Verurteilung des Angeklagten M. in den Fällen C. IV. in Verbindung mit den Tat-Nummern 211 bis 216 und 287 der Tabelle 7 der Urteilsgründe und die diesbezügliche Einstellung des Verfahrens nach § 206a Abs. 1 StPO bringt den Wegfall der für diese Taten verhängten Einzelstrafen mit sich. Darüber hinaus sind die weiteren gegen den Angeklagten M. verhängten Einzelstrafen sowie die gegen den Angeklagten K. verhängten Einzelstrafen aufzuheben. Diese wurden zwar durch das Landgericht rechtsfehlerfrei bemessen; indes bedingt der seit Erlass des landgerichtlichen Urteils verstrichene Zeitraum eine neue Strafzumessung.
23
Seit Verkündung des landgerichtlichen Urteils sind zwischenzeitlich mehr als zwei Jahre und drei Monate vergangen. Etwas mehr als fünf Monate entfielen dabei auf die Absetzung und Zustellung des Urteils sowie auf die Abfassung der Revisionsbegründungen, der diesbezüglichen Gegenerklärung der Staatsanwaltschaft und der Antragsschriften des Generalbundesanwalts. Die Durchführung des Anfrage- und Vorlageverfahrens nach § 132 GVG nahm gut ein Jahr und vier Monate in Anspruch. Seit der Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen mit Beschluss vom 12. Januar 2011 sind weitere zwei Monate vergangen, innerhalb derer der Beschluss des Großen Senats für Strafsachen zugestellt und den Angeklagten die Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben wurde.
24
1. Vor diesem Hintergrund ist keine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung gegeben, die in Anwendung der Grundsätze der Vollstreckungslö- sung, durch Bestimmung eines als vollstreckt geltenden Teils der Gesamtfreiheitsstrafe zu kompensieren wäre (vgl. BGH [GS], Beschluss vom 17. Januar 2008 - GSSt 1/07, BGHSt 52, 124).
25
a) Die außerhalb des Anfrage- und Vorlageverfahrens verstrichenen Zeiträume resultieren im Wesentlichen aus gesetzlich vorgesehenen Fristen und den Verfahrensabläufen eines Revisionsverfahrens. Sie erweisen sich insoweit nicht als beanstandungswürdig (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Dezember 2003 - 1 StR 445/03, NStZ 2004, 504, 505).
26
b) Daneben kann die Durchführung eines Vorlageverfahrens zum Großen Senat des Bundesgerichtshofs für Strafsachen nach § 132 GVG als solche regelmäßig eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung nicht begründen. Wegen der großen Bedeutung der dem Großen Senat des Bundesgerichtshofs für Strafsachen vorgelegten Rechtsfragen und ihrer Schwierigkeit erfordert das vorausgehende Anfrageverfahren nach § 132 Abs. 3 GVG ebenso wie das Vorlageverfahren selbst eine eingehende und zeitintensive Befassung zunächst sämtlicher Strafsenate des Bundesgerichtshofs und sodann des Großen Senats des Bundesgerichtshofs für Strafsachen (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Dezember 2005 - 3 StR 61/02, NStZ-RR 2007 [bei Becker], 293).
27
2. Gleichwohl können die - an sich rechtsfehlerfrei bemessenen - Einzelstrafen keinen Bestand haben. Der Umstand, dass nach Erlass des tatrichterlichen Urteils ein nicht unerheblicher Zeitraum verstrichen ist, muss vorliegend zu Gunsten der Angeklagten strafmildernd Berücksichtigung finden, da sie dies nicht zu vertreten haben (vgl. BGH, Urteil vom 26. Januar 2006 - 3 StR 415/02, NStZ-RR 2006, 187, 188). Die seit den Taten vergangene Zeit und die aus der Verfahrensdauer resultierende Belastung für den Angeklagten stellen grund- sätzlich einen bestimmenden Strafzumessungsgrund dar. Diese Umstände konnte das Landgericht bei der Bemessung der Strafen nicht im gebotenen Umfang berücksichtigen, da sie zum Teil erst nach Erlass des tatrichterlichen Urteils entstanden sind. Sie sind nunmehr ergänzend festzustellen und in wertender Betrachtung bei der Straffestsetzung in den Grenzen des gesetzlich eröffneten Strafrahmens bereits bei der Bemessung der Einzelstrafen mildernd zu berücksichtigen (vgl. BGH [GS], Beschluss vom 17. Januar 2008 - GSSt 1/07, BGHSt 52, 124 Rn. 55).
28
3. Die Feststellung dieser Umstände und deren Bewertung obliegt dem neuen Tatgericht. Eine in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1a StPO erfolgende Herabsetzung der Einzelstrafen durch den Senat scheidet vorliegend aus. In Anbetracht der von den Angeklagten vorgetragenen, aus der Zeit nach Erlass des tatgerichtlichen Urteils resultierenden Umstände, die im vorgenannten Sinne für die Bemessung der Strafe bedeutsam sein könnten, würde ein solches Vorgehen mit Blick auf das insoweit zu beachtende Verfahren (vgl. BVerfG NJW 2007, 2977, 2980 f.) im Vergleich zur Aufhebung und Zurückverweisung keine Beschleunigung darstellen.
29
4. Die Aufhebung der Einzelstrafen führt zum Wegfall der Gesamtfreiheitsstrafen. Einer Aufhebung der insoweit rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen bedarf es nicht. Diese sind unter Berücksichtigung der nunmehr zusätzlich zu treffenden Feststellungen durch das neue Tatgericht erneut zu werten.

