Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 21. Jan. 2015 - 16a D 13.1889

bei uns veröffentlicht am21.01.2015
vorgehend
Verwaltungsgericht Regensburg, RN 10A DK 12.1788, 25.07.2013

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Tatbestand

I.

Die 19... geborene Beklagte beendete 1993 ihre Schullaufbahn mit der Mittleren Reife. Zum 1. September 1993 wurde sie unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zur Polizeimeisteranwärterin ernannt. Zum 1. September 1994 folgte die Ernennung zur Polizeioberwachtmeisterin unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe und zum 1. Mai 1996 die Ernennung zur Polizeimeisterin. Mit Wirkung zum 1. Februar 1999 wurde die Beklagte zur Polizeiobermeisterin befördert und mit Wirkung zum 3. August 2003 in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit berufen. Zum 1. September 2004 wurde sie in den Bereich des Polizeipräsidiums Niederbayern/Oberpfalz versetzt.

Am 1. Juli 2005 wurde sie zur Polizeihauptmeisterin ernannt. Ab 2009 war sie bis zu ihrer Suspendierung der Verkehrspolizeiinspektion R. zugewiesen. Sie bezieht Dienstbezüge aus der Besoldungsgruppe A 9, zuletzt gekürzt um 20 v. H..

Die Beklagte ist ledig und hat keine Kinder. In der letzten dienstlichen Beurteilung erhielt sie 9 Punkte.

Die Beklagte war seit dem 28. Oktober 2008 dauerhaft dienstunfähig erkrankt.

II.

Die disziplinarrechtlich nicht vorbelastete Beklagte ist strafrechtlich wie folgt in Erscheinung getreten:

Mit seit 15.10.2011 rechtskräftigem Urteil des Landgerichts L. vom 7. Juni 2011 (Az. 5 Ns 4 Is 29488/00) wurde die Beklagte im Berufungsverfahren wegen Betrugs in sechs Fällen sowie wegen versuchten Betrugs in zwei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 130 Tagessätzen à je 40,- Euro verurteilt. Das Urteil des Amtsgerichts F. vom 16. August 2010 wegen Betrugs in 11 Fällen, zwei davon versucht, mit dem die Beklagte zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 10 Monaten auf Bewährung verurteilt worden war, wurde insoweit abgeändert.

Im Rahmen des Berufungsurteils wurden folgende Feststellungen getroffen:

„Anfang 2009 kam die Angeklagte E. auf die Idee, Einkünfte durch den Umtausch von Kaffeemaschinen bei K. - Filialen zu erzielen. Die Angeklagte wusste, dass die Firma K. aus Kulanzgründen auch ohne nähere Prüfung einer Gewährleistung des tatsächlichen Kaufs eines Gerätes einen Umtausch von Waren, welche im jeweiligen Sortiment vorhanden sind, vornimmt. Zu diesem Zweck kaufte die Angeklagte entweder günstige Kaffeemaschinen bei K., um sie später für einen höheren Preis umzutauschen oder kaufte defekte oder alte Kaffeemaschinen über das Internet-Auktionsportal ebay, um sie nachher für den Preis einer neuwertigen Kaffeemaschine umzutauschen. In den nachfolgend aufgeführten Fällen tauschte die Angeklagte E. die jeweils aufgeführten Kaffeemaschinen mit Hilfe eines Kassenbons des K., welcher z. T. mit dem Kopf diverser anderer K. -Filialen versehen wurde, in den jeweils aufgeführten Filialen oder auch anderen Filialen um. Dabei erhielt sie Bargeld in der jeweils aufgeführten Höhe, ohne dass ihr dieser Betrag zustand. Hätten die Verantwortlichen der jeweiligen K. - Filiale gewusst, dass die Kaffeemaschine entweder überhaupt nicht im K. gekauft bzw. nicht zu diesem Preis gekauft wurde, hätte ein Umtausch nicht stattgefunden. Die Angeklagte erzielte dadurch einen Erlös in der jeweils genannten Höhe, wobei dem K. ein jeweiliger Schaden unter Berücksichtigung des objektiven Werts der jeweils „umgetauschten“ Kaffeemaschine dadurch entstand. Die K. - Filialen legten lediglich Wert darauf, dass die umgetauschten Kaffeemaschinen bei K. gekauft wurden. Dagegen war es unterschiedlich, ob ein Defekt einer Kaffeemaschine geltend gemacht wurde, um den Umtausch zu erreichen. In einigen Filialen wäre der Umtausch auch bei einer nicht defekten Maschine erfolgt. Kontrollen der K. - Filialen hinsichtlich des Umstands, ob die jeweils umgetauschte Kaffeemaschine tatsächlich bei K. gekauft wurde, fanden nicht in ausreichender Weise statt. Es reichte aus, dass die Angeklagte jeweils eine Kopie eines Kassenbons vorlegte, auf der im „Kopf“ eine K. - Filiale ersichtlich war. Auch wurde nicht kontrolliert, ob tatsächlich Mängel bei den umgetauschten Kaffeemaschinen vorhanden waren...

Die Angeklagte legte in den meisten Fällen kopierte Belege, welche sie selbst angefertigt hatte und auf denen verschiedene K. - Filialen im Kopf aufgeführt waren, als „Beweis“ dafür vor, dass die Kaffeemaschinen auch bei K. gekauft wurden. Teilweise waren die Belege aber auch geschwärzt. Ebenfalls spielte es offenbar keine Rolle, ob hier ein Originalbeleg oder eine Kopie vorgelegt wurde.

Im Einzelnen handelt es sich um folgende Fälle:

1. Zu einem nicht näher festgestellten Zeitpunkt im März 2009 tauschte die Angeklagte nach dem oben erwähnten Muster zwei Kaffeemaschinen der Marke „Dolce Gusto“ in der K. - D. um. Sie erhielt dafür 258,- Euro Bargeld.

Dabei wurde jeweils ein Beleg über 188,90 Euro vorgelegt, welcher geschwärzt war und den Kauf einer Kaffeemaschine von 129,- Euro aufwies. Der Beleg betraf die K.-Filiale V. In Wirklichkeit waren die beiden Kaffemaschinen nicht bei der K. Filiale V., sondern zu einem Preis von jeweils 109,- Euro bei der K. -Filiale in W. gekauft worden. Der K. -Filiale entstand durch die Auszahlung pro Maschine ein Schaden von 20,- Euro ...

2. Zu einem nicht mehr näher feststellbaren Zeitpunkt im März oder April 2009 versuchte die Angeklagte in der K. - Filiale in P. eine Kaffeemaschine der Marke „Dolce Gusto“ zum angeblichen Kaufpreis von 129,- Euro umzutauschen. Die Verantwortlichen des K. in P. lehnten einen Umtausch jedoch ab, da ein auf dem Gerät angebrachtes Etikett einer anderen Firma zeigte, dass das Gerät nicht bei K. gekauft wurde...

3. Am 02.06.2009 tauschte die Angeklagte zwei Kaffeemaschinen der Marke „Dolce Gusto“ in der K. - Filiale in D. um und erhielt einen Bargeldbetrag in Höhe von 258,- Euro ausbezahlt. Bei diesem Umtausch legte die Angeklagte jeweils eine Kopie des Kassenzettels der K. - Filiale V. über einen Betrag von 188,90 Euro vor, aus dem auch der Kauf einer Kaffeemaschine zu 129,- Euro ersichtlich war. In Wirklichkeit jedoch waren beide Kaffeemaschinen für je 109,- Euro gekauft worden und zwar in der Filiale V. so dass insgesamt ein Schaden von 40,- Euro vorliegt.

4. Am 17.10.2009 ...tauschte die Angeklagte im K. U. in der B. Straße eine Kaffeemaschine der Marke „Dolce Gusto“ um und erhielt hierfür 129,- Euro Bargeld. Auch hier legte die Angeklagte die Kopie eines Beleges einer K. - Filiale vom 12.2.2008 über einen Betrag von 188,90 Euro vor, wobei auch der Kauf einer Kaffeepad-Maschine im Wert von 129,- Euro ersichtlich war. Die Kaffeemaschine wurde jedoch tatsächlich im K. für 100,- Euro gekauft...Der Gewinn der Angeklagten betrug deshalb 29,- Euro.

5. Am 30.10.2009 ... tauschte die Angeklagte eine Kaffeemaschine der Marke Bosch Tassimo im K. L. um und erhielt hierfür Bargeld in Höhe von 129,- Euro. Dabei legte die Angeklagte wiederum einen kopierten Kaufbeleg der K. - Filiale R. über den Kauf einer Kaffeemaschine im Wert von 129,- Euro vor. In Wirklichkeit war jedoch diese Maschine von der Angeklagten über ebay für 50,- Euro erworben worden...Durch die Auszahlung von 129,- Euro erlangte die Angeklagte einen Vermögensvorteil von 79,- Euro, welcher auch dem Schaden der K. - Filiale entsprach.

6. Am 30.10.2009 ... tauschte die Angeklagte im K. N.-..., „M. - Center“, zwei Kaffeemaschinen der Marke „Dolce Gusto“ und „Petra“ zum Preis von insgesamt 258,- Euro um...und erhielt Bargeld in entsprechender Höhe...Die Kaffeemaschine „Dolce Gusto“ wurde bei „Dolce Gusto“ von der Angeklagten gekauft. Der objektive Wert dieser Kaffeemaschine entsprach 69,- Euro. Dadurch entstand der Firma K. ein Schaden von 60,- Euro.

Die Kaffeemaschine „Petra“ wurde dagegen von der Angeklagten bei ebay für 50,-Euro gekauft. Der objektive Wert dieser Kaffeemaschine entsprach ebenfalls 69,- Euro, so dass der Differenzbetrag zu 129,- Euro als Schaden anzusehen ist und somit ebenfalls 60,- Euro beträgt...

7. Am 30.10.2009 gegen 15:30 Uhr tauschte die Angeklagte im K. N.-..., M. Straße, eine Kaffeemaschine der Marke „Bosch Tassimo“ um, wofür sie Bargeld in Höhe von 129,- Euro erhielt. Auch hier hatte die Angeklagte einen kopierten Beleg vorgelegt, aus dem ersichtlich war, dass die Kaffeemaschine für 129,- Euro bei K. gekauft wurde. In Wirklichkeit wurde die Kaffeemaschine jedoch bei ebay für 50,- Euro erworben...

8. Am 30.10.2009 gegen 16.00 Uhr versuchte die Angeklagte im K. N.-..., B. Straße, eine Kaffeemaschine der Marke „Dolce Gusto“ umzutauschen. Auch hier wollte sie Bargeld in Höhe von 129,- Euro erhalten. Nur die vorläufige Festnahme der Angeklagten durch die Polizei...verhinderte die Auszahlung des Betrags. Auch hier wurde ein kopierter Beleg vorgelegt, welcher vortäuschen sollte, dass die Maschine bei K. erworben wurde ...für 129,- Euro. In Wirklichkeit wurde die Maschine jedoch bei ebay für 50,- Euro gekauft.

Die Angeklagte handelte in allen Fällen in der Absicht, sich eine nicht nur vorübergehende und nicht ganz unerhebliche Einnahmequelle zu verschaffen. Ihr Handeln war auf wiederholte Tatbegehung ausgerichtet. Sie handelte eigennützig und wollte durch die Tat unmittelbare Vermögensvorteile erreichen.“

III.

Mit sofort vollziehbar erklärtem Bescheid vom 24. November 2008 ordnete das Polizeipräsidium Niederbayern/Oberpfalz gegenüber der Beklagten ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte und die Herausgabe sämtlicher dienstlicher Gegenstände an, nachdem gegen die Beklagte bei der Kriminalpolizeiinspektion (KPI) W. zunächst ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Erwerbs, Besitzes und Konsums von Betäubungsmitteln gemäß § 29 Betäubungsmittelgesetz eingeleitet worden war.

Mit Schreiben des Polizeipräsidiums Niederbayern/Oberpfalz vom 25.11.2008 wurde im Hinblick auf diesen Vorwurf gegen die Beklagte ein Disziplinarverfahren gemäß Art. 19 BayDG eingeleitet und aufgrund der laufenden strafrechtlichen Ermittlungen ausgesetzt.

Das Disziplinarverfahren wurde mit Schreiben des Polizeipräsidiums Niederbayern/Oberpfalz vom 12. März 2009 und 21. Dezember 2009 gemäß Art. 21 BayDG auf folgende Vorwürfe ausgedehnt:

1. Die Beklagte soll am 6. August 2008 gegen 19.42 Uhr ihren Pkw BMW X5 mit dem amtlichen Kennzeichen ...-... in ... P., G. Straße ..., an einer Tankstelle mit 87,41 Liter Diesel im Wert von 126,66 Euro betankt haben und ohne zu zahlen weiter gefahren sein.

2. Die Beklagte soll zumindest seit November 2006 Tu.-ware vertrieben haben, ohne sich diese Nebentätigkeit vorher vom Polizeipräsidium Oberpfalz/Niederbayern genehmigen zu lassen bzw. diesem angezeigt zu haben.

3. Anlässlich Ihrer Versetzung von der PI E. i. d. OPf. zur VPI R. zum 1. April 2009 wurden bei der bisherigen Dienststelle der Kleiderschrank der Beklagten und ihr Arbeitsfach geleert, wobei ein pyrotechnischer Knallkörper ohne BAM-Zulassung vorgefunden und sichergestellt worden sei. Strafrechtliche Ermittlungen wegen eines Vergehens nach dem Sprengstoffgesetzes seien eingeleitet.

4. Bei der PI F. würden auch strafrechtliche Ermittlungen wegen des Verdachts des Betrugs und der Urkundenfälschung im Hinblick auf die Rückgabe von Kaffeemaschinen in verschiedenen Filialen der Kaufhauskette „K.“ durch Vorlage verfälschter Kopien von Kassenbons geführt. Bei der Durchsuchung ihrer Wohnung und ihres Klinikzimmers in der Privatklinik S. in O., wo sie sich zum Tatzeitpunkt in stationärer Behandlung befunden habe, seien insgesamt 14 Kaffeemaschinen sichergestellt worden. Ferner seien in ihrem Privat-Pkw weitere 7 Geräte aufgefunden und sichergestellt worden. Insgesamt hätte sie 42 Kaffeemaschinen bei ebay ersteigert.

Aufgrund dieser Vorwürfe wurde mit Verfügung des Polizeipräsidiums Niederbayern/Oberpfalz vom 6. November 2009 der Beklagten gegenüber erneut ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte ausgesprochen.

Die wegen des Verdachts auf Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz geführten strafrechtlichen Ermittlungen (Az. 23 Js 8490/08) wurden von der Staatsanwaltschaft W. i. d. OPf. mit Verfügung vom 7. August 2009 gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Hinsichtlich der Vorwürfe unter III. 1 und III. 3 wurden die strafrechtlichen Ermittlungen (Az. 21 Js 1544/09 und 21 Js 9353/09) mit Verfügung der Staatsanwalt-schaft W. i. d. OPf. vom 23. Februar 2012 gem. § 154 StPO endgültig ein-gestellt.

Mit Schreiben vom 29. April 2010 wurde das Disziplinarverfahren vom Polizeipräsidium M. - Disziplinarbehörde - übernommen.

Mit Bescheid vom 8. Dezember 2010 wurde die Beklagte vorläufig des Dienstes enthoben und 20 Prozent ihrer Dienstbezüge einbehalten. Den dagegen gerichteten Eilantrag hat das Verwaltungsgericht Regensburg mit Beschluss vom 21. Juni 2012 (RN 10 DS 12.499) abgelehnt.

Nach Abschluss des Strafverfahrens wurde das Disziplinarverfahren mit Schreiben vom 12. März 2012 fortgesetzt und der Beklagten die Gelegenheit zur Äußerung gegeben. Die Beteiligung des Personalrats wurde nicht beantragt.

IV.

Am 23. November 2012 erhob das Polizeipräsidium M. Klage beim Verwaltungsgericht mit dem Antrag, die Beklagte aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Der Beklagten wurde neben der rechtskräftigen Verurteilung wegen Betrugs in sechs Fällen sowie wegen versuchten Betrugs in zwei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 130 Tagessätzen zu je 40,- Euro (Urteil des Landgerichts L. vom 7. Juni 2011) auch der Tankvorgang ohne Bezahlen am 6. August 2008 (s.o. Abschnitt III Ziff. 1), die ungenehmigte Nebentätigkeit seit 2006 (s.o. Abschnitt III Ziff. 2) und die Aufbewahrung eines pyrotechnischen Sprengkörpers ohne BAM-Zulassung in ihrem dienstlichen Arbeitsfach (s.o. Abschnitt III Ziff. 3) zur Last gelegt.

Mit Urteil des Verwaltungsgerichts vom 25. Juli 2013 wurde die Beklagte um zwei Stufen in das Amt einer Polizeimeisterin (Besoldungsgruppe A 7) zurückgestuft. Das Gericht halte es für erwiesen, dass die Beklagte in den vorgeworfenen Fällen bei ebay oder einer K. - Filiale erworbene und geringwertige Kaffeemaschinen unter Vorlage gefälschter Belege umgetauscht und dafür jeweils den Neupreis entgegengenommen und sich dadurch in sechs Fällen wegen vollendeten und in zwei Fällen wegen versuchten Betrugs strafbar gemacht habe. Zudem sei das Gericht davon überzeugt, dass die Beklagte im Zeitraum seit 2006 einer ungenehmigten Nebentätigkeit nachgegangen sei, indem sie zusammen mit ihrer Mutter Tu.-ware vertrieben habe. Dies ergebe sich aus den Einlassungen der Beklagten und aus den vorliegenden Kontoauszügen. Maßgeblich sei die tatsächliche, dauerhafte und auf Gewinnerzielung orientierte Tätigkeit der Beklagten. Glaubwürdig sei die Einlassung der Beklagten hinsichtlich des angeblichen Tankbetrugs vom 6. August 2008, als sie an einer Tankstelle in P. mit frischgetanktem Diesel im Wert von 126,66 Euro losgefahren sei, ohne gezahlt zu haben. Angesichts der Gesamtumstände erscheine ihre Behauptung, sie sei lediglich aus Zerstreutheit losgefahren, einleuchtend. Im Hinblick auf die strafrechtlich abgeurteilten Betrugshandlungen wiege das festgestellte Dienstvergehen schwer, führe jedoch noch nicht zu einem endgültigen Vertrauensverlust. Die in die Zumessungserwägungen einzustellenden Entlastungsgründe hätten insgesamt ein Gewicht, das den erheblichen Vertrauensverlust aufwiege. Angesichts des Strafrahmens des Betrugs gem. § 263 Abs. 1 StGB mit bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe sei als Ausgangspunkt für die Maßnahmebemessung die Entfernung aus dem Dienst zugrunde zu legen gewesen. Zwar sei der vorliegende materielle Schaden im dreistelligen Bereich nicht hoch und auch die vor der Begehung des Dienstvergehens erbrachten Leistungen sprächen für die Beklagte, die ihre Taten sichtlich zu bereuen scheine. Schwer wiege jedoch, dass die Beklagte - noch dazu als Polizeibeamtin, deren Hauptaufgabe darin bestehe, Straftaten aufzuklären und zu verhindern - Betrugshandlungen über einen längeren Zeitraum gewerbsmäßig organisiert und durchgeführt habe. Die Umsetzung der Pläne erfordere eine gewisse kriminelle Energie, da sie ohne Fälschung der Belege nicht möglich gewesen sei. Zudem habe sie ihr strafbares Handeln nicht selbst beendet, sondern sei aufgeflogen. Bei ihrer Festnahme habe sie noch mehrere Maschinen in ihrem Wagen gehabt. Allerdings lägen erhebliche Milderungsgründe bei der Beklagten vor, die im Rahmen der Gesamtschau dazu führten, dass von einem endgültigen Vertrauensverlust noch nicht ausgegangen werden könne. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass die Schwelle, die für die Begehung der Betrugstaten überschritten werden musste, aufgrund des entgegenkommenden Verhaltens der K. - Filialen nicht besonders hoch gewesen sei. Nach Auffassung des Gerichts liege der besondere Milderungsgrund einer überwundenen negativen Lebensphase vor, die das Verbleiben im Amt - wenn auch mit deutlich verringertem Status - noch als tragbar erscheinen lasse. Das Gericht gehe unter Zugrundelegung der landgerichtsärztlichen gutachterlichen Stellungnahme vom 21. April 2009 und des in den Akten befindlichen dokumentierten Krankheitsverlaufs davon aus, dass die Beklagte im maßgeblichen Zeitraum (2009) unter ausgeprägt vorhandenen depressiv-schwermütigen Affektveränderungen gelitten habe, welche ihr Denken, ihre Kognitionen, ihre Wahrnehmung und ihre Handlungsmöglichkeiten stark überlagert hätten. Auch das Berufungsurteil des Landgerichts L. sei zu dem Ergebnis gekommen, dass die Beklagte bei den Taten vermindert schuldfähig gewesen sei, wenngleich die Grenze des § 21 StGB bezüglich einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit nicht erreicht worden sei. Eine in der Folge durchgeführte ambulante Psychotherapie und weitere stationäre Behandlungen im psychosomatischen Bereich hätten letztendlich zu einer Verbesserung der gesundheitlichen Verfassung der Beklagten geführt, die zwischenzeitlich aufgrund eines schweren komplexen psychischen Störungsbildes als polizeidienstunfähig eingestuft worden sei. Um der Schwere des Dienstvergehens gerecht zu werden, sei allerdings eine Zurückstufung um zwei Stufen angemessen und erforderlich.

Der Kläger hat gegen dieses Urteil, zugestellt am 12. August 2013, am 3. September 2013 Berufung eingelegt und beantragt,

in Abänderung der Ziffer I des Urteils des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 25. Juli 2013 die Beklagte aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.

Im Rahmen der Berufungsbegründung wurde vorgetragen, dass keine Bedenken tatsächlicher Art gegen das erstinstanzliche Urteil bestünden. Insofern werde im Berufungsverfahren allein an den unter den Ziffern I.1. (Vertreiben von Tu.-ware ohne Nebentätigkeitsgenehmigung) und I. 4. (außerdienstliche Betrugshandlungen) der Disziplinarklage vom 20. November 2012 dargelegten Vorwürfen fest gehalten. Das Gericht habe jedoch das Ermessen im Hinblick auf die zu verhängende Disziplinarmaßname fehlerhaft ausgeübt. Insbesondere habe das Verwaltungsgericht die strafrechtlich festgestellte Gewerbsmäßigkeit des Handelns der Beklagten, vor allem die darin zum Ausdruck kommende stark sozialschädliche Gesinnung und das planvolle, systematische und bewusste Vorgehen, nicht in angemessenem Maße berücksichtigt. Die Beklagte habe weitere Betrugshandlungen geplant und vorbereitet, bei ihrer Festnahme habe sie im Auto noch sieben weitere Kaffeemaschinen mit sich geführt, ebenfalls sieben Kaffeemaschinen hätten sich noch in ihrem Krankenzimmer befunden. Die Art und Weise der Tathandlungen (Vorlage von mehrfach kopierten und aus Originalrechnungen zusammengestellten Rechnungen) zeige ein stark erhöhtes Maß an krimineller Energie. Die Beklagte habe sich über vier Standorte der geschädigten Firma „abgearbeitet“, sie habe mehrmals die gleichen und verschiedene Filialen eines Ortes besucht, im Krankenzimmer seien Wegbeschreibungen von neun Filialen der Firma K. gefunden worden. Zudem habe die Beklagte während einer laufenden stationären Therapie und trotz der Kenntnis eines bereits eingeleiteten Disziplinarverfahrens die vorgeworfenen Verfehlungen begangen. Aufgrund dieser Umstände sei jede Vertrauensbasis für eine weitere Zusammenarbeit zerstört. Insofern könne es auch keine Rolle spielen, dass die Firma K. der Beklagten die Tatbegehung leicht gemacht habe. Der Dienstherr könne auch nicht mehr in Zukunft darauf vertrauen, dass die Beklagte dienstlich erlangtes Wissen (z. B. wie man sich finanzielle Vorteile verschaffen könne) nicht zu ihrem Vorteil ausnütze. Das Gericht habe die Umtauschpraxis der Firma K. sachwidrig und ermessensfehlerhaft zugunsten der Beklagten gewertet - anders als im Verfahren zur vorläufigen Dienstenthebung. Für eine geänderte Rechtsansicht seien jedoch keine Gründe ersichtlich.

Die Beklagte habe ein schweres Dienstvergehen begangen, indem sie gewerbsmäßig wiederholt Betrugshandlungen vorgenommen habe. Aufgrund des Umfangs, der Art und Weise der Handlungen und der von der Beklagten selbst vorgebrachten Einwendung des Mitverschuldens der Firma K. werde deutlich, dass die Fortführung des Dienstverhältnisses unzumutbar geworden sei. Sowohl der innerdienstliche Friede als auch das Vertrauen der Allgemeinheit bedinge die Entfernung der Beklagten. Besondere Milderungsgründe seien entgegen dem erstinstanzlichen Urteil nicht ersichtlich, insbesondere habe eine negative Lebensphase der Beklagten zum Zeitpunkt der Betrugsstraftaten nicht vorgelegen und sei auch nicht vom Gericht ordnungsgemäß festgestellt worden. Die landgerichtsärztlichen Feststellungen vom 21. April 2009 könnten eine solche nicht begründen, die Begutachtung sei allein zur Frage der Vernehmungsfähigkeit der Beklagten erfolgt. Eine das Unrechtsbewusstsein einschränkende Lebensphase der Beklagten, die diese außergewöhnlich belastete, sei nicht untersucht und nicht festgestellt worden. Ebenso sei nicht ersichtlich und auch vom Gericht nicht näher ausgeführt, inwiefern sich aus den Akten ergebe, dass die Beklagte eine ganz außergewöhnlich belastende, negative Lebensphase überwunden habe, da sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht selbst angegeben habe, noch Medikamente einnehmen zu müssen, um schlafen zu können. Es sei im Übrigen auch nicht ersichtlich, dass eine solche überhaupt kausal für die Betrugstaten gewesen sei. Dies sei vor dem Landgericht L. von Seiten des Gutachters im Rahmen der strafrechtlichen Hauptverhandlung verneint worden. In einer schweren depressiven Verfassung, die Auswirkungen auf die Einsichts- und Steuerungsfähigkeit habe, werde von einem Betroffenen kein betrügerisches Han-deln durchgeführt, das mit diversen Vorbereitungshandlungen, Aktivitäten oder umfangreichen Verfälschungen von Belegen einhergehe. Ein Kausalitätsnachweis sei daher aus medizinischer Sicht nicht gegeben und habe auch vom Verwaltungsgericht nicht dargelegt werden können. Trotz einer verminderten Schuldfähigkeit habe von der Beklagten ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten erwartet werden können, weil die verletzte Dienstpflicht leicht einzusehen und zu befolgen gewesen sei. Etwaige psychosomatische Leiden könnten die Beklagte im konkreten Einzelfall auch nicht entlasten. Auch andere besondere Milderungsgründe seien nicht ersichtlich. Zugunsten der Beklagten spreche das positive Persönlichkeitsbild vom 2. April 2012. Dies reiche - ebenfalls wie die letzte periodische Beurteilung mit 9 Punkten - jedoch nicht aus, die Verfehlungen der Beklagten aufzuwiegen. Herausragende Leistungen, die sie unter den übrigen Beamten hervorstechen lasse, seien nicht ersichtlich, ebenso wenig wie ein vom Bevollmächtigten geltend gemachtes Reueverhalten im Rahmen des Disziplinarverfahrens. Eine persönliche Aufarbeitung der Geschehnisse und eine Auseinandersetzung mit den Ursachen des Fehlverhaltens hätten bei der Beklagten offensichtlich nicht stattgefunden, ein Rückfallrisiko sei deshalb keineswegs ausgeschlossen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt mit Schriftsatz vom 9. Dezember 2013,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat am 21. Januar 2015 mündlich zur Sache verhandelt. Hierzu wird auf die Niederschrift verwiesen.

V.

Ergänzend wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten Bezug genommen. Dem Senat haben diesbezüglich die Strafakten der Staatsanwaltschaft L., die Disziplinarakten des Polizeipräsidiums M. sowie die Personalakten vorgelegen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht auf die Disziplinarmaßnahme der Zurückstufung um zwei Stufen gemäß Art. 10 BayDG erkannt.

I.

Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht - wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat - keine Mängel auf.

II.

Der der Beklagten zur Last gelegte Sachverhalt, der dem rechtskräftigen Urteil des Landgerichts L. vom 7. Juni 2011 (Az. 5 Ns 4 Is 29488/00) zugrunde liegt, steht gemäß Art. 25 Abs. 1, 55 Hs. 1 und 63 Abs. 1 Satz 1 BayDG für den Senat bindend fest.

Nach diesen Vorschriften sind die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im Strafverfahren, das denselben Sachverhalt wie das Disziplinarverfahren betrifft, auch im Berufungsverfahren bindend. Zudem hat die Beklagte die Vorwürfe auch eingeräumt.

Danach steht fest, dass die Beklagte in sechs Fällen einen vollendeten und in zwei Fällen einen versuchten Betrug begangen hat, als sie entweder zuvor bei K. zu einem günstigeren Preis erworbene oder im Internet ersteigerte Kaffeemaschinen zu einem höheren Preis in einer K.-Filiale unter Vorlage eines kopierten Kassenbons umtauschte oder umzutauschen versuchte. Dabei erhielt sie jeweils Bargeld in Höhe von 129,- pro Kaffeemaschine, obwohl ihr dieser Betrag nicht (oder nur zum Teil) zustand.

Fest steht ebenfalls, dass die Beklagte mindestens ab November 2006 (bis 2008) eine Nebentätigkeit als Tu.-ware-Verkäuferin ausübte, ohne sich diese Nebentätigkeit vorher vom Polizeipräsidium Niederbayern/Oberpfalz genehmigen zu lassen bzw. diese dort angezeigt zu haben. Dies ergibt sich aus den vorgelegten Unterlagen.

Soweit der Beklagten vorgeworfen wurde, sie hätte am 6. August 2008 ihren Pkw an einer Tankstelle in P. mit 87,41 Liter Diesel im Wert von 126,66 Euro betankt und sei ohne zu zahlen weiter gefahren, wurde diese Handlung und das der Beklagten damit vorgehaltene Verhalten ebenso wie das Aufbewahren eines pyrotechnischen Knallkörper ohne BAM- Zulassung im dienstlichen Arbeitsfach durch Beschluss des Senats in der mündlichen Verhandlung vom 21. Januar 2015 gem. Art. 54 Satz 1 BayDG aus dem Disziplinarverfahren ausgeschieden.

III.

Die Beklagte hat durch ihr Handeln ein einheitliches schweres Dienstvergehen i. S. d. Art. 84 Abs. 1 BayBG a. F. (seit 1.4.2009: § 47 Abs. 1 Beamtenstatusgesetz - BeamtStG - vom 17. Juni 2008, BGBl. I S. 1010) begangen, indem sie schuldhaft die ihr obliegenden Pflichten verletzt hat.

1. Bei den Betrugshandlungen bzw. versuchten Betrugshandlungen handelt es sich um ein außerdienstliches Dienstvergehen gem. § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG. Das wesentliche Unterscheidungsmoment zu einer Qualifizierung als innerdienstlich ist funktionaler Natur. Entscheidend für die Einordnung eines Verhaltens als innerdienstliche Pflichtverletzung ist dessen kausale und logische Einbindung in ein Amt und die damit verbundene dienstliche Tätigkeit. Ist eine solche Einordnung nicht möglich - insbesondere wenn sich das Handeln - wie hier - als das Verhalten einer Privatperson darstellt - ist es als außerdienstlich zu qualifizieren (vgl. BVerwG, U. v. 25.8.2009 - 1 D 1/08 - juris Rn. 54; BayVGH, U. v. 13.7.2011 - 16a D 09.3127 - juris Rn. 115).

Das außerdienstliche Verhalten des Beamten erfüllt die besonderen qualifizierenden Voraussetzungen des § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG. Die danach erforderliche besondere Eignung des Fehlverhaltens zur Beeinträchtigung des Vertrauens in die Amtsführung des Beamten oder des Ansehens des öffentlichen Dienstes setzt voraus, dass die befürchteten nachteiligen Rückschlüsse der Ausübung auf die Dienstausübung oder die Ansehensschädigung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind. Die Nachteile des Fehlverhaltens sind bedeutsam i. S. d. Art. 84 Abs. 1 Satz 2 BayBG a. F., wenn seine disziplinarrechtliche Relevanz das jeder außerdienstlichen Pflichtverletzung innewohnende Maß deutlich überschreitet (BVerwG, U. v. 28.7.2011 - 2 C 16/10 - juris Rn. 23).

Das Bundesverwaltungsgericht hat diese gesetzlichen Vorgaben dahingehend konkretisiert, dass ein außerdienstliches Fehlverhalten, das keinen Bezug zur Dienstausübung aufweist, regelmäßig ein disziplinarrechtliches Sanktionsbedürfnis auslöst, wenn es sich dabei um eine Straftat handelt, deren gesetzlicher Strafrahmen bis zu einer Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren reicht, und der daran gemessene Unrechtsgehalt der konkreten Tat nicht gering wiegt. Durch die Bewertung eines Fehlverhaltens als strafbar hat der Gesetzgeber zu erkennen gegeben, dass er dieses Verhalten als in besonderem Maße verwerflich ansieht. Dies lässt ohne Weiteres darauf schließen, dass das Fehlverhalten das Ansehen des Berufsbeamtentums in einer Weise beeinträchtigt, die im Interesse der Akzeptanz des öffentlichen Dienstes in der Bevölkerung und damit seiner Funktionsfähigkeit nicht hingenommen werden kann (BVerwG, U. v. 28.7.2011, a. a. O., Rn. 24; BayVGH, U. v. 6.12.2013 - 16a D 12.1815 - und U. v. 24.9.2014 - 16a D 13.118 - jeweils in juris).

Das Verhalten der Beklagten außerhalb des Dienstes ist nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maß geeignet, das Vertrauen in einer für ihr Amt oder das Ansehen des Berufsbeamtentums bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen (§ 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG). Die Betrugshandlungen, die mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren belegt sind, führten zu einem erheblichen Ansehensschaden für die eigene Person der Beklagten, aber auch für das der Beamtenschaft an sich. Zudem verlieren die Bemühungen der Polizei um die Verhütung und Aufklärung von Straftaten an Glaubwürdigkeit, wenn Polizeivollzugsbeamte selbst Straftaten begehen. Ein gewisser dienstlicher Bezug ist vorliegend nicht von der Hand zu weisen, auch wenn die Beklagte zum Tatzeitpunkt bereits vom Dienst suspendiert war.

Durch ihr Verhalten hat die Beklagte gegen ihre Grundpflicht zur Achtung der Gesetze (Art. 62 Abs. 1 Satz 2 BayBG a. F., § 33 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG) und zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes (Art. 64 Abs. 1 Satz 3 BayBG a. F., § 34 Satz 3 BeamtStG) verstoßen.

2. Durch die ungenehmigte Ausübung einer Nebentätigkeit als Tu.-ware-Verkäuferin hat die Beklagte zudem vorsätzlich schuldhaft gegen die Pflicht zur vollen Hingabe an ihren Beruf (Art. 64 Abs. 1 Satz 1 a. F., § 34 Satz 1 BeamtStG) sowie gegen die Verpflichtung, die Gesetze zu beachten (Art. 62 Abs. 1 Satz 2, 73 Abs. 2 BayBG a. F. i.V. m. § 6 Abs. 2 BayNVO, § 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG, Art. 81 BayBG i. V. m. § 6 Abs. 2 BayNVO) verstoßen (vgl. BVerwG U. v. 11.1.2007 - 1 D 16/05 - juris; B. v. 17.7.2013 - 2 B 27/12 - juris). Der festgestellte Verstoß gegen Nebentätigkeitsbestimmungen ist als innerdienstliche Pflichtverletzung i. S. v. Art. 84 Abs. 1 Satz 1 BayBG a. F., § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG zu bewerten, weil er mit dem Amt der Beklagten zusammenhängt und Auswirkungen auf die Erfüllung der Dienstleistungspflicht haben kann (vgl. BVerwG U. v. 11.12.1990 - 1 D 63/89 - juris Rn. 25).