IV.

30
Aufgrund der Teilaufhebung und Zurückverweisung erweist sich die sofortige Beschwerde des Angeklagten K. gegen die Kosten- und Auslagenentscheidung als gegenstandslos. Nack Wahl Rothfuß RiBGH Prof. Dr. Jäger ist urlaubsabwesend und deshalb an der Unterschrift gehindert. Nack Sander

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 15. März 2011 - 1 StR 260/09

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 15. März 2011 - 1 StR 260/09

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 15. März 2011 - 1 StR 260/09 zitiert 12 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 354 Eigene Entscheidung in der Sache; Zurückverweisung


(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört

Strafprozeßordnung - StPO | § 265 Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes oder der Sachlage


(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gel

Strafgesetzbuch - StGB | § 53 Tatmehrheit


(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. (2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wi

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 132


(1) Beim Bundesgerichtshof werden ein Großer Senat für Zivilsachen und ein Großer Senat für Strafsachen gebildet. Die Großen Senate bilden die Vereinigten Großen Senate. (2) Will ein Senat in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Sena

Strafprozeßordnung - StPO | § 264 Gegenstand des Urteils


(1) Gegenstand der Urteilsfindung ist die in der Anklage bezeichnete Tat, wie sie sich nach dem Ergebnis der Verhandlung darstellt. (2) Das Gericht ist an die Beurteilung der Tat, die dem Beschluß über die Eröffnung des Hauptverfahrens zugrunde l

Strafprozeßordnung - StPO | § 243 Gang der Hauptverhandlung


(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind. (

Strafprozeßordnung - StPO | § 206a Einstellung des Verfahrens bei Verfahrenshindernis


(1) Stellt sich nach Eröffnung des Hauptverfahrens ein Verfahrenshindernis heraus, so kann das Gericht außerhalb der Hauptverhandlung das Verfahren durch Beschluß einstellen. (2) Der Beschluß ist mit sofortiger Beschwerde anfechtbar.

Strafprozeßordnung - StPO | § 249 Führung des Urkundenbeweises durch Verlesung; Selbstleseverfahren


(1) Urkunden sind zum Zweck der Beweiserhebung über ihren Inhalt in der Hauptverhandlung zu verlesen. Elektronische Dokumente sind Urkunden, soweit sie verlesbar sind. (2) Von der Verlesung kann, außer in den Fällen der §§ 253 und 254, abgesehen

Strafprozeßordnung - StPO | § 200 Inhalt der Anklageschrift


(1) Die Anklageschrift hat den Angeschuldigten, die Tat, die ihm zur Last gelegt wird, Zeit und Ort ihrer Begehung, die gesetzlichen Merkmale der Straftat und die anzuwendenden Strafvorschriften zu bezeichnen (Anklagesatz). In ihr sind ferner die Bew

Strafprozeßordnung - StPO | § 201 Übermittlung der Anklageschrift


(1) Der Vorsitzende des Gerichts teilt die Anklageschrift dem Angeschuldigten mit und fordert ihn zugleich auf, innerhalb einer zu bestimmenden Frist zu erklären, ob er die Vornahme einzelner Beweiserhebungen vor der Entscheidung über die Eröffnung d

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Beschluss, 15. März 2011 - 1 StR 260/09 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 15. März 2011 - 1 StR 260/09 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Dez. 2003 - 1 StR 445/03

bei uns veröffentlicht am 17.12.2003

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 445/03 vom 17. Dezember 2003 in der Strafsache gegen wegen Betrugs u. a. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. Dezember 2003 beschlossen : Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgeric

Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Jan. 2008 - GSSt 1/07

bei uns veröffentlicht am 17.01.2008

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS GSSt 1/07 vom 17. Januar 2008 in der Strafsache gegen Nachschlagewerk: ja BGHSt: ja Veröffentlichung: ja ___________________________________ MRK Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Ist der Abschluss eines Strafverfahrens rechtssta
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 15. März 2011 - 1 StR 260/09.

Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Jan. 2012 - 1 StR 45/11

bei uns veröffentlicht am 25.01.2012

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 45/11 vom 25. Januar 2012 BGHSt: ja BGHR: ja Nachschlagewerk: ja Veröffentlichung: ja ______________________ StGB § 263 Abs. 1 und 3 Zum Abrechnungsbetrug eines privatliquidierenden Arztes für nicht persönlic

Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 17. Juli 2013 - 2 B 27/12

bei uns veröffentlicht am 17.07.2013

Gründe 1 Die auf Verfahrensfehler und auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützte Beschwerde des Beklagten hat keinen Erfolg.

Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Stellt sich nach Eröffnung des Hauptverfahrens ein Verfahrenshindernis heraus, so kann das Gericht außerhalb der Hauptverhandlung das Verfahren durch Beschluß einstellen.

(2) Der Beschluß ist mit sofortiger Beschwerde anfechtbar.

(1) Urkunden sind zum Zweck der Beweiserhebung über ihren Inhalt in der Hauptverhandlung zu verlesen. Elektronische Dokumente sind Urkunden, soweit sie verlesbar sind.