Aufgrund von früheren Nebentätigkeitsgenehmigungen seit 1996 war die Beklagte auch mit den Bestimmungen zum Nebentätigkeitsrecht (Art. 73 Abs. 2 BayBG a. F. i. V. m. § 6 Abs. 2 BayNVO) vertraut. So erhielt sie unter anderem am 6. Dezember 2002 vom Polizeipräsidium M. eine Genehmigung für die Nebentätigkeit als Tu.-ware-Verkäuferin. Die ursprünglich auf ein Jahr befristete Genehmigung wurde mit Bescheid vom 13. Mai 2003 bis 31. Mai 2006 verlängert, längstens jedoch für die Dauer ihrer Zugehörigkeit zum Polizeipräsidium M. Nach ihrer Versetzung zum 1. September 2004 versäumte die Beklagte jedoch die Einholung einer weiteren Genehmigung beim nun zuständigen Polizeipräsidium Niederbayern/Oberpfalz. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung räumte die Beklagte dieses Versäumnis auch ein. Soweit sie vorträgt, ab Oktober 2006 sei der Vertrag zwischen der Firma Tu. mit ihrer Mutter geschlossen worden, so dass sie davon ausgegangen sei, keiner Nebentätigkeitsgenehmigung mehr zu bedürfen, kann sie sich damit nicht entlasten. Die Beklagte hätte sich bewusst sein müssen, dass es für die Notwendigkeit einer Genehmigung auf die Ausübung der Nebentätigkeit an sich und nicht auf die rechtliche Konstruktion ankommt. Zudem endete die ursprüngliche Nebentätigkeitsgenehmigung für die Verkaufstätigkeit bei der Firma Tu. mit ihrer Versetzung zum 1. September 2004. Bereits zu diesem Zeitpunkt hätte bezüglich der Verkaufstätigkeit für die Firma Tu. beim Polizeipräsidium Niederbayern/Oberpfalz eine neue Genehmigung beantragt werden müssen, so wie die Beklagte dies korrekterweise auch für die Aufnahme einer weiteren Nebentätigkeit bei einer Marketingagentur am 28. Oktober 2004 vornahm.

IV.

Die festgestellten Dienstpflichtverletzungen sind nach dem Grundsatz der Einheit des Dienstvergehens, der sich nach Art. 84 Abs. 1 BayBG a. F., § 47 Abs. 1 BeamtStG ergibt, einheitlich zu würdigen.

Das einheitliche Dienstvergehen führt zur Zurückstufung der Beklagten gemäß Art. 10 BayDG um zwei Stufen in das Amt einer Polizeimeisterin (BesGr. A 7). Der Ausspruch dieser Maßnahme ist im Hinblick auf die Eigenart und Schwere des Dienstvergehens, seine Auswirkungen und das Maß der Schuld unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit der Beamtin zur Überzeugung des Senats zur Ahndung des Dienstvergehens noch ausreichend, aber auch erforderlich.

1. Der Senat folgt hinsichtlich der Zumessungskriterien des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U. v. 29.5.2008 - 2 C 59/07 - juris) zu § 13 BDG (BayVGH, U. v. 23.9.2009 - 16a D 07.2355; U. v. 15.2.2012 - 16a D 10.1974 - jeweils in juris).

Welche Disziplinarmaßnahme angemessen und erforderlich ist, richtet sich nach Art. 14 BayDG. Gegenstand der disziplinarrechtlichen Bewertung ist die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrecht zu erhalten. Aus Art. 14 Abs. 1 BayDG folgt die Verpflichtung des Gerichts, über die erforderliche Disziplinarmaßnahme aufgrund einer prognostischen Würdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Die Disziplinarmaßnahme ist insbesondere nach der Schwere des Dienstvergehens, der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit, dem Persönlichkeitsbild und dem bisherigen dienstlichen Verhalten zu bemessen (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG). Beamte, die durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren haben, sind gemäß Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich zum einen nach der Eigenart und der Bedeutung der verletzten Pflichten, der Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße sowie den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen der Pflichtenverstöße für den dienstlichen Bereich und für Dritte. Das Bemessungskriterium „Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit“ erfordert eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion. Die Berücksichtigung des Persönlichkeitsbilds ist Ausdruck des Schuldprinzips und für die Bewertung bedeutsam, ob der Beamte trotz des Dienstvergehens weiterhin im Beamtenverhältnis tragbar ist (BVerwG, U. v. 19.8.2010 a. a. O. Rn. 21, U. v. 28.4.2010 a. a. O. Rn. 50).

2. Für den vorliegenden Fall ergibt sich danach Folgendes:

Setzt sich das Dienstvergehen aus mehreren Dienstpflichtverletzungen zusammen, so bestimmt sich die zu verhängende Disziplinarmaßnahme in erster Linie nach der schwersten Verfehlung, hier aus den vollendeten und versuchten Betrugshandlungen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, B. v. 10.9.2010 - 2 B 97/09 - juris) ist bei einem außerdienstlich begangenen Betrug die Variationsbreite, in der gegen fremdes Vermögen gerichtete Verfehlungen denkbar sind, zu groß, als dass sie einheitlichen Regeln unterliegen und ihre Auswirkungen auf Achtung und Vertrauen gleichermaßen eingestuft werden können. Stets sind die Umstände des Einzelfalls maßgeblich. In schweren Fällen außerdienstlich begangenen Betrugs erkennt die Rechtsprechung in der Regel auf die Höchstmaßnahme, während in minderschweren Fällen eine geringere Disziplinarmaßnahme indiziert ist (BVerwG, U. v. 8.2.2005 - 1 D 15/04 - juris). Nach der Rechtsprechung des Senats zum inner- oder außerdienstlichen Betrug ist der Beamte dann in der Regel aus dem Dienst zu entfernen, wenn im Einzelfall Erschwernisgründe vorliegen, denen keine Milderungsgründe von solchem Gewicht gegenüberstehen, die eine Gesamtbetrachtung zulassen, der Beamte habe das Vertrauen nicht endgültig verloren. Je gravierender die Erschwernisgründe in ihrer Gesamtheit zu Buche schlagen, desto gewichtiger müssen die Milderungsgründe sein, um davon ausgehen zu können, dass noch ein Rest an Vertrauen zum Beamten vorhanden ist. Erschwernisgründe können sich z. B. aus der Anzahl und Häufigkeit der Betrugshandlungen, der Höhe des Gesamtschadens, der missbräuchlichen Ausnutzung der dienstlichen Stellung oder dienstlich erworbener Kenntnisse sowie daraus ergeben, dass die Betrugshandlungen im Zusammenhang mit weiteren Verfehlungen von erheblichem disziplinarischem Eigengewicht stehen. Aus der Rechtsprechung lässt sich zudem der Grundsatz ableiten, dass bei einem Gesamtschaden von über 5000,- Euro die Entfernung aus dem Dienst ohne Hinzutreten weiterer Erschwernisgründe gerechtfertigt sein kann. Derartige Bemessungsgrundsätze gelten auch für außerdienstliche Betrugsfälle (BVerwG, U. v. 24.11.1998 - 1 D 36.97- juris; B. v. 3.7.2007 - 2 B 18.07 - juris, BayVGH, U. v. 27.9.2012 - 16a D 11.406 - und U. v. 23.7.2014 - 16a D 12.2519 - jeweils in juris).

Der Senat sieht als Orientierungsrahmen für die Maßnahmebemessung die Zurückstufung an. Ausgangspunkt für diese Überlegungen ist der relativ geringe Schaden im dreistelligen Bereich (ca. 400,- Euro), den die Beklagte mit ihren Betrugshandlungen verwirklicht hat und der weit unterhalb der Wertgrenze von 5.000,- Euro liegt, bei dem ohne Hinzutreten weiterer Erschwernisgründe eine Entfernung aus dem Dienst gerechtfertigt ist. Die Anzahl der Betrugstaten mit sechs vollendeten und zwei versuchten Handlungen, die sich in ihrem disziplinarrechtlichen Unrechtsvorwurf grundsätzlich nicht unterscheiden (BVerwG, U. v. 29.3.2012 - 2 B 96/11; BayVGH, U. v. 15.12.2010 - 16a 09.2858 - jeweils in juris) sowie die hierfür notwendigen Planungen und Vorbereitungshandlungen wie z. B. das Ersteigern einer großen Anzahl von gebrauchten Kaffeemaschinen vorab im Internet, das Kopieren der im Rahmen der Betrugshandlungen vorgelegten Kaufbelege, die gezielte Suche nach Filialen der betroffenen Warenhauskette auf entsprechendem, bei ihr vorgefundenen Kartenmaterial sowie der Umstand, dass sowohl im Auto als auch im Krankenzimmer der Beklagten noch weitere Kaffeemaschinen entdeckt wurden, die auf die Absicht der Verwirklichung weiterer Straftaten schließen ließen (s. hierzu die Feststellungen im Urteil des Landgerichts L. vom 7. Juni 2011, S. 16 u. 30) sind als gewichtige Erschwernisgründe zu werten. Hierbei ist allerdings auch zu berücksichtigen, dass im Zusammenhang mit den Betrugshandlungen keine weiteren Straftaten verübt wurden. Die in den einzelnen Filialen vorgelegten Kassenbelege wurden von der Beklagten lediglich kopiert und nicht verfälscht, so dass mangels Urkundenfälschungen das Berufungsgericht im Strafverfahren die kriminelle Energie als eher gering einstufte und trotz der Anzahl der Betrugshandlungen der Verurteilung keinen besonders schweren Fall des Betrugs zugrunde gelegt hat. Insgesamt geht der Senat deshalb davon aus, dass im Hinblick auf die von der Beklagten begangenen Betrugshandlungen durchaus gewichtige Erschwernisgründe vorliegen, diese jedoch noch nicht die Höchstmaßnahme als Ausgangspunkt der Maßnahmebemessung indizieren. Im Hinblick auf die Schwere des Dienstvergehens bleibt als Ausgangspunkt die Disziplinarmaßnahme der Zurückstufung, aufgrund der dargestellten Erschwernisgründe jedoch um zwei Stufen.

3. Die zulasten der Beklagten heranzuziehenden Gesichtspunkte haben in der Gesamtschau kein solches Gewicht, dass insgesamt die Verhängung der Höchstmaßnahme gerechtfertigt wäre.

Vorliegend ist zulasten der Beklagten zu berücksichtigen, dass die Betrugshandlungen während eines bereits eingeleiteten Disziplinarverfahrens begangen wurden, vier Handlungen allein am 30. Oktober 2009, also zu einer Zeit, zu der sich die Beklagte in klinisch-stationärer Behandlung in einer Privatklinik in O. aufgehalten hat. Unabhängig davon, dass sich der disziplinare Vorwurf, der für die Einleitung des Disziplinarverfahrens am 25. November 2008 maßgeblich war, im Nachhinein als nicht haltbar erwiesen hat und die diesbezüglichen strafrechtlichen Ermittlungen mit Verfügung der Staatsanwaltschaft W. vom 7. August 2009 gem. § 170 Abs. 2 StPO eingestellt wurden, hätte die Beklagte in dieser Situation im Hinblick auf die Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen sensibilisiert sein müssen.

Zu ihren Lasten wiegt zudem, dass die Beklagte als Polizeibeamtin grundsätzlich für die Verhinderung, Aufklärung und Verfolgung von Straftaten zuständig ist (s. BayVGH, U. v. 15.12.2010 - 16a D 09.2858 - juris) und hier durch die Begehung vorsätzlicher Straftaten das für die Ausübung ihres Berufes erforderliche Vertrauen ihres Dienstherrn und der Allgemeinheit schwer beeinträchtigt hat. Hinzu kommt eine Nebentätigkeit als Tu.-ware-Verkäuferin, die sie seit mindestens Oktober 2006 - nach eigenen Angaben bis 2008 - ohne erforderliche Genehmigung betrieben hat. Soweit die Beklagte in der mündlichen Verhandlung angibt, Vertragspartnerin von Tu.-ware sei seit Oktober 2006 nicht sie, sondern ihre Mutter gewesen, so dass sie die Einholung einer Nebentätigkeitsgenehmigung durch ihre Person nicht für erforderlich gehalten habe, so ist dies nicht geeignet, die Beklagte zu entlasten (s. o. Abschnitt III 2.). Der Senat ist davon überzeugt, dass der Beklagten aufgrund der Vielzahl der bereits beantragten Nebentätigkeitsgenehmigungen in der Vergangenheit das Erfordernis der Genehmigungseinholung bewusst war. Ihre diesbezügliche Einlassung ist vielmehr zulasten der Beklagten im Hinblick auf ihre mangelnde Einsicht zu werten. Allerdings ist vorliegend auch zu berücksichtigen, dass es sich lediglich um einen formalen Verstoß gegen Nebentätigkeitsvorschriften handelte und die materielle Genehmigungsfähigkeit der Nebentätigkeit auch vom Kläger nicht bestritten wurde.

Nach Auffassung des Senats liegen anerkannte Milderungsgründe nicht vor, auch nicht der Milderungsgrund einer überwundenen negativen Lebensphase. Nach Auffassung des Senats sind die von der Beklagten - auch in der mündlichen Verhandlung - dargelegten Lebensumstände nicht von solchem Gewicht, dass sie die über einen längeren Zeitraum begangenen schweren Verfehlungen in einem deutlich milderen Licht erscheinen ließen. Dies gilt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur für außergewöhnliche Verhältnisse, die den Beamten zeitweilig aus der Bahn geworfen haben und die inzwischen überwunden sind (s. BVerwG, U. v. 20.12.2013 - 2 B35/13 - juris).

Der Senat verkennt nicht, dass sich die Beklagte nach Einleitung des Disziplinarverfahrens wegen des Vorwurfes des Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetzes und den damit einhergehenden strafrechtlichen Ermittlungen, der Suspendierung und der Trennung von ihrem Freund bzw. den Kollegen, die sie im Rahmen der mündlichen Verhandlung als „ihre Familie“ bezeichnete, durchaus in einer sehr schwierigen Lebensphase befunden hat. Diese führte - wie im Gutachten vom 21. April 2009 auch bestätigt - zu einer ausgeprägt vorhandenen depressiv-schwermütigen Affektveränderung, welche das Denken, die Kognitionen, die Wahrnehmung und die Handlungsmöglichkeiten der Beklagten stark überlagerten. Laut Gutachten war die Beklagte in psychischer Hinsicht im Denken in starkem Maße auf ein depressives Erleben mit Existenz- und Zukunftsängsten, Gefühl der Perspektivlosigkeit sowie lebensüberdrüssigen Gedanken eingeengt.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgericht liegt die Berücksichtigung einer schwierigen, inzwischen überwundenen Lebensphase vor allem dann nahe, wenn sich der Pflichtenverstoß als Folge der Lebensumstände darstellt (BVerwG, U. v.27.1.2011 - 2 A 5.09; U. v. 28.2.2013 - 2 C 3/12; U. v. 9.10.2014 - 2 B 60/14 - jeweils in juris). Abgesehen davon, dass sich nach Aussage des Gutachters Dr. N. das vorgeworfene Verhalten der Beklagten gerade nicht als Folge dieser Lebensumstände erklären läßt (s. Urteil des Landgerichts L. vom 7. Juni 2011, S. 31 u.) und die Beklagte auch in der mündlichen Verhandlung weder die Gründe für ihr Handeln erläutern noch einen Bezug zu ihrer depressiven Phase herzustellen vermochte, sieht der Senat vorliegend keine so außergewöhnlichen Verhältnisse wie im Rahmen des anerkannten Milderungsgrundes „negative Lebensphase“ gefordert. Die dargelegten Lebensumstände sind nicht von solchem Gewicht, dass sie die über einen längeren Zeitraum begangenen schweren Verfehlungen in einem deutlich milderen Licht erscheinen ließen (BayVGH, U. v. 30.1.2013 - 16b D 12.71- juris). Insoweit kommt es auch auf die Frage, ob die Beklagte eine solche inzwischen überwunden hat, nicht an. Hierfür spräche allerdings, dass die Beklagte mittlerweile - nach eigener Aussage - keine Medikamente (in Bezug auf die psychische Verfassung) mehr einnimmt und Therapiesitzungen eher im weitem zeitlichen Abstand (6 - 8 Wochen) stattfinden (s. BVerwG, U. v. 9.10.2014 - 2 B 60/14 - juris Rn. 45, wonach eine weiterhin zur „Rückfallprophylaxe“ durchgeführte psychotherapeutische Behandlung nicht den Schluss trage, die Beklagte sei nach wie vor „aus der Bahn geworfen“).

Der Senat berücksichtigt allerdings zugunsten der Beklagten, dass sie sich während der Tatzeit in einer schwierigen Lebensphase befunden hat (BVerwG, U. v. 28.2.2013 - 2 C 3/12 - juris Rn. 41). Gleiches gilt für die im Gutachten vom 21. April 2009 festgestellte verminderte Schuldfähigkeit (BayVGH, U. v. 22.10.2013 - 16b D 10.2314 - juris Rn.101ff), auch wenn der im Strafprozess als Sachverständige geladene Gutachter Dr. N. zum Ergebnis kam, dass die depressive Symptomatik, die bei der Beklagten zur Tatzeit unweigerlich vorlag, nicht den Schweregrad eines Schuldausschließungs- oder Schuldmilderungsgrundes im Sinne von §§ 20, 21 StGB erreichte.

Zugunsten der Beklagten wurde auch gewertet, dass sie disziplinarisch nicht vorbelastet ist und sich die dienstlichen Leistungen zeitweilig als überdurchschnittlich erwiesen (Beurteilung 2005: 12 Punkte). Entgegen der Auffassung des Erstgerichts sah der Senat allerdings keine Gründe, die recht laxe Umtauschpraxis der Firma K. zugunsten der Beklagten zu berücksichtigen.

In der Gesamtschau aller be- und entlastenden Umstände wirken sich die außerdienstlichen Straftaten der Beklagten ebenso wie der Verstoß gegen Nebentätigkeitsvorschriften erheblich auf das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit in die Beklagte aus. Allerdings ist der Senat der Auffassung, dass die Beklagte dieses Vertrauen noch nicht endgültig verloren hat. Im Rahmen der Gesamtabwägung halten sich Milderungs- und Erschwernisgründe in etwa die Waage. Der Senat geht insoweit davon aus, dass momentan ein Mindestmaß an Vertrauen in die Beklagte noch gerechtfertigt ist und diese künftig ihre Dienstaufgaben pflichtgemäß erfüllen wird.

Die Maßnahme der Zurückstufung um zwei Stufen verstößt auch nicht gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Entsprechend dem Sinn des Disziplinarrechts, die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes zu wahren, ist es notwendig, die disziplinare Maßnahme zu wählen, die dem Gewicht des Dienstvergehens und dem dadurch eingetretenen Vertrauensschaden entspricht. Ins Verhältnis zu setzen sind die Schwere des Fehlverhaltens und der durch den Beamten veranlasste Vertrauensschaden. Hat beides, wie im vorliegenden Fall, erhebliches Gewicht, so ist der Nachteil, der für den Beamten durch die Disziplinarmaßnahme eintritt, nicht unverhältnismäßig. Er liegt in seinem persönlichen Verantwortungsbereich und ist seinem schuldhaften pflichtwidrigen Verhalten zuzurechnen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf Art. 72 Abs. 1 BayDG.

Das Urteil ist mit seiner Verkündung rechtskräftig geworden (Art. 64 Abs. 2 BayDG).

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(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
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2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Ein Verhalten außerhalb des Dienstes ist nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.

(2) Bei Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten oder früheren Beamtinnen mit Versorgungsbezügen und früheren Beamten mit Versorgungsbezügen gilt es als Dienstvergehen, wenn sie sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigen oder an Bestrebungen teilnehmen, die darauf abzielen, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen, oder wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Bei sonstigen früheren Beamtinnen und früheren Beamten gilt es als Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Für Beamtinnen und Beamte nach den Sätzen 1 und 2 können durch Landesrecht weitere Handlungen festgelegt werden, die als Dienstvergehen gelten.

(3) Das Nähere über die Verfolgung von Dienstvergehen regeln die Disziplinargesetze.

Tatbestand

1

Der Beklagte war seit April 1975 zunächst im Beamtenverhältnis auf Probe Leiter des Rechenzentrums der ... Universität (früher Gesamthochschule) W. Im August 1978 berief ihn das klagende Land in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit; im November 1982 wurde der Beklagte zum Regierungsdirektor (Besoldungsgruppe A 16) der Laufbahn "Dienst in der Datenverarbeitung" ernannt. Mit Ablauf des Mai 2003 trat er aus Altersgründen in den Ruhestand.

2

Der Beklagte gab in den Steuererklärungen für die Jahre 1991 bis 2000, die er auch für seine Ehefrau erstellte, bewusst nicht an, dass diese 1990 von ihrem Vater ein unversteuertes Barvermögen in Höhe von etwa 5,4 Millionen DM geerbt hatte. Weiterhin verschwieg er unversteuerte Vermögenswerte in Höhe von etwa 410 000 DM, die er teils geerbt, teils durch eine Tätigkeit im Ausland verdient hatte.

3

Einen auf Initiative des Finanzamts vereinbarten Besprechungstermin am 27. November 2002 nahmen die Eheleute nicht wahr. Mit Schreiben ihres Steuerberaters vom 28. November 2002 zeigten sie die Steuerhinterziehungen dem Finanzamt an. Im September 2003 setzte das Finanzamt Einkommenssteuern, Solidaritätszuschläge und Vermögenssteuern für die Jahre 1991 bis 2000 neu fest, woraus sich ein Steuerhinterziehungsbetrag von insgesamt rund 1 233 320 € ergab. Nachdem die Eheleute die Steuernachforderungen nebst Zinsen und Zuschlägen von rund 500 000 € innerhalb der ihnen gesetzten Frist beglichen hatten, stellte das Finanzamt das nach der Selbstanzeige eingeleitete Ermittlungsverfahren am 27. Oktober 2004 ein.

4

Das klagende Land hat im Februar 2006 wegen der Steuerhinterziehungen ein Disziplinarverfahren gegen den Beklagten eingeleitet und im Januar 2007 Disziplinarklage erhoben. Das Verwaltungsgericht hat dem Beklagten das Ruhegehalt aberkannt. Das Oberverwaltungsgericht hat die auf das Disziplinarmaß beschränkte Berufung zurückgewiesen. In dem Berufungsurteil heißt es:

5

Aufgrund der Beschränkung der Berufung stehe bindend fest, dass die Steuerhinterziehungen ein Dienstvergehen darstellten. Im Berufungsverfahren gehe es nur noch um die Bestimmung der angemessenen Disziplinarmaßnahme. Das Verwaltungsgericht habe dem Beklagten zu Recht das Ruhegehalt aberkannt, weil dieser als Beamter untragbar geworden sei. Steuerhinterziehungen stellten gravierende außerdienstliche Pflichtenverstöße dar. Im Falle des Beklagten komme der exorbitanten Größenordnung des Hinterziehungsbetrags entscheidendes Gewicht zu. Auch habe der Beklagte sein Fehlverhalten zehn Jahre lang fortgesetzt. Ihn könne weder entlasten, dass die Steuerpflicht größtenteils das Vermögen seiner Ehefrau betroffen habe, noch dass er bei pflichtgemäßem Verhalten die Steuerhinterziehungen seines verstorbenen Schwiegervaters hätte offenlegen müssen.

6

Auch die Selbstanzeige des Beklagten sei trotz der dadurch erwirkten Straffreiheit nicht geeignet, um von der Aberkennung des Ruhegehalts abzusehen. Eine derartige Selbstanzeige stelle einen mildernden Umstand von erheblichem Gewicht dar, wenn sie der Beamte aus freien Stücken und nicht aus Furcht vor Entdeckung abgegeben habe. Selbst dann könne sie jedoch eine Fortsetzung des Beamtenverhältnisses nicht rechtfertigen, wenn die Steuerhinterziehung wie im vorliegenden Fall durch einen extrem hohen Hinterziehungsbetrag geprägt sei. Daher könne dahingestellt bleiben, ob die Selbstanzeige des Beklagten trotz des vereinbarten Besprechungstermins im Finanzamt noch als freiwillig angesehen werden könne.

7

Hiergegen richtet sich die Revision des Beklagten, mit der er die Verletzung materiellen Disziplinarrechts rügt. Er macht geltend, das Oberverwaltungsgericht habe das Gewicht der strafbefreienden Selbstanzeige verkannt.

8

Der Beklagte beantragt,

die Urteile des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 23. September 2009 und des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 18. Juni 2008 aufzuheben und die Disziplinarklage abzuweisen.

9

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

10

Der Kläger verteidigt das Berufungsurteil. Das Oberverwaltungsgericht habe alle bemessungsrelevanten Gesichtspunkte erkannt und nachvollziehbar gewürdigt.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision des Beklagten ist mit der Maßgabe begründet, dass das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen ist (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Das Berufungsurteil verletzt revisibles Landesdisziplinarrecht, nämlich § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3 des Disziplinargesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. November 2004 - LDG NRW - (GVBl S. 624). Die Tatsachenfeststellungen des Oberverwaltungsgerichts reichen nicht aus, um dem Senat eine abschließende Entscheidung über die Disziplinarklage zu ermöglichen.

12

1. Indem der Beklagte das Vermögen seiner Ehefrau in den von ihm erstellten Steuerklärungen für die Jahre 1991 bis 2000 verschwiegen hat, hat er nicht nur den Straftatbestand der Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 der Abgabenordnung - AO - erfüllt, sondern auch ein vorsätzliches Dienstvergehen begangen.

13

a) Allerdings hat das Oberverwaltungsgericht zu Unrecht angenommen, aufgrund der Beschränkung der Berufung des Beklagten auf das Disziplinarmaß sei es an die Würdigung der Steuerhinterziehungen als Dienstvergehen durch das Verwaltungsgericht gebunden. Eine derartige Bindung besteht nicht, weil die Berufung des Beklagten als uneingeschränkt eingelegt gilt. Demnach ist das erstinstanzliche Urteil nicht in Teilrechtskraft erwachsen, sodass das Oberverwaltungsgericht die Disziplinarklage in der Berufungsinstanz in gleichem Umfang wie das Verwaltungsgericht hätte prüfen müssen (§ 128 Satz 1 VwGO, § 3 LDG NRW).

14

Die Möglichkeit, die Berufung auf das Disziplinarmaß zu beschränken, ist eröffnet, wenn aufgrund der ergänzenden Anwendung der Strafprozessordnung, wie sie die Bundesdisziplinarordnung und Landesdisziplinarordnungen für gerichtliche Disziplinarverfahren angeordnet haben, § 318 Satz 1 StPO anwendbar ist oder eine inhaltsgleiche disziplinargesetzliche Regelung besteht. Nach § 318 Satz 1 StPO kann die Berufung auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt werden. Die danach zulässige Beschränkung der Berufung auf das Disziplinarmaß hat zur Folge, dass das erstinstanzliche Disziplinarurteil in Teilrechtskraft erwächst. Das Berufungsgericht ist an die Tat- und Schuldfeststellungen des erstinstanzlichen Gerichts ebenso gebunden wie an dessen disziplinarrechtliche Würdigung der angeschuldigten Handlungen als Dienstvergehen. Es hat nur noch darüber zu befinden, welche Disziplinarmaßnahme zu verhängen ist (stRspr; vgl. nur Urteile vom 23. Februar 2005 - BVerwG 1 D 13.04 - BVerwGE 123, 75 <77> und vom 5. Juli 2006 - BVerwG 1 D 5.05 - Buchholz 235 § 82 BDO Nr. 7 Rn. 34).

15

Das nordrhein-westfälische Disziplinargesetz trifft keine Aussage zur Zulässigkeit der auf das Disziplinarmaß beschränkten Berufung; insbesondere enthält das Kapitel 3 "Disziplinarverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht" keinen Hinweis. Die Anwendung des § 318 Satz 1 StPO ist ausgeschlossen, weil § 3 Abs. 1 LDG NRW (ebenso wie § 3 BDG) nicht die Bestimmungen der Strafprozessordnung, sondern der Verwaltungsgerichtsordnung für ergänzend anwendbar erklärt.

16

Nach der Verwaltungsgerichtsordnung kann die Berufung auf einen von mehreren selbstständigen Streitgegenständen einer Klage (objektive Klagehäufung nach § 44 VwGO) oder auf einen abgrenzbaren Teil des Streitgegenstandes beschränkt werden. Nur insoweit ist der Erlass eines Teilurteils nach § 110 VwGO möglich. Der Streitgegenstand wird durch den Klageantrag und den Klagegrund, d.h. den Sachverhalt bestimmt, aus dem der Kläger die angestrebte Rechtsfolge herleitet (stRspr, vgl. Urteil vom 25. März 2010 - BVerwG 2 C 52.08 - NVwZ 2010, 1507 Rn. 17). Demnach ist es ausgeschlossen, die Berufung auf die Nachprüfung einzelner materiellrechtlicher Voraussetzungen des Klagebegehrens zu beschränken. Daraus folgt, dass die Verwaltungsgerichtsordnung eine auf das Disziplinarmaß beschränkte Berufung in Disziplinarklageverfahren nicht zulässt (vgl. auch OVG Hamburg, Urteil vom 29. August 2008 - 12 Bf 32/08.F - IÖD 2009, 29; Müller, Grundzüge des Beamtendisziplinarrechts, 1. Auflage 2010, Rn. 471):

17

Streitgegenstand dieses Verfahrens ist der Disziplinaranspruch des Dienstherrn gegen den Beamten, d.h. der Anspruch auf die Bestimmung der angemessenen Disziplinarmaßnahme für die Handlungen, die dem Beamten in der Disziplinarklageschrift zur Last gelegt werden. Der Disziplinaranspruch besteht, wenn ein Dienstvergehen festgestellt wird, d.h. der Beamte die angeschuldigten Handlungen ganz oder teilweise begangen hat und die nachgewiesenen Handlungen als Dienstvergehen zu würdigen sind, und wenn dem Ausspruch der hierfür erforderlichen Disziplinarmaßnahme kein rechtliches Hindernis entgegensteht (§ 59 Abs. 2 Satz 1 und 2; § 57 Abs. 1 Satz 1; §§ 5 ff.; § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3, Abs. 2 LDG NRW). Bei den Prüfungsgegenständen "Feststellung des Dienstvergehens" und "Bestimmung der Disziplinarmaßnahme" handelt es sich um materiellrechtliche Voraussetzungen des einheitlichen Disziplinaranspruchs, die verfahrensrechtlich nicht selbständig geltend gemacht werden können. Die Disziplinarklage kann daher auch nicht auf die Feststellung eines Dienstvergehens beschränkt werden. Vielmehr macht der Dienstherr mit der Klageerhebung stets einen Anspruch auf Festsetzung einer Disziplinarmaßnahme geltend, nämlich gegen einen aktiven Beamten einen Anspruch auf Zurückstufung oder Entfernung aus dem Beamtenverhältnis, gegen einen Ruhestandsbeamten einen Anspruch auf Aberkennung des Ruhegehalts (§ 35 Abs. 1 LDG NRW; § 34 Abs. 1 BDG).

18

Daran ändert nichts, dass der Dienstherr keinen Antrag auf Festsetzung einer bestimmten Disziplinarmaßnahme stellen muss und ein derartiger Antrag für das Verwaltungsgericht unverbindlich ist. Die Entbehrlichkeit bzw. Unverbindlichkeit eines bestimmten Klageantrags folgt zwangsläufig daraus, dass die Disziplinarbefugnis nach § 59 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 LDG NRW (§ 60 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BDG) den Verwaltungsgerichten zugewiesen ist. Gelangen diese zu der Überzeugung, dass ein Dienstvergehen vorliegt, bestimmen sie die erforderliche Disziplinarmaßnahme aufgrund einer eigenen Bemessungsentscheidung, ohne in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht an die Wertungen des Dienstherrn gebunden zu sein (Urteil vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <255 f.> = Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 1 Rn. 16).

19

b) Aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des Berufungsurteils besteht allerdings kein Zweifel, dass die Steuerhinterziehungen des Beklagten ein Dienstvergehen darstellen. Die disziplinarrechtliche Beurteilung richtet sich hier nach § 83 Abs. 1, § 57 des Beamtengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Mai 1981 - LBG NRW a.F. - (GVBl S. 234), weil diese Regelungen während des Tatzeitraums gegolten haben. Nach § 83 Abs. 1 Satz 1 LBG NRW a.F. begeht der Beamte ein Dienstvergehen, wenn er schuldhaft die ihm obliegenden Pflichten verletzt. Nach Satz 2 ist ein Verhalten des Beamten außerhalb des Dienstes ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalles im besonderen Maße geeignet ist, Achtung und Vertrauen in einer für sein Amt oder das Ansehen des öffentlichen Dienstes bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Der gesetzliche Begriff des Dienstvergehens umfasst alle disziplinarrechtlich bedeutsamen Dienstpflichtverletzungen des Beamten. Diese werden durch eine einheitliche Disziplinarmaßnahme geahndet, die aufgrund einer Gesamtwürdigung des Verhaltens und der Persönlichkeit des Beamten zu bestimmen ist (Grundsatz der Einheit des Dienstvergehens; vgl. Urteil vom 14. Februar 2007 - BVerwG 1 D 12.05 - BVerwGE 128, 125 = Buchholz 232 § 77 BBG Nr. 26).

20

Die Begriffsbestimmung des außerdienstlichen Dienstvergehens in § 83 Abs. 1 Satz 2 LBG NRW a.F. schränkt die disziplinarrechtliche Bedeutung außerdienstlichen Verhaltens ein (vgl. auch § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG; § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG). Der Regelung liegt die Einschätzung des Gesetzgebers zugrunde, dass sich die gesellschaftlichen Anschauungen über die Stellung der Beamten gewandelt haben. Von ihnen wird kein wesentlich anderes Sozialverhalten erwartet als von anderen Bürgern. Daher ist außerdienstliches Fehlverhalten nicht mehr generell geeignet, das Ansehen des Beamtentums in disziplinarrechtlich bedeutsamer Weise zu beeinträchtigen (Urteile vom 30. August 2000 - BVerwG 1 D 37.99 - BVerwGE 112, 19 <23 f.> = Buchholz 232 § 54 Satz 3 BBG Nr. 23 S. 22 f., vom 8. Mai 2001 - BVerwG 1 D 20.00 - BVerwGE 114, 212 <216 f.> = Buchholz 232 § 54 Satz 3 BBG Nr. 29 S. 37 ff. und vom 25. März 2010 - BVerwG 2 C 83.08 - BVerwGE 136, 173 = Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 11).

21

Anforderungen an das außerdienstliche Verhalten des Beamten beschreibt lediglich die Generalklausel des § 57 Satz 3 LBG NRW a.F. Danach muss sein Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die sein Beruf erfordert. Die beruflichen Erfordernisse, die eine Pflicht des Beamten zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten außerhalb des Dienstes begründen, sind inhaltlich in Einklang mit § 83 Abs. 1 Satz 2 LBG NRW a.F. zu konkretisieren. Sie ergeben sich vor allem aus dem Amt des Beamten im konkret-funktionellen Sinn, d.h. aus seinem dienstlichen Aufgabenbereich, daneben aus der Notwendigkeit, das Ansehen des Beamtentums zu wahren, wenn dies nach heutigen Vorstellungen erforderlich erscheint.

22

Danach verstößt ein außerdienstliches Verhalten des Beamten gegen die Wohlverhaltenspflicht des § 57 Satz 3 LBG NRW a.F., wenn es bei fallbezogener Würdigung nachteilige Rückschlüsse auf die Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben zulässt. Dieser dienstliche Bezug ist gegeben, wenn aufgrund des außerdienstlichen Verhaltens Zweifel bestehen, ob der Beamte seine innerdienstlichen Pflichten beachten wird. Die Dienstausübung ist auch betroffen, wenn zu befürchten ist, dass der Beamte wegen der gegen ihn bestehenden Vorbehalte nicht mehr die Autorität genießt, auf die er für die Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben zwingend angewiesen ist. Ansonsten verstößt ein außerdienstliches Verhalten gegen berufliche Erfordernisse im Sinne von § 57 Satz 3 LBG NRW a.F., wenn dadurch das Vertrauen der Bevölkerung in das Beamtentum als Sachwalter einer stabilen und gesetzestreuen Verwaltung beeinträchtigt werden kann (Urteile vom 30. August 2000 a.a.O. <26> bzw. S. 25, vom 8. Mai 2001 a.a.O. <218 f.> bzw. S. 39 f. und vom 25. März 2010 a.a.O. ).