(2) Von der Verlesung kann, außer in den Fällen der §§ 253 und 254, abgesehen werden, wenn die Richter und Schöffen vom Wortlaut der Urkunde Kenntnis genommen haben und die übrigen Beteiligten hierzu Gelegenheit hatten. Widerspricht der Staatsanwalt, der Angeklagte oder der Verteidiger unverzüglich der Anordnung des Vorsitzenden, nach Satz 1 zu verfahren, so entscheidet das Gericht. Die Anordnung des Vorsitzenden, die Feststellungen über die Kenntnisnahme und die Gelegenheit hierzu und der Widerspruch sind in das Protokoll aufzunehmen.

(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.

(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.

(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.

(1) Gegenstand der Urteilsfindung ist die in der Anklage bezeichnete Tat, wie sie sich nach dem Ergebnis der Verhandlung darstellt.

(2) Das Gericht ist an die Beurteilung der Tat, die dem Beschluß über die Eröffnung des Hauptverfahrens zugrunde liegt, nicht gebunden.

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind.

(2) Die Zeugen verlassen den Sitzungssaal. Der Vorsitzende vernimmt den Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse.

(3) Darauf verliest der Staatsanwalt den Anklagesatz. Dabei legt er in den Fällen des § 207 Abs. 3 die neue Anklageschrift zugrunde. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 3 trägt der Staatsanwalt den Anklagesatz mit der dem Eröffnungsbeschluß zugrunde liegenden rechtlichen Würdigung vor; außerdem kann er seine abweichende Rechtsauffassung äußern. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 4 berücksichtigt er die Änderungen, die das Gericht bei der Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung beschlossen hat.

(4) Der Vorsitzende teilt mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Diese Pflicht gilt auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung, soweit sich Änderungen gegenüber der Mitteilung zu Beginn der Hauptverhandlung ergeben haben.

(5) Sodann wird der Angeklagte darauf hingewiesen, daß es ihm freistehe, sich zu der Anklage zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Ist der Angeklagte zur Äußerung bereit, so wird er nach Maßgabe des § 136 Abs. 2 zur Sache vernommen. Auf Antrag erhält der Verteidiger in besonders umfangreichen erstinstanzlichen Verfahren vor dem Land- oder Oberlandesgericht, in denen die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird, Gelegenheit, vor der Vernehmung des Angeklagten für diesen eine Erklärung zur Anklage abzugeben, die den Schlussvortrag nicht vorwegnehmen darf. Der Vorsitzende kann dem Verteidiger aufgeben, die weitere Erklärung schriftlich einzureichen, wenn ansonsten der Verfahrensablauf erheblich verzögert würde; § 249 Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend. Vorstrafen des Angeklagten sollen nur insoweit festgestellt werden, als sie für die Entscheidung von Bedeutung sind. Wann sie festgestellt werden, bestimmt der Vorsitzende.

(1) Die Anklageschrift hat den Angeschuldigten, die Tat, die ihm zur Last gelegt wird, Zeit und Ort ihrer Begehung, die gesetzlichen Merkmale der Straftat und die anzuwendenden Strafvorschriften zu bezeichnen (Anklagesatz). In ihr sind ferner die Beweismittel, das Gericht, vor dem die Hauptverhandlung stattfinden soll, und der Verteidiger anzugeben. Bei der Benennung von Zeugen ist nicht deren vollständige Anschrift, sondern nur deren Wohn- oder Aufenthaltsort anzugeben. In den Fällen des § 68 Absatz 1 Satz 3, Absatz 2 Satz 1 genügt die Angabe des Namens des Zeugen. Wird ein Zeuge benannt, dessen Identität ganz oder teilweise nicht offenbart werden soll, so ist dies anzugeben; für die Geheimhaltung des Wohn- oder Aufenthaltsortes des Zeugen gilt dies entsprechend.

(2) In der Anklageschrift wird auch das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen dargestellt. Davon kann abgesehen werden, wenn Anklage beim Strafrichter erhoben wird.

(1) Beim Bundesgerichtshof werden ein Großer Senat für Zivilsachen und ein Großer Senat für Strafsachen gebildet. Die Großen Senate bilden die Vereinigten Großen Senate.

(2) Will ein Senat in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Senats abweichen, so entscheiden der Große Senat für Zivilsachen, wenn ein Zivilsenat von einem anderen Zivilsenat oder von dem Großen Zivilsenat, der Große Senat für Strafsachen, wenn ein Strafsenat von einem anderen Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen, die Vereinigten Großen Senate, wenn ein Zivilsenat von einem Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen oder ein Strafsenat von einem Zivilsenat oder von dem Großen Senat für Zivilsachen oder ein Senat von den Vereinigten Großen Senaten abweichen will.

(3) Eine Vorlage an den Großen Senat oder die Vereinigten Großen Senate ist nur zulässig, wenn der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, auf Anfrage des erkennenden Senats erklärt hat, daß er an seiner Rechtsauffassung festhält. Kann der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, wegen einer Änderung des Geschäftsverteilungsplanes mit der Rechtsfrage nicht mehr befaßt werden, tritt der Senat an seine Stelle, der nach dem Geschäftsverteilungsplan für den Fall, in dem abweichend entschieden wurde, zuständig wäre. Über die Anfrage und die Antwort entscheidet der jeweilige Senat durch Beschluß in der für Urteile erforderlichen Besetzung; § 97 Abs. 2 Satz 1 des Steuerberatungsgesetzes und § 74 Abs. 2 Satz 1 der Wirtschaftsprüferordnung bleiben unberührt.