23

Eine Verletzung der außerdienstlichen Wohlverhaltenspflicht des § 57 Satz 3 LBG NRW a.F. hat disziplinarrechtliche Bedeutung, wenn die qualifizierten Voraussetzungen des § 83 Abs. 1 Satz 2 LBG NRW a.F. erfüllt sind. Die danach erforderliche besondere Eignung des Fehlverhaltens zur Beeinträchtigung des Vertrauens in die Amtsführung des Beamten oder des Ansehens des öffentlichen Dienstes setzt voraus, dass die befürchteten nachteiligen Rückschlüsse oder Auswirkungen auf die Dienstausübung oder die Ansehensschädigung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind. Die Nachteile des Fehlverhaltens sind bedeutsam im Sinne des § 83 Abs. 1 Satz 2 LBG NRW a.F., wenn seine disziplinarrechtliche Relevanz das jeder außerdienstlichen Pflichtverletzung innewohnende Maß deutlich überschreitet (Urteil vom 8. Mai 2001 a.a.O. <219 f.> bzw. S. 40).

24

Der Senat hat diese gesetzlichen Vorgaben dahingehend konkretisiert, dass ein außerdienstliches Fehlverhalten, das keinen Bezug zur Dienstausübung aufweist, regelmäßig ein disziplinarrechtliches Sanktionsbedürfnis auslöst, wenn es sich dabei um eine Straftat handelt, deren gesetzlicher Strafrahmen bis zu einer Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren reicht, und der daran gemessene Unrechtsgehalt der konkreten Tat nicht gering wiegt. Durch die Bewertung eines Fehlverhaltens als strafbar hat der Gesetzgeber zu erkennen gegeben, dass er dieses Verhalten als in besonderem Maße verwerflich ansieht. Dies lässt ohne Weiteres darauf schließen, dass das Fehlverhalten das Ansehen des Beamtentums in einer Weise beschädigt, die im Interesse der Akzeptanz des öffentlichen Dienstes in der Bevölkerung und damit seiner Funktionsfähigkeit nicht hingenommen werden kann. An dem objektiven Maßstab des gesetzlichen Strafrahmens hat sich die Auslegung der unbestimmten Rechtsbegriffe der § 57 Satz 3, § 83 Abs. 1 Satz 2 LBG NRW zu orientieren. Eine derartige Straftat eines Beamten ist nur dann nicht disziplinarrechtlich relevant, wenn ihr Unrechtsgehalt nach den konkreten Umständen des Falles erkennbar an der unteren Schwelle liegt (Urteile vom 25. März 2010 a.a.O. und vom 19. August 2010 - BVerwG 2 C 13.10 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 12 Rn. 17).

25

Die Steuerhinterziehungen des Beklagten weisen keinen Bezug zu seiner früheren dienstlichen Tätigkeit auf. Weder ließen sie nachteilige Rückschlüsse auf die Erfüllung der Dienstpflichten zu noch waren sie geeignet, die für die Amtsführung unabdingbare Autorität zu beeinträchtigen. Ihre disziplinarrechtliche Relevanz folgt aus dem erheblichen Ansehensschaden, den der Beklagte durch sein Fehlverhalten herbeigeführt hat. Der Beklagte hat von 1991 bis 2000 jährlich eine Straftat begangen, die nach § 370 Abs. 1 AO mit Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren belegt ist. Der Unrechtsgehalt seines strafbaren Verhaltens wiegt besonders schwer, weil die Gesamthöhe der hinterzogenen Steuern eine Million Euro übersteigt. Dass er aufgrund der Selbstanzeige nach § 371 AO straffrei geblieben ist, lässt den Unrechtsgehalt seines strafbaren Verhaltens und damit dessen disziplinarrechtliche Relevanz unberührt.

26

2. Die Bemessungsentscheidung des Oberverwaltungsgerichts, wonach die Aberkennung des Ruhegehalts allein wegen der Gesamthöhe der hinterzogenen Steuern geboten ist, verstößt gegen die Bemessungsvorgaben nach § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3 LDG NRW. Der Senat kann die angemessene Disziplinarmaßnahme schon deshalb nicht selbst festsetzen, weil das Berufungsurteil nicht alle bemessungsrelevanten Gesichtspunkte enthält (Urteile vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 26 f. und vom 29. Mai 2008 - BVerwG 2 C 59.07 - Buchholz 235.1 § 70 BDG Nr. 3 Rn. 25 f.).

27

a) Nach § 13 Abs. 2 Satz 1 LDG NRW ist die Disziplinarmaßnahme insbesondere nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen. Nach Satz 2 ist das Persönlichkeitsbild des Beamten angemessen zu berücksichtigen. Nach Satz 3 soll ferner berücksichtigt werden, in welchem Umfang das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit beeinträchtigt worden ist.

28

Die Regelungen des § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3 LDG NRW verlangen ebenso wie die inhaltsgleichen Regelungen des § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG, dass die Disziplinarmaßnahme aufgrund einer prognostischen Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte bestimmt wird. Dabei ist fallbezogen dem auch im Disziplinarrecht geltenden Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung zu tragen (stRspr; vgl. Urteile vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <258> = Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 1 Rn. 22 und vom 3. Mai 2007 a.a.O. Rn. 30).

29

Wie Satz 1 des § 13 Abs. 2 LDG NRW durch die Verwendung des Wortes "insbesondere" zum Ausdruck bringt, ist die Schwere des Dienstvergehens richtungweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Die Schwere beurteilt sich nach objektiven Handlungsmerkmalen wie Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzungen, den besonderen Umständen der Tatbegehung sowie Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens, nach subjektiven Handlungsmerkmalen wie Form und Gewicht des Verschuldens des Beamten, den Beweggründen für sein Verhalten sowie nach den unmittelbaren Folgen für den dienstlichen Bereich und für Dritte. Das Dienstvergehen ist nach der festgestellten Schwere einer der im Katalog des § 5 LDG NRW (§ 5 BDG) aufgeführten Disziplinarmaßnahme zuzuordnen. Davon ausgehend kommt es darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Maßnahme geboten ist (Urteile vom 20. Oktober 2005 a.a.O. <258 f.> bzw. Rn. 22 und vom 3. Mai 2007 a.a.O. Rn. 20).

30

Eine vollständige und richtige Gesamtwürdigung setzt voraus, dass die Verwaltungsgerichte die im Einzelfall bemessungsrelevanten, d.h. die für die Schwere und das Persönlichkeitsbild bedeutsamen Tatsachen ermitteln und mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Gesamtbewertung einbeziehen. Dabei findet der Grundsatz "in dubio pro reo" Anwendung: Die Verwaltungsgerichte dürfen nur solche belastenden Tatsachen in die Gesamtwürdigung einstellen, die zur Überzeugung des Gerichts feststehen. Demgegenüber müssen entlastende (mildernde) Umstände schon dann zugunsten des Beamten berücksichtigt werden, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen gegeben sind und eine weitere Sachverhaltsaufklärung nicht möglich ist (Urteile vom 20. Oktober 2005 a.a.O. <258 f.> bzw. Rn. 22 f. und vom 3. Mai 2007 a.a.O. Rn. 17).

31

Nach § 13 Abs. 3 Satz 1 LDG NRW ist ein Beamter aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, wenn er durch ein Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat. Befindet er sich bereits im Ruhestand, so ordnet Satz 2 stattdessen die Aberkennung des Ruhegehalts an. Diese Regelungen enthalten keine zusätzlichen Bemessungskriterien. Ebenso wie die inhaltsgleichen Regelungen des § 13 Abs. 2 Satz 1 und 2 BDG stellen sie klar, dass das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit aufzulösen ist, wenn die Maßnahmebemessung nach § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3 LDG NRW zu dem Ergebnis führt, dass der Beamte untragbar geworden ist. Dies ist anzunehmen, wenn der Beamte ein schweres Dienstvergehen begangen hat und die prognostische Gesamtwürdigung ergibt, er werde auch künftig in erheblicher Weise gegen Dienstpflichten verstoßen oder die von ihm zu verantwortende Ansehensschädigung sei bei einem Verbleib im Beamtenverhältnis nicht wieder gutzumachen. Je schwerer das Dienstvergehen wiegt, desto näher liegt eine derartige Prognose (stRspr; vgl. Urteile vom 20. Oktober 2005 a.a.O. <258 f.> bzw. Rn. 21 f. und vom 3. Mai 2007 a.a.O. Rn. 18).

32

Die Disziplinarmaßnahme der Aberkennung des Ruhegehalts stellt sicher, dass sich der Beamte der Sanktionierung eines schweren Dienstvergehens, das er im aktiven Dienst begangen hat, nicht durch den Eintritt in den Ruhestand entziehen kann. Sie findet ihre Rechtfertigung in der Wahrung der Integrität des Beamtentums und des Ansehens des öffentlichen Dienstes sowie in dem Gebot der Gleichbehandlung (BVerfG, Kammerbeschluss vom 22. November 2001 - 2 BvR 2138/00 - NVwZ 2002, 467; BVerwG, Beschluss vom 13. Oktober 2005 - BVerwG 2 B 19.05 - Buchholz 235.1 § 15 BDG Nr. 2 Rn. 6).

33

Die Entscheidung des Gesetzgebers, die disziplinarrechtliche Relevanz außerdienstlichen Fehlverhaltens einzuschränken, wirkt sich auch auf die Bemessungsentscheidung nach § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3 LDG NRW aus. Sie führt dazu, dass ein Dienstvergehen außerhalb des Dienstes jedenfalls dann regelmäßig nicht die Beendigung des Beamtenverhältnisses nach sich zieht, wenn es keine Rückschlüsse auf die Dienstausübung des Betroffenen zulässt, seine disziplinarrechtliche Relevanz sich vielmehr ausschließlich aus dem damit verbundenen Ansehensschaden ergibt. In diesen Fällen kommen Entfernung aus dem Beamtenverhältnis bzw. Aberkennung des Ruhegehalts nur in Betracht, wenn das Dienstvergehen im Einzelfall durch vom Regelfall abweichende, besonders erschwerende Umstände gekennzeichnet ist.

34

Für die Bestimmung der Schwere des Dienstvergehens kann auf die Maßstäbe zurückgegriffen werden, die der Disziplinarsenat des Bundesverwaltungsgerichts für einzelne Fallgruppen entwickelt hat. Nach dessen Rechtsprechung ist die Disziplinarmaßnahme für außerdienstliche Steuerhinterziehungen ohne dienstlichen Bezug wegen der Variationsbreite der möglichen Verfehlungen, insbesondere wegen der sehr unterschiedlichen Hinterziehungsbeträge, grundsätzlich nach den Umständen des jeweiligen Falles festzulegen. Ist der Umfang der hinterzogenen Steuern besonders hoch oder sind mit der Steuerhinterziehung zusätzliche Straftatbestände oder andere nachteilige Umstände mit erheblichem Eigengewicht verbunden, so soll eine Zurückstufung angemessen sein. Eine außergewöhnliche Höhe des Hinterziehungsbetrags nimmt der Disziplinarsenat bei einem sechsstelligen DM-Betrag an (stRspr; vgl. Urteil vom 8. September 2004 - BVerwG 1 D 18.03 - Buchholz 235.1 § 85 BDG Nr. 7 S. 14). Davon ausgehend kommt die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis bzw. die Aberkennung des Ruhegehalts in Betracht, wenn der Hinterziehungsbetrag wie im vorliegenden Fall einen siebenstelligen Euro-Betrag erreicht.

35

b) Die Strafaufhebung nach § 371 AO kann nicht unbesehen als Milderungsgrund in die Bemessungsentscheidung nach § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3 LDG NRW übernommen werden. Der Verzicht auf den Strafanspruch ist vorrangig dem fiskalischen Interesse an der Erschließung unbekannter Steuerquellen geschuldet (BGH, Beschluss vom 20. Mai 2010 - 1 StR 577/09 - NJW 2010, 2146 Rn. 7). Dieses Interesse stellt keinen Gesichtspunkt dar, der dem Bemessungskriterium des Persönlichkeitsbildes des Beamten im Sinne von § 13 Abs. 2 Satz 2 LDG NRW zugeordnet werden kann. Daher ist für die Bestimmung des Gewichts einer Selbstanzeige nach § 371 AO in erster Linie auf die disziplinarrechtlichen Milderungsgründe zurückzugreifen, die Elemente des Persönlichkeitsbildes zum Ausdruck bringen.

36

Danach kommt der Selbstanzeige entscheidendes Gewicht für die Maßnahmebemessung zu, wenn der Beamte dadurch den Milderungsgrund der freiwilligen Offenbarung erfüllt. Der Disziplinarsenat des Bundesverwaltungsgerichts hat diesen Milderungsgrund für die Fallgruppe der Veruntreuung amtlich anvertrauter Gelder entwickelt, jedoch auch auf Steuerhinterziehungen angewandt. Er liegt vor, wenn der Beamte das Dienstvergehen vor seiner Aufdeckung aus eigenem Antrieb ohne Furcht vor konkreter Entdeckung vorbehaltlos und vollständig offenlegt. Der Milderungsgrund greift nicht mehr ein, wenn der Beamte das Dienstvergehen offenbart, weil er damit rechnet, dass deswegen gegen ihn ermittelt wird (Urteile vom 5. Oktober 1994 - BVerwG 1 D 31.94 - BVerwGE 103, 177 <180 f.>, vom 6. Juni 2000 - BVerwG 1 D 66.98 - Buchholz 235 § 17 BDO Nr. 1 S. 4 und vom 23. Februar 2005 - BVerwG 1 D 13.04 - BVerwGE 123, 75 <78 f.>).

37

Durch die freiwillige Offenbarung zeigt der Beamte, dass er sein Fehlverhalten bereut und aus innerer Einsicht entschlossen ist, sich künftig rechtstreu zu verhalten. Sein Persönlichkeitsbild im Sinne von § 13 Abs. 2 Satz 2 LDG NRW erscheint in einem günstigeren Licht, sodass die Erwartung gerechtfertigt ist, die von dem Beamten verursachte Ansehensschädigung könne wettgemacht werden. Mit dem Zweck des Milderungsgrundes der freiwilligen Offenbarung lässt sich nicht vereinbaren, den in die Tat umgesetzten Persönlichkeitswandel generell für unbeachtlich zu erklären. Vielmehr führt die Umkehr des Beamten aus freien Stücken selbst bei schwerwiegenden innerdienstlichen Pflichtenverstößen regelmäßig zur Bestimmung einer Disziplinarmaßnahme, die um eine Stufe niedriger liegt als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Maßnahme. Dies gilt nur dann nicht, wenn dem Milderungsgrund erschwerende Umstände von ganz erheblichem Gewicht entgegenstehen. Dazu gehört eine enorme Schadenshöhe bei Vermögens- und Abgabedelikten nicht, wenn der Beamte seine Bereitschaft zur Wiedergutmachung des Schadens gezeigt hat und dazu in der Lage ist. Die Fähigkeit zur Wiedergutmachung des Schadens ist im Allgemeinen wegen des Einsatzes der Dienst- oder Versorgungsbezüge zu bejahen (Urteile vom 5. Oktober 1994 a.a.O. <181>, vom 6. Juni 2000 a.a.O. S. 4 und vom 23. Februar 2005 a.a.O. <78 f.>).

38

Demgegenüber kommt einer Selbstanzeige nach § 371 AO, die der Beamte aus Furcht vor Entdeckung abgibt, naturgemäß ein geringeres Gewicht zu. Dies gilt unabhängig davon, ob der Beamte dadurch Straffreiheit erlangt. Hier muss davon ausgegangen werden, dass der Beamte weniger aus innerer Einsicht als vielmehr in dem Bestreben tätig wird, die nachteiligen Folgen seines Fehlverhaltens so gering als möglich zu halten. Daher hängt es vom Hinzutreten weiterer, dem Persönlichkeitsbild zuzuordnenden mildernden Umständen ab, welche Disziplinarmaßnahme angemessen ist. Jedenfalls bei einer siebenstelligen Größenordnung der hinterzogenen Steuern kann die höchste Disziplinarmaßnahme angezeigt sein, wenn im Einzelfall Erschwerungsgründe vorliegen, denen keine Milderungsgründe von solchem Gewicht gegenüberstehen, dass eine Gesamtbetrachtung noch den Schluss rechtfertigt, der Beamte sei noch tragbar. Je gravierender die Erschwerungsgründe in ihrer Gesamtheit zu Buche schlagen, desto gewichtiger müssen die Milderungsgründe sein. Den Milderungsgründen darf nicht unabhängig von ihrem Gewicht unter Verweis auf die Größenordnung des Hinterziehungsbetrags jede entscheidungserhebliche Bedeutung abgesprochen werden.

39

Ein beachtlicher Milderungsgrund, der die Dienstentfernung oder die Aberkennung des Ruhegehalts bei Fehlen besonderer Erschwerungsgründe ausschließt, liegt darin, dass der Beamte nach der Selbstanzeige aus Furcht vor Entdeckung den Schaden alsbald ausgeglichen, nämlich die zu seinen Gunsten hinterzogenen Steuern innerhalb der ihm gesetzten Frist (§ 371 AO) entrichtet und dadurch Straffreiheit erlangt hat (vgl. Urteil vom 5. Oktober 1994 a.a.O. <181>). Gleiches gilt, wenn der Beamte durch seine Mitwirkung die Aufklärung des Dienstvergehens ermöglicht oder erheblich vereinfacht hat (Urteil vom 6. Juni 2000 a.a.O. S. 4). Auch kann zugunsten des Beamten zu berücksichtigen sein, dass er sich nicht selbst bereichert, sondern Dritten auf deren Drängen ungerechtfertigte Vorteile verschafft hat (Urteil vom 23. Februar 2005 a.a.O. <77>).

40

c) Das Oberverwaltungsgericht ist den Anforderungen an die prognostische Gesamtwürdigung nach § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3 LDG NRW nicht gerecht geworden. Es hat zwar verschiedene bemessungsrelevante Gesichtspunkte aufgeführt, die Aberkennung des Ruhegehalts jedoch abweichend von der Rechtsprechung des Disziplinarsenats des Bundesverwaltungsgerichts allein schon wegen der enormen Größenordnung der Steuerhinterziehungen des Beklagten für zwingend geboten gehalten. Nach seiner Auffassung kann bei der hier festgestellten Schadenshöhe dem Milderungsgrund der freiwilligen Offenbarung, d.h. einer Selbstanzeige aus freien Stücken, unter keinen Umständen entscheidungserhebliches Gewicht zukommen. Dementsprechend hat das Oberverwaltungsgericht dahingestellt sein lassen, ob der Beklagte die Selbstanzeige aus freien Stücken oder bereits aus Furcht vor Entdeckung abgegeben hat. Dies wird es aufzuklären haben, wobei dem Beklagten möglicherweise der Grundsatz "in dubio pro reo" zugute kommt. Es wird insbesondere darauf ankommen, ob der Beklagte bei Abgabe der Selbstanzeige damit rechnen musste, dass wegen der hinterzogenen Steuern bereits gegen ihn ermittelt wird. Ist von einer Selbstanzeige aus freien Stücken auszugehen, so kommt die Aberkennung des Ruhegehalts nach Lage der Dinge nicht in Betracht.

41

Gewinnt das Oberverwaltungsgericht nach erschöpfender Sachaufklärung die Überzeugung, dass der Beklagte die Selbstanzeige aus Furcht vor Entdeckung abgegeben hat, so wird es aufzuklären haben, ob dem Beklagten neben der Schadenshöhe weitere Erschwerungsgründe anzulasten sind. Auf der anderen Seite wird es zu berücksichtigen haben, dass der Beklagte den gesamten Hinterziehungsbetrag nebst Zinsen und Zuschlägen fristgerecht entrichtet hat. Gegebenenfalls wird das Oberverwaltungsgericht weiter nachzuprüfen haben, ob einer der dargestellten weiteren Milderungsgründe hinzutritt.

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Tatbestand

I.

Der am ... 1957 in A. geborene Beklagte trat nach Abschluss seiner Schullaufbahn mit der Mittleren Reife im Jahr 1974 zum 25. Februar 1975 als Polizeianwärter unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf in den Dienst des Klägers ein. Am 1. Juli 1975 wurde er zum Polizeiwachtmeister und zum 1. Februar 1976 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Polizeioberwachtmeister ernannt. Bei der Anstellungsprüfung für den mittleren Polizeivollzugsdienst im Jahr 1977 erzielte er die Gesamtnote „befriedigend“ (2,75). Am 1. September 1978 wurde er zum Polizeihauptmeister, am 1. September 1980 zum Polizeimeister und am 1. September 1983 zum Polizeiobermeister ernannt. Ab dem 1. Februar 1984 war der Beklagte bei der Grenzpolizeistation Sch. eingesetzt.

Zum 27. April 1984 wurde er in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit berufen und am 1. September 1996 zum Polizeihauptmeister ernannt. Der Beklagte feierte am 25. Februar 2000 sein 25-jähriges Dienstjubiläum. Mit Schreiben des Polizeipräsidiums Ni./Ob. vom 8. April 2003 wurde er zum polizeilichen Suchtberater für den Dienstbereich der Grenzpolizeiinspektion S. bestellt und mit Wirkung zum 1. Januar 2008 zur Polizeiinspektion M., Polizeipräsidium Oberfranken, versetzt.

Der Beklagte ist verheiratet und hat zwei 1986 und 1992 geborene Kinder. Er bezieht Einkünfte aus der Besoldungsgruppe A 9.

Der Beklagte erhielt folgende dienstliche Beurteilungen:

1990: übertrifft die Anforderungen

1993: übertrifft die Anforderungen

1996: übertrifft die Anforderungen

1999: 9 Punkte

2002: 9 Punkte

2005: 9 Punkte

II.

Der disziplinarrechtlich nicht vorbelastete Beklagte ist strafrechtlich wie folgt in Erscheinung getreten:

1. Er wurde mit Urteil des Amtsgerichts Wunsiedel vom 13. September 2006 (Az. 10 Ds 24 Js 13886/05) wegen Untreue gem. § 266 Abs. 1 2. Alt. StGB zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Das Urteil ist seit dem 21. September 2006 rechtskräftig. Den Urteilsgründen liegen folgende tatsächliche Feststellungen zugrunde:

„Zum Aufgabenbereich des Angeklagten, der seit dem 01.02.1984 bei der Grenzpolizeistation Sch. (GPS) als Polizeihauptmeister tätig ist, gehört auch die Erteilung gebührenpflichtiger Verwarnungen und der Einzug der in bar entrichteten Verwarnungsgelder. Zu diesem Zweck wurden dem Angeklagten Verwarnungsblöcke bestehend aus 25 fortlaufend nummerierten Verwarnungsbescheinigungen ausgehändigt. Zu den Modalitäten und Pflichten im Umgang mit den empfangenen Verwarnungsgeldern und Verwarnungsblöcken war der Angeklagte belehrt worden. Zudem war auf jedem Verwarnungsblock eine Belehrung über die Handhabung der Verwarnungsblöcke und der eingenommenen Gelder vorhanden. Dem Angeklagten war bekannt, dass das im Verwarnungsverfahren eingenommene Bargeld in einem vorschriftsmäßigen Kassenbehälter zu verwahren war. Außerdem waren die eingenommenen Beträge in den Barzahlungsstellen der GPS Sch. mindestens einmal monatlich, spätestens jedoch, wenn ein Verwarnungsblock verbraucht war, abzurechnen. Vor längeren Urlauben, längeren Lehrgängen sowie bei der Abordnung oder Versetzung hatte der Angeklagte ebenfalls die eingenommenen Verwarnungsgelder abzuliefern.

Wie der Angeklagte wusste, hätte er bei vollständigem Verbrauch eines Verwarnungsblocks das eingenommene Geld abrechnen und vor allem die eingenommenen Gelder bis dahin separat aufbewahren müssen. Bei der Grenzpolizeistation Sch. bestand die Übung, dass die Polizeibeamten über nicht mehr als vier Verwarnungsblöcke gleichzeitig verfügten. Im Zeitraum vom 06.02.2002 bis zum 27.09.2005 verfügte der Angeklagte jedoch über bis zu elf Verwarnungsblöcke gleichzeitig, da er seinen Ruf als „Schlamperer“ bewusst dazu ausnutzte, den für die Ausgabe und Überwachung der Verwarnungsblocks verantwortlichen Angestellten der GPS Sch. vorzuspiegeln, er habe die „alten“ Verwarnungsblöcke vergessen, beziehungsweise er werde sie umgehend nachreichen. Obwohl er bereits Verwarnungsblöcke verbraucht hatte, rechnete er in der Folgezeit diese nicht vorschriftsmäßig ab und holte sich immer wieder neue Verwarnungsgeldblöcke. Anlässlich einer unvermuteten Kontrolle am 29.09.2005 stellte der Leiter der GPS Sch. fest, dass der Angeklagte neun Verwarnungsblöcke in seinem Besitz hatte und diese nicht vorschriftsmäßig abgerechnet hatte. Er wurde deshalb aufgefordert, sämtliche Verwarnungsblöcke mit dem dazugehörigen Verwarnungsgeld vorzulegen und abzurechnen. Zunächst konnte der Angeklagte fünf Verwarnungsblöcke, die er bei sich hatte, vorlegen.

Im Einzelnen handelte es sich dabei um folgende Verwarnungsblöcke:

Ausgabedatum Blocknummer Betrag in Euro

1.13.05.2003B 26394860,00

2.15.08.2003B 26394875,00

3.13.10.2003B 26404870,00

4.04.03.2004B 26423870,00

5.13.04.2004B 26425870,00

Den eingenommenen Gesamtbetrag dieser Verwarnungsgelder in Höhe von 4.350,00 Euro konnte der Angeklagte zum Zeitpunkt der Vorlage der Verwarnungsblöcke nicht abliefern, da er diese Gelder aufgrund eines privaten finanziellen Engpasses für die Einzahlung auf einen Bausparvertrag verwendet hatte. Vielmehr zahlte er erst am 07.10.2005 den entsprechenden Betrag zurück. Am 30.09.2005 übergab er weitere noch ausstehende vier Verwarnungsblöcke und zahlte das Verwarnungsgeld in Höhe von 2.655,00 Euro. Im Einzelnen handelte es sich dabei um folgende Verwarnungsblöcke:

Ausgabedatum Blocknummer Betrag in Euro

1. 06.02.2002A 01670 490,00

2. 25.10.2002 B 01690 780,00

3. 24.04.2003 B 26391 840,00

4. 15.08.2003 A 01690 495,00

Insgesamt hatte somit der Angeklagte Verwarnungsgelder in Höhe von 6.955,00 Euro nicht ordnungsgemäß und rechtzeitig abgeliefert, sondern teilweise für eigene Zwecke verbraucht.“

2. Mit seit 19. Juli 2011 im Schuldspruch rechtskräftigem Strafbefehl des Amtsgerichts Wunsiedel vom 21.06.2011 (Az. Cs 26 Js 338/11) wurde der Beklagte wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs gem. §§ 315 c Abs. 1 Nr. 1 a, Abs. 3 Nr. 2 b StGB schuldig gesprochen. Das festgelegte Strafmaß von 80 Tagessätzen zu je 60,- Euro wurde mit seit 18. August 2011 rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts Wunsiedel (Az. 8 Cs 26 Js 338/11), in dem lediglich über den Rechtsfolgenausspruch zu entscheiden war, auf eine Geldstrafe von 80 Tagessätze zu je 35,- Euro reduziert. Folgende tatsächliche Feststellungen liegen dieser Verurteilung zugrunde:

„Der Beklagte fuhr am 10. Januar 2011 gegen 11:30 Uhr mit dem Pkw Chrysler Jeep Grand Cherokee, Kennzeichen WUN-..., auf der Ma2.-straße in A. in Richtung Ma3.-platz, obwohl er infolge vorangegangenen Alkoholgenusses fahruntüchtig gewesen ist. Infolgedessen ist er, als er nach links auf den Ma3.-platz eingebogen ist, den Bogen zu weit gefahren und gegen den ordnungsgemäß geparkten Pkw Seat, amtliches Kennzeichen TIR-..., der Geschädigten Tr. gestoßen. An dem Pkw ist dadurch ein Sachschaden in Höhe von ca. 885,00 Euro entstanden. Bei dem Beklagten am 10. Januar 2011 um 15.47 Uhr und 16.18 Uhr entnommenen Blutproben ergaben eine Blutalkoholkonzentration von 2,43 und 2,28 Promille.“

III.

Mit Vermerk vom 12. Oktober 2005 leitete das Polizeipräsidium Ni.-/Ob. disziplinarische Vorermittlungen gem. Art. 27 BayDO gegen den Beklagten ein und verfügte gleichzeitig sofort vollziehbar die Herausgabe aller dienstlichen Gegenstände sowie ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte gemäß Art. 68 BayBG a. F.

Mit Schreiben vom 20. Dezember 2005 setzte das Polizeipräsidium Ni.-/Ob. das Disziplinarverfahren bis zum rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens gem. Art. 17 BayDO aus. Zeitgleich hob es das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte auf und gab dem Beklagten auf, sich ernsthaft um die Ordnung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse unter Einsatz professioneller Hilfe zu bemühen und dies durch Vorlage entsprechender Bescheinigungen nachzuweisen.

Mit Schreiben vom 7. Februar 2006 übernahm das Polizeipräsidium M. in seiner Eigenschaft als Disziplinarbehörde das Disziplinarverfahren gem. Art. 35 Abs. 2 und 3 BayDG.

Mit Verfügung vom 29. Juni 2006 wurde der Beklagte gem. Art. 39 BayDG vorläufig des Dienstes enthoben und die Zahlung von Stellenzulagen i. S. v. Nr. 42 der Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zum Bundesbesoldungsgesetz eingestellt.

Die Personalvertretung stimmte - letztendlich mit Schreiben des Hauptpersonalrats beim Bayerischen Staatsministerium des Innern vom 17. Mai 2010 - der Erhebung einer Disziplinarklage mit dem Ziel der Entfernung aus dem Dienst nicht zu, da eine ordnungsgemäße bzw. frühzeitig verstärkte Dienstaufsicht gerade wegen des Rufs des Beklagten als „Schlamperer“ das Ausmaß der begangenen Dienstpflichtverletzung durch den Beklagten verringert hätte.

Mit Wirkung ab 22. Februar 2012, gültig bis 31. Mai 2014, ist dem Beklagten ein Grad der Schwerbehinderung von 60 Prozent zuerkannt worden.

Ein mit Beschluss des Amtsgerichts Hof - Insolvenzgericht - vom 21. Februar 2007 über das Vermögen des Beklagten eröffnetes Insolvenzverfahren ist seit Ende 2013 abgeschlossen.

IV.

Am 24. Juni 2010 hat das Polizeipräsidium M. beim Verwaltungsgericht Ansbach Klage mit dem Antrag erhoben, den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Neben dem Sachverhalt, der Gegenstand der strafrechtlichen Verurteilung durch das Urteil des Amtsgericht Wunsiedel vom 13. September 2006 ist, wird dem Beklagten im Rahmen der Disziplinarklage auch Folgendes zu Last gelegt:

Der Beklagte betreibt gem. § 7 Abs. 1 Satz 2 der Bayerischen Nebentätigkeitsverordnung (BayNV) eine allgemein genehmigte landwirtschaftliche Nebentätigkeit. Wegen dieser im Rahmen der Nebentätigkeit eingegangenen finanziellen Verpflichtungen sind seine Dienstbezüge im Jahr 2005 durch folgende Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse des Amtsgerichts Wunsiedel gepfändet worden:

Datum Aktenzeichen Höhe der Forderung in Euro

1. 11. Januar 2005 1 M 61/05 15.000,00

2. 17. Mai 2005 1 M 1097/05 5.101,44

3. 26. Juli 2005 1 M 1727/05 1.906,60

Am 20. Dezember 2005 hat der Präsident des Polizeipräsidiums Niederbayern/Oberpfalz dem Beklagten mitgeteilt, er erwarte von ihm, dass er sich nachhaltig, ernsthaft und zielstrebig der Klärung seines Schuldenproblems zuwende, sich diesbezüglich professioneller Hilfe bediene und dem Polizeipräsidium Ni.-/Ob. entsprechende Bescheinigungen beziehungsweise Bestätigungen vorlege.

In der Folgezeit sei der Beklagte dieser Aufforderung nicht nachgekommen und mit dem Polizeipräsidium Ni.-/Ob. wegen der Schuldenproblematik in keinerlei Kontakt mehr gestanden. Im Jahr 2006 und im Jahr 2007 seien daraufhin folgende weitere Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse des Amtsgerichts Wunsiedel eingegangen:

Datum Aktenzeichen Höhe der Forderung in Euro

1. 19. Januar 2006 1 M 169/06 10.710,63

2. 17. Februar 2006 1 M 413/06 3.225,54

3. 16. Mai 2006 1 M 1048/06 4.145,11

4. 14. Juli 2006 1 M 1518/06 1.670,20

5. 17. Juli 2006 1 M 1519/06 925,90

6.17. Juli 2006 1 M 1516/06 736,28

7. 28. August 2006 1 M 1619/06 358,00

8. 6. September 2006 1 M 1918/06 443,70

9. 7. Dezember 2006 1 M 2718/06 3.033,33

10. 9. Januar 2007 1 M 59/07 1.898,45

Aufgrund einer Pfändungs- und Überweisungsverfügung des Finanzamts W. vom 23. August 2006 wurden die Bezüge des Beklagten wegen einer Hauptsacheforderung in Höhe von 18.754,87 Euro gepfändet.

Mit Schreiben des Polizeipräsidiums München vom 18. Januar 2011 wurde dem Verwaltungsgericht mitgeteilt, dass der Kläger die Erhebung einer Nachtragsdisziplinarklage beabsichtige. Mit Beschluss vom 7. März 2011 wurde das Verfahren ausgesetzt. Die am 9. November 2011 erhobene Nachtragsdisziplinarklage stützt sich auf den dem Strafbefehl des Amtsgerichts Wunsiedel vom 12. Juni 2011 und dem Urteil des Amtsgerichts Wunsiedel vom 18. August 2011 zugrundeliegenden Sachverhalt der fahrlässigen Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c Abs. 1 Nr. 1 a, Abs. 3 Nr. 2 StGB). Auch hier war der Beklagte zunächst vor Erhebung der Nachtragsdisziplinarklage mit Schreiben vom 12. September 2011 abschließend angehört worden.

Mit Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 12. Oktober 2012 wurde der Beklagte aus dem Beamtenverhältnis entfernt.

Durch die fehlende erneute Mitwirkung der Personalvertretung gem. Art. 76 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 3, Satz 5, Art. 75 Abs. 2 Nr. 1, 2 BayPersVG vor Erhebung der Nachtragsdisziplinarklage vom 9. November 2011 hafte dem behördlichen Disziplinarverfahren kein wesentlicher Mangel im Sinne des Art. 53 BayDG an, der das Gericht hätte veranlassen müssen, das Verfahren zur Beseitigung des Mangels an die Disziplinarbehörde zurück zu geben, Art. 53 Abs. 3 Satz 1 BayDG.

Die dem Beklagten zur Last gelegte Untreue stehe zur Überzeugung des Gerichts aufgrund der Bindungswirkung der tatsächlichen Feststellungen des rechtskräftigen Urteils des Amtsgerichts Wunsiedel vom 13. September 2006 nach Art. 25 Abs. 1 BayDG, 55 BayDG fest. Ebenso der Sachverhalt der fahrlässigen Straßenverkehrsgefährdung als Gegenstand des rechtskräftigen Strafbefehls des Amtsgerichts Wunsiedel vom 21. Juni 2011 (Az. 8 Cs 26 Js 338/11). Die tatsächlichen Feststellungen des Strafbefehls seien gem. Art. 55 BayDG i. V. m. Art. 25 Abs. 2 BayDG zwar nicht bindend, könnten aber der Entscheidung im Disziplinarverfahren zugrunde gelegt werden. Das bloße Bestreiten des Sachverhalts durch den Beklagten sei als bloße Schutzbehauptung zu werten und könne die Indizwirkung des Strafbefehls nicht überwinden.

Zudem stehe fest, dass der Beklagte, der privat eine Nebentätigkeitslandwirtschaft (Schafzucht) betreibe, und der wegen Verbindlichkeiten aus dieser Betätigung in den Jahren 2005 bis 2007 Pfändungen in Höhe von insgesamt 67.910,05 Euro unterlegen sei, es trotz Aufforderung durch das Polizeipräsidium Ni.-/Ob. unterlassen habe, sich zur Klärung seines Schuldenproblems professioneller Hilfe zu bedienen und dem Polizeipräsidium Ni.-/Ob. hierüber Bescheinigungen und Bestätigungen vorzulegen.

Bei der außerdienstlichen fahrlässigen Straßenverkehrsgefährdung seien die qualifizierenden Merkmale des § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG erfüllt. Das Vertrauen in eine rechtsstaatliche Verwaltung werde auch bei einem des Dienstes enthobenen Polizeivollzugsbeamten erheblich beeinträchtigt, wenn dieser in einem hochgradig alkoholisierten Zustand ein Kraftfahrzeug führt. Diese außerdienstliche Pflichtverletzung bilde zusammen mit den innerdienstlichen Pflichtverletzungen (Untreue und Weisungsverstoß im Zusammenhang mit Nebentätigkeiten) ein einheitliches Dienstvergehen.

Das vom Beklagten begangene Dienstvergehen wiege sehr schwer und habe bei dem Beklagten zu einem endgültigen Vertrauensverlust geführt. Bereits die innerdienstliche Untreue von insgesamt 6.955,00 Euro sei so erheblich, dass sie nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts - bereits ohne hinzutretende Erschwerungsgründe - die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis rechtfertigen könne. Durchgreifende Milderungsgründe habe die Kammer nicht erkennen können, auch der von der Beklagtenseite im Wesentlichen in Anspruch genommene Milderungsgrund der mangelhaften Dienstaufsicht liege nicht vor, da diese vorliegend nicht zu einer erheblichen Minderung der Eigenverantwortung des Beklagten zur Tatzeit geführt habe. Bis zur Aufdeckung der innerdienstlichen Untreue habe der Kläger - ungeachtet eines möglichen Rufs als „alter Schlamperer“ - keinen Grund gehabt, an der Ehrlichkeit des Beklagten zu zweifeln. Wenn gegenüber dem Beklagten Gründe für Misstrauen hinsichtlich der pflichtgemäßen Ausübung seiner Dienstgeschäfte erkennbar gewesen wären, wäre er nach Überwindung seiner vorhandenen Alkoholerkrankung auch nicht als Suchtberater bestellt worden. Auch aus der Beweisaufnahme ließen sich keine anderen Schlüsse ziehen. Den Aussagen von drei früheren Vorgesetzten des Beklagten und einer - für die Ausgabe von Verwarnungsblöcken und deren Abrechnung zuständigen - früheren Geschäftsstellenangestellten der GPS Sch. seien keinerlei Hinweise darauf zu entnehmen gewesen, dass sich ihnen im genannten Zeitraum hätte aufdrängen müssen, dass der Beklagte Verwarnungsgelder für sich behalte bzw. ein Anlass vorliege, dem Beklagten gegenüber eine verschärfte Aufmerksamkeit an den Tag zu legen.

Das Persönlichkeitsbild und die dienstlichen Leistungen des Beklagten sprächen deutlich gegen ihn. Der Beklagte zeige bei der Erfüllung seiner Dienstpflichten wenig Engagement. Seine nach der Aufdeckung der Untreue zunächst abgegebene Zusage, sich um die Ordnung seiner finanziellen Situation zu bemühen, habe er nicht eingehalten. In der Zeit ab Dezember 2005, als er unter verstärkter Dienstaufsicht gestanden sei, habe seine Leistungsfähigkeit nochmals nachgelassen, während gleichzeitig keine Reduzierung seiner unternehmerischen Tätigkeit als Schafzüchter festgestellt worden sei. Er habe unkooperatives Verhalten gezeigt und es an Einsicht in seine Verantwortlichkeit fehlen lassen. Das Verhalten des Beklagten in der Vergangenheit habe gezeigt, dass er dazu neige, private Interessen über seine dienstlichen Pflichten zu stellen und in Situationen, die ihn überfordern, in alte Muster - z. B. im Hinblick auf den Alkoholkonsum - zurückzufallen. Dadurch habe der Beklagte das ihm ursprünglich eingeräumte Vertrauen gänzlich verspielt.

Der hilfsweise - für den Fall der Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis - gestellte Antrag des Beklagten, den Zeitraum der Zahlung des Unterhaltsbeitrags im Sinne des Art. 11 Abs. 3 Satz 1 BayBG gem. Art. 11 Abs. 3 Satz 3 BayDG auf mindestens ein Jahr zu verlängern, sei ebenfalls abzulehnen, da eine unbillige Härte nicht vorliege.

Der Beklagte hat gegen dieses Urteil, seinem Bevollmächtigten zugestellt am 13. Dezember 2012, am 8. Januar 2013 Berufung eingelegt und beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 12. Oktober 2012 aufzuheben und gegen den Beklagten die Disziplinarmaßnahme der Zurückstufung zu verhängen.

Hilfsweise für den Fall einer Entfernung aus dem Beamtenverhältnis wurde beantragt,

dem Beklagten einen Unterhaltsbeitrag gem. Art. 11 Abs. 3 Satz 3 BayDG für die Dauer von zwei Jahren ab Rechtskraft zu gewähren.

Das Verwaltungsgericht habe in seiner Entscheidung zu Unrecht das Vorliegen eines wesentlichen Verfahrensmangels durch die unterbliebene Mitwirkung der Personalvertretung bei der Erhebung der Nachtragsdisziplinarklage verneint.

Das Gericht sei bei seiner Bewertung zunächst davon ausgegangen, dass ein wesentlicher Mangel nur dann anzunehmen sei, wenn nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden könne, dass dieser Mangel sich auf das Ergebnis des Disziplinarverfahrens ausgewirkt haben könnte. Vorliegend lasse sich aber das Ergebnis der Erörterung der Nachtragsdisziplinarklage mit der Personalvertretung nicht eingrenzen, insbesondere seien die Inhalte der Nachtragsdisziplinarklage für das gerichtliche Disziplinarverfahren nicht ohne Bedeutung gewesen, da das Verwaltungsgericht seine negative Prognose im Wesentlichen darauf gestützt habe, dass der Beklagte während der vorläufigen Dienstenthebung eine fahrlässige Trunkenheitsfahrt begangen habe. Dementsprechend lasse sich auch nicht mit hinreichender Sicherheit ausschließen, dass in der Folge einer Erörterung der Nachtragsdisziplinarklage mit der Personalvertretung ein abweichendes Ergebnis des Disziplinarverfahrens erster Instanz eingetreten wäre. Hierbei sei auch unerheblich, dass die Personalvertretung lediglich ein Mitwirkungsrecht besitze. Hieraus könne nicht die zwingende Schlussfolgerung gezogen werden, der Dienstherr werde im Rahmen der Erörterung an seiner vorläufigen Meinung zwingend festhalten. Mit Schriftsatz vom 10. Januar 2008 sei die Beteiligung des Personalrats beantragt worden, eine Wiederholung des Antrags sei nicht erforderlich, insbesondere sei durch das Schreiben des Beklagten vom 28. Oktober 2011 auch kein Verzicht auf die beantragte Beteiligung der Personalvertretung erklärt worden.

Unzutreffend sei auch die Wertung des Verwaltungsgerichts, der Maßnahmemilderungsgrund der fürsorgepflichtwidrigen Verletzung der Dienstaufsicht liege nicht vor. Von einem endgültigen Vertrauensverlust in den Beklagten mit der Folge der Verhängung der Höchstmaßnahme sei nicht auszugehen.

Hier sei zunächst festzustellen, dass die organisatorischen Gegebenheiten des Dienstherrn objektiv offensichtlich unzureichend gewesen sind. Die aufgrund der offensichtlich unzureichenden Kontrollmechanismen erschwerte Bemerkbarkeit der Auffälligkeiten beim Beklagten sei im Sinne eines Organisationsverschuldens der Sphäre des Dienstherrn zuzurechnen. Hinsichtlich dieser unzureichenden Kontrollmechanismen habe die Zeugin Bö. (zuvor Kü.) in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass ihr die Aufgaben der Abrechnung der Verwarngeldblöcke ohne jede Einarbeitung oder Einweisung nach längerer Krankheit übertragen worden seien, sie nicht wisse, ob einer der Dienststellenleiter jemals die Einhaltung der Abrechnungsvorschriften durch die Beamten geprüft habe und sie keinen besonderen Auftrag gehabt hätte, Auffälligkeiten zu melden. Die Kontrolle über Abgabe und Rückgabe der einzelnen Blöcke sei die Aufgabe von Frau Bö. gewesen. Die Kontrolle über die Abrechnungslisten von Verwarngeldblöcken sei auch Aufgabe von Frau Ta. gewesen. Die Zeugenaussagen ergäben, dass keine der beteiligten Personen es für die jeweils eigene Aufgabe gehalten habe, die Ausgabe und Abrechnung der Verwarngeldblöcke zu überwachen. Nach Aussage des Zeugen Ho. sei aufgrund der Vorfälle in der Dienststelle der gesamte Prozess Verwarngeldblockabrechnung geändert worden, da die Vorgesetzten des Beklagten zu diesem Zeitpunkt offensichtlich die schwerwiegenden organisatorischen Defizite erkannt hätten. Die Vorgesetzten hätten bei ordnungsgemäßer Führung der Dienststelle zwangsläufig erkennen müssen, dass der Beklagte einer besonderen Dienstaufsicht bedürfe. Hinsichtlich der Verwarngeldblöcke wäre bereits die einfache Bestimmung einer klaren Zuständigkeit für die Überwachung der Vorgaben zur Abrechnung eine ausreichende organisatorische Maßnahme gewesen. Der Ansatz des erstinstanzlichen Gerichts, allein auf die tatsächlichen Beobachtungen der Vorgesetzten zur Bestimmung der notwendigen Dienstaufsicht abzustellen, greife zu kurz. Die Grundlage des Maßnahmemilderungsgrundsatzes der fürsorgepflichtwidrigen Verletzungen der Dienstaufsicht liege darin, dass in diesen Fällen dem Beamten nicht uneingeschränkt angelastet werden könne, wenn aufgrund der Gleichgültigkeit bzw. des Desinteresses der Vorgesetzten ein Fehlverhalten eine Gewichtigkeit erlange, die im Rahmen eines pflichtgemäßen Verhaltens nicht eingetreten wäre. Im Übrigen seien Auffälligkeiten in der Dienstverrichtung des Beklagten auf der Dienststelle bekannt gewesen, wie die vernommenen Zeugen übereinstimmend bestätigt hätten. Insgesamt hätte sich die Situation so dargestellt, dass der Beklagte offenkundig einen Ruf als unzuverlässiger Sachbearbeiter gehabt hätte, bekanntermaßen trockener Alkoholiker gewesen sei und eine deutliche und erkennbare Vorliebe für Nachtdienste gepflegt habe, wodurch er sich der sozialen Kontrolle in der Dienststelle entzogen und sowohl als „kautzig“ wie auch als „alter Schlamperer“ wahrgenommen worden sei.

Jedenfalls hätten hinreichende Anhaltspunkte vorgelegen, den Beklagten deutlich vor dem Jahr 2005 sowohl hinsichtlich seiner Sachbearbeitung als auch in der Zusammenarbeit enger an den regulären Betrieb der Dienststelle und die Aufsicht durch Vorgesetzte anzubinden. Aus dem Personalführungskonzept des Klägers lasse sich entnehmen, dass bei solchen Fehlentwicklungen, wie beim Beklagten, durch Führung entgegenzuarbeiten und ein Gefühl gegenseitiger Verantwortlichkeit und Kameradschaft zu schaffen sei. Dies hätten die Vorgesetzten des Beklagten, namentlich der Zeuge He., fürsorgepflichtwidrig unterlassen. Entgegen der Wertung des Verwaltungsgerichts sei hier davon auszugehen, dass die Eigenverantwortlichkeit des Beklagten aufgrund der Vernachlässigung der Dienstaufsicht trotz ausreichender Hinweise auf Auffälligkeiten eingeschränkt gewesen sei.

Auch unabhängig vom Vorliegen eines erheblichen Maßnahmemilderungsgrundes lägen in der Gesamtschau des Persönlichkeitsbildes des Beklagten Umstände von derartigem Gewicht vor, die ein Absehen von der Höchstmaßnahme als angemessen erscheinen ließe. Der Beklagte habe sich zum gegenständlichen Zeitpunkt in einer unverschuldeten wirtschaftlichen Notlage befunden, da sein landwirtschaftlicher Betrieb aufgrund des Zusammenbruchs seiner Bank und nicht aufgrund von Misswirtschaft o. ä. in diese Situation geraten sei. Die Fortführung des Betriebs sei auch im Hinblick auf die Verantwortung für das Wohlergehen seines Tierbestands zu sehen, der er sich nur schwer entziehen habe können und die ihn in eine Überforderungssituation gebracht hätte. Es sei daher von einer vorübergehenden negativen Lebensphase auszugehen, die überwunden sei. Die Verhältnisse seien zwischenzeitlich dahingehend geordnet, dass wirtschaftliche Schwierigkeiten des Betriebs zukünftig nicht mehr die Existenz der Familie bedrohen würden.

Der außerdienstlich fahrlässigen Trunkenheitsfahrt komme kein ausreichendes Gewicht zu, um trotz eines erheblichen Maßnahmemilderungsgrundes dennoch die Annahme eines endgültigen Vertrauensverlustes in den Beklagten zu rechtfertigen.

Hierbei sei insbesondere aufzuzeigen, dass der Schuldvorwurf lediglich in Form der Fahrlässigkeit bestehe, eine Beeinträchtigung dienstlicher Interessen nicht eingetreten sei und der Vorgang unter Berücksichtigung der bekannten Alkoholerkrankung des Beklagten im Verhältnis zum Umgang mit den Verwarngeldern weit weniger gewichtig sei. Insbesondere lasse sich hieraus keine negative Prognose ableiten.

Im Übrigen komme das Verwaltungsgericht zu Unrecht zu dem Schluss, bei Gesamtschau der Umstände wäre keine Maßnahmenminderung angezeigt, die der Höchstmaßnahme entgegenstünde.

Eine Verlängerung des Unterhaltsbeitrags auf die Dauer von zwei Jahren sei erforderlich, um eine unbillige Härte zu vermeiden. Eine solche sei nicht allein deshalb bereits ausgeschlossen, weil nicht mit ausreichender Sicherheit festgestellt werden könne, dass die bestehende Härte innerhalb des Zeitraums der Verlängerung des Unterhaltsbeitrags tatsächlich beseitigt sei. Mit einem weiteren zeitlichen Spielraum könne eine unbillige Härte abgemildert werden und dem Beklagten die Möglichkeit geschaffen werden, die Ertragslage seines Betriebes dahingehend zu steigern, dass hiervon der Lebensunterhalt bestritten werden könne.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat am 24. September 2014 mündlich zur Sache verhandelt. Mit Beschluss wurden die Handlungen ausgeschieden, die die Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse aus den Jahren 2005, 2006 und Januar 2007 betreffen und das dem Beklagten damit vorgehaltene Verhalten.

V.

Ergänzend wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten Bezug genommen. Dem Senat haben diesbezüglich die Strafakten der Staatsanwaltschaft Hof zum Az. 26 Js 338/11 und zum Az. 24 Js 13886/05, die Disziplinarakten des Polizeipräsidiums München bzw. des Polizeipräsidiums Niederbayern/Oberpfalz sowie die Personalakten vorgelegen.

Gründe

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis ausgesprochen und den (Hilfs)antrag auf Verlängerung der Bezugsdauer des Unterhaltsbeitrags gem. Art. 11 Abs. 3 Satz 3 BayDG abgelehnt.

I.

Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht keine Mängel auf. In der fehlenden erneuten Mitwirkung der Personalvertretung im Sinne des Art. 76 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 5, Art. 75 Abs. 2 Nr. 1, 2 BayPersVG vor Erhebung der Nachtragsdisziplinarklage hat das Verwaltungsgericht zu Recht keinen Mangel gesehen.

Entgegen der Auffassung des Beklagten war eine nochmalige Beteiligung des Personalrats vor Erhebung der Nachtragsdisziplinarklage nicht erforderlich. Zu Recht ging das Verwaltungsgericht davon aus, dass die Voraussetzungen des Art. 76 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BayPersVG für die Mitwirkung der Personalvertretung vor Erhebung einer Nachtragsdisziplinarklage nicht vorliegen.

Gemäß Art. 76 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 4 BayPersVG ist der Personalrat auf Antrag des Beamten bei Erhebung der Disziplinarklage zu beteiligen. Dieses Recht der Mitwirkung bezieht sich nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur insoweit inhaltsgleichen Regelung des § 78 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG allerdings nur auf die grundlegende disziplinarbehördliche Abschlussentscheidung, ob überhaupt eine Disziplinarklage erhoben werden soll. Demgegenüber unterliegt der Inhalt der Klageschrift, insbesondere die Antragstellung, nicht der Mitwirkung (vgl. BVerwG, U. v. 20.10.2005 - 2 C 12/04 - juris). Hiervon ausgehend bedurfte es vorliegend der nochmaligen Beteiligung des Personalrats nicht, da eine Disziplinarklage bereits erhoben war.

Gemäß Art. 51 Abs. 3 Satz 3 BayDG können neue Handlungen in einem eigenständigen Disziplinarverfahren verfolgt werden. Entscheidet sich der Dienstherr mit Blick auf den Grundsatz der Einheit des Dienstvergehens für eine einheitliche disziplinare Verfolgung und erhebt eine Nachtragsklage, so werden in das bereits anhängige gerichtliche Verfahren die weiteren Dienstpflichtverletzungen lediglich mit einbezogen. Die Nachtragsdisziplinarklage hat damit die Wirkung einer Klageerweiterung (s. hierzu auch OVG Thüringen, U. v. 5.12.2011 - 8 DO 110/09 - juris). Es wird kein weiteres Prozessrechtsverhältnis zwischen den Beteiligten begründet

(s. Zängl, Kommentar zum Bayerischen Disziplinarrecht, Stand Oktober 2013, Rn. 4 zu Art. 51 BayDG). Auch nach der amtlichen Begründung in der Landtags-Drs. 15/4076, Abschnitt C., Zu § 1, zu Art. 51, S. 45, ist der Begriff „Nachtragsdisziplinarklage“ lediglich die „Bezeichnung“ für die Einbeziehung neuer Vorwürfe in ein „bereits anhängiges Verfahren der Disziplinarklage“.

Die eigentliche Entscheidung über die Zustimmung zur Disziplinarklageerhebung wurde vom Personalrat bereits mit Schreiben vom 17. Mai 2010 getroffen. Die Vorschrift des Art. 76 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 4 BayPersVG statuiert ein Mitwirkungsrecht allein bei dieser grundlegenden Entscheidung über die Erhebung der Disziplinarklage selbst, nicht aber ermöglicht sie - worauf das Verwaltungsgericht zurecht hingewiesen hat - eine Einflussnahme des Personalrats auf Inhalt und Umfang des Disziplinarverfahrens, insbesondere die Überprüfung einzelner (nachgeschobener) Dienstpflichtverletzungen (BVerwG, U. v. 20.10.2005 - 2 C 12/04 - juris, OVG Thüringen, U. v. 5.12.2011 a. a. O.).

II.

Der dem Beklagten zur Last gelegte Sachverhalt, der dem rechtskräftigen Urteil des Amtsgerichts Wunsiedel vom 13. September 2006 (Az. 10 Ds 24 Js 13886/05) zugrunde liegt, steht gem. Art. 25 Abs. 1, 55 Hs. 1 und 63 Abs. 1 Satz 1 BayDG für den Senat bindend fest. Nach diesen Vorschriften sind die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im Strafverfahren, das denselben Sachverhalt wie das Disziplinarverfahren betrifft, auch im Berufungsverfahren bindend. Zudem hat der Beklagte die Vorwürfe eingeräumt.

Danach steht für den Senat fest, dass der Beklagte im Zeitraum vom 6. Februar 2002 bis zum 27. September 2005 über bis zu elf Verwarnungsblöcke gleichzeitig verfügte. Anlässlich einer unvermuteten Kontrolle am 29. September 2005 stellte der Leiter der GPS Sch. fest, dass der Beklagte noch neun nicht vorschriftsmäßig abgerechnete Verwarnungsblöcke in seinem Besitz hielt. Den damit einhergehenden Geldbetrag in Höhe von 4.350,- Euro konnte der Beklagte zum Zeitpunkt der Vorlage der Verwarnungsblöcke nicht abliefern, da er diese Gelder aufgrund eines privaten finanziellen Engpasses für die Einzahlung auf einen Bausparvertrag verwendet hatte. Insgesamt hat der Beklagte Verwarnungsgelder in Höhe von 6955,- Euro nicht ordnungsgemäß und rechtzeitig abgeliefert. Der Beklagte wusste hierbei, dass er bei vollständigem Verbrauch eines Verwarnungsgeldblockes das eingenommene Bargeld hätte abrechnen und vor allem die eingenommenen Gelder bis dahin separat hätte aufbewahren müssen.

Fest steht ebenfalls, dass der Beklagte eine fahrlässige Straßenverkehrsgefährdung begangen hat, als er am 10. Januar 2011 auf der Ma2.-straße in A. in Richtung Ma.-platz fuhr, obwohl er infolge vorangegangenen Alkoholgenusses fahruntüchtig gewesen war und infolgedessen beim Linksabbiegen gegen einen ordnungsgemäß geparkten Pkw gestoßen ist. Dieser Sachverhalt ist Gegenstand des in Bezug auf den Schuldspruch rechtskräftigen Strafbefehls des Amtsgerichts Wunsiedel vom 21. Juni 2011 (Az. 8 Cs 26 Js 338/11) und des im Hinblick auf den Rechtsfolgenausspruch rechtskräftigen Urteils des Amtsgerichts Wunsiedel. Die tatsächlichen Feststellungen des Strafbefehls sind zwar gem. Art. 63 Abs. 1 Satz 1, 55 BayDG i. V. m. Art. 25 Abs. 2 BayDG nicht bindend, können aber nach Maßgabe des Art. 25 Abs. 2 BayDG verwendet werden. Soweit der Bevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung erklärte, der Beklagte habe an den Vorfall andere Erinnerungen, so ist dieser Vortrag für sich allein nicht ausreichend, die Indizwirkung des Strafbefehls zu überwinden. Zu Recht geht das Verwaltungsgericht davon aus, dass sich Anhaltspunkte für eine Beweisaufnahme nicht angeboten haben und die Aufklärung des Sachverhalts durch die zuständigen Behörden nach Aktenlage sorgfältig und ordnungsgemäß betrieben wurde.

Soweit dem Beklagten vorgeworfen wurde, er hätte es trotz Aufforderung durch das Polizeipräsidium Ni.-/Ob. unterlassen, sich zur Klärung seines Schuldenproblems (Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse in Höhe von 67.910,05 Euro aus einer Nebentätigkeitslandwirtschaft in den Jahren 2005 bis 2007) professioneller Hilfe zu bedienen und dem Polizeipräsidium Ni.-/Ob. hierüber Bescheinigungen und Bestätigungen vorzulegen, wurden diese Handlungen und das dem Beklagten damit vorgehaltene Verhalten durch Beschluss des Senats in der mündlichen Verhandlung vom 24. September 2014 gem. Art. 54 Satz 1 BayDG aus dem Disziplinarverfahren ausgeschieden.

III.

Der Beklagte hat durch sein Handeln ein einheitliches Dienstvergehen i. S. d. Art. 84 Abs. 1 Satz 2 BayBG a. F. (seit 01.04.2009 § 47 Abs. 1 Satz 2 Beamtenstatusgesetz - BeamtStG - vom 17. Juni 2008 BGBl. I S. 1010) begangen, weil er schuldhaft die ihm obliegenden Pflichten verletzt hat.

1. Bei den Untreuehandlungen im Zusammenhang mit dem vorschriftswidrigen Umgang mit Verwarnungsgeldblöcken und eingenommenen Verwarnungsgeldern handelt es sich um ein innerdienstliches Dienstvergehen. Das Verhalten des Beklagten war kausal und logisch in sein ausgeübtes Amt und die damit verbundene dienstliche Tätigkeit eingebunden. Es besteht ein Zusammenhang zwischen den Pflichtverletzungen und dem vom Beamten bekleideten Amt (vgl. BVerwG, U. v.20.2.2001 - 1 D 55.99 - juris).

2. Bei der fahrlässigen Straßenverkehrsgefährdung liegt ein außerdienstliches Dienstvergehen gem. § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG vor. Das wesentliche Unterscheidungsmoment zu einer Qualifizierung als innerdienstlich ist funktionaler Natur. Entscheidend für die Einordnung eines Verhaltens als innerdienstliche Pflichtverletzung ist dessen kausale und logische Einbindung in ein Amt und die damit verbundene dienstliche Tätigkeit. Ist eine solche Einordnung nicht möglich - insbesondere wenn sich das Handeln - wie hier - als das Verhalten einer Privatperson darstellt - ist es als außerdienstlich zu qualifizieren (vgl. BVerwG, U. v. 25.8.2009 - 1 D 1/08 - juris Rn. 54; BayVGH, U. v. 13.7.2011 - 16a D 09.3127 - juris Rn. 115). Das außerdienstliche Verhalten des Beamten erfüllt die besonderen qualifizierenden Voraussetzungen des § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG. Die danach erforderliche besondere Eignung des Fehlverhaltens zur Beeinträchtigung des Vertrauens in die Amtsführung des Beamten oder des Ansehens des öffentlichen Dienstes setzt voraus, dass die befürchteten nachteiligen Rückschlüsse der Ausübung auf die Dienstausübung oder die Ansehensschädigung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind. Die Nachteile des Fehlverhaltens sind bedeutsam i. S. d. Art. 84 Abs. 1 Satz 2 BayBG a. F., wenn seine disziplinarrechtliche Relevanz das jeder außerdienstlichen Pflichtverletzung innewohnende Maß deutlich überschreitet (BVerwG, U. v. 28.07.2011 - 2 C 16/10 - juris Rn. 23).

Das Bundesverwaltungsgericht hat diese gesetzlichen Vorgaben dahingehend konkretisiert, dass ein außerdienstliches Fehlverhalten, das keinen Bezug zur Dienstausübung aufweist, regelmäßig ein disziplinarrechtliches Sanktionsbedürfnis auslöst, wenn es sich dabei um eine Straftat handelt, deren gesetzlicher Strafrahmen bis zu einer Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren reicht, und der daran gemessene Unrechtsgehalt der konkreten Tat nicht gering wiegt. Durch die Bewertung eines Fehlverhaltens als strafbar hat der Gesetzgeber zu erkennen gegeben, dass er dieses Verhalten als in besonderem Maße verwerflich ansieht. Dies lässt ohne Weiteres darauf schließen, dass das Fehlverhalten das Ansehen des Berufsbeamtentums in einer Weise beeinträchtigt, die im Interesse der Akzeptanz des öffentlichen Dienstes in der Bevölkerung und damit seiner Funktionsfähigkeit nicht hingenommen werden kann (BVerwG, U. v. 28.7.2011, a. a. O. -Rn. 24, BayVGH, U. v. 6.12.2013 - 16a D 12.1815 - juris Rn. 72).

Das Verhalten des Beklagten außerhalb des Dienstes ist nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maß geeignet, das Vertrauen in einer für sein Amt oder das Ansehen des Berufsbeamtentums bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen (§ 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG). Die fahrlässige Gefährdung des Straßenverkehrs gem. §§ 315c Abs. 1 Nr. 1a, Abs. 3 Nr. 2 b StGB, die mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren belegt ist, führt zu einem erheblichen Ansehensschaden für seine eigene Person, aber auch für das der Beamtenschaft an sich. Zudem verlieren die Bemühungen der Polizei um die Sicherheit des Straßenverkehrs an Glaubwürdigkeit, wenn Polizeivollzugsbeamte selbst die jedem Kraftfahrer leicht einsehbaren grundlegenden Gebote für das Verhalten im Straßenverkehr außer Acht lassen. Ein gewisser dienstlicher Bezug ist vorliegend nicht von der Hand zu weisen, auch wenn der Beklagte zum Tatzeitpunkt bereits vom Dienst suspendiert war.

Durch sein Verhalten hat der Beklagte gegen seine Grundpflicht zur Achtung der Gesetze (Art. 62 Abs. 1 Satz 2 BayBG a. F., § 33 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG) sowie gegen seine Pflichten zur vollen Hingabe an den Beruf (Art. 64 Abs. 1 Satz 1 BayBG a. F., § 34 Satz 1 BeamtStG), zur uneigennützigen Amtsführung (Art. 64 Abs. 1 Satz 2 BayBG a. F., § 34 Satz 2 BeamtStG) und zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes (Art. 64 Abs. 1 Satz 3 BayBG a. F., § 34 Satz 3 BeamtStG) verstoßen.

In seinem Verhalten liegt zudem ein Verstoß gegen Ziffer 3.1.1. der internen Richtlinien des Polizeipräsidiums Niederbayern/Oberpfalz zur Kassenorganisation vom 8. Mai 2002. Hiernach war der Beklagte grundsätzlich verpflichtet, eingenommene Verwarnungsgelder monatlich bei der Dienststelle abzuliefern, spätestens jedoch, wenn ein Verwarnungsblock verbraucht ist. Vor längerem Urlaub, längeren Lehrgängen sowie bei Abordnung und Versetzung wären die eingenommenen Verwarnungsgelder stets abzuliefern gewesen. Auch auf den Rückseiten des Titelblatts der Verwarnungsblöcke war vermerkt, dass vereinnahmte Verwarngelder spätestens, wenn der Block verbraucht ist, abzurechnen sind.

Nach Aussage seines Bevollmächtigten hatte der Beklagte die Verwarnungsgelder zudem nicht getrennt von seinen privaten Geldern in der Dienststelle verwahrt, sondern in einer Schublade bei sich zu Hause, in der sich auch Gelder aus dem in Nebentätigkeit geführten landwirtschaftlichen Betriebs des Beklagten befanden.

IV.

Das Fehlverhalten des Beklagten wiegt schwer i. S. v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 BayDG. Es hat - auch unter Berücksichtigung des Persönlichkeitsbilds des Beklagten und seines bisherigen dienstlichen Verhaltens darüber hinaus die Folge, dass der Beklagte das Vertrauen sowohl des Dienstherrn als auch der Allgemeinheit endgültig verloren hat. Unter diesen Voraussetzungen ist aber nach Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG auf die disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme zu erkennen.

Der Senat folgt hinsichtlich der Zumessungskriterien des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U. v. 29.5.2008 - 2 C 59/07 - juris) zu § 13 BDG (BayVGH U. v. 23.9.2009 - 16a D 07.2355 - juris; U. v. 15.2.2012 - 16a D 10.1974 - juris).

Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall erforderlich ist, richtet sich gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung, wobei Beamte, die durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren haben, gemäß Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG regelmäßig aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen sind. Im Rahmen dieser Gesamtwürdigung haben die Gerichte zunächst im Einzelfall bemessungsrelevante Tatsachen zu ermitteln und sie mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Bewertung einzubeziehen. Dieses Erfordernis beruht letztlich auf dem im Disziplinarverfahren geltenden Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Übermaßverbot).

Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller belastenden und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (vgl. BVerwG, B. v. 11.2.2014 - 2 B 37/12 - juris Rn. 18).

Maßgebendes Kriterium für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist die Schwere des Dienstvergehens. Sie ist richtungsweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme.

Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich zum einen nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen für den dienstlichen Bereich und für Dritte (BVerwG, B. v. 11.2.2014 - 2 B 37/12 - juris Rn. 20; B. v. 25.5.2012 - 2B 133.11 - NVwZ-RR 2012, 607 - juris Rn. 9 mit weiteren Nachweisen), insbesondere nach der Höhe des entstandenen Schadens (BVerwG, U. v. 29.5.2008 - 2 C 59.07 - juris).

Das Bemessungskriterium „Persönlichkeitsbild des Beamten“ erfasst dessen persönliche Verhältnisse und sein sonstiges Verhalten vor, bei und nach der Tatbegehung. Dies erfordert eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten übereinstimmt oder es - etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder gar einer psychischen Ausnahmesituation - davon abweicht (BVerwG, U. v. 29.5.2008 a. a. O. Rn. 14).

Der Gesichtspunkt der „Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit“ verlangt eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion (BVerwG, U. v. 29.5.2008 a. a. O. Rn. 15).

Hat sich der Beamte bei der Ausübung seiner dienstlichen Tätigkeit an Vermögenswerten vergriffen, die als dienstlich anvertraut seinem Gewahrsam unterliegen, ist ein solches Dienstvergehen als sog. Zugriffsdelikt regelmäßig geeignet, das Vertrauensverhältnis zu zerstören (BVerwG, U. v. 6.6.2007 - 1 D 2.06 -, BVerfG (Kammer), B. v. 19.2.2003 - 2 BvR 1413.01 - jeweils juris), so dass in diesen Fällen die Entfernung aus dem Dienst grundsätzlich Ausgangspunkt der Bestimmung der angemessenen Disziplinarmaßnahme ist. Die von der Schwere ausgehende Indizwirkung entfällt jedoch, wenn zugunsten des Beamten gewichtige Entlastungsgründe zu berücksichtigen sind, die den Schluss rechtfertigen, der Beamte habe das Vertrauen noch nicht endgültig verloren. Solche Gründe stellen auch, aber nicht nur, die von der Rechtsprechung zu den Zugriffsdelikten entwickelten sog. anerkannten Milderungsgründe dar, die besondere Konfliktsituationen (Handeln in einer wirtschaftlichen Notlage, in einer psychischen Ausnahmesituation oder in einer besonderen Versuchungssituation) und Verhaltensweisen mit noch günstigen Persönlichkeitsprognosen (freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder Offenbarung des Fehlverhaltens vor Tatentdeckung, Zugriff auf geringwertige Gelder oder Güter) umschreiben (BVerwG, U. v. 20.10.2005 - 2 C 12.04 - juris). Entlastungsgründe können sich aus allen Umständen ergeben. Sie müssen in ihrer Gesamtheit aber geeignet sein, die Schwere des Pflichtenverstoßes erheblich herabzusetzen. Generell gilt, dass das Gewicht der Entlastungsgründe umso größer sein muss, je schwerer das Zugriffsdelikt aufgrund der Schadenshöhe, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen, der Begehung von „Begleitdelikten“ und anderen belastenden Gesichtspunkten im Einzelfall wiegt. Erforderlich ist stets eine Prognoseentscheidung zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung auf Grundlage aller im Einzelfall be- und entlastenden Umstände (BVerwG, U. v. 6.6.2007 - 1D 2.06 - juris).

Bei der Gesamtwürdigung der gesetzlichen Zumessungskriterien haben die Gerichte zunächst die im Einzelfall bemessungsrelevanten Tatsachen zu ermitteln und sie mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Bewertung einzubeziehen. Während bei der Bestimmung der Schwere des Dienstvergehens nur solche belastenden Tatsachen berücksichtigt werden dürfen, die zur Überzeugung des Gerichts feststehen, sind entlastende Umstände schon dann beachtlich, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen gegeben sind und eine weitere Sachaufklärung nicht möglich ist (BVerwG, U. v. 29.5.2008 a. a. O. Rn. 17, U. v. 6.6.2007 a.a.O, BayVGH, U. v. 27.10.2010 - 16a D 09.2470 - jeweils juris).

Auf der Grundlage des so zusammengestellten Tatsachenmaterials haben die Gerichte eine Prognose über das voraussichtliche künftige dienstliche Verhalten des Beamten zu treffen und das Ausmaß der von ihm herbeigeführten Ansehensbeeinträchtigung des Berufsbeamtentums einzuschätzen. Bei schweren Dienstvergehen stellt sich vorrangig die Frage, ob der Beamte nach seiner gesamten Persönlichkeit noch im Beamtenverhältnis tragbar ist. Ein endgültiger Vertrauensverlust ist anzunehmen, wenn aufgrund der prognostischen Gesamtwürdigung und auf der Grundlage aller im Einzelfall bedeutsamen be- und entlastenden Gesichtspunkte der Schluss gezogen werden muss, der Beamte werde auch künftig in erheblicher Weise gegen Dienstpflichten verstoßen oder die durch sein Fehlverhalten herbeigeführte Schädigung des Ansehens des Berufsbeamtentums sei bei einer Fortsetzung des Beamtenverhältnisses nicht wieder gutzumachen (BVerwG, U. v. 29.5.2008 a. a. O. Rn. 18).

Als maßgebendes Bemessungskriterium ist die Schwere des Dienstvergehens richtungsweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Fallen einem Beamten - wie hier - mehrere Dienstpflichtverletzungen zur Last, die in ihrer Gesamtheit das einheitliche Dienstvergehen ergeben, so bestimmt sich die zu verhängende Disziplinarmaßnahme in erster Linie nach der schwersten Verfehlung (BayVGH, U. v. 13.7.2011 - 16a D 09.3127 - juris).