(4) Der erkennende Senat kann eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung dem Großen Senat zur Entscheidung vorlegen, wenn das nach seiner Auffassung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.

(5) Der Große Senat für Zivilsachen besteht aus dem Präsidenten und je einem Mitglied der Zivilsenate, der Große Senate für Strafsachen aus dem Präsidenten und je zwei Mitgliedern der Strafsenate. Legt ein anderer Senat vor oder soll von dessen Entscheidung abgewichen werden, ist auch ein Mitglied dieses Senats im Großen Senat vertreten. Die Vereinigten Großen Senate bestehen aus dem Präsidenten und den Mitgliedern der Großen Senate.

(6) Die Mitglieder und die Vertreter werden durch das Präsidium für ein Geschäftsjahr bestellt. Dies gilt auch für das Mitglied eines anderen Senats nach Absatz 5 Satz 2 und für seinen Vertreter. Den Vorsitz in den Großen Senaten und den Vereinigten Großen Senaten führt der Präsident, bei Verhinderung das dienstälteste Mitglied. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.

(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind.

(2) Die Zeugen verlassen den Sitzungssaal. Der Vorsitzende vernimmt den Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse.

(3) Darauf verliest der Staatsanwalt den Anklagesatz. Dabei legt er in den Fällen des § 207 Abs. 3 die neue Anklageschrift zugrunde. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 3 trägt der Staatsanwalt den Anklagesatz mit der dem Eröffnungsbeschluß zugrunde liegenden rechtlichen Würdigung vor; außerdem kann er seine abweichende Rechtsauffassung äußern. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 4 berücksichtigt er die Änderungen, die das Gericht bei der Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung beschlossen hat.

(4) Der Vorsitzende teilt mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Diese Pflicht gilt auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung, soweit sich Änderungen gegenüber der Mitteilung zu Beginn der Hauptverhandlung ergeben haben.

(5) Sodann wird der Angeklagte darauf hingewiesen, daß es ihm freistehe, sich zu der Anklage zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Ist der Angeklagte zur Äußerung bereit, so wird er nach Maßgabe des § 136 Abs. 2 zur Sache vernommen. Auf Antrag erhält der Verteidiger in besonders umfangreichen erstinstanzlichen Verfahren vor dem Land- oder Oberlandesgericht, in denen die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird, Gelegenheit, vor der Vernehmung des Angeklagten für diesen eine Erklärung zur Anklage abzugeben, die den Schlussvortrag nicht vorwegnehmen darf. Der Vorsitzende kann dem Verteidiger aufgeben, die weitere Erklärung schriftlich einzureichen, wenn ansonsten der Verfahrensablauf erheblich verzögert würde; § 249 Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend. Vorstrafen des Angeklagten sollen nur insoweit festgestellt werden, als sie für die Entscheidung von Bedeutung sind. Wann sie festgestellt werden, bestimmt der Vorsitzende.

(1) Die Anklageschrift hat den Angeschuldigten, die Tat, die ihm zur Last gelegt wird, Zeit und Ort ihrer Begehung, die gesetzlichen Merkmale der Straftat und die anzuwendenden Strafvorschriften zu bezeichnen (Anklagesatz). In ihr sind ferner die Beweismittel, das Gericht, vor dem die Hauptverhandlung stattfinden soll, und der Verteidiger anzugeben. Bei der Benennung von Zeugen ist nicht deren vollständige Anschrift, sondern nur deren Wohn- oder Aufenthaltsort anzugeben. In den Fällen des § 68 Absatz 1 Satz 3, Absatz 2 Satz 1 genügt die Angabe des Namens des Zeugen. Wird ein Zeuge benannt, dessen Identität ganz oder teilweise nicht offenbart werden soll, so ist dies anzugeben; für die Geheimhaltung des Wohn- oder Aufenthaltsortes des Zeugen gilt dies entsprechend.

(2) In der Anklageschrift wird auch das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen dargestellt. Davon kann abgesehen werden, wenn Anklage beim Strafrichter erhoben wird.

(1) Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Vorsitzende stellt fest, ob der Angeklagte und der Verteidiger anwesend und die Beweismittel herbeigeschafft, insbesondere die geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind.

(2) Die Zeugen verlassen den Sitzungssaal. Der Vorsitzende vernimmt den Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse.

(3) Darauf verliest der Staatsanwalt den Anklagesatz. Dabei legt er in den Fällen des § 207 Abs. 3 die neue Anklageschrift zugrunde. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 3 trägt der Staatsanwalt den Anklagesatz mit der dem Eröffnungsbeschluß zugrunde liegenden rechtlichen Würdigung vor; außerdem kann er seine abweichende Rechtsauffassung äußern. In den Fällen des § 207 Abs. 2 Nr. 4 berücksichtigt er die Änderungen, die das Gericht bei der Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung beschlossen hat.

(4) Der Vorsitzende teilt mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt. Diese Pflicht gilt auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung, soweit sich Änderungen gegenüber der Mitteilung zu Beginn der Hauptverhandlung ergeben haben.