Gemessen an diesen Grundsätzen gilt Folgendes:

Die gravierendste Pflichtverletzung stellen die innerdienstlich begangenen Untreuehandlungen dar. Der Beklagte hat ein schweres Dienstvergehen i. S. d. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG begangen, indem er ihm dienstlich anvertraute Verwarnungsgelder in Höhe von knapp 7000,- Euro veruntreut hat. Durch den Zugriff auf die dienstlich anvertrauten Gelder hat der Beklagte nicht nur beamtenrechtliche Nebenpflichten verletzt, sondern er hat im Kernbereich der ihm obliegenden Dienstpflichten versagt. Mit dem Kernbereich ist derjenige Pflichtenkreis des Beamten angesprochen, der im Mittelpunkt seines konkreten Amts im funktionellen Sinne (Dienstposten) steht. Zu den Kernpflichten eines mit der Einnahme und Behandlung von Verwarnungsgeldern betrauten Polizeibeamten gehört, dass dieser die ihm dienstlich anvertrauten Gelder ordnungsgemäß verwaltet und abrechnet. Der Dienstherr ist auf die absolute Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit eines solchen Beamten beim Umgang mit dienstlich anvertrauten Geldern angewiesen. Dies gilt umso mehr, als hier eine ständige und lückenlose Kontrolle eines jeden Polizeibeamten unmöglich ist. Sie muss deshalb weitgehend durch Vertrauen ersetzt werden.

Aufgrund der Schwere des Dienstvergehens ist hier die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis grundsätzlich Richtschnur für die Maßnahmebestimmung, sofern die veruntreuten Beträge die Schwelle der Geringfügigkeit deutlich übersteigen. Das Bundesverwaltungsgericht hat ausgeführt, dass für ein Zugriffsdelikt bei einem einmaligen Fehlverhalten mit einem Schaden von weniger als 200 Euro ernsthaft in Betracht kommt, von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abzusehen (BVerwG, B. v. 23.2.2012 - 2 B 143.11. - juris). Diese Grenze ist hier bei weitem überschritten. Auch liegt kein einmaliges Fehlverhalten vor.

Die bei Zugriffsdelikten in den Blick zu nehmenden sog. anerkannten Milderungsgründe führen zu keiner anderen Bewertung:

Der Milderungsgrund des „Handelns in einer unverschuldeten ausweglosen wirtschaftlichen Notlage“ setzt hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür voraus, dass der Beamte in einer für ihn unverschuldeten und ausweglosen finanziellen Notlage zur Abwendung der für ihn existentiell spürbaren Folgen zeitlich begrenzt ein Zugriffsdelikt begangen hat. Die mildere Bewertung des Fehlverhaltens hat ihren Grund darin, dass der betroffene Beamte in einer Konfliktsituation versagt hat, in der er keinen anderen Ausweg als den Zugriff auf dienstlich anvertrautes Geld gesehen hat, um den notwendigen Lebensbedarf für sich und seine Familie zu sichern. Eine solche Konfliktsituation kann aber nur dann als Ursache des Fehlverhaltens anerkannt werden und zu einer Milderung führen, wenn es sich um ein vorübergehendes, zeitlich und zahlenmäßig eng begrenztes Fehlverhalten gehandelt hat; wiederholte Zugriffshandlungen über einen längeren Zeitraum erfüllen diese Voraussetzungen nicht (BVerwG, U. v. 22.10.2002 - 1 D 6.02 -, BayVGH, U. v. 27.10.2010 - 16a D 09.2470 - jeweils juris).

Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben. Anhaltspunkte für das Vorliegen einer ausweglosen finanziellen Notlage hat der Senat nicht gesehen. Vielmehr zahlte der Beklagte einen Teil der veruntreuten Summe nach eigenem Vortrag in einen Bausparvertrag ein, die Versorgung der Familie schien zu keinem Zeitpunkt gefährdet. Darüber hinaus erfolgten die vielfachen Zugriffshandlungen über einen längeren Zeitraum von mehr als drei Jahren.

Für das Vorliegen von sonstigen anerkannten Milderungsgründen wie das Vorliegen einer psychischen Ausnahmesituation oder der persönlichkeitsfremden und einmaligen Augenblickstat bestehen keine Anhaltspunkte.

Sonstige Verhaltensweisen mit noch günstigen Persönlichkeitsprognosen, welche grundsätzlich geeignet sind, bei einem Beamten, welcher durch die Verwirklichung eines Zugriffsdelikts dienstlich im Kernbereich versagt hat, noch einen Rest an Vertrauen anzunehmen, liegen nicht vor. In Betracht kommt insoweit, dass ein Beamter vor Aufdeckung der Tat diese umfassend offenbart und/oder den Schaden wieder gutmacht (BayVGH, U. v. 27.10.2010 - 16a D 09.2470 -, BVerwG, B. v. 28.8.2007 - 2 B 26.07 - juris). Dies ist hier jeweils nicht der Fall.

Die bei Zugriffsdelikten anerkannten Milderungsgründe stellen keinen abschließenden Kanon der berücksichtigungsfähigen Entlastungsgründe dar. Bei der prognostischen Frage, ob bei einem Beamten aufgrund eines schweren Dienstvergehens ein endgültiger Vertrauensverlust (i. S. d. Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG) eingetreten ist, gehören zur Prognosebasis alle für diese Einschätzung bedeutsamen belastenden und entlastenden Bemessungsgesichtspunkte. Ob die gesamte Prognosegrundlage den Schluss auf einen noch verbliebenen Rest an Vertrauen in die Person des Beamten zulässt, ist eine Frage der Gesamtabwägung im Einzelfall (BVerwG, U. v. 20.10.2005 - 2 C 12.04 - juris).

Eine erhebliche Minderung der Eigenverantwortung des Beklagten zur Tatzeit folgt nicht aus dem von ihm behaupteten Mitverschulden des Dienstherrn oder dessen Verletzung der Fürsorgepflicht. Selbst wenn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei Zugriffsdelikten eine Verletzung der Fürsorgepflicht in besonders krassen Fällen zu einem Absehen von der Höchstmaßnahme führen kann (BVerwG, U. v. 19.09.1985 - 2 WD 63/84 - juris, U. v. 22.10.2002 - 1 D 6.02 - juris), sind hier durchgreifende Anhaltspunkte für ein insoweit entscheidungserhebliches Mitverschulden des Dienstherrn nicht gegeben. Zwar ist nicht zu leugnen, dass die Pflicht des Beamten zur rechtzeitigen Abrechnung vereinnahmter Verwarnungsgelder wohl durch die Vorgesetzten des Beklagten nicht konsequent überwacht wurde bzw. die Organisation der Ausgabe und Abrechnung von Verwarngeldblöcken durchaus Schwächen aufwies, wie auch die Beweisaufnahme vor dem Verwaltungsgericht zeigte. Maßgeblich ist vorliegend aber zu berücksichtigen, dass die finanziellen Probleme des Beklagten auf der Dienststelle erst im Laufe des Jahres 2005 bekannt wurden und es vorher - unabhängig von seiner Alkoholerkrankung, seines angeblichen Rufs als „Schlamperer“, der sich nach Aussage des Zeugen He. auf seine Sachbearbeitung bezog, und seiner Vorliebe für Nachtschichten - keine Anhaltspunkte für die Vorgesetzten ergaben, an der Ehrlichkeit des Beklagten zu zweifeln und er die Schwächen des Abrechnungssystems bewusst ausnutzte. So ergibt sich aus den Feststellungen des Urteils des Amtsgerichts Wunsiedels vom 13. September 2006 ausdrücklich, dass der Beklagte seinen Ruf als „Schlamperer“ bewusst dazu ausnutzte, den für die Ausgabe und Überwachung der Verwarnungsblöcke verantwortlichen Angestellten der GPS Sch. vorzuspiegeln, er habe die alten Verwarnungsblöcke vergessen bzw. er werde sie umgehend nachreichen. Auch nach unstreitiger Aussage der in der GPS Sch. mit der Abrechnung betrauten früheren Verwaltungsangestellten Bö. in der erstinstanzlichen Zeugenvernehmung war der Beklagte mehrmals zur Abrechnung der Verwarnungsblöcke aufgefordert worden, dieser Aufforderung aber nicht nachgekommen.

Insoweit kann auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass es zunächst die Aufgabe des Beklagten ist, unter Einhaltung der Gesetze leicht einsehbare Kernpflichten zu beachten, zumal bei Zugriffsdelikten die Pflichtwidrigkeit des Handelns offenkundig ist (BayVGH, U. v. 27.10.2010 - 16a D 09.2470 - in juris). Die Eigenverantwortung des Beklagten für sein Handeln wiegt hier mithin schwerer als ein teilweise mangelhaftes Kontrollverhalten des Dienstherrn.

Auch die Würdigung des Persönlichkeitsbildes und des bisherigen dienstlichen Verhaltens des Beklagten ändern nichts daran, dass es dem Dienstherrn nicht mehr zugemutet werden kann, den Beklagten weiter zu beschäftigen. Die letzten dienstlichen Beurteilungen bewegen sich im Durchschnitt bei 9 Punkten. Besondere Umstände, welche die Persönlichkeit des Beklagten in ein insoweit entscheidungserhebliches positives Licht setzen könnten, liegen nicht vor. Vielmehr ergibt sich aus einer Stellungnahme der Grenzpolizei S. vom 21. September 2006, dass die Leistungsfähigkeit und - willigkeit des Beklagten nach Entdeckung der Untreuehandlungen nochmals nachgelassen habe, während sich keinerlei Reduzierung seiner unternehmerischen Tätigkeit als Schafzüchter feststellen ließ.

Hinreichend tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass der Milderungsgrund der überwundenen, negativen Lebensphase (vgl. BayVGH, U. v. 12.3.2013 - 16a D 11.624 - juris) vorliegen könnte, sind nicht gegeben. Dieser Milderungsgrund betrifft Dienstvergehen, die nicht der Persönlichkeit des Beamten entspringen, sondern in Umständen zu suchen sind, die vorübergehend auf ihn eingewirkt haben. Zu prüfen ist, ob das jeweilige Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild übereinstimmt oder aber als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder in einer Ausnahmesituation davon abweicht. Auch müssen die negativen Lebensumstände eine gravierende Ausnahmesituation - über das hinausgehend, was an familiären und finanziellen Schwierigkeiten grundsätzlich jeden treffen kann - begründen (BayVGH, U. v. 30.1.2013 - 16b D 12.71 - juris). Vor dem Hintergrund, dass ein Zugriffsdelikt in der Regel die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nach sich zieht, sind im Übrigen die Voraussetzungen für das Vorliegen einer disziplinarrechtlich erheblichen negativen Lebensphase nur in individuellen Extremsituationen erfüllt. Anhaltspunkte für das Vorliegen einer solchen Extremsituation sind nicht ersichtlich und wurden vom Beklagten auch nicht vorgetragen. Eine sich über einen längeren Zeitraum hinziehende wirtschaftlichen Schieflage, die der Beklagte nach eigenem Vortrag nun beseitigt hat, kann hierfür nicht ausreichend sein.

Das Bemessungskriterium „Umfang der Beeinträchtigung des Vertrauens“ des Dienstherrn oder Allgemeinheit gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG erfordert schließlich eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion (BayVGH, U. v. 27.10.2010 - 16a D 09.2470 - juris).

Hier ist festzustellen, dass der Beamte das Vertrauen, das der Dienstherr in ihn gesetzt hatte und aufgrund der konkreten Funktion setzen musste, missbraucht hat. Sein Fehlverhalten hat das Vertrauen des Dienstherrn unwiderruflich beschädigt.

In der Gesamtschau aller be- und entlastenden Umstände ist nach Überzeugung des Senats die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis angemessen, aber auch geboten. Die Schwere des Dienstvergehens und das festgestellte Persönlichkeitsbild des Beamten führen zu einem endgültigen Vertrauensverlust des Dienstherrn und der Allgemeinheit. Die vorliegenden Entlastungsgründe haben in der Gesamtschau kein solches Gewicht, dass sie den gegebenen Vertrauensverlust ausreichend abmildern könnten.

Die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis ist auch nicht unverhältnismäßig. Das aus dem verfassungsrechtlichen Rechtsstaatgebot folgende Verhältnismäßigkeitsgebot beansprucht auch bei der Verhängung von Disziplinarmaßnahmen Geltung. Danach muss die dem Einzelnen staatlicherseits auferlegte Belastung geeignet und erforderlich sein, um den angestrebten Zweck zu erreichen. Darüber hinaus darf der Eingriff seiner Intensität nach nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und den von den Betroffenen hinzunehmenden Einbußen stehen. Ist durch das Gewicht des Dienstvergehens und mangels Milderungsgründen das Vertrauen zerstört und kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, der Beamte werde dem Gebot, seine Aufgaben pflichtgemäß zu erfüllen, Rechnung tragen, erweist sich die Entfernung aus dem Dienst als erforderliche und geeignete Maßnahme, den aufgezeigten Zwecken der Disziplinarmaßnahme Geltung zu verschaffen. So verhält es sich regelmäßig bei Kernpflichtverletzungen durch Zugriffsdelikte von Beamten. Abzuwägen sind dabei das Gewicht des Dienstvergehens und des dadurch eingetretenen Vertrauensschaden einerseits und die mit der Verhängung der Höchstmaßnahme einhergehenden Belastung andererseits. Ist das Vertrauensverhältnis wie hier gänzlich zerstört, erweist sich die Entfernung aus dem Dienst als angemessene Reaktion auf das Dienstvergehen. Die Auflösung des Dienstverhältnisses beruht dann auf der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Beamten und ist diesem daher als für alle öffentlichrechtlichen und privaten Beschäftigungsverhältnisse vorhersehbare Rechtsfolge bei derartigen Pflichtverletzungen zuzurechnen (BVerwG, U. v. 14.10.2003 - 1D 2.03 - juris).

V.

Mit dem sich nach Art. 11 Abs. 3 Satz 1 BayDG ergebenden Unterhaltsbeitrag für sechs Monate hat es sein Bewenden. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Gewährung des Unterhaltsbeitrags über den Zeitraum von sechs Monaten hinaus verneint.

Der Unterhaltsbeitrag dient dazu, dem Beamten den durch den Wegfall der Dienstbezüge notwendig gewordenen Übergang in einen anderen Beruf oder in eine andere Art der finanziellen Existenzsicherung zu erleichtern. Diesem Zweck liegt die Erwartung zugrunde, dass sich der Beamte in ausreichendem Maß um die Wiederaufnahme einer anderen Erwerbstätigkeit oder um eine andere Art der Sicherung seiner finanziellen Grundlagen bemüht. Zwar kann nach Art. 11 Abs. 3 Satz 3 BayDG der Unterhaltsbeitrag über sechs Monate hinaus verlängert werden, soweit dies notwendig ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden. Der Beamte hat aber die Umstände dafür glaubhaft zu machen. Insoweit ist eine wertende Entscheidung zu treffen (BayVGH, U. v. 25.9.2013 - 16a D 12.1369 - juris Rn. 69).

Eine unbillige Härte im Sinne des Art. 11 Abs. 3 Satz 3 BayDG liegt vor, wenn durch die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis eine wirtschaftliche Notlage entsteht, die der - ehemalige - Beamte auch bei gutem Willen nicht innerhalb der sechs Monate, für die regelmäßig der Unterhaltsbeitrag gezahlt wird, beheben kann. Die Verlängerung des Unterhaltsbeitrags dient allerdings nur dazu, eine temporäre unbillige Härte zu vermeiden. Falls ein - ehemaliger - Beamter voraussichtlich auf Dauer nicht in der Lage sein wird, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, muss er sich auf Sozialleistungen außerhalb des Beamtenrechts verweisen lassen (vgl. Zängl, Bayerisches Disziplinarrecht, Kommentar, Stand Oktober 2013, Rn. 23 zu Art. 11 BayDG).

Soweit der Beklagte vorträgt, seine berufliche Neuorientierung jenseits des von ihm erlernten Polizeiberufs sowie seiner Landwirtschaft sei in Anbetracht seines fortgeschrittenen Alters und Grad seiner Behinderung unwahrscheinlich, so ist dies nicht geeignet, eine solche vorübergehende unbillige Härte zu begründen. Auch dem Vorbringen des Beklagten, ihm müsse zur Abmilderung einer unbilligen Härte ein weiterer zeitlicher Spielraum geboten werden, um durch eigene Anstrengung seine Nebenerwerbslandwirtschaft zur Existenzgrundlage auszubauen und so auf die dauerhafte Beseitigung der Härte hinzuwirken, kann zu keinem anderen Ergebnis führen. Dies würde den Beamten im Hinblick auf andere Beamte in vergleichbarer Lage und ohne Nebenerwerb unangemessen bevorzugen. Aus dem in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Attest vom 28. Februar 2014 über einen vierzehntägigen stationären Aufenthalt des Beklagten im Februar 2014 aufgrund einer Bauchoperation ergibt sich weder, dass der Beklagte zur Zeit nicht arbeitsfähig wäre noch, dass er krankheitsbedingt daran gehindert sei, sich innerhalb der nächsten Monate dem Ausbau seines landwirtschaftlichen Betriebs zu widmen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO i. V. m. Art. 72 Abs. 4 Satz 1 BayDG.

Das Urteil ist mit seiner Verkündung rechtskräftig geworden (Art. 64 Abs. 2 BayDG).

(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Ein Verhalten außerhalb des Dienstes ist nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.

(2) Bei Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten oder früheren Beamtinnen mit Versorgungsbezügen und früheren Beamten mit Versorgungsbezügen gilt es als Dienstvergehen, wenn sie sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigen oder an Bestrebungen teilnehmen, die darauf abzielen, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen, oder wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Bei sonstigen früheren Beamtinnen und früheren Beamten gilt es als Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Für Beamtinnen und Beamte nach den Sätzen 1 und 2 können durch Landesrecht weitere Handlungen festgelegt werden, die als Dienstvergehen gelten.

(3) Das Nähere über die Verfolgung von Dienstvergehen regeln die Disziplinargesetze.

(1) Beamtinnen und Beamte dienen dem ganzen Volk, nicht einer Partei. Sie haben ihre Aufgaben unparteiisch und gerecht zu erfüllen und ihr Amt zum Wohl der Allgemeinheit zu führen. Beamtinnen und Beamte müssen sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei politischer Betätigung diejenige Mäßigung und Zurückhaltung zu wahren, die sich aus ihrer Stellung gegenüber der Allgemeinheit und aus der Rücksicht auf die Pflichten ihres Amtes ergibt.

(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordern.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug auch hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds Rücksicht auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen zu nehmen. Insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht können eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 durch ihre über das übliche Maß hinausgehende besonders individualisierende Art geeignet sind, die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen. Religiös oder weltanschaulich konnotierte Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 können nur dann eingeschränkt oder untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen. Die Einzelheiten nach den Sätzen 2 bis 4 können durch Landesrecht bestimmt werden. Die Verhüllung des Gesichts bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug ist stets unzulässig, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.

(1) Beamtinnen und Beamte dienen dem ganzen Volk, nicht einer Partei. Sie haben ihre Aufgaben unparteiisch und gerecht zu erfüllen und ihr Amt zum Wohl der Allgemeinheit zu führen. Beamtinnen und Beamte müssen sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei politischer Betätigung diejenige Mäßigung und Zurückhaltung zu wahren, die sich aus ihrer Stellung gegenüber der Allgemeinheit und aus der Rücksicht auf die Pflichten ihres Amtes ergibt.

Gründe

1

Die auf Verfahrensfehler und auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützte Beschwerde des Beklagten hat keinen Erfolg.

2

1. Der Beklagte stand bis zu seiner vorzeitigen Versetzung in den Ruhestand im Jahr 2005 als Polizeikommissar im Dienst des Klägers. Die im Jahr 2007 erhobene Disziplinarklage war nach Auffassung des Verwaltungsgerichts auf eine nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprechende Klageschrift gestützt, sodass der Klägerin durch Beschluss nach § 54 Abs. 3 Satz 2 LDG NRW eine Frist zur Einreichung einer inhaltlich hinreichend bestimmten Klageschrift gesetzt wurde. Die neugefasste Klageschrift verwies hinsichtlich der näheren Umstände der dem Beklagten vorgeworfenen Pflichtenverstöße, insbesondere der Tatzeitpunkte auf eine in der Disziplinarakte enthaltene Aufstellung, die dem Bevollmächtigten des Beklagten vorab übermittelt worden war.

3

Das Verwaltungsgericht erkannte dem Beklagten das Ruhegehalt ab, die hiergegen gerichtete Berufung blieb ohne Erfolg. Die Maßnahme sei geboten, weil der Beklagte in der Zeit vom 1. Januar 2001 bis zum 21. Dezember 2004 einer unerlaubten Nebentätigkeit nachgegangen sei, die nach Art und Umfang als Zweitberuf eingestuft werden müsse. Dieses Dienstvergehen wiege besonders schwer, weil der Beklagte seine gewerblichen Tätigkeiten auch während der Zeiten krankheitsbedingter Dienstunfähigkeit ausgeübt habe.

4

2. Die Revision ist nicht wegen der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 67 Satz 1 LDG NRW i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen.

5

Die nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO erforderliche Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO setzt voraus, dass der Beschwerdeführer eine konkrete Frage des revisiblen Rechts bezeichnet und aufzeigt, dass die Frage sowohl im konkreten Fall entscheidungserheblich als auch allgemein klärungsbedürftig ist. Klärungsbedarf besteht, wenn eine von der Beschwerde aufgeworfene Frage von Bundesverfassungs- oder Bundesverwaltungsgericht weder beantwortet worden ist noch auf der Grundlage ihrer Rechtsprechung eindeutig beantwortet werden kann (stRspr; vgl. Beschluss vom 24. Januar 2011 - BVerwG 2 B 2.11 - NVwZ-RR 2011, 329 Rn. 4).

6

a) Es ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgericht geklärt und bedarf nicht der Durchführung eines Revisionsverfahrens, dass auch im Falle einer überlangen Dauer des Disziplinarverfahrens nicht von der Aberkennung des Ruhegehalts abgesehen werden kann, wenn der Ruhestandsbeamte die Dienstpflichtverletzungen im aktiven Dienst begangen hat und deshalb die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis geboten wäre, wenn er sich noch im Dienst befände (§ 13 Abs. 3 Satz 2 BDG). Auch aus Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK folgt nicht, dass dem Betroffenen wegen einer unangemessen langen Verfahrensdauer eine Rechtsstellung eingeräumt werden muss, die im Widerspruch zu dem entscheidungserheblichen innerstaatlichen materiellen Recht steht. Vielmehr kann die unangemessene Verfahrensdauer für den Ausgang eines zu lange dauernden Rechtsstreits nur dann berücksichtigt werden, wenn das innerstaatliche Recht dies vorsieht oder zulässt. In den Fällen, in denen ein Beamter durch ein Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat (§ 13 Abs. 3 LDG NRW), sieht das Disziplinarrecht aber zwingend die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis bzw. die Aberkennung des Ruhegehalts vor (stRspr, vgl. zuletzt Urteile vom 28. Februar 2013 - BVerwG 2 C 3.12 - Rn. 44 ff. und BVerwG 2 C 62.11 - Rn. 59 ff. ). Darüber hinausgehenden oder neuen Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde nicht auf.

7

b) Der Kläger hat auch im Hinblick auf die Maßnahmebemessung keinen weiteren Klärungsbedarf aufgezeigt. Welche generellen Anforderungen an die Bemessung der Disziplinarmaßnahme durch die Tatsachengerichte im Hinblick auf Beamte zu stellen sind, die während der Zeit einer Dienstunfähigkeit Nebentätigkeiten ohne Genehmigung ausgeübt haben, ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hinreichend geklärt. Für die Ahndung ungenehmigter Nebentätigkeiten steht wegen der Vielfalt der möglichen Pflichtverstöße grundsätzlich der gesamte disziplinarrechtliche Maßnahmenkatalog zur Verfügung. Es kommt auf Dauer, Häufigkeit und Umfang der Nebentätigkeiten an. Weiterhin muss berücksichtigt werden, ob der Ausübung der Nebentätigkeiten gesetzliche Versagungsgründe entgegenstehen, d.h. die Betätigungen auch materiell rechtswidrig sind und ob sich das Verhalten des Beamten nachteilig auf die Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben ausgewirkt hat. Erschwerend wirkt sich aus, wenn ein Beamter ungenehmigte Nebentätigkeiten in Zeiten der Krankschreibung wahrnimmt (Urteile vom 11. Dezember 1990 - BVerwG 1 D 63.89 - BVerwGE 86, 370 <378>, vom 1. Juni 1999 - BVerwG 1 D 49.97 - BVerwGE 113, 337 <338> und vom 11. Januar 2007 - BVerwG 1 D 16.05 - juris Rn. 59).

8

Darüber hinaus ist geklärt, dass der Beamte, der während der Krankschreibung Nebentätigkeiten ausübt, gegen die Pflicht zum vollen beruflichen Einsatz verstößt, wenn die Nebentätigkeit nach Art und Umfang generell geeignet ist, die Wiederherstellung der Dienstfähigkeit zumindest zu verzögern. Eines konkreten medizinischen Nachweises bedarf es nicht (stRspr; Urteile vom 12. Februar 1992 - BVerwG 1 D 2.91 -, vom 1. Juni 1999 - BVerwG 1 D 49.97 - BVerwGE 113, 337 <338> und vom 14. November 2001 - BVerwG 1 D 60.00 - jeweils m.w.N.). Ob derartiges angenommen werden kann, ist nach den jeweiligen Einzelfallumständen zu beantworten und einer grundsätzlichen Klärung nicht zugänglich.

9

Ein Verstoß gegen das Schuldprinzip liegt hierin nicht. Anknüpfungspunkt sind vielmehr schuldhafte Verhaltensweisen des Beklagten, nämlich die Fortführung (und Intensivierung) der ungenehmigten Nebentätigkeiten während des Zeitraums der Krankschreibung. Auf einen individuellen Nachweis wird lediglich hinsichtlich der konkreten Beeinträchtigung des Gesundungsprozesses verzichtet. Dies findet Grund und Rechtfertigung darin, dass der Beamte durch die ungeschmälerte Alimentierung während der Dienstunfähigkeit in die Lage versetzt werden soll, seine Genesung bestmöglich zu fördern. Ist die Arbeitskraft wiederhergestellt, hat er sie seinem Dienstherrn zur Verfügung zu stellen. Die Ausübung einer gewerblichen Nebentätigkeit während des Zeitraums einer Krankschreibung kommt deshalb nur in Betracht, wenn die Nebentätigkeit der Erholung nicht schaden kann. Ist sie dagegen geeignet, den Gesundungsprozess zu behindern oder zu verlangsamen, hat sie - ebenso wie die Dienstausübung - zu unterbleiben. Eine Privilegierung privater Nebentätigkeiten dergestalt, dass sie von einer Krankschreibung nicht umfasst würden, ist nicht veranlasst.

10

Aus dem Kammerbeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 19. Februar 2003 - 2 BvR 1413/01 - (NVwZ 2003, 1504) folgt entgegen der Auffassung des Beklagten nichts anderes. Dass das dort angegriffene Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen auf die Verfassungsbeschwerde aufgehoben wurde, beruhte vielmehr darauf, dass eine Ausübung der Nebentätigkeit während krankheitsbedingter Dienstunfähigkeit von der Tatsacheninstanz nicht festgestellt worden war. Beanstandet worden ist damit nicht der grundsätzliche Rechtssatz, dass es eines konkreten Nachweises der Beeinträchtigung des Gesundungsprozesses nicht bedürfe. Fehlerhaft war nur die Annahme des Gerichts, dass von einem hierzu erforderlichen Verstoß gegen die Gesunderhaltungspflicht ausgegangen werden könne. Die insoweit vom Oberverwaltungsgericht ergänzend getroffenen Tatsachenfeststellungen konnten wegen der Beschränkung des Rechtsmittelverfahrens auf das Disziplinarmaß nicht berücksichtigt werden.

11

Soweit der Beklagte die fallbezogene disziplinarrechtliche Würdigung auf der Grundlage der dargestellten Rechtsprechung in Zweifel zieht, ist dies nicht geeignet, eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache darzulegen. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist die langjährige pflichtgemäße Dienstausübung selbst bei überdurchschnittlichen Leistungen für sich genommen regelmäßig nicht geeignet, gravierende Pflichtenverstöße in einem milderen Licht erscheinen zu lassen (Urteile vom 23. November 2006 - BVerwG 1 D 1.06 - juris Rn. 40 § 70 bbg nr. 12 nicht abgedruckt>, vom 7. Februar 2008 - BVerwG 1 D 4.07 - juris Rn. 28 , vom 19. Juni 2008 - BVerwG 1 D 2.07 - juris Rn. 76 ; Beschluss vom 23. Januar 2013 - BVerwG 2 B 63.12 - juris Rn. 13 und Urteil vom 28. Februar 2013 - BVerwG 2 C 3.12 - Rn. 43). Eine "Mobbing-Situation" kann nicht berücksichtigt werden, weil das Oberverwaltungsgericht insoweit keine tatsächlichen Feststellungen getroffen hat. Daran ist der Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO gebunden.

12

3. Die Beschwerde hat auch keinen Verfahrensmangel aufgezeigt, auf dem die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts beruhen könnte (§ 67 Satz 1 LDG NRW i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

13

Die ausgesprochene Disziplinarmaßnahme beruht zwar nicht auf einer den gesetzlichen Vorgaben entsprechenden Klageschrift. Dieser Fehler zieht auch einen Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nach sich, weil das Oberverwaltungsgericht die sich aus § 54 Abs. 3 Satz 1, § 65 Abs. 1 Satz 1 LDG NRW ergebende Verpflichtung verletzt hat, auf die Beseitigung eines solchen Mangels durch den Dienstherrn hinzuwirken (Beschluss vom 26. Februar 2008 - BVerwG 2 B 122.07 - Buchholz 235.1 § 55 BDG Nr. 2 Rn. 3 zur entsprechenden Regelung in § 55 BDG). Die Fehlerhaftigkeit der Klageschrift erweist sich angesichts der vorliegenden Einzelfallumstände aber nicht als wesentlicher Mangel im Sinne des § 54 LDG NRW.

14

a) Nach § 52 Abs. 2 Satz 1 LDG NRW muss die Klageschrift die Tatsachen, in denen ein Dienstvergehen gesehen wird, und die anderen Tatsachen und Beweismittel, die für die Entscheidung bedeutsam sind, geordnet darstellen. Die Sachverhalte, aus denen das Dienstvergehen hergeleitet wird, müssen aus sich heraus verständlich geschildert werden. Ort und Zeit der einzelnen Handlungen müssen möglichst genau angegeben sowie die Geschehensabläufe nachvollziehbar beschrieben werden. Dadurch soll sichergestellt werden, dass sich der Beamte gegen die disziplinarischen Vorwürfe sachgerecht verteidigen kann. Auch tragen die gesetzlichen Anforderungen an die Klageschrift dem Umstand Rechnung, dass sie Umfang und Grenzen der gerichtlichen Disziplinarbefugnis festlegt. Denn gemäß § 59 Abs. 2 Satz 1 LDG NRW dürfen nur Handlungen zum Gegenstand der Urteilsfindung gemacht werden, die dem Beamten in der Klage oder der Nachtragsklage als Dienstvergehen zur Last gelegt worden sind. Aus der Klageschrift muss bei verständiger Lektüre deshalb eindeutig hervorgehen, welche konkreten Handlungen dem Beamten als Dienstvergehen zur Last gelegt werden (Urteil vom 25. Januar 2007 - BVerwG 2 A 3.05 - Buchholz 235.1 § 52 BDG Nr. 4 Rn. 27 f. und Beschluss vom 20. Dezember 2011 - BVerwG 2 B 59.11 - juris Rn. 5 m.w.N.).

15

Diesen Anforderungen entspricht auch die neugefasste Klageschrift nicht. Dem Beklagten wird darin vorgeworfen, im Zeitraum vom 1. Januar 2001 bis 21. Dezember 2004 dadurch eine unerlaubte Nebentätigkeit ausgeübt zu haben, dass er Waren bei der Fa. M. bestellt, abgeholt und anschließend wieder veräußert hat. An 284 Tagen sei er dabei krankgeschrieben gewesen, in diesen habe er insgesamt 794 Positionen mit einem Warenwert von über 500.000 € abgewickelt. Damit war zwar der Tatzeitraum eingegrenzt und die Gesamtzahl und das Umsatzvolumen der getätigten Bestellungen angegeben (vgl. Beschluss vom 26. Oktober 2011 - BVerwG 2 B 69.10 - juris Rn. 7). Die Klageschrift enthält aber den Zeitpunkt der dem Beklagten zur Last gelegten einzelnen Handlungen nicht. Ihr kann deshalb auch nicht entnommen werden, welche konkreten Sachverhalte vom Dienstherrn zur Begründung der von ihm angenommenen Dienstvergehen herangezogen worden waren. Diese Bezeichnung der Tatsachen, in denen ein Dienstvergehen gesehen wird, ist aber das "Kernstück" der Disziplinarklagebegründung (Weiß, in: GKÖD, Band II, Stand: Mai 2013, M § 52 Rn. 86).

16

Die Klageschrift durfte hierzu nicht auf die in der Disziplinarakte befindliche Einzelaufstellung verweisen (Urteil vom 25. Januar 2007 a.a.O. Rn. 29). Durch eine derartige Verweisung auf die Behördenakten kann die Klageschrift nicht mehr die ihr durch § 52 LDG NRW zugedachte Eingrenzungs- und Informationsfunktion erfüllen. Die Klageschrift ist nicht mehr aus sich heraus verständlich, sodass der Beklagte sich nicht auf sie beschränken kann, um den genauen Gegenstand der gegen ihn erhobenen Vorwürfe und sein hiergegen mögliches Prozessverhalten bestimmen zu können.

17

Zwar kann in einem Disziplinarverfahren, in dem einem Beamten - wie hier - eine Vielzahl gleichförmiger Taten zur Last gelegt werden, die durch eine gleichartige Begehungsweise gekennzeichnet sind, hinsichtlich der näheren individualisierenden tatsächlichen Umstände der Einzeltaten auf eine tabellarische Aufstellung verwiesen werden (vgl. zur entsprechenden Erleichterung im Strafverfahren BGH, Beschluss vom 15. März 2011 - 1 StR 260/09 - NStZ 2011, 420 Rn. 19). Diese Aufstellung muss indes Teil der Klageschrift sein, weil nur so der Sachverhalt, aus dem das Dienstvergehen hergeleitet wird, in dieser hinreichend bestimmt dargestellt ist (Urteile vom 23. November 2006 - BVerwG 1 D 1.06 - juris Rn. 14 § 70 bbg nr. 12> und vom 25. Januar 2007 - BVerwG 2 A 3.05 - a.a.O. Rn. 27; Beschlüsse vom 13. März 2006 - BVerwG 1 D 3.06 - Buchholz 235 § 67 BDO Nr. 1 Rn. 13, vom 18. November 2008 - BVerwG 2 B 63.08 - juris Rn. 22 § 17 bdg nr. 1>, vom 21. April 2010 - BVerwG 2 B 101.09 - juris Rn. 6, vom 28. März 2011 - BVerwG 2 B 59.10 - juris Rn. 5, vom 26. Oktober 2011 a.a.O. Rn. 6 sowie vom 20. Dezember 2011 - BVerwG 2 B 59.11 - juris Rn. 5).

18

b) Der in dem unzulässigen Verweis auf die Disziplinarakte liegende Mangel der Klageschrift ist unter den hier gegeben Umständen jedoch ausnahmsweise als unwesentlich einzustufen und hinderte deshalb den Ausspruch einer Disziplinarmaßnahme nicht.