(5) Sodann wird der Angeklagte darauf hingewiesen, daß es ihm freistehe, sich zu der Anklage zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Ist der Angeklagte zur Äußerung bereit, so wird er nach Maßgabe des § 136 Abs. 2 zur Sache vernommen. Auf Antrag erhält der Verteidiger in besonders umfangreichen erstinstanzlichen Verfahren vor dem Land- oder Oberlandesgericht, in denen die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird, Gelegenheit, vor der Vernehmung des Angeklagten für diesen eine Erklärung zur Anklage abzugeben, die den Schlussvortrag nicht vorwegnehmen darf. Der Vorsitzende kann dem Verteidiger aufgeben, die weitere Erklärung schriftlich einzureichen, wenn ansonsten der Verfahrensablauf erheblich verzögert würde; § 249 Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend. Vorstrafen des Angeklagten sollen nur insoweit festgestellt werden, als sie für die Entscheidung von Bedeutung sind. Wann sie festgestellt werden, bestimmt der Vorsitzende.

(1) Die Anklageschrift hat den Angeschuldigten, die Tat, die ihm zur Last gelegt wird, Zeit und Ort ihrer Begehung, die gesetzlichen Merkmale der Straftat und die anzuwendenden Strafvorschriften zu bezeichnen (Anklagesatz). In ihr sind ferner die Beweismittel, das Gericht, vor dem die Hauptverhandlung stattfinden soll, und der Verteidiger anzugeben. Bei der Benennung von Zeugen ist nicht deren vollständige Anschrift, sondern nur deren Wohn- oder Aufenthaltsort anzugeben. In den Fällen des § 68 Absatz 1 Satz 3, Absatz 2 Satz 1 genügt die Angabe des Namens des Zeugen. Wird ein Zeuge benannt, dessen Identität ganz oder teilweise nicht offenbart werden soll, so ist dies anzugeben; für die Geheimhaltung des Wohn- oder Aufenthaltsortes des Zeugen gilt dies entsprechend.

(2) In der Anklageschrift wird auch das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen dargestellt. Davon kann abgesehen werden, wenn Anklage beim Strafrichter erhoben wird.

(1) Der Vorsitzende des Gerichts teilt die Anklageschrift dem Angeschuldigten mit und fordert ihn zugleich auf, innerhalb einer zu bestimmenden Frist zu erklären, ob er die Vornahme einzelner Beweiserhebungen vor der Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens beantragen oder Einwendungen gegen die Eröffnung des Hauptverfahrens vorbringen wolle. Die Anklageschrift ist auch dem Nebenkläger und dem Nebenklagebefugten, der dies beantragt hat, zu übersenden; § 145a Absatz 1 und 3 gilt entsprechend.

(2) Über Anträge und Einwendungen beschließt das Gericht. Die Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Stellt sich nach Eröffnung des Hauptverfahrens ein Verfahrenshindernis heraus, so kann das Gericht außerhalb der Hauptverhandlung das Verfahren durch Beschluß einstellen.

(2) Der Beschluß ist mit sofortiger Beschwerde anfechtbar.

(1) Beim Bundesgerichtshof werden ein Großer Senat für Zivilsachen und ein Großer Senat für Strafsachen gebildet. Die Großen Senate bilden die Vereinigten Großen Senate.

(2) Will ein Senat in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Senats abweichen, so entscheiden der Große Senat für Zivilsachen, wenn ein Zivilsenat von einem anderen Zivilsenat oder von dem Großen Zivilsenat, der Große Senat für Strafsachen, wenn ein Strafsenat von einem anderen Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen, die Vereinigten Großen Senate, wenn ein Zivilsenat von einem Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen oder ein Strafsenat von einem Zivilsenat oder von dem Großen Senat für Zivilsachen oder ein Senat von den Vereinigten Großen Senaten abweichen will.

(3) Eine Vorlage an den Großen Senat oder die Vereinigten Großen Senate ist nur zulässig, wenn der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, auf Anfrage des erkennenden Senats erklärt hat, daß er an seiner Rechtsauffassung festhält. Kann der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, wegen einer Änderung des Geschäftsverteilungsplanes mit der Rechtsfrage nicht mehr befaßt werden, tritt der Senat an seine Stelle, der nach dem Geschäftsverteilungsplan für den Fall, in dem abweichend entschieden wurde, zuständig wäre. Über die Anfrage und die Antwort entscheidet der jeweilige Senat durch Beschluß in der für Urteile erforderlichen Besetzung; § 97 Abs. 2 Satz 1 des Steuerberatungsgesetzes und § 74 Abs. 2 Satz 1 der Wirtschaftsprüferordnung bleiben unberührt.

(4) Der erkennende Senat kann eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung dem Großen Senat zur Entscheidung vorlegen, wenn das nach seiner Auffassung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.

(5) Der Große Senat für Zivilsachen besteht aus dem Präsidenten und je einem Mitglied der Zivilsenate, der Große Senate für Strafsachen aus dem Präsidenten und je zwei Mitgliedern der Strafsenate. Legt ein anderer Senat vor oder soll von dessen Entscheidung abgewichen werden, ist auch ein Mitglied dieses Senats im Großen Senat vertreten. Die Vereinigten Großen Senate bestehen aus dem Präsidenten und den Mitgliedern der Großen Senate.

(6) Die Mitglieder und die Vertreter werden durch das Präsidium für ein Geschäftsjahr bestellt. Dies gilt auch für das Mitglied eines anderen Senats nach Absatz 5 Satz 2 und für seinen Vertreter. Den Vorsitz in den Großen Senaten und den Vereinigten Großen Senaten führt der Präsident, bei Verhinderung das dienstälteste Mitglied. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.