19

Ein Mangel des behördlichen Disziplinarverfahrens ist wesentlich im Sinne des § 54 LDG NRW, wenn sich nicht mit hinreichender Sicherheit ausschließen lässt, dass er sich auf das Ergebnis des gerichtlichen Disziplinarverfahrens ausgewirkt haben kann. Hingegen kommt es für die Frage der Wesentlichkeit eines Mangels weder darauf an, ob er behebbar ist noch darauf, ob und ggf. wie intensiv schutzwürdige - insbesondere grundrechtsbewehrte - Rechtspositionen Betroffener durch den Mangel berührt worden sind. Maßgeblich ist wegen der Funktion des Disziplinarverfahrensrechts, bei der Prüfung und ggf. Ahndung von Dienstvergehen gesetzmäßige Ergebnisse zu erzielen, vielmehr die Ergebnisrelevanz. Nur solche Mängel sind wesentlich und bedürfen einer Korrektur oder führen zur Einstellung des Verfahrens nach § 54 Abs. 3 Satz 3 LDG NRW, bei denen nicht mit hinreichender Sicherheit auszuschließen ist, dass sie sich auf das Ergebnis des Disziplinarverfahrens ausgewirkt haben können. Wann ein Mangel in diesem Sinne wesentlich ist, ist eine Frage des Einzelfalles (Urteil vom 24. Juni 2010 - BVerwG 2 C 15.09 - BVerwGE 137, 192 = Buchholz 235.1 § 55 BDG Nr. 6, jeweils Rn. 19 zur gleichlautenden Vorschrift des § 55 BDG; Beschluss vom 28. März 2013 - BVerwG 2 B 113.12 - juris Rn. 9 zu § 52 HmbDG). Eine inhaltlich nicht ausreichend bestimmte Klageschrift weist grundsätzlich einen wesentlichen Mangel auf, weil sie die sachgerechte Verteidigung des Beamten gegen die disziplinaren Vorwürfe erschwert (Urteil vom 25. Januar 2007 a.a.O. Rn. 26 f.).

20

Vorliegend ist dem Beklagten indes eine Kopie der in der Disziplinarakte enthaltenen Einzelaufstellung vorab übermittelt worden, auf der jeweils bestimmten Tagen zugeordnet die Zahl der bestellten Artikel, der Warenwert, die Abholung sowie das Vorliegen einer Krankschreibung vermerkt war. Aus der Zusammenschau von auf diese Einzelaufstellung Bezug nehmender Klageschrift und der dem Beklagten zur Verfügung gestellten Einzelaufstellung konnte kein Zweifel daran bestehen, welche Sachverhalte vom Dienstherrn zur Begründung des angenommenen Dienstvergehens herangezogen worden sind. Der Beklagte ist nicht durch vage und unbestimmte Vorwürfe belastet worden, sondern wusste genau, welche Handlungen ihm zur Last gelegt wurden. Auch hinsichtlich der näheren Umstände der Einzeltaten und ihres exakten Zeitpunktes ist durch die Bezugnahme auf die dem Beklagten vorab übersandte Einzelaufstellung eine präzise Eingrenzung erfolgt. Der Beklagte war damit auch in die Lage versetzt, sich sachgerecht zu verteidigen. Er war noch vor Zustellung der Klageschrift über die konkretisierten Einzelvorwürfe unterrichtet und hatte Gelegenheit, sein Prozessverhalten hierauf einzustellen. Warum und wie sich der Mangel auf das Ergebnis der Disziplinarklage hätte auswirken können, ist weder vom Beklagten vorgetragen noch sonst ersichtlich. Es kann daher mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden, dass sich der Verstoß gegen § 52 Abs. 2 Satz 1 LDG NRW auf das Disziplinarklageverfahren ausgewirkt hat.

21

Soweit die Beschwerde nunmehr vorträgt, die übermittelte Kopie sei schlecht leserlich gewesen, hätte es dem Beklagten oblegen, hierauf zeitnah hinzuweisen. Im Übrigen sind in der Berufungserwiderung derartige Einwände nicht geltend gemacht und nur inhaltliche Einwendungen gegen die - offenbar auch für den Beklagten lesbaren - Anlagen vorgetragen worden.

22

Hinsichtlich der Rüge, durch die Verwendung von Kreuzen und Sternchen sei die Spalte Krankmeldung nicht verständlich gewesen, ist der Beschwerde zuzugeben, dass die unmittelbare Verständlichkeit der Tabelle durch die Schwarz-Weiß-Kopie Einbußen erfahren hat. Die in roter Farbe vorgenommene Durchstreichung des Kreuzes in der Spalte "krank nein" mag dem Beklagten so im ersten Moment als Sternchen erschienen sein. Schon die zusätzliche Markierung im Feld "krank ja" ließ jedoch keinen anderen Schluss zu, als dass es sich bei dem "Sternchen" um eine Streichung des ursprünglichen Kreuzes gehandelt hat. Dies gilt in Anbetracht des jeweils angebrachten Berichtigungsvermerks sowie der entsprechend geänderten Beträge im Erkrankungszeitraum erst recht. Die Aufstellung über die Krankheitszeiten ließ damit auch in Schwarz-Weiß-Kopie keine Zweifel an ihrem Aussagegehalt. Welche andere Interpretationsmöglichkeit bestanden hätte, legt auch die Beschwerde nicht dar.

(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Ein Verhalten außerhalb des Dienstes ist nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.

(2) Bei Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten oder früheren Beamtinnen mit Versorgungsbezügen und früheren Beamten mit Versorgungsbezügen gilt es als Dienstvergehen, wenn sie sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigen oder an Bestrebungen teilnehmen, die darauf abzielen, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen, oder wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Bei sonstigen früheren Beamtinnen und früheren Beamten gilt es als Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Für Beamtinnen und Beamte nach den Sätzen 1 und 2 können durch Landesrecht weitere Handlungen festgelegt werden, die als Dienstvergehen gelten.

(3) Das Nähere über die Verfolgung von Dienstvergehen regeln die Disziplinargesetze.

(1) Die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme ergeht nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Disziplinarmaßnahme ist nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen. Das Persönlichkeitsbild des Beamten ist angemessen zu berücksichtigen. Ferner soll berücksichtigt werden, in welchem Umfang der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit beeinträchtigt hat.

(2) Ein Beamter, der durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat, ist aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Dem Ruhestandsbeamten wird das Ruhegehalt aberkannt, wenn er als noch im Dienst befindlicher Beamter aus dem Beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen.

Gründe

1

Die Beschwerde des Beklagten hat mit der Maßgabe Erfolg, dass der Rechtsstreit gemäß § 133 Abs. 6 VwGO, § 69 BDG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen ist. Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO liegen vor, weil das Berufungsurteil auf der vom Beklagten geltend gemachten Verletzung seines Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Abs. 1 GG beruht.

2

Der Beklagte, ein Bundesbahnobersekretär, wurde im Jahr 1999 wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr und im Jahr 2001 wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit versuchtem Betrug jeweils zu einer Geldstrafe verurteilt. Im Jahr 2003 wurde gegen den Beklagten wegen Urkundenfälschung in Tatmehrheit mit 13 sachlich zusammenhängenden Fällen des Missbrauchs von Scheck- und Kreditkarten eine Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten verhängt, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die jeweils sachgleichen Disziplinarverfahren wurden eingestellt (§ 27 BDO und § 32 Abs. 1 Nr. 3 BDG). Im November 2006 wurde der Beklagte wegen versuchten Betrugs in zwei Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit Urkundenfälschung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 11 Monaten verurteilt, die nicht zur Bewährung ausgesetzt wurde. Auf die sachgleiche Disziplinarklage erkannte das Verwaltungsgericht wegen eines außerdienstlichen Dienstvergehens auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen.

3

1. Art. 103 Abs. 1 GG gewährleistet den Verfahrensbeteiligten das Recht, sich nicht nur zu dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt, sondern auch zur Rechtslage zu äußern, und verpflichtet das Gericht, den Vortrag der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Dabei kann es in besonderen Fällen auch geboten sein, die Verfahrensbeteiligten auf eine Rechtsauffassung hinzuweisen, die das Gericht der Entscheidung zugrunde legen will. Es kann im Ergebnis der Verhinderung eines Vortrags zur Rechtslage gleichkommen, wenn das Gericht ohne vorherigen Hinweis auf einen rechtlichen Gesichtspunkt abstellt, mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter selbst unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen nicht zu rechnen brauchte. Allerdings ist zu beachten, dass das Gericht grundsätzlich weder zu einem Rechtsgespräch noch zu einem Hinweis auf seine Rechtsauffassung verpflichtet ist. Auch wenn die Rechtslage umstritten oder problematisch ist, müssen daher die Verfahrensbeteiligten grundsätzlich alle vertretbaren rechtlichen Gesichtspunkte von sich aus in Betracht ziehen und ihren Vortrag darauf einstellen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. Mai 1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86, 133 <144 f.> und Urteil vom 14. Juli 1998 - 1 BvR 1640/97 - BVerfGE 98, 218 <263> jeweils m.w.N.).

4

Nach diesen Grundsätzen war das Berufungsgericht verpflichtet, vor seiner Entscheidung über die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts diesen darauf hinzuweisen, dass es aufgrund der gegen den Beklagten ausgesprochenen Freiheitsstrafe von 11 Monaten bei einem außerdienstlichen Dienstvergehen von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis quasi als Regelmaßnahme ausgehen würde, von der nur bei Vorliegen besonderer, gewichtiger Milderungsgründe abgewichen werden kann. Wie die Ausführungen auf Seite 13 des Berufungsurteils belegen, ist der Verwaltungsgerichtshof der Sache nach davon ausgegangen, dass die Verhängung einer Freiheitsstrafe im Strafverfahren, die nur wenig unterhalb der sich aus § 48 Satz 1 Nr. 1 BBG a.F. (§ 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BBG) ergebenden Grenze liegt, für das Disziplinarverfahren ohne Weiteres die Dienstentfernung nach sich zieht. Diese Rechtsansicht widerspricht der Rechtsprechung des Disziplinarsenats des Bundesverwaltungsgerichts zur Bedeutung einer im Strafverfahren verhängten Freiheitsstrafe für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme im sachgleichen Disziplinarverfahren. Der Disziplinarsenat hat in dem im Berufungsurteil genannten Urteil vom 8. März 2005 (BVerwG 1 D 15.04 - Buchholz 232 § 77 BBG Nr. 24 S. 16) festgestellt, dass wegen der Eigenständigkeit des Disziplinarrechts der strafrechtlichen Einstufung des Falles durch das Strafmaß im eigentlichen Sinne keine präjudizielle Bedeutung für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme zukommt. Demnach ist es ausgeschlossen, vom Ausspruch einer Freiheitsstrafe von weniger als einem Jahr zwingend auf die Dienstentfernung zu schließen, ohne weitere bemessungsrelevante Umstände i.S.d. § 13 Abs. 1 BDG in den Blick zu nehmen. Dies gilt zumal in Betrugsfällen, in denen stets eine Abwägung der fallbezogenen erschwerenden und entlastenden Umstände stattzufinden hat, wobei der Höhe des Schadens besondere Bedeutung zukommt (vgl. unten S. 5 f.).

5

Ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter muss auch unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen nicht damit rechnen, dass ein Gericht ohne Hinweis in einer für den Ausgang des Verfahrens entscheidenden Frage von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht. Ausweislich der dem Senat vorliegenden Gerichtsakten bot der Ablauf des gerichtlichen Verfahrens aus Sicht des Beklagten bis zur Zustellung des Berufungsurteils auch keine Veranlassung, die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Bedeutung der im sachgleichen Strafverfahren verhängten Freiheitsstrafe für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme anzusprechen und vorsorglich einer Abweichung von diesen Grundsätzen entgegenzutreten. Der Beklagte ist davon überrascht worden, dass das Berufungsgericht die Dienstentfernung in Abweichung von der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ausschließlich auf die verhängte Freiheitsstrafe gestützt hat.

6

Das Berufungsurteil beruht auch auf dem Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht bei Berücksichtigung des Vorbringens, das der Beklagte in der Beschwerdebegründung dargelegt hat, zu einer ihm günstigeren Entscheidung gelangt wäre (vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. Februar 1994 - 1 BvR 765, 766/89 - BVerfGE 89, 381 <392 f.>). Hätte das Berufungsgericht den Beklagten vor dem Urteil über seine Erwägungen zur Bedeutung einer Freiheitsstrafe für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme in Kenntnis gesetzt, so hätte der Beklagte seinerseits darauf verweisen können, dass diese mit den Grundsätzen des Bundesverwaltungsgerichts zum Verhältnis von Freiheitsstrafe und Bemessung einer Disziplinarmaßnahme gerade nicht in Einklang stehen. Dies hätte dazu führen können, dass das Berufungsgericht seinen Bemessungserwägungen eine mildere Disziplinarmaßnahme als die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zugrunde gelegt hätte.

7

2. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

Nach der Grundsatzentscheidung des Disziplinarsenats vom 30. August 2000 - BVerwG 1 D 37.99 (BVerwGE 112, 19), die das Leitbild des Beamten als Vorbild für den Rest der Bevölkerung in allen Lebenslagen verabschiedet hat, hat der Senat im Urteil vom 25. März 2010 - BVerwG 2 C 83.08 (zur Veröffentlichung in BVerwGE bestimmt) zwar zur Auslegung gesetzlicher Begriffe wie "besondere Eignung zur Vertrauensbeeinträchtigung" auf das Strafrecht abgestellt. Er hat aber auch in dieser Entscheidung hervorgehoben, dass nur vorsätzlich begangene schwerwiegende Straftaten, die mit einer Freiheitsstrafe geahndet worden sind, auch ohne Bezug auf das konkrete Amt zu einer Ansehensschädigung führen. Wie schwerwiegend eine außerdienstliche Straftat ist, hängt unter anderen von den Umständen des konkreten Einzelfalles (hier versuchter Betrug) und vom Strafrahmen für die verwirklichten Delikte (hier: 5 Jahre im Höchstmaß) ab. Der Senat hat deshalb lediglich für den Ausnahmefall des außerdienstlichen sexuellen Missbrauch eines Kindes gemäß § 176 Abs. 1 StGB (Rn. 18 und LS, a.a.O.) entschieden, dass aufgrund der Schwere eines solchen Dienstvergehens gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 BDG als Richtschnur für die Maßnahmebemessung die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis bzw. die Aberkennung des Ruhegehalts zugrunde gelegt werden kann.

8

Bei einem außerdienstlich begangenen Betrug ist die Variationsbreite, in der gegen fremdes Vermögen gerichtete Verfehlungen denkbar sind, zu groß, als dass sie einheitlichen Regeln unterliegen und in ihren Auswirkungen auf Achtung und Vertrauen gleichermaßen eingestuft werden können. Stets sind die besonderen Umstände des Einzelfalls maßgebend. In Fällen des innerdienstlichen Betrugs zum Nachteil des Dienstherrn ist der Beamte in der Regel aus dem Dienst zu entfernen, wenn im Einzelfall Erschwerungsgründe vorliegen, denen keine Milderungsgründe von solchem Gewicht gegenüberstehen, dass eine Gesamtbetrachtung nicht den Schluss rechtfertigt, der Beamte habe das Vertrauen endgültig verloren. Je gravierender die Erschwerungsgründe in ihrer Gesamtheit zu Buche schlagen, desto gewichtiger müssen die Milderungsgründe sein, um davon ausgehen zu können, dass noch ein Rest an Vertrauen zum Beamten vorhanden ist. Erschwerungsgründe können sich z.B. aus Anzahl und Häufigkeit der Betrugshandlungen, der Höhe des Gesamtschadens, der missbräuchlichen Ausnutzung der dienstlichen Stellung oder dienstlich erworbener Kenntnisse sowie daraus ergeben, dass die Betrugshandlung im Zusammenhang mit weiteren Verfehlungen von erheblichem disziplinarischen Eigengewicht, z.B. mit Urkundenfälschungen stehen (Urteile vom 28. November 2000 - BVerwG 1 D 56.99 - Buchholz 232 § 54 Satz 2 BBG Nr. 23; vom 26. September 2001 - BVerwG 1 D 32.00 - Buchholz 232 § 77 BBG Nr. 18 und vom 22. Februar 2005 a.a.O.; Beschluss vom 14. Juni 2005 - BVerwG 2 B 108.04 - NVwZ 2005, 1199 <1200>). Aus der Senatsrechtsprechung lässt sich der Grundsatz ableiten, dass beim einem Gesamtschaden von über 5 000 € die Entfernung aus dem Dienst ohne Hinzutreten weiterer Erschwerungsgründe gerechtfertigt sein kann (Beschluss vom 24. Februar 2005 - BVerwG 1 D 1.05 - juris m.w.N.). Derartige Bemessungsgrundsätze gelten auch für außerdienstliche Betrugsfälle und Veruntreuungen (Urteil vom 24. November 1998 - BVerwG 1 D 36.97 - Buchholz 232 § 54 Satz 3 BBG Nr. 16; Beschluss vom 3. Juli 2007 - BVerwG 2 B 18.07 - Buchholz 235.1 § 69 BDG Nr. 1 Rn. 12).

9

Für die Zumessungsentscheidung müssen weiter die in § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG genannten Bemessungskriterien ermittelt und mit dem ihnen zukommenden Gewicht eingestellt werden. Insoweit kann von Bedeutung sein, dass der Beklagte nach den tatsächlichen Feststellungen im Berufungsurteil in dem relativ kurzen Zeitraum von der Erhebung der Disziplinarklage vor dem Verwaltungsgericht (Ende Juli 2007) bis zum Berufungsurteil (27. Mai 2009) seinen Schuldenstand von 25 000 € immerhin um 10 000 € reduzieren konnte. Auch sind die Gründe einzubeziehen, die für die Einstellung der früheren Disziplinarverfahren maßgebend waren.

Tenor

I.

In Abänderung der Ziffer I des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 9. Oktober 2012 wird der Beamte in das Amt eines Polizeimeisters versetzt.

II.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Tatbestand

I.

Der am 1. Dezember 1966 in Burghausen geborene Beklagte (Beamte) begann nach einer Ausbildung zum Bürokaufmann seinen Wehrdienst und verpflichtete sich anschließend als Zeitsoldat. Die Verpflichtungszeit von acht Jahren beendete er zum 31. März 1995 im Rang eines Feldwebels und nahm am 3. Juli 1995 seinen Dienst als Polizeimeisteranwärter im Beamtenverhältnis auf Widerruf beim Freistaat Bayern auf.

Am 1. Juli 1996 wurde er unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Polizeioberwachtmeister und am 1. Mai 1997 zum Polizeimeister ernannt. Die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit erfolgte zum 1. Mai 1999. Am 1. Mai 2000 wurde er zum Polizeiobermeister und am 1. Januar 2005 zum Polizeihauptmeister befördert. Zuletzt war er bei der Verkehrsinspektion Verkehrsüberwachung tätig. Seit dem 14. Mai 2010 ist der Beklagte vorläufig des Dienstes enthoben.

Der Beklagte ist geschieden und hat keine Kinder. Seine monatlichen Einkünfte richten sich nach der Besoldungsgruppe A 9. Er bezieht derzeit um 45% gekürzte Dienstbezüge in Höhe von ca. 1450,- Euro.

Der Beklagte erhielt folgende dienstliche Beurteilungen:

[2000]: Gesamturteil „8 Punkte“

[2002]: Gesamturteil „9 Punkte“

[2005]: Gesamturteil „9 Punkte“

[2008]: Gesamturteil „10 Punkte“

II.

Der disziplinarrechtlich nicht vorbelastete Beklagte ist strafrechtlich wie folgt in Erscheinung getreten:

Er wurde mit Urteil des Amtsgerichts München vom 19. Januar 2011 wegen leichtfertiger Geldwäsche in vier tatmehrheitlichen Fällen in Tatmehrheit mit Beihilfe zum Computerbetrug gem. §§ 261 Abs. 1 Nr. 4 a, Abs. 2 Nr. 1, 2, Abs. 5, 263 a Abs. 1, 2, 263 Abs. 3 Nr. 1, 27, 53 StGB zu einer Gesamtgeldstrafe von 160 Tagessätzen zu je 30,- Euro verurteilt.

Hiergegen legten sowohl der Beklagte als auch die Staatsanwaltschaft M. Berufung ein, wobei die Berufung der Staatsanwaltschaft nachträglich durch Schriftsatz und die des Beklagten im Termin zur Berufungshauptverhandlung auf das Strafmaß beschränkt wurden.

Das Landgericht München I verurteilte den Beklagten sodann mit seit 3. Juni 2011 rechtskräftigem Urteil vom 25. Mai 2011 (Az.15 Ns 316 Js 46917/09) wegen leichtfertiger Geldwäsche in vier Fällen sowie Beihilfe zum Computerbetrug zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu je 30,- Euro. Den Urteilsgründen liegen folgende tatsächliche Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils zugrunde:

„Anfang November 2008 bot ein unbekannter Täter auf den Internetportalen www.markt.de bzw. www.quokia.de unter Vorspiegelung seiner Lieferfähigkeit und Lieferwilligkeit die nachfolgend genannten Gegenstände zum Kauf an. Gegenüber den nachfolgend genannten Geschädigten, die auf die jeweilige Anzeige hin ihr Kaufinteresse bekundeten, trat der unbekannte Täter via E-Mail unter den Falschpersonalien „Susanne Hakelberg“ in Erscheinung. Im Vertrauen auf ordnungsgemäße Lieferung kauften die Geschädigten die jeweiligen Waren und überwiesen den jeweiligen Kaufpreis zu den nachbenannten Zeitpunkten auf das in dem E-Mail-Verkehr angegebene Konto des Beklagten bei der Oberbank AG L., Zweigniederlassung Bayern, Konto-Nr. ..., BLZ ... Die bestellten Waren wurden, wie der unbekannte Täter von vornherein beabsichtigte, in keinem Fall geliefert. Den Käufern entstand hierdurch ein Schaden in Höhe des gezahlten Kaufpreises. Der unbekannte Täter handelte dabei in der Absicht, sich aus der wiederholten Begehung von Betrugstaten eine Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang zu verschaffen.

Im Einzelnen handelt es sich um folgende Fälle:

Geschädigte(r)

Kaufgegenstand

Kaufpreis (mit Porto) in EUR

Eingang auf dem Konto des Angeklagten

1

Hartmut N.

Handy Nokia N 96

286,90

04.11.2008

2

Heiko G.

Handy Samsung Omnia

286,90

05.11.2008

3

Yvonne S.

PS 3 Konsole

250,00

06.11.2008

4

Klaus-Dieter W.

Handy Samsung Omnia

306,00

07.11.2008

5

Irek P.

Nintendo Wii Konsole

276,90

10.11.2008

6

Rene J.

Handy Samsung Omnia

246,90

11.11.2008

7

Jens M.

Nintendo Wii Konsole

270,00

11.11.2008

8

Viktoria H.

Handy Nokia E 90

246,90

12.11.2008

9

Nicole B.

Nintendo Wii Konsole

266,90

12.11.2008

10

Frank B.

Digitalkamera Nikon D700

856,90

12.11.2008

11

Bernd P.

Spiegelreflexkamera Nikon D90

856,90

12.11.2008

=4151,20 Euro

Insgesamt beliefen sich die Überweisungen auf 4.151,20 Euro. Die Beträge von drei Geschädigten (G., M., P.) überwies der Beklagte auf deren Konto wieder zurück.

Bereits Ende Oktober 2008 hatte der unbekannte Täter den Beklagten via E-Mail als sogenannten „Finanzagenten“ für die Mitarbeit an dem angeblichen Online-Versandhandel angeworben und ihn veranlasst, sein Konto für die Abwicklung der vorgenannten Internetverkäufe zur Verfügung zu stellen. Dem Beklagten gegenüber trat der unbekannte Täter unter den Falschpersonalien Yvonne Siegel auf. Der Beklagte sollte die auf seinem Konto eingehenden Gelder in bar abheben und sodann - nach Einbehalt seiner Vergütung - per MoneyGram in die Philippinen an eine gewisse M. R. weiterleiten. Das Konto des Beklagten wies per 31.11.2008 einen Negativsaldo in Höhe von 128,09 Euro aus. Zwischen dem 3.11.2008 und dem 28.11.2008 flossen auf das Konto des Beklagten nur die Gelder der vorgenannten Geschädigten. Ihm hätte sich aufdrängen müssen oder er verkannte aus besonderer Gleichgültigkeit oder grober Unachtsamkeit, dass die auf dem Konto eingegangenen Geldbeträge aus gewerbsmäßig begangenen Betrugstaten herrühren.

Im Einzelnen führte der Angeklagte folgende Geldabhebungen mit anschließenden Transfers in die Philippinen durch:

Datum der Abhebung

Auszahlungs-

Betrag in Euro

Transferdatum

Transferbetrag(mit Gebühren) in Euro

MoneyGram-

Filiale

1

07.11.2008

350,00

07.11.2008

321,00

Bahnhofplatz 1,80335 München

2

08.11.2008

350,00

08.11.2008

264,00

Bahnhofsplatz 1,80335 München

3

14.11.2008

500,00

14.11.2008

391,00

Bahnhofsplatz 1,80335 München

4

15.11.2008

400,00

15.11.2008

391,00

Nicht bekannt

Zwischen dem 18.11.2008 und dem 20.11.2008 erreichten den Beklagten mehrere Beschwerdeanrufe der vorgenannten Geschädigten. Spätestens seit dem 20.11.2008 war ihm daher positiv bekannt, dass die auf sein Konto bei der Oberbank überwiesenen Gelder jeweils aus gewerbsmäßig begangenen Betrugsstraftaten stammten.

Gleichwohl hob der Beklagte von seinem Konto am 20.11.2008 einen Betrag in Höhe von 100,- Euro, am 23.11.2008 weitere 50,- Euro und am 25.11.2008 einen Betrag in Höhe von 50,- Euro in bar ab. Diese Gelder verwendete er jeweils für sich selbst.

Zu einem nicht genau bekannten Zeitpunkt vor dem 19.01.2009 spähten ein oder mehrere unbekannte Täter die PIN und eine TAN für das bei der Sparda-Bank geführte Konto der Geschädigten A., Konto-Nr. ..., BLZ ..., aus und überwiesen mittels der erlangten Daten am 19.01.2009 einen Betrag in Höhe von 8.000,- Euro ohne Wissen und Wollen der Geschädigten A. auf das Konto des Beklagten bei der Bayerischen HypoVereinsbank AG, Konto-Nr. ..., BLZ ...

Das Konto hatte der Beklagte am 15.1.2009 auf Betreiben des oder der unbekannten Täter eröffnet und für den genannten Geldeingang zur Verfügung gestellt. Dem Beklagten gegenüber traten der oder die unbekannten Täter unter der Scheinfirma Pay777 OHG mit angeblichem Sitz in 80336 München, Kaiser-Ludwig-Platz 5 auf. Am 22.1.2009 hob der Beklagte von diesem Konto einen Betrag von 7.400,- Euro in bar ab, um davon sogenannte Ukash-Karten zu erwerben. Bei Ukash handelt es sich um ein virtuelles Zahlungssystem. Ukash-Karten können im Internet und gegen Barzahlung bei diversen Ausgabestellen wie Tankstellen und Kiosken in unterschiedlicher Höhe erworben werden. Die 19stellige Kartennummer kann sodann für Bezahlvorgänge im Internet bei einer großen Anzahl von virtuellen Akzeptanzstellen eingesetzt werden. Mutmaßlich am 29.01.2009 übermittelte der Beklagte die Nummern der erworbenen Ukash-Karten per Telefon oder Telefax an den oder die unbekannten Täter. Die weiteren 600,- Euro behielt der Beklagte als Belohnung für seine Dienste ein.

Der oder die unbekannten Täter handelten dabei in der Absicht, sich durch wiederholte unberechtigte Überweisungen mit zuvor ausgespähten PINs und TANs eine Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang zu verschaffen. Der Beklagte hielt zumindest für möglich und nahm billigend in Kauf, dass er durch sein Tun die gewerbsmäßig begangene Computerbetrugsstraftat des oder der unbekannten Täter unterstützte“.

III.

Mit Verfügung vom 16. November 2009 leitete das Polizeipräsidium München im Hinblick auf die strafrechtlichen Ermittlungen ein sachgleiches Disziplinarverfahren ein und sprach gleichzeitig mündlich ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte aus. Der Beklagte wurde nach Art. 22 BayDG über seine Rechte sowie über die Möglichkeit der Beteiligung der Personalvertretung belehrt.

Das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte wurde mit Verfügung vom 19. November 2009 schriftlich bestätigt und durch ein Hausverbot in Gestalt eines Betretungsverbots für sämtliche Räumlichkeiten des Polizeipräsidiums München ergänzt. Gleichzeitig wurde dem Beklagten unter Aufforderung, sämtliche dienstliche Ausrüstungsgegenstände herauszugeben, untersagt, Dienstkleidung zu tragen und die Dienstwaffe zu führen. Alle Verfügungen wurden für sofort vollziehbar erklärt.

Wegen des anhängigen Strafverfahrens wurde das Disziplinarverfahren mit Schreiben vom 30. November 2009 ausgesetzt. Mit Verfügung vom 11. Mai 2010 wurde der Beklagte vorläufig des Dienstes enthoben. Gleichzeitig wurden 50 Prozent seiner Dienstbezüge sowie die jährliche Sonderzuwendung einbehalten. Nach Abschluss des Strafverfahrens wurde das Disziplinarverfahren fortgesetzt und gem. Art. 21 Abs. 1 BayDG auf den Sachverhalt einer ungenehmigten Nebentätigkeit ausgedehnt.

Mit Bescheid vom 23. November 2011 wurde der Bezügeeinbehalt auf 75 Prozent angehoben. Dem Beklagten wurde mit Schreiben vom 28. Dezember 2011 Gelegenheit zur abschließenden Äußerung gegeben. Antragsgemäß wurde die Personalvertretung beteiligt. Mit Bescheid vom 12. März 2012 wurde der Bezügeeinbehalt auf 45 Prozent abgesenkt.

IV.

Am 5. Juli 2011 hat das Polizeipräsidium München Klage beim Verwaltungsgericht München erhoben mit dem Antrag, den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Neben dem Sachverhalt, der Gegenstand der strafrechtlichen Verurteilung durch das Landgericht München I im Urteil vom 25. Mai 2011 ist, wird dem Beklagten im Rahmen der Disziplinarklage auch Folgendes zur Last gelegt:

Der Beklagte übte seit April 2009 bei der Limousinen-Service-Munich GmbH eine Nebentätigkeit in erheblichem Umfang aus. Allein von Oktober 2009 bis Januar 2010 hat er durchschnittlich 129 Stunden pro Monat bei einem Stundenlohn von 15,- Euro gearbeitet. Für diese Nebentätigkeit hat der Beklagte erst am 22.10.2009 einen Antrag auf Genehmigung gestellt. In diesem Antrag gab er an, er habe die Nebentätigkeit erst am 14.09.2009 aufgenommen und dies umfasse nicht mehr als 8 Stunden pro Woche. Die Nebentätigkeit wurde dem Beklagten erst mit Schreiben vom 11.11.2011 genehmigt.

Mit Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 09. Oktober 2012 wurde der Beklagte aus dem Beamtenverhältnis entfernt.

Der ihm zur Last gelegte Sachverhalt der leichtfertigen Geldwäsche und des Computerbetrugs in einem besonders schweren Fall, stehe zur Überzeugung des Gerichts aufgrund der Bindungswirkung der tatsächlichen Feststellungen des rechtskräftigen Urteils des Landgerichts München I vom 25. Mai 2011 nach Art. 25 Abs. 1, 55 BayDG fest. Die fehlende Nebentätigkeitsgenehmigung und die falschen Angaben in den Anträgen seien durch die Urkunden belegt. Der Beklagte habe sie im Wesentlichen auch eingeräumt. Bei der leichtfertigen Geldwäsche und dem Computerbetrug (§§ 263 a i. V. m. 263 Abs. 3 Nr. 1 StGB) handele es sich um außerdienstliche Pflichtverletzungen, bei denen die besonders qualifizierenden Voraussetzungen des § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG erfüllt seien. Das Verhalten sei in besonderem Maße geeignet, das Vertrauen in einer für das Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Leichtfertige Geldwäsche und gewerbs/bandenmäßiger Computerbetrug wiesen bei einem Polizisten auf einen Persönlichkeitsmangel hin, der Anlass zu Zweifeln an seiner Eignung gebe, den einem Polizisten obliegenden Dienstpflichten jederzeit gerecht zu werden. Die fehlende Nebentätigkeitsgenehmigung und die falschen Angaben über Beginn und Umfang der Nebentätigkeit seien innerdienstliche Pflichtverletzungen, deren Gewicht zwar hinter den strafrechtlich geahndeten Vorwürfen zurückbleibe, die aber gleichwohl zeigten, dass der Beklagte seine eigenen Interessen stets über die seines Dienstherrn stelle. Das festgestellte Dienstvergehen wiege schwer und habe bei dem Beklagten zu einem endgültigen Vertrauensverlust geführt. Auch wenn es für außerdienstlichen Betrug keine Regelmaßnahme gebe, d. h. nicht jeder Betrug zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis führe, könnten hier die erschwerenden Umstände nicht außer Acht gelassen werden. Insbesondere dürfe nicht verkannt werden, dass der Beklagte in Kenntnis der Betrügereien seines Geschäftspartners - wie sich aus seinem Vermerk vom 20. Dezember 2008 ergebe - erneut sein Konto zur Verfügung gestellt habe, um weitere Betrugshandlungen zu unterstützen. Nicht einmal die strafrechtlichen Ermittlungen ab Januar 2009 hätten ihn dazu veranlasst, seine Tathandlungen einzustellen. Vielmehr habe er noch Ende Januar 2009 seinen Beitrag durch die Bekanntgabe der Nummern der erworbenen Ukash-Karten zum gewerbs-/bandenmäßigen Betrug geleistet. Offensichtlich sei es dem Beklagten darum gegangen, seine Einkünfte erheblich aufzubessern. Um das zu erreichen, habe er auch nicht vor Straftaten zurückgeschreckt. Hierzu passe auch, dass der Beklagte durch seine Nebentätigkeit, die er mit falschen Angaben erschlichen habe, auch weiterhin sein Gehalt erheblich aufgebessert und hierfür die Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben vernachlässigt habe. Das Persönlichkeitsbild und die dienstlichen Leistungen des Beklagten sprächen deutlich gegen ihn und würden zeigen, dass er kein Leistungsträger sei und sich nur schwer in den Dienstbetrieb eingliedere. Nach Gesamtschau aller be- und entlastenden Umstände sei die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis angemessen und geboten. Die vorliegenden Entlastungsgründe hätten kein solches Gewicht, dass sie den gegebenen Vertrauensverlust abmildern könnten.

V.

Der Beklagte hat gegen das Urteil, seinem Bevollmächtigten zugestellt am 24. Oktober 2012, am 22. November 2012 Berufung eingelegt und beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 09.10.2012 aufzuheben und gegen den Beklagten auf die Disziplinarmaßnahme der Zurückstufung in das Amt eines Polizeiobermeisters zu erkennen.

Die Berufung wurde mit Schriftsatz vom 27. Dezember 2012 im Wesentlichen damit begründet, dass das Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung beim Beklagten unzutreffend eine Tatbegehung als Mittäter angesetzt und dabei verkannt habe, dass das in einer Beihilfehandlung verwirklichte kriminelle Unrecht hinter dem kriminellen Unrecht der Haupttat zurück bleibe. Zwar sei der Beklagte im Rahmen zweier verschiedener Tatkomplexe in strafbare Handlungen verwickelt, dies sei jedoch nicht Ausdruck einer rechtsfeindlichen Handlung des Beklagten oder gar als Zeichen einer beharrlichen kriminellen Haltung anzusehen. Vielmehr sei der Beklagte zwar aufgrund von Beschwerden am 20. November 2008 davon ausgegangen, dass seine vermeintliche Geschäftspartnerin unseriös sei. Eine positive Kenntnis, dass es sich vorliegend um einen (gewerbsmäßigen) Betrugsfall handeln würde, habe jedoch beim Beklagten nicht vorgelegen. Dass er am 20. Dezember 2008 - mithin einen Monat nach Beendigung der Geschäftsbeziehung - den Verdacht eines Betruges hegte - trage nicht die Wertung des Verwaltungsgerichts, dass der Beklagte trotz dieser Erkenntnis weiterhin die Geschäftsbeziehungen aufrechterhalten habe. Eine solche Annahme werde auch nicht durch die tatsächlichen Feststellungen des strafgerichtlichen Urteils getragen, da dieses im ersten Tatkomplex nicht von einer Beihilfe zum Betrug - mit dem entsprechenden Gehilfenvorsatz - sondern vielmehr von einer leichtfertigen Geldwäsche, d. h. von einer fahrlässigen Straftat ausgegangen sei. Das Urteil des Verwaltungsgerichts vermenge zudem auch die beiden sowohl zeitlich als auch personell klar getrennten Tatkomplexe. Der Beklagte habe nicht dem gleichen Geschäftspartner, dessen mangelnde Seriosität ihm bekannt gewesen sei - sein Bankkonto zur Verfügung gestellt, sondern einem anderen Unternehmen, welches ihm eine Nebentätigkeit im Bereich Logistik/Einkauf in Aussicht gestellt habe. Die Tatsache, dass es sich bei diesem Unternehmen ebenfalls um eine betrügerische Scheinfirma gehandelt habe, habe sich dem Beklagten nicht zwangsläufig aufgrund des vorangegangenen Sachverhalts aufdrängen müssen. Ein konkreter Anlass, die Vertrauenswürdigkeit dieses neuen Geschäftspartners in Zweifel zu ziehen, habe sich für den Beklagten erst in dem Moment ergeben, in dem ihm der Auftrag angetragen worden sei, die überwiesenen Gelder in Ukash-Karten umzuwandeln. Erst zu diesem Zeitpunkt - also nach Eingang des Geldes auf seinem Konto - sei es für den Beklagten überhaupt erkennbar gewesen, dass er erneut als Zwischenstation für einen Geldtransfer dienen sollte. Anhaltspunkte, dass der Beklagte Kenntnis davon gehabt hatte, es handele sich um einen gewerbs/bandenmäßigen Betrug, ergäben sich weder aus den Verfahrensakten noch aus seinem Vermerk vom 20. Dezember 2012.

Das Verwaltungsgericht gehe fälschlicherweise davon aus, dass der Beklagte als Polizeivollzugsbeamter die aktuellen strafrechtlichen Entwicklungen beim Internetbetrug gekannt habe. Das Verwaltungsgericht sei bei den Zumessungserwägungen unzutreffend von einer fortgesetzten Begehung von Straftaten durch den Beklagten ausgegangen, tatsächlich lägen jedoch zwei substantiell unterschiedliche strafrechtliche Sachverhalte vor.

Zudem habe das Verwaltungsgericht den geringeren Unrechtsgehalt einer Tatbeteiligung als Gehilfe verkannt. In Anbetracht dieser Umstände könne nicht von einem endgültigen Vertrauensverlust ausgegangen werden. Die Ausübung einer Nebentätigkeit ohne Nebentätigkeitsgenehmigung liege als Dienstpflichtverletzung in ihrer Gewichtigkeit weit unterhalb der der strafrechtlichen Sachverhalte.

Im Übrigen gehe das Urteil des Verwaltungsgerichts auch insoweit fehl, als darin von der Vernachlässigung der dienstlichen Aufgaben des Beklagten aufgrund der Nebentätigkeiten ausgegangen werde. Auch im Hinblick auf die Bewertung des Persönlichkeitsbildes sei das angegriffene Urteil unzutreffend. Der Umstand, dass ein Beamter nicht zur Spitzengruppe gehöre, könne nicht zu seinem Nachteil gewertet werden.

Die nachträgliche Genehmigung der Nebentätigkeit sei unproblematisch erfolgt, die zeitliche Komponente durch den Dienstherrn insoweit als wenig gewichtig bewertet worden, so dass dies die Auswirkungen der Ausübung einer Nebentätigkeit ohne Nebentätigkeitsgenehmigung bei der Bewertung des Persönlichkeitsbildes relativieren müsse. Der Beklagte verfüge über eine ausgeprägte Motivation für den Polizeiberuf, habe sich seiner Verantwortung gestellt und seine Fehler unumwunden eingeräumt. Vor diesem Hintergrund sei ihm die Gelegenheit zur Bewährung im Dienst einzuräumen.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat am 23. Juli 2014 mündlich zur Sache verhandelt. Hierzu wird auf die Niederschrift verwiesen.

V.

Ergänzend wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten Bezug genommen. Dem Senat haben diesbezüglich die Strafakten der Staatsanwaltschaft M. (Az. 316 Js 46917/09), die Disziplinarakten des Polizeipräsidiums München sowie die Personalakten vorgelegen.

Gründe

Die Berufung des Beklagten ist zulässig und hat in der Sache teilweise Erfolg. In Abänderung von Ziffer I. des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 9. Oktober 2012 wird der Beklagte in das Amt eines Polizeimeisters (BesGr. A7) versetzt.

I.

Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht keine Mängel auf. Solche sind auch vom Beklagten im Berufungsverfahren nicht geltend gemacht worden.

II.

Der dem Beklagten zur Last gelegte Sachverhalt, der dem rechtskräftigen Urteil des Landgerichts München I vom 25. Mai 2011 zugrunde liegt, steht gemäß Art. 25 Abs. 1, 55 Hs. 1 und 63 Abs. 1 Satz 1 BayDG für den Senat bindend fest.

Nach diesen Vorschriften sind die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im Strafverfahren, das denselben Sachverhalt wie das Disziplinarverfahren betrifft, auch im Berufungsverfahren bindend. Zudem hat der Beklagte die Vorwürfe auch eingeräumt.

Danach steht für den Senat fest, dass der Beklagte in vier Fällen leichtfertige Geldwäsche begangen hat, indem er zunächst sein Konto für einen angeblichen Internetversandhandel zur Verfügung stellte und dann - unter Einbehalt einer Vergütung - viermal durch Geldabhebungen mit anschließenden Transfers per moneyGram an eine gewisse M. R. in die Philippinen weiterleitete. Hierbei hätte sich dem Beklagten aufdrängen müssen oder er verkannte aus besonderer Unachtsamkeit, dass die auf dem Konto eingegangenen Geldbeträge aus gewerbsmäßig begangenen Betrugstaten herrührten.

Fest steht ebenfalls, dass der Beklagte eine Beihilfe zum Computerbetrug verwirklicht hat, indem er erneut ein Konto auf Betreiben eines weiteren unbekannten Täters eröffnete und für einen Geldeingang in Höhe von 8000,- Euro zur Verfügung stellte, den dieser ohne Wissen und Wollen einer Geschädigten auf sein Konto überwiesen hat. Anschließend hob der Beklagte einen Betrag von 7.400,- Euro in bar ab, um davon sogenannte Ukash-Karten zu erwerben, deren Kartennummern er an die unbekannten Täter übermittelte. Die übrigen 600,- Euro behielt der Beklagte als Belohnung für seine Dienste ein.

Zudem hat der Beklagte ohne Genehmigung seit April 2009 eine Nebentätigkeit in erheblichem Umfang ausgeübt und bei der Beantragung der Nebentätigkeit am 22.10.2009 falsche Angaben über Beginn und Umfang der Nebentätigkeit gemacht. Dies ergibt sich aus den vorgelegten Unterlagen und wurde vom Beklagten auch in der mündlichen Verhandlung eingeräumt.

III.

Der Beamte hat durch sein Handeln ein einheitlich schweres Dienstvergehen i. S. d. Art. 84 Abs. 1 Satz 2 BayBG a. F. (seit 01.04.2009 § 47 Abs. 1 Satz 2 Beamtenstatusgesetz - BeamtStG - vom 17. Juni 2008 BGBL. I S. 1010) begangen, weil er schuldhaft die ihm obliegenden Pflichten verletzt hat. Maßgeblich ist die Rechtslage zum Tatzeitpunkt.

1. Bei den Geldwäschehandlungen und der Beihilfe zum Computerbetrug handelt es sich um ein außerdienstliches Dienstvergehen gem. Art. 84 Abs. 1 Satz 2 BayBG a. F., § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG. Das wesentliche Unterscheidungsmoment zu einer Qualifizierung als innerdienstlich ist funktionaler Natur. Entscheidend für die Einordnung eines Verhaltens als innerdienstliche Pflichtverletzung ist dessen kausale und logische Einbindung in ein Amt und die damit verbundene dienstliche Tätigkeit. Ist eine solche Einordnung nicht möglich - insbesondere wenn sich das Handeln - wie hier - als das Verhalten einer Privatperson darstellt -, ist es als außerdienstlich zu qualifizieren (vgl. BVerwG, U. v. 25.8.2009 - 1 D 1/08 - juris Rn. 54; BayVGH. U. v.13.7.2011 - 16a D 09.3127 - juris Rn. 115).

Das außerdienstliche Fehlverhalten des Beamten erfüllt die besonders qualifizierenden Voraussetzungen des Art. 84 Abs. 1 Satz 2 BayBG a. F., § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG. Die danach erforderliche besondere Eignung des Fehlverhaltens zur Beeinträchtigung des Vertrauens in die Amtsführung des Beamten oder des Ansehens des öffentlichen Dienstes setzt voraus, dass die befürchteten nachteiligen Rückschlüsse der Ausübung auf die Dienstausübung oder die Ansehensschädigung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind. Die Nachteile des Fehlverhaltens sind bedeutsam i. S. d. Art. 84 Abs. 1 Satz 2 BayBG a. F., wenn seine disziplinarrechtliche Relevanz das jeder außerdienstlichen Pflichtverletzung innewohnende Maß deutlich überschreitet (BVerwG, U. v. 28.07.2011 - 2 C 16/10 - juris Rn. 23).

Das Bundesverwaltungsgericht, hat diese gesetzlichen Vorgaben dahingehend konkretisiert, dass ein außerdienstliches Fehlverhalten, das keinen Bezug zur Dienstausübung aufweist, regelmäßig ein disziplinarrechtliches Sanktionsbedürfnis auslöst, wenn es sich dabei um eine Straftat handelt, deren gesetzlicher Strafrahmen bis zu einer Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren reicht, und der daran gemessene Unrechtsgehalt der konkreten Tat nicht gering wiegt. Durch die Bewertung eines Fehlverhaltens als strafbar hat der Gesetzgeber zu erkennen gegeben, dass er dieses Verhalten als in besonderem Maße verwerflich ansieht. Dies lässt ohne Weiteres darauf schließen, dass das Fehlverhalten das Ansehen des Berufsbeamtentums in einer Weise beeinträchtigt, die im Interesse der Akzeptanz des öffentlichen Dienstes in der Bevölkerung und damit seiner Funktionsfähigkeit nicht hingenommen werden kann (BVerwG, U. v. 28.7.2011, a. a. O. -Rn. 24, BayVGH, U. v.6.12.2013 - 16a D 12.1815 - juris Rn. 72).

Das Verhalten des Beklagten außerhalb des Dienstes ist nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maß geeignet, das Vertrauen in einer für sein Amt oder das Ansehen des Berufsbeamtentums bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen (Art. 84 Abs. 1 Satz 2 BayBG a. F., § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG). Der Beklagte verstieß gegen seine beamtenrechtliche Pflicht aus Art. 84 Abs. 1 Satz 3 BayBG a. F., § 34 Satz 3 BeamtStG, auch außerhalb des Dienstes ein Verhalten zu zeigen, das der Achtung und dem Vertrauen gerecht wird, die sein Beruf als Polizeibeamter erfordern. Die vierfache leichtfertige Geldwäsche gemäß § 261 Abs. 1 Nr. 4a, Abs. 2 Nr. 1, 2, Abs. 5 StGB, die mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren, und die Beihilfe zum Computerbetrug in besonders schwerem Fall, die gem. §§ 263 a Abs. 1 und 2, 263 Abs. 3 Nr. 1 StGB mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren, unter Berücksichtigung der Beihilfe (§§ 27, 49 StGB) mit siebeneinhalb Jahren, belegt ist, führen auch ohne Bezug zu seinen dienstlichen Tätigkeiten zu einem erheblichen Ansehensschaden für seine eigene Person, aber auch für das der Beamtenschaft an sich.

2. Durch die ungenehmigte Ausübung einer Nebentätigkeit für einen Limousinenservice hat der Beklagte zudem vorsätzlich schuldhaft gegen die Pflicht zur vollen Hingabe an seinen Beruf (Art. 64 Abs. 1 Satz 1 BayBG a. F., § 34 Satz 1 BeamtStG) sowie gegen die Verpflichtung, die Gesetze zu beachten (Art. 62 Abs. 1 Satz 2 BayBG a. F., § 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG) verstoßen (vgl. BVerwG U. v.11.1.2007 - 1 D 16/05 - juris; B. v. 17.7.2013 - 2 B 27/12 - juris). Der festgestellte Verstoß gegen Nebentätigkeitsbestimmungen ist als innerdienstliche Pflichtverletzung i. S. v. Art. 84 Abs. 1 Satz 1 BayBG a. F., § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG zu bewerten, weil er mit dem Amt des Beklagten zusammenhängt und Auswirkungen auf die Erfüllung der Dienstleistungspflicht haben kann (vgl. BVerwG U. v. 11.12.1990 - 1 D 63/89 - juris Rn. 25).

Es war dem Beklagten bewusst, dass er für die Ausübung von Nebentätigkeiten eine vorherige Genehmigung benötigte. Einen schriftlichen Antrag stellte er jedoch erst am 22. Oktober 2009, obwohl er einräumte, bereits im April 2009 die Nebentätigkeit aufgenommen zu haben. Diese übte er bis 11. November 2011 ohne entsprechende Genehmigung aus. Mit E-Mail vom 26. Oktober 2009 wurde der Beklagte gebeten sich im Rahmen des Genehmigungsverfahrens nochmals zu äußern, da Bedenken hinsichtlich der Genehmigungsfähigkeit seines Antrags bestünden. Dies unterließ der Beklagte und führte gleichwohl seine Nebentätigkeit fort. Dem Beklagten war dabei bewusst, dass er mit der Wahrnehmung der Nebentätigkeit ohne Genehmigung gegen Dienstpflichten verstieß, da er aufgrund seiner früheren Nebentätigkeitsgenehmigungen mit den Bestimmungen vertraut war. Zudem machte er im Rahmen der verspäteten Antragsstellung bewusst wahrheitswidrige Angaben zu Beginn und dem zeitlichem Rahmen der Nebentätigkeit, den er mit höchstens acht Stunden angab. Auch hierin liegt ein Verstoß gegen die Pflicht zur vollen Hingabe an den Beruf (Art. 64 Abs. 1 Satz 1 BayBG a. F., § 34 Satz 1 BeamtStG). Gleichzeitig hat der Beklagte damit auch vorsätzlich gegen seine dienstliche Verpflichtung zu wahrheitsgemäßen Angaben und damit gegen seine Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten gem. Art. 64 Abs. 1 Satz 3 BayBG a. F.,

§ 34 Satz 3 BeamtStG verstoßen (vgl. Zängl, Kommentar zum Bayer. Disziplinarrecht, MatR II, Rn. 268).

IV.

Die festgestellten Dienstpflichtverletzungen sind nach dem Grundsatz der Einheit des Dienstvergehens, der sich nach Art. 84 Abs. 1 BayBG a. F., § 47 Abs. 1 BeamtStG ergibt, einheitlich zu würdigen.

Das einheitliche Dienstvergehen führt zur Zurückstufung des Beklagten gemäß Art. 10 BayDG um zwei Stufen in das Amt eines Polizeimeisters (BesGr. A 7).

Der Ausspruch dieser Maßnahme ist im Hinblick auf die Eigenart und Schwere des Dienstvergehens, seine Auswirkungen und das Maß der Schuld unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten zur Überzeugung des Senats zur Ahndung des Dienstvergehens ausreichend, aber auch erforderlich.

1. Der Senat folgt hinsichtlich der Zumessungskriterien des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U. v. 29.5.2008 - 2 C 59/07 - juris) zu § 13 BDG (BayVGH U. v. 23.9.2009 - 16a D 07.2355 - juris; U. v.15.2.2012 - 16a D 10.1974 - juris).

Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall erforderlich ist, richtet sich gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeein-trächtigung, wobei Beamte, die durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren haben, gemäß Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG regelmäßig aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen sind. Im Rahmen dieser Gesamtwürdigung haben die Gerichte zunächst im Einzelfall bemessungsrelevante Tatsachen zu ermitteln und sie mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Bewertung einzubeziehen. Dieses Erfordernis beruht letztlich auf dem im Disziplinarverfahren geltenden Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Übermaßverbot).

Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller belastenden und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (vgl. BVerwG, B. v. 11.2.2014 - 2 B 37/12 - juris Rn. 18).

Während bei der Bestimmung der Schwere des Dienstvergehens nur solche belastenden Tatsachen berücksichtigt werden dürfen, die zur Überzeugung des Gerichts feststehen, sind entlastenden Umstände schon dann beachtlich, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen gegeben sind und eine weitere Sachverhaltsaufklärung nicht möglich ist (BVerwG U. v. 29.5.2008 a. a. O. Rn. 17).

Auf der Grundlage des so zusammengestellten Tatsachenmaterials haben die Gerichte eine Prognose über das voraussichtliche künftige dienstliche Verhalten des Beamten zu treffen und das Ausmaß der von ihm herbeigeführten Ansehensbeeinträchtigung des Berufsbeamtentums einzuschätzen. Bei schweren Dienstvergehen stellt sich vorrangig die Frage, ob der Beamte nach seiner gesamten Persönlichkeit noch im Beamtenverhältnis tragbar ist. Ein endgültiger Vertrauensverlust i. S. v. Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG ist anzunehmen, wenn aufgrund der prognostischen Gesamtwürdigung und auf der Grundlage aller im Einzelfall bedeutsamen be- und entlastenden Gesichtspunkte der Schluss gezogen werden muss, der Beamte werde auch künftig in erheblicher Weise gegen Dienstpflichten verstoßen oder die durch sein Fehlverhalten herbeigeführte Schädigung des Ansehens des Berufsbeamtentums sei bei einer Fortsetzung des Beamtenverhältnis nicht wieder gutzumachen (BVerwG U. v. 29.5.2008 a. a. O. Rn. 18).

Maßgebendes Kriterium für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist die Schwere des Dienstvergehens. Sie ist richtungsweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme.

Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich zum einen nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen für den dienstlichen Bereich und für Dritte (BVerwG, B. v. 11.2.2014 - 2 B 37/12 - juris Rn. 20; B. v. 25.5.2012 - 2B 133.11 - NVwZ-RR 2012, 607 - juris Rn. 9 mit weiteren Nachweisen).

Dabei ist das festgestellte Dienstvergehen nach seinem Gewicht einer der im Gesetz aufgeführten Disziplinarmaßnahmen zuzuordnen; hierbei können die in der disziplinarrechtlichen Rechtsprechung für bestimmte Fallgruppen herausgearbeiteten Regeleinstufungen von Bedeutung sein. Davon ausgehend kommt es für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme darauf an, ob Erkenntnisse zur Vertrauensbeeinträchtigung, zum Persönlichkeitsbild und zum bisherigen dienstlichen Verhalten derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Disziplinarmaßnahme geboten ist (BVerwG, U. v. 29.5.2008 a. a. O. Rn. 20). Wiegt das Dienstvergehen schwer, kann das Persönlichkeitsbild des Beamten nur ausnahmsweise die Disziplinarmaßnahme noch im Sinne einer Milderung beeinflussen (BVerwG B. v. 15.4.2009 - 2 B 1/09 - juris).

Das Kriterium „Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit“ gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG erfordert eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion (BVerwG, U. v.29.5.2008 a. a. O. Rn. 15).

Die Bemessungskriterien „Persönlichkeitsbild des Beamten“ und „bisheriges dienstliches Verhalten“ gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG erfassen dessen persönliche Verhältnisse und sein sonstiges dienstliches Verhalten vor, bei und nach Tatbegehung (BVerwG U. v.29.5.2008 a. a. O. Rn. 14). Sie erfordern eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten übereinstimmt oder etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder psychischen Ausnahmesituation davon abweicht.

Zu den bemessungsrelevanten Umständen, die in die prognostische Gesamtwürdigung einzustellen sind, gehört auch die Motivlage des betroffenen Beamten. Die Prognoseentscheidung setzt die Ermittlung der Beweggründe voraus, die den betroffenen Beamten zu seinem Verhalten veranlasst haben (BVerwG, U. v. 28.7.2011 - 2 C 16.10 - a. a. O. Rn. 29 u. BVerwG, U. v. 23.2.2012 - 2 C 38.10 - NVwZ-RR 2012, 479; BVerwG, B. v. 23.1.2013 - 2 B 63.12 - juris Rn. 7 u. BVerwG, B. v. 6.9.2012 - 2 B 31.12 - juris Rn. 14).

2. Für den vorliegenden Fall ergibt sich danach Folgendes:

Setzt sich das Dienstvergehen aus mehreren Dienstpflichtverletzungen zusammen, so bestimmt sich die zu verhängende Disziplinarmaßnahme in erster Linie nach der schwersten Verfehlung, hier aus der Beihilfe zum Computerbetrug.

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, B. v. 10.9.2010 - 2 B 97/09 - juris) ist bei einem außerdienstlich begangenen Betrug die Variationsbreite, in der gegen fremdes Vermögen gerichtete Verfehlungen denkbar sind, zu groß, als dass sie einheitlichen Regeln unterliegen und ihre Auswirkungen auf Achtung und Vertrauen gleichermaßen eingestuft werden können. Stets sind die Umstände des Einzelfalls maßgeblich. In den Fällen des innerdienstlichen Betrugs zum Nachteil des Dienstherrn ist der Beamte in der Regel aus dem Dienst zu entfernen, wenn im Einzelfall Erschwernisgründe vorliegen, denen keine Milderungsgründe von solchem Gewicht gegenüberstehen, dass eine Gesamtbetrachtung nicht den Schluss rechtfertigt, der Beamte habe das Vertrauen endgültig verloren. Je gravierender die Erschwerungsgründe in ihrer Gesamtheit zu Buche schlagen, desto gewichtiger müssen die Milderungsgründe sein, um davon ausgehen zu können, dass noch ein Rest an Vertrauen zum Beamten vorhanden ist. Erschwerungsgründe können sich z. B. aus der Anzahl und Häufigkeit der Betrugshandlungen, der Höhe des Gesamtschadens, der missbräuchlichen Ausnutzung der dienstlichen Stellung oder dienstlich erworbener Kenntnisse sowie daraus ergeben, dass die Betrugshandlungen im Zusammenhang mit weiteren Verfehlungen von erheblichem disziplinarischem Eigengewicht stehen. Aus der Rechtsprechung lässt sich der Grundsatz ableiten, dass bei einem Gesamtschaden von über 5000,- Euro die Entfernung aus dem Dienst ohne Hinzutreten weiterer Erschwernisgründe gerechtfertigt sein kann. Derartige Bemessungsgrundsätze gelten auch für außerdienstliche Betrugsfälle (BVerwG, U. v. 24.11.1998 - 1 D 36.97- juris; B. v. 3.7.2007 - 2 B 18.07 - juris, BayVGH, U. v. 27.9.2012 - 16a D 11.406 - juris).

Vorliegend hat der Beamte Beihilfe zum Computerbetrug in einem besonders schweren Fall geleistet, bei dem ein Gesamtschaden von 8000,- Euro - also deutlich über der Grenze von 5000,- Euro - zu verzeichnen ist. Damit ist die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis Ausgangspunkt für die Maßnahmebemessung, wobei jedoch der Tatbestand der Beihilfehandlung des Beklagten einer besonderen Prüfung zu unterziehen ist.

Vorliegend ist der Tatbeitrag des Beklagten zum Computerbetrug auf eine Beihilfehandlung beschränkt, der hier ein geringeres disziplinarisches Gewicht zuzumessen ist als der Haupttat.

Für die Bewertung des disziplinarischen Gewichts einer Beihilfetat ist grundsätzlich die kriminelle Energie zu berücksichtigen, die mit der Handlung verbunden ist (BVerwG, U. v. 28.10.1992 - 1 D 63/91 - juris). Beihilfetaten, die die Haupttat erst ermöglichen oder wesentlich zu ihr beitragen, können disziplinarisch ebenso geahndet werden wie die Täterschaft (BVerwG, U. v. 28.10.1992 a. a. O.; U. v. 27.10.1992 - 1 D 71/91 - juris; U. v. 27.6.1995 - 2 WD 3/95 - juris; U. v. 2.9.1998 - 2 WD 13/98 - juris).

Die Beihilfehandlung des Beklagten in Form der Kontoeröffnung am 15. Januar 2009, das für einen Geldeingang in Höhe von 8000,- Euro zur Verfügung gestellt wurde, und die am 22. Januar erfolgte Umwandlung eines Teilbetrags von 7.400,- Euro in Ukash-Karten mit anschließenden Übermittlung der Nummern am 29. Januar 2009 per Telefon oder Telefax an die unbekannten Täter, ist in disziplinarischer Hinsicht als weniger schwerwiegend zu bewerten als die Haupttat. Der Vortrag des Beklagten, er habe sich auf eine hochprofessionell aufgemachte Stellenanzeige im Bereich Logistik/Einkauf beworben und dann erst nach Geldeingang auf seinem Konto die Anweisung erhalten, dieses Geld abzüglich seiner Provision von 600,- Euro in Ukash-Karten umzuwandeln, erscheint glaubwürdig.

Die Täter haben durch Vortäuschung einer Stellenanzeige für eine Nebentätigkeit im Internet einen Gehilfen für ihre Betrügereien gesucht. Darauf ist der Beklagte eingegangen und hat dann auf Anforderung ein Konto eröffnet. Aber spätestens mit der von den Betrügern geforderten Umwandlung des auf das Konto überwiesenen Geldes von 8000,- Euro in Ukash-Karten und seines Lohns von 600,- Euro hätte der Beklagte, auch im Hinblick seiner Vorerfahrungen mit der leichtfertigen Geldwäsche erkennen müssen, dass er wieder für Betrügereien eingespannt wird. Anstatt hier seine Mithilfe zu beenden, hat er, um die 600,- Euro behalten zu können, eine Beihilfe zum Betrug billigend in Kauf genommen. In diesem Rahmen ist die Pflichtwidrigkeit des Beklagten zu sehen. Es ist nicht so, dass die Täter die Tat ohne die Beihilfe des Beklagten nicht hätten durchführen können, vielmehr hätten sie sich dann einen anderen Gehilfen gesucht, um die Tat begehen zu können. Insoweit ist die Beihilfehandlung nicht so schwerwiegend zu bewerten, als wenn die Täter auf die Beihilfehandlung des Beklagten angewiesen gewesen wären (z. B. wenn ein Beamter wissentlich dazu beiträgt, dass der Post anvertrautes Beförderungsgut durch Dritte entwendet werden kann; vgl. BVerwG, U. v. 27.10.1992 - 1 D 71/91 - juris).

Zudem handelte der Beklagte selbst lediglich im Hinblick auf einen vergleichsweise geringen Betrag in Höhe von 600,- Euro eigennützig. Der Senat geht deshalb davon aus, dass durch diese Gehilfenhandlung die Höchstmaßnahme noch nicht indiziert ist, sondern im Hinblick auf die Schwere des Dienstvergehens von der Disziplinarmaßnahme der Zurückstufung auszugehen ist.

b) Auch die Berücksichtigung der weiteren tatmehrheitlich verwirklichten leichtfertigen Geldwäsche gem. § 261 Abs. 1 Nr. 4 a, Abs. 2 Nr. 1, 2 Abs. 5 StGB und der Ausübung einer Nebentätigkeit ohne vorherige Genehmigung bzw. der vorsätzlich falschen Angaben bei der Antragstellung auf Nebentätigkeitsgenehmigung, führt bei Würdigung aller Umstände letztendlich nicht zu einer Entfernung aus dem Dienst. Der Senat hält jedoch im Hinblick hierauf die Disziplinarmaßnahme der Zurückstufung (Art. 10 BayDG) des Beklagten um zwei Stufen in das Amt eines Polizeimeisters (BesGr. A7) für angemessen und erforderlich.

aa) Bereits Ende Oktober 2008 hatten unbekannte Täter den Beklagten via E-Mail als sog. „Finanzagenten“ für die Mitarbeit an einem angeblichen Online-Versandhandel angeworben und ihn veranlasst, sein Konto für die Abwicklung der vorgenannten Internetverkäufe zur Verfügung zu stellen. Die auf seinem Konto eingehenden Gelder hob er entsprechend der Anweisungen der unbekannten Täter bar ab und leitete diese vier Mal - nach Einbehalt seiner Vergütung - per MoneyGram auf die Philippinen an eine gewisse M. R. weiter. Dabei hätte es sich ihm aufdrängen müssen und er verkannte aus besonderer Gleichgültigkeit oder grober Unachtsamkeit, dass die auf dem Konto eingegangenen Geldbeträge aus gewerbsmäßig begangenen Betrugstaten herrührten.

bb) Hinzukommt eine Nebentätigkeit als Fahrer für einen Limousinenservice seit April 2009, die ohne Genehmigung begonnen und mit erheblichem zeitlichem Umfang vom Beklagten betrieben wurde. Bei der Antragstellung am 22.10.2009 machte er zudem bewusst falsche Angaben über den Beginn und den zeitlichen Umfang seiner Nebentätigkeit.

c) Die für den Beamten sprechenden Entlastungsgründe haben in der Gesamtschau kein solches Gewicht, dass von einer Zurückstufung um zwei Stufen abzusehen wäre. Allerdings führen die zu seinen Lasten zu wertenden Gesichtspunkte auch nicht zur Verhängung der Höchstmaßnahme.

Zugunsten des Beklagten spricht vorliegend, dass er disziplinarisch nicht vorbelastet ist, die ungenehmigte Nebentätigkeit und die falschen Angaben zum Umfang grundsätzlich eingeräumt hat und auch entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass er hierdurch seine Pflichten aus der eigentlichen dienstlichen Tätigkeit vernachlässigt hat. Eine Überprüfung des Monats Oktober 2009, in dem die Nebentätigkeit mit 161,5 Stunden zu Buche schlug, ergab keinerlei krankheitsbedingten Abwesenheiten des Beklagten. Vielmehr wurde die Nebentätigkeit im Rahmen eines genehmigten Urlaubs bzw. dienstplanbedingter freier Tage ausgeführt.

Die Würdigung des Persönlichkeitsbildes und die bisherigen dienstlichen Leistungen des Beklagten lassen keine Gesichtspunkte erkennen, die besonders zu seinen Gunsten zu berücksichtigen wären. Allerdings sprechen die vier dienstlichen Beurteilungen aus den Jahren 2000, 2002, 2005 und 2008 mit acht, neun, neun und zehn Punkten gerade auch im Hinblick auf die Leistungssteigerung entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch nicht gegen den Beklagten. Dass er kein Leistungsträger ist - wie von ihm selbst vorgebracht - kann nicht zu seinen Lasten gewertet werden, ebenso wenig das vom Kläger vorgebrachte Schwarz-Weiß-Denken und Hierarchieverhalten des Beklagten.

Zu seinen Lasten ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Beklagte gerade im Hinblick auf die ungenehmigte Nebentätigkeit wenig Einsicht und Reue zeigt. Vielmehr räumte der Beklagte im Rahmen der mündlichen Verhandlung ein, dass er vor ca. zwei Wochen erneut eine Nebentätigkeit auf 450-Euro-Basis aufgenommen habe, ohne vorher eine Nebentätigkeitsgenehmigung zu beantragen.

In der Gesamtschau aller be- und entlastenden Umstände haben die außerdienstlichen Straftaten ebenso wie der Verstoß gegen Nebentätigkeits-vorschriften erhebliche Auswirkungen auf das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit in den Beklagten. Allerdings ist der Senat der Auffassung, dass der Beklagte dieses Vertrauen noch nicht endgültig verloren hat. Die Pflichtverletzungen stehen allesamt im Zusammenhang mit dem hohen Schuldenberg in Höhe von 50.000,- Euro, den der Beklagte angehäuft hat und mittels Nebentätigkeiten zu bedienen oder zu verringern suchte. Der Senat geht insofern davon aus, dass der Beklagte seine finanziellen Verhältnisse - notfalls mittels Privatinsolvenz - neu ordnet und künftig seine Dienstaufgaben pflichtgemäß erfüllen wird.

Diese Maßnahme verstößt auch nicht gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Entsprechend dem Sinn des Disziplinarrechts, die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes zu wahren, ist es notwendig, die disziplinare Maßnahme zu wählen, die dem Gewicht des Dienstvergehens und dem dadurch eingetretenen Vertrauensschaden entspricht. Ins Verhältnis zu setzen sind die Schwere des Fehlverhaltens und der durch den Beamten veranlasste Vertrauensschaden. Hat beides, wie im vorliegenden Fall, erhebliches Gewicht, so ist der Nachteil, der für den Beamten durch die Disziplinarmaßnahme eintritt, nicht unverhältnismäßig. Er liegt in seinem persönlichen Verantwortungsbereich und ist seinem schuldhaften pflichtwidrigen Verhalten zuzurechnen.

V.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf Art. 72 Abs. 1 BayDG.

Das Urteil ist mit seiner Verkündung rechtskräftig geworden (Art. 64 Abs. 2 BayDG).

Gründe

1

Die auf Divergenz und einen Verfahrensmangel (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 und 3 VwGO und § 69 BDG) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

2

1. Der Beklagte, ein Bundesbahnobersekretär, wurde im Jahr 1999 wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr und im Jahr 2001 wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit versuchtem Betrug jeweils zu einer Geldstrafe verurteilt. Im Jahr 2003 wurde gegen den Beklagten wegen Urkundenfälschung in Tatmehrheit mit 13 sachlich zusammenhängenden Fällen des Missbrauchs von Scheck- und Kreditkarten eine Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten verhängt, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die jeweils sachgleichen Disziplinarverfahren wurden eingestellt (§ 27 BDO und § 32 Abs. 1 Nr. 3 BDG). Im November 2006 wurde der Beklagte wegen versuchten Betrugs in zwei Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit Urkundenfälschung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Monaten verurteilt, die nicht zur Bewährung ausgesetzt wurde. Auf die sachgleiche Disziplinarklage erkannte das Verwaltungsgericht wegen eines außerdienstlichen Dienstvergehens auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. In seinem ersten Urteil hat der Verwaltungsgerichtshof die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Nach Aufhebung dieses Urteils und Zurückverweisung an den Verwaltungsgerichtshof (Beschluss vom 10. September 2010 - BVerwG 2 B 97.09 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 14) hat der Verwaltungsgerichtshof die Berufung des Beklagten erneut zurückgewiesen.

3

2. Die Revision ist nicht wegen Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zuzulassen. Eine die Revision eröffnende Divergenz ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (vgl. Beschluss vom 21. Juni 1995 - BVerwG 8 B 61.95 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 18). Das Aufzeigen einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die das Bundesverwaltungsgericht in seiner Rechtsprechung aufgestellt hat, genügt weder den Zulässigkeitsanforderungen einer Divergenz- noch denen einer Grundsatzrüge (vgl. Beschluss vom 17. Januar 1995 - BVerwG 6 B 39.94 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 342 S. 55).

4

In der Beschwerde wird kein Widerspruch zwischen einem tragenden Rechtssatz des Berufungsurteils und einem tragenden Rechtssatz des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. März 2005 - BVerwG 1 D 15.04 - (Buchholz 232 § 77 BBG Nr. 24) oder des Beschlusses vom 24. Februar 2005 - BVerwG 1 D 1.05 - aufgezeigt. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. März 2005 wird bei den Ausführungen zum Zulassungsgrund der Divergenz nicht weiter herangezogen. Dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. Februar 2005 ist auch nicht der Rechtssatz zu entnehmen, dass bei einem Gesamtschaden von über 5 000 € die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nur bei einem vollendeten Betrug in Betracht kommt, nicht aber bei einem bloßen Versuch. Der Sache nach beschränkt sich die Beschwerde im Wesentlichen darauf, die Zumessungserwägungen des Verwaltungsgerichtshofs unter dem Gesichtspunkt anzugreifen, dieser habe nicht ausreichend berücksichtigt, dass es sich bei den Straftaten des Beklagten um (untaugliche) Versuche handele.

5

Im Übrigen unterscheidet das Disziplinarrecht - im Gegensatz zum Strafrecht - nicht zwischen Versuch und Vollendung der Tat. Verletzt ein Beamter schuldhaft ihm obliegende Dienstpflichten im Sinne von § 77 BBG, kann es sich dabei begrifflich immer nur um eine vollendete Pflichtverletzung handeln, auch wenn nach strafrechtlichen Grundsätzen der Versuch eines Delikts anzunehmen wäre. Disziplinarrechtlich entscheidend ist allein, ob der Beamte durch ein bestimmtes Dienstvergehen seine Dienstpflichten verletzt hat. Für die im Disziplinarrecht gebotene Persönlichkeitsbeurteilung eines Beamten kommt es allein auf den gezeigten Handlungswillen an. Wenn der Erfolg der Tat nicht eingetreten ist, so ist dies dann von Bedeutung, wenn der Nichteintritt auf zurechenbarem Verhalten des Beamten beruht (Urteil vom 7. Dezember 1993 - BVerwG 1 D 32.92 - BVerwGE 103, 54 <56 f.>; Müller, Grundzüge des Beamtendisziplinarrechts, 1. Aufl., 2010, Rn. 24 m.w.N.).