55
1. Wie bisher sind zunächst Art und Ausmaß der Verzögerung sowie ihre Ursachen zu ermitteln und im Urteil konkret festzustellen. Diese Feststellung dient zunächst als Grundlage für die Strafzumessung. Der Tatrichter hat insofern in wertender Betrachtung zu entscheiden, ob und in welchem Umfang der zeitliche Abstand zwischen Tat und Urteil sowie die besonderen Belastungen, denen der Angeklagte wegen der überlangen Verfahrensdauer ausgesetzt war, bei der Straffestsetzung in den Grenzen des gesetzlich eröffneten Strafrahmens mildernd zu berücksichtigen sind. Die entsprechenden Erörterungen sind als bestimmende Zumessungsfaktoren in den Urteilsgründen kenntlich zu machen (§ 267 Abs. 3 Satz 1 StPO); einer Bezifferung des Maßes der Strafmilderung bedarf es nicht.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 445/03
vom
17. Dezember 2003
in der Strafsache
gegen
wegen Betrugs u. a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. Dezember 2003 beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
München I vom 23. April 2003 wird als unbegründet verworfen, da
die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung
keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat:
Die Strafbemessung begegnet auch unter dem Gesichtspunkt der Dauer
des Strafverfahrens keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
1. Das Landgericht hat die lange Zeitspanne zwischen den Taten des
Angeklagten und der nunmehrigen Aburteilung ebenso strafmildernd berücksichtigt
wie den Umstand, daß diese nicht vom Angeklagten zu vertreten ist
(UA S. 44, 45).
2. Soweit die Revision meint, es liege eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung
(gemeint: im Sinne des Artikel 6 Abs. 1 Satz 1 MRK) vor, deren
einzelne Ursachen in den Urteilsgründen näherer Feststellung und Erörterung
bedurft hätten, und dabei die Zeiträume zwischen verschiedenen Verfahrensereignissen
anspricht, gilt folgendes:

a) Die Rüge ist schon nicht in zulässiger Weise erhoben. Will ein Beschwerdeführer
beanstanden, durch das Verfahren sei das Beschleunigungs-
gebot des Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK verletzt und die Verfahrensverzögerung sei
im Urteil nicht berücksichtigt worden, so hat er die Tatsachen, die den behaupteten
Verfahrensverstoß belegen, in der Revisionsbegründung darzulegen
, um dem Revisionsgericht eine entsprechende Nachprüfung zu ermöglichen
(§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Entsprechendes gilt, wenn der Beschwerdeführer
wie hier beanstandet, das Urteil sei zwar eher allgemein vom Vorliegen
einer Verfahrensverzögerung ausgegangen, aber Art, Ausmaß und Umstände
dieser Verzögerung seien nicht oder nicht genügend festgestellt (so BGHR
MRK Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Verfahrensverzögerung 7 m.w.Rspr.Nw.).
Dem wird die Revisionsbegründung nicht gerecht. So heißt es dort etwa,
der Zeitraum von ca. einem Jahr für das Zwischenverfahren und derjenige von
14 Monaten zwischen der ersten Revisionsentscheidung und dem Beginn der
erneuten Hauptverhandlung seien erörterungsbedürftig gewesen. Hier wäre
vorzutragen gewesen, was die Aktenlage insoweit zur Sachbehandlung und
Verfahrensförderung konkret ergibt. Es ist nicht Aufgabe des Senats, von Amts
wegen das - hier mehr als 60 Stehordner umfassende - Aktenwerk auf Verzögerungen
durchzusehen oder auch nur in Teilabschnitten zu sichten, um die
allgemein unter Hinweis auf zeitliche Eckdaten aufgestellte Behauptung einer
Verzögerung zu prüfen. Beispielhaft zeigt sich gerade hinsichtlich des Zeitraums
zwischen der ersten Revisionsentscheidung und der erneuten Hauptverhandlung
, daß insoweit die Hinweise bedeutsam sein können, die in dem in
dieser Sache ergangenen Senatsbeschluß vom 7. Februar 2002 - 1 StR 222/01
- unter IV.3.d) enthalten sind. Diese können naheliegenderweise zunächst, vor
der Neuverhandlung, weitere Ermittlungen veranlaßt haben. Hierzu wäre konkret
vorzutragen gewesen. Wäre dies geschehen, ergäbe sich eine andere Beurteilung
als auf der Grundlage des unvollständigen Revisionsvortrages. Auch
soweit sich die Revision darauf bezieht, daß die Strafkammer im Urteil aus-
führt, nach dem 13. Oktober 1995 sei ein "vorübergehender faktischer Stillstand"
in den polizeilichen Ermittlungen eingetreten, hätte die Revision dazu
Einzelheiten darlegen müssen, insbesondere auch zur Frage der genauen
Dauer dieses Stillstandes.