6

3. Die Revision ist auch nicht wegen des vom Beklagten geltend gemachten Verfahrensmangels eines Verstoßes gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 2 VwGO) zuzulassen.

7

Art. 103 Abs. 1 GG gewährleistet den Verfahrensbeteiligten das Recht, sich nicht nur zu dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt, sondern auch zur Rechtslage zu äußern, und verpflichtet das Gericht, den Vortrag der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Dabei kann es in besonderen Fällen auch geboten sein, die Verfahrensbeteiligten auf eine Rechtsauffassung hinzuweisen, die das Gericht der Entscheidung zugrunde legen will. Es kann im Ergebnis der Verhinderung eines Vortrags zur Rechtslage gleichkommen, wenn das Gericht ohne vorherigen Hinweis auf einen rechtlichen Gesichtspunkt abstellt, mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter selbst unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen nicht zu rechnen brauchte. Allerdings ist zu beachten, dass das Gericht grundsätzlich weder zu einem Rechtsgespräch noch zu einem Hinweis auf seine Rechtsauffassung verpflichtet ist. Auch wenn die Rechtslage umstritten oder problematisch ist, müssen daher die Verfahrensbeteiligten grundsätzlich alle vertretbaren rechtlichen Gesichtspunkte von sich aus in Betracht ziehen und ihren Vortrag darauf einstellen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. Mai 1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86, 133 <144 f.> und Urteil vom 14. Juli 1998 - 1 BvR 1640/97 - BVerfGE 98, 218 <263> jeweils m.w.N.).

8

Nach diesen Grundsätzen hat der Verwaltungsgerichtshof den Anspruch des Beklagten auf rechtliches Gehör in Bezug auf die Berücksichtigung der Gründe, die für die Einstellung der zuvor gegen den Beklagten eingeleiteten Disziplinarverfahren maßgebend waren, nicht verletzt. Bereits der Senat hat in seinem Beschluss vom 10. September 2010 (a.a.O. juris Rn. 9) ausgeführt, dass in die Zumessungsentscheidung auch die Gründe einzubeziehen sind, die für die Einstellung der früheren Disziplinarverfahren maßgebend waren. Ausweislich der Niederschrift über die Berufungsverhandlung vom 23. März 2011 hat der Verwaltungsgerichtshof die Frage der Verwertung von Disziplinarvorgängen erörtert, die nicht zu einer Disziplinarmaßnahme geführt haben (§ 16 Abs. 4 und 2 BDG). Dementsprechend musste der Beklagte damit rechnen, dass der Verwaltungsgerichtshof diese Umstände bei seiner Bemessungsentscheidung nach § 13 BDG berücksichtigt. Dass der Verwaltungsgerichtshof Umstände anders würdigte, als ein Beteiligter, begründet keinen Gehörsverstoß.

(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.

(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

Gründe

1

Die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten hat mit der Maßgabe Erfolg, dass der Rechtsstreit nach § 133 Abs. 6 VwGO zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen ist. Die Beklagte hat dargelegt, dass das Berufungsurteil auf Verfahrensmängeln im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO beruht. Dagegen hat die Beklagte nicht dargelegt, dass die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen ist. §§ 132 und 133 VwGO sind nach § 70 des Landesdisziplinargesetzes Brandenburg - LDG Bbg - vom 18. Dezember 2001 (GVBl I S. 254) anwendbar.

2

Die Beklagte war von 1996 bis 2003 als Gerichtsvollzieherin im Dienst des Klägers tätig. In den Jahren 2002 und 2003 war sie längere Zeit krankheitsbedingt dienstunfähig. Von Oktober 2003 bis zur vorläufigen Dienstenthebung 2008 war sie im mittleren Justizdienst eines Amtsgerichts eingesetzt.

3

Die Beklagte war während ihrer Tätigkeit als Gerichtsvollzieherin zunehmend nicht mehr in der Lage, das ihr zugewiesene hohe Arbeitspensum zu bewältigen, das teilweise das Eineinhalbfache des regulären Pensums betrug. Ihre Amtsführung war Gegenstand zahlreicher dienstlicher Beanstandungen, Dienstaufsichtsbeschwerden und Sachstandsanfragen sowie eigener Überlastungsanzeigen der Beklagten. Wegen einer Krebserkrankung war sie seit Juni 2002 dienstunfähig. Nach der Trennung von ihrem Lebensgefährten musste sie die 1997 geborene gemeinsame Tochter alleine betreuen. Die Beklagte litt an einer depressiven Erkrankung, aufgrund derer sie außerstande war, die sozialen, häuslichen und beruflichen Tätigkeiten in dem üblichen Umfang wahrzunehmen.

4

Im März 2003 ließ die Beklagte ihren gesamten dienstlichen Aktenbestand (ca. 12 000 Akten) beiseiteschaffen. Deswegen wurde sie im November 2007 wegen Verwahrungsbruchs rechtskräftig zu einer Bewährungsstrafe von fünf Monaten verurteilt. Das Landgericht legte der Verurteilung das Vorbringen der Beklagten zum Tathergang zugrunde. Danach sei sie am Tattag in verzweifelter Stimmung gewesen und habe sich mit Selbstmordabsichten getragen. In dieser Situation habe ihr ein Bekannter, der unvorhergesehen in ihrem Büro vorbeigekommen sei, spontan vorgeschlagen, die im Keller gelagerten Akten wegzuschaffen. Der Bekannte habe dies mit ihrer Zustimmung sofort in die Tat umgesetzt. Den Namen des Bekannten nannte die Beklagte nicht. Auch gab sie an, nicht zu wissen, wohin dieser die Akten gebracht habe. Das Landgericht berücksichtigte nach Einholung eines Sachverständigengutachtens strafmildernd, dass die Steuerungsfähigkeit der Beklagten zum Tatzeitpunkt aufgrund der schweren depressiven Erkrankung erheblich vermindert gewesen sei.

5

Auf die Disziplinarklage hat das Verwaltungsgericht die Beklagte aus dem Beamtenverhältnis entfernt; das Oberverwaltungsgericht hat ihre Berufung zurückgewiesen. In den Gründen des Berufungsurteils heißt es im Wesentlichen, durch das Beiseiteschaffen des Aktenbestandes habe die Beklagte ihre Dienstpflichten in gravierender Weise vorsätzlich verletzt. Trotz des Handelns im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit könne sie nicht Beamtin bleiben, weil Erschwerungsgründe von erheblichem Gewicht vorlägen. Die Beklagte habe in den ungefähr 80 offenen Verfahren die Rechtsverfolgung für die Vollstreckungsgläubiger erheblich erschwert. Durch ihr Vorgehen habe sie Dienstaufsichtsbeschwerden und Sachstandsanfragen in Bezug auf diese Verfahren verschleiern wollen. Sie habe eine Beseitigung der Akten nach den Vorgaben des Datenschutzrechts unmöglich gemacht. Schließlich habe sich die Beklagte bis September 2003 geweigert, an der Rekonstruktion der Akten mitzuwirken. Die Beklagte habe stets in voller Kenntnis der Bedeutung ihrer Dienstpflichten und der Folgen der Nichtbeachtung gehandelt.

6

Der Milderungsgrund der persönlichkeitsfremden Augenblickstat greife nicht ein. Es sei bereits unglaubhaft, dass der Abtransport des Aktenbestandes auf einem spontanen Entschluss beruht habe. Hierfür sei ein vorgefasster Plan erforderlich gewesen. Insbesondere die Weigerung, zur Rekonstruktion der Akten beizutragen, belege, dass das Vorgehen der Beklagten auch nicht persönlichkeitsfremd gewesen sei. Die schwierige Lebensphase zum Tatzeitpunkt könne nicht mildernd berücksichtigt werden, weil sie nicht vollständig überwunden sei. Bei Wiederaufnahme der Tätigkeit als Gerichtsvollzieherin könne ein depressiver Rückfall nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden.

7

1. Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO setzt voraus, dass die Beschwerde eine Frage des revisiblen Rechts von allgemeiner, über den Einzelfall hinausreichender Bedeutung aufwirft, die im konkreten Fall entscheidungserheblich ist. Ein derartiger Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage auf der Grundlage der bundesgerichtlichen Rechtsprechung oder des Gesetzeswortlauts mit Hilfe der üblichen Auslegungsregeln eindeutig beantwortet werden kann (stRspr; vgl. Beschluss vom 24. Januar 2011 - BVerwG 2 B 2.11 - NVwZ-RR 2011, 329 Rn. 4).

8

Die von der Beklagten aufgeworfenen Rechtsfragen, auf deren Prüfung der Senat nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO beschränkt ist, erfüllen diese Voraussetzungen nicht:

9

a) Die Frage nach dem Umfang der Bindung der Verwaltungsgerichte an die tatsächlichen Feststellungen eines Strafurteils ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt.

10

Nach § 58 Abs. 1 Satz 1 LDG Bbg, der wörtlich mit § 57 Abs. 1 Satz 1 BDG übereinstimmt, sind die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im Strafverfahren im Disziplinarverfahren, das denselben Sachverhalt zum Gegenstand hat, für das Verwaltungsgericht bindend. Diese Bindungswirkung soll verhindern, dass zu ein- und demselben Sachverhalt unterschiedliche Tatsachenfeststellungen getroffen werden. Der Gesetzgeber hat sich dafür entschieden, die Aufklärung eines sowohl strafrechtlich als auch disziplinarrechtlich bedeutsamen Sachverhalts sowie die Sachverhalts- und Beweiswürdigung den Strafgerichten zu übertragen. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass tatsächliche Feststellungen, die ein Gericht auf der Grundlage eines Strafprozesses mit seinen besonderen rechtsstaatlichen Sicherungen trifft, eine erhöhte Gewähr der Richtigkeit bieten. Daher haben die Verwaltungsgerichte die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Strafurteils ihrer Entscheidung ungeprüft zugrunde zu legen, soweit die Bindungswirkung reicht. Sie sind insoweit weder berechtigt noch verpflichtet, eigene Feststellungen zu treffen. Die Bindungswirkung entfällt nur, wenn die strafgerichtlichen Feststellungen offenkundig unrichtig sind (stRspr; vgl. nur Urteil vom 28. Februar 2013 - BVerwG 2 C 3.12 - BVerwGE 146, 98 = Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 19 jeweils Rn. 13).

11

Die Begrenzungen der gesetzlich angeordneten Bindungswirkung ergeben sich aus deren tragendem Grund: Die erhöhte Richtigkeitsgewähr der Ergebnisse des Strafprozesses kann nur für diejenigen tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Strafurteils angenommen werden, die sich auf die Tatbestandsmerkmale der gesetzlichen Strafnorm beziehen. Die Feststellungen müssen entscheidungserheblich für die Beantwortung der Frage sein, ob der objektive und subjektive Straftatbestand erfüllt ist. Im Falle einer Verurteilung müssen sie diese tragen. Dagegen binden Feststellungen nicht, auf die es für die Verurteilung nicht ankommt (Urteile vom 8. April 1986 - BVerwG 1 D 145.85 - BVerwGE 83, 180 und vom 29. Mai 2008 - BVerwG 2 C 59.07 - juris Rn. 29 § 70 bdg nr. 3 nicht abgedruckt>; Beschluss vom 1. März 2012 - BVerwG 2 B 120.11 - juris Rn. 13).

12

Das Oberverwaltungsgericht hat diese inhaltliche Begrenzung der gesetzlich angeordneten Bindungswirkung beachtet. Es hat die Feststellungen des Strafurteils zu den ungefähr 80 beiseite geschafften Akten über nicht erledigte Verfahren, auf die es den erschwerenden Umstand des Handelns aus Eigennutz bzw. in Verschleierungsabsicht gestützt hat, ausdrücklich als "nicht bindend" bezeichnet. Vielmehr hat es diese Feststellungen mit der Begründung verwertet, die Beklagte habe sie nicht in Frage gestellt.

13

b) Die Frage, ob ein erschwerender Umstand, der dem Beamten in der Disziplinarklageschrift nicht als Pflichtenverstoß zur Last gelegt wird, bei der Bestimmung der Disziplinarmaßnahme berücksichtigt werden darf, kann, soweit hier entscheidungserheblich, aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantwortet werden.

14

Nach § 53 Abs. 1 Satz 2 LDG Bbg, der wörtlich mit § 52 Abs. 1 Satz 2 BDG übereinstimmt, muss die Disziplinarklageschrift unter anderem die Tatsachen, in denen ein Dienstvergehen gesehen wird, und die anderen Tatsachen und Beweismittel, die für die Entscheidung bedeutsam sind, geordnet darstellen. Die Klageschrift muss die Sachverhalte, aus denen das Dienstvergehen hergeleitet wird, aus sich heraus verständlich darlegen. Ort und Zeit der einzelnen Handlungen müssen möglichst genau angegeben, die Geschehensabläufe müssen nachvollziehbar beschrieben werden. Nur eine derartige Konkretisierung der disziplinarischen Vorwürfe ermöglicht dem Beamten eine sachgerechte Verteidigung. Daran anknüpfend bestimmt § 61 Abs. 2 Satz 1 LDG Bbg60 Abs. 2 Satz 1 BDG), dass bei einer Disziplinarklage nur Handlungen zum Gegenstand einer Urteilsfindung gemacht werden dürfen, die dem Beamten in der Klage oder in der Nachtragsdisziplinarklage zur Last gelegt werden (stRspr; vgl. Urteil vom 25. Januar 2007 - BVerwG 2 A 3.05 - Buchholz 235.1 § 52 BDG Nr. 4 Rn. 27 f.).

15

Aus diesen Regelungen folgt, dass Streitgegenstand des Disziplinarklageverfahrens der Anspruch des Dienstherrn ist, gegen den angeschuldigten Beamten die erforderliche Disziplinarmaßnahme für die in der Disziplinarklageschrift zur Last gelegten Handlungen zu bestimmen. Dieser Disziplinaranspruch besteht, wenn der Beamte die angeschuldigten Handlungen nach der Überzeugung des Gerichts ganz oder teilweise vorsätzlich oder fahrlässig begangen hat, die nachgewiesenen Handlungen als Dienstvergehen zu würdigen sind, und dem Ausspruch der Disziplinarmaßnahme kein rechtliches Hindernis entgegensteht (Urteil vom 28. Juli 2011 - BVerwG 2 C 16.10 - BVerwGE 140, 185 = Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 18 jeweils Rn. 17).

16

Soweit keine Bindung an die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Strafurteils besteht, klären die Verwaltungsgerichte nach § 86 Abs. 1 VwGO, § 59 Abs. 1 LDG Bbg58 Abs. 1 BDG) auf, ob der Beamte die ihm in der Disziplinarklageschrift als Dienstvergehen vorgeworfenen Handlungen begangen hat. Es hat diejenigen Maßnahmen zur Sachaufklärung zu ergreifen, die sich nach Lage der Dinge aufdrängen, und würdigt die Beweise. Eine Bindung an die tatsächlichen Feststellungen und disziplinarrechtlichen Wertungen des Dienstherrn besteht nicht (stRspr; vgl. Urteil vom 28. Februar 2013 a.a.O. Rn. 20).

17

Der Bedeutungsgehalt des § 61 Abs. 2 Satz 1 LDG Bbg60 Abs. 2 Satz 1 BDG) besteht darin, im Zusammenwirken mit § 53 Abs. 1 Satz 2 LDG Bbg52 Abs. 1 Satz 2 BDG) den Streitgegenstand des Disziplinarklageverfahrens und damit den geltend gemachten Disziplinaranspruch des Dienstherrn in tatsächlicher Hinsicht zu konkretisieren. Die Verwaltungsgerichte können eine Disziplinarmaßnahme nur wegen derjenigen Handlungen verhängen, die der Dienstherr in der Disziplinarklageschrift anführt. Nur auf diese Handlungen kann eine disziplinarrechtliche Verurteilung gestützt werden. Gelingt dem Dienstherrn ihr Nachweis nicht, ist die Disziplinarklage abzuweisen (§ 61 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 LDG Bbg, § 60 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 BDG). Halten die Verwaltungsgerichte ein Dienstvergehen für erwiesen, erkennen sie nach § 61 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 LDG Bbg60 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BDG) auf die erforderliche Disziplinarmaßnahme.

18

Dagegen lassen sich § 61 Abs. 2 Satz 1 LDG Bbg60 Abs. 2 Satz 1 BDG) in Verbindung mit § 53 Abs. 1 Satz 2 LDG Bbg52 Abs. 1 Satz 2 BDG) im Falle des Nachweises der angeschuldigten Handlungen keine Vorgaben dafür entnehmen, welche Disziplinarmaßnahme erforderlich ist. Deren Bemessung richtet sich ausschließlich nach den Vorgaben des § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 LDG Bbg (BDG). Diese Regelungen geben den Verwaltungsgerichten auf, die Disziplinarmaßnahme aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Tatsachen zu bestimmen, die im Einzelfall für die Schwere des Dienstvergehens, das Persönlichkeitsbild des Beamten und den Umfang der Beeinträchtigung des in ihn gesetzten Vertrauens bedeutsam sind. In diesem Rahmen hat sich die Würdigung auf alle erschwerenden und mildernden Umstände zu erstrecken (vgl. zum Verhältnis der gesetzlichen Kriterien: Urteil vom 28. Februar 2013 a.a.O. Rn. 26 f.).

19

Das gesetzliche Gebot der Gesamtwürdigung trägt dem Zweck der disziplinarrechtlichen Sanktionierung Rechnung. Diese besteht darin, die Integrität des Berufsbeamtentums und die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung aufrechtzuerhalten. Daher ist Gegenstand der disziplinarrechtlichen Betrachtung und Wertung die Frage, ob ein Beamter, der in vorwerfbarer Weise gegen Dienstpflichten verstoßen hat, nach seiner Persönlichkeit noch im Beamtenverhältnis tragbar ist und falls dies zu bejahen ist, durch welche Disziplinarmaßnahme auf ihn eingewirkt werden muss, um weitere Verstöße zu verhindern (stRspr; vgl. Urteile vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 16; vom 28. Februar 2013 a.a.O. Rn. 23 und vom 25. Juli 2013 - BVerwG 2 C 63.11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 21).

20

Daraus folgt zwingend, dass das sonstige, insbesondere das dienstliche Verhalten des Beamten vor und nach der Begehung der angeschuldigten Handlungen in die Gesamtwürdigung nach § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 LDG Bbg (BDG) einbezogen werden muss.

21

Auch bei der Maßnahmebemessung sind die Verwaltungsgerichte nicht an tatsächliche Feststellungen und disziplinarrechtliche Wertungen des Dienstherrn gebunden. Sie haben die bemessungsrelevanten Gesichtspunkte selbst aufzuklären und zu würdigen. Ein Verstoß gegen das Gebot erschöpfender Sachaufklärung führt zwangsläufig dazu, dass die Bemessungsentscheidung, d.h. die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme, unvollständig und damit rechtswidrig ist (stRspr; vgl. Urteile vom 3. Mai 2007 a.a.O. Rn. 17 und vom 28. Februar 2013 a.a.O. Rn. 21).

22

Diese Anforderungen an die Bemessung der Disziplinarmaßnahme durch die Verwaltungsgerichte schließen deren Bindung an den Inhalt der Disziplinarklageschrift in Bezug auf die bemessungsrelevanten Gesichtspunkte aus. Dies gilt für erschwerende und mildernde Umstände gleichermaßen. Anderenfalls könnte das gesetzliche Gebot, die Disziplinarmaßnahme aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände zu bestimmen, nicht erfüllt werden. Vielmehr hätte es der Dienstherr in der Hand, durch den Inhalt der Disziplinarklageschrift festzulegen, welche bemessungsrelevanten Gesichtspunkte berücksichtigt oder außer Acht gelassen werden. Dabei kann hier dahingestellt bleiben, ob dies auch für Erschwerungsgründe gilt, die ihrerseits einen Pflichtenverstoß von einer Schwere darstellen, die nicht wesentlich hinter derjenigen der angeschuldigten Handlungen zurückbleibt.

23

Nach alledem hat das Oberverwaltungsgericht bei der Maßnahmebemessung zu Lasten der Beklagten die in der Disziplinarklageschrift nicht angeführten Umstände berücksichtigen dürfen, dass die Beklagte bis September 2003 weder die für die Rekonstruktion der Akten erforderlichen Computerdisketten herausgegeben noch den Zugang zu ihrem Dienstcomputer ermöglicht hat, obwohl diese Tatsachen nicht in der Disziplinarklageschrift aufgeführt sind.

24

c) Die Frage, welche inhaltlichen Anforderungen die Verwaltungsgerichte an den nicht weiter aufklärbaren Entlastungsvortrag des Beamten stellen darf, kann aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu dem Grundsatz "in dubio pro reo" beantwortet werden.

25

Es ist geklärt, dass dieser grundgesetzlich verankerte Rechtsgrundsatz für bemessungsrelevante Gesichtspunkte Anwendung findet. Demnach darf ein erschwerender Umstand grundsätzlich nur dann in die Maßnahmebemessung einfließen, wenn an den Tatsachen nach gerichtlicher Überzeugung kein vernünftiger Zweifel besteht. Dagegen muss ein mildernder Umstand schon dann berücksichtigt werden, wenn hierfür nach der Tatsachenlage hinreichende Anhaltspunkte bestehen. Die Anwendung des Grundsatzes "in dubio pro reo" ist auch ausgeschlossen, wenn die Verwaltungsgerichte aufgrund ihrer Beweiswürdigung zu der Überzeugung gelangen, die Tatsachen, aus denen der mildernde Umstand hergeleitet wird, lägen nicht vor bzw. es bestünden keine hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für ihr Vorliegen (stRspr; vgl. Urteile vom 30. September 1992 - BVerwG 1 D 32.91 - BVerwGE 93, 294 <297>; vom 28. Juli 2011 a.a.O. Rn. 30 und vom 28. Februar 2013 a.a.O. Rn. 22).

26

Danach hat das Oberverwaltungsgericht den Grundsatz "in dubio pro reo" folgerichtig nicht auf die tatsächliche Frage angewandt, ob die Beklagte den Aktenbestand spontan oder aufgrund eines vorgefassten Planes beseitigen ließ. Es hat die der Beklagten günstigere Sachverhaltsvariante des spontanen Handelns nicht nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" mildernd berücksichtigen können, weil es zu der Überzeugung gelangt ist, der entsprechende Vortrag der Beklagten sei unglaubhaft.

27

Das Oberverwaltungsgericht hat seine Überzeugung, die Beklagte habe die Akten nach Lage der Dinge nur nach einem vorgefassten Plan wegschaffen können, nachvollziehbar begründet. Die tatsächlichen Schlussfolgerungen, auf die ein Gericht seine Beweiswürdigung stützt, müssen nicht zwingend sein. Es genügt, dass sie möglich sind, und das Gericht darlegt, wie es seine Überzeugung gebildet hat. Davon ausgehend lässt die Beweiswürdigung des Oberverwaltungsgerichts zu den Umständen des Beiseiteschaffens der Akten einen Verstoß gegen einen revisiblen Grundsatz der Beweiswürdigung nicht erkennen (vgl. hierzu unter 2.b)).

28

d) Die Voraussetzungen des Milderungsgrundes der persönlichkeitsfremden Augenblickstat sind, soweit hier entscheidungserheblich, durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt.

29

Danach setzt dieser Milderungsgrund voraus, dass die Dienstpflichtverletzung eine Kurzschlusshandlung darstellt, die durch eine spezifische Versuchungssituation hervorgerufen worden ist, und sich eine Wiederholung in Ansehung der Persönlichkeit des Beamten ausschließen lässt. Dies wiederum hängt davon ab, ob sich der Beamte zuvor dienstlich wie außerdienstlich tadelsfrei verhalten hat, wobei Verfehlungen auf einem völlig anderen Gebiet außer Betracht bleiben. Es kommt darauf an, ob das Fehlverhalten nach dem Gesamtbild der Persönlichkeit des Beamten eine einmalige Entgleisung darstellt (stRspr; Urteile vom 27. Januar 1988 - BVerwG 1 D 50.87 - juris Rn. 21 und vom 4. Juli 2000 - BVerwG 1 D 33.99 - juris Rn. 19).

30

Danach kann nicht zweifelhaft sein, dass für die Beurteilung, ob es sich bei dem Pflichtenverstoß um ein einmaliges persönlichkeitsfremdes Fehlverhalten handelt, auch das Verhalten des Beamten nach der Tatbegehung von Bedeutung ist.

31

e) Schließlich ist die Bedeutung des mildernden Umstands der negativen Lebensphase in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt.

32

Danach können außergewöhnliche Verhältnisse, die den Beamten während des Tatzeitraums oder im Tatzeitpunkt aus der Bahn geworfen haben, mildernd berücksichtigt werden. Dies liegt vor allem dann nahe, wenn sich der Pflichtenverstoß als Folge dieser Verhältnisse darstellt. Allerdings muss der Beamte diese Lebensphase in der Folgezeit überwunden haben. Dies ist anzunehmen, wenn sich seine Lebensverhältnisse wieder soweit stabilisiert haben, dass nicht mehr davon die Rede sein kann, er sei weiterhin aus der Bahn geworfen. Eine derartige Stabilisierung indiziert, dass weitere Pflichtenverstöße gleicher Art nicht zu besorgen sind (stRspr; vgl. Urteil vom 28. Februar 2013 a.a.O. Rn. 40 f.; Beschluss vom 20. Dezember 2013 - BVerwG 2 B 35.13 - NVwZ-RR 2014, 314 Rn. 29).

33

Die Gründe des Berufungsurteils lassen erkennen, dass das Oberverwaltungsgericht von diesen Rechtsgrundsätzen nicht abweichen wollte. Die rechtsfehlerhafte Anwendung auf den festgestellten Sachverhalt (vgl. hierzu unter 2.b)) ist nicht geeignet, die grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu begründen.

34

2. Dagegen haben zwei Verfahrensrügen der Beklagten Erfolg. Das Berufungsurteil beruht auf einer Verletzung der gerichtlichen Sachaufklärungspflicht. Auch hat das Oberverwaltungsgericht die der gerichtlichen Überzeugungsbildung gesetzten Grenzen überschritten.

35

a) Die Beklagte macht zu Recht geltend, das Oberverwaltungsgericht habe versäumt festzustellen, ob die Beklagte vor und nach der Tat, insbesondere bei der unterbliebenen Mitwirkung an der Rekonstruktion der Akten, erheblich vermindert schuldfähig im Sinne von §§ 20, 21 StGB gewesen sei.

36

Nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 59 Abs. 1 LDG Bbg58 Abs. 1 BDG) obliegt den Tatsachengerichten die Pflicht, die Aufklärung des Sachverhalts auch in Bezug auf die bemessungsrelevanten Umstände (§ 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 LDG Bbg = BDG) zu versuchen, soweit dies für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme erforderlich und nach Lage der Dinge zumutbar erscheint. Das Gericht darf eine Aufklärungsmaßnahme, die sich ihm nach den Umständen des Falles hat aufdrängen müssen, nicht deshalb unterlassen, weil kein Beweisantrag gestellt worden ist (stRspr; vgl. Beschlüsse vom 4. September 2008 - BVerwG 2 B 61.07 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 4 = NVwZ 2009, 597 jeweils Rn. 7 und vom 6. September 2012 - BVerwG 2 B 31.12 - juris Rn. 11).

37

Im Anschluss an das Landgericht hat das Oberverwaltungsgericht angenommen, die Beklagte habe sich während des Beiseiteschaffens der Akten aufgrund einer schweren Depression in einem Zustand erheblich herabgesetzter Steuerungsfähigkeit befunden. Sie sei nicht mehr in der Lage gewesen, ihre sozialen, häuslichen und beruflichen Aktivitäten in dem erforderlichen Maß aufrechtzuerhalten. Ihr Verhalten sei auf diese affektive Störung zurückzuführen gewesen. Darüber hinaus hat das Oberverwaltungsgericht festgestellt, die Depression sei auch 2011 noch nicht vollständig überwunden gewesen.

38

Aufgrund dieser Feststellungen hat sich dem Oberverwaltungsgericht die Aufklärung aufdrängen müssen, ob insbesondere die fehlende Mitwirkung der Beklagten bei der Rekonstruktion der Akten bis September 2003 ebenfalls auf die depressive Erkrankung und die dadurch herbeigeführten Verminderung der Steuerungsfähigkeit im Sinne der §§ 20, 21 StGB zurückzuführen war. Jedenfalls kann nicht ohne Weiteres angenommen werden, der Gesundheitszustand der Beklagten habe sich durch das Beiseiteschaffen des Aktenbestandes entscheidend gebessert.

39

Das Oberverwaltungsgericht hat diese Aufklärung nicht mit der Begründung unterlassen können, die Beklagte habe während des gesamten Geschehens über die erforderliche Einsichtsfähigkeit verfügt. Die vom Landgericht auf sachverständiger Tatsachengrundlage attestierte erheblich verminderte Schuldfähigkeit beruhte nicht auf einem Mangel der Einsichtsfähigkeit, sondern der Steuerungsfähigkeit, d.h. dem Unvermögen, nach der vorhandenen Einsicht zu handeln. Der mildernde Umstand der erheblich verminderten Steuerungsfähigkeit kann im Rahmen der Maßnahmebemessung nach § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 LDG Bbg (BDG) nicht durch das Vorhandensein der Einsichtsfähigkeit "kompensiert" werden.

40

b) Auch rügt die Beklagte im Ergebnis zu Recht, dass das Oberverwaltungsgericht angenommen hat, der mildernde Umstand der negativen Lebensphase greife nicht ein, weil die Beklagte diese Phase noch nicht vollständig überwunden habe. Diese Würdigung beruht auf einem Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz, weil das Oberverwaltungsgericht den festgestellten Sachverhalt nicht vollständig in den Blick genommen und nicht durch Tatsachen gedeckte Schlussfolgerungen gezogen hat.

41

Nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Daraus folgt die Verpflichtung, der Überzeugungsbildung den im Verfahren festgestellten Sachverhalt vollständig und richtig zugrunde zu legen. Das Gericht darf nicht einzelne entscheidungserhebliche Tatsachenfeststellungen oder Beweisergebnisse bei der Würdigung des Sachverhalts außer Acht lassen, insbesondere nicht Umstände übergehen, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm hätte aufdrängen müssen. In solchen Fällen fehlt es an einer tragfähigen Tatsachengrundlage für die innere Überzeugungsbildung des Gerichts (stRspr; vgl. Beschluss vom 18. November 2008 - BVerwG 2 B 63.08 - Buchholz 235.1 § 17 BDG Nr. 1 = NVwZ 2009, 399 jeweils Rn. 27).

42

Darüber hinaus verstößt die Beweiswürdigung des Tatsachengerichts gegen den Überzeugungsgrundsatz, wenn das Gericht einen allgemeinen Erfahrungssatz, ein Gebot der Logik (Denkgesetz) oder der rationalen Beurteilung nicht beachtet (stRspr; vgl. Urteil vom 2. Februar 1984 - BVerwG 6 C 134.81 - BVerwGE 68, 338 <339 f.> = Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 145 S. 36 f.; Beschluss vom 21. Juni 2007 - BVerwG 2 B 28.07 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 3 Rn. 7). Die Beweiswürdigung darf sich nicht so weit von der festgestellten Tatsachengrundlage entfernen, dass sich die gezogenen Schlussfolgerungen als reine Vermutung erweisen (stRspr; vgl. BGH, Urteile vom 21. März 2013 - 3 StR 247/12 - NStZ 2013, 420 und vom 1. Oktober 2013 - 1 StR 403/13 - NStZ 2014, 475).

43

Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts beruhte die negative Lebensphase der Beklagten zum Tatzeitpunkt auf mehreren zusammenwirkenden Faktoren: Die Beklagte litt nicht nur an einer schweren Depression mit Ausfallerscheinungen im Alltag; sie war auch an Krebs erkrankt. Ihre berufliche Überforderung beruhte auch auf der damaligen erheblichen strukturellen Überlastung des Gerichtsvollzieherdienstes des Klägers. Hinzu kam, dass die Beklagte nach der Trennung von ihrem Lebensgefährten mit der Betreuung der gemeinsamen Tochter überfordert war und aufgrund eines Hauskaufs finanzielle Probleme hatte. Im Anschluss an das Landgericht hat das Oberverwaltungsgericht angenommen, die Beklagte habe sich zur Zeit des Beiseiteschaffens der Akten in einem Zustand massiver Verzweiflung befunden.

44

Auch das Oberverwaltungsgericht geht davon aus, dass diese ganz außergewöhnliche Lebenssituation bei der Bestimmung der Disziplinarmaßnahme mildernd zu berücksichtigen ist, wenn sie die Beklagte überwunden hat, d.h. wenn sie wieder "in geordneten Bahnen" lebt. Hierzu hat das Oberverwaltungsgericht festgestellt, die Arbeitsbelastung der Gerichtsvollzieher sei generell zurückgegangen. Die Beklagte habe ihre Krebserkrankung überwunden. Die Betreuungsprobleme bestünden nicht mehr. Die wirtschaftliche Lage der Beklagten sei weiterhin angespannt. Ihre psychische Verfassung sei nicht stabil; ein Rückfall in den Zustand verminderter Steuerungsfähigkeit lasse sich nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit ausschließen. Die Beklagte sei zur "Rückfallprophylaxe" weiterhin in psychotherapeutischer Behandlung. Daher sei nicht gewährleistet, dass sie den Aufgaben einer Gerichtsvollzieherin gewachsen sei.

45

Diese Feststellungen decken nicht die vom Oberverwaltungsgericht gezogene Schlussfolgerung, die Beklagte habe die negative Lebensphase nicht überwunden. Vielmehr hat sich ihre Lebenssituation entscheidend verbessert. Der bloße Umstand, dass sich die Beklagte weiterhin zur "Rückfallprophylaxe" in psychotherapeutischer Behandlung befindet, reicht als Tatsachengrundlage eindeutig nicht aus, um den Schluss zu tragen, die Beklagte sei trotz der festgestellten erheblichen Verbesserungen ihrer Lebensverhältnisse nach wie vor "aus der Bahn geworfen". Vielmehr liegt der Schluss nahe, die Beklagte habe ihre massiven Probleme, die sie zum Tatzeitpunkt hatte, inzwischen in den Griff bekommen. Wie unter 1.e) dargelegt, rechtfertigt die Überwindung der negativen Lebensphase im Regelfall die Prognose, mit darauf zurückzuführenden Pflichtenverstößen sei ernsthaft nicht mehr zu rechnen. Der Prognosemaßstab des Ausschlusses mit hoher Wahrscheinlichkeit darf nicht angelegt werden.

46

Darüber hinaus hat das Oberverwaltungsgericht bei seiner Würdigung, aufgrund der depressiven Erkrankung seien auch künftig Dienstpflichtverletzungen zu befürchten, die tatsächliche Feststellung außer Acht gelassen, dass die Beklagte von 2003 bis 2008 - offenbar ohne Beanstandungen - im mittleren Justizdienst eingesetzt war. Das Oberverwaltungsgericht durfte seine Prognose des künftigen dienstlichen Verhaltens der Beklagten nicht auf die Zeit ihres früheren Einsatzes im Gerichtsvollzieherdienst beschränken. Vielmehr hätte es deren Verwendung im mittleren Justizdienst in Betracht ziehen müssen.

47

Im Übrigen setzt die Feststellung, die Beklagte habe ihre depressive Erkrankung noch nicht vollständig überwunden, eine entsprechende medizinische Sachkunde voraus, die das Gericht, wenn es diese für sich in Anspruch nimmt und auf sachverständige Hilfestellung verzichtet, nachvollziehbar zu belegen hat.

48

Die weiteren Verfahrensrügen der Beklagten greifen nicht durch. Insoweit sieht der Senat von einer weiteren Begründung ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO, § 70 LDG Bbg).

49

Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass Umstände, die die Schwere des Dienstvergehens, d.h. dessen Unrechtsgehalt kennzeichnen, der Beklagten im Rahmen der Maßnahmebemessung nicht nochmals angelastet werden dürfen (Beschluss vom 14. Mai 2012 - BVerwG 2 B 146.11 - NVwZ-RR 2012, 658 Rn. 10). So kann beispielsweise nicht doppelt erschwerend berücksichtigt werden, dass die Beklagte durch das Beiseiteschaffen der Akten deren Beseitigung nach den datenschutzrechtlichen Vorgaben verhindert und die Rechtsverfolgung von Vollstreckungsgläubigern verhindert hat.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.