b) Die Rüge hat auch deshalb keinen Erfolg, weil das Landgericht von
einer "überlangen Verfahrensdauer" ausgeht und diese bei der Bemessung der
Gesamtstrafe konkret, bei der Zumessung der Einzelstrafen in allgemeiner
Form kompensiert hat.
Der Senat entnimmt dem Zusammenhang der Urteilsgründe, daß die
Strafkammer unter dem Oberbegriff der "überlangen Verfahrensdauer" neben
dem reinen Zeitablauf auch eine "rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung"
feststellen wollte. Dafür spricht die vorgenommene Kompensation bei der Gesamtstrafbildung.
Zudem umfaßt der verwendete Oberbegriff in der älteren
Rechtsprechung (vgl. BGH NStZ 1999, 181) durchaus auch die rechtsstaatswidrigen
Verfahrensverzögerungen, wie sich an der Veröffentlichung von einschlägigen
Entscheidungen und Stellungnahmen im Schrifttum unter entsprechenden
Überschriften und Leitsätzen zeigt (so schon BGHR StGB § 46 Abs. 2
Verfahrensverzögerung 12 m.w.N.).
Das Landgericht hat auf der Grundlage dieser Bewertung das Maß der
Kompensation bei der Straffindung hinreichend bestimmt. Bei der Bildung der
Gesamtstrafe hat es den Strafabschlag von einem Jahr und sechs Monaten
ausdrücklich festgehalten und im Urteil als solchen ausgewiesen. Daß dies bei
den Einzelstrafen - obgleich grundsätzlich erforderlich - nicht konkret in Form
einer Gegenüberstellung verschiedener Strafmaße geschehen ist, vermag den
Bestand des Strafausspruches hier nicht zu gefährden. Die Strafkammer hat
ausdrücklich hervorgehoben, sie hätte höhere Einzelstrafen angesetzt, wenn
nicht eine Kompensation erfolgt wäre (UA S. 48). Deshalb steht nicht zu besorgen
, daß der Angeklagte etwa im Falle der späteren Notwendigkeit einer anderweitigen
nachträglichen Gesamtstrafenbildung beim Wegfall der jetzt in Rede
stehenden Gesamtstrafe benachteiligt werden könnte. Angesichts der eher
milden Einzelstrafen und des straffen Zusammenzuges bei der Gesamtstrafenbildung
vermag der Senat zudem sicher auszuschließen, daß das Verhältnis
zwischen den ermäßigten wie nicht ermäßigten Einzelstrafen und den beiden
gegenübergestellten Gesamtstrafen unstimmig sein könnte (vgl. dazu BGH
NStZ 2002, 589).

c) Der Senat sieht indessen auf der Grundlage der Urteilsausführungen
keinen Grund zur Annahme einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung,
weil das Verfahren von außergewöhnlicher Komplexität und auch sonst schwierig
war. Durch die gegenteilige Wertung des Landgerichts und die darauf gestützte
, genau bemessene Milderung der Gesamtstrafe ist der Angeklagte jedoch
nicht beschwert.
Soweit sich aus dem Urteil des Landgerichts selbst einige zeitliche
Spannen zwischen Verfahrensabschnitten ergeben (UA S. 44 f.), erweisen sich
diese in einer Gesamtschau nicht als von solcher Qualität, daß dies die Annahme
der Rechtsstaatswidrigkeit und der Unangemessenheit (im Sinne von
Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK) begründen könnte. In Fällen solcher Art hat der Tatrichter
zu prüfen, ob die Sache insgesamt in angemessener Frist verhandelt
worden ist, wobei eine gewisse Untätigkeit innerhalb einzelner Verfahrensabschnitte
dann nicht zu einer Verletzung von Artikel 6 Abs. 1 Satz 1 MRK führt,
wenn dadurch die Gesamtdauer des Verfahrens nicht unangemessen lang
wird. Dabei beginnt die "angemessene Frist" im Sinne der Konvention, wenn
der Beschuldigte von den Ermittlungen in Kenntnis gesetzt wird; sie endet mit
dem rechtskräftigen Abschluß des Verfahrens. Neben der gesamten Dauer
vom Beginn bis zum Ende der Frist kommen für die Frage der Angemessenheit
die Schwere und die Art des Tatvorwurfs, der Umfang und die Schwierigkeit
des Verfahrens, die Art und Weise der Ermittlungen, das Verhalten des Beschuldigten
sowie das Ausmaß der mit dem andauernden Verfahren verbundenen
Belastungen für den Beschuldigten als maßgebende Kriterien in Betracht
(siehe nur BGHR MRK Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Verfahrensverzögerung 9; vgl. zusammenfassend
Franke in MünchKomm. StGB § 46 Rdn. 62 mit weiteren
Rechtsprechungsnachweisen).
Hier handelt es sich um eine umfangreiche, schwierige Wirtschaftsstrafsache
, die zunächst wegen mehrerer Tatkomplexe gegen vier Angeklagte geführt
wurde. Die erste tatrichterliche Hauptverhandlung dauerte vom Oktober
1999 bis zum August des Jahres 2000. Das erste, vom Senat später teilweise
aufgehobene Urteil umfaßte in seiner schriftlichen Begründung 510 Seiten. Das
Gewicht des gegen den Angeklagten jetzt noch bestehenden, abgeurteilten
Tatvorwurfs erweist sich zumal im Blick auf die außergewöhnliche Schadenshöhe
von 128 Mio DM als erheblich. Angesichts der Komplexität der Vorgänge
ist es auch nicht zu beanstanden, daß die Erstellung des polizeilichen Schlußberichts
, die Anklageerhebung und die Entscheidung über die Eröffnung des
Hauptverfahrens sowie die Vorbereitung der beiden Hauptverhandlungen, aber
auch das erste Revisionsverfahren mehrmonatige Zeiträume in Anspruch genommen
haben. Schließlich ist zu bedenken, daß die Ausschöpfung der von
der Dauer der ersten Hauptverhandlung mitbestimmten Frist zur Absetzung der
Urteilsgründe ebensowenig eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung
mitzubegründen vermag wie die auf Revision des Angeklagten hin erfolgte teilweise
Aufhebung des ersten Urteils und die Zurückverweisung der Sache zu
neuer Verhandlung und Entscheidung. Dies ist Ausfluß der Gesetzeslage und
eines rechtsstaatlichen Rechtsmittelsystems (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 2
Verfahrensverzögerung 15). Der Angeklagte war zwar ersichtlich über wenigstens
sieben Jahre hin (ausgehend von der im Urteil erwähnten ersten Beschuldigten
-Vernehmung) dem Verfahren ausgesetzt, befand sich aber - im
Jahr 1997 - nur etwa dreieinhalb Monate in Untersuchungshaft.
Soweit der Senat von Amts wegen auf die zulässige Revision hin Verfahrensverzögerungen
nach Erlaß des angefochtenen tatrichterlichen Urteils zu
berücksichtigen hat (BGHR StGB § 46 Abs. 2 Verfahrensverzögerung 8), worauf
die Revision zutreffend hinweist, vermag er indes in dem Zeitraum von
etwa drei Monaten zwischen dem Eingang der Revisionsbegründung beim
Landgericht und der Übersendung des gesamten Vorganges an den Generalbundesanwalt
nichts Beanstandungswürdiges zu sehen. Diese Dauer erklärt
sich hier zwanglos aus den zu beachtenden Regularien (vgl. § 347 StPO,
Nr. 163 ff. RiStBV) und dem großen Umfang des Aktenwerks, das auch drei
Andere betraf.
Nack Wahl Schluckebier
Kolz Elf

(1) Beim Bundesgerichtshof werden ein Großer Senat für Zivilsachen und ein Großer Senat für Strafsachen gebildet. Die Großen Senate bilden die Vereinigten Großen Senate.

(2) Will ein Senat in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Senats abweichen, so entscheiden der Große Senat für Zivilsachen, wenn ein Zivilsenat von einem anderen Zivilsenat oder von dem Großen Zivilsenat, der Große Senat für Strafsachen, wenn ein Strafsenat von einem anderen Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen, die Vereinigten Großen Senate, wenn ein Zivilsenat von einem Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen oder ein Strafsenat von einem Zivilsenat oder von dem Großen Senat für Zivilsachen oder ein Senat von den Vereinigten Großen Senaten abweichen will.

(3) Eine Vorlage an den Großen Senat oder die Vereinigten Großen Senate ist nur zulässig, wenn der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, auf Anfrage des erkennenden Senats erklärt hat, daß er an seiner Rechtsauffassung festhält. Kann der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, wegen einer Änderung des Geschäftsverteilungsplanes mit der Rechtsfrage nicht mehr befaßt werden, tritt der Senat an seine Stelle, der nach dem Geschäftsverteilungsplan für den Fall, in dem abweichend entschieden wurde, zuständig wäre. Über die Anfrage und die Antwort entscheidet der jeweilige Senat durch Beschluß in der für Urteile erforderlichen Besetzung; § 97 Abs. 2 Satz 1 des Steuerberatungsgesetzes und § 74 Abs. 2 Satz 1 der Wirtschaftsprüferordnung bleiben unberührt.

(4) Der erkennende Senat kann eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung dem Großen Senat zur Entscheidung vorlegen, wenn das nach seiner Auffassung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.

(5) Der Große Senat für Zivilsachen besteht aus dem Präsidenten und je einem Mitglied der Zivilsenate, der Große Senate für Strafsachen aus dem Präsidenten und je zwei Mitgliedern der Strafsenate. Legt ein anderer Senat vor oder soll von dessen Entscheidung abgewichen werden, ist auch ein Mitglied dieses Senats im Großen Senat vertreten. Die Vereinigten Großen Senate bestehen aus dem Präsidenten und den Mitgliedern der Großen Senate.

(6) Die Mitglieder und die Vertreter werden durch das Präsidium für ein Geschäftsjahr bestellt. Dies gilt auch für das Mitglied eines anderen Senats nach Absatz 5 Satz 2 und für seinen Vertreter. Den Vorsitz in den Großen Senaten und den Vereinigten Großen Senaten führt der Präsident, bei Verhinderung das dienstälteste Mitglied. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.

55
1. Wie bisher sind zunächst Art und Ausmaß der Verzögerung sowie ihre Ursachen zu ermitteln und im Urteil konkret festzustellen. Diese Feststellung dient zunächst als Grundlage für die Strafzumessung. Der Tatrichter hat insofern in wertender Betrachtung zu entscheiden, ob und in welchem Umfang der zeitliche Abstand zwischen Tat und Urteil sowie die besonderen Belastungen, denen der Angeklagte wegen der überlangen Verfahrensdauer ausgesetzt war, bei der Straffestsetzung in den Grenzen des gesetzlich eröffneten Strafrahmens mildernd zu berücksichtigen sind. Die entsprechenden Erörterungen sind als bestimmende Zumessungsfaktoren in den Urteilsgründen kenntlich zu machen (§ 267 Abs. 3 Satz 1 StPO); einer Bezifferung des Maßes der Strafmilderung bedarf es nicht.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.